Jes 1/2013: Weg vom Ballast, hin zur Ballance - Was das Fasten bringt

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Jes . Das katholische Magazin fĂźr Braunschweig

Februar 01 . 2013

Rubriktitel

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weg vom baLLasT, hin zur baLance was das Fasten bringt Jes 01 . 2013

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Steinweg 4 38100 Braunschweig Tel. 0531 / 70214250 Andreaspassage 1 31134 Hildesheim Tel. 05121 / 166766

ZUSAMMEN WUNDER WIRKEN

17. Fe br ua r bis 3 . M채 r z

Mit 12 Euro schenken Sie neue Kraft. Caritas-Sammlung 2013 f체r Menschen in Not. Jede Spende hilft.


Editorial . Inhalt

Liebe Leserinnen, liebe Leser, am 14. Februar rennen wir Männer wieder in Scharen in die Blumenläden, um unsere Liebste mit blütenreichen Liebesbeweisen zu erfreuen. Rosen, Gerbera, Chrysanthemen oder Tulpen in Hülle und Fülle – das Geschäft mit der Romantik brummt jedes Jahr zum Valentinstag. Man könnte meinen, die Blumenhändler hätten ihn erfunden. Das haben sie aber nicht. Wo die Wurzel des Blumen-Booms zum Tag der Verliebten

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liegt, steht nicht genau fest. Klar ist nur: Der Valentinstag ist der Namenstag des heiligen Valentins, eines Bischofs aus Umbrien. Der Geistliche wurde wahrscheinlich im Jahr 269 wegen seines Glaubens hingerichtet. Er gilt als Schutzpatron der Verliebten. Laut Überlieferung hat er Paare getraut, um junge Männer vor dem Kriegsdienst zu bewahren, obwohl dies verboten war. Den frisch Vermählten soll er Blumen aus seinem

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Garten geschenkt haben. Vielleicht ist der Valentinstag aber auch zum Tag der Verliebten geworden, weil die Römer einst am 14. Februar der Ehe-Göttin Juno gedachten und ihren Frauen blumige Geschenke machten. Wer nach den Ursprüngen des Brauches stöbert, stößt jedenfalls nicht auf aufblasbare Herzchen, Schmuck, Parfum, Pralinen oder Pärchen-Reisen zum Schnäppchenpreis – schöne Dinge aus der Welt des Konsums, die Liebende fast genauso gern verschenken wie Blumen. Doch wer denkt

Eingesammelt 3 Tage für eine bessere Welt 6 Gesprächsstoff Kabarettist Matthias Brodowy über Humor und Religion 8

eigentlich an die Singles dieser Welt?

Nah dran Leben mit Demenz 12

Viel Freude beim Lesen wünscht Ihnen

Im Fokus Worum es beim Fasten geht 16 Leib und Seele Einfach & lecker 20

Volker Röpke, Redaktion Jes

Entdeckt Gesichter erzählen Geschichten 23

titelfOTO: Fotolia.com: Infinity

Engagiert Der Held, der keiner sein will 25 Jes Junior Der Bestseller aller Bestseller 26 Wenn Sie uns schreiben wollen: Redaktion Jes, Propsteipfarramt St. Aegidien, Spohrplatz 9, 38100 Braunschweig, info@jes-braunschweig.de, www.jes-braunschweig.de

Erlebenswert Aschermittwoch der Künstler 29 Termine Blues in der Kirche 30

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FOTO: REUTERS/PETR JOSEK

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Eine Kirche aus Schnee und Eis Schnee hatten sie in Hülle und Fülle, eine Kirche dagegen nicht. Weil den Bewohnern des Bergdörfchens Mitterfirmiansreut der Weg zur Pfarrkirche im mehrere Kilometer entfernten Nachbarort in den Wintermonaten zu strapaziös war, entschlossen sie sich, vor Ort eine Kirche zu bauen – eine Kirche aus Schnee und Eis als Protestbau gegen die Welt, die ihren entlegenen Winkel zwischen Bayerischem Wald und Böhmerwald vergessen wollte. Das war 1911. Zum 100. Jubiläum im vergangenen Winter entstand die Schneekirche neu: ein weißes Wunder, zum Dahinschmelzen schön und deshalb leider schon vergangen. www.schneekirche.com

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ch Fragen?

Eingesammelt jektbüro 72 Stunden 2013 Bistum Hildesheim mhof 18–21, 31134 Hildesheim

5121/307-353 stunden@bistum-hildesheim.de p://hildesheim.72stunden.de w.fb.com/72StundenHildesheim

11.500

Eine Aktion im Bistum Hildesheim von:

Mehrlingsgeburten hat es im Jahr 2011 in Deutschland gegeben. Damit ist jedes 29. Kind ein Mehrlingskind. Vor 20 Jahren war dies nur bei jedem 42. Kind der Fall. Das hat das Statistische Bundesamt herausgefunden. ZwillingsGefördert von: geburten machen mit 98 Prozent den größten Teil der Mehrlingsgeburten aus. Im Jahr 2011 gab es lediglich sechs Fälle von Vierlingen und 230 Fälle von Drillingen. Über mögliche Gründe für den Anstieg von Mehrlingsgeburten machten die Statistiker keine Angaben. Bekannt ist jedoch, dass die wachsende Anzahl künstlicher Befruchtungen häufiger zu solchen Geburten führt. Schutzraum um das Logo: Bitte unbedingt Abstände zum Rand (Flyer, Broschüre, Plakat) einhalten.

Dieses Museum lässt sich nicht betreten, aber aufrufen, wann immer man möchte: die Online-Ausstellung „Widerstand!?“, die anhand zahlreicher Einzelschicksale die Geschichte des Widerstands evangelischer Christen im Nationalsozialismus dokumentiert. Experten aus der theologisch-historischen Forschung haben in jahrelanger Recherchearbeit fast 600 geschichtliche Dokumente in Form von Texten, Fotos, Audios und Videos zusammengestellt. Die gestalterisch ansprechende Schau der Forschungsstelle für Kirchliche Zeitgeschichte der Evangelischen Kirche in Deutschland ist in mehrere Ausstellungsbereiche gegliedert, ein flexibles Menü links auf der Startseite ermöglicht problemloses Navigieren. www.evangelischer-widerstand.de

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Lässt sich die Welt in drei Tagen ein bisschen besser machen? Eine Antwort darauf soll die 72-Stunden-Aktion im Bistum Hildesheim geben. Vom 13. bis 16. Juni 2013 können sich junge Menschen dann in konkreten Vorhaben für die Gesellschaft engagieren. Während der vorigen 72-StundenAktion vor fünf Jahren absolvierten mehr als 1.500 Jugendliche etwa 100.000 Arbeitsstunden: Da wurden alte Gebäude für eine soziale Suppenküche hergerichtet oder Basare für Second-Hand-Kleider organisiert. Am Ufer der Weser bemalten Teilnehmer der Aktion Kirchengaragen mit biblischen Motiven, und im Harz entstanden Nistkästen für Vögel. Die Sache wird nun im Juni wiederholt und sogar ausgedehnt: Diesmal sind junge Menschen deutschlandweit zum Mitmachen aufgerufen. „Die Aktion soll Spaß und Sinn miteinander verbinden und dazu beitragen, aktiv aus dem eigenen Glauben heraus zu handeln“, sagt Jugendseelsorger Martin Wilk. Bevor es losgehen kann, sucht das Bistum gute Projektideen und vor allem begeisterungsfähige junge Menschen, die sich engagieren möchten. Bischof Norbert Trelle ist Schirmherr der Aktion, die vom Fachbereich Jugendpastoral des Bistums und dem Diözesanverband des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend getragen wird. Information und Anmeldung für Aktionen in Braunschweig: Katholisches Junges Netzwerk in der Region Braunschweig, Telefon 0531 3563614, E-Mail: 72stunden@kajune.de, www.kajune.de, http://hildesheim.72stunden.de

FOTOS: Georges biard, Guido Langemann, andré karwath, Fotolia.com: contrastwerkstatt

Online-Schau über Widerstand

72 Stunden Einsatz für das Gute


Eingesammelt

» Der Rosenstock steht für

Schönheit durch Beständigkeit.« Der 1000-jährige Rosenstock am Hildesheimer Dom gehört zu den Orten in Deutschland, die man unbedingt mal gesehen haben muss, meint keine Geringere als die Hollywood-Schauspielerin Diane Kruger (36). „Als kleines Mädchen war ich oft mit meinem Großvater dort. Dieser Platz steht für Schönheit durch Beständigkeit“, sagte die gebürtige Hildesheimerin der Zeitschrift „Beauty“. Der Dom wird gegenwärtig saniert, aber der Rosenstock ist zugänglich.

» Wir sehen neue Gesichter in der Gemeinde.«

„Für die Zukunft unserer Gemeinde ist es wichtig, sich zu öffnen“, sagt Helmut Stollenwerk (56) vom Pfarrgemeinderat der Gemeinde Heilig Geist. Diese hatte kürzlich Menschen jeden Alters in die Grundschule Lamme eingeladen, um über Gott, den Glauben und die Welt ins Gespräch zu kommen. Mehr als 100 Besucher kamen – aktive Gemeindemitglieder ebenso wie Menschen, die schon lange keine Kirche mehr besucht haben. Laut Stollenwerk trug die Aktion Früchte: „Wir sehen neue Gesichter in der Gemeinde, das freut uns sehr.“

» Der Glaube entbindet nicht vom Denken.«

Heribert Prantl (59), Journalist der „Süddeutschen Zeitung“, hängt am Glauben, bleibt dabei aber kritisch. Der Glaube entbinde nicht vom Denken, sagte Prantl der „Zeit“-Beilage „Christ und Welt“. Wer etwa meine, die Jungfrauengeburt sei „eine Unterabteilung der Sexualkunde“, der sei „borniert oder aufklärungsverblödet“. Hinter dem biblischen Bild verberge sich vielmehr ein emanzipatorischer Begriff. „Er besagt, dass etwas Neues zur Welt kommt, das nicht patriarchaler Macht entspringt.“

»Wer den Himmel auf Erden sucht, hat im Erdkundeunterricht geschlafen.« Stanislaw Jerzy Lec

Gesucht: Mitarbeiter für Mobbing-Hotline Der Chef spart nie mit bösen Bemerkungen, die Kollegen tuscheln ständig, der Gang zur Arbeit wird zur Qual – wenn Menschen an ihrem Arbeitsplatz systematisch schikaniert werden, ist das Mobbing. Doch wie reagiert man am besten auf den Psychoterror im Job? Als erste Anlaufstelle für Betroffene versteht sich die Mobbing-Hotline, die vom Caritasverband Braunschweig, der Katholischen Arbeitnehmerseelsorge Braunschweig-Salzgitter und dem Deutschen Gewerkschaftsbund, Region Südostniedersachsen, betrieben wird. Wer anruft, kann anonym und vertraulich über den Konflikt sprechen und sich über weitere Hilfsangebote informieren. Am Telefon sitzen ehrenamtliche Mitarbeiter aus unterschiedlichsten Berufsfeldern, doch es werden weniger. Deswegen suchen die Betreiber zusätzliche Helfer, die über Berufs- und Lebenserfahrung verfügen und sich für die seit fünf Jahren bestehende Hotline einsetzen möchten. Sie werden fachlich und psychologisch auf ihre Aufgabe vorbereitet. Die nächste Schulung ist im April.

Ansprechpartner: Arbeitnehmer-Seelsorger Otwin Paluch, Telefon 0531 3800827, E-Mail: otwinpaluch@kas-bs.de Mobbing-Hotline: Telefon 01805 6622464 (14 Cent/Minute aus dem Festnetz der dt. Telekom), sie ist jeweils dienstags und donnerstags von 17.00 bis 20.00 Uhr erreichbar.

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Gesprächsstoff

Matthias Brodowy, 1972 in Braunschweig geboren, studierte Geschichte, Germanistik und katholische Theologie, außerdem absolvierte er eine Ausbildung zum nebenberuflichen Kirchenmusiker. Brodowy wollte Lehrer werden, entschied sich dann aber, sein Hobby zum Beruf zu machen, und wurde Kabarettist. 1999 erhielt Brodowy den Kabarettpreis „Das schwarze Schaf“, anschließend absolvierte er seine erste Deutschlandtournee. Im Jahr 2000 folgte als weitere Auszeichnung der „Prix

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Pantheon“. Neben seinen Bühnenaktivitäten arbeitet Brodowy regelmäßig für Radio und Fernsehen. Für seine Kurzcomedy „Kochen mit Wok“ wurde er mit dem „radio-ffn-comedy-award“ ausgezeichnet. Gemeinsam mit Carsten Hormes (Bass) und Wolfgang Stute (Gitarre/Cajon) erhält Brodowy für sein musikalisch-literarisches Programm „In Begleitung“ den Deutschen Kleinkunstpreis 2013. Brodowy ist verheiratet, hat zwei Kinder und lebt in Hannover. www.brodowY.de


Gesprächsstoff

papst heinz I. isst pommes Religion sollte keine todernste Angelegenheit sein, sagt der Kabarettist Matthias Brodowy. Im Interview verrät der Katholik, ob er Gott schon mal auf die Schippe genommen hat, wo Satire endet und was er als gebürtiger Braunschweiger vom Karneval hält.

FOTOs: Fotolia.Com: Exquisine, Lina_S, Toofan Hashemi

Lacht Gott gern, Herr Brodowy? Zumindest hat er bestimmt fröhlich gelächelt, als er zum ersten Mal die vollkommene Schönheit seiner Schöpfung bewundert hat. Und wenn ich dem großen Kabarettisten Hanns Dieter Hüsch glauben darf, ist der liebe Gott ja Niederrheiner und hat einen ausgeprägten Sinn für Humor. In jedem Fall gehört zum Logos der Schöpfung das Lachen als geradezu lebenserhaltende Eigenschaft dazu. Daher widerspreche ich vehement dem alten Mönch Jorge, der in Umberto Ecos „Der Name der Rose“ so sehr gegen das Lachen ankämpft. Haben Sie Gott schon mal auf die Schippe genommen? Da muss ich kurz nachdenken... Ich behaupte, dass ich das nie getan habe. Möglicherweise bin ich in Grenzbereiche vorgedrungen, die andere schon als Übertretung gesehen haben könnten. Sollte ich in meinem Kabarett von Gott sprechen, dann so, wie es der eben schon erwähnte Hüsch getan hat, stets mit einem liebevollen Augenzwinkern. Warum gibt es so viele Witze über religiöse Würdenträger? Es ist in sich eine Logik, dass jeder, der mit Macht ausgestattet ist, auch Gegenstand von Witzen wird. Ob Politiker, Manager oder religiöser Würdenträger. Damit müssen all diese Berufsgruppen leben. Genau wie Sportler oder andere Prominente. Trotzdem ist es nach meinem Empfinden die Pflicht jedes Satirikers bei aller Kritik die Würde dieser Menschen zu wahren und sie nicht – wie dies leider oft geschieht – zugunsten eines billigen Lachers mit Füßen zu treten.

Sie haben ja mal geträumt, Sie seien Papst Heinz I., der päpstliche Pommes isst und den Segen Grobi und Gabi spendet. Ist Ihnen danach mal jemand aufs Dach gestiegen, der das nicht witzig fand? Ja, tatsächlich. Es beschwerte sich mal eine Frau bei der Leitung des GOP Hannover wegen dieses Textes über mich. Es stellte sich allerdings im Gespräch heraus, dass sie selbst nicht katholisch war. Die Geistlichkeit, da plaudere ich kein Geheimnis aus, von Diakonen über päpstliche Prälaten bis hin zu Bischöfen, konnte über diesen Text ganz besonders herzlich lachen. Zumindest hier im Norden. Bislang hatte ich noch nicht die Chance im Vatikan aufzutreten, aber ich wette, selbst Papst Benedikt würde darüber schmunzeln. Ich würde es zu gerne wissen ... Was müsste passieren, damit Sie als Katholik in Ihren religiösen Gefühlen verletzt wären? Ganz konkret: Kürzlich warf in einer ARD-Talkshow ein fundamentalistischer Kirchenkritiker dem Christentum vor, es sei unethisch. Abgesehen von der Dummheit dieser Äußerung ärgerte mich die Diffamierung all der Menschen, die aus ihrer christlichen Haltung heraus für andere da sein wollen und die sich um den Aufbau einer gerechteren Welt bemühen. Da habe ich mich tatsächlich persönlich angegriffen gefühlt. Ansonsten denke ich, dass wir Christen schlicht mehr aushalten müssen, wo doch Jesus selbst Ziel von Spott und Hohn war. Das ist ein Teil des Kreuzes, das wir tragen müssen, ohne immer gleich nach juristischen Mitteln zu rufen; vielleicht kann das auch stark machen.

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Gesprächsstoff

»Humor und Religion tun dem Menschen gut. Am besten in der Kombination aus beidem!« Sind Ihnen Menschen suspekt, für die Religion eine todernste Angelegenheit ist? Ein klares Ja. Sobald es bei einer Religion todernst wird, hat der Teufel seine Hand im Spiel! Das sage ich jetzt mit einem Augenzwinkern, das man gedruckt nicht sehen kann. Jede Religion sollte den ganzen Menschen im Blick haben und ein großer Teil des Menschseins ist die Fröhlichkeit und die Freude über das Geschenk des Lebens. Zumindest uns Christen empfehle ich sehr, das „Evangelium“, also die „frohe Botschaft“ zu verkünden und nicht die „todernste Nachricht“. Und ich erinnere an die alte Tradition des Osterlachens, mit dem man in der frühen Kirche tatsächlich den Tod verlacht hat. Todesernst führt zu Fundamentalismus, egal ob im Christentum, im Islam oder unter Atheisten. Und abgesehen davon ist jedes Lächeln, das ich einem Menschen schenke, mehr wert als weihevolle Ernsthaftigkeit. Darf Satire alles? Ja und Nein. Ja, wenn hinter der Satire eine Haltung steckt, die konstruktiv ist. Nein, wenn die Satire als Deckmantel für eine Verunglimpfung dient. Der Satz „Satire darf alles“ geht ja zurück auf Kurt Tucholsky. Wenn ich Tucholskys Ethik zugrunde lege, verstehe ich diesen Satz eher als eine Verpflichtung, einen ethischen Standpunkt auch gegen Widerstände zu formulieren, selbst, wenn es mir zum Nachteil gereicht. Sie haben Theologie studiert: Was haben Humor und Religion gemeinsam? Humor und Religion tun dem Menschen gut. Am besten in der Kombination aus beidem! Was ist der Unterschied zwischen Kabarett und Comedy? Ein Kollege hat es so formuliert: „Der Comedian macht es wegen dem Geld. Der Kabarettist wegen des Geldes!“ Meine Meinung dazu: Ich kann beides gut ertragen, wenn es einen literarischen Anspruch gibt und sich nicht in einer allzu primitiven Sprache erschöpft. Den Kabarettisten allerdings verpflichte ich auf eine Haltung, die er erkennbar haben muss. Der Comedian braucht die nicht unbedingt. Und vom Kabarettisten erwarte ich eine gute Recherche. Gerade als Katholik begegnet mir im Kollegenkreis zum Beispiel in Sachen Kirche ein ausgeprägtes Halb- bis Viertelwissen, das leider zu oft Beifall erheischend allzu laut vorgetragen wird. Stimmt die Beobachtung: Je flacher der Humor, desto größer das Publikum? Leider stimmt es oft, aber zum Glück nicht immer. In jedem Fall unterschreibe ich den Satz: Je flacher der Humor, desto breiter das Publikum.

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Machen Sie auch mal flache Witze? Wenn diese Witze eine liebenswürdige Flachheit haben, gerne! Was macht einen guten Witz aus? Präzision, Timing und eine unvorhersehbare Pointe! Ich hasse es, wenn Leute sich an einem Witz versuchen, sich dabei mehrfach korrigieren, ihn ellenlang ausdehnen, nur um am Schluss das zu sagen, was ich seit gefühlten drei Stunden erwarte. In einer größeren Runde kann dieser Dilettantismus allerdings schon wieder eine eigene Komik entwickeln. Was halten Sie als gebürtiger Braunschweiger vom Karneval? Darf ich ehrlich sein? Ich habe zum Karneval überhaupt keinen Bezug. Ich sehe weder Karnevalssendungen, noch laufe ich bei Karnevalsumzügen mit. Aber ich finde es völlig okay, dass nicht nur im Rheinland, sondern auch hier diese Tradition gepflegt wird. Es sollte allerdings manches Mal weniger getrunken werden. Ich musste vor Jahren an einem Rosenmontag spätabends in Mainz auftreten; wenn 80 Prozent des Publikums dem Delirium nahe sind, macht es zumindest mir keinen Spaß. Sie singen davon, wie es ist, ein Nordlicht zu sein. Was bedeutet Ihnen Heimat? Ich bin ja gebürtiger Braunschweiger, dessen Familie aus Wolfsburg stammt, und wohne seit über 30 Jahren in Hannover. Insofern: Ich habe die Welt gesehen! Und ich mag alle drei Städte, schließe mich also keiner dieser Feindschaftszelebrationen an. Im nächsten Jahr werde ich als VFL- und 96-Fan auch den Aufstieg der Eintracht bejubeln. Und außerdem bin ich tatsächlich ein Nordlicht. Ich liebe die Nordsee, die Inseln, die Deiche, den Ostfriesentee, aber auch die Heide, die reetgedeckten Häuser, die plattdeutsche Sprache... Das gibt mir so ein heimeliges Gefühl, vielleicht ist das ein positives Heimatgefühl. Das hat dann nix mit Patriotismus zu tun, sondern vielleicht doch eher wieder mit Religion und Humor: Ich freue mich über diesen herrlichen Landstrich zwischen Deichen und Deister und lächle über Gottes schöJ ne Schöpfung. I nterview : Volker Rö pke

Matthias Brodowy In Begleitung CD, GMVerlag/Venturemedia GmbH, 2011, 44:11 min, ca. 10,00 €


Brunswieck, Helau! Nicht nur in den Karnevalshochburgen im Rheinland wird gefeiert, auch in Braunschweig sind alljährlich die Narren los – in diesem Jahr am 10. Februar.

»Wir glauben an den lieben Gott und haben noch immer Durst« Der Braunschweiger Dominikanerpater Fritz Wieghaus über religöse Töne in Karnevalsliedern

FOTO: dpa

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b in Köln, Mainz oder Braunschweig – Karnevalslieder gehören zur „fünften Jahreszeit“ wie Weihnachtslieder zum Heiligen Abend. Darin klingen, vielfach überhört, regelmäßig religiöse Töne an. Es wäre auch seltsam, wenn es im Karneval ganz ohne den lieben Gott zuginge. Für den Rheinländer jedenfalls wird auf der Erde und im Himmel „Fastelovend“ gefeiert: „Un d'r Herrgott hät sing Freud.“ Wer solche Gedanken für frivol hält, sei an einen Heiligen erinnert. Schon im 14. Jahrhundert betete der britische Schatzkanzler Sir Thomas More: „Herr, schenk mir Sinn für Humor, gib' mir die Gnade, einen Scherz zu verstehen, damit ich ein wenig Glück kenne im Leben und anderen davon mitteile.“ Besonders christliche Ideale wie Solidarität und Mitgefühl finden sich in vielen Karnevalsliedern wieder. Wer mag da als Christ nicht mit einstimmen in den Refrain: „Mer schenke der Ahl e paar Blömscher für ihr Fensterbrett.“ Das christliche Gebot der Nächstenliebe übersetzen die Narren mit: „Drink doch eine met, stell dich nit esu ahn!“ Weitere Lieder, in denen der Karneval die Religion bemüht, sind sehr viel schlichter. „Der liebe Gott weiß, dass ich kein Engel bin, so'n kleiner Teufel steck' doch in jedem drin“, singen „de Höhner“. Der Kölner Volksschauspieler Willy Millowitsch klingt noch im Ohr, wenn es heißt: „Schnaps! Das war sein letztes Wort, dann trugen ihn die Englein fort!“

Manch ein Zeitgenosse fand dieses Lied gar nicht lustig, wurde doch – angeblich – die Alkoholsucht banalisiert. Dass im Karneval die Werte „verkehrt 'rum“ gelten und dieses Lied darum „richtig 'rum“ ist, haben die Kritiker nicht verstanden. Wie ein Glaubensbekenntnis erklingen jene Zeilen, die auch auf manch anderen Festen im Laufe des Jahres gerne angestimmt werden: „Wir lieben das Leben, die Liebe und die Lust. Wir glauben an den lieben Gott und haben noch immer Durst.“ Und überhaupt: Ein wesentlicher Grundzug des Karnevals ist die Melancholie, das Wissen um das kommende Ende – des eigenen Lebens und der Fastnacht. Die Mega-Hymne des christlichen Karnevals lautet denn auch: „Am Aschermittwoch ist alles vorbei, die Schwüre von Treue, sie brechen entzwei. Von all' deinen Küssen darf ich nichts mehr wissen, wie schön es auch sei, dann ist alles vorbei!“

Pater Fritz Wieghaus (54) ist Vorsteher des Dominikanerklosters St. Albertus Magnus in Braunschweig und Pfarrer der gleichnamigen Gemeinde. Der gebürtige Süd-Oldenburger hat viele Jahre im Rheinland gelebt und ist so zu einem Kenner des Karnevals geworden. Auch in seiner Gemeinde St. Albertus Magnus wird jedes Jahr während der „fünften Jahreszeit“ gefeiert.

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Nah dran

Hausschuhe in der Spülmaschine? Das Wissen, wo etwas im Haushalt hingehört, kann bei Menschen mit Demenz deutlich abnehmen. Auch einfachste Tätigkeiten im Alltag fallen Erkrankten oft schwer.

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Nah dran

verliebt, verheiratet, vergessen Klaus Bartsch leidet an Demenz. Wenn er seine Erinnerung verliert, wird er zum Fremden für seine Frau Margdolna. Wie gelingt es dem Ehepaar, mit der Krankheit umzugehen?

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argdolna ist die Liebe seines Lebens. Trotzdem wird Klaus Bartsch sie vergessen. Das ist so gut wie sicher. Er wird den Moment vergessen, als er sie zum ersten Mal sah: „Es war Liebe auf den ersten Blick.“ Er wird vergessen, wie sie sich drei Jahre lang Briefe schrieben, der gebürtige Braunschweiger und die junge Frau aus Budapest. Er wird vergessen, wie der ungarische Pfarrer die beiden im April '74 traute – Bartsch verstand kein Wort, aber jemand dolmetschte und seine Verlobte knuffte ihm liebevoll in die Seite, als er dran war mit dem Ja-Wort. Er wird auch vergessen, wie ihr Sohn zur Welt kam. Klaus Bartsch ist 72 Jahre alt. Er hat eine Krankheit, die ihm seine geistige Leistungsfähigkeit raubt, sein räumliches Orientierungsvermögen beeinträchtigen kann, sein Sozialverhalten und sein Sprachvermögen. Bartsch leidet an Demenz. Es gibt unterschiedliche Arten und Verläufe der Erkrankung. Das Schicksal dementer Menschen aber ist meist gleich: Ihre Erinnerungen verschwinden wie die Blätter eines Baumes im Herbst, manchmal langsam, manchmal rasend schnell.

FOTO: Fotolia.com: libzia

Das erlebte Leben geht für immer Doch anders als beim Baum, der im Frühling wieder ergrünt, kehrt das erlebte Leben nicht zurück ins Gedächtnis. Es geht für immer. Der Mensch, den man gekannt und geliebt hat, ist noch da, aber er hat keine Kontrolle mehr über sein Denken und seine Persönlichkeit hat sich verabschiedet. Ob Bartsch alles vergessen wird, was er mit seiner Frau erlebt hat, weiß niemand. Vielleicht bleibt das eine oder andere gemeinsame Erlebnis in seinem Gedächtnis haften. Doch wenn er diese Ereignisse nicht mehr zur Geschichte ihres gemeinsamen Lebens zusammenzusetzen kann, wird er für seine Frau trotzdem zum Fremden werden. Ihm graut davor. Als die Diagnose Demenz feststand und seine Frau die Hände vors Gesicht schlug, um zu weinen, sagte er zu ihr:

Ein Herz und eine Seele: Klaus Bartsch mit seiner Frau Margdolna.

„Hoffentlich bist du noch da für mich, wenn ich nicht mehr ich bin.“ Das war vor fünf Jahren. Margdolna Bartsch-Selinga sagt, sie werde diesen Satz nie vergessen. Klaus Bartsch weiß, wie es ist, weiterzumachen, wenn man nicht mehr kann. Als junger Mann lief er MarathonLäufe. Aber der Kampf gegen die Demenz ist ein Kampf, den er nicht gewinnen kann. Die Krankheit ist unheilbar, und die Frage ist nur, wann sie mit voller Wucht zuschlägt. Seine Frau ist 60 Jahre alt, Frührentnerin. Sie fürchtet nichts mehr als den Augenblick, in dem ihr Mann vor ihr steht und fragt: Wer bist du? Doch noch ist es nicht so weit. Seitdem Bartsch weiß, dass er an Demenz leidet, hat ihn sein Erinnerungsvermögen nicht massiv im Stich gelassen, es ist ein schleichender Prozess. Seiner Frau bleiben die ersten Symptome der Krankheit trotzdem nicht verborgen. So fällt ihr auf, dass es ihm zunehmend schwerer fällt, Entscheidungen zu treffen. Und sie merkt, dass er sie manchmal nicht versteht:

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Nah dran

„Wenn er nicht weiß, was ich von ihm möchte, sehe ich das an seinen Augen. Ich wiederhole dann, was ich gesagt habe.“ Ist Bartsch allein zu Hause, schreibt er alles auf, was er macht, um es ihr erzählen zu können, wenn sie wieder da ist – eine Denkstütze für sein Kurzzeitgedächtnis, damit das Alltagsgespräch zwischen ihnen nicht verstummt. Auf dem Notizblock steht dann zum Beispiel, dass er die Wäsche gewaschen hat, was er im Supermarkt eingekauft hat und wer während der Abwesenheit seiner Frau angerufen hat. „Das ist sehr rührend von ihm“, sagt sie. Wenn sie ihn bittet, in den Keller zu gehen, um etwas zu holen, zögert er keinen Moment. „Ich vergesse es, wenn ich nicht sofort gehe.“ Um sein Langzeitgedächtnis dagegen ist es besser bestellt: Seine Bestzeiten als Sportler betet er problemlos herunter, obwohl sie Jahrzehnte zurückliegen.

Mit Humor der Demenz trotzen Klaus Bartsch fährt kein Auto mehr. Er hat es vor drei Jahren verkauft, nachdem er beinahe einen Unfall verursacht hatte. „Ich musste ihn anschreien, weil er fast aufgefahren ist, ohne es zu merken“, erzählt seine Frau. Dass er auf einer Kreuzung stand und plötzlich nicht mehr wusste, wohin er fahren wollte, passierte dem Rentner ebenfalls. Für ihn war damals klar: Ich setze mich nicht mehr hinters Steuer. „Das habe ich sehr bewundert“, sagt Margdolna Bartsch-Selinga, „es war sehr vernünftig von ihm.“ Das sieht auch Detlef Stefan Folwaczny so. Der Sozialarbeiter betreut demenzkranke Menschen in der Begegnungsstätte des Caritasverbandes in der Böcklerstraße. Er kennt

»Ich sehe an seinen Augen, wenn er nicht weiß, was ich möchte.« Fälle, in denen Erkrankte noch Auto fuhren, obwohl sie die Bedeutung der Verkehrszeichen längst vergessen hatten. Klaus Bartsch ist zweimal pro Woche in der Begegnungsstätte. Auch er besucht Folwacznys Betreuungsgruppe für Menschen mit Demenz. „Vergissmeinnicht“ heißt die Gruppe. Die Teilnehmer machen Bewegungsübungen und Gedächtnistraining, sie spielen und malen, sie essen miteinander. In der Gruppe gibt es Menschen, denen es deutlich schlechter geht als Bartsch. Ein Mann etwa zieht sich immer mehr zurück, er spricht kaum noch, und wenn er es tut, verdreht er Wörter, bildet Sätze, die keinen Sinn ergeben. Er kommt bereits seit Langem in die Gruppe, trotzdem fragt er immer wieder: War ich schon mal hier? Dass Klaus Bartsch sich von Menschen distanziert, kommt in der Gruppe nicht vor. Stattdessen gibt er gern den Spaßvogel, er lacht viel, er klopft Sprüche, er freut sich über die Gesellschaft. Mit Humor der Demenz trotzen – das ist seine Devise. In den eigenen vier Wänden gelingt ihm das nicht immer. Dann kann es vorkommen, dass er in sich gekehrt dasitzt und barsch wird, wenn seine Frau ihn fragt, was los ist. Auch im Supermarkt reagiert er mitunter impulsiv, wenn beide vor der Kasse warten müssen und es ihm nicht schnell genug geht.

Stichwort Demenz Demenz ist ein langsamer Prozess, der zum Orientierungsverlust führt und sich über Jahre erstreckt. „Weg vom Geist“ oder auch „ohne Geist“ lautet die wörtliche Übersetzung des Begriffs aus dem Lateinischen. Es kommt zu chronisch fortschreitenden, degenerativen Veränderungen des Gehirns. Bei Demenzkranken verschlechtern sich Gedächtnisleistung, Denkvermögen und Urteilsfähigkeit. Weltweit sind etwa 35 Millionen Menschen von Demenzerkrankungen betroffen, zwei Drittel davon in Entwicklungsländern. Nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums leben etwa 1,1 Millionen Demenzkranke in Deutschland. Bis zum Jahr 2030 wird sich diese Zahl Prognosen zufolge auf rund 1,7 Millionen erhöhen. Etwa zwei Drittel der Betroffenen leiden an Alzheimer, der häufigsten Form der Demenz. Die Alzheimersche Krankheit befällt das Gehirn und ist gekennzeichnet durch das fortschreitende Absterben von Nervenzellen und Nervenzellkon-

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takten. Die Erkrankungszahlen steigen mit dem Lebensalter. In Einzelfällen sind aber auch Jüngere betroffen, sogar Kinder. Vergesslichkeit ist noch kein Grund zur Beunruhigung. Doch wenn häufig und über längere Zeit Störungen des Kurzzeitgedächtnisses und der Orientierung auftreten, sollte nach Angaben der Deutschen Alzheimer Gesellschaft ein Arzt aufgesucht werden. So etwa, wenn jemand den Weg vom Bäcker nach Hause nicht mehr findet. Künftig wird die Zahl der Demenzpatienten vor allem deshalb steigen, weil immer mehr Menschen ein hohes Alter erreichen. Die meisten Betroffenen werden von pflegenden Angehörigen versorgt. Es gibt bisher kaum Erkenntnisse, wie die Krankheit verhindert werden kann, und keine Heilungsmöglichkeiten. Medikamente und Therapien können aber das Fortschreiten der Krankheit begrenzt aufhalten und die Situation der Betroffenen verbessern.


Nah dran

Margdolna Bartsch-Selinga hat sich Gelassenheit in solchen Situationen antrainiert, sie sagt, zu streiten lohnt sich nicht. Oft fragt ihr Mann dann wenig später, ob er sich schlimm verhalten hat. Er entschuldigt sich allerdings selten, gesteht er: „Ich denke das, bringe es aber nicht über die Lippen.“ Wo es ihm in der Beziehung zu seiner Frau an Worten fehlt, versucht er es mit Taten auszugleichen, mit Fürsorge und Aufmerksamkeit. „Mein Mann achtet sehr auf mich“, sagt sie. Die beiden unternehmen eine Menge gemeinsam, sie wünschen sich möglichst viele schöne Stunden zu zweit, ehe die Demenz ihr Leben vollständig bestimmen wird. Sie besuchen auch Fachvorträge über die Krankheit. Nichts möchten sie unversucht lassen, um die Beschwerden hinauszuzögern und zu lindern. Außerdem möchte Margdolna Bartsch-Selinga gewappnet sein, so gut es geht. Sie ahnt, was auf sie zukommt, wenn die Krankheit die Erinnerung an sie und ihre Familie aus dem Kopf ihres Mannes radiert. Wenn ihm der Weg ins Bad oder in die Küche plötzlich so kompliziert vorkommt wie der Gang durch ein Labyrinth. Wenn er für Alltagsdinge eine gefühlte Ewigkeit benötigt, weil er sich nicht mehr erinnern kann, wie man ein Hemd zuknöpft oder sich die Schuhe bindet. Wenn sie ihn rund um die Uhr betreuen muss. Sie betet, dass sie körperlich und seelisch die Kraft haben wird, ihrem Mann beizustehen. Sie möchte für ihn da sein, wenn er sich in seine eigene Welt verabschiedet hat. Eine Welt, zu der ihr der Zutritt fehlt. J text: Volker Rö pke Fotos: Peter sierigk

Angebote Der Caritasverband Braunschweig bietet Demenzkranken und deren Angehörigen Hilfe und Betreuung. In der Begegnungsstätte des Verbandes in der Böcklerstraße 232 werden Menschen mit einer Demenz in drei Gruppenangeboten ambulant betreut: dienstags, mittwochs und freitags, jeweils von 9.30 Uhr bis 13.00 Uhr. Die Betreuer sind im Umgang mit demenziell Erkrankten geschult und bieten ihnen ein Programm, das ihre kognitiven, emotionalen und physischen Fähigkeiten trainiert. Im Vordergrund steht, dass sich Menschen mit Demenz in der Gruppe geborgen fühlen. Der Caritasverband bietet außerdem die Einzelbetreuung dementer Menschen in der eigenen Wohnung an. Für die Angehörigen schaffen diese Angebote Entlastung, weil sie währenddessen Zeit für sich haben. Die Angehörigen können bei der Pflegekasse beantragen, dass die Kosten für die Gruppen- oder Einzelbetreuung komplett übernommen werden. Fragen dazu beantwortet Caritas-Sozialarbeiter Detlef Stefan Folwaczny unter der Telefonnummer 0531 75727 und per E-Mail: nachbarschaftshilfe@caritas-bs.de

Informationen im Internet: www.caritas.de/hilfeundberatung/ratgeber/alter/ pflegeundbetreuung/umgangmitdemenzkrankenmenschen www.wegweiser-demenz.de www.deutsche-alzheimer.de www.caritas-bs.de

Margdolna Bartsch-Selinga fürchtet sich davor, dass ihr Mann sie irgendwann nicht mehr erkennt.

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Im Fokus

FrÜhJahrspuTz FÜR KöRPER & SEELE Am Aschermittwoch beginnt die Fastenzeit. Pater Anselm Grün, Benediktinermönch der Abtei Münsterschwarzach bei Würzburg und Autor zahlreicher Bücher, berichtet, wie und worauf er selbst verzichtet. Außerdem gibt der Fasten-Experte Tipps zum Enthaltsam-Sein.

Wer fastet, wählt kalorienarme Lebensmittel – zum Beispiel Säfte, Gemüsebrühe oder Tee.

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Im Fokus

Pater Anselm, Sie fasten selbst und haben Bücher zu diesem Thema geschrieben. Was bedeutet Ihnen die Fastenzeit? Für mich ist die Fastenzeit eine Trainingszeit in die innere Freiheit; dass ich selber lebe, anstatt gelebt zu werden. Es ist wie ein Frühjahrsputz der Seele oder auch des Zimmers. Wir alle müssen unsere Zimmer und Wohnungen ab und an entrümpeln. Genauso ist die Fastenzeit eine Zeit der Reinigung. Fasten reinigt aber nicht nur den Körper, es geht zudem auch um geistige und seelische Reinigung. So wie der Frühling alles erneuert, so will die Fastenzeit den Menschen innerlich erneuern. Wie fastet man richtig? Wenn man auch körperlich fasten will, dann braucht man erst einmal einen Entschlackungstag, dann einen Obsttag und eine Darmreinigung. Und dann muss man ganz viel trinken, mindestens drei Liter, das ist wichtig. Möglich sind Wasser, Tee oder auch Saft. Die ersten Tage sind allerdings etwas kritisch, da bekommt man auch schon mal Kopfschmerzen. Und es gibt noch ein Problem, das ich selbst kenne: Nach etwa drei Tagen schmeckt nichts mehr. Das Wasser ist langweilig und das andere schmeckt auch nicht. Insgesamt sollte man etwa sieben Tage überhaupt nichts essen und dann zwei Tage abfasten, also wenig essen, entweder einen Apfel oder nur eine Scheibe Brot. Wenn man das alles überstanden hat, fühlt man sich ganz frei.

FOTOS: Fotolia.com: pixelsocke, KNA-Bild, Photocase.com: benicce

Kann jeder so ein hartes Fastenprogramm durchstehen? Nicht für jeden ist das angebracht. Ich predige auch nicht, dass jeder Mensch genauso fasten sollte. Wer Lust hat, der soll es versuchen und es sich gönnen, aber es gibt auch Menschen, die davor Angst haben. Diese Menschen und die Angst achte ich selbstverständlich auch, und ich würde niemals jemanden drängen und sagen, du musst fasten. Fasten ist doch aber mehr als nur eine christliche Diät? Fasten gibt es natürlich in allen Religionen. Heute weiß man, Fasten ist nichts Grimmiges. Der heilige Benedikt sagt, man soll in der Freude des Heiligen Geistes auf Ostern warten. Fasten soll also aus einer inneren Freiheit heraus geschehen. Man kann auf verschiedene Weise fasten: Es gibt das Autofasten, das Fernsehfasten, es gibt den Verzicht, über andere zu reden. Das ist eine sehr gute Übung, einmal 40 Tage nicht über andere zu reden.

Durch Verzichtet zu innerer Zufriedenheit.

Wie fasten Sie persönlich? Der heilige Benedikt sagt, jeder Mönch soll sich ein Programm vornehmen und es auch mit dem Abt oder dem geistlichen Begleiter absprechen. Das ist wie ein Trainingsprogramm. Wichtig ist dabei, dass es nicht mein Privatvergnügen ist, sondern dass ich soziale Verantwortung habe, da ich es mit jemandem besprochen habe. Und dann muss ich mich auch daran halten. Worin besteht denn die spirituelle Dimension des Fastens? Zum einen habe ich mehr Zeit, weil ich nicht esse oder weil ich auf andere Dinge verzichte. Zum anderen intensiviert das Fasten das Beten. Es macht die Träume klarer und ich bin J einfach präsenter und innerlich freier. I nterview : ulrike nowak , kna

Wer aufs Fasten verzichten sollte Fasten eignet sich in der Regel für gesunde Erwachsene. Kinder und Schwangere sollten darauf verzichten, ebenso Menschen mit Essstörungen oder einer Krebserkrankung. Grundsätzlich empfiehlt es sich, vor Beginn einer Fastenkur einen Arzt zu konsultieren, um mögliche gesundheitliche Risiken durch den Nahrungsverzicht auszuschließen. Das gilt besonders für Menschen, die gesundheitlich beeinträchtigt sind und regelmäßig Medikamente einnehmen.

Der Benediktinerpater Anselm Grün (68) ist ein viel gelesener Autor spiritueller Bücher, Referent zu spirituellen Themen und geistlicher Berater. Nach dem Studium der Philosophie, Theologie und Betriebswirtschaft übernahm er 1977 die wirtschaftliche Leitung der Abtei Münsterschwarzach mit mehr als 20 Betrieben und rund 300 Mitarbeitern. Er hat sich in mehreren Büchern und Schriften mit dem Thema Fasten auseinandergesetzt. www.anselm-gruen.de

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Im Fokus

Fakten zum Fasten Am Aschermittwoch (in diesem Jahr der 13. Februar) beginnt die 40-tägige Fastenzeit vor Ostern. Seit Ende des 11. Jahrhunderts werden die Katholiken an diesem Tag in Gottesdiensten mit einem Aschenkreuz bezeichnet. Die aus geweihten Palmzweigen gewonnene Asche gilt als Zeichen für Trauer und Buße. Das Aschenkreuz symbolisiert den Beginn der Bußzeit und zugleich die Hoffnung der Christen auf Auferstehung. Der Aschermittwoch ist neben dem Karfreitag der einzige Tag, der in der katholischen Kirche als strenger Fastentag gilt. Gläubige sollen nur eine sättigende Mahlzeit zu sich nehmen und auf den Verzehr von Fleisch verzichten. Die Fastenzeit und ihre Dauer sind nicht nur uralte kirchliche Traditionen, sondern haben biblischen Ursprung: „Dann wurde Jesus vom Geist in die Wüste geführt; dort sollte er vom Teufel in Versuchung geführt werden. Als er vierzig Tage und vierzig Nächte gefastet hatte, bekam er Hunger,“ heißt es im Matthäus-Evangelium.

Fasten-Seminar im Kloster Wer in Gemeinschaft fasten und mehr über den freiwilligen Verzicht wissen möchte, hat dazu im Braunschweiger Dominikanerkloster St. Albertus Magnus Gelegenheit. „Geschmack am Leben durch Fasten – Eine Fastenwoche im Alltag“ heißt ein Seminar, das vom 14. bis 21. Februar im Las-CasasBildungshaus des Klosters (Brucknerstraße 6) angeboten wird. Die Teilnehmer treffen sich jeweils von 19.00 bis 21.00 Uhr (am Montag, 18. Februar, findet kein Treffen statt) unter Leitung des Theologen und Fasten-Experten Pater Martin Rosner, um sich zu informieren und Erfahrungen auszutauschen. Als Fastenform wird das Buchinger-Fasten (Tee-SaftFasten) angeboten. Der Kostenbeitrag beläuft sich auf 60 Euro, darin enthalten ist der Genuss von Säften aus dem Biogarten. Anmeldung per E-Mail an las-casas-haus@gmx. de oder per Postkarte. Zur Anmeldung gehören die Seminarnummer 1307, der Titel des Seminars, die Anschrift, die Altersangabe sowie die E-Mail und/ oder Telefonnummer. Weitere Informationen: Telefon 0531 238855 www.dominikaner-braunschweig.de

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Jeder sechste Deutsche will sich während der Fastenzeit bei Genussmitteln zurückhalten. Das geht aus einer Umfrage hervor. 17 Prozent der Befragten sagten, sie seien beim knapp siebenwöchigen Fasten dabei. Frauen (21 Prozent) wollen sich eher beteiligen als Männer (12 Prozent). Bei den Katholiken will sogar jeder Dritte (35 Prozent) das Fasten während der Bußzeit zwischen Aschermittwoch und Ostern mitmachen. Ganz oben auf der Liste des Verzichts stehen Süßigkeiten mit 64 Prozent. Jeder zweite der Fastenden will bis Ostern keinen Alkohol trinken. Für 34 Prozent der Umfrageteilnehmer spielen religiöse Motive eine Rolle. Wer fastet, nimmt ein Stück Apfel als Festmahl wahr. Diese Volksweisheit haben zwei Psychologen experimentell bestätigt, wie die Universität Würzburg mitteilte. Hungern mache den Mund empfindlicher für Reize und lasse kleine Bissen größer erscheinen, lautet das Fazit der Sozialpsychologen Sascha Topolinski und Philippe Türk Pereira. Fasten muss nicht immer mit Verzicht auf Nahrung oder Genussmittel zu tun haben. In den letzten Jahren haben sich neue Formen des Fastens durchgesetzt. Einige Beispiele: Autofasten – den Wagen stehen lassen, die Umwelt schonen und merken, es geht auch noch ohne; Handy-/SMSFasten: Bringt Ruhe in den Alltag und befreit vom ständigen Blick auf das Display; Fernsehfasten: schafft Zeit, endlich mal wieder ein Buch zu lesen, die Natur zu genießen oder Freunde zu treffen.

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FOTO: photocase.com: Bastografie

Eine neue Variante des Fastens: der Verzicht aufs Fernsehen.


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Leib und Seele

einfach lecker

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Milchreis schmeckt mit Zimt und Zucker, aber auch mit Himbeersaft, Pflaumenkompott oder Obstsalat. öl, Knoblauch, Salz und Pfeffer – mehr braucht es nicht als Zutaten für Spaghetti „Olio e Aglio“. Wer´s noch etwas schärfer mag, gibt noch ein paar kleingeschnittene Peperoni dazu. Kommen heute nur noch selten auf den Tisch: Senfeier. Mehl, Butter, Senf und etwas Zitrone sind die Grundbestandteile für die Senfsoße, dazu gibt es Salzkartoffeln und Grünen Salat. So einfach und so ein Genuss: Hering mit Pellkartoffeln. Selbst eingelegt schmecken die Heringe natürlich am besten, doch auch im Fischgeschäft und im Supermarkt finden sich schmackhafte Marinaden. Zu den Pellkartoffeln noch etwas Butter und Salz, dann sind sie besonders lecker.

Schwarzbrot mit Quark und frischer Petersilie – einfach lecker! Rührei mit Kartoffelbrei – ein Klassiker unter den einfachen Gerichten. Selbst gemachter Kartoffelbrei schmeckt natürlich besser als der aus der Tüte. In jedem Fall nicht vergessen: etwas Muskatnuss zum Abschmecken.

FOTOS: FOTOLIA.COM: THOMAS FRANCOIS, yANTRA

In den TV-Studios geben sich die Starköche die Klinke in die Hand und die Spezialitätenrestaurants sind voll. Doch es muss nicht immer lauwarmer Hummer mit Ingwer oder Steinbutt mit Mandelcreme sein. Auch einfach schmeckt lecker. Jes stellt sechs Gerichte vor, die schon unsere Großmütter kannten, die preiswert sind, sich in maximal einer halben Stunde zubereiten lassen und außerdem sämtlich ohne Fleisch auskommen. Genau das Richtige für die Fastenzeit.


Leib und Seele

Mythos und Heilmittel Kaum ein Öl wird seit Jahrtausenden von den Menschen so verehrt wie das der Oliven. In der Antike wurde mit dem Tod bestraft, wer einen Olivenbaum fällte. Die heilsame Wirkung des Öls ist seit Jahrtausenden bekannt und wird von modernen Studien gestützt.

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er einen Olivenbaum in natura sieht, kann sich seiner Ausstrahlung kaum entziehen. Obwohl sein heimisches Klima am Mittelmeer heiß und trocken und die Böden karg sind, können die Bäume eine Höhe von 10 bis 16 Metern erreichen. Charakteristisch sind der knorrige, zerfurchte Stamm und die dichte, silbrig schimmernde Blattkrone. Doch das ist es nicht allein. In Griechenland finden sich Olivenbäume, die über 2000 Jahre alt sind, und im Garten von Gethsemane in Jerusalem stehen Ölbäume, in deren Schatten bereits Jesus Christus und seine Jünger geruht haben könnten. Das Alte Testament berichtet von Noah, der eine Taube losschickte, um festzustellen, ob die Sintflut vorüber ist. Sie kehrte mit einem Ölzweig als Symbol des Lebens im Schnabel zurück. In der katholischen Kirche wird bei Taufe, Firmung, Priesterweihe und Krankensalbung Olivenöl verwendet, dem Balsam beigemischt wurde. Dieses geweihte Salböl wird Chrisam genannt. In südlichen Ländern bekommen Kinder bis heute statt Lebertran Olivenöl als Aufbaumittel. In den vergangenen Jahren ist Olivenöl vor allem als gesundes Nahrungsmittel bekannt geworden: Es enthält einen hohen Anteil einfach gesättigter Fettsäuren und sekundäre Pflanzenstoffe, die eine Arteriosklerose lindern oder gar verhindern können. Kein Wunder also, dass der römische Gelehrte Plinius der Ältere schon im 1. Jahrhundert nach Christus schrieb: „Mit Ausnahme des Rebstocks trägt keine andere Pflanze Früchte, die mit der Bedeutung der Olive vergleichbar wären.“ silke stä ding

FOTOs: Fotolia.com: angel simon, Photocase.com: annelilocke

Weiterführende Informationen: Birgit Frohn: Natürlich heilen mit Olivenöl; Dr. Roland Lüthi / Doris Iding: Heilsame Öle

Zahnpflege Einen Finger in Olivenöl tauchen und damit die Zähne einreiben. Das macht die Zähne weiß und entfernt die Spuren von Kaffee, Tee, Rotwein und Nikotin. Wer sein Zahnfleisch regelmäßig mit Olivenöl massiert, kann es kräftigen und ihm mehr Widerstandskraft verleihen.

Oliven-Zitronen-Mixtur gegen Magen-Darm-Verstimmungen Um leichte Magen-Darm-Verstimmungen wirksam zu behandeln, morgens auf nüchternen Magen oder abends vor dem Schlafen gehen zwei Esslöffel Olivenöl mit einigen Tropfen frisch gepresstem Zitronensaft einnehmen.

Zerfurchte Stämme und eine silbrig schimmernde Blattkrone sind charakteristisch für Olivenbäume.

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Entdeckt

M wie Mode. Georg Friedrich Adolph Schöner (1774–1841), Portrait Caroline Elisabeth Rönckendorff (1769–1850), 1823, Öl auf Leinwand

die Farbe lila „Lebensmomente von A bis Z“ präsentiert das Braunschweigische Landesmuseum bis 3. März in seiner neuen Ausstellungsreihe „A sentimental journey – no 1: Portraits“. Im Zentrum dieser gediegenen kleinen Kabinettausstellung stehen 26 Bildnisse von Braunschweiger Persönlichkeiten des 17. bis 19. Jahrhunderts. Und die Geschichten, die sich hinter den Gesichtern verbergen. Eine Spurensuche.

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Entdeckt

Y wie Yuppie. Unbekannt, Johann Pollich (Lebensdaten unbekannt), um 1700, Öl auf Leinwand, 77 x 63,3 cm

D

ie Dame hat Stil. Selbstbewusst trägt sie ihr elegantes Kleid in der Modefarbe Lila, hoch geschlossen, mit einem großen Spitzenkragen, ihr dunkles Haar wird von einer reich verzierten Haube bedeckt. Um ihre Schultern hat sie ein elegantes Kaschmirtuch gelegt. So präsentiert sich die Braunschweiger Weinhändler-Tochter Caroline Elisabeth Rönckendorff im Alter von knapp 54 Jahren. Stolz und doch mit der gebotenen Sanftmut, so, wie es von Frauen im 19. Jahrhundert erwartet wurde. Porträtiert hat sie 1823 der Maler Georg Friedrich Adolph Schöner. Dieses Kleid gibt nun den Farbton in der Kabinettausstellung „A sentimental journey no 1: Portraits“ im Braunschweigischen Landesmuseum vor: An violett getönten Wänden werden 26 Porträts bekannter und kaum (noch) bekannter Braunschweiger Persönlichkeiten in alphabetischer Anordnung gezeigt – „Lebensmomente von A bis Z“, nicht etwa den Initialen der Porträtierten folgend, sondern nach Stichworten geordnet, die zugleich einen persönlichen Zugang zur Geschichte eröffnen sollen – von „A“ wie „Auswanderung“ bis „Z“ wie „Zukunft“.

Eine Farbe als Zeichen für Emanzipation Mit ihrem Aufsehen erregenden Kleid findet sich die wohlhabende Weinhändlerstochter aus der vornehmen Breiten Straße unter dem Buchstaben „M“ wie „Mode“. Kuratorin Angela Klein und Gemälderestauratorin Eleonore Lang richteten dabei ihren Blick auf die Braunschweiger Damen-Mode Mitte des 19. Jahrhunderts sowie auf die Geschichte der Farbe Lila, die in dieser Zeit zur Lieblingsfarbe der oberen Gesellschaft avancierte. Der geheimnisvolle Farbton zwischen Rot (warm und weiblich) und Blau (kühl und männlich) wurde im 20. Jahrhundert schließlich zum Symbol für die

H wie Heiratspolitik. Unbekannt, Herzogin Elisabeth Christine Ulrike von Braunschweig-Wolfenbüttel (1746–1840), um 1765, Öl auf Eichenholz, 49 x 38 cm

Emanzipation der Frau. „Uns interessiert die chemische Zusammensetzung dieser Farbe ebenso wie deren kunst- und kulturhistorische Tradition“, erklärt Restauratorin Eleonore Lang. Sie hat sich intensiv mit Violett in allen Schattierungen beschäftigt.

Das Kleine im Großen rückt in den Fokus Bei ihrer Spurensuche stießen die beiden Ausstellungsmacherinnen auf manchen verborgenen Schatz in den Magazinen. So entstand eine Enzyklopädie des Lebens mit Momentaufnahmen aus Braunschweig vom 17. bis 19. Jahrhundert. Das Ordnungsprinzip orientiert sich am „Musée sentimental“, einem Konzept, das der Schweizer Künstler Daniel Spoerri in den 1970er-Jahren entwickelt und damit die Gestaltung historischer Ausstellungen revolutioniert hat: Es geht dabei um das Kleine im Großen; scheinbar „unwichtige“ Alltagsepisoden unbekannter Menschen mit ihren persönlichen Geschichten können ungewohnte Wege in die Geschichte ebenen. Mit dem Titel der neuen Ausstellungsreihe „A sentimental journey“, die mit anderen Themen fortgesetzt werden soll, knüpft das Braunschweigische Landesmuseum zudem an den Titel des berühmten unvollendeten Romans des englischen Schriftstellers und anglikanischen Pfarrers Laurence Sterne an. In seiner „Empfindsamen Reise“ („A sentimental journey“) von 1768 warf er die herkömmlichen Erzähltraditionen über Bord, spielte statt dessen mit Assoziationen und schuf auf diese Weise Raum für Gefühle – in der Epoche der Aufklärung, in der die Vernunft ihren Siegeszeug antrat und zugleich an ihre Grenzen stieß. Der große Aufklärer Gotthold Ephraim Lessing, der in Braunschweig begraben liegt, übersetzte das englische Wort „sentimental“ treffend mit „empfindsam“ und gab damit auch einer prägenden Bewegung ihren Namen – „Empfindsamkeit“.

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Entdeckt

A sentimental journey: Mitte des 19. Jahrhunderts verließen rund 7400 Menschen das Herzogtum Braunschweig, sie wanderten aus nach Amerika. Daran erinnert nun also unter „A“ wie „Auswanderung“ das Porträt von Auguste Caroline Burmester, deren ältester Sohn 1851 Braunschweig in Richtung Amerika verließ. Unter „F“ wie „Frömmigkeit“ ist die Kreuzigungsruppe mit Herzog Heinrich Julius von Braunschweig-Wolfenbüttel und Herzogin Elisabeth aus der Zeit um 1606 zu sehen. Die am Kreuz trauernden Personen auf dem Gemälde, das Hans Vredemann de Vries zugeschrieben wird, sind Mitglieder des Braunschweigischen Welfenhauses. Ein Engel trägt ein kleines Kind in den Himmel. Lange Zeit war man davon ausgegangen, dass es sich dabei um zwei Engelsfiguren handelt. Unter dem Mikroskop fanden sich jedoch neue Details: Am Lendentuch des Kindes lassen sich nun winzige Goldbuchstaben entziffern – sie tragen den Namen Heinrich Julius, eines früh verstorbenen Sohnes des Herrscherpaares, das in den konfessionellen Auseinandersetzungen nach der Reformation politische wie geistliche Orientierung suchte.

Portrait eines „Yuppies“ um 1700 Unter „J“ wie „Judentum“ begegnet man dem Porträt eines jüdischen Gelehrten aus dem 18. Jahrhundert. Es gehört zu den zentralen Stücken der Judaica-Sammlung, die im Ausstellungszentrum Hinter Aegidien gezeigt wird. Das Bild erinnert an die rechtliche Diskriminierung der Juden im Fürstentum Braunschweig-Wolfenbüttel. Erst 1803 durften sie Grundbesitz erwerben und Bildungseinrichtungen besuchen. Es kam zwar zu Annäherungen, Herzog Carl Wilhelm Ferdinand (1735–1806) hielt Kontakt zum jüdischen Aufklärer Moses Mendelssohn, der wiederum mit Lessing befreundet war. Und als in Seesen die von Bankier Israel Jacobson gegründete Jacobsonschule eröffnet wurde, in der jüdische und christliche Schüler gemeinsam Unterricht erhielten,

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gehörte auch die Äbtissin von Gandersheim zu den Gästen der Eröffnungsfeier. Dennoch kam es im Fürstentum damals nicht zu einer Gleichstellung von Juden und Christen. Es geht in dieser enzyklopädischen Ausstellung aber auch um „H“ wie „Heiratspolitik“ in einem mit Blumenkränzen und Putti reich verzierten Porträt von Herzogin Elisabeth Christine Ulrike, um „O“ wie Oper mit einem Porträt der schönen Sängerin Louise Limbach oder um „Y“ wie „Yuppie“ – unter diesem modischen Begriff wird ein junger Mann um 1700 in repräsentativer Kleidung der Erwachsenen seiner Zeit vorgestellt: Johann Pollich, der Sohn eines HerzoglichBraunschweigisch-Lüneburgischen Postmeisters, der später Medizin studieren sollte. Ein Beispiel dafür, dass sich das wohlhabende Bürgertum über Bildung einen Aufstieg zur gehobenen Gesellschaft im Umkreis des höfischen Adels verschaffen wollte. Gesichter und ihre Geschichten – Lese-Nischen mit weißen Sesseln unter weißen Lampenschirmen bilden kleine Inseln, auf denen der Besucher in dem schmalen Begleitband blättern und so noch einmal den Lebensspuren der Porträtierten folgen kann. Und vielleicht auch ein paar Stationen der eigenen Biografie Revue passieren lässt – persönliche BeJ zugspunkte im großen Weltgeschehen. karin dzionara

„A sentimental journey no 1: Portraits. Lebensmomente von A bis Z“ bis zum 3. März im Braunschweigischen Landesmuseum, Vieweghaus, Burgplatz 1. Geöffnet dienstags bis sonntags 10.00 bis 17.00 Uhr, jeden ersten Dienstag im Monat bis 20.00 Uhr, montags geschlossen. Eintritt 4 Euro, Kinder bis 14 Jahren 2 Euro. Ausstellungsführungen am 3. Februar und 3. März (zugüglich 2 Euro). Aktionstag „Mein Museum: Mein Portrait – meine Geschichte“ am 13. Februar, 15.00 bis 17.00 Uhr. Der Begleitband kostet 5 Euro.

Fotos: I. Simon, Braunschweigisches Landesmuseum, Innenaufnahme: H.-J. Derda, BLM

An violett getönten Wänden zeigt das Landesmuseum 26 Porträts bekannter und kaum (noch) bekannter Braunschweiger Persönlichkeiten.


Engagiert

Wie ein Teenager zum Lebensretter wurde Ein Held? „Nein, das bin ich nicht“, sagt Marius Timmler. Auch wenn der 15-jährige Schüler ein Leben in seinen Händen hielt – im wahrsten Sinne des Wortes. Als es ernst wurde, war der Schulsanitäter des Malteser Hilfsdienstes zur Stelle.

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FOTO: Rüdiger wala

aupt- und Realschule Sickte, 4. Oktober. Dritte Stunde, Turnhalle. Die Schüler der Klasse 8B laufen sich warm. Auch die 14-Jährige Lena dreht ihre Runden. Plötzlich bricht sie zusammen – und atmet nicht mehr. Geistesgegenwärtig greifen Sportlehrer Matthias Petzold und Lenas Mitschüler Marius Timmler ein. Auch die Leiterin des Malteser Schulsanitätsdienstes, Cora Kruse, wird sofort alarmiert. Gemeinsam reanimieren sie die 14-Jährige, die an einem angeborenen Herzfehler leidet. Marius drückt auf den Brustkorb seiner Mitschülerin und massiert so ihr Herz. Mindestens fünf Zentimeter tief, 100-mal in der Minute. Kräftig und unaufhörlich. Denn immer wieder hört Lena auf zu atmen. Petzold und Kruse leisten Mund-zu-Mund-Beatmung. Zehn Minuten lang halten die drei Retter Lena am Leben, bis Notarzt und Rettungssanitäter eintreffen und sie ins Krankenhaus bringen. Einen einzigen Gedanken habe Marius gehabt, als er eingriff: „Ich wollte helfen. Nichts tun bringt doch nichts.“ An weitere Einzelheiten könne er sich kaum erinnern: „Ich weiß noch, dass ich danach aus der Halle gelaufen bin und später nach Hause gebracht wurde.“ Innerlich war er völlig ruhig: „Ich wusste, was zu tun ist. Das habe ich ja auch lange geübt.“ Seit drei Jahren engagiert sich der Realschüler beim Schulsanitätsdienst, in Notfallübungen frischt er regelmäßig sein

Wissen auf. Bisher kümmerte er sich als Ersthelfer eher um kleinere Blessuren: zum Beispiel um Verstauchungen und Prellungen. Folgen von Schulhofgerangel. Helfen – das will Marius auch jenseits von Schulhof und Turnhalle. Er engagiert sich bei der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft und der Jugendfeuerwehr. Er übt, wie man Ertrinkende rettet oder wie welches Feuer gelöscht wird. Auch seine beiden Brüder machen mit. Der Malteser Hilfsdienst hat die Rettung von Lena nun gewürdigt. Der Schüler sowie Sportlehrer Matthias Petzold und Schulsanitäterin Cora Kruse wurden mit Ehrenmedaillen ausgezeichnet. „Ich bin nicht nur für mich zuständig, sondern auch für die anderen verantwortlich. Diese Einstellung möchte ich besonders ehren“, betont die Vizepräsidentin des Malteser-Hilfsdienstes in Deutschland, Vinciane Gräfin von Westphalen, während einer Feierstunde in Sickte. Petzold, Kruse und vor allem Marius Timmler hätten Mut und Zivilcourage bewiesen. „Das war die Kraft des Herzens.“ Das Verhältnis zu Lena sei jetzt wieder ganz normal, sagt Marius: „Wie halt unter Mitschülern.“ Das gefällt ihm. Lena geht es wieder gut. Als Marius geehrt wird, spendet sie laut Applaus. Über die Ereignisse reden möchte sie noch nicht. „Das kann ich gut verstehen“, meint Marius – und geht nach Ende der Feierstunde wieder in den Unterricht. Als wäre nichts gewesen. J Rüdiger wala

Informationen zum Schulsanitätsdienst im Internet: www.malteser-braunschweig.de

Retter unter sich: Cora Kruse, Marius Timmler und Matthias Petzold.

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Nikolaus

Rettung vor der Sintflut: Die biblische Geschichte 端ber die Arche Noah als Comic.

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Jes Junior

t l e W r e d h c u B e t s h Das erfolgreic Das Buch der Bücher – so wird die Bibel genannt. Das verwundert nicht, denn kein anderes Buch ist in so viele Sprachen übersetzt und so weit verbreitet worden wie die Bibel. Die Bibel

Tora, auf der auch das Judentum aufbaut. Hier geht es um die Entstehung der Welt und um den Beginn der Geschichte Gottes mit seinem Volk Israel. In den anderen Schriften wird diese chronologisch weitererzählt. Hinzu kommen die prophetischen Schriften und eine Sammlung von Sprüchen und Psalmen. Ein Psalm ist ein geistliches Lied. Teile des Alten Testaments, wie die Geschichten von Adam und Eva, von Noah oder Abraham und ebenso einige der Propheten, spielen eine wichtige Rolle für den Islam. E dmund deppe

Bei der Bibel handelt es sich genau genommen um zwei Buchsammlungen: das Alte und das Neue Testament. Das Wort „testamentum“ kommt aus dem Lateinischen und heißt so viel wie Vertrag oder Bund.

FOTO: del medio verlag

Das Alte Testament setzt sich aus mehreren Teilen zusammen. Der erste Teil sind die fünf Bücher Mose, die

Wort „Bibel“ stammt vom griechi> Das schen „Biblion“, das bedeutet so viel

wie Papyrusrolle. Ursprünglich wurden die Schriften der Bibel auf Papyrus geschrieben und als Schriftrollen aufbewahrt. Schriftrollen sind die Vorläufer unserer heutigen Bücher.

40 Schreiber haben die Bibel in > Über einem Zeitraum von rund 1500 Jahren verfasst.

> Das Alte Testament wurde ursprünglich in den Sprachen Hebräisch und Aramäisch geschrieben, das Neue Testament in Griechisch.

Buchtipp

Bibel besteht aus 73 einzelnen > Die Büchern oder Schriften.

ist in über 2500 Sprachen übersetzt > Sie und ständig kommen Übersetzungen in

Das Neue Testament (neuer Bund) berichtet in den vier Evangelien über das Leben, das Sterben und die Auferstehung Jesu. Das griechische Wort Evangelium bedeutet frohe Botschaft. Weitere Schriften im Neuen Testament handeln von den ersten christlichen Gemeinschaften. Die Vorgeschichte zum Neuen Testament bildet das Alte Testament. Es ist die Geschichte des Volkes Israel, mit dem Gott einen Bund geschlossen hat. Es enthält Botschaften, Richtlinien und Gesetze, nach denen auch Jesus als Jude lebte.

Fakten zur Bibel

weitere Sprachen dazu.

der Bibel wurden verfilmt und als > Teile Comic gezeichnet, außerdem ist das Buch der Bücher immer mal wieder in eine der jeweiligen Zeit angepasste Fassung umgeschrieben worden.

Picanyol Die Comic-Bibel für Kinder DEL MEDIO, 2012 Hardcover, kartoniert, ab 7 Jahre, € 14,90 ISBN-10 394275312X ISBN-13 9783942753128

weltweit bekannteste Gebet steht > Das in der Bibel, im Neuen Testament: das „Vaterunser“.

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Gesehen, gelesen, gehört

Literatur Esther M. Magnis Gott braucht dich nicht Die Autorin erzählt ihre ganz persönliche Geschichte mit Gott erfrischend unkonventionell. Als Jugendliche entfernte sie sich vom unreflektierten Glauben ihrer Kindheit. Doch mit 15 Jahren erfährt sie von der unheilbaren Krebserkrankung des Vaters. Sie betet mit ihren Geschwistern inständig um sein Leben. Dass er dennoch stirbt, stürzt sie in tiefe Verzweiflung. Nach langem Kampf beschließt sie, die Sinnlosigkeit des Lebens hinzunehmen. Einige Jahre später drängt sich ihr mit Macht ins Bewusstsein, dass es trotz allem Leid Wahrheit, Schönheit und Liebe gibt, dass das keine Illusion ist, sondern eine allem voraus liegende und deshalb unerklärliche Wirklichkeit, Gott. Dann erkrankt ihr jüngerer Bruder an Krebs. Esther Maria Magnis lotet die ganze Tiefe dessen aus, was es heißt, an Gott zu glauben. Dabei spart sie nicht mit Kritik am mangelnden Ernst jener, die die Gottesfrage für überflüssig halten. Ein ganz erstaunliches Buch; es dürfte kaum Leser geben, die sich von der Lektüre nicht beeindrucken lassen. Sachb uch

2012, Rowohlt, 16,95 €

Rainer Holbe Wir neuen Großväter Der Fernsehmoderator, Journalist und Buchautor stellt aus seiner Erfahrung als „glücklicher Großvater dreier Enkel” die vielfältigen Möglichkeiten vor, sich bei der Erziehung der Enkelkinder einzubringen. Alles, was mit der Entwicklung von Kindern zu glücklichen und erfolgreichen Erwachsenen zu tun hat, thematisiert er in seinem Buch. Außerdem plaudert er über seine Erfahrungen mit dem eigenen Großvater und lässt auch andere Prominente wie Jasmin Tabatabai, Gert Scobel oder Elke Heidenreich zu Wort kommen. Man darf von diesem praktischen, angenehm lesbaren und ausgesprochen warmherzig geschriebenen Ratgeber keine revolutionären Gedanken erwarten. Dennoch wird wohl jeder etwas finden, was man bedenken und übernehmen kann. Wer sich selbst und seinen Kindern einen Gefallen tun will und wem das Wohlergehen seiner Enkelkinder am Herzen liegt, der sollte zu diesem Buch greifen. Also auch für Großmütter nicht verboten! 2011, Kösel, 17,99 € Ro man

Der Borromäusverein e.V. aus Bonn unterstützt uns bei der Bücherempfehlung. Weitere Informationen: www.BORROMAEUSVEREIN.de

Film Nader und Simin – Eine Trennung Simin will mit ihrer Tochter den Iran verlassen, ihr Mann Nader weigert sich mitzugehen, weil er seinen kranken Vater nicht zurücklassen möchte. Das führt zur vorläufigen Trennung des Paares. Für die Betreuung des alten Mannes stellt Nader eine Frau aus armen, religiös orthodoxen Verhältnissen an. Eine Reihe unglücklicher Vorfälle führt dazu, dass sich die Pflegekraft und der Mann bald vor Gericht gegenüberstehen. Es beginnt ein spannungsgeladener Prozess um die Wahrheitsfindung. Eine genau beobachtende Studie alltäglicher Lebensumstände und familiärer wie sozialer Risse, die in Gestalt eines klug aufgebauten Krimis eine zutiefst verunsicherte, von moralisch-religiösen Zwängen überfrachtete und gespaltene Gesellschaft beschreibt. - Sehenswert ab 14. Das Werk wurde mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Oscar für den besten fremdsprachigen Film. Iran 2011, Regie: Peyman Moadi, als DVD im Handel erhältlich, 15,99 €

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Erlebenswert

In ihrem Werk setzt sich die Künstlerin Lilian Moreno Sánchez regelmäßig mit christlichen Themen auseinander.

Ausstellung

FOTO: wilfried petzi, münchen

Aschermittwoch der Künstler mit Lilian Moreno Sánchez Stoffspitzen, handgeschriebene Textpassagen, Fragmente einer Beweinung Christi aus dem 15. Jahrhundert – Lilian Moreno Sánchez zerschneidet und fügt zusammen, vernäht und vergoldet, druckt, zeichnet und konturiert ihre Kompositionen mittels Nähten aus Goldfäden. Mit großer handwerklicher Sorgfalt und in vielen Arbeitsschritten sind die Stationen der Via Dolorosa zu dichten Texturen verwoben. Die 1968 in Chile geborene und heute in Augsburg lebende Künstlerin untersucht sezierend die ihr vertrauten christlichen Bild- und Erzählformen. Wie wäre dem Leid als ihrem Kernthema damit noch Gestalt zu geben? Der durchleuchtete, verwundete Brustkorb als zentrales Motiv ihres Kreuzweges wirft die Frage nach der nachvollziehbaren Sichtbarkeit von Schmerz und Verletzung auf. Aus der grafischen Überformung dieser Röntgenaufnahmen haben sich zuletzt über-

lebensgroße, dynamisch schwingende Kohlezeichnungen entwickelt, die in Hildesheim erstmals präsentiert werden. Auch der Serie „tengo sed – mich dürstet“ liegt der diagnostische Blick durch zerstörte Körper zugrunde. Moreno Sánchez hält der nüchternen Schonungslosigkeit ihre ästhetischen Mittel entgegen, indem sie sie in befreite Lineaturen auflöst. Die großformatigen Zeichnungen sind vom 19. Februar bis 7. April in der Reihe „Aschermittwoch der Künstler“, einer alljährlichen Sonderausstellung des Bistums Hildesheim, im Roemer- und Pelizaeus-Museum zu sehen. Die Veranstaltungsreihe auf Initiative des inzwischen verstorbenen Bischofs Josef Homeyer gibt es seit 1986. Für das Konzept und als Kurator konnte er seinerzeit den Künstler Gerd Winner J aus Liebenburg gewinnen. birgit h ö ppl

Aschermittwoch der Künstler im Bistum Hildesheim, Lilian Moreno: Sánchez „Tengo sed – Mich dürstet“, Roemer- und Pelizaeus-Museum Hildesheim, Am Steine 1–2, 31134 Hildesheim, 19.2. bis 7.4.2013, Di. bis So. 10.00 bis 18.00 Uhr www.rpmuseum.de

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Termine

sammeln für menschen in not 17. Februar bis 3. März

blues in der kirche 8. Februar, 20.00 Uhr

Gemeinsam Wunder wirken – unter diesem Motto steht die diesjährige Caritas-Sammlung. Vom 17. Februar bis 3. März werden ehrenamtliche Spendensammler aus den katholischen Pfarrgemeinden Braunschweigs von Haus zu Haus ziehen, um Geld für die soziale Arbeit vor Ort zu sammeln. Mit dem Erlös kann die Caritas Menschen in konkreten Notlagen helfen. Die Caritas-Sammler führen einen Sammlerausweis mit sich, der in Verbindung mit dem Personalausweis gültig ist. Sie gehen von Haus zu Haus, um für Spenden zu werben, und sammeln nicht auf der Straße oder auf öffentlichen Plätzen. www.cariTas-dicvhiLdesheim.de

In der deutschen Blues-Szene gilt sie als Riesentalent: die Hamburger Sängerin Jessy Martens. Mit ihrer Band hat die 25-Jährige bei den German Blues Awards im vorigen Jahr in den Kategorien „beste Sängerin“, „beste Band“ und „bester Tonträger“ für das Debüt-Album „Brand New Ride“ gewonnen. Im Kulturzentrum Kniestedter Kirche, einer ehemaligen evangelischen Kirche in Salzgitter-Bad (Braunschweiger Straße 133), ist Jessy Martens live zu hören. Da es keine nummerierten Plätze gibt, empfiehlt sich frühzeitiges Kommen. Karten kosten 17 Euro an der Abendkasse. www.JessYmartens.de

Impressum Jes . Das katholische Magazin für Braunschweig

gesprächstraining für paare 15. bis 17. März Meinungsverschiedenheiten fair klären, wirklich verstehen, was der Partner meint – EPL ist ein Gesprächstraining, bei dem Paare lernen, wie sie ihre Kommunikation verbessern können. Das Bildungswerk Braunschweig der Katholischen Erwachsenenbildung bietet Paaren an, dieses Gesprächstraining während eines Wochenendseminars in den Räumen der Katholischen Ehe-, Familien- und Lebensberatung, Aegidienmarkt 11, 38100 Braunschweig, zu erlernen. Die Kosten pro Paar betragen 150,00 Euro. Weitere Informationen und Anmeldung bis zum 5. März unter Telefon 0531 126934.

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Redaktion Volker Röpke, Propsteipfarramt St. Aegidien, Spohrplatz 9, 38100 Braunschweig, Telefon 0531 24490-25, info@jes-braunschweig.de, www.jes-braunschweig.de Mitarbeiter dieser Ausgabe: Karin Dzionara, Silke Städing, Edmund Deppe, Rüdiger Wala Gestaltung Bettina Höhne, Bernward Medien GmbH Anzeigen Mirco Weiss (verantwortlich), Domhof 24, 31134 Hildesheim, Telefon 05121 307-858 Druck Westermann Druck GmbH, Georg-Westermann-Allee 66, 38104 Braunschweig Jes wird umweltfreundlich auf FSC®-zertifiziertem Papier und Co2-kompensiert gedruckt.

Print

kompensiert Id-Nr. 1224364 www.bvdm-online.de

FOTOS: MICHAEL HEINSEN, FOTOLIA.COM: DIEGO CERVO, ANTREy

Verlag Bernward Medien GmbH, Domhof 24, 31134 Hildesheim Verantwortlich für den Inhalt: Matthias Bode, Domhof 24, 31134 Hildesheim


»Fasten heiSSt lernen, genügsam zu sein; sich weigern, in Materie zu ersticken; sich von allem Überflüssigen lächelnd zu verabschieden.« Phil Bosmans


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