Jes. Das Katholische Magazin

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Jes . Das katholische Magazin Ausgabe 04/2015 August

suchen. fragen. finden.

EIN HERZ FÜR ANDERE Wie Nächstenliebe Spuren hinterlässt RAUSZEIT Per Rad zu den Klöstern

KATHOLISCH KOMPAKT Was sind Orden?


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Änderungen vorbehalten. Es gelten die Reisebestätigung, die Sie nach Buchung erhalten und die AGB der RIW Touristik GmbH sowie unsere Datenschutzhinweise (abrufbar unter www.riw-touristik.de; auf Wunsch Zusendung der AGB vor Buchungsabschluss). Mit Aushändigung des Sicherungsscheines ist eine Anzahlung in Höhe von 20% des Reisepreises fällig. Restzahlung 30 Tage vor Reiseantritt, anschließend erhalten Sie Ihre Reiseunterlagen. Verfügbarkeit, Druck - und Satzfehler vorbehalten.

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Reiseveranstalter: RIW Touristik GmbH Georg-Ohm-Str. 17, 65232 Taunusstein


Editorial . Inhalt

Liebe Leserin, lieber Leser, wer als Christ nach einem guten Leben strebt, sollte Gott und seinen Nächsten lieben. Das klingt einfacher, als es ist. Wer schafft es schon, bedingungslos gut zu sein? Und müssen wir das überhaupt? Um die Grenzenlosigkeit der Nächstenliebe und die Grenzen unseres Handelns dreht sich das

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Titelthema dieses Heftes ab Seite 8. Mehrfach Thema in den bisherigen Ausgaben war das Jubiläum 1200 Jahre Bistum Hildesheim, das seit August vorigen Jahres mit zahlreichen Veranstaltungen gefeiert wird und auch der Anlass gewesen ist, Ihnen Jes zukommen zu lassen.

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Dabei war das Erscheinen des Magazins von

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vorneherein auf das Ende des Bistumsjubiläums im November begrenzt. Wir haben seit der ersten Nummer im Juni 2014 in zahlreichen E-Mails, Briefen und Telefonaten viel Lob für Jes erhalten. Die positiven Rückmeldungen freuen uns sehr. Sie zeigen uns, wie wichtig es ist, mit Ihnen in Kontakt zu sein. Wie wir das auch künftig bleiben können, überlegen wir nun sehr

Titelthema 08 11 14

Nächstenliebe für alle? Aus Fremden werden Freunde Stark sein für Schwache

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Gute Nachrichten Eine Website für alle und alles

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Seele & Leib Die List der Mönche

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Lebensfrage Chillen für die Seele

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Rauszeit Klosterradtour durch die Heide

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Ehrensache Klamotten für jeden Anlass

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Katholisch kompakt Was sind Orden?

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Kolumne Brodowy über die Kunst des Aufschiebens

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Termine Musik und Tänze aus Südamerika

intensiv – mehr dazu in der nächsten Ausgabe. Viel Freude beim Lesen wünscht Ihnen

FOTO TITEL: FOTOLIA.COM: BEAUBELLE

Volker Bauerfeld, Redaktion Jes

Wenn Sie uns schreiben wollen: Redaktion Jes, Domhof 24, 31134 Hildesheim, redaktion@jes-magazin.de WWW.JES-MAGAZIN.DE

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Augen auf für b.kunst! Mit leuchtenden Farben und markanten Formen malen Menschen mit Behinderungen ihren persönlichen Blick auf die Welt. Ausdruck ist angesagt. Wie in unserem Bild, das in der Heimstatt Röderhof entstanden ist. Als Projekt der Kampagne „Kein Mensch ist perfekt!“ des Deutschen Caritasverbandes wurde b.kunst im Jahr 2011 ins Leben gerufen. In diesem Jahr trug sie mit ihren kreativen Einblicken, Ausstellungen und Veranstaltungen zu den Feierlichkeiten zum 1.200-jährigen Jubiläum des Bistums Hildesheim bei. Weitere Infos zur b.kunst und weiteren Projekten unter WWW.KEIN-MENSCH-IST-PERFEKT.DE

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Gute Nachrichten

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Website für alle und alles Informativ, zeitgemäß und multimedial bietet katholisch.de als Internetportal der katholischen Kirche in Deutschland für jeden etwas. Kaum ein Thema, das auf dieser umfangreichen, jedoch äußerst übersichtlich gestalteten Seite nicht erwähnt wird. So punktet das bunt gemixte Glaubens-Kaleidoskop beispielsweise mit aktuellen Inhalten zu Gott und Welt, beantwortet generelle Glaubensfragen oder gibt praxisnahe Tipps – etwa, was Tauf- oder Heiratswillige wissen sollten. Für den Fall der Fälle runden eine persönliche Internetseesorge sowie Online-Beratungen der Caritas das Angebot ab. WWW.KATHOLISCH.DE

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Wanderausstellung zum Bistumsjubiläum „Rückblicke. Einblicke. Querblicke. 1200 Jahre Bistum Hildesheim“ heißt eine sehr sehenswerte Wanderausstellung, die derzeit durch die Städte des Bistums reist und sich auch an ungewöhnlicheren öffentlichen Orten präsentiert. 14 großformatige Tafeln erzählen unter anderem von der legendenumwobenen Gründung des Bistums, von seiner ersten Blütezeit unter den Bischöfen Bernward und Godehard, von der Reformation und dem Erhalt des Katholizismus im 16. und 17. Jahrhundert. Schon einmal von der sogenannten Stiftsfehde gehört? Diese und mögliche weitere Wissenslücken füllt die multimediale Ausstellung interessant-informativ: An einer Audio- und Videostation können Quellentexte, Bilder und Videos aus 1200 Jahren Bistumsgeschichte gelesen, gehört, angesehen und somit nacherlebt werden. Eine Begleitbroschüre ergänzt die Ausstellung und ist jeweils vor Ort für 1,00 Euro erhältlich. Aktuell befindet sich die Ausstellung noch bis zum 3. August in den Räumen der Sparkasse Weserbergland in Hameln. Die Ausstellung kann auch von Kirchengemeinden oder Einrichtungen direkt gebucht werden.

Nächste Termine: 8.9. bis 24.9. Wolfsburg, 29.9. bis 11.10. Braunschweig, 25.10. bis 8.11. Hildesheim und 11.11. bis 29.11. Duderstadt. Führungen durch die Ausstellung und weitere Informationen beim Bistumsarchiv Hildesheim unter 05121 307932.

FOTO: FOTOLIA.COM: MONTEGO6

Kinder und Jugendliche sind in der 1929 gegründeten Deutschen Pfadfinderschaft Sankt Georg (DPSG) aktiv. Damit ist die DPSG einer der größten Kinder- und Jugendverbände in Deutschland. Derzeit finden diverse Sommerlager statt, so auch im Bistum Hildesheim: Das freundschaftliche Miteinander in freier Natur – von der Küste bis zum Harz – ist abenteuerlicher Höhepunkt im Pfadfinderleben und setzt den Glauben in die Tat um. Auch als Mitglied der Weltpfadfinderschaft bringt sich die DPSG in Sachen internationale Freundschaft, Solidarität und Frieden ein. „Gut Pfad“ unter WWW.DPSG.DE


» Ich habe durch die Zeit im Kloster inneren Frieden gefunden.«

Paddy Kelly (37), Sänger, Komponist und ehemaliger Frontmann der Kelly-Family, bereut seine Jahre im Kloster nicht. Der Abschied dort, kurz vor dem ewigen Gelübde, war für ihn „keine Abkehr von Gott.“ Im Gegenteil: „Für mich ist das der Fels, auf den ich jetzt mein Leben bauen möchte.“ Denn „der Erfolg, der Reichtum – das alles hat mich nicht glücklich gemacht“, sagte er gegenüber der „Welt“.

» Wenn ich denke, ich bin alleine, habe ich Gott.«

Selena Gomez (23), amerikanische Sängerin und Schauspielerin, weiß Gott immer an ihrer Seite. Der Glaube habe ihr in ihrem bisherigen Leben auch dabei geholfen, Trennungen durchzustehen: „Manchmal denken wir, dass wir nicht gut genug sind. Aber dann erkenne ich, dass ich immer noch Gott habe, wenn ich alleine bin.“ Die bekennende Katholikin geht außerdem regelmäßig zum Gottesdienst.

» Wenn der Papst weiter so redet, fange ich früher oder später wieder an zu beten.«

FOTOS: PICTURE ALLIANCE

Raúl Castro (84), kommunistischer kubanischer Staatschef, ist beeindruckt von Papst Franziskus: „Ich habe alle Reden des Papstes gelesen“, sagte er auf einer Pressekonferenz. „Kein Witz, wenn der Papst weiter so redet, dann fange ich früher oder später wieder an zu beten und trete wieder der katholischen Kirche bei.“

»Denn wir können nur empfangen, wenn wir geben.«

Hildesheimer Bischof kritisiert Fracking Der Hildesheimer Bischof Norbert Trelle hat der Gasförderung durch Fracking in Niedersachsen eine klare Absage erteilt. Diese sei hochproblematisch, „weil sie in der Logik einer Wirtschaftskultur steht, die die Natur für einen kurzfristigen Nutzen auszubeuten bereit ist“, sagte Trelle in einer Stellungnahme zur Umwelt-Enzyklika von Papst Franziskus. Außerdem kritisierte der Bischof die mit der Kernkraft verbundenen Umweltbelastungen und nannte als Beispiele die Lager Asse, Schacht Konrad und Gorleben. „Nur wenn wir in Europa, in Deutschland und damit auch im Bistum Hildesheim freiwillig weniger Ressourcen verbrauchen und Wohlstand nicht allein materiell begreifen, können wir zu einem Leben in Würde für sieben Milliarden Menschen in einer lebenswerten Umwelt beitragen“, so Trelle. Mit dem 200-seitigen Rundschreiben „Laudato si – Über die Sorge für das gemeinsame Haus“ hat Franziskus als erster Papst eine Umwelt-Enzyklika verfasst. In dem Dokument geht das Oberhaupt der katholischen Kirche mit scharfen Worten gegen das kapitalistische Wirtschaftssystem an. Der Papst wirft der Politik vor, bei Umweltfragen versagt zu haben, indem sie sich der Technologie und der Finanzwelt untergeordnet habe.

Franz von Assisi

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NÄCHSTENLIEBE FÜR ALLE? „Liebe Deinen Nächsten wie Dich selbst“ – so lautet das zentrale Gebot des Christentums. Schwierig allerdings, diesem Ideal immer und überall gerecht zu werden. Doch was fordert Nächstenliebe eigentlich von uns? Und was nicht?

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Titelthema

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ami, auf dem Schild da steht: ‚Ich habe Hunger!’“ Große Kinderaugen blicken fragend herauf. Der Moment steht still. Vor den beiden sitzt ein Mann auf dem Asphalt. In Wind und Wetter. Mit besagtem Schild in der Hand. Ausgerechnet einer jener Bettler, die man als Erwachsener schnell in einen Topf wirft: Ob in devoter Bettelhaltung, unter Zurschaustellung amputierter Gliedmaßen oder huckepack mit Säugling – die Mitleidsmasche zählt; und weil sie Geduld und guten Willen der vorbeiziehenden Passanten strapaziert, wird jene Masche gern übersehen. Doch wo die Grenze ziehen? Zwischen gewerbsmäßig bettelnder Drückerkolonne und wirklicher Not? Darf man sich seine Nächstenliebe selbst aussuchen? Barmherzig nur dem gegenüber sein, der uns als „Nächster“ genehm ist? „Jesus ist da eindeutig“, sagt Diakon Dr. Peter Abel. Der Theologe ist Leiter der Arbeitsstelle für pastorale Fortbildung und Beratung im Bistum Hildesheim. „Seine Worte lauten: ‚Was du dem geringsten meiner Brüder getan hast, das hast Du mir getan’. Jesus rechnet nicht, er riskiert und zeigt Rückgrat.“

Radikale Nächstenliebe und Gewissensfreiheit Einer, der Jesu Worte radikal beherzigte, war Franz von Assisi. Der Heilige und Namenspatron des derzeitigen Papstes war ein äußerst wohlhabender Mann, doch er verschenkte allen Besitz, hüllte sich in grobes Tuch und lebte von dem, was seine Mitmenschen ihm gaben – oder auch nicht. Gehortet wurde nichts. Und als eine notleidende Frau ihn um Hilfe bat, besaß er nur noch das Neue Testament. Trotz des Protests seiner Gefährten verschenkte er es an die Frau, damit sie es verkaufen und mit dem Erlös für ihren Unterhalt sorgen konnte. Seinen Kritikern antwortete er: „Ich glaube fest, dass dieses Tun unserem Herrn mehr gefällt, als wenn wir aus dem Buch lesen!“ Nächstenliebe hautnah. Aber für uns heute umsetzbar? Reicht es nicht aus, hin und wieder Geld zu spenden? Auf den ersten Blick liefert das Christentum keine konkreten Antworten oder vorgefertigten Lösungen. Die Religion der radikalen Barmherzigkeit und Nächstenliebe ist auch eine Religion der radikalen Gewissensfreiheit – und damit eine schwierige Glaubenslehre, weil sie uns eigene Verantwortung abverlangt: Wir sind selbst gefordert. Es gilt, sich auf den anderen einzulassen. Auch unser Scheitern ist in Ordnung. Wichtig ist, dass wir am Ball bleiben. Das Christentum schenkt die Freiheit, nach eigenem Ermessen zu handeln. Sicher ist dabei nur: „Ohne Liebe zum Nächsten, die in der lateinischen Übersetzung „caritas“ heißt, kann es keine Liebe zu Gott geben“, fasst es Peter Abel zusammen.

»Liebe und tu, was du willst.

Schweigst du, so schweige aus Liebe. Redest du, so rede aus Liebe. Kritisierst du, so kritisiere aus Liebe. Verzeihst du, so verzeih in Liebe. Lass all dein Handeln in der Liebe wurzeln, denn aus dieser Liebe erwächst nur Gutes.« Augustinus

Damit unterscheidet sich das Christentum vom Humanismus oder politischen Ideologien, die ebenfalls für sich beanspruchen, wohlmeinend zu sein: Christen sehen in ihren Mitmenschen Schwestern und Brüder. Also etwas Nahes, Verwandtes oder Vertrautes. Und Vertrautes betrachten wir eindeutig emotionaler und wohlwollender als das Fremde. „Nächstenliebe wird wichtig, wenn wir es selbst einmal erlebt haben, irgendwo Gast gewesen zu sein“, sagt Peter Abel. „Wenn fremde Menschen sich plötzlich um uns kümmern. Uns einladen. Das beeindruckt – und beschämt uns dann sogar fast, wenn für uns Häuser, Kochtöpfe und damit auch Herzen spontan geöffnet werden.“ Eine Erfahrung, die man in Deutschland vermutlich seltener macht, die uns als Bürger eines reisefreudigen Landes aber bestimmt schon einmal andernorts begegnet ist: Momente, in denen man keine kalte Münze als Essensgeld in die Hand gedrückt bekommt, sondern die uns – kurzfristig, aber emotional nachhaltig – zum Teil einer Familie werden lassen. Familie funktioniert, indem sich jeder um jeden kümmert. Wie wäre es also, in den uns fremden Menschen hin und wieder mal ein Familienmitglied zu sehen? Sowohl in der alten Dame gegenüber oder dem weitgereisten Flüchtling von nebenan als auch in den Opfern von Katastrophen überall auf der Welt: Ein „Globalisierungsproblem“ gibt es in Sachen Nächstenliebe nicht. Der Blick der Kirche reichte schon immer über nationale Grenzen hinaus. Auch im Sinne des Wortes „katholisch“ – das „allumfassend“ bedeutet. Die praktische Umsetzung der Nächstenliebe geschieht durch „misericordia“, ein Wort, das im Deutschen mit „Barmherzigkeit“ übersetzt wird. Nächstenliebe kommt aus dem Herzen. Barmherzig zu sein ist neben dem Christentum auch im Islam und im Judentum eine der wichtigsten Pflichten. Weil dieser Auftrag möglichst ohne darüber nachzudenken

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Werke der Barmherzigkeit Die Barmherzigkeit gilt als wesentliche Eigenschaft Gottes. Sie verpflichtet Christen zu Zuwendung und Gerechtigkeit. Wie sie konkret gelebt werden kann, formulieren unter anderem die sieben Werke der Barmherzigkeit. Die sieben leiblichen Werke der Barmherzigkeit: ➜ Die Hungrigen speisen ➜ Den Dürstenden zu trinken geben ➜ Die Nackten bekleiden ➜ Die Fremden aufnehmen ➜ Die Kranken besuchen ➜ Die Gefangenen besuchen Die sieben geistigen Werke der Barmherzigkeit: ➜ Die Unwissenden lehren ➜ Den Zweifelnden recht raten ➜ Die Betrübten trösten ➜ Die Sünder zurechtweisen ➜ Die Lästigen geduldig ertragen ➜ Denen, die uns beleidigen, gerne verzeihen ➜ Für die Lebenden und die Toten beten

Duschen im Vatikan Der Vatikan hilft Obdachlosen: Sie können die neuen Duschanlagen nutzen und erhalten zusätzlich eine Kulturtasche mit Handtuch, Seife und Deo. Nicht weit entfernt warten auch freiwillig arbeitende Friseure auf die ungewöhnliche Kundschaft. Kritiker dieses Projekts, die sich darum sorgen, dass noch mehr Obdachlose von dieser Aktion angezogen werden oder Kunsthistoriker, die Berninis Gesamtkunstwerk durch die Kolonnaden-Duschen gestört sehen, kann der Vatikan nicht verstehen. Duschen und Friseurbesuch, hier geht es um die Würde des Menschen: „Wir Christen sollten das akzeptieren“, sagt ein Vatikansprecher. Außerdem werden regelmäßig Regenschirme und Schlafsäcke an die Obdachlosen verteilt, denn Papst Franziskus hat sich vorgenommen, die Kirche den Bedürftigen zu nähern – und er setzt sein Ziel tatkräftig um.

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geschehen und mit-leiden ohne Hintergedanken auskommen sollte, dürfen wir uns dabei also getrost auf unser gutes Bauchgefühl verlassen. Gut zu wissen, was Nächstenliebe ausmachen kann und wie Barmherzigkeit sich ausdrücken sollte. Aber da gibt es nun einmal diese ausgemachten Nervensägen in unserem Leben: Anstrengende Weltverbesserer, die immer ganz genau wissen, was für die Menschheit gut ist. Leute, die vielleicht so völlig anders ticken als man selbst. Choleriker, die lautstark und mit wüsten Beschimpfungen auf ihr Recht pochen oder den aggressiven Pöbel im Fußballstadion. All jene Zeitgenossen lieben, anstatt einen großen Bogen um sie zu machen? In ihnen sogar Brüder und Schwestern sehen? Ganz schön viel verlangt. Und was ist, wenn trotz aller Mühe das eigene Kümmern in Kummer umschlägt? „Nächstenliebe verlangt nicht die eigene Überforderung“, erklärt Theologe Abel. Denn es heißt: „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst.“ Dieser zweite Teil ist genau so bedeutsam wie der erste. Jeder ist auch in Sachen Nächstenliebe sein eigener Unternehmer, das schützt gegen jegliche Art von Selbstausbeutung. Jeder muss für sich klären, inwieweit er oder sie noch wohlwollend anstrengenden Zeitgenossen begegnen kann, ohne sich selbst zu schaden.

„Wer immer strebend sich bemüht …“ Vielleicht bringt es Johann Wolfgang von Goethe in Sachen Nächstenliebe und Barmherzigkeit unbeabsichtigt am besten auf den Punkt: „Wer immer strebend sich bemüht, den können wir erlösen...“ lässt er die Engel im Faust II verkünden. Ein Satz, der – gelegentlich auch augenzwinkernd – alles menschlich Unvollkommene, alles Wollen, Scheitern und erneutes Versuchen spiegelt. Und so ähnlich endet dann auch die Geschichte von Mutter, Kind und Bettler: „Du möchtest diesem Mann helfen?“ Das Kind nickt. „Dann frag’ ihn doch, ob er eine Bratwurst möchte.“ „Ich?“ Kurzes Zögern, dann läuft es entschlossen los. Der kniende Mann mit Schild versteht kein Deutsch. Das Kind versucht es mit Zeichensprache und zeigt kurzerhand auf den nahen Bratwurststand. Augenblicklich erhellt sich die Miene des Bettlers. Er nickt. Das Kind kauft eine Wurst im Brötchen und überbringt sie. Der Mann beißt beherzt hinein. Er und auch der Bratwurstverkäufer, der alles beobachtet hat, lächeln und winken dem Kind zum Abschied zu, das sich sichtlich darüber freut. Doch dann, nach kurzem Grübeln, gibt es wohl immer noch Zweifel: „Nur Senf hat er jetzt leider nicht, Mami. Echt blöd. Ich wusste einfach nicht, wie ich ihm ‚Senf’ erklären sollte.“

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A LE X A N DRA K AU F HO L D -W I NK L ER

Mehr zum Thema gibt es unter WWW.JES-MAGAZIN.DE


Titelthema

Schach ist schwierig, Dame geht: Peter Gamauf und George aus Syrien beim Spielen.

ERST FREMDE, DANN FREUNDE Aus Nächstenliebe können Dankbarkeit, Vertrauen und Freundschaft erwachsen. Das zeigen drei Geschichten von Menschen, die aus ihrer Heimat geflohen und im Kreis Peine gelandet sind.

FOTO: RÜDIGER WALA

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reisfrage: Was machen Sie, wenn nachts das Telefon klingelt? Wenn Sie nur die Worte „Bauch“, „weh“, „Hospital“ und „sorry“ hören? Und das von einer Frau, die Sie gerade vor einem Monat kennengelernt haben? Für Gisela Braackmann ist das keine Frage. Sie fährt mit der jungen, schwangeren Frau ins Krankenhaus. Kurzerhand erklärt sie sich zur Angehörigen, um mit in den Kreißsaal zu kommen. Nicht einfach, schließlich stammt die junge Frau aus Syrien. Aber sie sehnt sich nach Beistand. Wenig später schneidet Gisela Braackmann – natürlich unter Anleitung der Hebamme – die Nabelschnur durch. Der kleine Adam ist geboren: „Tja und ich war Oma“, sagt Gisela Braakmann. So schnell kann es gehen. Eigentlich will Gisela Braackmann, die mit ihrem Mann in Ilsede (bei Peine) eine Druckerei betreibt, sich ein wenig um Flüchtlinge kümmern. Aus zwei Gründen. Zum einen: „Die Not der Menschen ist doch groß, da muss man etwas Konkretes tun“, sagt die 56-Jährige, die auch für die CDU im Rat der Gemeinde sitzt. Hand heben und Appelle allein reichen nicht. Zum anderen: „Auch meine Familie ist nach Ende des

Zweiten Weltkriegs aus dem Osten geflüchtet und hat Aufnahme gefunden.“ Für sie zwei gute Gründe, um ganz praktisch Nächstenliebe zu leisten. Und praktisch wird es: Gisela Braackmann erfährt von einer kleinen syrischen Familie. Sie, 27 Jahre alt, Lehrerin, hochschwanger. Er, 26 Jahre alt, von Beruf Friseur. Dazu ein zweijähriger Junge. Sie dürfen aus humanitären Gründen in Deutschland bleiben. Alle zusammen leben in der Nachbarschaft von Gisela Braackmann in einem Zimmer. „Das geht doch nicht“, denkt sie – und an eine kleine Wohnung, die sie selbst zu vermieten hat. Aber es fehlen die Möbel. Eine einfache Küche kaufen die Braackmanns selbst, Sofa und Esstisch spenden Freunde. Bett und Schrank sind Sache der Ämter. Bei der Wohnungsübergabe funkt es: „Ich habe gemerkt, da stimmt die Chemie“, berichtet Gisela Braackmann. So wird aus sich ‚etwas Kümmern’ Freundschaft. Gisela Braackmann übersetzt Behördensprech in amtlichen Schreiben, fuchst sich in die vielen kleinen Kompliziertheiten des Ausländerrechtes ein, begleitet die Mutter auf Arzttermine, hilft dem

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Titelthema

Peter Gamauf und Helmut Forberg kümmern sich ehrenamtlich um eine Familie aus Tschetschenien.

Ehemann einen Praktikumsplatz zu finden und schickt die Familie zum Sportverein: ihn zum Fußball, Mutter und Kind zum Turnen. Alles, um sich in die Gemeinde einzugliedern. Alles auch um, neben dem Sprachkurs, Deutsch zu lernen: „Wir reden natürlich viel.“ Das Bilderbuch, das zahlreiche Alltagsgeräte zeigt, wird immer weniger benutzt. Wie auch Übersetzungsprogramme im Smartphone. Über eines wird aber kaum gesprochen: die Erfahrungen der Familie in Syrien und auf der Flucht aus dem Bürgerkrieg – „das braucht noch Zeit.“ Viel Engagement. Viel Zeit. Die eigenen Kinder kommentieren den Einsatz von Gisela Braackmann mit den Worten: „Das riecht doch nach Adoption“. Durch die Nabelschnur wird es noch mehr: „Das ist wie Familienzuwachs, das ist echtes Glück vor meiner Haustür.“ Die syrische Familie macht es dann offiziell. Für sie ist Gisela Braackmann nur noch „Mama“. Aber die Beziehung ist keine Einbahnstraße. Gisela Braackmanns Tochter feiert Richtfest. Ihre ‚syrische’ Tochter will dazu etwas backen. „Sie glauben gar nicht, wie viel Kuchen sie gemacht hat“. Familie hilft sich.

„Wie ein Geburtstag für mich“ Dankbarkeit – das ist etwas, was Peter Gamauf immer wieder aufs Neue erfährt. Auch von einem, den er erst nicht kannte und der nun ein Freund geworden ist. In einer schwierigen Situation. Aber der Reihe nach: Gamauf, 63 Jahre alt, trifft eine vergleichsweise pragmatische Entscheidung: „Ich bin arbeitslos geworden und wollte mich engagieren.“ Zuvor war er als Redakteur bei einer Tageszeitung beschäftigt. Jetzt will er nicht, 12

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dass ihm die Decke auf den Kopf fällt. Er fragt bei der Caritas in Peine an, ob er helfen kann. Die Flüchtlingsberaterin der Caritas, Christine Borchert-Edeler, schickt ihn zu George. 29 Jahre alt, aus Syrien. Ihm droht auch die Decke auf den Kopf zu fallen. George, chaldäisch-katholischer Christ, ist im stillen Kirchenasyl. Still deshalb, weil es nicht an die große Glocke gehängt wird. George braucht Zeit, um den Widrigkeiten europäischer Flüchtlingspolitik zu entgehen. Seine Flucht aus dem Nahen Osten war nicht einfach und führte ihn durch verschiedene europäische Länder. EU-Gesetzgebung aber sagt: Das Land, das er als erstes betritt, ist für ihn zuständig. Doch gerade in den Ländern am Rande der EU ist die Stimmung und die Situation mehr als schlecht für Flüchtlinge. George will gern nach Deutschland. Er schlägt sich durch. Bleibt er ein halbes Jahr hier, kann er in Deutschland – unabhängig von den europäischen Regelungen – einen erneuten Asylantrag stellen. Deshalb braucht er Zeit. Und Schutz vor Abschiebung. Im Kirchenasyl. Gamauf erinnert sich an die erste Begegnung: „Ein Bett, ein Regal, ein Tisch, eine Eckbank – und mittendrin George.“ Ein bisschen genervt, ein bisschen demoralisiert. Irgendwo dazwischen. Sie fangen an zu reden. Auf Englisch. Sie fangen an zu spielen. Zeitvertreib. Und Gelegenheit Deutsch zu lernen. Schach klappt nicht so gut, Dame schon besser. Wirkungsvoll ist Memory. Und Billard. Kugeln können beide versenken, ohne das Kirchengrundstück zu verlassen. „Dreimal die Woche für je drei Stunden habe ich Georg besucht“, erzählt Gamauf. Sie kochen und essen zusammen. Klassisch Nudeln und oft auch Pfannkuchen. Auch dabei kann


Titelthema

Deutsch gelernt werden. Löffel, Gabel, Brotmesser, Fleischmesser und Alles-egal-Messer. Alles-egal-Messer? „Das ist das kleine Messer, mit dem man in der Küche alles schneidet“, erläutert Gamauf. Sogar deutsche Sprache macht erfinderisch. Aber Kochen fordert auch einen Ehrenamtlichen. „George besteht immer darauf, dass ich doppelt so viel esse wie er“, sagt Gamauf und lächelt: „Ich hatte echt Probleme, mein Gewicht zu halten.“ George hört’s und lacht auch: „Das ist bei uns so üblich.“ Punkt. Das ist nicht mehr nur Ehrenamt. Das ist Nächstenliebe. Und Freundschaft. Eine Freundschaft, die auch in Krisen hält. Der Anlass dafür kann klein sein. Nebensächlich. Die Folgen aber groß. Zum Beispiel ein kaputtes Handy. „Im Kirchenasyl war das mein Tor zur Welt“, sagt George. Und die Verbindung zu seiner Familie, die noch in Syrien lebt. Und als chaldäische Christen immer von Verfolgung bedroht sind. Kurznachrichten per Smartphone sind Lebenzeichen und Hoffnungsschimmer zugleich. Nun war es aber kaputt. Gamauf fährt nach Hannover. Nur dort kann es schnellstmöglich repariert werden: „Ich habe George noch nie so nervös, so fertig gesehen.“ Nur gut, dass es mit der Reparatur klappt. „Als Peter wieder da war, war das für mich wie Geburtstag, er hat echt mein digitales Leben gerettet“, sagt George. Das Kirchenasyl konnte er inzwischen verlassen und lebt nun in einem Flüchtlingswohnheim. Der Asylantrag ist gestellt und wird zurzeit bearbeitet. Was dann kommt, weiß George noch nicht. Was mit Informationstechnologie wäre schön. Die Freundschaft mit George besteht weiter – und Gamauf engagiert sich zusätzlich. Zusammen mit Helmut Forberg kümmert er sich um eine Familie aus Tschetschenien. Fünf Köpfe, drei Kinder – eines im Kindergarten-, zwei im Grundschulalter.

tes vor. „Sein Arbeitgeber musste schriftlich versichern, dass er keinen anderen Bewerber für die Arbeitsstelle hat“, erläutert Forberg. Eine hohe Hürde, die da gemeinsam genommen würde. Nun fährt Aymani gut 150 Kilometer zur Arbeit und sieht seine Familie nur am Wochenende. „Aber für sie arbeiten, für sie sorgen zu können, ist für ihn ganz wichtig.“ Auch das sei Eingliederung. „Wir, die Flüchtlingen helfen wollen, müssen das auch anderen Leuten klarmachen.“ Das sei die zweite Seite der Hilfe. Werben für Akzeptanz, Werben für Verständnis. Auch bei Aymani und Daahli müssen sich Gamauf und Forberg um ihr Gewicht sorgen. Sie wurden eingeladen. Mit sich biegenden Tischen. Da ist sie wieder. Die Dankbarkeit. Das Vertrauen. Die Freundschaft. Alles das, was durch Nächstenliebe wächst. Ach ja, das „Alles-egal-Messer“ kennt Daahli auch.

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RÜ DI G ER WA L A

1.

2.

„Sie haben eine heftige Geschichte hinter sich“

Tschetschenien ist ein von Kriegen, Krisen und Konflikten zerrissenes Land. Dessen „Oberhaupt“, wie sich Präsident Ramsan Kadyrow seit 2010 selbst nennt, regiert mit eiserner Hand. Menschenrechtsverletzungen sind an der Tagesordnung. So ist auch die Familie von Aymani und Daahli (Namen geändert) von politischer Verfolgung bedroht und flieht. Nicht nur einmal, sondern zweimal. Nun läuft das Asylverfahren. „Sie haben schon eine heftige Geschichte hinter sich“, sagt Helmut Forberg, 68 Jahre, ehemals Leiter einer Grundschule. Auffangen, beim Einleben helfen, die kleinen Dinge organisieren, die für den Alltag notwendig sind. Wie zum Beispiel Fahrräder und Helme: „Das ist wichtig, gerade für die Kinder, wenn man wie sie in einem kleineren Ort lebt“, sagt Forberg. Es sei nun einmal vieles anders in Deutschland. Und vieles, was die Familie als Bedrohung im Heimatland erfahren habe, ist hier keine. Polizei zum Beispiel. Oder Behörden. „Da muss man viel erklären, viel mitgehen“, meint der Pädagoge. Nur so könne Selbstständigkeit wachsen. Denn genau das ist das Ziel. Aber dazu muss man sich gemeinsam durch viele Kleinigkeiten wühlen. Wie zum Beispiel für den Job von Aymani. „Der Mann hat immer für seine Familie gearbeitet und wollte das auch hier.“ Da sind aber die Bestimmungen des Ausländer- und Arbeitsrech-

FOTOS: RÜDIGER WALA; KNA

3.

Der Nothilfe-Fonds für Flüchtlinge im Bistum Hildesheim ist eine Initiative von Bischof Norbert Trelle.

Hilfe für Flüchtlinge Das Bistum Hildesheim hat einen Nothilfe-Fonds für Flüchtlinge aufgelegt. Mit 800.000 Euro für zwei Jahre werden die professionelle Flüchtlingshilfe der Caritas sowie die ehrenamtlich getragenen Hilfsvorhaben von Pfarrgemeinden und katholischen Verbänden unterstützt. Außerdem wird mit dem Geld der von Priestern des Bistums gegründete Bernward-Hilfsfonds aufgestockt, der unbürokratische Einzelfallhilfe für Flüchtlinge leistet. Der Anlass für den Fonds ist die Not unzähliger Menschen, die aufgrund von Krieg und Vertreibung ihre Heimat verlassen mussten und nach Deutschland gekommen sind. Das Bistum Hildesheim möchte einen Beitrag dazu leisten, dass die Aufnahme und Unterstützung der Flüchtlinge in Niedersachsen verbessert werden kann. Mehr Information: Hedwig Mehring, mehring@caritas-dicvhildesheim.de, WWW.CARITAS-DICVHILDESHEIM.DE

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FOTOS: HERIBERT SCHLENSOK; GLOW, BERLIN

Damit die Politik die Langzeitarbeitslosen nicht vergisst, setzt sich die Caritas für sie ein – so auch in Berlin. Das Kampagnenmotto: Stell mich an, nich ab!

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Titelthema

STARK SEIN FÜR SCHWACHE Seinem Nächsten in der Not zu helfen – das verstehen viele Menschen unter Nächstenliebe. Für Caritasdirektor Hans-Jürgen Marcus hat die Nächstenliebe aber noch eine andere Dimension: Um Missstände zu beseitigen, braucht es in seinen Augen auch politisches Engagement. Er sagt: „Nächstenliebe heißt auch, den Machtlosen eine Stimme zu verleihen.“

Kann man Nächstenliebe organisieren? Ich glaube, man kann es nicht nur, man muss es. Es gibt kein Christsein ohne Nächstenliebe und die fängt zunächst bei jedem Einzelnen an. Ein Christ zeichnet sich dadurch aus, dass er die Not sieht, sich von ihr anrühren lässt und den Menschen hilft, die in Not sind. Aber wir dürfen nicht bei der Einzelfall-Barmherzigkeit stehen bleiben, Hinwendung braucht Strukturen. Neben der konkreten Hilfe für Notleidende bedarf es einer Anwaltschaft für die Armen, eines Eintretens für deren Interessen in Politik und Gesellschaft. Wenn wir uns darauf beschränken, die Not zu lindern, kann das dazu beitragen, dass ungerechte Systeme verfestigt werden. Gerade darum ist die politische Dimension unserer Arbeit so wichtig. Noch etwas spricht für eine organisierte Nächstenliebe: Die Bekämpfung von Armut und Not braucht hohes fachliches Wissen. Das lässt sich aber nur in einer Organisation herstellen und überprüfen. Wie viel Macht braucht man, um Stimme der Machtlosen zu sein? Macht ist vielleicht der falsche Ausdruck, aber man muss schon professionelle Lobbyarbeit leisten. Nehmen wir zum Beispiel die Langzeitarbeitslosigkeit. Es ist nicht einfach, für dieses Thema Interesse zu wecken, während alle Welt über Vollbeschäftigung redet. Dabei ist das weiterhin ein großes Problem. Wir versuchen, das in die Politik zu tragen, aber auch in der Gesellschaft ein Bewusstsein dafür zu schaffen.

FOTO: CHRIS GOSSMANN

Wir haben diverse soziale Probleme: Armut, Hunger, Flüchtlingselend. Wer ist denn da mein Nächster? Mein Nächster ist immer der, der meiner Hilfe am meisten bedarf. Nächstenliebe darf nicht von Familienbanden oder Volkszugehörigkeit abhängen. Wir dürfen auch innerhalb der Kirche keine Clubhausmentalität haben, die dazu führt, dass wir unsere Hilfe nur unseren Freunden, Bekannten oder unseren Mitchristen anbieten. Die Caritas setzt alljährlich Millionen um. Was hat das mit christlicher Nächstliebe zu tun? Tatsächlich ist die Caritas auch ein Wirtschaftsbetrieb. Ohne die Leistungen von Sozialversicherungsträgern und ohne öffentliche Zuschüsse könnten wir in vielen Bereichen unsere Arbeit nicht tun. Die Menschen, die diese Arbeit machen,

schöpfen ihre Motivation dafür häufig aus einem christlichen Bewusstsein. Ohne eine idealistische Berufsauffassung zum Beispiel in der Pflege, in den Kitas oder den Behinderteneinrichtungen geht es überhaupt nicht. Selbst wenn mancher Mitarbeiter es nicht so nennen würde, so ist doch bei den Allermeisten die Idee der Nächstenliebe da. Der Caritasverband hat im Bistum Hildesheim rund 10.000 Mitarbeiter. Wo nehmen Sie so viele Menschen mit einer christlichen Motivation her? Bei der Zahl der Mitarbeiter kann ich nicht dafür bürgen, dass alle tatsächlich diese Motivation mitbringen. Ganz sicher wird es auch welche geben, die diese Motivation nicht haben. Wenn ich selbst neue Mitarbeiter einstelle, frage ich bei den Vorstellungsgesprächen grundsätzlich, ob die Bewerberin oder der Bewerber einen Menschen mit Armutserfahrung persönlich kennt. Ein Bewerber muss etwas mit der christlichen Botschaft, mit der Idee von Nächstenliebe anfangen können. Er muss die Liebe Gottes in seiner Arbeit sichtbar machen wollen. Was unterscheidet Einrichtungen des Caritasverbandes von denen anderer Wohlfahrtsverbände? Wir nehmen jeden Einzelnen ganzheitlich in den Blick, mit seinen Ängsten und Sorgen, aber auch mit seinen religiösen

Dr. Hans-Jürgen Marcus, 57, hat Theologie und Pädagogik an der Universität Münster studiert. Seit 14 Jahren steht er an der Spitze des DiözesanCaritasverbandes. Zuvor war er im Bistum Hildesheim Referent für politische Bildung, Leitender Referent in der Jugendpastoral und Persönlicher Referent des Generalvikars. Marcus ist verheiratet und hat zwei Töchter.

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Titelthema

Opa in der Badewanne: Die Mitarbeitenden in den sozialen Berufen werden nicht gegen Gold aufgewogen. Verdient haben sie es.

Bedürfnissen. Wir sind aus unserer Motivation heraus den Menschen offen und freundlich zugewandt. Unsere Kindertagesstätten und Pflegeheime, unsere Krankenhäuser und Jugendeinrichtungen haben ihre eigene Kultur und das spüren die Menschen. Wir legen großen Wert darauf, dass unsere Einrichtungen ihr Profil schärfen, und machen diverse Angebote für die religiöse und spirituelle Weiterbildung unserer Mitarbeiter. Aber auch strukturell unterscheidet uns etwas. Im Gegensatz zu vielen anderen Anbietern sind wir auch auf Feldern unterwegs, die nicht oder nur teilweise refinanziert werden, wie zum Beispiel in der Schuldnerberatung, in der Flüchtlingshilfe oder der Arbeitslosenbetreuung. Und diese Arbeit wird durch Spenden finanziert, sozusagen durch Gaben der Nächstenliebe? Zum Teil, es fließen auch Kirchensteuergelder in diese Bereiche. 16

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Die Caritas ist ein großer, professionell aufgestellter Wohlfahrtsverband, hat aber auch viele ehrenamtliche Mitarbeiter. Wie wichtig ist deren Arbeit? Sehr wichtig! Wir haben über diese Ehrenamtlichen die Möglichkeit, bis in die einzelnen Straßenzüge, ja bis in die einzelnen Haushalte hineinzukommen. Es gibt in jeder Pfarrgemeinde ehrenamtliche Caritas-Mitarbeiter. Sie engagieren sich in Flüchtlingsprojekten, machen Angebote in Altenheimen, leisten Besuchsdienste, helfen in Kleiderkammern oder Sozialkaufhäusern. Dass wir die Ehrenamtlichen ernstnehmen, zeigt sich daran, dass sie in allen Mitbestimmungsbereichen vertreten sind. Ihre Zahl im Bistum Hildesheim schätze ich auf knapp 10.000, ebenso viele, wie wir angestellte Mitarbeiter haben.

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Gretchenfrage

Helfer für Tausende Die Caritas hat allein im Bistum Hildesheim im vergangenen Jahr knapp 230.000 Menschen geholfen. Für die Hilfsorganisation sind 9.207 hauptamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter tätig, außerdem rund 2.000 ehrenamtliche Mitarbeiter in 100 Pfarrgemeinden und 350 junge Frauen und Männer im Freiwilligen Sozialen Jahr und im Bundesfreiwilligendienst.

Der Glaube an Gott ist für mich elementar

Für Familien da 14.410 Kinder im Bistum Hildesheim besuchen 157 katholische Kindertagesstätten. Mutter-Kind-Kuren machen jährlich 2.222 Mütter mit 3.501 Kindern. Die Caritas verfügt über 519 Heimplätze in der Kinderund Erziehungshilfe.

Andrea Nahles, Bundesministerin für Arbeit und Soziales und SPD-Politikerin, über Dinge, die ihr am Herzen liegen: die Not der Schwachen und der Glaube an Gott.

Beratung und Unterstützung Im Bistum Hildesheim gibt es 25 Beratungsstellen für Allgemeine Lebens- und Sozialberatung mit 8.000 Hilfesuchenden. Die meisten Klienten sind Haushalte mit Kindern, außerdem Bezieher von Grundsicherung, Alleinerziehende und Menschen mit Migrationshintergrund. Um Migranten und Flüchtlinge zu unterstützen, stehen 62 Beraterinnen und Berater der Caritas zur Verfügung.

Hier wird Menschen geholfen

Was bewegt Sie? Mich berührt die Not der Schwachen, vor allem auch dann, wenn sie durch Ungerechtigkeiten verursacht wird, wenn individuelles Leid gelindert und vermieden werden kann und doch nicht genug dafür geschieht. Aktuell bewegt mich das Leid der Flüchtlinge, die Schicksale derer, die Zuflucht suchen, weil sie frei sein wollen von Verfolgung, Gewalt und Tod, weil sie oft nur die Wahl haben zwischen Elend und Flucht. Als Bundesministerin für Arbeit und Soziales bewegt mich dabei vor allem die Frage, wie wir denen, die als Flüchtlinge in unser Land kommen, die oft Schlimmes erlebt und Unterstützung nötig haben, bessere Angebote der Integration bieten und damit Perspektiven geben können. Vor allem bei der Vermittlung in Arbeit stellen wir uns mit der Bundesagentur für Arbeit jetzt ganz intensiv darauf ein.

Die Caritas unterhält 15 Senioren- und Pflegeheime, 14 Lernwerkstätten für Arbeitslose, 5 Sozialstationen, 9 Fachschulen für Sozialberufe und Sozialmanagement, 5 Einrichtungen der Behindertenhilfe, 4 Förderschulen, 3 Soziale Mittagstische und 5 Krankenhäuser.

Was macht Sie glücklich? Glücklich macht mich meine Tochter Ella. Sie ist so munter und froh. Das ist ansteckend. Glück bedeutet für mich die Zuneigung der Menschen, die mir nahe sind und die ich liebe.

Vor Ort heißt nah dran Es gibt 22 Caritas-Ortsverbände im Bistum Hildesheim mit 17 Sozialkaufhäusern und Kleiderkammern. Die Ortsverbände unterhalten unter anderem 16 Beratungsstellen für schwangere Frauen, 15 Schuldnerberatungen und 5 Suchtberatungsstellen.

Noch mehr Nächstenliebe

Mehr Information: WWW.CARITAS.DE, WWW.CARITAS-DICVHILDESHEIM.DE, WWW.BERNWARD-HILFSFONDS.DE

FOTO: DOMINIK BUTZMANN

Zusätzlich sind 4 Sozialdienste katholischer Frauen (SkF) in der Begleitung schwangerer und alleinerziehender Frauen tätig. Und zu guter Letzt gibt es 6 Bahnhofsmissionen, die gemeinsam von Caritas und Diakonie getragen werden.

Wie halten Sie’s mit der Religion? Der Glaube an Gott ist für mich elementar, er bestimmt mein Dasein, prägt mich, hilft mir zu leben. Ich war Christin, bevor ich Sozialdemokratin wurde, ich bin katholisch erzogen und aufgewachsen, ich habe von meinen Eltern eine christliche Grundorientierung mit auf den Weg bekommen, aber auch meine eigenen Interessen und Fragen an die Welt haben mich immer wieder zu meinem Glauben zurückgebracht. Ich denke sozial, ich bin in weltanschaulichen Fragen offen – und ich bin mit Überzeugung und gerne katholisch.

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Seele & Leib

Gaumenlust und Möncheslist Im Schwabenland sind sie das Nationalgericht, und auch im Rest der Republik werden Maultaschen immer beliebter. Der Legende nach entstammt das Rezept aus dem Kloster Maulbronn – und einem listigen Einfall fastender Mönche.

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ot macht erfinderisch. Was sollten die Mönche auch tun? Da lag es nun vor ihnen, das edle Stück Fleisch, das sie in diesen hungerleidenden Tagen des Dreißigjährigen Krieges geschenkt bekommen hatten. Nur blöd, dass dies gerade zur Fastenzeit geschah, in der den Geistlichen der Fleischgenuss streng untersagt war. Doch die Mönche aus dem schwäbischen Kloster Maulbronn hatten eine Idee: Man könnte es ja einfach vorm Antlitz des Herrn verhüllen.

Listiges Versteck

Beliebte vegetarische Varianten Klassisch gegessen werden sie als Suppeneinlage, mit brauner Butter und Röstzwiebeln übergossen zu Kartoffelsalat oder aufgeschnitten und in der Pfanne geröstet. Der Vielfalt sind kaum Grenzen gesetzt. Gefüllt wird etwa auch mit Wildoder Lammhack. Kein Wunder, dass auch Köche jenseits des Ländles die Maultasche längst für sich entdeckt haben. Immer beliebter werden vegetarische Varianten, beispielsweise mit Käse, Kürbis oder Zucchini. Diese hätten den fleischliebenden Maulbronner Mönchen sicher auch gemundet – und wohl so manchen Gewissenskonflikt erspart.

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FOTOS: FOTOLIA.COM: CUT, MAXWO

Gesagt, getan. Die Zisterzienser hackten das wertvolle Gut klein, mischten Spinat und Kräuter darunter und versteckten das Gemisch in kleinen Teigmäntelchen – die Maultasche war geboren. Ob die Maulbronner Mönche vor lauter Appetit vergessen hatten, dass der Herrgott ohnehin alles sieht? Jener soll es der Legende nach gelassen genommen und beim Anblick lediglich mit den Augen gezwinkert haben. Der Volksmund hat die Geschichte der Mönchslist längst aufgegriffen. Im Ländle werden die Teigtaschen deshalb weitverbreitet auch „Herrgottsbescheißerle“ genannt.

Tatsächlich ist unbekannt, woher die Maultaschen kommen. Das traditionelle Rezept gibt es schließlich auch in den benachbarten Regionen in Baden und Bayern. Ähnliche Gerichte wie die italienischen Raviolis oder die Tiroler Schlutzkrapfen finden sich südlich von Württemberg. In Russland kommen Wareniki auf den Teller, in Polen Piroggen und in China Wan Tan. Dennoch ist gerade die Identifikation der Schwaben mit ihren Teigtaschen besonders hoch. Nahezu jede Familie hütet ihr eigenes Rezept, das von Generation zu Generation weitergegeben wird. Seit 2009 stehen die Schwäbischen Maultaschen als Herkunftsbezeichnung sogar unter EU-Schutz.

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Schwäbische Maultaschen

FOTOS: THAUT IMAGES, UNPICT, TAKE; ABTEI ST. SEVERIN

Für 4 Personen 300 g Mehl, 5 Eier 2 El Öl, 3 El Butter 1 altes Brötchen 50 g durchwachsener Speck 2 Zwiebeln 1 Bund Petersilie 1 Bund Schnittlauch 100 g gemischtes Hackfleisch 100 g Kalbsbrät (ersatzweise mehr Hackfleisch) 150 g gehackter Spinat Salz, Pfeffer So wird’s gemacht: Für den Nudelteig Mehl, drei Eier und Öl mit drei bis vier Esslöffeln lauwarmem Wasser und einer Prise Salz mit dem Knethaken des Handrührgeräts vermengen und anschließend von Hand zu einem glatten Teig verkneten. In Frischhaltefolie 45 Minuten ruhen lassen. Für die Füllung das Brötchen in lauwarmem Wasser einweichen, Petersilie hacken und eine Zwiebel sowie den Speck fein würfeln. Ein Esslöffel Butter in eine heiße Pfanne geben und Speck und Zwiebel anschwitzen. Petersilie untermengen und Pfanne erkalten lassen. Den Inhalt zusammen mit dem ausgedrückten Brötchen, Hackfleisch, Brät, Spinat und zwei Eiern vermengen. Mit Salz und Pfeffer würzen. Den Teig halbieren und jeweils auf einer bemehlten Arbeitsfläche rund und dünn ausrollen. Noch mal halbieren. Mit Wasser einpinseln und jeweils mit einem Viertel der Füllung bestreichen, dabei an den Rändern zwei Zentimeter frei lassen. Von der runden Seite her locker einrollen, vorsichtig flach drücken und portionieren. Mit dem restlichen Teig auf die gleiche Weise verfahren. In einem großen Topf Salzwasser oder Brühe aufkochen lassen und Maultaschen anschließend ca. zehn bis 15 Minuten lang bei geringer Hitze ziehen lassen. Kleingeschnittene Zwiebel in Butter anrösten, Maultaschen herausnehmen und auf dem Teller anrichten. Zwiebel und Butter darüber gießen, mit Schnittlauch bestreuen.

AU S DEM NETZ

Gesunde Abkühlung Sommer, Sonne, Hitze: Was gibt es da Schöneres, als sich ins kühle Nass zu begeben? Wie praktisch, dass das Schwimmen dann auch noch zu den gesündesten Sportarten überhaupt gehört: Es schont die Gelenke, beansprucht eine Vielzahl von Muskelgruppen und bringt unseren Kreislauf in Schwung. Gerade für Übergewichtige oder Menschen mit Arthrose oder Rückenleiden, die beim Laufen oder Radfahren schnell an ihre Belastungsgrenzen kommen, ist das Schwimmen daher eine ideale Betätigung – und das nicht nur im Sommer. Im Wasser sind wir nur noch ein Siebtel so schwer wie an Land. Das lässt uns förmlich schweben. Durch die Armbewegungen können wir zudem Spannungen im Schulter- und Nackenbereich lösen und selbst Kopfschmerzen lindern. Und dann verbrennen wir beim Schwimmen auch noch ordentlich Kalorien – 600 bis 800 in der Stunde, je nach Anstrengung, und damit mehr als beim schweißtreibenden Lauftraining an Land im gleichen Zeitraum. Die Erfrischung gibt’s im Wasser gleich inklusive. Also, ab ins Wasser!

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Cooler Ratgeber Schon mal veganes Erdbeereis probiert? Oder Tonkabohneneis? Auf ihrer Internetseite WWW.EIS-MACHEN.DE veröffentlichen die Blooger Robert Kneschke und Erich Eggimann jede Menge bunte Rezeptideen mit Schritt-für-Schritt-Anleitungen zum Nachmachen und berichten über Produkte und Trends.

AU S DEM KA L ENDER Neue Ernte im alten Land Wenn im Alten Land die reifen Äpfel und Birnen in der Herbstsonne leuchten, lädt die Region zu den Altländer Apfeltagen. Am 12., 13. und 20. November stehen dann in Cafés und Restaurants leckere Apfelgerichte auf der Karte und auf den Obsthöfen werden für Besucher die Türen geöffnet. Weiter Infos unter WWW.URLAUBSREGION-ALTES LAND.DE

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Lebensfrage

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CHILLEN FÜR DIE SEELE Nein, Nichtstun hat keinen hohen Stellenwert in unserer Gesellschaft mehr. Und das, obwohl wir unsere Kultur jenen verdanken, die den Müßiggang gern gepflegt haben – sei es Diogenes vor seiner Philosophen-Tonne oder Aristoteles im Kreise seiner Schüler.

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as Ziel der alten Griechen war die Muße, nicht die Arbeit. Das haben sie auch in der Sprache deutlich gemacht: Scholia heißt Muße, Ascholia heißt Nicht-Muße bei den Griechen. Ein angesehener Bürger war, wer sich den Künsten und der Philosophie widmete, weil er es sich durch seine Stellung und seinen Reichtum leisten konnte, andere für sich arbeiten zu lassen. Nichtstun war ein Status-Symbol – und das Arbeiten überließ man vornehmlich den Sklaven. Geändert hat sich diese Einstellung mit dem Christentum: Aus der angesehenen Muße wurde die Todsünde der Trägheit. Wehe dem Mönch, der sich nicht an seine Ordensregel „ora et labora“ (arbeite und bete) hielt! Bei den Protestanten wurde dann der Fleiß als Zeichen für ein gottgefälliges Leben gewertet. Und schließlich wurde mit dem aufziehenden Kapitalismus die Arbeit endgültig aufgewertet: Arbeit ist Wertschöpfung, Arbeit mehrt Kapital. Die katholische Kirche differenziert inzwischen: Arbeit ist Menschenrecht, dient aber dem Gemeinwohl und muss menschenwürdig gestaltet sein.

Wir brauchen die Pausen, das zweckfreie Nichtstun. Im Schwedischen gibt es für das Entspannen ein ganz passendes Verb: „att koppla av“ – sich abkoppeln aus dem Alltag, mal runter von der ICE-Trasse aufs Abstellgleis zur Seelen-Wartung. Erst wenn es um uns herum still wird, wenn keine Mails mehr Du-musst-Signale senden, dann können wir unsere eigenen Gedanken hören. Dann bleibt Zeit, sich über den Erfolg zu freuen, Kollegen und Freunden zu danken, Misserfolge loszulassen und beides einzusortieren in das ganze Leben.

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SR. B I RGI T STO L L H O F F

FOTO: FOTOLIA.COM: CLAUDIA PAULUSSEN

Zwölf Jahre vor der Glotze Und was ist mit der Muße? Mit ihr haben wir Deutschen offenbar nicht mehr viel am Hut, es reicht anscheinend nur noch zum Abschalten vor der Glotze. Die Zeitschrift „P.M.“ hat jedenfalls herausgefunden: Zwölf Jahre sehen wir im Durchschnitt unseres Lebens fern, acht Jahre arbeiten wir und nur ein Jahr gehen wir ins Theater oder Kino. Die Kirche hat sich eine Muße-Zeit immer bewahrt: den freien Sonntag. Dass der wichtig ist, da sind sich Kirche und Gewerkschaften einig. Und es gibt eine weitere Form von Muße, die die Kirche etwa mit Wissenschaftlern und kreativen Menschen teilt: die Zeit zum Nachdenken, Ideenspinnen und Beten. Wobei letztere Beschäftigung mit zwei Wochen im Leben absolutes Schlusslicht unserer Lebenszeit-Beschäftigungen ist. Bei dieser Zeitaufteilung würden die alten Griechen vermutlich zornig aufspringen und fragen, wo die Zeit bleibt, das Leben auch zu genießen. Wer nur arbeitet, der rennt, vermeintlich von einem Erfolg zum nächsten. Im Ergebnis wird er sich aber nicht erfolgreich fühlen, sondern er bleibt getrieben. Dauerarbeit macht krank – psychisch und körperlich. Und sie macht einsam.

© Stadt Goslar

Der Kaiserring der Stadt Goslar Seminar zur Preisverleihung an Boris Mikhailov 9. bis 10. Oktober 2015 Der Kaiserring zählt zu den weltweit renommiertesten Kunstpreisen der Gegenwart. Im Seminar haben Sie die Möglichkeit, Preisträger seit 1975 kennen zu lernen. Wir ermöglichen Ihnen die Begegnung mit dem diesjährigen Kaiserringträger, Boris Mikhailov und seinem Werk. Ein Highlight ist die Preisverleihung in der historischen Kaiserpfalz. Referentin: Dr. Elfi Krajewski, Goslar Leitung: Elisabeth Keil, St. Jakobushaus Kosten: 58,- € p.P./DZ, 72,- p.P./EZ Reußstraße 4 | 38640 Goslar Tel. 05321 3426-0 Fax 05321 3426-26 info@jakobushaus.de www. jakobushaus de

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Rauszeit

SCHNUCKEN, KLÖSTER, ERIKA

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s ist ein friedlicher Ort: Wer das Kloster Medingen betritt, hat schnell das Gefühl von Ruhe und Besinnlichkeit. Der Garten, die Kirche, die Klostergebäude – die ganze Anlage holt den Besucher in eine andere Welt. Nicht immer ging es hier so friedlich zu: In der Reformationszeit weigerten sich die Nonnen, den lutherischen Glauben anzunehmen. Die Äbtissin verbrannte öffentlich die Lutherbibel und die Schwestern versteckten ihren (katholischen) Beichtvater auf dem Dachboden. 30 Jahre tobte der sogenannte „Nonnenkrieg“ und es gab ordentlich Krach mit dem evangelischen Landesherrn Herzog Ernst. Erst 1554 wurde Medingen protestantisch. Während viele Klöster im Zuge der Reformation ein für alle Mal aufgelöst wurden, blieb Medingen erhalten, noch einige Jahre als evangelisches Kloster, ab 1559 als Damenstift. Das ist es immer noch, und an der Spitze des kleinen Konvents steht bis heute eine Äbtissin.

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Medingen ist eines von sechs Heideklöstern, die von der Klosterkammer Hannover verwaltet werden. Drei dieser Klöster lassen sich auf einer 153 Kilometer langen Fahrradtour durch die Heide entdecken. Die Strecke an sich lässt sich für geübte Fahrradfahrer in zwei Tagen bewältigen, doch wer seinen Drahtesel in dem Tempo bewegt, bekommt kaum etwas von der Schönheit der Landschaft und den vielen Sehenswürdigkeiten zu sehen. Beides sollte man nicht verpassen.

Entschleunigt durch die Heide Die erste Sehenswürdigkeit begegnet dem Radler bereits am Startpunkt Uelzen. Der Bahnhof der kleinen Stadt wurde anlässlich der EXPO 2000 vom österreichischen Künstler Friedensreich Hundertwasser zu einem farbenprächtigen Gesamtkunstwerk gestaltet. Fantasievolle Mosaike, goldene Kugeln und bunte Säulen ziehen sich durch den gesamten Komplex – ein Bahnhof wie aus einem Bilderbuch. Auf den Dächern wachsen Sträucher, und eine Solaranlage sorgt für umweltfreundlichen Strom. Kloster Ebstorf, ein Zwischenziel der Tour, ist von hier nur rund 10 Kilometer entfernt, der Weg geht aber zunächst einmal nach Süden. Entlang des Elbe-Seitenkanals erreichen wir Bad Bodenteich, wo um die alte Burganlage herum ein „400-Wasser-Barfußpfad“ entstanden ist. Mit drei Attraktio-

FOTOS: FOTOLIA.COM: WKBILDER

Es ist ein tolle Landschaft und sie steckt voller Geschichte und Geschichten: Wer die Heide zwischen Lüneburg und Bad Bodenteich auf dem Fahrrad erkundet, kann Erstaunliches erfahren – zum Beispiel über mittelalterliche Abhörvorrichtungen.


Tour-Tipps

Lüneburg

Lüneburg

Kloster Lüne

Bienenbüttel

Medingen Bad Bevensen

Kloster Ebstorf

Kloster Medingen

Ebstorf

Uelzen Start / Ziel

Hardausee

Hundertwasser-Bahnhof Uelzen

Suderburg

FOTOS: MATTHIAS BODE; LÜNEBURGER HEIDE GMBH; FOTOLIA.COM: VICTORIA NOWAK, PALSUR

Hösseringen

Museumsdorf

Bad Bodenteich

Burganlage

Die Strecke verläuft überwiegend eben, kleine Steigungen gibt es aber auch in der insgesamt flachen Heidelandschaft. Den einigermaßen geübten Radfahrer stellt das aber nicht vor große Herausforderungen. Der Untergrund ist an einigen kurzen Abschnitten etwas sandig, was das Fortkommen erschwert. Die Tour kann mit jedem verkehrstüchtigen Fahrrad gefahren werden. Hilfreich zur Orientierung sind Fahrradkarten, zum Beispiel Kompass Uelzen, Südheide, Celle und Harburg, Nordheide, Lüneburg, je 7,99€. Lüneburg, Bad Bevensen, Uelzen und Bad Bodenteich lassen sich gut mit der Bahn erreichen. Die Nahverkehrszüge befördern allesamt Fahrräder, häufig halten sie eigene Fahrradabteile vor. Wer die Tour mit Übernachtungen plant, sollte seine Unterkünfte vorbuchen. Vor allem auf der Westseite der Strecke zwischen Bad Bodenteich und Lüneburg sind Hotels Mangelware. In Ebstorf gibt es einige kleine Pensionen. Weitere Unterkünfte finden sich einige Kilometer abseits der Strecke.

Hier kann man mehr erfahren: WWW.LUENEBURGER-HEIDE.DE WWW.MUSEUMSDORF-HOESSERINGEN.DE WWW.KLOSTER-LUENE.DE WWW.KLOSTER-EBSTORF.DE WWW.KLOSTER-MEDINGEN.DE

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Rauszeit

nen kann das kleine Hösseringen aufwarten: Im Museumsdorf lässt sich in 27 historischen Bauten das Leben, Arbeiten und Wohnen in der Heide zwischen 1600 und 1950 nacherleben. Wer den richtigen Zeitpunkt erwischt, kann nicht nur Gebäude besichtigen, sondern sich an Mitmach-Aktionen beteiligen. Einen herrlichen Ausblick auf das Suderberger Land hat man vom nahen Aussichtsturm. Der Hardausee lädt den Radfahrer zu einer Abkühlung ein. Die kann man gut gebrauchen, denn Ebstorf ist noch einige Kilometer entfernt. Wer den Ort erreicht, sollte nicht enttäuscht sein: Die Klosterkirche wird derzeit renoviert und kann nicht besichtigt werden. Führungen durch die Klosteranlage finden aber regelmäßig statt. Und die sollte man nicht verpassen, denn nur so kann man einen Blick auf die Ebstorfer Weltkarte aus dem 13. Jahrhundert werfen. Auf 13 Quadratmetern stellt sie die im Mittelalter bekannten Länder mit Jerusalem als Mitte der Welt dar – umfasst und getragen von der Gestalt Jesu. Die Darstellungen sind zum Teil recht derb, vor allem, wenn es am Wissen um die tatsächlichen Zustände in der Ferne mangelt. So werden für Afrika Menschen mit Riesen-Lippen gezeigt, die bei Bedarf als Sonnenschutz über den Kopf gezogen werden können – heute würde das wohl unter Rassismus fallen. Dass Abhörmaßnahmen keineswegs eine Erfindung der Neuzeit sind, erfährt der Besucher im wunderschönen Kreuzgang des Klosters, der wie die gesamte Anlage im Stil der Backsteingotik errichtet wurde: über einen „LauschSchacht“ konnte die Äbtissin die Gespräche der Nonnen mithören. Wurde Unzüchtiges geredet, kamen die Nonnen in die Arrestzelle – die ebenfalls besichtigt werden kann. Eindrucksvoll im Kloster Ebstorf: Die Schilde der katholischen und der evangelischen Äbtissinnen hängen in ungebrochener Tradition nebeneinander.

Auf dem Weg nach Lüneburg begegnet dem Radler immer wieder die gelbe Muschel auf blauem Grund: Teile der Strecke führen am Jakobsweg entlang, jener uralten Verbindung, die seit dem Mittelalter die Pilger ins spanische Santiago de Compostela bringt. Für Lüneburg selbst sollte man genügend Zeit einplanen. Die historische Altstadt mit ihren eindrucksvollen Giebelhäusern lädt zum Bummeln und Verweilen ein. Überragt wird die Stadtmitte vom mächtigen Turm der St.-Johannes-Kirche. Die fünfschiffige gotische Hallenkirche geht in ihren Ursprüngen auf das 12. Jahrhundert zurück. Im Innern stößt man unter anderem auf einen Flügelaltar aus dem 15. Jahrhundert. Etwas außerhalb der Stadtmitte liegt das Kloster Lüne. Der mittelalterliche Komplex ist eingebettet in eine weitläufige Gartenanlage. Der idyllische Kräutergarten wird von einem kleinen Wasserlauf durchflossen. Wie Medingen und Ebstorf ist auch Lüne ein evangelisches Damenstift mit einem Konvent und einer Äbtissin an der Spitze. Einen Besuch ist hier das Textilmuseum wert, das unter anderem Fastentücher und Bildteppiche aus dem 13. und 14. Jahrhundert zeigt. Von Lüneburg geht es nun wieder Richtung Süden. Über Bienenbüttel (sehenswerte Backsteinkirche St. Georg) erreichen wir Medingen und Bad Bevensen. Der Rest der Tour zurück zum Ausgangspunkt Uelzen ist nun nur noch eine Kleinigkeit.

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FOTOS: MATTHIAS BODE; FOTOLIA.COM: MICHAEL

Ein Video zum Thema gibt es unter WWW.JES-MAGAZIN.DE

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Ehrensache

Komplett einkleiden für 10 Euro Seit drei Jahrzehnten gibt es die Kleiderkammer der Gemeinde St. Maximilian Kolbe in Hannover. Wer wenig hat, erhält hier Jacken, Anzüge, Pullover oder Schuhe zum kleinen Preis.

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ibt´s das? 2 Euro für das Paar Stiefel, 50 Cent für die Bluse, 1 Euro für das Kleid. Das gibt es tatsächlich – in der Kleiderkammer der St.-Maximilian-Kolbe-Gemeinde. Jeden Dienstag von neun bis 13 Uhr öffnen sich im Untergeschoss des Kirchencentrums am Mühlenberger Markt die Türen. Und bald sind die ersten Kunden da. Dann wechseln Jacken, Mäntel, Anzüge, Sporthosen und Pullover den Besitzer. „Für 10 Euro kann man sich hier komplett neu einkleiden“, sagt Gabriela Sosniok. Seit rund sieben Jahren betreut die gebürtige Polin die Kleiderkammer. Gemeinsam mit ihrem Mann Arkadiusz, Edeltraud Leichnitz und Diakon Dirk Kroll sorgt sie dafür, dass die Kunden zufriedengestellt werden und gern wiederkommen.

Internationales Publikum Rund 20 Menschen, überwiegend Frauen, kommen Dienstag für Dienstag in die Kleiderkammer. Sie sind vor allem auf der Suche nach gut erhaltener Kleidung für sich und ihre Angehörigen. „Manchmal brauchen sie aber auch einen neuen Schrank oder einen Fernseher. Dann hören wir uns um, wer so etwas abgeben kann“, erzählt Gabriela Sosniok, die hier von allen nur Gabi genannt wird. Die Kunden der Kleiderkammer sind Sozialschwache aus der Umgebung, vor allem

aber viele Migranten aus dem Irak, aus Polen, Russland, der Ukraine oder Syrien – ein internationales Publikum. Oft verlassen sie die Kleiderkammer mit prall gefüllten Tüten. Gespeist wird die Kleiderkammer mit Spenden aus der Pfarrgemeinde. Viele Sachen sind kaum getragen, machen einen tadellosen Eindruck. Das Angebot an Kleiderspenden übersteigt regelmäßig die Nachfrage. Die Kleiderständer und Regale sind übervoll. Zweimal im Jahr wird daher aussortiert. Was nicht verkäuflich ist, geht in die Altkleidersammlung des Kolpingwerkes für Brasilien. Kolping verkauft den Rohstoff Altkleider an hiesige Textilverwerter und fördert mit dem Erlös soziale Projekte in dem Land. Gabi ist Mitte 40 und kann aufgrund einer Erkrankung nicht mehr in ihrem Beruf arbeiten. „Aber ich will nicht nur zu Hause rumsitzen“ sagt sie. Der Kontakt mit den Menschen macht ihr Freude. Hinzu kommt, dass sie sprachbegabt ist und sich so mit vielen ihrer Kundinnen wenigstens ein wenig unterhalten kann. Rund 3500 Euro kommen durch den Verkauf (streng genommen handelt es sich um Spenden) in der Kleiderkammer im Jahr zusammen. Mit dem Geld finanziert die Gemeinde Einkaufsgutscheine für bedürftige Menschen oder andere karitative Vorhaben.

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FOTO: MATTHIAS BODE

Klamotten für jede Jahreszeit hält Gabriela Sosniok in der Kleiderkammer bereit.

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Leben nach den Regeln des heiligen Benedikt: Die modern gestaltete Hauskirche der Cella St. Benedikt in Hannover.

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Katholisch kompakt

? n e d r O d n i s s a W

Man erkennt sie oft schon von Weitem: Nonnen oder Mönche in ihren Kutten. Allerdings ist der „Habit“ – die Klostertracht – vielerorts inzwischen überholt. Doch ob äußerlich angepasst oder nicht: Wozu brauchen wir eigentlich Ordensleute?

FOTO: MANFRED ZIMMERMANN, EUROMEDIAHOUSE HANNOVER

Wer in einen Orden blickt, erlebt Glaube, Stille, Gebet und Arbeit auf der einen, aber auch alltägliche Geschäftigkeit, Hektik und Weltoffenheit auf der anderen Seite. Ordensfrauen und -männer dürfen in ihrem Leben zwar die Suche nach Gott an die erste Stelle setzen; trennen die Liebe zu ihm jedoch nicht von der Liebe zu den Menschen. Und weil es sehr viele und sehr unterschiedliche Orden in der katholischen Kirche gibt, setzen sich Ordensleute auch auf vielfältige Weise für Ihre Mitmenschen ein – sei es im Gebet, in der Seelsorge oder durch aktiven Einsatz in der Landwirtschaft, im Sozialbereich, zum Beispiel in der Krankenpflege und an Schulen. Die Klöster waren schon immer kulturelle und spirituelle Anziehungspunkte, und sie sind es bis heute geblieben. Neben dem Leben in traditionellen Klöstern gibt es viele kleine Konvente, Niederlassungen jeweiliger Ordensgemeinschaften, die sich mitten in den Städten, in Häusern oder Wohnungen befinden. Dort, wo auch die Gesellschaft lebt und liebt. Jeder Orden hat seine eigene Lebensform, Regel und Spiritualität. Dies zeigt etwas von der Pluralität der katholischen Kirche – jede und jeder kann dadurch in der Gemeinschaft der Kirche seinen Platz und seinen ganz persönlichen Auftrag finden. Ein etwas ironisches Sprichwort sagt, dass selbst Gott in seiner Allmacht nicht wüsste, wie viele Orden es seien. Im Bistum Hildesheim ist die Zahl jedoch bekannt: hier gibt es 24 verschiedene Ordensgemeinschaften.

Drei Gelübde – die Armut, die Ehelosigkeit und der Gehorsam – sind für Ordensfrauen oder Ordensmänner Grundlage des Gemeinschaftslebens. Das ganze Leben soll in den Dienst Gottes gestellt sein. Denn Gott braucht Menschen, um sich mitzuteilen; Menschen, die freiwillig alles riskieren, alles verlassen und ihm nachfolgen. An der Spitze eines Klosters steht je nach Orden ein Abt bzw. eine Äbtissin oder ein Prior bzw. eine Priorin. Diese Oberen werden in der Regel von der Gemeinschaft gewählt. Die Orden bekommen keine Kirchensteuer. Ihren Unterhalt müssen sie selbst verdienen. Die Entstehung des Mönchtums beginnt mit dem 3. Jahrhundert. Die bedeutendste Ordensregel wurde im 6. Jahrhundert von Benedikt von Nursia, dem Gründer der Benediktiner, geschaffen. In der Geschichte der Kirche waren die Orden immer wichtige Reformbewegungen, so etwa im Mittelalter das Kloster Cluny oder die Bettelorden der Franziskaner und Dominikaner im 13. Jahrhundert. Auf soziale Notstände reagierten geistliche Gemeinschaften, indem sie sich der Kranken- oder Armenpflege widmeten. Die Reformation stand den Orden ablehnend gegenüber, sodass es in den evangelischen Kirchen keine Orden mehr gab. Im 20. Jahrhundert allerdingt entsteht in den protestantischen Kirchen eine neue Ordensbewegung. Am bekanntesten ist die von Roger Schutz gegründete ökumenische Klostergemeinschaft von Taizé in Frankreich.

Ein Video zum Thema gibt es unter WWW.JES-MAGAZIN.DE

Auch in nichtchristlichen Religionen gibt es Ordensgemeinschaften, so im Buddhismus, Hinduismus oder im Islam. In der katholischen Kirche leben weltweit rund 900.000 Ordensleute. Dazu zählt auch ein Drittel der weltweit 415.000 katholischen Priester. Der derzeit bekannteste Ordenspriester ist der Papst – Franziskus ist Jesuit. Zahlenmäßig betrachtet, stellen die Frauen die größte Gruppe: Mehr als zwei Drittel aller Ordensleute sind Frauen. In dem Film Silentium – Vom Leben im Kloster, geht es darum, warum Nonnen bzw. Mönche dieses Leben wählen. Die Antwort: „Die Wurzel ist ein ganz starker Glaube an Gott, auf dem alles andere aufbaut.“

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WO LF GA N G ST I C K L ER

Zum Nachlesen in der Bibel: Mk 10,28f

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Die große Stille EIne Film-Meditation

Klein – stark – schwarz: Das gilt für einen guten Espresso wie für dieses Buch. Es ist der Versuch, das Alte und Neue Testament auf 60 Leseminuten zu komprimieren. Wie im Original zieht sich auch durch die Espresso-Bibel ein roter Handlungsfaden, der die Leser vom Anfang bis zum Ende, von der Schöpfung bis zur Offenbarung führt. Dabei wird zwar eher die Breite als die Tiefe abgedeckt, doch jene Bibelessenz hilft bereits, die Geschichten und Zusammenhänge besser zu verstehen. Für alle Neueinsteiger sowie alle Interessierten mit chronischem Zeitmangel, die angesichts des Bibelumfangs bisher kapitulierten. Aber auch für Leser, die immer wieder bei der Genesis („Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde...“) gestartet sind und darüber nie hinauskamen. Denn gerade bei der Bibel ist man oft unsicher: Wo anfangen? Wie lesen? Wer ab jetzt dieses kleine informative Buch dabei hat, kann bei einem schnellen heißen Espresso einen kurzen Blick in eine ebenso starke, konzentrierte und gute Lektüre werfen. Wie es im Hebräerbrief heißt „voll Leben ist Gottes Wort und voll Kraft“ – und damit alles andere als kalter Kaffee.

Wie sieht ein Film über einen Schweigeorden aus? Um es gleich vorweg zu nehmen: Wer eine informative Darstellung des Kartäuserklosters La Grande Chartreuse in Frankreich erwartet, gespickt mit Zahlen, Daten, Fakten sowie dramatischer Musik hinterlegt – wird enttäuscht. Der mehrfach ausgezeichnete Film über den legendären Schweigeorden, einen der strengsten christlichen Orden überhaupt, ist mehr Meditation als Dokumentarfilm. Wer sich darauf einlässt, wird allerdings durch wunderbare Augenblicke belohnt. 160 Minuten Spielzeit, die ein Jahr im Leben der Mönche festhalten: Entschleunigt und eingebettet in den ruhigen Wandel der Jahreszeiten. Zugegeben, „Die große Stille“ ist kein neuer Film, doch was macht das schon? Er ist genauso, wie das abgebildete Leben hinter den Klostermauern selbst: zeitlos. Diese Erfahrung machte auch Regisseur Philip Gröning. Als er 1984 anfragte, ob er eine Drehgenehmigung für jenes Mutterkloster der Kartäuser bekommen könne erhielt er die Antwort: „Es ist zu früh.“ Der Anruf mit der Zusage folgte 16 Jahre später ...

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Kolumne

Brodowy fühlt der Zeit den Puls

Kulturtipp Freude und Hoffnung, Trauer und Angst Sommerzeit ist Reisezeit. An elf Orten zwischen Nordsee, Köln und Berlin erinnert die Deutsche Bischofskonferenz mit einem ungewöhnlichen Kunst-Projekt an das Zweite Vatikanische Konzil vor 50 Jahren in Rom. Damals wollte die katholische Kirche neue Impulse setzen, daran möchte die Kirche hierzulande nun mit einem CrossOver von Kunst, Religion und Wissenschaft anknüpfen. In Ausstellungen, Performances, Filmprojekten und Diskussionen unter dem Motto „Freude und Hoffnung, Trauer und Angst“, dem Eingangszitat des zentralen Konzilsdokuments „Gaudium et spes“ von 1965, nehmen Gegenwartskünstler Stellung zu zentralen Fragen des 21. Jahrhunderts. „Für mich ist die zeitgenössische Kunst so etwas wie der Seismograph, der entschlüsselt, was in der Gesellschaft vorgeht“, betont Bischof Friedhelm Hofmann, der für das Gesamtprojekt zuständig ist. So zeigt etwa das Kölner Kolumba-Museum noch bis 24. August die Ausstellung „playing by heart“, im Würzburger RudolfVirchow-Zentrum ist bis 4. Oktober die Kunstschau „Signalwege. Eine Begegnung von Kunst und Wissenschaft“ zu sehen, in Kloster Lorsch beschäftigen sich Kunststudierende in einem Ausstellungsprojekt mit Formen der Erinnerungskultur (bis 27. September) – und im Oktober setzt sich ein Künstlersymposium auf dem Campingplatz in Schillig an der Nordsee mit dem Thema Mensch, Natur und Umwelt auseinander.

FOTO: DBK/LANDAU; TOOFAN HASHEMI

Aktuelles zum Projekt unter WWW.FREUDE-UND-HOFFNUNG.COM

Was Du heute kannst besorgen …

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ch bin Weltmeister im Prokrastinieren! Die positive Vorsilbe „pro“ täuscht gewaltig, denn hinter diesem Schlauwirkwort verbirgt sich nichts anderes als die zweifelhafte Kunst des Aufschiebens von Dingen, die eigentlich dringend erledigt werden müssten. Und die beherrsche ich wie kein Zweiter. Wann immer etwas Wichtiges zu tun ist, kümmere ich mich erst um etwas anderes. Kennen Sie das? Sie müssen die Steuererklärung machen und weil Ihnen das wie ein unbezwingbarer Berg vorkommt, räumen Sie erst mal die Küche auf. Danach das Wohnzimmer. Dann alles andere. Am liebsten möchte man jede Hausstaubmilbe einzeln raustragen, um sich bloß nicht an die Aktenberge setzen zu müssen. Der Vorteil dieses Prokrastinierens ist, dass hinterher die Wohnung glänzt. Der Nachteil: Die Belege müssen danach trotzdem noch sortiert werden. Bei Steuerberatern ist es natürlich genau andersrum. Wenn die die Wohnung aufräumen sollen, setzen sie sich lieber erst mal an eine Steuererklärung. Es gibt auch eine hauptberufliche Form des Prokrastinierens. In der Politik zum Beispiel. Viele dringende Probleme müssten eigentlich gelöst werden, aber im Zweifel beschäftigt sich manch ein Politiker lieber mit der Frage, ob Paternoster Fahren nur noch mit Führerschein erlaubt sein sollte. Wenn Sie übrigens mal die Chance haben, Paternoster zu fahren und wenn Sie überdies sportlich veranlagt sind, dann probieren Sie mal Folgendes: Fahren Sie über das letzte Stockwerk hinaus, machen dann am Wendepunkt einen Handstand und wenn Sie wieder runterfahren, schreien Sie durch das ganze Haus: „Und er dreht sich doch!“ Und wo wir gerade bei Sport sind – in diesem Bereich findet die häufigste Form des Aufschiebens statt. Ganze Fitnessstudios leben davon, dass ihre Mitglieder „morgen dann aber ganz bestimmt“ hingehen. Aber auch morgen kommt was dazwischen. Bei Sport kommt immer was dazwischen. Letztlich fühlt man sich dennoch viel besser, wenn man immerhin im Fitnessstudio angemeldet ist. Perfekt wäre eigentlich ein Tag, an dem man morgens zum Sport geht, sich dann an die Akten setzt und anschließend die Wohnung auf Vordermann bringt. Morgen fange ich damit an!

Matthias Brodowy ist selbsternannter Vertreter für gehobenen Blödsinn. 2013 wurde er mit dem Deutschen Kleinkunstpreis ausgezeichnet. WWW.BRODOWY.DE

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Termine

Barockmusik aus Bolivien Sechs Konzerte im September

Nacht der Kirchen in Braunschweig 26. September, 19.30 bis 23.00 Uhr

San Ignacio de Moxos gehört zu den Jesuitenmissionen des bolivianischen Tieflandes, die durch die Unesco zum Weltkulturerbe ernannt wurden. Von dort kommt das 20-köpfige Ensemble Moxos unter Leitung von Raquel Maldonado. Das Konzertprogramm umfasst Stücke barocker Komponisten aus Bolivien ebenso wie Musik und Tänze aus Amazonien. Der Eintritt ist frei, um Spenden wird gebeten. Der Erlös ihrer Tournee kommt dem Sozialprojekt der Musikschule zugute. Das Ensemble spielt (jeweils um 19.30 Uhr) am 21.9. in Göttingen, am 22.9. in Celle (St. Ludwig), am 23.9. in Lüneburg (St. Marien), am 24.9. in Braunschweig (St. Heinrich), am 25.9. in Garbsen (St. Raphael) und am 26.9. um 20 Uhr im Hildesheimer Dom.

Ein paar Momente der Stille und Besinnung, ehe das Nachtleben beginnt: Am Samstag, 26. September, findet in Braunschweig erstmals eine Nacht der Kirchen statt. In der Zeit von 19.30 bis 23.00 Uhr werden die katholische St. Aegidienkirche und die evangelischen Kirchen in der Innenstadt geöffnet sein. In den Gotteshäusern wird es unterschiedliche Angebote geben, die zum Verweilen, Schauen, Hören und Beten einladen wollen. Die Nacht der Kirchen endet mit einer ökumenischen Andacht auf dem Parkdeck des Karstadthauses in der Innenstadt.

che Magazin Jes . Das katholis

Oktober Ausgabe 03/2014

finden. suchen. fragen.

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Impressum Jes . Das katholische Magazin WWW.JES-MAGAZIN.DE Herausgeber Hauptabteilung für Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit des Bistums Hildesheim Verlag Bernward Mediengesellschaft mbH, Domhof 24, 31134 Hildesheim, Geschäftsführer Thomas Hagenhoff Verantwortlich für den Inhalt Matthias Bode Redaktion Volker Bauerfeld (Leitung) E-Mail an die Redaktion redaktion@jes-magazin.de Ständige Mitarbeit Alexandra Kaufhold-Winkler (Koordination und Leseranfragen), Karin Dzionara, Stephan Fuhrer, Pater Wolfgang Stickler, Propst Reinhard Heine (Theologische Beratung) Autoren dieser Ausgabe Andreas Kaiser, Heribert Schlensok, Sr. Birgit Stollhoff, Rüdiger Wala Gestaltung Bettina Höhne Anzeigen Mirco Weiss (verantwortlich), anzeigen@jes-magazin.de Anschrift aller Verantwortlichen Domhof 24, 31134 Hildesheim Druckauflage 390.000 Exemplare Druck Westermann Druck GmbH, 38104 Braunschweig Bezugspreis 3,50 Euro pro Ausgabe; für Katholiken im Bistum Hildesheim kostenlos Adressänderungen Telefon 05121 307-892, info@jes-magazin.de Mit freundlicher Unterstützung von

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Unkraut vergeht nicht.

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Anne Steinwart


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