Die Trajansäule - ein verändertes Denkmal

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Johan Alvfors

Die TRAJANSÄULE - EIN VERÄNDERTES DENKMAL


Bild 1: Plan und Sektion des Trajansforums, mit Dimensionen. Wilson Jones (b, Seite 163) nach James Packer. Sektion: Packer 1997 [S.8A], folio 54

Titelbild: Rekonstruktion von der Säule ohne Fries, Hugh Petter (1991), aus Claridge, Amanda: Hadrian's Column of Trajan

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Hausarbeit DIE TRAJANSÄULE - EIN VERÄNDERTES DENKMAL Johan Alvfors 12-907-796

Inhaltsverzeichnis Einleitung, These Beschreibung des Denkmals Die Funktion des Monuments Ein veränderter Entwurf? Bauprozess Diskussion Zusammenfassung

Seite 4 Seite 5 Seite 7 Seite 8 Seite 10 Seite 13 Seite 15

Literatur

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Massivbau und die Grossen Steine Vertiefungsfach historische Baukonstruktionen im HS 2012 Institut für Denkmalpflege und Bauforschung, ETH Zürich, Prof. Uta Hassler Wissenschaftliche Assistenz Dipl. Architekt ETH Stephan Liebscher, Dipl.-Ing. Architekt Florian Kirfel, Dr. sc. nat. ETH Martine Vernooij, Stephan Zink PhD

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Die Trajansäule, in Rom gebaut und dem Trajan im Mai im Jahr 113 gewidmet, hat einen Sonderstatus unter den antiken Denkmälern. Obwohl ihre Grösse und Form relativ begrenzt sind, ist ihre Geschichte extrem komplex, wie viele Studien beweisen. Das Denkmal ist verhältnismässig wohlbehaltet, und es gibt viele Möglichkeiten, es mit antiken Texten zu vergleichen. Gemeinsam mit anderen antiken Strukturen, braucht man viele Perspektive, um so viel Wissen wie möglich aus was für unsere Studien geblieben ist zu extrahieren. Aufgrund seiner Inschrift und seines Frieses mit historischen Motiven, ist das Monument gründlich von Historikern und Philologen analysiert worden. In dieser Arbeit werde ich die Erkenntnisse, die diese Perspektive gegeben haben, nicht mehr als verwenden, und stattdessen auf die historische und architektonische Perspektive fokussieren. Generell gibt es zwei heutigen, in der Literatur belegten Diskurse über die Trajansäule. Der erste geht um die Funktion des Denkmals, und die Überschneidungen von Bedeutungen. Ich finde diese Frage sorgfältig geprüft von Amanda Claridge in „Hadrian’s Column of Trajan“. Der andere Diskurs geht um wie das Denkmal gestaltet und gebaut wurde – die interessanteste Frage aus einem architekturgeschichtlichen Blickwinkel. Mark Wilson Jones hat dazu beigetragen durch seine Theorien über wie die Säule entworfen wurde, und Lynne Lancaster hat eine deckende Beschreibung eines denkbares Bauprozesses gemacht. Der ersten Aspekt ist inzwischen, ohne neue Angaben offenkundig ausgeschöpft, aber in dem zweiten gibt es immer noch Potential in der Kombination der Gestaltungs- und Umsetzungsaspekten. Das Ziel dieser Arbeit ist die Wiederherstellungen von der Gestaltung und dem Bauprozess des Denkmals zu beschreiben, vereinen und diskutieren. Damit gehe ich von sekundären Quellen aus (Claridge, Wilson Jones und Lancaster), aber ich lese auch primäre Quellen um die Schlussleitungen besser bewerten zu können.

Bild 2: Conrad Cichorius, Die Reliefs der Traianssäule, Tafel XXXII

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Beschreibung des Denkmals Die Trajansäule ist eine dorische Säule, ca. 100 römische ft (29.62 meter) hoch und aus 19 massiven Marmortrommeln gebaut.1 Die Säule steht auf einem kubischen, stereotomen Piedestal aus acht Blöcken gebaut. Sie ist reich geschmückt mit Friesen, die Kriegsbeute, girlandentragende Löwen und eine widmende Inschrift zeigen. Ausser alle Titeln des Kaisers zu nennen, zelebriert die Inschrift die umfassende Erdbauarbeiten für das Trajansforum.2 Die Basis der Säule, auf dem Piedestal gestellt, besteht aus einer quadratischen Plinthe und einem Torus geformt wie ein Lorbeerkranz.3 Die Basis macht sechs ft von der Höhe der Säule aus, die Kapitell vier. 4 Der Schaft hat eine konsistent gehauene Entasis.5 Das ganze Monument ist aus Lunamarmor (später Carrara genannt) gebaut. Die Blöcke sind ohne Mörtel aber mit bleiverplombten Metallstiften zusammengefasst.6 Im Gegensatz zu vielen anderen Hochleistungsbauten, wurde nur ein relativ einheimisches Gestein verwendet (ausgenommen der Kranz aus Travertin, die im Fundament festgegossen ist).7 Die Kaisern haben gern seine Fähigkeit Bausteine zu importieren zur Schau gestellt.8 In der Säule gibt es eine Treppe – viereckig in seinem tieferen Teil, schneckenförmig in dem Kolonneschaft – die auf die als Aussichtspunkt funktionierende Kapitell führt. Im Piedestal gibt es auch ein Vestibül, einen

Bild 3: Entasis der Trajansäule. Horizontalmasstab 1:25, Vertikalmasstab 1:400.

1  Wilson Jones (a), Mark: One hundred feet and a spiral stair: the problem of designing Trajan’s Column, JRA n. 8, Portsmouth 1993:31. 2  Claridge, Amanda: Hadrian’s Column of Tajan, JRA n. 6, Portsmouth 1993: (9), Wilson Jones (b), Mark: Principles of Roman Architecture, Yale 2000 (164) 3  Claridge 9 4  Wilson Jones (b) 166 fig. 8.9 5  Wilson Jones (b) 129 fig. 6.32: Dieser Entasis ist einer der Details, die nich zur Säule Marcus Aurelius kopiert wurde. Dies bietet Unterstüzung der These Claridges, dass der Fries ist eine spätere Zulage ist. 6  Lancaster, Lynne: American Journal of Archaeology, Vol. 103, No. 3 (Jul., 1999), 436 7  Lancaster 432 8  Rupp, E: Bautechnik im Altertum. München 1964:30-31, Wilson Jones (b)

Bild 4: Axonometrie nach Norden. Das zweite Segment von unten zeigt die Löwen auf dem Piedestal, die Plinthe, der Torus und Unterteil des Schafts.

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Bild 5: Nordfassade und Sektion mitt Massen, Masstab 1:150. Pläne (von oben, Masstab 1:100): typische Säuletrommel, obere Teil des Piedestals und Grundriss.

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Bild 6: "Reconstruction of the Imperial Fora" mit der Trajansäule zwischen Basilica Ulpia und Templum divi Traiani (Masstab ca 1:3600)

Durchgang und ein kleines Zimmer mit Doppeltür. An der Oberfläche der Säule läuft einen spiralförmigen Fries mit einem Beschreibung von Trajans Feltzug in Dakien. Der Fries ist flach gehaut, meistens ohne Vorgabe,9 und er ist vermutlich eine spätere Zulage.10 In dem Fries wurde auch Metallteilen und Farben verwendet.11 Auf dem Kapitell stehen zwei zusätzliche Marmortrommeln. Sie funktionieren als Piedestal für eine Statue – ursprünglich von Trajan, aber Sixtus V hat sie später mit einer vom Apostel Petrus ausgetauscht.12 Die Funktion des Monuments Die Kolonne ist ein Teil des Trajansforums, das grösste und des allerletzte fertiggestellte der Forumkomplexen. Es besteht aus einem Forum, den Märkten auf dem Hang des Quirinals, der enormen quergestellten Basilika Ulpia, und zwei Bibliotheksflügeln die den Platz wo die Kolonne platziert ist umgeben.13 Der Architekt der Kolonne wird deshalb behauptet, denselben wie der Architekt für das Forum, Apollodorus, zu sein.14 Hier gibt es nicht Platz, den Diskurs der Funktion des Monuments zu beschreiben. Amanda Claridge hat überzeugend dafür argumentiert, dass das Monument vom Anfang an weder als das Grab Trajans, noch als die Mitbürgers Vermittler der Geschichte von Trajans dakischen Feldzügen gedacht war. Stattdessen sollte diese Funktionen von Trajans Nachfolger Hadrian hinzugefügt worden sein, vor allem aus politischen Gründen. Der spiralgeförmter Fries ist folgendermassen ein Zusatz aus der Zeit Hadrians. Das Monument wurde aus drei Gründen gebaut: die geleistete Arbeit zu krönen und dem Trajan zu widmen, eine Möglichkeit das Ganze vom Kapitell 9  10 11  12  13  14

Rockwell, P: Lavorare la pietra, Roma 1989 (249-58) durch Lancaster, 17 Claridge, 20-22 Claridge, 19 Wilson Jones (b) 162 Lancaster, 419-21 Wilson Jones (a) 26, Claridge 22

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anzuschauen an prominente Gäste zu bieten, und zur Erinnerung für wie das Forum finanziert worden: ex manubiis, durch das Kriegsbeute aus Dakien (heutige Rumänien), ein Thema das später von Hadrian geschickt genützt wurde – und die dadurch motivierte Ehrung der Kaiser.15 Ein veränderter Entwurf? Als vorher beschrieben, ist der Aufbau des Monuments mit Piedestal und Kolonne grundsätzlich einfach. Aber es gibt ein Problem: die Höhe zwischen dem Piedestal und dem Kapitell, gemessen mit der Fuss, der im übrigen Forumkomplex verwendet ist, misst nicht 100 ft, sondern 100 1/2.16 Alle Quellen sind damit einverstanden, dass das Ziel 100 ft gewesen sein muss.17 100 harmoniert wohl mit dem Thema für das ganze Komplex: Vielfache von 10 und 12 sind wiedergeholt. 100 ft hat auch eine besondere Bedeutung in der Antike, illustriert mit dem Begriff hekatompedon.18 Die Säulen (von Trajan und Marcus Aurelius) werden auch als colomna centenariae in antiken Quellen genannt.19 Diese Abweichung ist auch in einigen Details konsequent durchgeführt: die Marmortrommeln sind durchschnittlich 5 1/8 ft hoch, nicht 5 (=100/20), die Stufen in der Treppe 10 1/4 digiti20, nicht 10 etc.21 Deshalb hat Wilson Jones die These introduziert, dass es ein ursprünglicher Entwurf oder Konzept gab, mit logischen Proportionen als Grundlage22. Er findet nämlich,

Bild 7: Quersektion durch die Basis, A) in dem hypotetischen ursprünglichen Entwurf, B) als gebaut. (1:80)

15  Claridge 22 16  Wilson Jones (a) 28, (b) 165 17  Wilson Jones diskutiert Messungen von Antonio da Sangallo (18. Jahrhundert), L Canina (Ricerche sulla precisa estensione dell’antico miglio romano) 1853 und H. Bauer (Porticus absidata) 1983. 18  Wilson Jones (a) 27 19  Corpus Inscriptionem Latinarum VI, 1585 20 1 digit = 1/16 von einem römischen Fuss, d.h. 1.86 bzw. 29.76 cm. 21  Wilson Jones (b) 169 22  Wilson Jones (a) 26 über J.J. Coulton: Incomplete preliminary planning in Greek architecture (Strasbourg 1984) 103-21: In römischer Architektur ist es selten, dass wir die Gelegenheit haben, vorgeschlagene und gebaute Struktur zu vergleichen, da Entwürfe meistens auf verderblichen Stoff gemacht werden. Da wir einen solchen Vergleich aus einer logischen Wiederherstellung machen könnten, ist das eine interessante Gelegenheit. 8

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Bild 8: Hypotetisches Designprozess nach Wilson Jones: a) Ursprünglicher Vorschlag, b) abgelehnte Alternative für eine höhere Basis, c)abgelehnte Alternative mit Basis aus einem Trommel, d) eine Fuge ingeführt zwischen Plinthe und Torus, angenommen dass die Wendeltreppe auf dieslbe Höhe als die Kolonne anfängt, und e) als gebaut.

dass die sehr kohärent ausgeführte „Fehlern“ sich mit mangelnder Präzision nicht erklären lassen.23

In der Suche nach einem Anlass, zu warum der ursprüngliche Vorschlag geändert werden sollte, findet Wilson Jones einen Punkt wo die Untersicht der internen Treppe der Fläche des Denkmals zu nah gekommen würden. Dies geschieht in einem Punkt, der nicht in einer Sektion durch einen von den Hauptachseln, aber nur in einer Quersektion gesehen werden kann. 23  Wilson Jones (a) 37: Diese neue Massen sind von Vielfalte von sieben abgeleitet. Alle horizontale Massen, der Piedestal ausgenommen, stammen vom ersten Entwurf: sie sind Bruchteile von 100. Vertiefungsfach  Massivbau und die Grossen Steine  ETH Zürich  D-ARCH  Institut für Denkmalpflege und Bauforschung­  Herbsemester 2012

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Wilson Jones argumentiert dafür, dass dieses vermutlich nicht besonderes früh im Prozess entdeckt wurde, aber dass dieses zu Änderungen in der Gestaltung geführt haben.24 Wir können behaupten, dass Apollodorus es als ausgeschlossen betrachtet hat, die Wendeltreppe bis nach dem Boden weiterzumachen. Dabei würde sowohl die Zimmer als auch die symmetria zu kurz kommen werden (was ein Argument ist, das darauf hindeutet, dass die Zimmer auch am Anfang eine wichtige Rolle hatten, wahrscheinlich zur Aufbewahrung von Kriegsbeuten).25 Da der Architekt die Höhe der Wendeltreppe (auch 100 ft) nicht ändern wollte, gab es nur eine Lösung: die Basis musste erhöht werden, damit seine Plinthe genug Raum für die Treppe bietet. Da die symmetrische Ordnung anordnete, dass Torus und Plinthe die gleiche Höhe haben sollten, wurde die Basis bis zum sechs ft erhöht.26 Weiter behauptet Wilson Jones, dass der ursprüngliche Entwurf war, die Kolonne aus 20 fünf ft hohe Marmortrommeln zu bauen, wo die unterste die Basis (Torus + Plinthe) darstellen würden. Da die Basis jetzt höher war, würde eine Fuge in der Mitte des Torus entstehen, die undenkbar wäre. Falls man die ganze Basis aus einer Trommel machte, würde sie mehr als 90 Tonnen wiegen – ein problematisches Gewicht (siehe nächster Abschnitt). Durch die Einführung einer Fuge zwischen Basis und Plinthe, und das oberste Teil des Piedestals stereotom (aus zwei Blöcken gebaut) zu machen, konnten dieselbe Blöcke verwendet werden, wenn sie 5 1/8 statt 5 ft hoch gehaut wurden. Die Konsequenz wurde, dass die Plinthe ein bisschen nach unten verschoben wurde, und die Säule 100 ft und 7 digiti (ca 1/2 ft) hoch wurde (im Vergleich zur Wendeltreppe: genau 100 ft).27 Also spricht alles dafür, dass das Gewicht eines Blocks für die Gestaltungsveränderung ausschlaggeben war.28 Bauprozess Ob die Pläne für das Monument spät geändert wurden, möglicherweise als das Stein schon bestellt war, wie wurde der Prozess beeinflusst? Wilson Jones meint, dass der Architekt einen von den Bräuchen der römischen Steinhauern ausgenützt hat: die Blöcke wurden als Rohsteine mit einem Mantel aus schützendem Stein, der die Toleranz erhöhte, geliefert. Vergleiche zwischen archäologischen Funden von Steinmetzarbeiten erweisen, dass dieseser Mantel 1/8 bis 1/2 ft in allen Richtungen war.29 Der Umstand, dass fast alle Trommeln des Schafts bis 5 1/8 ft oder mehr erhöht werden konnten (dass Bild 9: Relief auf der Seite der Sarkophag der Familie Haterii, zeigende ein römische Kran.

Bild 10: Kapitelle in verschiedene Phasen des Herstellungsprozesses, Pompeji

24  25  26  27  28  29  10

Wilson Jones (b) 170, fig. 8.14 Claridge 11 Wilson Jones (a) 36, (b) 171-73. Wilson Jones (a) 32 fig 9 Wilson Jones (a) 33-36 Wilson Jones (a) 31, fig 11 Hausarbeit  DIE TRAJANSÄULE - EIN VERÄNDERTES DENKMAL­  Johan Alvfors  Herbsemester 2012


sie variieren ein bisschen stützt diese Annahme), ohne verspätende neue Bestellungen, ist aus dieser Sicht verständlich. Die Blöcke in dem Denkmal wiegen zwischen 32 (ein „Standardtrommel“) und 77 Tonnen (der oberste auf der westlichen Seite). Das Kapitell, das am höchsten hochgehoben ist, wiegt 55 Tonnen.30 Das ist viel im Vergleich zu anderen Blöcken die hochgehoben sind, und nicht hochgezogen oder anhand von Rampen aufgerichtet sind.31 Der schwerster bekannter Block, der zu dieser Zeit direkt aufwärts gehoben war, ist ein Teil des Gebälks von dem Jupitertempel in Baalbek. Er hat etwa 100 Tonnen gewiegt.32 Jedoch erfordert ein solches schweres Heben viel Platz, wie sich in Fontanas Aufrichtung der Obelisk auf dem St. Petersplatz zeigt. Da sowohl Basilica Ulpia als die zwei Bibliotheksflügel den Platz stark begrenzt haben, ist es denkbar, dass grössere Blöcke als etwa 80 Tonnen einfach nicht möglich gewesen wären.33 Vitruvius hat die übliche Hebungstechnik dieser Zeit beschrieben,34 und sie kann auch an dem Steinsarkophag der Familie Haterii35 studiert werden: der Tripastos – einfache Kräne aus Holzbalken, mit Spillen oder Treträder getrieben.36 Sie konnten nicht schwerere Lasten als 6 bis 7 Tonnen (abhängig von Seilen und Blöcken), oder höher als 13 bis 15 Meter heben. 37 Stattdessen muss eine viel höhere und komplexere Struktur gebraucht worden haben.

Lancaster hat eine solche hypothetische Konstruktion rekonstruiert aus was wir von damaligen Technik, Stärke der Materialien (vor allem die Seile), die Richtung aus welcher die Blöcker transportiert wurden und wie viel Kraft den Kran brauchte (acht Spille) wissen. Die Rekonstruktion geht von einem authentischen Vorbild aus, nämlich ein Kran beschrieben von Hero de Alexandria. Lancaster verwendet Influenzen aus Fontanas Leistung, und beweist, dass die Aufgabe möglich war. Für Befestigung in dem Stein

Bild 11 (links): "Dispositione e veduta genearale delle machine che servirono per alzare l'obelisco vaticano" (Ausschnitt) Bild 12 (oben): Lancasters Rekonstruktion von einem Kran für die Trajansäule (Ausschnitt)

30  Lancaster 426 31  Die während des Römerzeits ziemlich häufige 40- und 50-ft monolithische Säuleschäfte wiegen etwa 50 bzw. 100 Tonnen, aber sie wurden nicht völlig gehoben während des Transports, oder als sie aufgerichtet wurden. 32  Wilson Jones (b) 172 33  Lancaster 439, Wilson Jones (b) 172 34  Vitruv: De architectura X.II 35  Wilson Jones (b) 172, Lancaster 427 fig.5 36  Kirby et al: Engineering in history, New York 1965:84 37  Lancaster, 426, nach O’Connor, Roman Bridges (Cambridge 1993) 49-50 Vertiefungsfach  Massivbau und die Grossen Steine  ETH Zürich  D-ARCH  Institut für Denkmalpflege und Bauforschung­  Herbsemester 2012

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wurden keilförmige lewis-irons verwendet.38 Bevor das Heben auf der Baustelle, wurde die Treppe vermutlich aus den Rohsteinen gehauen, um das Gewicht zu reduzieren.39 Die Aussenseite wurde erst nach dem Heben gehauen, weil die Exaktheit der Entasis andeutet, dass die Ränder der Trommeln schon auf dem Boden nach exakten Massen gehaut worden sind. 40

Bild 13: Plan über den "Säulehof" mit Skizze von Hebenturm und Aufstellung für Spillen (Lancaster)

38  Lancaster, 428-435 39 In dem Kragen aus Travertin rund um das Monument, und in anderen schweren gehobenen Steinen wie in Baalbek, gibt es solche Festlöcher. (Lancaster 436) 40  Claridge 17, Wilson Jones (b) 130-31 zeigt, dass Entasis meistens in situ gehaut wurden. 12

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Diskussion Wie nahe an der Wahrheit über die veränderliche Geschichte des Denkmals können wir kommen? Die Schlussfolgerungen die Claridge, Lancaster und Wilson Jones gezogen haben, können in Frage gestellt werden. Oft gibt es keine archäologische Beweisführung, und die Entwurfsmaterial ist verloren gegangen. Trotz alledem, hat Lancaster zu dem Verständnis des Bauprozesses mit Rahmen beigesteuert, obwohl definitive archäologische Beweise für seine technische Lösung fehlen. Für Wilson Jones Idee – ein ursprünglicher Entwurf – gibt es nur Nachweise, aber seine Erklärung scheint mir wahrscheinlicher als die, dass die Säule ursprünglich so geplant wurde, wie sie heute gebaut ist. Eine Frage, die man sich stellen soll, ist warum die Massivität so wichtig war. Wahrscheinlich versuchten die Römer, mit möglichst grossen Steinen zu arbeiten. Deren Folge: hohe Kosten. Im Vergleich zu den Ägyptern, waren die Römer allerdings mässige 41, und Vitruvius, der als Vortreter des Hellenismus gelten kann, 42 empfehlt den Gebrauch von Ziegel. 43 Strukturelle Integrität konnte ein Aspekte sein, aber die Säule wirkt nur unter Druck. Es gab auch kein Bedarf für eine ununterbrochene Oberfläche eines Frieses, und die Fugen können noch heute kaum gesehen werden. Wilson Jones haltet trotzdem, dass Massivbau für die öffentliche Denkmäler vorgezogen war, weil „je mehr Ressourcen die in der Konstruktion verwendet werden, desto starker der Eindruck auf die öffentliche Meinung“. Das heisst, die Kosten haben eine Hauptrolle. 44 Können wir durch einen Vergleich von den Quellen, der Zeitpunkt für die Gestaltungsveränderung einzugrenzen? Wenn wir ausschliessen, dass die Entdeckung des Problems so früh war, die Ressourcen genug unbegrenzt oder der Zeitplan so locker, damit Apollodorus den ganzen Design verändern konnte, aber aus anderen Gründen gewählt hat, dass nicht zu machen, muss dieser Zeitpunkt nach dem Anfang der Arbeit im Steinbruch sein. Sonst hatte er sicher ein ganz anderes Proportionssystem – was Vitruvius eurythmia und symmetria genannt hat – für das ganze Denkmal gewählt, das die geometrische Probleme löst. 45 Wer hat dann den Fehler beachtet, wenn er nach die Bestellung der Steine geschah? War es die Steinhauern im Bruch? Da die Blöcke ohne die Treppe ausgehauen geliefert wurden, ist es nicht selbstverständlich. Wahrscheinlich war es eher erst auf der Baustelle, als die Treppe ausgehaut werden sollte. Also wurde die Änderung irgendwann zwischen der ursprünglichen Bestellung und der Ankunft der Blöcke zur Baustelle gemacht. Der Bauprozess selbst bietet keine Anhaltspunkte, ausser, dass es möglich wäre, Blöcke so gross wie 4.9 Meter weit (das ist 20 cm weiter als das Piedestal)46 in die Baustelle zu transportieren, und dass Blöcke schwerer als

Bild 14: Ausschnitt des Frieses. Merken die Fuge, die nach 2000 Jahre kaum sichtbar ist. BIld 15: Auch in der Treppe sieht man wie präzis gehaut die Fuge und Fensternische ist.

41  Kirby et al: Engineering in history, New York 1965:60 42  Mårtelius, Johan im Vorwort zur schwedische Ausgabe von ”De architectura”, Stockholm 2009:xii-xiii 43  Vitruv II.8 44  Wilson Jones, M: Principles of Roman Architecture, 209 45  Wie hatte Vitruv eine solche änderung betrachtet? In zwei Abschnitten behandelt er Modifikationen: V.6.7 och VI.2.1: „... Kürzungen und Zusätze zu der symmetrischen Proportionen [sind vernünftig wenn sie] nach richtigen Prinzipen gemacht wirken und den Eindruck nicht schwächen“. Wilson Jones hat diese Auffassung studiert in ”Principles of Roman Architecture: The dynamics of design”. 46  Lancaster 424 Vertiefungsfach  Massivbau und die Grossen Steine  ETH Zürich  D-ARCH  Institut für Denkmalpflege und Bauforschung­  Herbsemester 2012

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Bild 16: Transportweg von dem Tiber zur Baustelle, laut Lancaster.

80 bis 90 Tonnen unerwünscht waren. Apollodorus hatte ja sich nicht eine einfache Lösung mit einem Block von 90 Tonnen genommen, und auch wenn ein 100-Tonnenblock in einem Platz mit Zugang von allen Seiten hochgehoben wurde, wäre es wahrscheinlich in dem 35x25 Meter grossen Platz unmöglich. Stattdessen hätte die Dauer der Steinlieferung entscheidend sein sollen. Carrara ist 300 Kilometer von Romentfernt. Es scheint plausibel zu behaupten, dass der ganze Prozess (die Bestellung nach Carrara zu tragen, die Steine auszuhauen, auf Schiffe zu laden, in Portus in Schleppkähne die den Tiber heraufgezogen sind umzuladen, über Forum Boarium und Via Lata bis zur Baustelle in Rollschlitten zu tragen) mindesten ein Paar Monate gedauert hat. 47 Claridge stellt Spekulationen an, dass die Arbeit mit Lieferung, Transport und Aufrichtung sich relativ schnell gemacht werden könnte – vielleicht 2-4 Jahre, da viele Personen gleichzeitig arbeiten konnten – aber dass die Arbeit nach der Aufrichtung wahrscheinlich langsamer gegagangen ist. 48 Nach der Aufrichtung der Kolonne war die Oberfläche eben gehauen, und da man auf mehrere Niveaus gleichzeitig arbeiten konnten, zum Unterschied zu wenn den Fries später gemacht wurde, ist die Arbeit ganz schnell gegangen. Das Steinmetzgewerk an dem Piedestal, der Basis und dem Kapitell dauerte 47  Lancaster 437-438 48  Claridge 20 14

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vermutlich – im Vergleich zu Claridges Veranschlagung von dem Fries49 – etwa zwei Jahre. Ungefähr drei Jahre von der Aufrichtung bis zum fertigen Monument halte ich für wahrscheinlich. Da die Neubestellung um den Piedestal geht, wurde die Aufrichtung und auch die Oberflächenbearbeitung verspätet, aber keine der beiden dauerten eigentlich länger als geplant. Alle Steine waren also zur Stelle spätestens im Jahr 111, über ein Jahr vor der Einweihung der Basilika Ulpia im Januar 112, wenn wir können behaupten, dass es geplant war, dass die Säule auch fertig stehen sollte.50 Stattdessen wurde sie erst 16 Monate später eingeweiht. Die Zeit für die Neubestellung der acht Piedestalblöcke konnte dieser Verspätung entsprechen. Andere Probleme, wie rissige Blöcke oder auf dem Meer verlorene Blöcke, können dazu beigetragen haben.51 Der Bauprozess berücksichtigend, finde ich es glaublich, dass die Gestaltungsveränderung ein bisschen früher als Wilson Jones behauptet hat gemacht wurde.52 Zusammenfassung Es gibt gute Analysen von der Funktion, der Gestaltung und dem Bauprozess des Monuments. Zwar gibt es Ungewissheit, aber mit zugängliche Angaben, geben sie die beste mögliche Erklärung. Es ist auch möglich zu verstehen aus einem antiken, architekturtheoretischen Standpunkt.53 Durch Studium von Lancaster und Wilson Jonson, können wir den Zeitpunkt für die Gestaltungsveränderung ein bisschen genauer bestimmen. Der Bedarf an einer neuen Blöckenbestellung musste zwischen Arbeitsbeginn im Bruch und Lieferung zur Baustelle entdeckt geworden – wahrscheinlich spät, da es um eine etwa 16 Monate Verspätung geht. Da die Veränderung neue Horizontalmasse für den Piedestal mit sich brachte, mussten mindestens acht Blöcke neu bestellt werden (unabhängig davon, ob viele schon bestellte Blöcke verwendet werden konnten). Obwohl der Bauprozess auf dem Platz sorgfältige Planung forderte54, und dieser Prozess die Gestaltung beeinflusste55, beruht die Verspätung eher auf der Lieferzeit der Blöcke.

49  Auf der Art der Oberfläche, Art der Arbeit, mangelnde Arbeitsraum etc, vermutet Claridge (Seite 19) 6-8 Jahre für die Arbeit mit dem Fries. 50  Lancaster 420: Dio Cassius (68.16.3) schreibt, dass die Bibliothek zusammen mit der Säule gebaut wurde. Wilson Jones (b) 174 51  Wilson Jones (b) 209-10 52  Wilson Jones (b) 170: ”… when detailed specifications were compiled for the individual blocks, or even when the work was put in hand in the Carrara quarries themselves”. 53  Supra n.45 54  Lancaster 439. Eine denkbare Konsequenz, die Lancaster nicht berührt, ist dass die Verspätung an sich Veränderungen in dem Bauprozess verursacht haben konnte, weil die Bibliotheken gebaut wurden und den Platz begrenzt haben. 55  Supra n.28 Vertiefungsfach  Massivbau und die Grossen Steine  ETH Zürich  D-ARCH  Institut für Denkmalpflege und Bauforschung­  Herbsemester 2012

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Literatur

Wilson Jones (a), Mark: One hundred feet and a spiral stair: the problem of designing Trajan’s Column, JRA n. 8, Portsmouth 1993 Claridge, Amanda: Hadrian’s Column of Tajan, JRA n. 6, Portsmouth 1993 Wilson Jones (b), Mark: Principles of Roman Architecture, Yale 2000 Lancaster, Lynne: Building Trajan's Column. American Journal of Archaeology, Vol. 103, No. 3 (Jul., 1999) Vitruv: De architectura, swedische Edition, Stockholm 2000 Kirby et al: Engineering in history, New York 1965 Rupp, E: Bautechnik im Altertum. München 1964 Dio, Cassius: Loeb Classical Library edition 1925 Marcellinus, Ammianus: Roman History. London 1862, Translation C.D. Young Eutropius: Abridgement of Roman History. London 1853. Translation John Selby Watson

Abbildungsverzeichnis

Titelbild: Hugh Petter (1991), aus Claridge, Amanda: Hadrian's Column of Trajan, JRA n. 6, Portsmouth 1993 Bild 2: Conrad Cichorius, Die Reliefs der Traianssäule, Berlin 1896, Tafel XXXII Bild 11: Fontana, Dominicum: Contignationes, ac pontes..." Roma 1743, Tavola L Bild 10: aus Wilson Jones, Mark: One hundred feet and a spiral stair: the problem of designing Trajan’s Column, JRA n. 8, Portsmouth 1993, Seite 34, Figur 11, Fotograf: der Vervasser aus Wilson Jones, Mark: Principles of Roman Architecture, Yale 2000: Bild 1: Seite 163: Plan von Wilson Jones nach James Packer. Sektion: Packer 1997 [S.8A], folio 54 Bild 3: Seite 129, Figur 6.32, der Verfasser Bild 4: Seite 165, Figur 8.8, der Verfasser Bild 5: Seite 166, Figur 8.9, der Verfasser Bild 6: Seite 22, Figur 1.6, nach A. Boëthius und J.B. Ward-Perkins: Etruscan and Roman architecture, figur 84 Bild 7: Seite 170, Figur 8.14, der Verfasser Bild 8: Seite 171, Figur 8.15, der Verfasser Bild 9: Seite 172, Figur 8.16. Fotograf: der Vervasser, Vatican Museum Bild 14 & 15: Seite 167, Figur 8.10 und 8.11. Fotograf: der Vervasser aus Lancaster, Lynne: Building Trajan's Column. American Journal of Archaeology, Vol. 103, No. 3 (Jul., 1999): Bild 12: Seite 431, Figur 9, die Verfasserin (Ausschnitt) Bild 13: Seite 430, Figur 8, die Verfasserin Bild 16; Seite 438, Figur 12, basiert auf Franciscus Scagnetti "Roma Urbis Imperatorum Aetate" [1979]). Scale 1:15000.

Constantin Uhde, Der Steinbau

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