__RAUM [leerraum]

Page 1

[leerraum] __RAUM

[editorial]

15 Jahre Zeitungswerkstatt!

Eine Erfolgsgeschichte –made by WDA-Student:innen und Katharina Reitan

Als Katharina Reitan vor 15 Jahren zu mir kam mit der Idee einer „Zeitungs werkstatt" (sprich die Studierenden sind Redakteure und Designer und er arbeiten sie so ihr eigenes Magazin), war ich sofort dafür und die Erfolge der Magazine in den folgenden Jah ren gab Katharina und allen Beteiligten Recht! Auch der aktuelle Jahrgang im zweiten Semester hat sich mächtig ins Zeug gelegt und das Ergebnis kann sich wieder sehen lassen. Dieses gemeinschaftliche Arbeiten am Ge samtauftritt des Magazins (von der Idee bis zur Umsetzung) bietet einen besonderen Lerneffekt für jede:n Einzelne:n, aber auch für die Gruppe. Ich freue mich jedes Mal, wenn innerhalb der ersten beiden Semester ein Magazin entsteht, das man überall gerne herzeigt und das kreative Potential erahnen lässt, was in unseren WDA-Studis so steckt.

Ich darf nur gratulieren und freue mich schon auf das nächste Studienjahr.

Leiter der Werbe Design Akademie Innsbruck

[index]

Gottfried Helnwein Abstoßend und von verfüherischer Schönheit zugleich - "The Disasters of War"

14

Barcelona

Eine Stadt der Kunst, Architektur und des Designs, deren Ästhetik stark von der Olympiade 1992 oder bedeutenden Grafikdesignern und Illustratoren wie Javier Marscial ge prägt wurde.

18

Der kleine Prinz

Eine Kritik an der Absurdität und Einsamkeit des modernen Menschen.

10

04 24

Schwarzweißfotografie Zwei Fotografen, zwei Welten, eine Vision: Für sie ist die Kamera nicht nur ein Mittel, das eine visuelle Aufzeichnung ermöglicht.

Synästhesie –

Welche Farbe hat dein Montag?

Über Buchstaben, die nach Kiwi schmecken und ein seltenes Phäno men, das die Welt umso bunter macht.

[Melanie
[Lara

28

The Dichotomy of Feminist Design

An exploration on why there's so much more feminist design than printing boobs and vulvas on tote bags.

34

Heidi Holleis &

Die Reserve Army of Labour Sache

Als dystopischen Selbstversuch entwarf Heidi Holleis das fiktive Plattenlabel ILLUSIONS

NEVER HEARD, inklusive ihrer mehr als 50 LPCover beinhaltenden fiktiven Band RESERVE ARMY OF LABOUR

42

[Sandra Kostenzer]

Apocalypse, please

Turnup im idyllischen Vorarlberg

Ein Kollektiv aus Rap und Trap Begeisterten Kreativen, das sich bemüht, die Szene mit all ihren Facetten der vorarlberger Jugend nahezubringen.

50

Die Qual der Wahl

Das Gendern umgibt uns und wir sind Teil davon: Wie gendern wir richtig? Welche Genderzeichen gibt es überhaupt? Worin liegen die Unterschiede? Eine Hilfestellung zur Typografie.

Ein Aphrodisiakum, ein mahnender Zeigefinger, schlichtweg Unterhaltungsindustrie: Wie das Motiv der Apokalypse als unerschöpfliche Inspira tionsquelle in jedwedem Bereich der Kunst ver wendet wird.

46

Digital Fashion:

Die Zukunft der Mode?

Von digitalen Skins in Videospielen hin zu Mode NFTs und ihren nicht zu unterschätzenden Auswirkungen auf die Umwelt.

38
[Sebastian Feig] [Noel Le Duigou] [Lara Hofer] [Laura Marberger] [Lena-Sophie Heiß]

_vier

GOTTFRIEDHELNWEIN

Ästhetik ist ein Grundbedürfnis menschlicher Existenz, und weil sie so unverzichtbar ist, kann man sie natürlich auch missbrauchen. Die Nazis wussten um die Macht der Bilder und haben sie virtuos eingesetzt, von Leni Riefenstahls Filmen und Speers Lichtdomen bis zum Design der SS-Uniformen.

Gottfried Helnwein zählt zu den bekanntesten, aber auch umstrittensten deutschsprachigen Künstlern nach dem Zweiten Weltkrieg.

Bekannt wurde er vor allem durch seine hyper realistischen Bilder von verwundeten und bandagierten Kindern. In seinem gesamten Schaffen setzt er sich mit den Themen Schmerz, Verletzung und Gewalt auseinander, und be rührt dabei auch Tabu- und Reizthemen der jüngeren Geschichte. So wird insbesondere auch das Thema Nationalsozialismus in seinen Wer ken verarbeitet; im Zentrum seiner Arbeit steht aber vor allem die Darstellung des Kindes.

Er arbeitet mit den unterschiedlichsten Techni ken und Stilmitteln. Neben der Zeichnung, der Aquarell-, Acryl- und Ölmalerei und verschie denen Mischtechniken ist die Fotografie ein wesentliches Medium für ihn – oft im Zusam menhang mit Performance-Arbeiten. Seit Ende der 1980er-Jahre begann er Installationen im öffentlichen Raum in seine Arbeit miteinzube ziehen.

Die Ästhetik der Gewalt war aber noch nie so präsent in unse rer Gesellschaft wie im Internet, den Massenmedien, in Fil men und Computerspielen, wobei die Unterschiede zwischen Fakt und Fiktion kaum mehr wahrnehmbar sind. Im Gegenteil: in der Regel erscheinen computergenerierte Spezialeffekte mit ihren spritzenden Blutfontänen, platzenden Schädeln und den sich in Zeitlupe im Raum verteilenden Gehirnpartikeln überzeugender und realer als Reportagen von wirklichem Sterben und wirklichem Schmerz.

In seiner Arbeit am Ringturm bezieht er sich auf Goya, der vor 200 Jahren Zeuge des Gemetzels zwischen den Soldaten Napoleons und der aufständischen spanischen Bevölkerung war. Mit seinem Radierungszyklus machte er etwas, das es bis dahin noch nie gegeben hat: die Darstellung des Krieges nicht als Glorifizierung der Sieger, nicht als Heldenverehrung.

„I Saw This!“ schrieb er daher auf eines seiner Blätter. Für ihn der Schlüsselsatz in diesem Werk und vielleicht für die Rolle des Künstlers überhaupt. Zu sehen, wenn alle anderen die Augen längst geschlossen haben.

„ “

Meine Bilder haben schockiert, weil ich sichtbar gemacht habe, was die Leute lieber unsichtbar gelassen hätten.

The Disasters of War 78, 2021

acrylic

canvas

oil &
on
150 × 180 cm
The Disasters of War 53, 2016 oil & acrylic on canvas 180 × 154 cm © Gottfried Helnwein

DISASTERS OF WAR

„Ich glaube, dass Verdrängungsmechanis men eine Schutzmaßnahme sind, weil die Menschen sonst zerbrechen würden, wenn sie sehen müssten, was sie in der Welt um sie herum alles anrichten. Man nimmt dann aber mit der Zeit immer weniger wahr, bis die Wahrnehmung so selektiv wird, dass man nur mehr sieht, was man sehen will, und schließlich ganz aufhört zu sehen.

Wer angesichts des peniblen Realismus der Bilder Helnweins das Fotografische der Abbilder, mitsamt ihren Wirklichkeitsgehalt überbetont, verkennt den Anteil, den Helnwein den Albträumen des Surrealismus verdankt. Seit den 80er-Jahren herrscht in Helnweins Bildern eine Mischung aus Grotes ke und Erschrecken, eine Beunru higung und Beklemmung, die dem Umstand geschuldet ist, dass der Künstler Heterogenes auf einem Bild miteinander verbindet.

Manga-Figuren und Kriegsfoto grafie, Donald Duck und Hitler, die Jungfrau Maria und Nazi-Schlä ger. Helnwein nützt nicht etwa die Bildsprache und die Form des Comics. Vielmehr inseriert er die Figuren aus diametral verschie denen Welten in seinen eigenen Bilderkosmos. Er führt realistisch zusammen, was doch eigentlich unserer Erfahrung nach nicht zu sammengehört. Nicht zuletzt das begründet die monströse Furcht, die von diesen Bildern ausgeht.

Mit seinen Bildern, in denen sich Manga-Ideale und die Schrecken des Krieges zufällig nebeneinan der finden, nötigt uns der Künstler die Einsicht in die kausale Abhän gigkeit der heterogensten Motive auf: die Gewalt gegen Kinder, die Gewalt von Kindern, die grausame Pädophilie, die zynische Chirurgie, der Krieg, die Banalität des Bösen und Niedrigen in jeglicher Erschei nungsform.

So konnte man zum Beispiel entspannt durch die Straßen gehen, ohne all die Men schen sehen zu müssen, die einen gelben Stern auf der Brust getragen haben. Ich habe immer wieder mit Menschen meiner Elterngeneration diskutiert und nie jeman den getroffen, dem aufgefallen wäre, dass das Leben ihrer jüdischen Mitbürger:innen vor ihren Augen ausgelöscht wurde.“ die einzelnen Menschen vonein ander trennt und bedroht. Es ist diese Dialektik, die in Helnweins Kunst zu einer Ästhetik des Bösen, der Angst und des Schmerzes kondensiert. Dies macht Heln weins Relevanz, seine kunsthisto rische Bedeutung aus.

Denn im Augenblick der Begegnung springt ein gefährlicher Funke über, von einer Galaxie zur anderen. Vom Comic zur Wirklichkeit. Von der Heftigkeit der plötzlichen Er scheinung getroffen und verstört, werden wir Zeugen, wie Dinge und Gestalten, die anscheinend nichts miteinander zu tun haben, dennoch zusammenhängen. Im Moment des Erschreckens vor der plakativen Wahrheit erkennen wir, was das Ganze zusammenhält: die Gewalt und das Böse. Das Böse hält paradox die Menschheit in dem Maße zusammen, in dem es

Was inspiriert Helnwein zu solchen ungeheuerlichen Albträumen? Wo her bezieht er seine Einsichten in die Gemeinheit und Niedertracht menschlicher Natur? Woher rüh ren seine geradezu halluzinatori schen Fähigkeiten? Was hat ihn die Massaker an amerikanischen Schulen sehen lassen, noch ehe sie sich ereignet haben? Helnwein spürt den auf Gewalt und autori tärer Unterdrückung basierenden Kitt, der unsere Gesellschaft im Innersten zusammenhält: Die Aus brüche der Gewalt überraschen ihn so wenig wie den Seismogra phen die Eruption eines Vulkans. Diese Darstellungen der Schatten seiten sind umso verstörender, je schöner und ruhiger sie werden.

THE
Gottfried Helnwein _sieben

_acht

Helnweins Bilder der letzten Jahre sind aggressiv und erhaben zu gleich. Sie sind abstoßend und von einer verführerischen Schönheit.

Sie feiern den Schmerz und die Wunde als Moment einer erhabe nen Melancholie, sie zelebrieren das Pathos der Grausamkeit.

Die Erhabenheit verdankt sich dem scharfen Wechsel zwischen den tiefen Schatten und hellen Zonen, die wie mit Scheinwe fern aus der Dunkelheit heraus

geschnitten sind. Helnwein malt ruhige Zustände träumerischer Unwirklichkeit, die umso mehr be unruhigt, je weniger wir die Ursa che der Gewalt und des Zwangs kennen. Sein Hell-Dunkel ist ein caravaggeskes Chiaroscuro. In den allerjüngsten Bildern, auf denen Kinder auf riesigen Betten ver loren und einer drohenden Gefahr ausgeliefert daliegen, spüren wir James Turrells Lichttunnel. Doch weist dieses Licht im Unterschied

zu jenem des Amerikaners keinen Weg ins Paradies, sondern gehört wie der blutige Kindskopf, der tiefe Schatten und das grausame Bett zum Fundus des Schreckens. Es sind nur wenige Motive und Ge staltungsprinzipien, die in ihrer Gesamtheit die Bedrohung ver stärken.

Gottfried Helnwein

Exzerpt: Gottfried Helnwein, Die Ästhetik der Angst

Kunst ist für mich eine Waffe, mit der ich zurückschlagen kann. „ “

Die Solo–Ausstellung der Werke von Gottfried Helnwein ist für den Zeit raum vom 05. Oktober 2023 bis zum 28. Januar 2024 geplant. Diese findet anlässlich seines 75. Geburtstages im Albertina Museum Wien statt.

Seine erste Retrospektive im Jahr 2013 im Albertina Museum Wien war eine äußerst erfolgreiche Ausstel lung, bei der rund 250.000 Personen die mehr als 150 ausgestellten Arbei ten des österreichischen Künstlers bewunderten.

Auch in der kommenden Präsentation, welche im Oktober 2023 eröffnet wird, werden seine hyperrealistischen Werke mit den bekannten Motiven wie der Mickey Mouse, verwunde ten und bandagierten Kindern und weiteren aufmerksamkeiterregenden Themen gezeigt.

Autorin: Theresa Platzer

_raum
Buchtipp: „ HELNWEIN The Epiphany of the Displaced“ The Disasters of War 60, 2017 oil & acrylic on canvas 150 × 188 cm © Gottfried Helnwein

„Ich bin kein Journalist. Ich war nur jemand mit einer Kamera, der zu Protesten ging und Fotos machte. Es war etwas ganz Persönliches, ohne die Absicht, etwas damit zu machen."

Boogie begann seine Dreharbeiten in Belgrad inmit ten der Jugoslawienkriege und richtete seine Linse auf die alltägliche Gewalt in einer Stadt, die von Verwahrlosung geplagt war. Er dokumentierte die Hoffnungslosigkeit und Melancholie, die die Stadt während der Milosevic-Jahre prägten. Seine rohe, monochrome Ästhetik war perfekt geeignet, um das Gefühl der Verzweiflung einzufangen.

„Irgendwie ist es, wenn man hinter der Kamera steht, fast so, als ob man an dem ganzen Chaos nicht teil nimmt."

Boogie

In vielerlei Hinsicht ist es bemerkenswert, dass er als Außenseiter in der Lage war, hartgesottene Krimi nelle davon zu überzeugen, sich selbst zu belasten, indem sie für Fotos posierten, die dazu verwendet werden konnten, sie anzuklagen.

„Ich begann mit der Fotografie in einer sehr, sehr dunklen Zeit in der Geschichte Belgrads und das wur de ein Teil von mir, diese dunkle Sicht auf die Welt.“

Überraschenderweise war es für ihn nicht schwierig, Zugang zu den Gangmitgliedern zu gelangen. Er ist einfach reingegangen und sie haben ihn gemocht und das war's. Es war alles auf einer menschlichen Ebene.

... zeigt das was die Gesellschaft nicht wahrhaben will, bzw. zu sehr Angst davor hat, sich damit ausseinanderzusetzen.
_zehn _raum

Er war ein Kriegsflüchtling und in dem Sinne hatte er keine große Angst.

Boogies Fotografien von New Yorks Schattenseiten machten ihn berühmt und verschafften ihm Arbeit an Werbekampagnen für große globale Marken wie Nike, Adidas und Puma. Heute kann er insgesamt acht Fotobücher vorweisen sowie eine aktualisierte Ausgabe seines Debits zum 10-jährigen Jubiläum. Doch im Gegensatz zu vielen Künstler:innen, die kommerziellen Erfolg haben, haben Boogies Streif züge durch die Werbung sein persönliches Schaffen nicht beeinträchtigt.

Für weitere Fotos von Boogie

Boogie (Vladimir Milivojevich) ist ein Fotograf aus Serbien mit Sitz in Brooklyn, New York.

Geboren: 1969, Belgrad, Serbien

Filme: Everybody Street

Das Land, das er verließ, war ein großes Ghetto, aus dem es kein Entkommen gab.
_elf

Ara Güler

Ara Güler war ein türkischer Fotograf mit armenischer Abstammung. Er gilt als einer der bedeutendsten Fotografen der Türkei.

Geboren: 16. August 1928, Istanbul Verstorben: 17. Oktober 2018, Istanbul Auszeichnungen: Prix Leica Hall of Fame

Ara Güler stellte sich als Fotojournalist vor und reiste sein ganzes Leben lang um die ganze Welt, führte Fotointerviews mit vielen berühmten Namen wie Winston Churchill, Indira Ghandi, Picasso, Salvador Dali, Bertrand Russel, Alfred Hitchcock und machte sie der Welt bekannt. Viele Auszeichnungen und ein staatlicher Preis gehören zu seinen Triumphen.

Ara Güler hat früher Geschichten geschrieben, aber als er gemerkt hat, dass er mit Fotografie viel mehr erzählen kann, ließ er die Kamera nicht mehr aus der Hand. Seine Fotos sind wie Filme, man sieht einen Hintergrund, Vordergrund und Komposition.

Ara gab sich nie die Mühe mit Picasso zusammenzu arbeiten, weil der Typ niemanden in seine Nähe lässt. Er war ein Künstler und wollte immer alleine sein.

Eines Tages wollte sein Buchverlag Picassos Buch drucken und der Geschäftsführer vom Verlag war ein guter Freund von Ara. Eines Tages sagte er zu ihm: „Wenn du mich nicht zu ihm bringst, werde ich nie mehr mit dir reden“.

So hat es Ara geschafft, einen Fototermin mit Pi casso zu ergattern. Picasso mochte ihn gleich von Anfang an.

„Du machst so viele Fotos von mir, lass mich doch ein Portrait von dir malen."
„Deswegen ist Fotografie auch keine Kunst, denn Kunst kann die Welt verfälscht darstellen. Wir Fotografen sind visuelle Historiker."
_zwölf

Das Treffen mit Salvador Dali

Ich ging zu Dalís Hotel in Paris, habe seine Tür geöffnet und er fragte mich gleich, warum ich ihn fotografieren wollte.

„Mein Stundensatz ist 25.000 Dollar und ich glaube nicht, dass du es dir leisten kannst."

Er hat die Unterhaltung sofort beendet und Ara raugeschmis sen. Am Abend ging er mit einem Freund essen. Er kannte Dali persönlich und hat für Ara gleich einen Treffen arrangiert. Die Fotos an diesem Tag dürfte

Ara machen.

Fotografen wie Ara und Boogie

Sie haben das Potenzial der drei Variablen Blende, Zeit und Schärfe ebene zu einer Harmonie getrieben, die die Zeiten überdauert hat und auch heute noch zu uns spricht. Ja, die Bilder verströmen auch einen Hauch von Nostalgie, aber es geht um mehr als das. Diese Bilder legen Zeugnis ab von etwas Vergangenem, aber sie enthalten auch die zeitlose Essenz des Humanismus und der indi viduellen Kreativität.

Für weitere Fotos von Ara Güler Autor: Selami Demirci
Schwarzweißfotografie
_dreizehn

CEL

ONA

Viele lieben Barcelona wegen der Kultur- und Designszene oder weil diese Metropole eine der wenigen Europas ist, wo die Stadt bis direkt an den Strand reicht.

BAR
_vierzehn _raum

Die Design-Stadt

Sieht man sich die Architektur des urbanen Raumes der Stadt an, sieht man hervorragendes Design, funktionale und ästhetische Werte und spürt den gut gestalteten und stimmigen Aufbau der Stadt. Viele Designer:innen kommen von außerhalb, um sich in Barcelona Inspirationen zu holen. Barcelona zählt auch zu den bedeutendsten Städten, wenn es um Designschulen in Europa geht.

Business und Design gehören zu den bekanntesten Universitätsab schlüssen in Barcelona. Den jüngsten Design-Boom hatte Barcelona 1992, als die Olympiade begann. Javier Mariscal, einer der bekanntesten Grafikdesigner und Illustratoren, entwarf das Maskottchen „Cobi“, welches zur rentabelsten Olympia figur aller Zeiten wurde. Die Figur „Cobi“ ist auch im Museu de Disseny zu sehen.

Die Blume

Der Jugendstil befindet sich nicht nur in Museen oder auf Fassa den, sonder erstreckt sich in seiner Pracht über die ganze Stadt. Wer auch einmal einen Blick auf den Boden wirft, entdeckt Be tonfliesen, auf der das berühmte Muster „Panot de flor" (Blume von Barcelona) zu sehen ist. Sie wurde vom Architekten Josep Puig i Cadafalch 1900 designt und gilt heute als Icon der Stadt.

Barcelona _fünfzehn

Javier Mariscal

Wenn man durch die Straßen Barcelonas geht, ist es schwer, nicht an Mariscals Werken vorbei zu gehen. Ob Gemälde, Comics, Skulpturen oder Inneneinrich tungen – seine Werkvielfalt ist groß.

1970 verließ Javier seine Heimatstadt Valencia und zog nach Barcelona, um dort an der „Elisava“ –Schule für avantgardistisches Design, Grafikdesign zu studieren. In Barcelona begann er bald Under ground-Comics zu zeichnen, die er auf den Ram blas, einer Künstlerstraße, verkaufte. Sein Stil war skizzenhaft, kantig und wurde immer mit großer Geschwindigkeit ausgeführt.

Ende der 70er Jahre beschäftigte er sich mit Skulp turen, Innenarchitektur und auch Möbeldesign. Mit Hilfe des Innenarchitekten Pepe Cortes fertigte Ma riscal seinen ersten Hocker an, welchen er im Jahr 1981 auch ausstellte. Er hat das Prinzip „Form“ der Funktion so umgewandelt, dass die Form dem Spaß folgt und machte dies zu seiner eigenen Richtlinie. Javier Mariscal entwarf neben „Cobi” noch weitere wichtige Elemente der Stadt.

Am Hafen „Port Vell“ von Barcelona steht die große Skulptur „La Gamba“ oder auch „Mariscals Gamba“ genannt. Sie ist aus Porexpan und Polyester gefer tigt. Die riesige Gamba wurde 1988 im Restaurant Gambarinus platziert. Nach zehn Jahren musste das Restaurant leider schließen, da die Konzession nicht verlängert wurde und die Gamba wurde von dersel ben Stadtverwaltung erworben.

2004 wurde die Gamba an derselben Stelle restau riert und es wurden die Strukturen des alten Res taurants beibehalten. Javier ist auch bekannt für sein berühmtes „Bar Cel Ona“-Logo, welches er 1979 entwarf. 1991 entwarf er das Werbelogo für die Mac-World-Ausstellung der Firma Apple.

„Meine Welt ist die des schönen Bildes. Ich bin wie ein Artist auf dem Drahtseil. Ich bin ein Künstler, der, vielleicht im Sinne des Mittelalters, versucht, aus bestehenden Formen auszubrechen“.

www.mariscalstore.com _sechzehn _raum

Kunst & Design

Museu de Disseny

2014 eröffnete das Museu de Disseny de Barcelona am neuen Standort: dem Plaça de les Glòries. Die Dauerausstellung entstand durch den Zusammenschluss von verschiedenen bestehenden Museen wie z.B. dem Museum der angewandte Kunst, dem Keramik museum, dem Textilmuseum und dem Museum für Grafikdesign. Es werden viele Entwürfe spanischer und katalanischer Designer:innen gezeigt. In der Textilaustellung kann man auch Originalstücke und Entwürfe von z.B Cristóbal Balen ciaga und Paco Rabanne aus den letzten 60 Jahren sehen. Im Des seny Hub Barcelona werden neben den Daueraustellungen auch wech selnde Sonderaustellungen gezeigt. Bei dem jährlichen OFFF Festival werden Veranstaltungen von be kannten Grafikdesigner:innen angeboten sowie Workshops und Live-Vorträge direkt von Adobe.

Museu Nacional d‘art de Catalunya

Das Museum ist auch bekannt unter dem Namen MNAC. Das Ziel ist es, alle Künste und Sammlun gen katalanischer Kunst der Welt zu erhalten und auszustellen. Im Museumsgebäude am Palau Na tional de Montjuïc wird alles von der Romantik bis hin zur Gegen wart gezeigt. Repräsentative Künstler:innen der katalanischen Moderne wie Gaudí oder Casas werden ausgestellt. Auch einige Werke von Miró, Dalí und Picasso sind in der Austellung integriert.

FC Barcelona

Um das 30-jährige Jubiläum der Olympischen Spiele 1992 in der Stadt zu feiern, wurde das FC Barcelona-Shirt 2021/22 mit In spirationen verschiedener Wahr zeichen des Stadt-Designs wie zB. „Die 3 Kamine“ im Poble Sec oder die ursprüngliche La Masia (Fußball – Jugendakademie des FC Barcelona) neben Camp Nou entworfen. Die Illustrationen und Silhouetten wurden von jungen lo kalen Designer:innen gestaltet.

Weitere

Informationen:

Autorin: Irina Zimmer

Fotografin: Irina Zimmer

Barcelona _siebzehn
_achtzehn _raum

Der kleine

Eine Kritik an der Absurdität und Einsamkeit des modernen Menschen

Diese einfachen und dennoch starken Worte stammen von einem kleinen Kerl mit dem Namen „kleiner Prinz“. Sein Zuhause liegt fern ab der Erde, auf einem winzigen Planeten namens B612. Der kleine Prinz charakterisiert den Protagonisten im gleichnamigen Weltbestseller von Antoine de Saint-Exupéry, welcher 1943 erstmals in New York erschien. Die märchenhafte

Geschichte wurde zu einem Welterfolg. Mit 200 Millionen verkauften Exemplaren ist es das bekannteste, meist gelesene und über setzte Werk der französischen Literatur. Als Autor und Illustrator erschuf Saint-Exupéry mit dem kleinen Kerl einen universellen Botschafter der Liebe und Mitmenschlich keit, dessen Worte weltweit immer wieder Millionen von Menschen erreichen.

Wen n d u b e i Nach t de n Himme l anschaus t , wir d es di r sei n , als lachte n all e Stern e , w ei l ic h au f eine m v o n ihne n w ohn e , w ei l ic h au f eine m v o n ihne n lach e . D u allei n wirs t Stern e ha b e n , di e lache n könne n .
Der kleine Prinz _neunzehn

Das Erfolgsgeheimnis hinter dem Prinzen

„Der kleine Prinz“ hat sich selbst schon zu einer eigenständigen Kunstform etabliert. So wurde das Werk bereits vielfach vertont, für die Theaterbühne adaptiert und verfilmt, wobei der Jüngste ein Animationsfilm aus dem Jahr 2015 ist.

Neben Hotels, Kunstausstellungen, Freizeit parks und Museen, die ganz dem kleinen Prinzen gewidmet sind, inspiriert das Werk auch immer wieder Musiker, wie beispiels weise Coldplay in ihrem Musikvideo für „Viva la vida“. Der kleine Prinz schmückt die französische 50-Franc-Banknote und gibt sogar dem Mond des Asteroiden (45) Eugenia seinen Namen.

Die Erzählung schafft es wie kaum ein an deres Buch Kinder und Erwachsene gleich sam zu berühren, und doch auf sehr unter schiedliche Weise: Die Kunst liegt dabei in der Tiefe und Vielschichtigkeit des Buches verborgen. Kinder erkennen noch nicht die Symbole und Botschaften, welche sich den Älteren erschließen. Die Weisheit des kleinen Prinzen entspringt nämlich seinen Erfahrungen mit den „großen Leuten“, in denen wir uns alle auf schmerzliche Weise wiedererkennen. Er beschreibt die Absurdi tät und Einsamkeit des modernen Menschen und hält uns so einen Spiegel vor das Ge sicht. Und genau das macht das Werk so be sonders, denn selbst jetzt, 81 Jahre nach dem Erscheinen des Buches, sind die Themen darin aktueller denn je.

Nieman d ha t sic h euc h v ertrau t gemach t un d auc h ih r hab t euc h niemande m v ertrau t gemach t . Ih r sei d , wi e mei n Fuchs wa r. De r wa r nichts als ei n Fuchs wi e hunderttausen d ander e . A b e r ic h ha be ih n z u meine m Freun d gemach t , un d jetz t is t e r einzig i n de r Wel t .

_zwanzig _raum

Als eine Kritik an die Moderne

Fortschritt und Technik werden in der heutigen Zeit als Allheilmittel erkoren, doch sind sie laut Saint-Exupéry nur Mittel zum Zweck. Die Welt der Erwachsenen wird des halb von ihm als oberflächliches Bild aus Zahlen und Fakten dargestellt, in dem Dinge lediglich aufgrund von äußeren Aspekten beurteilt werden.

Der Gegensatz zwischen Äußerlichkeit und Innerlichkeit bildet ein zentrales Motiv der Erzählung, welches immer wieder themati siert wird. So wird beispielsweise die ange fertigte Skizze einer Boa, die einen Elefanten verspeist hat, von allen Erwachsenen ledig lich als ein Hut abgetan.

Saint-Exupéry schafft es damit mit einer einfachen Metapher auf die enorme Ober flächlichkeit hinzuweisen, die in der Welt vorherrscht: Aus Äußerlichkeiten werden fal sche Tatsachen geschlossen, da nicht hinter die Fassade geblickt wird.

Zudem zeichnet Saint-Exupéry auf der wei teren Reise des kleinen Prinzen Archetypen einer entfremdeten, versteinerten Erwach senenwelt auf. Stereotypen, mit denen ein bestimmtes Verhalten überspitzt dargestellt wird: Ein machtverliebter König, ein eitler Knabe, ein geldgieriger Geschäftsmann, ein Geograf, der seinen Planeten nur aus den Büchern kennt …

Sie alle sind einsam in ihrer Welt und zeigen Facetten auf, in denen wir uns selbst manch mal schmerzlich wiedererkennen: Gefangen in unseren Überzeugungen, nicht fähig darüber hinaus zu blicken.

zum Animationsfilm

Trailer
Der kleine Prinz _einundzwanzig

Die Paradoxe der großen Leute

In der Erzählung zeichnet Saint-Exupéry das Portrait verwirrter Erwachsener, die dauer haft auf der Suche nach Zufriedenheit sind, sie aber nie finden. So verteilt der Weichen steller auf der Erde die Reisenden in ihren Schnellzügen zu tausenden in alle Himmels richtungen, unwissend, was das eigentliche Ziel ihrer Reise ist. Blind rasen sie an allem vorbei, so sehr mit Suchen beschäftigt, dass sie die eigentliche Schönheit der Dinge gar nicht mehr wahrnehmen können.

Einprägsam bildet der Autor zudem in einem anderen Kapitel das Abbild leichtgläubiger Menschen ab, die wie ein Echo das wieder geben, was ihnen gesagt wird. So nehmen sie Durst unterdrückende Tabletten, da dies – wissenschaftlich nachgewiesen – Zeiter sparnis bringt, ohne nach dem Sinn dahinter zu fragen. Dabei ist doch genau das Wasser selbst Sinnbild fürs Leben.

Es werden in einem Garten 5.000 Rosen gezüchtet, wobei doch der Anblick einer ein zelnen schon glücklich machen könnte.

Es is t vie l sch w ere r, ü b e r sic h selbs t z u richte n , als ü b e r ander e z u urteile n . Wen n d u es schaffs t , selbs t ü b e r dic h gerech t z u w erde n , dan n bis t d u ei n wahre r Weise r.

„ “

Das Geheimnis um Freundschaft und Liebe

Die moderne Welt ist ein Geflecht aus Vernetzungen, alles steht in Verbindung zueinander und Kommunikation war noch nie so einfach, wie heute – doch gleichsam waren die Menschen auch noch nie so einsam. „Wenn du einen Freund haben willst, zähme mich“ – in einfachen Worten beschreibt Saint-Exupéry den Prozess, der nötig ist, um der Einsamkeit zu entkommen. „Zähmen“ bedeutet nichts anderes, als „sich vertraut machen“. Es ist der Weg des Verstehens, der Erkenntnis. Man kann nur jene Dinge verstehen, mit denen man vertraut ist und dazu braucht es eben Zeit. Dies hebt jede:n einzelne:n aus der Masse hervor: Ein Fremder sieht in der Rose des kleinen Prinzen nur eine von fünftausend anderen, doch für den kleinen Prinzen ist sie wichtiger, als alle Rosen der Welt, nur sie hat eine Bedeutung, alle anderen sind leer und fremd.

_zweiundzwanzig _raum

Was dem Leben einen Sinn verleiht

Unausweichlich steht auch die Frage nach dem wahren Sinn des Lebens tief im Raum. Saint-Exupérys Antwort: Es ist der Geist. Der Geist wird als schöpferisches Wesen erkannt, da er es ist, der zwischen allen Dingen und Menschen Verbindungen knüpft. Geschaffen durch Freundschaft, Liebe, unserem Bemühen, beseelt er die Dinge, schafft Bedeutung und macht sie dadurch einzigartig in der Welt ...

Das Weizenfeld bedeutet dem Fuchs nichts, da er kein Brot isst. Doch weil ihn der kleine Prinz zähmt, wird ihn der goldene Weizen immer an sein goldenes Haar erinnern. Das Wasser des Wüstenbrunnens ist so besonders, da die Mühen einer schier end losen Suche darin verborgen liegen und nur für den Piloten werden die Sterne zu kleinen Glöckchen, die läuten, sodass der ganze Himmel lacht, da nur sie ihn für immer an das Lachen des kleinen Prinzen erinnern werden.

Dinge und Handlungen werden zum Symbol für die eingegangenen Verbindungen, für jeden individuell bedeutungsvoll.

Und genau auf das Knüpfen solcher Verbindungen kommt es laut Saint-Exupéry im Leben an. Denn durch all diese unsichtbaren Fäden wird jede:r einzelne von uns so viel mehr sein, als nur die Summe seiner Einzelteile.

Antoine de Saint-Exupéry war kein Träumer. Das Buch zeigt nicht nur das Bild eines Schwärmers, es zeigt eine Richtung, wo die Reise hingehen könnte. Ein Leben in Harmonie mit sich selbst und seinen Nächsten. Im Kleinen beginnt, was vielleicht einmal im Großen enden könnte: Eine Welt des Friedens.

Antoine de Saint-Exupéry

Antoine de Saint-Exupéry war Schriftsteller und Pilot. Er meldete sich freiwillig als Pilot im Zweiten Weltkrieg. Er schrieb den kleinen Prinzen im Exil in New York. Die Grundstimmung des Mitleids und der Mitmenschlichkeit im Buch gaben dem Europa der Nachkriegszeit eine Stimme. 1944 kehrte er von einem Aufklärungsflug nicht mehr zurück.

Ma n sieh t nu r mi t de m Herze n gu t . Das Wesentlich e is t fü r di e Auge n unsichtba r.
Der kleine Prinz _dreiundzwanzig
_vierundzwanzig _raum

SYNÄS THESIE

WELCHE FARBE HAT DEIN MONTAG?

Schwarzgedruckte Zahlen könnten mit diesem Phänomen als bunt erscheinen.

Töne sehen und Farben schmecken. Synästhesie ist nach wie vor ein rätselhaftes neurologisches Phänomen und könnte viel Aufschluss über die Funktionsweise unse res noch nicht gut erforschten Hirns geben. Die zusätzliche Fähigkeit schränkt nicht ein, sondern erweitert die Wahrnehmung eines Menschen. Immer wieder lassen sich betrof fene Künstler:innen davon inspirieren.

Synästhesie _fünfundzwanzig

EIN BUNTES ERLEBNIS BEIM MUSIK HÖREN?

Dieses Phänomen kommt dann vor, wenn das Hirn zusätzlich zum äußeren Reiz – wie das Hören, das Riechen oder das Schmecken – einen Bereich des Hirns aktiviert, der grundsätzlich keine Kopplung mit den Sinnesorganen hat, sondern eigentlich für das reine Wahrnehmen von Farben oder Formen zuständig ist. Es kommt zu einer seltenen Doppel verknüpfung zweier Hirnareale.

Aus den zwei verschiedenen Vorgängen entsteht ein in sich schlüssiges und einzelnes Bild, welches auf das inneren Auge der Betroffenen projiziert wird. „ Farbe “ und „ Ton “ sind in der synästhetischen Wahrnehmung keine voneinander unabhängigen Begrifflichkeiten, sondern werden als eine einzige Dimension gesehen. Sie sind von den Betroffenen einzeln zu erkennen, dennoch können sie nicht einzeln wahrgenommen werden. Der Vorgang funktioniert nur in eine Wahr nehmungsrichtung und nicht umgekehrt. Die unver meidliche Zuordnung der Farben verläuft nicht meta

phorisch, ganz ohne soziale Normen, wie zum Beispiel kaltes Blau oder warmes Rot, so wie es bei Menschen ohne Synästhesie der Fall ist. Im Bereich der Musik steht eindeutig Moll für traurig und Dur für fröhlich. Auch Synästhetiker:innen können diesem Schema fol gen, doch sie ergänzen den traurigen Charakter noch mit Eindrücken wie gläserner Schleier, farbige Muster, bunte Kugeln oder Ähnlichem. Synästhesie gewinnt seit der Epoche der Aufklärung im 18. Jahrhundert immer mehr an Bedeutung. Doch ist es immer noch nicht in den Köpfen der Menschen, dass jenes Phänomen existiert. Es ist keine Krankheit, sondern eine zusätzliche Fähigkeit, die nach neuesten Untersuchungen 4% der Weltbevölkerung besitzen. Die Mehrheit entdeckt diese Fähigkeit aber erst im späteren Kindes- oder Jugendalter, wenn bei den Be troffenen aufkommt, dass es nicht „normal“ ist, ein buntes Farberlebnis bei Wahrnehmungen zu sehen.

Verbildlichung einer synästhetischen Wahrnehmung

_sechsundzwanzig

Alltag mit Synästhesie

Ein für Nicht-Synästhetiker:innen normaler Einkauf ist zum Beispiel für Synästhetiker:innen mit starker Ausprägung eine Tortur. Die Hin tergrundmusik in Aufzügen, Cafés oder Geschäften soll für Menschen mit einer starken Synästhesie un ausstehlich und verwirrend sein. Die Musik löst ein hohes Stressle vel aus, was im Zuge dessen auch zu Unkonzentriertheit und innerer Unruhe führt. Es sind zu viele äußere Eindrücke auf einmal. Doch bei einer sehr leichten Ausprägung des Phänomens ist es oft nicht störend und sehr unauffällig und somit im Alltag nicht bemerkbar.

Kunst mit Synästhesie

Künstler:innen mit Synästhesie nutzen dieses Phänomen und versuchen es in deren Kunst ein zubringen. Häufig wird dabei die Musik verbildlicht. Die aus dem Arbeiten mit dem Phänomen entstehende Kunst ist sehr expe rimentell, abstrakt und bunt. Ein eindeutiges Motiv ist meist nicht zu erkennen.

Der Musiker Conan Gray zeigt in seinen Coverbildern mit Hilfe des Color-Gradings, welche Farben er beim Hören seiner eigenen Tracks empfindet. Er orientiert sich bei der Gestaltung nicht an der abstrakten Malerei, sondern an Bildern vom ihm und der richti gen Farbeinstellung, die meist im Nachhinein hinzugegeben wird. In einem älteren Youtube-Video geht er näher auf seine Ausprägung der Synästhesie ein und wie er sie in seine Musik einbringt.

DAS C IST GELB UND

NACH KIWI SCHMECKT

Auch die Künstlerin Melissa McCracken nutzt in ihren Bildern die Eindrücke eines Liedes und bringt das Empfundene mit Öl auf Leinwand. Sie sieht Farben, Texturen, Muster und eine gewis se Aura zu den jeweiligen Songs. Melissa McCrackens Werke zeigen oftmals Lieder, die sich Kund:in nen von ihr als Bild wünschen. Wie viele andere Synästhetiker:innen, hat auch Melissa McCracken im Jugendalter zufällig durch Gesprä che bemerkt, dass es besonders ist, farbig zu hören . Zuvor wurde dies nämlich nie infrage gestellt. Heute ist Synästhesie ein wichtiger Teil ihres Berufes als Künstlerin.

Forschung

Die Forschung über Synästhesie steckt noch in Kinderschuhen und hinter der Besonderheit verbirgt sich noch viel mehr als geplant. Synästhesie ist ein unglaubliches, wenig erforschtes Phänomen, welches noch viele individuelle Ausprägungen verborgen hält. Be

sonders bestärkt hat mich die Sicht auf die Vorteile, die eine solche „Krankheit“ mit sich bringt. Schade finde ich, dass man die besondere Wahrnehmung mit Synästhesie nicht der breiten Bevölkerung offenkundiger machen kann. Die einzigartige Wahrnehmung bleibt den Synästhetiker:innen vorbehal ten. Es ist eine Gabe, ein Phäno men und sogar eine Begabung, die diesen besonderen Menschen bei der Geburt mit den Genen mit gegeben wird. Wie es sich also anfühlt, Buchstaben oder Musik in Farben wahrzunehmen, wird mir trotz der intensiven Auseinander setzung und den gesammelten Erfahrungen, die ich mit diesem Artikel machen durfte, leider für immer verborgen bleiben.

Synästhesie _siebenundzwanzig
“Blompotje” Judith Leyster (1654) * * *_achtundzwanzig

* THE DICHOTOMY OF FEMINIST DESIGN

While feminism and gender equality have been fought for for countless years and are just now being increasingly discussed in the context of working and corporate environments, this essential topic still greatly lacks coverage across all fields of the arts.

However, many of us feel like we have accomplished active equality in design as well as fashion: I would argue that to be largely because of the current upri sing of so-called “feminist design”; this includes the celebration of boobs, vul

vas, unshaved legs and stretchmarks as popular motives for tote bags, shirts and corporate designs of small startups.

But whether that’s really what constructi ve and progressive feminism in the visual art sector looks like, or whether those interpretations of “feminist design” are rather hypocritical is debatable. Before you will hear a female graphic designer’s thoughts on this important topic, let me introduce you to some truly over looked female and feminist artists and designers over the course of history.

fem·i·nism is the belief in and advocacy of the political, economic, and social equality of the sexes, expressed especially through organized activity on behalf of women's rights and interests.

*
*
0 Feminism and Design _neununddreißig

*THE*DICHOTOMY*OF*FEMINIST*DESIGN*THE*DICHOTOMY*OF*FEMINIST*DESIGN*THE*DICHOTOMY*

“Self-portrait

Sofonisba Anguissola was born into a lower-class noble family in Cremona, Italy. Though she received more support than the average Renaissance- woman, she was still prohibited to paint freely, as women were forbidden to view and study nude bodies.

She also played an important role in inspiring many female painting-successors.

“La

*1552 †1614

Sofonisba Anguissola

Late Renaissance

“The Proposition”

Leyster

*1609 †1660

Judith Leyster Baroque, D.G.A*

*1822 †1899

Rosa Bonheur

Realism

Born in Bordeau in France, Rosa Bonheur was one of the best-known female Realist painters of the 19th century.

Aside from her realist paintings, Rosa Bonheur is still celebrated today for breaking gender norms and expressing her sexuality, e.g. by wearing typically men’s clothing, as well as being openly lesbian.

*1897 †1983

Bauhaus Style, T.A.* Gunta Stölzl

*Textile Artist*Dutch Golden Age

Judith Leyster from Haarlem, Dutch Republic, was a leading female artist in the Baroque and Dutch Golden age. Best known for her genre paintings and portraits, she enjoyed great success during her lifetime.

After Leyster's death though, her signatures on her art were often covered up, and passed off as someone else's work.

Born in Munich, textile artist Gunta Stölzl grew up to be Bauhaus’ first and only female master.

Stölzl specialized in weaving and is best remembered for shifting the art of weaving from simply being ‘women’s work’ to having a modern art touch, and thus mo ving it more and more towards the industrial design sector.

at an Easel” Sofonisba Anguissola (1556–1565)
foire du cheval” Rosa Bonheur (1852–55)
Judith
(1631)
_dreißig _raum

Magdalena Carmen Frida Kahlo y Calderón , who, during her life time, was almost exclusively known as “Diego Rivera’s wife”, was a 20th century surrealist and magi cal realist Painter from Mexico.

In her works that often had a autobio graphical touch, Kahlo explored ques tions of identity, postcolonialism, gender, class, and race in Mexican society. Thus, she’s become a crucial figure for the feminist, Chicano and Chicana, and LGBTQIA+ community.

*1907 †1954

Surrealism, Magical realism

Frida Kahlo

From Wikimedia Commons, the free media repository

*1943

Commercial Graphic Design Carolyn Davidson

Susan Kare was born in Ithaca, New York and is today celebrated as one of the most significant technologists of the modern world. Kare is famous for her interface elements and typeface contribu tions to the first Apple Macintosh (1983–1986). She also worked for Microsoft, IBM, Sony Pictures, Facebook, and Pinterest.

Today she’s employed at Niantic Labs, a company best known for augmented reality mobile games, like Pokémon Go.

*1954

Contemporary U.S. Design Susan Kare

Carolyn Davidson is an American graphic designer who should be famous for designing one of the best-known logos all around the world: the ori ginal Nike swoosh – for only $35 at the time.

Unfortunately, almost nobody knows that Carolyn Davidson is the creator of the world-famous swoosh.

From Wikimedia Commons, the free media repository

“Frida Kahlo” (Fotografie) Guillermo Kahlo (1932)
*THE*DICHOTOMY*OF*FEMINIST*DESIGN*THE*DICHOTOMY*OF*FEMINIST*DESIGN*THE*DICHOTOMY*
Feminism and Design _einunddreißig

Thoughts

Now that we have some cherished fema le artists and designers over the course of history, I’d like to share some of my thoughts.

Free and open female empowerment has been longed for for centuries, yet it’s debatable whether the current execution of it all is the right one. It is more than understandable that for many it’s a piece of freedom to embrace what they’ve been oppressed and shamed for; the celebration of diversity and the removal of taboos surrounding the nude female body is crucial. However, I personally don’t think printing all shapes and sizes of boobs, nipples, vulvas, bellies and stretchmarks onto tote bags and t-shirts qualifies as “feminist design”.

In my opinion it does not matter who sexualizes the female body, the effect – that being the reduction to our bodily features – stays the same.

Another aspect that tags along with the uprise of female nudity is the fact that especially the fashion and lifestyle sec tor capitalize off of the female body; when that in itself is another issue feminists have been fighting against for years.

Women are finically exploited in many ways, some of them more subtle than others. Whet her it’s the issue of the disgustingly large gender pay gap, making UK women work for free for 2 months every year, or whether its insufficient payment of sex workers, women’s financial disadvantages are fact. Thus, if you ask me, the celebration of “boob and vulva fashion” seems rather hypocritical.

And as if that weren’t enough, many cases of this attempt of “feminist design” even achie ve the opposite of its goal: to many cis-hetero men this kind of design, fashion or whatever it may be, seems almost laughable. Of course, we must not generalize, and of course there are many men who are not sexist and believe in active equality; however, those men who

Unnamed [Gloved hands covering woman's breasts] cottonbro, pexels.com (2020)
*THE*DICHOTOMY*OF*FEMINIST*DESIGN*THE*DICHOTOMY*OF*FEMINIST*DESIGN*THE*DICHOTOMY*OF*FEMINIST*DESIGN*
But why do we rebel against it when men sexualize and objectify our bodies, but not when the industry does?
_raum

sexualized and reduced women to their bodies before will not change after seeing a quir ky illustration of saggy boobs on shirt. I’d argue quite the opposite; they might feel even more empowered in their sexist mindset.

I give full font credits and a warm thanks to rightful owner, Giulia Bioggio. www.giuliaboggio.xyz

Unnamed [I am more than a body] Olya Kobruseva, pexels.com (2021)

*THE*DICHOTOMY*OF*FEMINIST*DESIGN*THE*DICHOTOMY*OF*FEMINIST*DESIGN*THE*DICHOTOMY*OF*FEMINIST*DESIGN*
Now you might ask yourself “what is my point in writing this article?”
Author: Lena Heiß
Feminism and Design _dreiunddreißig

H EIDI H OLLEIS & DIE RESERVE ARMY OF LABOUR SACHE

Unabhängig von einer Vorahnung, wie 2020 nachhaltig unser Leben verändert hat, entwarf Heidi Holleis im November 2019 als dystopischen Selbstversuch das fiktive Plattenlabel „Illusions Never Heard“, inklusive ihrer mehr als 50 LP-Cover beinhaltenden fiktiven Band RESERVE ARMY OF LABOUR. Während Arbeitslosigkeit in unserer neoliberalen Gesellschaft eine Disqualifizierung und Abwertung des Arbeitnehmers darstellt, hat Karl Marx im Gegenzug den Gruppenbegriff RESERVE ARMY OF LABOUR formuliert, um der im System nicht arbeitenden Bevölkerung trotzdem eine Sichtbarkeit und Wertschätzung zu geben und damit eine Analyse zu schaffen. Einige der LP-Titel „releasen“ einen philosophischpolitischen Background. Dabei nimmt die Künsterlin Bezug auf Texte von Philosoph:innen wie bspw. Michel Foucault, Jacques Derrida und Virigina Woolf.

Zum ersten „Release“ bei HON 2021 (Heart of Noise Festival, Innsbruck) wurden drei limitierte LP-Editionen veröffentlicht, die –der aktuellen Zeit entsprechend –eine nicht bespielte, weiße Vinyl umfassen. Instagram unter: #reserve_army_of_labour

_raum

Warum hast du dich als Künstlerin zum Designen von Platten Covern entschieden?

Die reine Lust am Entwerfen. Die Mög lichkeit politische Themen aufzugreifen und dabei die Vinylplatte mit dem jeweili gen Cover wie ein Protestschild auf einer Demo verwenden zu können. Allerdings ein bisschen eleganter und eher bei der Hintertüre herein. Zudem ist die Vinyl platte ein Medium das technisch gesehen reproduzierbares ist in der Menge, das ist sehr interessant und wichtig aus der Sicht von politischer Kunst.

Was sagt deine Serie aus?

Alle Plattencover dieses Kunstprojekts sind von der Band Reserve Army of La bour, welche ein performatives KreativKollektiv sind.

Die Serie zeigt meinen eigenen persön lichen Overload zu den gesellschaftspoli tischen Themen Ende 2019. Es war noch kurz vor COVID und ich hatte das Gefühl, die Menschheit und mit ihr der Planet ist an allen nur möglichen Stellen verwundet und ich selbst dadurch auch.

Mit diesem Layout-Exzess von 60 Schall plattenhüllen innerhalb dieses Monats im November 2019 habe ich mich aus meiner gefühlten Hilflosigkeit befreit. Das kollek tive Trauma lies mich wieder los. Inzwischen ist das Projekt natürlich vor angeschritten, ist reflektiert, hat sich vom ganz Persönlichen abgekoppelt und wird sich ausweiten in verschiedenste Richtun gen. Aber zurück zu deiner Grundfrage: Ich würde sagen, die Grundaussage dieser Serie ist: Der Kapitalismus ist übel und zerstört uns.

Wie findest du die Ästhetik von Platten? Cool.

Die Reserve Army Of Labour Sache _fünfunddreißig
V i n y l h ö r e n i s t e i n R i t u a l , e i n s o r g s a m e s H a n d h a b e n , e i n E r i n n e r u etforhesdnutnemomsgn t w a s G e m e i n s a m e s .
_raum
_sechsunddreißig

„Das kollektive Trauma ließ mich wieder los."

Wie groß ist deine Plattensammlung?

Eigentlich habe ich nur Second-Hand-Platten und das sind durch die Bank Cover und Platten aus dem Sperrmüll, die eben keiner mehr behalten will. Ich nehm die mit, weil die in mir einen ge wissen Lachflash auslösen.

Seit 2021 sind mehr Platten als CDs verkauft, ist dir das aufgefallen?

Dadurch, dass ich selbst viel auf kleinen Clubkon zerten bin und die Merchstände der Bands kenne, ist mir das natürlich aufgefallen.

Wo kaufst du deine Platten?

Ich hab nur geschenkt bekommene und gefunde ne Platten.

Was war deine erste Platte?

Die Mumins. Geschichten aus dem Mumintal.

Gab es eine Zeit, in der du keine Platten gehört hast?

Ja, weil ich früher viele Mixtapes auf Kassette ge macht habe und der Generation CD angehörte. Inzwischen streame ich natürlich.

Was macht für dich den Unterschied aus zwischen Vinyl und Digital?

Vinyl [zu] hören ist ein Ritual, ein sorgsames Hand haben, ein Erinnerungsmoment und sehr oft etwas Gemeinsames. [Es] hat daher auch mit dem Effekt der Sammlung, der Zusammenstellung zu tun [und damit,] dass dir jemand seinen „Schatz“ zeigt, ma teriell wie immateriell.

Beim Streamen liebe ich es, uneingeschränkt in allen Genres hin und her switchen zu können; ein „aus dem Vollen Schöpfen“ im World Wide Web. In dieser Fülle ist das Haptische, Analoge eines Covers oder einer Vinylscheibe – die ja optisch auch so geil sein kann – nicht vorgesehen. Auch gut, es geht dann fast nur um die Musik! Die CDs oder sogar noch die Mini-Disks sind und waren für mich so ein digitales Ding dazwischen.

_siebenunddreißig

Autorin: Laura Marberger

Fotografin: Bianca Tanzer

Die Reserve Army Of Labour Sache

_achtunddreißig

Turnup im idyllischen Vorarlberg

Wenn Drippin ein Event veranstaltet, ist für die meisten Jugendlichen in Vorarlberg klar, dass es dort hin geht. Die Clubs sind immer gefüllt und die Stimmung ist meist auf hohem Level. Egal ob Live Acts oder hauseigene DJs „Drippin“ ist für viele junge Menschen in Vorarlberg ein Pflichttermin.

Rap und Trap bei Drippin
_raum

Doch was ist das DrippinKollektiv eigentlich und was macht es aus?

Drippin ist ein Zusammenschluss aus DJs und kreativen Rap und Trap begeisterten Menschen aus Vorarlberg. Mit einer Teamstärke von gerade mal sieben Leuten stellt das Kollektiv seit Jahren immer wieder untypisch große Events auf die Beine und präsentiert auf den verschiedensten Events namenhafte Künstler:innen aus der Szene. Und das alles in dem unscheinbaren idyllischen Vorarlberg. Dass die Trap-Kultur immer größer wird und einen ständigen Zuwachs hat, steht außer Frage. Es ist das größte Genre weltweit und findet auch immer mehr im Mainstream statt. Somit bedient Drippin ein Themengebiet, welches immer mehr an Relevanz gewinnt und bringt gleichzeitig die Kultur mit all ihren Seiten den Jugendlichen in Vorarlberg näher.

Doch um die Kultur zu verstehen, muss zuerst geklärt werden, was Trap ist.

Unter Trap versteht man seit Mitte der 2010er einen neuen Stil des Hip-Hops, der sich vor allem durch seinen zurückgelehnten Flow, seine minimalistischen Beats und seine zunehmende Melodik auszeichnet. Diese Spielart des Raps sticht vor allem durch ihren abgehobenen Sound heraus und definiert sich im Gegensatz zu vorigen Subgenres weniger durch ihre brutale Gangster-Attitüde. Trap zeichnet sich oft auch durch eine düstere Klangwelt aus und ist durch sehr starke Bässe, genannt „808“, geprägt.

Drippin _neunundvierzig

Avo (Adrian Vögel)

Er kümmert sich um alles Mögliche – ohne ihn wären die meisten Events nicht möglich. Er ist selbst auch DJ und legt regelmäßig bei Drippin Events auf, er arbeitet eng mit Manuel Bonat zusammen.

Drippin Mitglieder

Yung Europa (Ingo Maghörndl)

Eines der Mitglieder des „Yung Europa Duos“

Bone (Manuel Bonat)

Kümmert sich zusammen mit Avo großteils um das Booking.

Tobi (Tobias Gayer)

Fotograf und Videograf von Drippin, er wird aber oft von Felix Frick und Felix Jäger unterstützt, welche sich um das Videomaterial kümmern, während Tobi sich um die Fotos kümmert.

Instagram: @drippin

Yung Europa (Joachim Oswald)

Eines der Mitglieder des „Yung Europa Duos“ eben falls DJ von Drippin und kümmert sich zusätzlich auch noch um Grafiken etc.

Dione (Dione Azemi)

Ist die Social Media Manage rin von Drippin (TikTok und Co.) und newcomer DJane.

Ary (Arulf Höss)

Ist seit 2017 dabei, ebenfalls DJ und einer der aktivsten Drippin-Mitglieder.

_raum _vierzig

Interview mit Mitglied Ary

Was ist Drippin für dich?

Drippin ist ein Movement, welches sich auf die ganze Trap-Culture fokussiert hat und es schafft die TrapKultur nach Vorarlberg zu bringen.

Was bedeutet dir die Trap-Kultur?

Sie bietet mir viel Freiraum und ich sehe Freiheit als generelles Gut der Kultur. Persönlich bin ich sehr früh zu der Musik gekommen, als ASAP Rocky die Ära eingeleitet hat. Und ich hätte nie gedacht, dass solche Musik mal in Clubs spielt. Und [ich] bin so umso stolzer darauf, ein Teil der Entwicklung zu sein und zu sehen, dass die Musik so unglaublich gut funktioniert, auch in Vorarlberger Clubs.

Wie groß schätzt ihr selbst euren Einfluss auf die Jugendkultur in Vorarlberg ein?

Ich denke, es ist schon ein großer Impact, welchen wir haben. Allein, wenn man sich die Bookings ansieht, ist es spannend zu sehen, weil es sehr untypisch für Vorarlberg ist, eine so große Vielfalt an Artists einladen zu können.

Wir bringen auch neue Künstler:innen (Newcomer) den Leuten nahe.Uns ist wichtig, vielen unterschiedlichen musikalischen Facetten eine Bühne zu geben. Auch mit unserer Vielfalt, an DJs sind wir gut aufgestellt und können durch ein großes Spektrum viele verschiedene Geschmäcker bedienen. Unser Fokus steckt auch in der Nostalgie, weil die Szene und die Art der Musik einfach auch eine Geschichte hat. Und wir glauben, dass wir viele Jungendliche dazu gebracht haben, sich damit mehr auseinander zu setzen.

Wie entsteht der Kontakt zu namenhaften Künstler:innen aus der Szene?

Man muss sagen, wir genießen einen gewissen Luxus, weil uns über die Zeit schon einige Booking-Agenturen wie „Landstreicher“ auf dem Schirm haben und sich bei uns melden, wenn große Künstler:innen auf Tour gehen.

Vieles kriegen wir auch über Social Media direkt bei den Künstler:innen mit und versuchen dann direkten Kontakt herzustellen. Bei großen Künstler:innen ist es oft so, dass sie zwischen den Tourstops vorbeikommen.

Wie wichtig ist es euch, Local Acts zu supporten?

Wir haben oft auch schon bei Drippin Local Acts dabei gehabt. Wir haben alle Vorarlberg-Rapper:innen bzw. Musiker:innen auf dem Schirm. Natürlich geht es darum, ob uns der Sound gefällt. Es ist dadurch eine subjektive Entscheidung, aber wenn uns gefällt, was wir hören, wollen wir auf jeden Fall Unterstützung leisten, ihnen eine Bühne geben und supporten.

Das beste Beispiel dafür ist wahrscheinlich das „Backwood preroll“, welches jährlich stattfindet und ebenfalls von uns veranstaltet wird. Dort haben Local Acts die Möglichkeit, sich zu bewerben und durch Publikumsentscheidung einen vollwertigen „Slot“ beim darauffolgenden Backwood Festival zu gewinnen und sich somit eine Bühne mit namenhaften Künstler:innen aus der Szene teilen zu können.

Drippin _einundvierzig

_zweiundvierzig

Apocalypse, please.

Über den Liebreiz des Unter gangs in aufwühlenden Zeiten und verborgene Kulturkritik in dröhndenen Gitarrensoli.

Im Laufe der Geschichte hat sich die Vorstellung eines erbar mungslos hereinbrechenden Untergangs der Welt als schier unerschöpfliche Quelle an Inspiration für Künstler:innen jedweden Bereiches entpuppt. Zugleich ist sie Aphrodisiakum, mahnender Zeigefinger und Produkt der Unterhaltungsindus trie. Bis heute wird die Apokalpyse auf unterschiedlichste Wei se neu dargestellt und interpretiert. Besonders dann, wenn Zeiten unübersichtlich und Verhältnisse schwierig erscheinen, übt das nahende Ende besonderen Reiz aus.

Die Fixierung auf ein Ende der bestehenden Welt ist dabei nicht zuletzt ein religiöses Vermächtnis. Zwar lebte man vor allem unter Naturvölkern, dem indischen Universalismus oder chinesischen Universalismus im Glauben an zyklische Abfolgen der Welten, die abendländische Kulturgeschichte hingegen hatte den Endzeitgedanken bereits in alten Mythen fest verankert: Im Christentum wird die Apokalypse mit all ihren zerstörerischen Facetten im letzten Buch der Bibel, der Offenbarung des Johannes , ausgemalt.

_raum

The first angel blew his trumpet, and there followed hail and fire, mixed with blood, and these were thrown upon the earth.

Revelation 8:7-12

Das Wort Apokalypse kommt aus dem Griechischen und bedeutet nicht etwa „ Weltuntergang“, sondern so viel wie „O ffenbarung“, „Erlösung“. Frühere Darstel lungen nehmen sich meist die der Erlösung vorange hende Läuterung in Form des erbitterten Untergangs zum Vorbild. Ein Beispiel dafür ist The Great Day of his Wrath von John Martin (Hintergrundbild), das auf christlicher Basis farbgewaltig das über die Mensch heit hereinbrechende Jüngste Gericht abbildet. Die Wortbedeutung im modernen Alltagsgebrauch des Wortes Apokalypse hat sich großenteils von der Erlö sungsvision abgewandt und beschränkt sich allein auf den Untergang der zivilisierten Welt. Die Art und Wei se, welche der menschlichen Existenz letzten Endes den Tod bringt, wird durch Künstler:innen jeweils im

Unter dem Titel Soundtrack to the Apocalypse fasst die amerik. Metal-Band Slayer 2003 ausgewählte Songs mit apokalyptischer Note in ein Set zusammen. Nur eines endloser Beispiele der Verwendung des Apokalypse-Motives in der Musik bzw. im Heavy Metal (hier: Trash Metal).

Hintergrundbild:

zeitlichen Kontext mit gegenwärtigen Bedrohungen interpretiert: Während Albrecht Dürer Muße an den biblischen apokalyptischen Reitern – der Personifika tion von Hunger, Tod, Krieg und Krankheit – fand, las sen sich zeitgenössische Künstler:innen zum Beispiel vom Klimawandel, Atomkriegen oder Außerirdischen zu ihren Kunstwerken inspirieren.

Auch anderen Gefilden der Kunst liefern endzeitliche Vorstellungen Inspirationsmaterial. Denkt man an das im po sante Bildreservoir der Apokalyptik, so kann man vor allem eine Nähe zum Heavy Metal mit all sei nen Subgenres herstellen. In keinem anderen Genre ist die Apokalypse derart gegenwärtig. Neben den üb lichen Komponenten wie Melancholie, Pessimismus und Sex & Drugs haftet dem Heavy Metal auch immer ein apokalyptischer Grundton an. Charakteristisch für beides, Heavy Metal und die Apokalyptik, ist die Ästhetik der Stärke und Macht, der Theatralik und

© American Recordings, LLC Apocalypse, please _dreiundvierzig

Übersteigerung des Bilderreichtums – auch eine un übersehbare Analogie zum Wesen der „ Offenbarung “ Der deutsche Kunstwissenschaftler Jörg Scheller bezeichnet in einem 2018 erschienen Artikel eben genannte als ein sakrales Slayer-Album: dröhnend, bedrohlich, halluzinatorisch, mystisch, aber bis ins Detail durchstrukturiert und durchchoreografiert. 1 Diese Unstimmigkeiten und Gegensätze kennzeich nen auch Heavy Metal: Kontrolle trifft auf Wahnsinn, Mythologie auf Rationalität, Disziplin auf Rebellion.

Nicht zuletzt sind es Formen der Kulturkritik, die die Apokalypse und Heavy Metal endgültig vereinen. Gleich wie die biblische Offenbarung, übt das energie geladene Gitarrensolo in gewisser Weise Kritik an sozi alen und politischen Systemen. Lediglich die symboli sche Interpretation ist eine andere: Das eine Mal ist es ein Gott, der die verkommene, sündhafte Menschheit durch Läuterung in eine neue Welt führt, das andere Mal ein individueller Ausbruch aus dem „Hamsterrad der Leistungs- und Kontrollgesellschaften. “

And so in the sky shines the electric eye // Supernatural king takes earth un der his wing // Heaven’s golden chorus sings, Hell’s angels flap their wings // Evil souls fall to Hell, ever trapped in burning cells!

Electric Funeral, Black Sabbath

In Anbetracht der Gemeinsamkeiten ist es also wenig überraschend, dass viele (Metal-)Bands direkt Bezug auf die Offenbarung – den schaudernden Blick in den tiefen Abgrund – nehmen und Angst, Faszination und gekonnt platzierte Kritik gleichzeitig darin verpacken. So beispielsweise Black Sabbaths „Electric Funeral".

Bis dato hat die Menschheit unzählige prophezeite Weltuntergänge unbeschadet überstanden, zitiert, neuinterpretiert und künstlerisch verarbeitet. Dabei ist

dem Interpretationsspielraum keine Grenze gesetzt, immer jedoch schwingt ein Ausdruck des Missmutes und Kritik am Bestehenden mit. Die Erfolgsgeschichte Apokalypse also zu den Akten legen? Wohl eher nicht. Vom Jüngsten Gericht über menschengemachte Seu chen bis hin zur Planetenkollision: Die Apokalypse hat immer Hochkonjunktur und wird ihre Anziehungskraft wohl erst mit dem Weltuntergang selbst verlieren.

Storm Thorgerson britischer Grafikdesigner, der vorallem durch seine Zusammenarbeit mit Bands wie Pink Floyd, Led Zeppelin oder Black Sabbath bekannt wurde.
1 Dr. Jörg Scheller, 2018 Das
Lied
der Verwinder. Heavy Metal als negative Lust am
Erhabenen
des Untergang.
“ ”
© stormstudiosdesign.com Autorin: Sandra Kostenzer
_raum _vierundvierzig

_fünfundvierzig

Eine zeitgemäße Neuinterpretation

In grafischen Arbeiten am Cover für das Album „ Black Holes and Revelations “ (Muse) interpretiert der Grafikdesigner Storm Thor gerson die biblischen apokalyptischen Reiter in modernem Kontext neu. Statt Hunger, Krankheit, Krieg und Tod setzt er die Personifizie rungen neuer, den modernen Menschen betreffende, Bedrohungen an einen Tisch: Narzissmus , Intoleranz , Gier und Paranoia

Neugierig auf Thorgersons grafische Umsetzung?

.
↙ Apocalypse, please
_seitenzahl Foto:
Andre Robida
/ Unsplash Foto: Marek Piwnicki / Unsplash _raum _sechsundvierzig

DIE ZUKUNFT DER MODE?

Digital Fashion:

Würdest du ein Kleidungsstück tra gen, welches eigentlich garnicht existiert? Was zunächst absurd scheinen mag, könnte die Zukunft der Mode sein. Man kann es sich ungefähr so vorstellen, dass wir Menschen in einigen Jahrzehnten nur noch mit speziellen Brillen herumlaufen werden, welche es uns ermöglichen in eine digitale Welt einzutauchen.

Möglicherweise be nden sich in Zukunft nur noch einige Basics in unseren physi schen Kleiderschränken, da die Personen um uns herum uns sowieso so gut wie nur in digitaler Kleidung begegnen würden.

Digital Fashion _siebenundvierzig
Foto: Vadim Bogulov / Unsplash Autorin: Lara Hofer _raum _achtundvierzig

Eine Nachhaltige Alternative?

Die Modewelt ist geprägt von Fast Fashion. Trends ändern sich ständig und „Masse statt Klasse“ scheint das Motto zahlreicher Modeunternehmen zu sein. So launcht der chinesische Fashion Gigant Shein rund 500 neue Teile täglich auf der Website. Diese werden zu günstigen Preisen verkauft, wobei bei ca. 30.000 T-Shirts im Shop die günstigsten 2 Euro kosten.

Dies hat fatale Auswirkungen auf die Umwelt. Die schlechte Qualität der Kleidung und unbewusster Konsum, führen dazu, dass in Österreich jährlich 221.800 Tonnen Kleidung auf dem Müll landen. Be fürworter von digitaler Mode sehen vor allem einen möglichen Verwendungszweck von NFTs: nachhaltige Entwicklung. Zum einen könnten Kunden den Verlauf aller Transaktionen von Konzeption bis Reparatur eines Produktes verfolgen. Die Produkte können zusätzlich versichert und die Garantie verlängert werden. Auch in Sachen Umweltschutz sind sich viele einig, dass digitaler Konsum ein Schritt in die richtige Richtung ist.

Das Problem hierbei sei aber, dass der Fußabdruck eines einzelnen NFT dem gesamten Stromverbrauch eines EU-Bürgers für einen Monat, mit Emissionen, die einer Autofahrt von 1.000 km oder einem zwei stündigen Flug entsprechen. Also vielleicht doch lieber Second-Hand shoppen oder bewusster einkau fen, indem man zwar weniger, etwas teurere aber dafür qualitativ hochwertige Stücke kauft, an denen man sich auch noch in vielen Jahren erfreuen kann.

Fazit

Ob digitale Mode die physische jemals ersetzen kann, und ob wir uns in einigen Jahrzehnten nur noch in der digitalen Welt aufhalten, bleibt unklar.

Es wird immer Leute geben, welche keinen Zugang zum Internet haben und erst garnicht am Metaverse teilnehmen können. Trotzdem hat das Internet unsere Gesellschaft stark verändert und diese Themen werden uns mit Sicherheit auch in Zukunft noch weiterhin beschäftigen.

Digital Fashion _neunundvierzig

Die Qual der Wahl

Genderzeichen

Eine Hilfestellung zur Typografie

Das Gendern umgibt uns und wir sind Teil da von: Wie wir wissen, gibt es noch weitere Ge schlechter außer weiblich und männlich. In der daraus resultierenden Debatte über gendersen sible Sprache geht es vielmehr um die Frage, wie wir richtig gendern und nicht darum, ob überhaupt gegendert wird. Um eine Sprache zu verstehen, ist neben dem Sprechen auch das Schreiben sehr wichtig. Beim Lesen kann die Typografie darauf stark Einfluss nehmen. Im Folgenden erhält man einen Überblick über die gängigsten Genderzeichen, was beachtet werden muss, und welche Vor- und Nachteile diese im Unterschied besitzen.

Sternchen

Das
Der Doppelpunkt
Das Trema- oder Sternchen-i _raum _fünfzig

Asterisk genannt, ist ein Sonderzeichen: Es kommt ursprünglich aus der Infor matik und fungiert als Platzhalter für beliebig viele Zeichen. Symbolisch steht es für sprachliche Sichtbarmachung aller Ge schlechter und soll als Spektrum und Binde glied wahrgenommen werden. Und nicht, wie oft diskutiert, Worte teilen bzw. zerreißen. Diese laute Auszeichnung soll bewusst eine Irritation und ein Nachdenken über Worte und deren Gebrauch bewirken. Das sorgt für einen weniger natürlichen Lesefluss: Es kann Lücken in einem Grauwert eines Textes aufreißen. Problematisch wird es allerdings für Personen, die nur leichte und einfache Sprache verstehen und lesen können. Selbst bei Screenreadern, abhängig von Gerät und Einstellung, kann es zu Problemen führen, da häufig das Sternchen als Zeichen mitgelesen wird. Dennoch empfiehlt der deutsche Blinden- und Seh behindertenverband, das Sternchen zu verwenden, „da es die am häufigsten ver wendete Kurzform ist und so dem Wunsch nach einem Konsenszeichen am nächsten kommt“. Um den Lesefluss bei Verwendung eines Sternchens zu ver bessern, muss man typografische Anpassun gen vornehmen: Somit kann die Schriftgröße verringert, ein leichteres Schriftgewicht gewählt, dass Zeichen skaliert oder ein negativer Grundlinien versatz einge stellt werden.

Genau wie die Vielfalt der Geschlechter, haben auch die Genderzeichen ihre Berechtigung!

BdKom

Das Sternchen
Handbuch: Gendersensible Sprache Strategien zum fairen Formulieren
Die Qual der Wahl

Typohacks für gender sensible Sprache und Typografie

Die Publikation „Typohacks" ist das erste Handbuch für gendersensible Typografie für die deutsche Sprache. Diese beinhaltet eine umfangreiche Einführung in aktuelle Me thoden des Genderns sowie ein Diskurs über antidiskriminierendes Sprachhandeln. Neben praktischen Beispielen, wie mit gendersensi bler Sprache typografisch umgegangen wer den kann, setzte sich das Buch mit aktuellen Fragestellungen auseinander. Konzipiert und gestaltet wurde das Buch von Hannah Witte, Studierende an der HGB Leipzig.

Gestalter*in Gestalter*in Ohne Anpassung Basic Gothic Pro | Book | 21 PT | LW -10 Freight Text Pro | Book | 23 PT | LW +20 Gestalter*in Gestalter * in Leichterer Schriftschnitt Book → Regular Book → Light Gestalter*in Gestalter * in Kleinerer Schriftgrad 21 PT → 19 PT 23 PT → 21 PT Gestalter*in Gestalter * in Negativer Grundlinienversatz 0 PT → -3 PT Gestalter*in Gestalter * in Skalieren des Zeichens 100 % → 85 %
Buch:
form Schriftprobe _raum _zweiundfünfzig

Das Trema- oder Sternchen-i

I

talienischer Kleinbuchstabe: i mit Trema ist ebenfalls eine Trisetform, aber kein Son derzeichen. Diese inkludiert jedoch wieder alle Geschlechterformen. Das Trema-i stört den Leseprozess unwesentlich, da er sich im Schriftbild am besten von allen integriert: Er wird erst beim Lesen in der Zeile wahrgenom men und gehört daher zu den leisen Auszeich nungen. Das Hauptproblem besteht darin, dass das Zeichen nicht auf einer handelsüblichen Tastatur zu finden ist und das erschwert natür lich die Gebrauchsweise, da diese nur über Shortcuts oder virtuelle Glyphentastaturen bzw. Paletten anwendbar ist. Es kommt noch hinzu, dass nicht in jedem Zeichensatz das Trema-i vorhanden ist. Bei Screenreadern wird das Zeichen als i mit getrennter Aussprache gelesen bzw. das vorgelesene deutsche Wort sprachlich verfremdet. Dabei kann es zu Un verständlichkeiten und Irritationen kommen. Allerdings ist diese Schreibweise, bei stärke rem Gebrauch, eine gute Alternative zu den an deren Genderzeichen. Eine abgeänderte Form des Trema-i wäre das Sternchen-i, welches vom Prinzip gleich funktioniert: Der Unter schied liegt in den i-Punkten, die bei Trema-i zwei sind und beim Sternchen-i ein Sternchen anstelle eines Punktes ist. Dies wäre die Kom binatorik aus Gendersternchen und Trema-i. Hat den Vorteil, dass sich das Sternchen natür licher integriert, jedoch eine stärkere Symbolik wegen der Bekanntheit und der Historik als Platzhalter erhält.

_dreiundfünfzig

Die Qual der Wahl

Podcast: Ein kleiner Stern gegen Jahrhunderte der Un gleichheit

Weibliche Form

Basic

Deutschlandfunk Kultur

Trema-i

Sternchen-i

Der bekannte deutsche Typograf Erik Spiekermann sagt in einem Interview bei Deutschlandfunk Kultur im Rahmen einer Diskussion mit Sprachwissenschaftler Anatol Stefanowitsch: „Typografie ist sicht bare Sprache, – wir müssen sie also sicht bar machen – so, dass sie jedermann beim Lesen versteht. Wie wir das typografisch am besten lösen können, sei noch nicht final diskutiert.“ Stefanowitsch gibt zu bedenken: „Bestimmte Zeichen sind schon verwendet. Der Doppelpunkt hat bereits eine semanti sche Bedeutung, das Sternchen wiederum wird als Fußnote verwendet, allerdings nicht ganz so fixiert – vielleicht muss es aber auch ein gänzlich neues typografisches Zeichen geben“.

Gestalterin Gestalterin Gestalterïn Gestalterïn
Gothic Pro | Book | 21 PT | LW -10 Freight Text Pro | Book | 23 PT | LW +20
Schriftprobe
Autor:
Sebastian Feig _raum _vierundfünfzig

Kolon genannt, ist eigentlich ein Auf zählungszeichen, symbolisiert aber, wie beim Sternchen neben dem weib lichen und dem männlichen Geschlecht alle Geschlechteridentitäten. Die Ideologie des Kolons ist, dass eine Aufzählung folgt. Seman tisch würden daher nach dem Maskulinum das Femininum und alle weiteren Geschlechter folgen, was es aber in der Realität nicht tut –es folgt lediglich das Femininum. Wenn man diese Betrachtung vernach lässigt, stellt man dennoch fest, wie einfach die Anwendung ist.

Das Zeichen ist bekannt, auf der Tastatur leicht zu finden und dadurch wird es in der Gesell schaft mehr akzeptiert.

Des Weiteren sorgt es im Vergleich zum Sternchen für eine bessere Lesbarkeit: Worte werden nicht auseinan dergezogen. Es entstehen keine großen Lücken im Schriftbild, eine typografische händische Nachbes serung muss nicht erfolgen. Natürlich entsteht durch die leise Auszeichnung, nicht der von der Community gewoll te Irritationseffekt und somit erfüllt es nicht das Ziel, der Dekonstruktion der zwei geschlechtlich gedachten Sprache. Dennoch ist es barrierefreier als das Sternchen, da Screen reader beim Vorlesen kleine Pausen machen.

Das kann aber dazu führen, dass der Eindruck entsteht, dass der Satz beendet worden ist. Ebenfalls kann es für ungewollte Irritation bei schwach sprechenden Personen oder jenen, die die Sprache lernen, führen. Der Grund dafür ist, dass auf die Interpunktion eine Aufzäh

lung, ein Zitat oder eine Zusammenfassung folgen würde. Der deutsche Blinden- und Sehbehindertenverband hat den Doppelpunkt tatsächlich auf die Liste nicht empfohlener Gender-Kurzformen gesetzt, da er wichtige Funktionen besitzt und deswe gen extra vorgelesen wird. Dies handhaben die unterschied lichen Screenreader aber sehr verschieden. Das Sternchen wird eher empfohlen. Der Grund: Die neue Vorlese software wird oft so programmiert, dass das Sternchen nicht mitgelesen wird.

_fünfundfünfzig

Der Doppelpunkt
Die Qual der Wahl

[about us] _sechsundfünfzig

Selami Demirci Sebastian Feig Lara Hauser Lena Heiß Lara Hofer Sandra Kostenzer Noel Le Duigou Laura Marberger Theresa Platzer Melanie Tasser Irina Zimmer
_raum

[impressum]

Herausgeber

WerbeDesignAkademie am WIFI Campus Innsbruck

Idee, Konzeption, Gestaltung

Student:innen der WDA Grafikdesign 2. Semester 2022

Verantwortlich für Konzept und Inhalt Katharina Reitan, Dozentin „Zeitschriften-Werkstatt"

Editorial Advisor

René Raggl, Dozent

Covergestaltung

Lena Heiß

Quellenverzeichnis

Redaktion und Grafik Selami Demirci Sebastian Feig Lara Hauser Lena Heiß Lara Hofer Sandra Kostenzer Noel Le Duigou Laura Marberger Theresa Platzer Melanie Tasser Irina Zimmer

Anschrift Egger Lienz Straße 116 A 6020 Innsbruck www.wda-innsbruck.at

Druckerei Pircher GmbH Olympstraße 3 6430 Ötztal-Bahnhof

_siebenundfünfzig

About Us und Impressum
[wda innsbruck 2022] __GRAFIKMAGAZIN

Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.