6 minute read

2 Zielsetzung

Next Article
Kinderbetreuung

Kinderbetreuung

2 Zielsetzung

Ziele des elementaren Bildungsbereichs

Wenn es gilt, die Zielsetzungen im Kinderbetreuungsbereich zu diskutieren, kommt man leicht in eine gesellschaftspolitische Diskussion. Im Nachfolgenden werden nur jene Ziele berücksichtigt, die sich bereits jetzt im rechtlichen Rahmen befinden. Der Bund hat sich das Wirkungsziel gesetzt, das Kinderbetreuungsangebot in den Ländern zu verbessern.71 Hierzu sieht er eine 15a-Vereinbarung mit den Ländern vor, um zusätzliche Kinderbetreuungsplätze in Hinblick auf die Barcelona-Ziele der Europäischen Union zu schaffen. Tabelle 15 zeigt den Indikator Kinderbetreuungsquote der 0- bis 3-Jährigen sowie der 3- bis 6Jährigen, um die Zielerreichung zu überprüfen.

Tabelle 15: Entwicklung des Wirkungsziels des Bundes zur Kinderbetreuung

Quelle: Bundesfinanzgesetz 2015, BGBl. I Nr. 39/2014, Anlage I Bundesvoranschlag, S. 475. Auf der Länderebene – und indirekt auf der Gemeindeebene – wird dieses Wirkungsziel über die 15a-Vereinbarung zum Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen verankert. Daneben finden sich in den einzelnen Bundesländern in den landesgesetzlichen Regelungen zur Kinderbetreuung72 verschiedene Zielsetzungen. Exemplarisch werden in den Bundesländern Oberösterreich, Steiermark und Tirol die genannten Ziele dargestellt. Dabei zeigen sich sehr unterschiedliche Bestrebungen mit verschiedenem Detaillierungsgrad und differierender Wirkungsebene.

71 Vgl. Bundesfinanzgesetz 2015, BGBl. I Nr. 39/2014, Anlage I Bundesvoranschlag, S. 475. 72 In der Regel Kinderbetreuungsgesetz.

Tabelle 16: Exemplarische Zielsetzungen in landesgesetzlichen Regelungen zur Kinderbetreuung

Bundesland (exemplarisch)

Oberösterreich

Steiermark

Ziele

Sicherstellung hoher pädagogischer Bildungsqualität. Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, um die faktische Gleichbehandlung und Gleichstellung der Geschlechter zu ermöglichen. Unterstützung und Ergänzung der Familien in ihren Erziehungs- und Pflegeaufgaben. Weiterentwicklung des Kinderbetreuungsangebots im Sinn einer qualifizierten Bedarfsplanung. Steir. Kinderbetreuungsförderungsgesetz: u.a. individuelle Unterstützung der sozialen, emotionalen und kognitiven Entwicklung jedes Kindes; Entwicklung der Gesamtpersönlichkeit jedes Kindes; Unterstützen und Ergänzen der Familienerziehung; Übernehmen von Integrationsaufgaben; Beitrag zu einer grundlegenden religiösen und ethischen Bildung

Landesvoranschlag: Wirkungsorientiertes Ziel (Bereichsziel 4): Die Versorgung der steirischen Bevölkerung mit einem bedarfsgerechten, qualitätsvollen und effizienten Angebot an Kinderbetreuungsplätzen (...) ist sichergestellt. Zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Indikator 3: Anzahl der zusätzlich geschaffenen Kinderbetreuungsplätze im Verhältnis der Geburtenentwicklung.

Tirol Förderung und Unterstützung der körperlichen, seelischen, geistigen, sittlichen und sozialen Entwicklung der Kinder. Sicherstellung von optimalen Bildungsmöglichkeiten und Chancen für alle Kinder unabhängig von ihrer sozioökonomischen Herkunft. Bildung, Erziehung, Betreuung und Pflege von Kindern mit erhöhtem Förderbedarf gemeinsam mit Kindern ohne erhöhten Förderbedarf (Integration). Sicherstellung hoher pädagogischer Bildungsqualität. Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie und die Förderung der Beteiligung der Frauen am Erwerbsleben. Unterstützung und Ergänzung der Familien in ihren Erziehungs- und Pflegeaufgaben.

Quelle: Oö. Kinderbetreuungsgesetz LGBl.Nr. 39/2007 idF LGBl.Nr. 90/2013; Stmk. Kinderbetreuungsförderungsgesetz LGBl. Nr. 23/2000 idF LGBl. Nr. 91/2014; Stmk. Landesvoranschlag 2015; Tir Kinderbildungs- und Kinderbetreuungsgesetz LGBl. Nr. 48/2010 idF LGBl. Nr. 130/2013. Den später ausgeführten Modellrechnungen sollen die folgenden Zielsetzungen zugrunde liegen.73 Grundsätzlich kann zwischen allgemeinen Wirkungszielen, Zielen der laufenden Finanzierung und den Zielen zur Verfolgung von programmatischen Schwerpunkten unterschieden werden.

Allgemeine Wirkungsziele

Der Schwerpunkt wird auf folgende übergeordnete Wirkungsziele gelegt: Erhöhung der Erwerbsquote der Frauen – bei gleichzeitiger Verbesserung der Wahlfreiheit für Frauen: - Frauen sollen durch ein verbessertes Kinderbetreuungsangebot die Möglichkeit haben, verstärkt erwerbstätig zu sein. Insbesondere soll ein früher Wiedereinstieg ermöglicht werden. - Die Wahlfreiheit der Frauen, wann und in welchem Ausmaß Kinderbetreuung in Anspruch genommen wird, soll erhöht werden. Dies soll auch zu einer Verbesserung der Work-Life-Balance von Frauen beitragen. Ausgleich von Unterschieden aufgrund der sozio-ökonomischen Herkunft: - Die Frühförderung von Kindern soll ausgebaut werden. Sprachförderung nimmt hierbei einen zentralen Stellenwert ein. Es soll Chancengleichheit bei Schulbeginn hergestellt sein – unabhängig von der sozio-ökonomischen Herkunft.

73 Diese sind – basierend auf einem KDZ-Vorschlag – Ergebnis der gemeinsamen Arbeitsgruppe mit dem Auftraggeber.

Gute Arbeitsbedingungen: - Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben Zugang zu einer qualitativen Ausbildung des Personals und einer verbesserten Entlohnung. Eine Ausbildung der Kindergartenpädagoginnen und -pädagogen auf Hochschulniveau ist anzustreben. Ergänzend zu den Wirkungszielen werden nachfolgend Ziele zur laufenden sowie programmatischen Finanzierung vorgeschlagen. Diese Zielsetzungen sind jeweils im Einklang mit den oben genannten Wirkungszielen auszuformulieren und gegebenenfalls weiter zu konkretisieren.

Ziele der laufenden Finanzierung

Hinsichtlich der laufenden Finanzierung sollen die folgenden Ziele verfolgt werden: Laufende Finanzierung sicher stellen: - Die Finanzierbarkeit des laufenden Betriebs der elementaren Bildung und Betreuung soll sichergestellt werden. Ausweitung des Betreuungsangebotes ist zu ermöglichen: - Die laufende Finanzierung soll so ausgestaltet sein, dass sich eine Ausweitung des Betreuungsangebotes lohnt. Insbesondere zu nennen ist das Betreuungsangebot für Unter-3-Jährige sowie die Ganztagsbetreuung. Leistungsstandards sind zu berücksichtigen: - Verschiedene Leistungsindikatoren sollen berücksichtigt werden, wie höhere Betreuungsquoten, längere Öffnungszeiten und weniger Schließtage. Ein verbessertes Leistungsangebot soll sich daher auch in der laufenden Finanzierung niederschlagen. Besondere Lasten sind zu berücksichtigen: - Zu nennen ist hier beispielsweise ein erhöhter Anteil an Kindern mit nicht-deutscher Erstsprache, welcher einen erhöhten Sprachförderbedarf erfordert. Betreuungspersonal: - Die Qualifizierung und Entlohnung des Betreuungsbereiches soll verbessert werden.

Ziele der programmatischen Finanzierung

Ergänzend zur laufenden Finanzierung können mit programmatischen Schwerpunkten kurz- bis mittelfristig Zielsetzungen verfolgt werden. Sie sind zeitlich befristet und enden, wenn das Ziel erreicht wurde. Zu nennen sind hier:

Nachholbedarf bei Kinderbetreuungseinrichtungen beheben: - Im Rahmen von Förderprogrammen soll gezielt das Beheben des Nachholbedarfs bei Kinderbetreuungseinrichtungen verfolgt werden (z.B. Barcelona-Ziel erreichen, Ausbau der Ganztagsbetreuung). - Der Nachholbedarf kann dabei weiter konkretisiert werden. So können beispielsweise für Städte andere Zielwerte gelten als für Kleinstgemeinden. - Dabei sollte nicht nur die Anzahl an betreuten Kindern relevant sein, sondern auch verschiedene Leistungsindikatoren berücksichtigt werden (z.B. Anschubfinanzierung bei einem Umstieg von halbtägigen zu ganztägigen Gruppen). - Auch eine ausreichende regionale Verfügbarkeit (z.B. Mindestbetreuungsquoten in Regionen als Zielvorgabe) kann integriert werden. Interkommunale/interregionale Kooperation fördern: - Förderungen für Gemeinden, welche interkommunal bzw. interregional kooperieren.

Zielsetzungen, die Fragen des Finanzausgleichs betreffen

Neben diesen fachspezifischen und wirkungsbezogenen Zielsetzungen, gilt es auch Zielsetzungen des Finanzausgleichs zu klären. Dies betrifft insbesondere das Verhältnis zwischen den Gebietskörperschaftsebenen hinsichtlich Trägerschaft und Finanzierung. Dabei können mehrere problematische Bereiche identifiziert werden: Verschränkungen bei Einnahmen-, Ausgaben- und Aufgabenverantwortung: Es bestehen zahlreiche Verflechtungen. Sowohl die Ausgaben- als auch die Aufgabenverantwortung ist auf alle drei Gebietskörperschaftsebenen verteilt. Keine transparente Weitergabe der 15a-Mittel: Auf Basis der Länderrechnungsabschlüsse kann nicht nachvollzogen werden, inwieweit die 15a-Mittel des Bundes zweckgemäß verwendet wurden. Fehlende Zielevaluierungen: Sowohl eine Evaluierung der 15a-Mittel als auch der Zuschüsse der Länder an die Gemeinden fehlt. Mangelnde Aufgabenorientierung: Die derzeitige Finanzierung des Kinderbetreuungsbereiches ist im Bereich der Ertragsanteile und eigenen Steuern als nicht aufgabenorientiert einzustufen. Die Zuschüsse der Länder an die Gemeinden orientieren sich in erster Linie an der Anzahl der Gruppen (unabhängig von der Gruppengröße). Andere Aspekte werden nicht oder nur in geringem Ausmaß berücksichtigt (z.B. Öffnungszeiten, Schließtage). Große Bundeslandunterschiede: Die Kinderbetreuungssituation in den Bundesländern unterscheidet sich aufgrund der verschiedenen rechtlichen Rahmen- und Förderbedingungen deutlich. Auch das Ausmaß der nicht-institutionellen Kinderbetreuung (v.a. Tageseltern) ist dadurch bestimmt.

Mit dem hier dargestellten Modell sollen daher auch folgende – den Finanzausgleich betreffende – Zielsetzungen verknüpft sein: Gemeinsames Vereinbaren von Wirkungszielen zwischen Bund, Ländern und Gemeinden: Bei der Erstellung einer ganzheitlichen Zielvereinbarung sollten Bund, Länder und Gemeinden eingebunden sein. Dabei sollte sich die Vereinbarung jedoch nicht nur auf die Betreuungsquote als Zielsetzung beschränken, sondern eine umfassende Strategie zum weiteren Ausbau des Kinderbetreuungsbereiches entstehen. Die einzelnen landesrechtlichen Regelungen müssten direkt auf die bundesweite Zielvereinbarung Bezug nehmen, sodass es zu einer Reduktion der Bundeslandunterschiede kommen müsste. Klare Entflechtung der Finanzierungsverantwortung: Durch einen Entfall der laufenden Zuschüsse der Länder an die Gemeinden soll die Finanzierungsverantwortung klar bei den Gemeinden verortet sein. Aufgabenorientierte horizontale Mittelverteilung: Die laufende Finanzierung soll in Abhängigkeit unterschiedlicher Lasten gesichert werden. Direkte Förderung der Gemeinden durch den Bund: Zur Umsetzung der Ziele laut 15a-Vereinbarungen könnten die Bundesmittel auch direkt an die Gemeinden weitergegeben werden. Dies würde eine bundesweit einheitliche Verwendung der Mittel sicherstellen.

This article is from: