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2.2 Analyserahmen und Indikatoren des Analyserasters

2.2 Analyserahmen und Indikatoren des Analyserasters

Im Analyseraster werden die genannten Dimensionen und Resilienz-Variablen zusammengeführt. Abbildung 11 gibt einen Überblick über die drei Dimensionen und Variablen zur Einschätzung der Resilienz von Gemeindefinanzen. Basierend auf der Fragestellung, wie die drei Dimensionen ausgestaltet sein müssen, um robust bzw. anpassungsfähig zu sein, findet sich im Analyseraster eine grundsätzliche Beschreibung der für die Gemeindefinanzen relevanten Strukturen und Prozesse anhand von Indikatoren.

Sowohl die Erstellung des Analyserahmens als auch der nachfolgend aufgelisteten Indikatoren erfolgte einerseits aufbauend auf dem zuvor ausgeführten Betrachtungsfokus, andererseits im Rahmen von Workshops durch die Autorinnen. Im Rahmen der folgenden Analyse können sicherlich nicht sämtliche Aspekte von resilienten Gemeindefinanzen berücksichtigt werden; insbesondere auch, da es einerseits eine Vielzahl an möglichen Schocks und chronischen Krisen gibt und andererseits die Komplexität sowohl im Finanzausgleich als auch im Rahmen der Aufgabenerbringung der Mehr-Ebenen-Steuerung sehr hoch ist. Mit der vorliegenden Analyse soll eine erste Einschätzung als Diskussionsgrundlage für weitere Schritte in Richtung stärker resiliente Gemeindefinanzen erfolgen.

Analyserahmen

Governancestrukturen und -prozesse sind dann ausreichend robust, wenn negative Auswirkungen von Krisen bestmöglich verhindert oder zumindest abgemildert werden können. Betrachtet werden hierbei etwa die Prozesse und Strukturen der Mehr-Ebenen-Steuerung oder das Vorhandensein von Instrumenten, um rechtzeitig Krisensituationen zu erkennen. Näher betrachtet wird auch die Frage, welches Ausmaß an Gemeindeautonomie für eine hohe Resilienz der Gemeindefinanzen zweckmäßig ist. Eine ausreichende Anpassungsfähigkeit ist gegeben, wenn eine Flexibilität der Strukturen besteht, um im Krisenfall adäquat reagieren zu können. Relevante Aspekte hierbei sind etwa, ob und in welcher Weise Gemeinden im Krisenfall in Entscheidungen eingebunden werden, wenn die Entscheidungen kommunale Aufgabenbereiche betreffen.

Die zweite hier beschriebene Dimension der Resilienz betrifft das grundsätzliche Vorhandensein von nachhaltigen und stabilen Gemeindefinanzen. Robust sind die Gemeindefinanzen dann, wenn die Finanzausgleichsinstrumente nachhaltig wirken und aufeinander abgestimmt sind. In die Analyse werden etwa Fiskalregeln, die Einnahmen- und Ausgabenstruktur der Gemeinden sowie die Abhängigkeiten von anderen Gebietskörperschaftsebenen miteinbezogen. Ausreichend anpassungsfähig sind Gemeindefinanzen dann, wenn mit den vorliegenden Instrumenten des Finanzausgleichs auf die Krise reagiert werden kann. Zu nennen sind weiters Fiskalregeln, welche in Krisenzeiten ausgesetzt werden können. Wesentliche Rolle spielt auch der Transferbereich, etwa im Rahmen von finanziellen Hilfen durch Bund oder Ländern. Dritte Analyse-Dimension ist der aufgabenbezogene Bereich der Daseinsvorsorge und der nachhaltigen Investitionen. Diese Dimension ist robust, wenn der Betrieb und die Errichtung von Daseinsvorsorge und Investitionen auch im Krisenfall gesichert ist. Besonderer Fokus liegt hier auf Regelungen im Zusammenhang mit nachhaltigen Investitionen (z.B. Investitionsprogramme mit Förderschwerpunkt auf klimafreundliche Projekte) oder Vorsorgeinstrumenten betreffend systemkritische Infrastruktur (z.B. regional abgestimmte Infrastrukturen und Angebote der Daseinsvorsorge). Eine hohe Anpassungsfähigkeit in dieser Dimension bedeutet, dass die

vorgegebenen Handlungsspielräume eine Reaktion im Krisenfall ermöglichen, gleichzeitig aber jedenfalls die systemkritische Infrastruktur abgesichert ist. Der hier vorgegebene Analyseraster kann dabei unterstützen, systematisch die verschiedenen Aspekte im Zusammenhang mit Gemeindefinanzen zu betrachten und jene Bereiche zu identifizieren, welche die Resilienz stärken oder schwächen.

Abbildung 11: Analyseraster zur Einschätzung der Resilienz von Gemeindefinanzen

Quelle: KDZ: eigene Darstellung 2021.

Indikatoren

Für die Analyse erfolgte eine Konkretisierung, indem pro Variable und Dimension drei bis vier Indikatoren formuliert wurden. Diese werden in den folgenden Tabellen dargestellt.

Abbildung 12: Indikatoren der Resilienz-Variable Robustheit

Resilienzvariable ROBUSTHEIT

Dimension A Governance

Definition

Die institutionellen und rechtlichen Strukturen im föderalen System verhindern oder mildern negative finanzielle Auswirkungen von Krisen (Schocks oder Stresse) auf die Gemeindeebene.

A1 Die finanzielle Handlungsfähigkeit der Gemeinden ist durch ein ausreichendes Ausmaß an Gemeindeautonomie gesichert.

A2 Es sind für den Krisenfall gesamtstaatliche Ausglei Gemeinden aufgebaut. chsinstrumente für

A3 Die Gemeindeebene wird bei ebenen-übergreifenden Aufgaben/Prozessen (außerhalb der Akutphase) gleichwertig in Entscheidungen eingebunden.

A4 Es existieren Instrumente zur Risikoabwägung (z.B. fachbereichs- und ebenenübergreifende Mittel-/Langfrist-Planung, Risikoanalyse, Monitoring)

Indikatoren

Dimension B Nachhaltige, stabile Gemeindefinanzen

Definition

Bestehende Finanzausgleichsinstrumente unterstützen langfristig nachhaltige und stabile Gemeindefinanzen.

Indikatoren

B1 Es bestehen Fiskalregeln zur nachhaltigen Stabilitä (z.B. Vermeiden von Überschuldung). t der Gemeindefinanzen

B2 Die Einnahmen der Gemeinden sind divers (z.B. kein Übermaß an Abhängigkeit der Gemeindeeinnahmen vom Konjunkturzyklus).

B3 Die Handlungsspielräume der Gemeinden sind vorhanden, um einen ausgeglichenen Haushalt selbstständig anzustreben.

B4 Die Planungssicherheit für Gemeinden ist durch abgesicherte, transparente und nachvollziehbare Finanzierungsprozesse gegeben.

Dimension C Daseinsvorsorge und nachhaltige Investitionen

Definition

Die Finanzierung des Betriebes, der Erhaltung und des Ausbaus der kommunalen Infrastruktur ist gesichert.

C1 Investitionen in die Infrastruktur werden nach nachhaltigen Aspekten (v.a. ökologisch, ökonomisch, sozial) getätigt und gefördert.

C2 Die Finanzierung kritischer Infrastrukturen ist gesichert (Erhaltung und Betrieb).

C3 Die Strukturen und Angebote der Daseinsvorsorge sind divers, redundant und regional abgestimmt. Es besteht kein Investitionsrückstau.

Indikatoren

Quelle: KDZ: eigene Darstellung 2021.

Abbildung 13: Indikatoren der Resilienz-Variable Anpassungsfähigkeit

Resilienzvariable ANPASSUNGSFÄHIGKEIT

Dimension X Governance

Definition

Flexibilität der rechtlichen und institutionellen Strukturen, sich an neue stressauslösende Rahmenbedingungen anzupassen, um die Gebietskörperschaften finanziell für die Aufgabenerbringung zu kompensieren.

X1 Politische EntscheidungsträgerInnen berücksichtigen bei kurzfristigen Hilfsinstrumenten und Reformen auch die Belange der Gemeinden.

X2 Resilienzstrategien sind mit bestehenden Steuerungsinstrumenten verknüpft und zwischen den Gebietskörperschaften abgestimmt.

X3 Die organisationelle Innovationsfähigkeit und Flexibilität wird gefördert und ist gewährleistet.

Indikatoren

Dimension Y Nachhaltige, stabile Gemeindefinanzen

Definition

Die Finanzausgleichsinstrumente können unterschiedliche Krisenfälle berücksichtigen.

Y1 Die bestehenden Fiskalregeln können kurzfristig an neue Rahmenbedingungen und unerwartete Ereignisse angepasst werden.

Y2 Die Instrumente zur Abwendung negativer finanzieller Effekte werden nach Bedarf und Betroffenheit der Gebietskörpeerschaftsebenen aktiviert.

Indikatoren

Y3

Y4

Horizontale Ausgleichsmechanismen sorgen für die Abgeltung/Ausgleich regionaler räumlicher und wirtschaftlicher Benachteiligungen und Betroffenheit.

Die Gemeinden sind fähig, im Krisenfall selbstständig zu agieren (z.B. neue Einnahmenquellen erschließen, Ausgaben einsparen, auf Rücklagen zurückgreifen).

Dimension Z Daseinsvorsorge und nachhaltige Investitionen

Definition

Haushaltsbudgets können schnell und flexibel auf den akuten Liquiditäts- und Investitionsbedarf reagieren

Z1 Es gibt diverse Finanzierungsmöglichkeiten im Krisenfall zur Absicherung systemkritischer Investitionen.

Indikatoren

Z2 Die Liquidität zur Sicherung der Daseinsvorsorge ist auch im Krisenfall gesichert.

Z3 Krisenpläne stellen sicher, dass Gemeinden nicht finanziell überlastet werden und die kommunale Basisinfrastrukturen im Notfall gesichert sind.

Quelle: KDZ: eigene Darstellung 2021.

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