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3 Erst-Einschätzung zur Resilienz der Gemeindefinanzen

gestaltet sind, dass die Gemeinden und deren handelnde Personen auf die Krise reagieren können. Zu nennen sind z.B. Fiskalregeln, die in Krisenzeiten ausgesetzt werden können. Eine wesentliche Rolle spielt hier auch der Transferbereich, etwa im Rahmen von finanziellen Hilfen durch Bund oder Länder.

Die dritte Analyse-Dimension bildet der aufgabenbezogene Bereich der Daseinsvorsorge und der nachhaltigen Investitionen. Diese Dimension ist robust, wenn der Betrieb, die Instandhaltung und die Errichtung von Daseinsvorsorge und Investitionen auch im Krisenfall gesichert ist und insbesondere Investitionen generationengerecht erfolgen. Ein besonderer Fokus liegt hier auf Regelungen im Zusammenhang mit ökologisch nachhaltigen Investitionen (z.B. Investitionsprogramme mit Förderschwerpunkt auf klimafreundliche Projekte) und Vorsorgeinstrumenten betreffend systemkritische Infrastruktur (z.B. regional abgestimmte Infrastrukturen und Angebote der Daseinsvorsorge). Eine hohe Anpassungsfähigkeit in dieser Dimension bedeutet, dass die vorgegebenen Handlungsspielräume auch eine Reaktion ermöglichen, gleichzeitig aber jedenfalls die systemkritische Infrastruktur abgesichert ist.

3 Erst-Einschätzung zur Resilienz der Gemeindefinanzen

Basierend auf dem entwickelten Analyseraster erfolgte eine erste Einschätzung zur Resilienz der Gemeindefinanzen am Beispiel von ausgewählten Krisenarten: die Wirtschaftskrise 2009/2010, die Corona-Pandemie 2020 und deren Folgejahre sowie der Klimawandel (mit den beiden Aspekten Klimawandelanpassung und Klimaschutz). Grundsätzlich ist hinsichtlich der Analyse darauf zu verweisen, dass es sich um eine Erstbewertung handelt und ein breiter Diskussionsprozess in Fachkreisen, aber auch mit der Praxis, noch erfolgen sollte.

Nachholbedarf betreffend Governance

Grundsätzlich ist festzuhalten, dass das Thema der Resilienz der Gemeinden sowohl in der Politik als auch in der Wissenschaft noch zu wenig Beachtung findet und dementsprechend Strategien zur Steigerung der Resilienz der Gemeindefinanzen in ihrer Gesamtheit fehlen. Damit verbunden bedarf es eines ganzheitlichen Monitorings, um auf langfristige Krisen (wie Demografie, Klimawandel) reagieren zu können sowie auch der Definition und Implementierung weiterer Kriseninstrumente. Betrachtet man den Bereich der Klimakrise zeigt sich, dass Strategien der Resilienz und Instrumente zur Risikoabwägung zumindest in einzelnen Aufgabenbereichen (wie z.B. Hochwasserschutz) vorhanden sind. Zur Stärkung der Robustheit und Anpassungsfähigkeit der kommunalen Systeme ist zu diskutieren, welches Ausmaß an Gemeindeautonomie im Sinne einer bestmöglichen Resilienz – sowohl in Bezug auf chronische Krisen als auch kurzfristige Schocks betreffend – zweckmäßig ist. Ein hohes Maß an Gemeindeautonomie bedeutet geringere Abhängigkeiten von anderen Gebietskörperschaftsebenen und damit verbunden größere Handlungsspielräume zur Bewältigung einer Krise. Gleichzeitig erfordert eine hohe Gemeindeautonomie aber auch ein hohes Maß an Eigenverantwortung, sodass der Bund bzw. die Länder weniger stark in die Ausfallshaftung treten müssen. Betrachtet man die finanzielle Autonomie der österreichischen Gemeinden, zeigt sich eine seit vielen Jahrzehnten voranschreitende Beschränkung, verursacht etwa durch steigende Transferabhängigkeiten und zunehmende Aufgaben- und Finanzierungsverflechtungen in verschiedenen Aufgabenbereichen (wie etwa Kinderbetreuung, Pflichtschulen, ÖPNV).

In Bezug auf Klimaschutz und Klimawandelanpassung sind kurz- und mittelfristig die Handlungsspielräume der Gemeinden durchaus gegeben. Allerdings zeigt sich hier eine starke Abhängigkeit von Förderprogrammen. In ebenen-übergreifende Steuerungsprozesse sind die Gemeinden aktuell nicht durchgehend, sondern teilweise nur punktuell eingebunden. Im Rahmen der Finanzausgleichsverhandlungen nehmen die Gemeinden eine gleichberechtigte Rolle ein; bei darüber hinausgehenden Entscheidungen trifft dies jedoch nur bedingt zu. Zu nennen sind beispielsweise Art. 15aVereinbarungen zwischen Bund und Ländern (etwa zu Kinderbetreuung, Pflichtschulen, Gesundheit) oder die mangelhafte Einbindung der Gemeindeebene bei nationalen Strategien und Maßnahmen im Klimaschutzbereich (z.B. Klima- und Energiestrategie 2030, nationaler Energie- und Klimaplan, Klimaticket).

Zahlreiche positive Aspekte betreffend Nachhaltigkeit und Stabilität der Gemeindefinanzen

Betrachtet man die Gemeindefinanzen in ihrer Summe, zeigt sich eine hohe Einnahmendiversität, wodurch einseitige Abhängigkeiten vermieden und damit die Vulnerabilität gesenkt wird. Der Österreichische Stabilitätspakt trägt primär zur Vermeidung einer Überschuldung der Gemeindeebene bei. Während die Fiskalregeln für den Gemeindehaushalt gesamthaft positiv wirken, schränken diese finanzielle Ressourcen für klimafreundliche Investitionen ein. In diesem Zusammenhang ist auch auf die Diskussionen auf europäischer Ebene zu einer „grün-goldenen“1 Regel zu verweisen. Es zeigt sich eine hohe Aufgaben- und Finanzierungsverflechtung mit Ländern und Bund, zahlreiche rechtliche Vorgaben die Aufgabenerbringung betreffend sowie strenge haushaltsrechtliche Vorgaben durch die Länder, welche die Handlungsspielräume der Gemeinden einschränken.

Positiv hervorzustreichen sind die beiden im Zuge der Pandemie kurzfristig bereitgestellten Gemeindepakete im Rahmen eines vertikalen Ausgleichs oder auch der Katastrophenfonds zur Bewältigung von und die Vorsorge für Naturkatastrophen. Kritisch ist jedoch zu sehen, dass entsprechende Instrumente des Finanzausgleichs häufig erst im Krisenfall entwickelt werden und damit aufgrund des erforderlichen Entwicklungs- und Abstimmungsprozesses nur zeitverzögert greifen können. Beim Klimaschutz bestehen Instrumente für den horizontalen Ausgleich, wobei hier insbesondere die Rolle von Gemeindeverbänden und -kooperationen herausgestrichen werden kann.

Noch wenig im Blickfeld: Daseinsvorsorge und nachhaltige Investitionen

Grundsätzlich ist bezüglich der Einschätzung im Bereich der Daseinsvorsorge und der kritischen Infrastruktur darauf hinzuweisen, dass klare Abgrenzungen und Definitionen großteils fehlen. Gleichzeitig zeigen sich teilweise gravierende Datenlücken, welche ein rasches und adäquates Reagieren erschweren; etwa bezogen auf die Versorgungssicherheit in Krisenphasen (z.B. Intensivbetten) oder die Finanzierbarkeit des laufenden Bereichs oder von Investitionen (z.B. Erhebungen zu Investitionsrückstau) betreffend. Die Finanzierung des laufenden Betriebes von systemkritischer Infrastruktur war während der Wirtschaftskrise sowie der Pandemie grundsätzlich gesichert. So konnten kurzfristig Maßnahmen zur Sicherung der Finanzierung der systemkritischen Infrastruktur gesetzt werden (z.B. Rücklagenauflösung, Transfers von Bund und/oder Ländern). Die Finanzierung der

1 Dies bedeutet, dass Investitionen in klimafreundliche Investitionen bei den Fiskalregeln ausgenommen werden, um mehr finanzielle Spielräume für klimafreundliche Investitionen zu schaffen.

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