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2.2 Instrumente, welche die Resilienz der Gemeindefinanzen bestimmen

2.2 Instrumente, welche die Resilienz der Gemeindefinanzen bestimmen

Tabelle 2 gibt ein Überblick über relevante Regelungsbereiche zum Finanzausgleich im weiteren Sinn. Zentral für die Ausgestaltung des Finanzausgleichs ist die Finanzverfassung. Hervorzuheben ist § 4 F-VG 1948, wonach die Regelungen des Finanzausgleichs in Übereinstimmung mit der Verteilung der Lasten der öffentlichen Verwaltung zu erfolgen hat. Weiters ist darauf zu achten, dass die Grenzen der Leistungsfähigkeit der beteiligten Gebietskörperschaften nicht überschritten werden. In der Bundesverfassung ist der strategische Grundsatz zur ausgeglichenen und nachhaltigen Haushaltsführung festgeschrieben. Basierend auf diesen Grundsätzen sind alle weiteren Regelungen auszugestalten. Hierzu zählen insbesondere bundes- und landesgesetzliche Regelungen sowie die Art. 15a-Vereinbarungen zwischen Bund und Ländern. Besondere Bedeutung haben das Finanzausgleichsgesetz sowie der Österreichische Stabilitätspakt (Bauer & Thöni, 2017).

Tabelle 2: Die Resilienz bestimmende Grundsätze und Instrumente

Regelungsbereiche Beschreibung

Verfassungsrechtliche Grundsätze

Konnexitätsgrundsatz (§ 2 F-VG) Tragung der Ausgaben zur Erfüllung der eigenen Aufgaben, sofern die zuständige Gesetzgebung nichts anderes bestimmt

Sachlichkeitsgebot (§ 4 F-VG) Die Regelung des Finanzausgleichs hat in Übereinstimmung mit der Verteilung der Lasten der öffentlichen Verwaltung zu erfolgen und darauf Bedacht zu nehmen, dass die Grenzen der Leistungsfähigkeit der beteiligten Gebietskörperschaften nicht überschritten werden.

Strategischer Grundsatz zur Haushaltsführung (Art. 13 B-VG) Bund, Länder und Gemeinden haben bei ihrer Haushaltsführung das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht sicherzustellen, nachhaltig geordnete Haushalte sowie bei der Haushaltsführung die tatsächliche Gleichstellung von Frauen und Männern anzustreben.

Regelungen und Instrumente im Finanzausgleich im weiteren Sinn

Bundes- und landesgesetzliche Regelungen Ergänzende Regelungen sind etwa die Steuergesetze des Bundes oder der Länder, weiters verschiedene Regelungen zur (Ko-)Finanzierung einzelner Aufgaben (z.B. Pflegefonds, Umlagenzahlungen der Gemeinden, Musikschulfinanzierung).

Art. 15a-Vereinbarungen zwischen Bund und Ländern Ergänzende Regelungen etwa in den Bereichen Ausbau des institutionellen Kinderbetreuungsangebotes oder die Zielsteuerung im Gesundheitsbereich

Finanzausgleichsgesetz Zentrales Steuerungsinstrument zur Verteilung der Abgabenerträge auf die Gebietskörperschaften Österreichischer Stabilitätspakt Zentrales Steuerungsinstrument zur Koordination der Nachhaltigkeit der Haushaltsführung Dauerhafte Kriseninstrumente Dauerhaft eingerichtete Instrumente zur Krisenbewältigung (wie z.B. der Katastrophenfonds) oder zum Risikoausgleich (z.B. Gemeindeverbände im Hochwasserschutzbereich)

Kurzfristig krisenbezogene Maßnahmen Instrumente, welche während Krisen herangezogen werden können, wie intragovernmentale Transfers (z.B. kommunales Investitionsprogramm 2020 betreffend Pandemie 2020/2021; pauschaler Kostenersatz für Migration und Integration betreffend Migrationskrise 2015)

Quelle: KDZ: eigene Darstellung 2021.

Im Folgenden werden die genannten Regelungen und Instrumente zum Finanzausgleich im weiteren Sinn näher ausgeführt.

Finanzausgleichsgesetz

Das Finanzausgleichsgesetz 20177 stellt die Grundlage der finanziellen Ausstattung und Transferbeziehungen der Gebietskörperschaftsebenen dar. Es handelt sich hierbei um eine zeitlich befristete Regelung, welche im Abstand von rund 4 bis 6 Jahren zwischen den Vertragspartnern (Bund, Länder, Städtebund, Gemeindebund) neu ausverhandelt wird. Durch den wiederkehrenden Charakter der Verhandlungen ergibt sich regelmäßig die Gelegenheit, das Finanzausgleichsgesetz an sich verändernde Rahmenbedingungen anzupassen oder Kriseninstrumente zu installieren (wie dies beim pauschalen Kostenersatz für Migration und Integration betreffend Migrationskrise 2015 der Fall war). Innerhalb des Finanzausgleichsgesetzes ergeben sich drei zentrale Regelungsbereiche, welche die finanzielle Ausstattung der Gemeinden beeinflussen.

Tabelle 3: Regelungsbereiche des Finanzausgleichsgesetzes 2017

Regelungsbereiche Beschreibung

Abgabenhoheit Zuweisung der eigenen Abgaben (mit unterschiedlichen Graden der subnationalen Autonomie betreffend Steuer- und Ertragshoheit), Festlegen gemeinschaftlicher Bundesabgaben

7 BGBl. I Nr. 116/2016 idF BGBl. I Nr. 29/2021.

Verteilung der Abgabenerträge auf Bund, Länder und Gemeinden

Festlegung der vertikalen und horizontalen Aufteilung der Abgabenerträge aus gemeinschaftlichen Bundesabgaben Transfers und Kostentragung Finanzzuweisungen des Bundes (z.B. Finanzkraftstärkung für Gemeinden), gesonderte Kostentragungsregelungen (z.B. Kostenersatz Migration, Besoldung Landeslehrerinnen und -lehrer), Vorgaben für Länder-Gemeinde-Transfers (Landesumlage und GemeindeBedarfszuweisungen)

Quelle: KDZ: eigene Darstellung 2021; auf Basis: Finanzausgleichsgesetz 2017.

Österreichischer Stabilitätspakt

Ziel des österreichischen Stabilitätspaktes 20128 ist die Koordination zur Nachhaltigkeit der Haushaltsführung. Hierfür besteht ein System mehrfacher Fiskalregeln zur Verfügung, welches das Ziel verfolgt, die Schulden möglichst auf ein vertretbares Niveau zurückzuführen. Für die Gemeinden bestehen betreffend Haushaltssaldo besonders strenge Vorschriften; so gilt für diese ein Nulldefizit. Bis 2019 erreichten die Gemeinden inkl. Wien immer ein weitgehend ausgeglichenes Ergebnis, für das Krisenjahr 2020 ergibt sich ein Defizit von -0,5 Prozent des BIP.9

Ergänzend zu den Fiskalregeln steht die Koordination der Haushaltsführung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden im Mittelpunkt. Besondere Bedeutung hat dabei das Österreichische Koordinationskomitee mit Vertreterinnen und Vertretern von Bund, Ländern und Gemeinden. Bei den regelmäßigen Abstimmungstreffen werden neben der Einhaltung der Fiskalregeln auch aktuelle Themen (z.B. Konsequenzen der Coronakrise) oder Auswirkungen von bundes- und landesgesetzlicher Regelungen (z.B. Entfall des Pflegeregresses) auf die Haushalte besprochen.

Tabelle 4: Regelungsbereiche des Österreichischen Stabilitätspaktes 2012

Regelungsbereiche Beschreibung

System mehrfacher Fiskalregeln

Koordination der Haushaltsführung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden Regelungen betreffend Haushaltssaldo (Maastricht-Saldo), strukturelles Saldo (Schuldenbremse), Ausgabenwachstum (Ausgabenbremse), Rückführung des öffentlichen Schuldenstandes (Schuldenquotenanpassung), Haftungsobergrenzen Österreichisches Koordinationskomitee sowie innerhalb der Länder Länder-

8 BGBl. I Nr. 30/2013 idF BGBl. I Nr. 45/2013. 9 Statistik Austria: Öffentliches Defizit nach Teilsektoren des Staates. http://www.statistik.at/web_de/statistiken/wirtschaft/oeffentliche_finanzen_und_steuern/maastricht-indikatoren/oeffentliches_defizit/index.html [download 16.09.2021].

Koordinationskomitees, Instrumente zur gegenseitigen Information, Transparenzvorgaben

Mittelfristige Ausrichtung der Haushaltsführung

Verpflichtende Erstellung von Mittelfristplanungen Sanktionsmechanismen Zur Absicherung der Stabilitätsverpflichtungen

Quelle: KDZ: eigene Darstellung 2021; auf Basis: Österreichischer Stabilitätspakt 2012.

Weitere bundes- und landesgesetzliche Regelungen sowie 15a-Vereinbarungen

Neben den beiden genannten zentralen Steuerungsinstrumenten (Finanzausgleich und Österreichischer Stabilitätspakt) bestehen zahlreiche bundes- und landesgesetzliche Regelungen, welche ebenfalls direkten oder indirekten Bezug auf die Gemeindefinanzen nehmen.

Tabelle 5: Regelungsbereiche weiterer bundes- und landesgesetzlicher Regelungen sowie 15a-Vereinbarungen

Regelungsbereiche Beschreibung

Landesgesetzliche Vorgaben betreffend nachhaltige Haushaltsführung

Vertiefende Bestimmungen innerhalb der Länder, etwa betreffend Verschuldung Laufende Finanzierung über Transfers Festlegung von Transfers, welche das Finanzausgleichsgesetz ergänzen (z.B. Verteilung der GemeindeBedarfszuweisungen, Regelungen zu Sozialhilfe- und Krankenanstaltenumlage, Weitergabe von Mitteln für den Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen)

Koordination im Rahmen der Mehr-EbenenSteuerung (etwa über Art. 15a-Vereinbarungen)

Aufgaben- und Finanzierungssteuerung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden (z.B. Zielsteuerung Gesundheit, Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen) Instrumente zur Krisenbewältigung Permanente Installierung von Instrumenten (z.B. Katastrophenfonds im Falle von Naturkatastrophen) oder kurzfristige Maßnahmen im Krisenfall (z.B. kommunales Investitionspaket 2020)

Quelle: KDZ: eigene Darstellung 2021.

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