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Finanzausgleich 2017: Die Neuerungen

Finanzausgleich 2017

Eine Sammlung der wichtigsten Neuerungen für Gemeinden.

von Dr in Karoline Mitterer

Das neue Finanzausgleichsgesetz 2017 bringt zwar eine Vielzahl an Änderungen, an der grundsätzlichen Ausrichtung wird aber nichts umgestellt. Für die Gemeinden ergibt sich vor allem eine einfachere Ertragsanteilsberechnung, eine stärkere Stellung der Länderin Bezug aufGemeindefinanzen und zusätzliche Mittel für strukturschwache Gemeinden und den Integrationsbereich.

Nach neun Jahren gibt es nun endlich ein neues Finanzausgleichsgesetz. In die Verhandlungen wurden hohe Erwartungen gesetzt. Vom „Großen Wurf“ wurde gesprochen, von einer gänzlichen Neuausrichtung des Finanzausgleichs (FAG). Nach fast zweijährigen Verhandlungen ist von diesem Enthusiasmus nicht viel übrig geblieben. Die neuen Regelungen bringen viele kleine Änderungen, in Summe wurde die Fahrtrichtung jedoch beibehalten. Nachfolgend werden die wichtigsten Neuerungen für Gemeinden dargestellt. Einen Überblick finden Sie in der Tabelle auf Seite 5.

Technische Vereinfachung

Deutliche Veränderungen wird es bei der gemeindeweisen Verteilung der Ertragsanteile geben. So entfallen in Zukunft mehrere Regelungen wie der Getränkesteuerausgleich, die Werbeabgabe oder der Finanzkraft-Finanzbedarf-Ausgleich. In Zukunft gelten nur mehr drei Verteilungsschlüssel (Vgl. Abb. 1/S. 6). Die neuen Vorausanteile der Gemeinden über 10.000 EW wurden je nach Bundesland und Einwohnerklasse so gestaltet, dass die Verluste gegenüber den bisherigen Regelungen möglichst gering sind. Für die Gemeinden unter 10.000 EW gelten neben dem abgestuften Bevölkerungsschlüssel nur mehr die Nächtigungszahlen. In den ersten Jahren bestehen Übergangsregelungen. Der Finanzbedarf-Finanzkraft-Ausgleich bei den Ertragsanteilen sowie die bundeseinheitliche Verteilung im Rahmen des Gemeindekopfquotenausgleichs (§ 21 FAG 2008) auf die einzelnen Gemeinden entfällt. Der landesinterne Finanzkraftausgleich zwischen den Gemeinden wird damit in Zukunft ausschließlich nach landesrechtlichen Regeln erfolgen.

Aufgabenorientierung im Miniformat

Ein Teil der Mittel soll in Zukunft lastenabhängig verteilt werden. Wer also mehr Aufgaben hat, der soll auch mehr Mittel bekommen. Dazu wurden die Bereiche Kinderbetreuung (ab 2018) und Pflichtschule (ab 2019) als Pilotprojekte festgelegt. Nach erfolgreicher Umsetzung sollen weitere Bereiche folgen. Die Verteilung der Mittel auf die einzelnen Gemeinden ist dabei jedoch noch weitgehend offen. Es wird nur von quantitativen und qualitativen Parametern gesprochen. Ebenfalls ungeklärt ist die zu verteilende Summe.

„Etwas mehr“ für Gemeinden

Die Bedarfszuweisungsmittel (um die bisherigen § 21-Mittel) werden aufgestockt und um einige Verwendungszwecke erweitert: Interkommunale Zusammenarbeit, Gemeinde - zusammenlegungen, strukturschwache Gebiete, landesinterner Finanzkraftausgleich. Neu eingerichtet– und ebenfalls nach landeseigenen Regeln verteilt – wurden länderweise Fonds für Eisenbahnkreuzungen in den Jahren 2017 bis 2029 (9,62 Mio. Euro pro Jahr).

Neugestaltung der Finanzzuweisungen für ÖPNV

Ein Teil der bisherigen Finanzzuweisung an Gemeinden für den Öffentlichen

Personennahverkehr (ÖPNV) 1 läuft in Zukunft ebenfalls über die Länder. So werden Ländertöpfe gebildet und die Mittel anhand der finanziellen Belastung der Gemeinden verteilt. Die Städte Graz, Linz, Salzburg und Innsbruck erhalten einen fixen Anteil am Landestopf.

Migration & Integration

Den Gemeinden werden vom Bund einmalig 37,5 Mio. Euro in Zusammenhang mit Migration und Integration zur Verfügung gestellt. Die Verteilung auf die einzelnen Gemeinden ist noch offen, sollte aber bis Jahresende geklärt sein.

Strukturfonds

Der Gemeinde-Strukturfonds (60 Mio. Euro) soll vor allem jenen Städten/Gemeinden zugutekommen, die finanzschwach und von Bevölkerungsabwanderung betroffen sind. Die Verteilung auf die einzelnen Gemeinden ist noch offen, sollte aber demnächst geklärt sein.

Grundsteuerreform konkreter

Es wurde eine Arbeitsgruppe „Grundsteuer“ festgelegt, welche bis Mitte 2017 eine Reform der Grundsteuer vorbereiten soll.

Einschätzung zum FAG 2017

Die angeführten Neuerungen zeigen, dass nur an kleinen Rädchen des Finanzausgleichssystems gedreht wurde. Es ist nicht abzuschätzen, welche realen Auswirkungen dies auf die Gemeindefinanzen haben wird, da noch sehr Punkte offen sind.

1 § 20 Abs. 1 FAG 2008

WAS IST NEU IM FINANZAUSGLEICH? DIE WICHTIGSTEN PUNKTE IM ÜBERBLICK

Aufgabenorientierung im Miniformat

Abgabenautonomie der Länder vertagt

Reform Gemeindeabgaben in kleinen Schritten Technische Vereinfachung der Verteilung der Ertragsanteile Ressourcenausgleich wird Ländern überlassen Zusätzliche Verwendungszwecke bei Gemeinde Bedarfszuweisungsmitteln

Erhöhen der Transparenz

Einigung auf Haftungsobergrenzen Kostendämpfung für Gesundheit & Pflege

Weitere Reformen Zusatzmittel für Länder und Gemeinden

Zusätzliche aufgabenorientierte Indikatoren bei der Mittelverteilung, Kinderbetreuung (ab 2018) und Pflichtschulen (ab 2019) wird nach erbrachter Leistung abgegolten. Konkrete Ausgestaltung ist noch offen. Als erster Schritt wird der Wohnbauförderungsbeitrag mit 1.1.2018 zu einer ausschließlichen Landesabgabe. Einberufen einer Arbeitsgruppe „Abgabenautonomie“ für eine grundsätzliche Debatte. Anstoß für die Grundsteuerreform fix: Arbeitsgruppe „Grundsteuer“ soll bis Mitte 2017 eine Reform vorbereiten. Vor allem technische Details sind noch zu klären. Streichen zahlreicher bisheriger Vorwegabzüge, stark vereinfachte Verteilung der Gemeinde-Ertragsanteile, Festschreiben bisheriger Verteilungen in Fixschlüsseln.

Auflassen der bundesweiten Regelungen zum Finanzkraftausgleich. Ressourcenausgleich wird damit Landessache (Ausgleich zw. finanzschwachen u. finanzkräftigen Gemeinden). Bedarfszuweisungs-Mittel (Förderungen von Ländern an Gemeinden) werden aufgestockt und können verwendet werden für Interkommunale Zusammenarbeit, Gemeindezusammenlegungen, strukturschwache Gebiete, landesinterner Finanzkraftausgleich und so wie bisher Haushaltsausgleich und Investitionszuschüsse. Einführung von Spending Reviews (Wer hat welche Finanzmittel, was wird damit geleistet?) Benchmarking von Bund, Ländern und SV ab 1.1.2019 Städte und Gemeinden bis max. 75% der öffentlichen Abgaben, Bund und Länder bis max. 175% Einigung auf Kostendämpfungspfade. Die Gesundheitsausgaben sollen künftig um jährlich max. 3,6% absteigend bis 3,2% (2017–2020) steigen; der Pflegefonds wird ab 2018 um jährlich 4,5% valorisiert. Bundesstaatsreform bis Ende 2018 Für die Länder und Gemeinden gibt es zusätzlich 300 Mio. Euro, wovon den Kommunen 105 Mio. zustehen (davon 53 Mio. Euro Fonds für strukturschwache Städte u. Gemeinden). Einmalig zusätzlich 125 Mio. Euro für Mehrbelastungen im Integrationsbereich (davon 70% Länder, 30% Gemeinden).

Komplexität verringert

Positiv zu werten ist, dass technische Vereinfachungen bei den Gemeinde-Ertragsanteilen realisiert wurden 2 . Das war auch dringend notwendig.

Ressourcenausgleich

Kritisch anzumerken ist, dass der Ressourcenausgleich auf Gemeindeebene 3 ausschließlich den Ländern überlassen wird. Für die Gemeinden als Betroffene sind keine Mitgestaltungsrechte vorgesehen. Es ist zu befürchten, dass die bereits jetzt stark differierenden länderinternen Finanzausgleiche noch weiter an Bedeutung gewinnen und es dadurch zu einem zunehmenden Ungleichgewicht der Gemeinden je nach Bundesland kommt. Auch sind weitere Verschiebungen von Finanzmitteln von den Städten auf Kleinst- und Kleingemeinden nicht ausgeschlossen. Eine gesamtheitliche Reform des Finanzausgleichs, welche Bundesund Landesregeln verschränkt, rückt damit noch weiter in die Ferne.

Stärkung der Länder

Zusätzlich wurden den Ländern auch mehr Entscheidungsbefugnisse bei Förderungen eingeräumt als bisher. So wurden die Bedarfszuweisungsmittel aufgestockt, welche

Entfall Vorwegabzüge und historische Verteilungsschlüssel. Ausgleich zwischen finanzkräftigen und finanzschwachen Gemeinden.

von den Ländern nach eigenen Regeln verteilt werden können, ebenso wie der Fonds für Eisenbahnkreuzungen. Dies führt dazu, dass die Gemeinden noch stärker von Förderungen der Länder abhängig sein werden, wodurch die Gemeindeautonomie geschwächt wird.

Schlagwort Aufgabenorientierung

Das aktuelle FAG beinhaltet nur ein Bekenntnis zur Aufgabenorientierung. Zu hoffen ist, dass die Gemeindemittel dafür nach bundesweit einheitlichen Schlüsseln vergeben werden, und es nicht zu eigenen Vergaberegelungen je Bundesland kommt. Das würde die bereits jetzt bestehenden Unterschiede im Versorgungsniveau bei der Kinderbetreuung in den einzelnen Bundesländern weiter verschärfen.

Auch führt die Reduzierung der Ertragsanteilsverteilung auf nur mehr drei Regeln zu einer verringerten Diversität. Unterschiede aufgrund andersgearteter Bedarfe werden noch weniger berücksichtigt als vorher.

In Summe wurden wichtige Themen, wie die regionale Versorgungsfunktion und die Problematik der Transferverflechtungen, wieder ausgeblendet.

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Abb. 1: Neuerungen im FAG 2017 gegenüber FAG 2008

Quelle: KDZ: eigene Darstellung 2016

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