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KLIPP COVERSTORY
Titelstory
Weil es am 2. Oktober Landtagswahlen gibt: Eine sehr nachdenkliche, fast traurig wirkende Waltraud Klasnic in am 7. Juli 2005 im Landtag, als sich dieser auflöste.
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Er war zehn Jahre ihr Platz im Landtag. Der Stuhl mit den hochgezogenen Rückenlehnen für den Landeshauptmann. Am 26.01.1996 nahm Waltraud Klasnic zum ersten Mal dort Platz. Am 7. Juli dieses Jahres, bei der Sitzung zur Auflösung des Landtages, war es – vorläufig – das letzte Mal.
Oder war es überhaupt der Abschied aus diesem Haus, dem sie fast 25 Jahre angehört? Waltraud Klasnic wirkte an diesem Tag für Beobachter äußerst nachdenklich, in sich zurückgezogen. Die Chancen für eine Wiederwahl am 2. Oktober stehen weit schlechter als im Oktober des Jahres 2000. Ein KLIPP-Rückblick.
Eine unglaubliche Karriere – 10 Jahre Waltraud Klasnic Wars das?
Gewaltiger Erfolg im Jahr 2000
Seit dem Oktober 2000 liegt die ÖVP immerhin 15 Prozentpunkte vor der SPÖ. Nun sprechen die Demoskopen von einem Kopfan-Kopf-Rennen. Waltraud Klasnic hätte demnach ihren komfortablen 100.000-Stimmen-Vorsprung verspielt. Damit ist die Realität für die steirische Volkspartei heute ähnlich düster wie zu Zeiten von Josef Krainer II. im Jahr 1995. Als der unumstrittene Landesfürst bei der Advent-Wahl am 17. Dezember gerade noch einen Vorsprung von 2.414 Stimmen gegenüber seinem sozialdemokratischen Gegner Peter Schachner retten konnte. Er trat daraufhin zurück und machte den Weg für Waltraud Klasnic frei.
Reicht politischer Instinkt?
Seit mehr als eineinhalb Jahren verblasst zusehend das StrahleImage der steirischen ÖVP. Gründe dafür sind der personelle Aderlass, der ESTAG-Skandal, das Scheitern des ursprünglichen Mateschitz-Projektes am A1-Ring, die Vorfälle bei der Förderung des Tierparks Herberstein, die Kandidatur des einstigen ÖVP-Obmannes Gerhard Hirschmann mit einer eigenen Liste und der jüngste Skandal mit den manipulierten Leserbriefen und dem Workshop für die Vernaderung und das Schlechtmachen des politischen Gegners. Noch immer hofft man aber in der ÖVP, dass Waltraud Klasnic noch einmal die Mehrheit im Lande schafft. Ihr politischer Sympathiewert ist noch immer hoch und mit ihrem politischen Instinkt weiß sie, wo sie punkten kann.
1985 – zu dieser Zeit war Klasnic bereits Landtagsabgeordnete. Unten: Aus der Zeit (1988), als sie als Landesrat in die Regierung kam.
Umfragen sind wenig berauschend
Zwar heißt es immer, Umfragen sind Umfragen, am Wahltag kann das ganz anders sein. Doch ein Trend ist ganz deutlich und den leugnet niemand mehr: Waltraud Klasnic hat ihren Riesenvorsprung schon längst verspielt. Der ÖVP nahe stehende Meinungsumfrage-Institute reden von einem Kopf-an-KopfRennen mit SPÖ-Spitzenkandidat Franz Voves. Die Sozialdemokraten verfügen offensichtlich über äußerst stimulierende Umfrageergebnisse, weil sie erstmals davon sprechen, dass die Chance, stimmenstärkste Partei in der Steiermark zu werden, noch nie so groß war. Niemand, selbst Franz Voves nicht, hat noch vor zwei Jahren daran gedacht, dass man Waltraud Klasnic überhaupt vom LHThron wegbringen werde können. Doch wie gesagt, eine Reihe von gravierenden Fehlern hat die Volkspartei in diese fatale Lage manövriert.
Unglaublicher Aufstieg
Am 27. Oktober 2005, einen Tag nach dem Nationalfeiertag, feiert Klasnic ihren 60. Geburtstag. Die Landtagswahl selbst ist bekanntlich bereits für den 2. Oktober angesetzt. Schon knapp nach dem Wahltag werden die Gratulations-Touren für ihren runden Geburtstag beginnen. Ob sie die Glückwünsche allerdings als aktive Politikerin oder bereits als Fast-Polit-Pensionär entgegennehmen wird, darüber werden in privaten Kreisen schon jetzt Wetten abgeschlossen. Ganz egal, wie die Wahl ausgehen wird: Waltraud Klasnic hat bis jetzt eine unglaubliche Karriere durchlebt – mit dem absoluten Highlight am 15. Oktober 2000. Damals schaffte sie ein Plus von 11 Prozent an Stimmen und damit den höchsten Zuwachs, der je bei einer Landtagswahl seit 1945 erreicht wurde. Erstmals für die Politik interessiert hat sie sich, so Klasnic über Klasnic, bei einem Lager der katholischen Jungschar in Unzmarkt. In einem Ferienquiz beantwortete sie von 30 Fragen 29. Gescheitert ist sie an der Sportfrage, wer die Frankreich-Rundfahrt damals gewonnen hat. „Ich werde mein ganzes Leben das nicht vergessen“, es war übrigens der Spanier Bahamontes. Der damalige Kaplan Hütter, heute Dechant in St. Leonhard, sagte scherzhaft: „Du solltest in die Politik gehen, denn vom Sport verstehst du nichts.“ Was sie dann auch getan hat, wobei sie als Gemeinderätin in ihrer Wohngemeinde Weinitzen
Sie bewundert Arnies Traumkarriere. Aber auch Arnie zeigt sich beeindruckt von Powerfrau Waltraud Klasnic.
Häufigstes Fotomotiv für die erste weibliche steirische Landeschefin: Gruppenbild mit Männern.
G r o ß e r A n d r a n g u m M a n d a t e
Bislang haben neben den fünf Landtagsparteien noch vier weitere Gruppierungen ihr Interesse an einer Kandidatur bekundet oder diese schon fixiert. Und zumindest sechs Gruppen haben echte Chancen, dem nächsten steirischen Landtag anzugehören:
Liste Wahlergebnis Umfrage2000 ergebnisse ÖVP 47,3% 39–41 SPÖ 32,3% 38–40 FPÖ 12,4% 3–5 Grüne 5,6% 6–8 Liste Hirschmann – 6–8 BZÖ – 1–2 KPÖ 1% 4–6
das politische Handwerk kennen gelernt hat. Danach ging es ziemlich rasch auf der Karriereleiter nach oben. 1977 schickte sie ihr Förderer im Land, Josef Krainer, bereits in den Bundesrat und 1981 gelang ihr der Sprung in den Landtag. Sieben Jahre später, im Jahr 1988, saß sie als Landesrätin für Wirtschaft, Tourismus und Verkehr auf der Regierungsbank. Und am 23. Jänner 1996 wählte sie der steirische Landtag zum Landeshauptmann. Sie wurde damit die erste weibliche Landeschefin Österreichs. Klasnic: „Josef Krainer hat mir viele Chancen gegeben, die ich gerne angenommen habe.“ Waltraud Klasnic gelang es im Herbst 2000 mit ihrer Art, die stimmungsanfälligen Wähler für sich zu begeistern. Der Zeitpunkt war für sie damals optimal. Trotz der Belastungswelle durch die schwarz-blaue Koalition bekam Waltraud Klasnic keinen Kratzer ab. Sie schaffte es, sich als nicht mitverantwortlich oder „unschuldig“ darzustellen. Obwohl sie in den ÖVP-Gremien als Stellvertreterin von Parteiobmann Schüssel logischerweise jede unpopuläre und einschneidende Entscheidung mitbeschlossen hatte. Allerdings vertrat sie dies in der Öffentlichkeit stets mit einem „Ja, aber“. Wie etwa bei den Studiengebühren, wo sie für Abänderungen und Abfederungen eintrat, was immer das heißen mag. Wenn Klasnic zur Zielscheibe der Kritik wird, dann spielt sie ihre große Stärke aus. Sie polarisiert nicht, sondern versucht zu umarmen. Für viele wirken daher ihre Einwände glaubhaft und ungequält, weil sie sich in der herrschenden politischen Fauna fast wie ein exotisches Wesen bewegt. „Man sagt mir manchmal nach, dass ich die ganzen Schwierigkeiten nicht sehe, aber ich glaub’ einfach nicht, dass ich es nicht schaffe.“
Das hofft sie auch für den 2. Oktober. Als Traumjob in der Politik gab sie vor Jahren „Verteidigungsminister“ an. Nun ist in den nächsten Wochen ihre Kunst gefragt, sich selbst und ihren Landeshauptmann-Sessel zu verteidigen. ■
Ein unglaublicher Aufstieg aus dem Nichts
Geburtsort und -datum: 27.10.1945 in Graz. Schulbesuch in Graz Familienstand: Verheiratet mit Simon Klasnic, 3 Kinder (Simon, Horst, Michaela), 5 Enkelkinder Berufliche Tätigkeit: 1959–1963 Tätigkeit im Fachhandel in Graz ab 1966 Gemeinsamer Aufbau eines Transportunternehmens mit dem Gatten Frauenbewegung: 1970 Engagement in der Österreichischen Frauenbewegung 1972–1977 Hauptbezirksleiterin der ÖFB Graz-Umgebung 1974–1993 Landesleiterin der Katastrophenhilfe Österr. Frauen 1975–1977 Landesleiterin-Stellv. der Österr. Frauenbewegung Wirtschaftsbund: 1990–1997 Landesgruppenobfrau des Österr. Wirtschaftsbundes 1993–1997 Vizepräsidentin des Österr. Wirtschaftsbundes Volkspartei: 1970 Beitritt zur ÖVP 1995–1999 Stellvertreterin des Bundesparteiobmannes Seit März 1996: Landespartei-Obfrau der Steirischen Volkspartei Politische Mandate: 1970–1975, 1980–1985: Gemeinderätin in Weinitzen 1975–1996 Kammerrat der Wirtschaftskammer Steiermark 1977–1981 Mitglied des Bundesrates 1981–1988 Abgeordnete zum Steiermärkischen Landtag 1983–1988 3. Landtagspräsidentin Seit 21.6.1988: Mitglied der Steiermärkischen Landesregierung –Landesrätin für Wirtschaft, Tourismus und Verkehr (erste Wirtschaftslandesrätin Österreichs) Seit 23. Jänner 1996: Landeshauptmann der Steiermark (erste weibliche Landeschefin Österreichs) 15. Oktober 2000: Mit Landeshauptmann Waltraud Klasnic als Spitzenkandidatin erzielt die Steirische VP ein Plus von 11 %, den höchsten Zuwachs, der je bei einer Landtagswahl seit 1945 erreicht wurde.