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Lilly Lotterblume

LILLY LOTTERBLUME Hallo, meine Lieben!

Hier bin ich noch einmal kurz vor Weihnachten, möglicherweise lesen Sie meine Gedanken auch erst während der Weihnachtsfeiertage. Auf jeden Fall wünsche ich Ihnen da eine ruhige Zeit, denn ich bin momentan ganz schön unterwegs. Was zum einen ja ganz nett ist, weil man viele Leute trifft und dabei auch viel erfährt. Aber, ich sag’ Ihnen, es ist jedes Jahr das gleiche Theater: Mein Allerliebster und auch unser gemeinsamer Nachwuchs, die sind gerade einmal bereit, den Christbaum einzukaufen. Aber alles andere – das Schmücken, das Backen, das Saubermachen der Wohnung, das Einkaufen der Geschenke, auch für die Schwiegereltern und für die Freunde darf ich machen. ❉ Weil ich da das meiste Geschick und Gefühl habe, versuchen mich meine lieben Drückeberger um den Finger zu wickeln. Na gut, denke ich mir, der Klügere gibt nach. Wenn ich dann aber am Weihnachtsabend fix und foxi nicht unbedingt mehr vor Begeisterung sprühe, dann regt sich meine Tochter sogar noch auf. Da muss ich mich schon beherrschen, denn sonst tät’s einen Riesenkrach geben. Und Sie, liebe Leser, und ich hören ja immer wieder von großen Familienstreiten, gerade während der Weihnachtsfeiertage, weil plötzlich alle auf engstem Raum zusammen sind, die Stammbeisln geschlossen sind und alle wie in einem Käfig miteinander auskommen müssen. ❉ Ganz kurz auch noch zu dem, was mir die Ute erzählt hat, die im Landhaus arbeitet. Die Budgetdebatte, sagt sie, war so langweilig wie schon lange nicht. Früher, so hat ihr Bürochef gemeint, habe es noch harte Gefechte gegeben zwischen den Parteien, aber diesmal ging alles wie geschmiert drüber. Die zwei Großen haben es sich wieder einmal gerichtet, jeder – sowohl der Hermann Schützenhöfer und seine Regierer wie auch Landeshauptmann Franz Voves und seine Mannschaft – hat mehr Geld für seine Ressorts bekommen. Im Jahr 2010 wird ja wieder gewählt und da muss man ja gut bei Kasse sein, will man uns Wähler beeindrucken. Ein weiterer Grund, so hörte die Ute, sei auch die Finanzkrise, weil da ist das Sparen auf einmal nicht mehr das Wichtigste, sondern das Ankurbeln der Wirtschaft. ❉ Wenn man am Wochenende in die Stadt geht, glaubt man ohnehin, dass der große Reichtum überall ausgebrochen ist, weil die Leute kaufen und kaufen, dass einem ganz schwindlig wird. Auch ich tät’ gern beim Ankurbeln mithelfen, aber mein Haushaltsbudget ist leider nicht gestiegen und gern hätte ich, wenn der Pezi, wie der Herwig seinen Landeshauptmann nennt, auch bei mir einmal vorbeikäme im kommenden Jahr. Denn der Herwig hat gelesen und auch gehört, dass sein Landeshauptmann fast fünf Millionen Euro in den nächsten zwei Jahren zum Vertranscheln bekommen hat. Ja, ich weiß schon, das klingt ein bisschen despektierlich, aber der Herwig meint, das sind eben die Verfügungsmittel – wie es im Amtsdeutsch heißt – des Herrn Landeshauptmann, die er nach seinem Gutdünken bei all seinen Besuchen in Kindergärten, Schulen, Musikvereinen, auf Bällen ausgeben kann. Ich hätt’ vielleicht als kleine einfache Frau eine neue Idee: Was wäre es, wenn unser Herr Landeshauptmann oder auch einer seiner Mitregierer –die haben ja auch sicherlich Geld zum Vertranscheln in der Tasche, also Entschuldigung, Verfügungsmittel – zu einem Hausbesuch kommt und sich erkundigt, wie’s so den kleinen Bürgern geht. Ich tät’ da schon eine schöne Jause richten und schauen, dass alle meine Lieben dabei wären, was gar nicht so leicht sein wird, weil meine Jugend eher bei den Alternativen aus und ein geht. Nun gut, ich will ja nicht unbescheiden sein, aber wenn’s am Ende des Besuchs als milde Gabe einen Scheck gäbe mit einigen Nullen, tät’ ich mich da sicher auch freuen und möglicherweise im Jahr 2010 mich daran erinnern. Ich würde mich ja schon mit einem ganz kleinen Teil von den fünf Millionen Euro „Transchelgeld“ zufriedengeben. ❉ Aber das sind halt nur Träume, ich werd’ schauen, dass wir auch so mit unserem Geld über die Runden kommen. Denn Geld allein, heißt es, macht ja nicht glücklich. Das sagen meist jene, die’s haben, und da stimme ich schon zu, aber beruhigen tut’s doch. Ich denke oft an meine Großmutter, die immer sagte, die drei wichtigsten Tugenden seien Glaube, Liebe und Hoffnung. Es geht dabei nicht um „Alles ist und wird gut“, sondern darum, dass man einfach als Mensch ein angenehmer Zeitgenosse bleibt. Ich bemerke immer wieder –und das baut mich auf –, wenn ich hoffnungsvollen Menschen begegne, die nicht rachsüchtig durchs Leben gehen. Also, in diesem Sinne wünsche ich Ihnen ein hoffnungsvolles 2009, in dem Sie mich hoffentlich wieder zur Hand nehmen.

Eure Lilly

Von Vera Leon

GEWALT, WO EINMAL LIEBE WAR

„Männer sind Schweine …“, provoziert die Gruppe „Die Ärzte“ in ihrem Song. Dabei beginnt jede Beziehung mit Liebe und Sympathie. Doch was gestern war, gilt oft heute schon nicht mehr. Die kalte Dusche und Ernüchterung kommt oft sehr rasch, doch die Trennung ist wieder eine andere Sache. Letzter Ausweg ist für die verzweifelten Frauen mit ihren Kindern das Frauenhaus.

Ohne dieses „Asyl“ hätten sie es nicht geschafft. Jedes Jahr nimmt die Zahl der Frauen zu, die zu uns kommen und förmlich um Hilfe schreien. Sie alle sind von ihrer Ehe, Lebensgemeinschaft oder Familie geflüchtet, um hier im für sie gebauten Haus Ruhe und das längst verlorene Selbstwertgefühl wieder zu finden. Verschreckt und verzweifelt reden sie vielleicht hier zum ersten Mal über ihr Schicksal und steigen langsam voller Misstrauen aus der Isolation.

Leben war unerträglich

Ines D., eine jung wirkende Frau, war volle 25 Jahre mit ihrem Mann verheiratet. „Damals waren wir beide sehr jung und wir haben auch jung geheiratet. Wir haben einen Sohn und eine Tochter. Der Sohn lebt in Schladming bei Oma und meine Tochter und ich sind in Graz geblieben. Sieben Monate haben wir im Frauenhaus verbracht. Ohne das Frauenhaus hätte ich es nicht geschafft, von zuhause wegzukommen, obwohl das gemeinsame Leben schon ziemlich unerträglich geworden ist. Streit gab es über alles, aber meistens über unsere Tochter. Unsere Tochter ist Autistin und ich wusste, dass sie ärztliche Hilfe braucht. Aber mein Mann wehrte sich dagegen und bezeichnete mich als verrückt und dass ich selber ärztliche Hilfe brauche ... Ich glaubte schon lange nicht mehr an mich, aber da war es mir klar: nichts zu unter nehmen wäre unverantwortlich.“ Sozialarbeiter und Lebensberater in Frauenhäusern verdienen keine Topgehälter. Aber die Mitarbeiter haben alle viel Freude, wenn sie sehen, wie die Frauen hier bei sich Talente entdecken, von denen sie selber nichts wussten. Es tut gut, zu sehen, wenn sie es schaffen, sich zu lösen und ein neues Leben anzufangen. Denn das ist nicht immer leicht. Der Druck von außen ist sehr groß. Manche kehren wieder zurück. Männer versprechen alles, aber wenn sie wieder zuhause sind, kommen die alten Dinge. Nur ein kleiner Prozentsatz schafft die Normalität miteinander. Aber dafür ist es unbedingt notwendig, dass der Mann eine Therapie macht, was die meisten ablehnen. Traurig ist für die Mitarbeiter die Situation mit Kindern. Sie müssen viel sehen, bevor sie hierher kommen.“

Geschlagen, getreten

Susanne R. war nur knapp drei Monate im Frauenhaus. „Ich war auch nicht lang verheiratet – nur ein Jahr. Wir haben nach fünfjähriger Beziehung geheiratet. Mein Mann war wesentlich älter als ich, aber es hat alles gut angefangen und wir haben uns anfangs gut verstanden. Er ist selbstständig als Autor und ich konnte seine Texte redigieren. Einen Schritt weg allein war ein Problem. Leute zu treffen, mit ihnen zu reden war überhaupt nicht möglich. Er ist mit mir auch einkaufen gegangen. Er wollte mich ständig unter Kontrolle haben. Deswegen hat auch kein Job länger gehalten, den ich angenommen habe. Man kann viel aushalten, auch wenn man verbal niedergemacht wird und oft hören muss, dass man nichts wert ist, aber wenn man geschlagen wird, an den Haaren gezerrt wird ..., dann kann man nicht mehr. „Manchmal ist der Andrang bei den steirischen Frauenhäusern so groß, dass man andere Lösungen für die Unterbringung finden muss. Die Kapazitäten sind knapp, die Statistik zeigt aber, dass die Anzahl der Frauen im Steigen ist. Das kommt vielleicht auch davon, dass sie heute leichter über ihre Probleme sprechen, denn die Zufluchtsstätten sind mittlerweile bestens bekannt.“ Die Einrichtung von Frauenhäusern ist nicht mehr wegzudenken. Auch am Telefon leisten die Mitarbeiter wertvolle Hilfe, indem sie so mancher Frau in einer ganz schwierigen Phase juristische oder psychologische Beratung geben.

Heute geht es mir gut

Man weiß nicht, wie es gehen soll. Finanzielle Ängste sind da ... es ist nicht einfach. Gegangen bin ich aus dem Frauenhaus dank meinen zwei Katzen. Mein Mann hat gedroht, dass er sie in einer Schachtel per Post schicken wird. Das Tierheim hat beide Katzen übernommen und ich habe dann kurz danach Geld ausgeborgt, eine Wohnung gefunden und die Katzen abgeholt. Heute arbeite ich und es geht mir gut.“ v

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