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Weil er dafür lebt
L E B E N & L E U T E KARL MUSTEIN MACHTS MÖGLICH: GROSSE KÜNSTLER ABSEITS DER GROSSEN PODIEN IN GLEINSTÄTTEN WEIL ER DAFÜR LEBT
Es sind Menschen wie er, die nicht im Scheinwerfer einer großen Öffentlichkeit stehen, das auch nicht wollen, die in der Begeisterung und Leidenschaft für ihre Sache aber Großes schaffen. Und noch dazu für Gotteslohn, ohne je einen Euro dafür zu verlangen. V o n M i c h a e l a V r e t s c h e r
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Karl Mustein, den ich im Schlosspark von Gleinstätten treffe, selbst Chorleiter und Gründer zahlreicher Musikgruppen, früher Hauptschuldirektor, heute 81 Jahre, ist eine solche Persönlichkeit. In diesem Jahr feiern „seine“ Schlosskonzerte Gleinstätten ihr 30-jähriges Jubiläum, die leider nie auf Ö1 zu hören sind, obwohl dort Künstler gastieren, die international große Erfolge feiern. Auf den Gedanken, sich selbst in den Mittelpunkt zu rücken, kam der Ehrenbürger der Marktgemeinde Gleinstätten während des ganzen Gesprächs nicht. Die große Bedeutung seines jahrzehntelangen Engagements erhellt sich durch weitere Befragte: Nach Gattin Maria Mustein, welche Karl seit eh und je bei der Organisation unterstützt, sind „die Schlosskonzerte ein wesentlicher Teil seines Lebens“, und Bürgermeister Gottfried Schober lässt wissen: „Er opfert dafür sein Herzblut.“ Die Debüt-Vorstellung dieser Saison im September 08 der Gruppe „Alcalá“ war mit 160 Flamenco-Begeisterten ebenfalls äußerst gut besucht, „doch ohne Kulturförderungen, Unterstützung der Sponsoren sowie der Gemeindebediensteten und ehrenamtlichen MitarbeiterInnen würden wir finanziell nicht über die Runden kommen“, berichtet Karl Mustein, der nach unserem Gespräch nach rasch nach Hause muss, um den Damen beim Kuvertieren zu helfen. Mehr als 700 Adressaten erhalten zu jeder Veranstaltung eine persönliche Einladung, und dies ist – mit der namentlichen Platzreservierung der Abonnenten und Einzahler im Vorverkauf – „eine Säule des Erfolgs“. An den Grenzen der Finanzierbarkeit wird jongliert, „obwohl einem die Musiker entgegenkommen“, sagt der engagierte Organisator, und „genügend Angebote von Künstlern gibt es auch, die hier musizieren wollen, aber manche können wir uns leider nicht leisten.“ Den Zugang zur Musik über die üblichen Hörgewohnheiten hin-
OSR Karl Mustein, seit 30 Jahren unermüdlich: „Konzertprogramme aus dem weiten musikalischen Kosmos, einschließlich gehobener Unterhaltungsmusik in dieser einzigartigen Stätte offerieren.“
Veranstaltungsort der Gleinstättner Schlosskonzerte: der überdachte Innenhof dient den Schülern der Volksschule als Pausenraum und wird für jedes Konzert mit einem passenden Podium und einer Bestuhlung ausgestattet.
aus zu eröffnen, stellt die vordergründige Motivation für die Bemühungen dar, hochkarätige Solisten, Ensembles und Orchester hierher in die Provinz zu laden. „Zu den Highlights gehört der Auftritt des KüchlQuartetts, eines der berühmtesten Streichquartette, das sich von hier weg gleich zum Konzert nach Tokio aufmachte.“ Weiters gastierten im Schloss Gleinstätten u. a. die Gebrüder Kutrowatz, bekannt auf allen Kontinenten für ihr fulminantes Klavierspiel, der Pianist Markus Schirmer – in dieser Jubiläumssaison 08/09 wieder zu Gast –sowie das Arcus Ensemble. Die Kontakte zu den Künstlern „stammen teils aus persönlichen Bekanntschaften bei Konzerten, teils von den Angeboten, die mir die Musiker und Ensembles offerieren“, berichtet Karl Mustein, der es auch genießt, bei den Proben anwesend zu sein, denn „dabei kann man erleben, mit welcher Genauigkeit sich die wahren Künstler um die kleinsten Details bemühen“. „Abwechslungsreich und die richtige Mischung“ ist Musteins Programm-Devise, also für jeden etwas. Die neun Konzerte (Abo-Preis 95,– Euro, Einzelkarte 13,–) sind für jedermann leistbar. Von Barock über Klassik bis hin zu gehobener Unterhaltungsmusik, bestehend etwa aus Werken der Strauß-Dynastie, Jazz-, Country-, Folk- und echter alpenländischer Volksmusik. 1.300 Virtuosen sind bisher in Gleinstätten heftig beklatscht worden. Ein besonderer Tag wird für Karl Mustein der 4. Jänner 2009 sein: Im Rahmen des Neujahrskonzerts mit dem „Robert-Stolz-Salonorchester“ wird auch Simone, seine Tochter, aufgeigen, die das musikalische Talent und das pädagogische Geschick ihres Vaters geerbt hat. ❖
Schloss Gleinstätten – Ein Juwel entstand wieder
„Es gab eingestürzte Dächer und Decken, feuchtes Mauerwerk und andere grobe Zerstörungen“, erinnert sich Karl Mustein. „Es wurde schon daran gedacht, alles dem Erdboden gleichzumachen. Ein Wunder, was da passiert ist.“ Mit damals 45 Millionen Schilling (ca. 3 Mio. Euro) und viel Fingerspitzengefühl konnte das vierflügelige Schloss als Prachtbau auferstehen und beherbergt seit 1978 die Volksschule, das Gemeindeamt und ist durch den Bau der Glaskuppel auch Schauplatz der Schlosskonzerte und anderer Kulturveranstaltungen. Großteils weltweit anerkannte Musiker bringen die alten Mauern des RenaissanceSchlosses zum Schwingen.
Nähere Infos:
www.gleinstaetten.steiermark.at