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MESSA DA REQUIEMHoffnung auf einen Neubeginn

Das Theater verabschiedet sich vom UM!BAU: Die letzte Produktion, die hier gezeigt wird, ist Giuseppe Verdis Totenmesse Messa da Requiem in einer szenischen Fassung von Krystian Lada. Die Inszenierung bringt Mitglieder aller Sparten auf der Bühne zusammen und befasst sich einfühlsam mit den Themen Schuld und Erlösung. Am Pult wird Modestas Pitrenas stehen und die packende und emotionale Partitur von Verdi umsetzen.

1873 verstarb Alessandro Manzoni, der Identifikationsfigur des Risorgimento war und mit Die Verlobten ein Referenzwerk für die italienische Sprache der modernen, geeinten Nation schuf. Verdi, Anhänger des Risorgimento und grosser Verehrer des Autors, war tief getroffen von dessen Tod. Um ihm ein Denkmal zu setzen, entschied er, ihm zu Ehren eine Totenmesse zu komponieren.

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Die Kirchenmusik hatte bis dahin keinen grossen Raum in Verdis Schaffen eingenommen. Ein paar Jahre zuvor hatte er gemeinsam mit zwölf anderen italienischen Komponisten eine Messe zu Ehren Rossinis geschaffen und dafür den letzten Teil des Requiems, das Libera me komponiert. Doch die Messa per Rossini kam zu Lebzeiten Verdis nicht zur Aufführung. So nutzte er das bereits bestehende Libera me als musikalische Grundlage für seine eigene Messe und fügte es in überarbeiteter Form der Messa da Requiem als Abschluss hinzu.

Verdi schuf mit seinem Requiem eine revolutionäre Form der Totenmesse. Nachdem er wenige Jahre zuvor mit der Komposition seiner Oper Aida grosse

Erfolge gefeiert hatte, komponierte er seine Totenmesse ganz in der theatralen und dramatischen Haltung seiner Opern. So sind die Texte des Requiems von der Musik mit viel emotionalem und interpretatorischem Gehalt ausgedeutet. Dies liess zahlreiche kritische Stimmen laut werden, die von einer «Oper in kirchlichem Gewand» sprachen. Verdi schrieb seine Messe für vier Solist*innen, davon zwei Frauenstimmen, und Chor. Doch zu dieser Zeit war es Sängerinnen verboten, an einer Aufführung der Komposition als Teil des kirchlichen Rituals der Messe teilzunehmen. «Wenn ich in der Gunst des Heiligen Vaters wäre, würde ich ihn bitten, zumindest dieses Mal Frauen zu erlauben, an der Aufführung dieser Musik teilzunehmen, aber da dies nicht der Fall ist, wird es besser sein, jemanden zu finden, der besser geeignet ist als ich, dieses Anliegen vorzubringen.»

In Verdis Aussage klingt seine schwierige Beziehung zur katholischen Kirche durch. Er stand der Institution kritisch gegenüber, bezeichnete sich selbst jedoch als spirituell.

Verdis Requiem beeindruckt durch bewegende, emotionale Musik, doch es ist der theatrale Aspekt, der es immer wieder zum beliebten Werk für szenische Fassungen macht. Der Regisseur Krystian Lada hat für das Theater St.Gallen eine Inszenierung entwickelt, die die Messa da Requiem um gesprochene Texte ergänzt und so eine Geschichte über Tod, Schuld und Erlösung erzählt. Für diese Produktion kommen Mitglieder aller Sparten zusammen: Musiktheater, Schauspiel, Tanz und Orchester. Vom slawischen Ritual Dziady ausgehend, wird das Publikum eingeladen, einer Totenfeier beizuwohnen: Dziady oder die «Nacht der Vorfahren» ist ein Ritual, bei dem die Lebenden die Toten zu sich einladen, sie bewirten und ihnen ihre Hilfe anbieten, im Leben nicht gelöste Probleme oder Sorgen zu bewältigen, damit sie in Frieden ruhen können. Lada und sein Team verarbeiten in diesem Rahmen vier historische Vorfälle. Sie blicken auf das Schicksal des Herzchirurgen Christiaan Bernard, des Poeten Thom Gunn, der Mutter Adriana Reyez und der Autorin Virginia Woolf. Dabei dreht sich alles um die Themen Schuld, Reue und Erlösung. In einer Art Fegefeuer stehen die Figuren sich selbst gegenüber, um sich schliesslich selbst zu richten, denn dieses Re - quiem verzichtet, inspiriert von Verdis Einstellung, auf die Allmacht Gottes. Der Moment, sich selbst zu richten, wird dabei zum Befreiungsschlag und symbolisiert die Hoffnung auf einen Neubeginn. (cd)

Messa da Requiem

Messe von Giuseppe Verdi in einer szenischen Fassung von Krystian Lada

Premiere Samstag, 6. Mai 2023

19 Uhr, UM!BAU

Einführungsmatinee

Sonntag, 23. April 2023

11 Uhr, UM!BAU-Foyer, Eintritt frei

Leitung

Musikalische Leitung: Modestas Pitrenas Konzept, Regie, Bühnenbild: Krystian Lada

Mitarbeit Bühne: Marian Nketiah, Alexandr Prowaliński, Marlies Pfeifer

Kostüm: Adrian Stapf

Licht: Alexandr Prowaliński

Wachsfiguren: Tomasz Mróz

Dramaturgie: Caroline Damaschke

Choreinstudierung: Franz Obermair

Regieassistenz: Sebastian Juen

Besetzung

Sopran: Hulkar Sabirova

Mezzosopran: Martina Belli

Tenor: Christopher Sokolowski

Bass: Msimelelo Mbali von und mit: Chantal Le Moign, Guang-Xuan Chen, Steven Forster, Christian Hettkamp, Swane Küpper, Emily Pak, Marcus Schäfer, Samuel Trachsel, Minghao Zhao

Chor des Theaters St.Gallen

Opernchor St.Gallen

Theaterchor Winterthur

Sinfonieorchester St.Gallen

Weitere Vorstellungen

14./17./21./26./30. Mai 2023

2./4./11. Juni 2023

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