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MESSA DA REQUIEM

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Vorwort

Vorwort

Mit einer spartenübergreifenden Inszenierung verabschiedet sich das Theater St.Gallen vom UM!BAU. Regisseur Krystian Lada entwickelt eine packende szenische Fassung von Giuseppe Verdis Totenmesse Messa da Requiem und bringt Mitglieder aller Sparten des Theaters auf die Bühne. Modestas Pitrenas steht am Pult und führt das Sinfonieorchester St.Gallen durch Verdis theatrale Partitur.

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Schuld, Reue und Erlösung stehen im Mittelpunkt von Krystian Ladas Überlegungen zu Giuseppe Verdis Messa da Requiem . In seiner szenischen Fassung entwirft der polnische Regisseur eine Welt zwischen Leben und Tod, in der der Mensch gerichtet wird. Dabei ist nicht eine göttliche Instanz Richter, sondern der Mensch selbst: Eine entscheidende Situation im Leben, in der man Schuld auf sich geladen hat, wird erinnert, durchlebt und beurteilt. Die Erfahrung, sich selbst zu richten, wird dabei zum Befreiungsschlag. Lada erzählt diesen Vorgang am Beispiel von vier Personen und lässt sich von Ereignissen inspirieren, die tatsächlich stattgefunden haben. So kommen auf der Bühne vier Schicksale aus den letzten hundert Jahren zusammen, die von Schauspieler*innen, Tänzer*innen und Sänger*innen erzählt werden. Eröffnet wird der Abend durch den 63 Personen starken Chor, der sich aus dem Theater- und Opernchor des Theaters St.Gallen sowie dem Winterthurer Chor zusammensetzt. Die Chorsänger*innen rufen im Rahmen eines Rituals als Lebende die Toten an. Sie möchten den Verstorbenen in dieser Nacht die Möglichkeit geben, Erlebtes zu erzählen, um sich so von ihrer Schuld zu befreien und in Frieden ruhen zu können.

Im Laufe des Abends werden dann vier Geschichten geschildert: Die des Herzchirurgen Christiaan Barnard, der 1967 die weltweit erste Herztransplantation durchführte und sein Leben lang die Operation verteidigte, aber auch alle Schritte, die zur Transplantation führten, hinterfragte. Adriana Reyes Sohn Salvador fand nur in der digitalen Welt Freunde, lebte bei seiner Grossmutter und hatte wenig Kontakt zu seiner Mutter. Der Teenager erschoss 19 Menschen in einer Grundschule. In Ladas Erzählung kreisen Adrianas Gedanken stets um die Frage, ob sie ihrem Sohn genug Liebe geschenkt hat. Der britische Dichter Thom Gunn lebte in den USA und verlor zahlreiche Freunde und Geliebte an ihre Aids-Erkrankungen, für die es zu dieser Zeit noch keine wirksame Therapie gab. Auf der Bühne wird eine imaginierte Geschich - te erzählt, in der Thom seinen an Aids erkrankten Geliebten Mike ins Krankenhaus bringt, sich jedoch aus Scham und Angst vor einem Outing dagegen entscheidet, Mike bei seiner Krankheit und seinem Sterben im Krankenhaus zu begleiten. Die vierte Erzählung kreist um Virginia Woolf. Die Autorin erlitt zeitlebens depressive Phasen, in deren psychotischen Episoden sie Stimmen hörte. Ausgelöst durch den Beginn des Zweiten Weltkriegs, erlitt Woolf erneut eine tiefe Depression und sah keinen anderen Weg als den Suizid, um sich und ihren Ehemann Leonard vom Leid zu befreien.

Diese Figuren finden sich in einer Art Warteraum wieder, der eine Ebene zwischen Leben und Tod darstellt, und werden mit sich selbst und dem Erlebten konfrontiert. Dabei verkör - pern Künstler*innen aus allen Sparten verschiedene Figuren oder Versionen einer Figur. Sie gehen dabei nicht nur ihrer eigentlichen Kunst nach, sondern nähern sich in dieser Inszenierung auch den anderen Ausdrucksformen an, um auf vielfältige Weise den emotionalen Weg ihrer Rollen nachzuzeichnen. Eine wichtige Rolle bei der Darstellung des Weges von Schuld über Reue zu Erlösung spielen Tomasz Mróz' Skulpturen aus Wachs. Symbole, die stellvertretend für das Schicksal der einzelnen Figuren stehen, wurden von Mróz als

Wachsskulpturen gegossen und werden auf der Bühne durch Hitze die Form verändern: Mit der Erlösung von der Schuld schmilzt das Wachs dahin. Mit Wachs arbeitet auch Adrian Stapf bei der Entwicklung seiner Kostüme. Seine Kreationen nehmen zudem durch den Wechsel des Lichts verschiedene Formen an. Unter Einwirkung von Schwarzlicht, Natriumdampflampen und dem gängigen Bühnenlicht entstehen immer wieder neue, beeindruckende Versionen der Kostüme. (cd)

Messa da Requiem

Messe von Giuseppe Verdi in einer szenischen Fassung von Krystian Lada

Koproduktion mit dem Theater Winterthur

Premiere Samstag, 6. Mai 2023

19 Uhr, UM!BAU

Leitung

Musikalische Leitung: Modestas Pitrenas

Konzept, Regie, Bühnenbild: Krystian Lada

Mitarbeit Bühne: Marian Nketiah, Aleksandr Prowaliński, Marlies Pfeifer

Kostüm: Adrian Stapf

Licht: Aleksandr Prowaliński

Wachsfiguren: Tomasz Mróz

Choreinstudierung: Franz Obermair

Dramaturgie: Caroline Damaschke

Regieassistenz: Sebastian Juen

Besetzung

Sopran: Hulkar Sabirova

Mezzosopran: Martina Belli

Tenor: Christopher Sokolowski

Bass: Msimelelo Mbali von und mit: Chantal Le Moign, Guang-Xuan Chen, Steven Forster, Christian Hettkamp, Swane Küpper, Emily Pak, Marcus Schäfer, Samuel Trachsel, Minghao Zhao

Chor des Theaters St.Gallen

Opernchor St.Gallen

Theaterchor Winterthur

Sinfonieorchester St.Gallen

Weitere Vorstellungen

14./17./21./26./30. Mai 2023

2./4./11. Juni 2023

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