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Sinneswandel - von der
Sinneswandel
von der Fleischesserin zur Veganerin?
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von Sophia Eing
Im Rahmen dieser Ausgabe wollte ich mal ausprobieren, inwiefern ich meinen Sinn wandeln kann. Dafür habe ich mich für ein
Selbstexperiment entschieden: Ich ernähre mich zwei Wochen
lang vegan.
Um das Experiment gut beginnen zu können, habe ich mich passend vorbereitet. Ich habe mir für zwei Wochen einen Speiseplan, sowohl für mein Mittagessen auf der Arbeit als auch für mein Abendessen zuhause, geschrieben. Nach diesem Speiseplan bin ich dann einkaufen gefahren. Da es in meiner Heimatstadt nicht allzu viele verschiedene Supermärkte gibt, war die Auswahl an veganen Ersatzprodukten ziemlich begrenzt. Einige Sachen, die auf meiner Liste standen, musste ich somit im Internet bestellen. Bei Grundnahrungsmitteln, wie Obst, Gemüse, Joghurt, Milch und Nudeln hatte ich keine Probleme. Mein erster Einkauf kostete rund 50 Euro, verglichen mit unseren anderen typischen Einkäufen gab es kaum einen preislichen Unterschied. Allerdings waren einige Produkte vor Ort nicht zu kaufen, meine Mama hat daher im Vorhinein schon einige Lebensmittel für mich besorgt. Die ersten Tage…
Nach meinem Einkauf war ich mir sicher, dass das Experiment für mich ein Klacks wird. Gestartet ist meine Woche ziemlich gut. Ich habe mein Mittagessen für die Arbeit vorbereitet – alles vegan – und wusste, was ich abends kochen wollte. Auf der Arbeit passierte es dann aber… eine Kollegin hatte Apfelmuffins gebacken, ich nahm mir einen und biss genüsslich rein. Erst da fiel mir ein, dass ich mich ja vegan ernähren wollte. Erst hatte ich ziemliche Schuldgefühle, aber dann stellte ich mich darauf ein, dass das keine Absicht war und dass ich in Zukunft einfach etwas mehr überlegen sollte. Bis auf ein wenig Honig, war das aber auch mein einziger Fauxpas in den ganzen zwei Wochen. Nach einigen Tagen entwickelte ich eine gewisse Routine und auch einen Blick auf Lebensmittel. Ich bereitete mein Mittagessen vor und kochte mein Abendessen frisch. Meine Empfindungen während der Zeit:
An sich habe ich mich die ganzen zwei Wochen über gesund und gut gefühlt, ich habe eigentlich kein Produkt so richtig vermisst. Ob ich jetzt wirklich gesünder gelebt habe, oder ob es nur Einbildung war, kann ich nicht sagen. Ich habe weder Bluttests noch Gewichtsdokumentationen gemacht, aber ich habe mich einfach fit gefühlt. Was mir allerdings gefehlt hat, waren spontane Treffen mit Freund*innen, Essen gehen oder Essen bestellen. Durch das Leben auf dem Land bin ich eher unflexibel, was Essen kaufen, bestellen oder auswärts Essen gehen angeht, wenn ich mich vegan ernähre. Neben Beilagensalaten und Pommes Frites waren die pflanzlichen Alternativen von Burger King und Nudeln mit Tomatensauce aus einer Pizzeria meine einzigen Optionen beim Essen bestellen. Und da sich die Mitmenschen aus meinem Umfeld hauptsächlich nicht vegan ernähren, hatte ich bei Treffen das Gefühl, dass sich alle gerade nur nach mir richten, was mir sehr unangenehm war. Was mich neben der Unflexibilität gestört hat, war, dass ich nicht mehr so
richtig spontan sein konnte. Durch VLabels und einige Instagramseiten waren mir viele vegane Produkte bekannt, aber etliche Produkte waren leider nicht gekennzeichnet. Es hat viel Zeit und Geduld in Anspruch genommen, jedes Mal alle Inhaltsstoffe nach tierischen Produkten abzusuchen hat Außerdem hat es mich genervt, dass schon zubereitete Nahrung mit tierischen Produkten manchmal weggeworfen werden musste, obwohl ich diese noch gut hätte verzehren können.
Neben einigen negativen Punkten habe ich aber richtig viele leckere und spannende Rezepte ausprobiert, die ich sonst nicht kennengelernt hätte. Ich habe eine andere Perspektive eingenommen und gesehen, an welchen Stellen ich tierische Produkte einsparen kann.
Bei einer asiatischen Nudelpfanne habe ich beispielsweise das Hähnchenfleisch durch Räuchertofu ersetzt. Mit frischem Gemüse und den passenden Gewürzen, ist am Ende ein leckeres Gericht entstanden. Mein persönliches Highlight war eine
Döneralternative von einer Instagramseite (@dr.vegan). Das Fleisch wurde durch Tofu und Räuchertofu ersetzt und mit frischem Gemüse und einer Soja-Joghurt-Sauce kombiniert . Der Geschmack war einfach überwältigend.
Was aber ist mit anderen Produkten? Während des Experiments habe ich mir die Frage gestellt, welche Produkte, die ich beispielsweise im Bad benutze, eigentlich vegan sind. Lediglich mein Gesichtsreinigungsgel, eine Feuchtigkeitscreme und mein MakeUp Entferner sollen vegan und tierversuchsfrei sein. Viele andere Produkte enthalten zwar keine tierischen Produkte, die Marke führt allerdings Versuche an Tieren durch. Am meisten geschockt hat mich meine Recherche zu Zahnbürsten. Der Kunststoff der mei- sten Zahnbürsten enthält tierisches Fett und die Borsten sind häufig Schweineborsten. Bei Zahnbürsten kann man gut auf Bambuszahnbürsten umsteigen, das werde ich in Zukunft wieder machen.
Mein Fazit:
Zum Abschluss meines Experiments habe ich selbst ein Ersatzprodukt auf Seitanbasis (Weizeneiweiß) hergestellt: Es gab vegane Rouladen mit Kartoffeln, Rotkohl und Sauce. Diese wa-
ren geschmacklich interessant, der Geschmack erinnerte an Fleisch, die Konsistenz war aber eher „gummiartig“.
Insgesamt war die Zeit eine gute Erfahrung, ich habe viele Rezepte kennengelernt und Produkte gefunden, die ich ersetzen kann. Preislich habe ich keinen Unterschied zu unseren sonstigen Einkäufen gesehen, besonders wenn ich mich nicht überwiegend von Ersatzprodukten ernähre.
Spontanität und Flexibilität fehlten mir aber, weshalb ich mich nicht weiterhin vegan ernähre möchte.
Aber, wie bereits erwähnt, habe ich einen neuen Blick dafür erlangt, welche Produkte ich gut ersetzen kann.