CURT YOUR LOCALS #246 Dezember 2020 + Januar 2021

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d i e c u r t - s u p p o r t e r a u s g a b e f ü r d i e s t a d t DE Z 2 0 /Jan21 #2 4 6

CURT your loc als curt-xmas-Crew @ curt-office-dachterrasse


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Willkommen in unserem e-book zur sonderausgabe

CURT YOUR LOCALS dezember 2020 / Januar 2021 Viel Spaß beim Durchflippen und Lesen! Natürlich ist das gedruckte Magazin ein ganz anderes Erlebnis. Solltet Ihr also eine Printausgabe wünschen, dann sendet einfach eine Mail an info@curt.de mit dem Betreff „Print ist hübscher als Online“, dazu die Nummer der Ausgabe und dann kümmern wir uns darum. Wir würden uns sehr freuen, wenn Ihr dieses E-Book liked oder teilt, hier bei Issuu geht das ja sehr einfach: auf SHARE klicken, Facebook auswählen - los geht‘s. Danke! Ach ja: Die erste Ausgabe unseres Familienmagazins KURTi gibt es natürlich auch auf Issuu. Habt Spaß - wir haben das auch! Euer curt-Team PS: Für weitere Infos und Storys empfehlen wir www.curt.de/nbg


Danke an alle Koop-Partner und Mitwirkenden dieser Ausgabe! CURT YOUR LOCALS! Und wie immer: Nach dem Magazin ist vor dem Magazin. Weiter geht´s!

vorschau curt your locals feat. kurti februar/märz 2021 Kunst - Kultur - Museen - Theater - Comedy - Konzerte - Lesungen - Poetry Slam Bluepingu - Straßenkreuzer - Filmhaus - KuF - Quartier U1 - N2025 Gastro - Handel - Stadtgeschehen - Leben - Familien - Kids - Charity Leuchtende + strahlenden Kooperation? Per Mail an lampe@curt.de! Ihr wollt curt supporten, inserieren, streicheln? Per Mail an anzeigen@curt.de! CURT TUT GUT GUT. UND IHR KÖNNT DABEI SEIN! Foto: David Häuser


curt your locals 160 Seiten voller Kultur und Leben. Voller Anstand, Empathie, Liebe, Leidenschaft, Magie. Schon wieder. Das Wunder von Nürnberg #246. Schon wieder der beste curt, den es je gab, für die besten und schönsten Leser, die es jemals geben wird. Schon wieder! Die letzte Ausgabe im Jahr, die ja dann auch noch das Ende des einen Jahres und den Anfang des neuen Jahres begleitet, ist schon was ganz Besonderes: Das ganze Heft voller Partys, besinnlicher Events und Weihnachtssausen, die nahtlos in die Silvesterorgien übergehen. So war das mal. Und diesmal? „Pustekuchen!“, wie unsere Redaktionsedelfeder Thamminator immer so gerne sagt. 2020 ist und war ein Rekordscheißjahr für so viele von uns, das will man gerne hinter sich lassen. Nun torkeln wir waidwund in 2021 rein und wissen nicht, ob es überhaupt besser wird. Und dabei dürfen wir gerade nicht mal vernünftig feiern, ob mit Grund oder ohne. Exakt die richtige Gelegenheit, um im curt Office endlich selber Bier zu brauen und eine Destille zu installieren. Denn schon bald werden wir hungrige Künstler*innen sattkriegen müssen, und dehydrieren sollen sie ja auch nicht, wenn sie bei uns im Büro ihrem kreativen Schaffen nachkommen. CURT POP(UP)STUDIO nennen wir das dann und finden uns dabei weihnachtlich gönnerhaft und ganz nah am Mäzenentum. Dass wir dafür sowohl Künstler*innen als auch Sponsoren suchen, werden wir zu gegebener Zeit noch kommunizieren. Bis dahin: Geheimnis. Außer, man checkt das im Raumkompass. Stattdessen reden wir offen über die Dinge, auf die wir uns jetzt schon freuen: Unsere Kolumne von und mit Uschi Unsinn, unseren nächsten Podcast, unser Buch SCHREIBKRISE, unser Büro-Upgrade, unsere anderen neuen Kolumnen, in denen es um Nachhaltigkeit, Diversity, Empowerment, New Work und Artverwandtes geht. Und wir freuen uns wirklich SEHR auf das nächste, erste richtige Konzert und maximale Biergarten-Action. 2021 hat Potenzial, ein sehr gutes Jahr zu werden. Jetzt aber erst mal Abfeiern, dass es dir gelungen ist, trotz aller Restriktionen das Kulturmagazin von Welt zu ergattern. Wenn dich deine Freunde fragen: curt gibt es umfangreich bei Thalia und, neu, in den meisten Filialen von ebl. Und sowieso überall, wo es super ist. Alternativ: ein curt-Abo gewinnen. Danke schon mal, Nbg & Co.! Auch in Krisenzeiten: Macht einfach exakt das, was wir so tun, dann wird alles mehr als super. Innigst, hochachtungsvollst und in maßloser Bescheidenheit, FF + HNY, Eure krass coole curt-Gang ACHTUNG: Einige der Inhalte dieser Ausgabe könnten irgendwie und unter Corona-Umständen nicht den neuesten Erkenntnissen, Maßnahmen und curt-Standards gerecht werden. Danke an alle Koop-Partner und Mitwirkenden dieser Ausgabe! CURT YOUR LOCALS!

CuRT 20 your21 locals


INHALt #246

curt büro nürnberg

Bogenstraße 43, 90459 Nürnberg Tel.: 0911-433468-60, Fax 0911-9943532 E-Mail: info@curt.de / Web: www.curt.de/nbg

Leitung

1

VORWORT

78 shift/walls: Kunst

2

Inhalt

80 im talk: lisa neher

8

curt: koops und mehr

84 herzo kann kunst

Reinhard Lamprecht / lampe@curt.de

Kolumnisten / redakteure

62 Kulturgesichter: eventbranche

112 kunstkommentar / m. Wild

Andreas Thamm / Redaktion Bird Berlin / Kolumnist – Dada + Liebe Claudia Nitsche / Kolumnistin – Kino Dieter Stoll / Kolumnist – Theater Frank Braun / Kolumnist Bluepingu Helene Schütz / Grafik + Fotografie Kathi Mock / Kolumnistin – Poetry Slam & Co Lara Sielmann / Kolumnistin – Lesungen & Co Marian Wild / Kolumnist – Kunst & Co Matthias Egersdörfer / Kolumnist – Story Sandra Wendorf / Leitung curt/KIDS Theo Fuchs / Kolumnist – Story hinten raus Thomas Wurm / Redaktion Danke an: Ilse Weiß, Katharina Winter, Andreas Radlmaier, Daniel Holzheid und an unsere Freunde der Agentur Bloom

64 1000 plakate fürs Nachtleben

116 kunstkalender

AnzeigenLEITUNG

66 coronahilfe-Anlaufstelle

130 #neuland / Interview

68 quartier u1

134 Galerien/Museen

Reinhard Lamprecht. E-Mail: anzeigen@curt.de Maria Hammond / maria@curt.de Tel.: 0911-433468-64

72 grünes Büro / umweltbank

138 Kurti/Familien inkl. Zoostory

curt Media GmbH

74 bluepingu über n.ort

154 theo fuchs, der allerletzte

12 xmas-Präsente vom feinsten

86 hippe lebkuchen aus nbg

24 Kurznachrichten

90 gastronews

26 im Talk: Uschi unsinn

96 strassenkreuzer: neue cd

32 kurznachrichten

98 neue tonträger

42 raumkompass

100 filmhaus

46 ausstellung vs. fast fashion

102 kulturkommentar / D. stoll

52 kommvorzone: südstadt-pimp

108 fotoszene nürnberg

die nächste ausgabe curt Magazin #247 erscheint Für februar/märz 2021 Erscheinungstermin 01.02.20201 // Redaktionsschluss: 22.01.2021 / Anzeigenschluss: 24.01.2021 +/website: www.curt.de/nbg / mediadaten anfordern: e-mail an anzeigen@curt.de Covermotiv: curt Büro-schergen als weihnachtliche fotobomber / Foto: helene schütz

Geschäftsführer: Gerald Gömmel + Reinhard Lamprecht (V.i.S.d.P.) Bogenstraße 43, 90459 Nürnberg E-Mail: info@curt.de / www.curt.de CURT YOUR LOCALS erscheint zum Monatsanfang und wird kostenlos in Nürnberg, Fürth und Erlangen verteilt. Auflage dieser Sonderausgabe: 7.500 Für Infos und Programmhinweise sind wir dankbar, können aber keine Gewähr übernehmen. Nachdruck nur mit Genehmigung.


CuRT 20 your21 locals


INHALt #246 26 Uschi Unsinn

38 raumkompass

46

Was soll man zu dem Mann noch sagen? Er hat Grund zum Grant.

Ab 02-2021: LGBTQ+ Kolumne mit Nürnbergs Polit-Dragqueen.

Maria Trunk kümmert sich um Leerstand. Und wir machen mit.

Fast Fashion ist böse. Wanda im Gespräch zur Ausstellung.

54

78 shift/walls

80 literaturpreis

154 theo als lampe

Die aktuelle Literaturpreisträgerin Lisa Neher im Busch + im Interview.

Prof. Fuchs kaspert sich großflächig aus und disst Kollegen. Hässlich!

12

matthias egersdörfer

Kommvorzone

Ein Projekt zum kulturellen Pimpen Kunst findet statt. Kaserniert, gemeinsam. Spannend! der vernachlässigten Südstadt.

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8 – interview lisa nehr

WIR SIND MITGLIED DER

www.allianz-gegen-rechtsextremismus.de

Foto:helene schütz


9 – was curt so alles treibt

cu r t News s ch re i bk ri se a lli a n z u s ch i unsi nn Po p (u p) stu dio Ko mm vo rZo ne #n e u land fr o h e s f e st und so

Schreibkrise „Noch nicht mal erschienen und schon ein Erfolg – das schafft nur curt!“, sagt einer der Projektverantwortlichen, Andreas Thamm. Die Schreibkrise ist das Projekt, das bei curt immer im Hintergrund schwelt und ab und an ausbricht, ohne dass allzu viel davon an die Öffentlichkeit dringt. Bis jetzt! Wir haben im Frühjahr die Schreibenden unserer Region aufgefordert, uns ihre Texte zu schicken, die von der Pandemie handeln oder von ihr inspiriert sind. Und viele Schreiber*innen kamen dem nach. In Zusammenarbeit mit Theo Fuchs haben wir eine Auswahl getroffen und lektoriert. Knapp über 30 Autorinnen und Autoren kommen ins Buch. Sie sind alt, sie sind jung, sie sind berühmt und völlige Newcomer, sie sind lyrisch, episch und sogar dramatisch und in der Zusammenstellung, die eine Anthologie ist, schaffen sie es, das Gefühl für eine besondere, nie dagewesene Zeit zu fixieren. Und natürlich dauert das alles immer etwas länger als gedacht, denn auch das Tagwerk will schließlich erledigt sein. Stand jetzt steht der Inhalt, der nicht nur von Literat*innen beigesteuert wird. Wir haben außerdem hochkarätige Fotograf*innen von hier gewinnen können, ihren Pandemie-Momente festzuhalten – ihre Bilder werten den Inhalt zusätzlich auf. Und wir haben ein Buchcover, das von niemand Geringerem als dem sehr guten, sehr schönen David Häuser kommt. Die Druckerei lässt die Maschinen bereits warmlaufen für dieses jetzt schon begehrte Werk. Ein Erscheinungstermin wird alsbald online bekanntgegeben. Was wir außerdem bereits verraten können: Es wird eine erste Online-Lesung geben. In Zusammenarbeit mit der Stadtbibliothek Nürnberg, die zur engsten Kooperationspartnerin wurde, senden wir die Schreibkrise im Rahmen der Jubiläums-Roadshow. Mit dabei sind Katharina Lucas, Philip


curt

10 – was curt so alles treibt

eine curt-anthologie zum 1. covid19-lockdown

ein covid19pandemischer erguss: 23 autoren 10 fotografen

Krömer, Theo Fuchs und Iwona Lompart. Andreas Thamm und Kathleen Röber moderieren das Spektakel. Auch hier gilt: Termin wird online nachgereicht. Außerdem haben wir uns mit dem Gemeinschaftshaus Langwasser verbandelt und dem Projekt „Der Strand von Langwasser“ fünf unserer Schreibkrise-Autor*innen zugeteilt. Und so entsteht ab dem 3. Dezember auf der Gemeinschaftshaus-Facebook-Site der Krimi zum Mitbestimmen. Am Ende jeder Geschichte entscheiden nämlich die Leser*innen (bzw. Zuschauer*innen, der Text wird auch als Video angeboten), wie es weitergeht mit dem Kommissar auf der Suche nach der verschwundenen Lizzy. Es schreibt das Super-Langwasser-Team Dominik Steiner, Lisa Neher, Felix Kaden, Len Korvin und Anja Gmeinwieser. Das wird sehr spannend. Drittens ist die Rede von einer Soundinstallation einzelner Schreibkrise-Texte an einem populären Ort in Nürnberg. Mehr kann zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht verraten werden, aber bestimmt auch ganz bald. Fakt ist: Es tut sich was, es tut sich einiges und selbst wenn man noch nicht mit echten Lesungen und echten Partys präsent sein kann, die Literatur, die Schreibkrise findet ihren Weg. Alle Infos dazu bald auf www.curt.de/nbg

Krimi zum Mitbestimmen: „Der Strand von Langwasser“ Das Gemeinschaftshaus Langwasser im Amt für Kultur und Freizeit (Kuf) und curt Schreibkrise präsentieren im Zuge des Projekts #LNGWSSR den Kriminalroman „Der Strand von Langwasser“. Über dessen Handlung lässt sich abstimmen – in Anlehnung an Entscheidungsromane, bei denen die Leserschaft den Verlauf der Geschichte mitentscheidet, entstehen Teilgeschichten. Ab 3. Dezember 2020 jeden Donnerstag auf www.facebook.com/ Gemeinschaftshaus wird gepostet und kann abgestimmt werden.


11 – was curt so alles treibt

allianz gegen rechtsextremismus Auch in curt gilt: Kein Raum für Rechtextremismus! Wir sind seit kurzem stolzes und offizielles Mitglied in der Allianz gegen Rechtsextremismus in Mittelfranken. Natürlich gehen wir davon aus, dass sich unter unseren Lesern keinerlei Trolle, Rechte, Extremisten, Verschwörungsspinner und Artverwandes befinden, denn wir haben die Guten, Schlauen und Schönen. Dennoch ist es enorm wichtig, permanent aktiv gegen rechtsextreme und ausländerfeindliche Einstellungen zu arbeiten. Wir machen mit!

uschi unsinn SEITE 26 / Wurde ja auch Zeit, dass es in curt eine feste Kolumne für Uschi gibt, in der sie sich für die LGBTQ-Community einsetzt. In dieser Ausgabe wird sie vorgestellt, ab Februar schreibt sie für uns. Uschi ist übrigens nicht nur neu im Stadtrat, sondern auch die erste Stadträtin im curt-Team. Wie cool ist das denn?!

pop-up-atelier Wir nennen es „curt Pop(up)Studio“. Es ist ein Art-ResidencyProjekt, das Künstler*innen jeweils für zwei Monate Arbeitsräume und Mittel zur Verfügung stellen wird, damit sie bei uns im Büro ungestört arbeiten können. Wobei ungestört nicht ganz richtig ist, denn wir wollen die Künstler*innen dabei medial begleiten und

supporten. Wir suchen daher sowohl Künstler*innen, die sich für dafür bewerben, als natürlich auch Sponsoren und Partner*innen. Das wird super. Wir wandeln also unseren eigenen Büroleerstand – und bieten das dann so auch an über den

Raumkompass, SEITE 42 / der sich um die Vermittlung von Leerstand kümmert. Im Interview mit Mia Trunk geht es auch um unsere Koopertion.

komvorzone SEITE 54 / Ein tolles, partizipatives Projekt vom KuF und dem Südpunkt zur kulturellen Bespielung der Südstadt. curt mag Kultur und hat sein Büro in der Südstadt – wie´s passt! Und darum sind wir Medienpartner. Alles dazu im Beitrag.

#neuland SEITE 130 / Noch eine Medienpartnerschaft! Die Ausstellung im Museum für Kommunikation hat gerade eben geschlossen, was uns nicht daran hindert, mit einer der beiden Kuratorinnen zu plaudern, was das alles zu bedeuten hat – mit und ohne Lockdown. Danke an Tine Nowak für den spontanen Einsatz! Was sonst noch?

frohes fest und so.


12 – egers Kolumne

Foto: natalie de ligt


13 – egers Kolumne

matthias egers egersdörfer: Weihnachtsmarkt Vor drei oder vier Jahren muss das bei der Frau angefangen haben. Mir blieb es immer ein Rätsel, was dafür ausschlaggebend gewesen sein sollte. Ohne Angaben von Gründen oder eine direkte Veranlassung musste sie plötzlich den Weihnachtsmarkt in unserer Stadt aufsuchen. Gegen diese Aktivität hatte ich freilich nichts einzuwenden. Meine Frau ist ja ein freier Mensch. Es ist durchaus als sinnvoll zu bewerten, wenn die Frau in der kälteren Jahreszeit auch einmal eine gewisse Zeit an der frischen Luft verbringt. Der springende Punkt bei dieser sonderbaren Neigung war jener, dass die Frau ihren unerklärlichen Drang nicht allein und für sich ausleben konnte oder mochte. Sie nötigte mich, mit ihr gemeinsam auf diesen Weihnachtsmarkt zu gehen. Als sie mich vor etwa zwei oder fünf Jahren das erste Mal fragte, ob ich sie auf den Weihnachtsmarkt begleiten wolle, sprach sie die Worte mit einer subtilen Strenge aus. Zwar formulierte sie einen Fragesatz. Dennoch deuteten Tonfall, Körperhaltung und Gesichtsausdruck darauf hin, dass mir nichts anderes als eine Einwilligung übrig blieb und mir im Falle der Verweigerung eine nicht formulierte Strafe drohen würde. Vielleicht resultierte die darauf folgende Annahme meines oktroyierten Schicksals wie so oft aus meinem phlegmatischen Charakter. Sich anbahnenden Konflikten gehe ich aus dem Weg wie ein ängstlicher Wanderer, der lieber einen weiten Bogen um Grundstücke macht, hinter deren Zaun ein leises Hundegebell zu vernehmen ist. Um etwaige böse Konsequenzen zu vermeiden, konnte ich nichts anderes tun, als die Frau zu begleiten. Jedes Mal, wenn wir in der

Adventszeit zum Weihnachtsmarkt liefen, störte sich die Frau an meiner Schrittgeschwindigkeit. Viel zu langsam würde ich mich hinter ihr bewegen. Sie habe das Gefühl, dass ich mit Absicht hinter ihr herschleiche. Und wenn sie sich in meiner Geschwindigkeit fortbewege, laufe sie Gefahr, sich schwer zu erkälten und die Feiertage mit Fieber und Schnupfen im Bett verbringen zu müssen. So klagte die Frau regelmäßig. Die Kausalität meines mäßigen Tempos mochte möglicherweise darin begründet liegen, dass ich während der Fortbewegung schon in innerlichen Überlegungen verstrickt gewesen bin, was ich zu den Freundinnen der Frau sagen sollte, die wir zu einem vereinbarten Zeitpunkt treffen und mit denen wir dann gemeinsam über den Weihnachtsmarkt schlendern würden. Es bestand, meines Erachtens, demnach nicht nur eine Gefahr im Vorfeld der Unternehmung, den Besuch des Weihnachtsmarktes grundsätzlich zu verweigern, oder bloß eine Unwilligkeit daran ruchbar werden zu lassen, sondern darüber hinaus Argwohn bei der Herzensdame zu erzeugen, aufgrund einer Taktlosigkeit gegenüber den ausgesuchten Begleiterinnen. Jedes Jahr, wenn meine Frau und ich uns an dem Treffpunkt einfanden, dauerte es einige Zeit, bis die Gruppe vollständig versammelt war, weil die verehrten Damen offensichtlich unterschiedliche Auffassungen von Pünktlichkeit vertraten. Um so bitterer habe ich es bereut, meine Laufgeschwindigkeit im Vorfeld erhöht zu haben, um dann gezwungen zu werden, auf der Stelle zu verharren. Wenn sich dann alle Personen endlich eingefunden hatten, folgte die Fortbewegung in kurzen Schrittchen und das notgedrungene Stillstehen in der dichtgedrängten Menschenmenge. Musik wehte einem in die kalten Ohren. Auch dicke


14 – egers Kolumne Totalität, mit welcher der Besuch des Weihnachtsmarktes mit der Frau und ihren Freundinnen nicht stattfinden würde. Immer höher stieg die Erleichterung wie das Wasser in einer Badewanne, bei der man vergessen hatte, das zulaufende Wasser abzustellen. Aber kurz vor dem Überlaufen der Freude hat sich dann der große Trost verwandelt in eine plötzliche Ernüchterung.

Wollmützen konnten einen davor nicht schützen. Würde solche Musik aus einer Unachtsamkeit aus dem Radio in den eigenen vier Wänden erklingen, sähe sich auch die Frau veranlasst, sofort den Sender zu wechseln oder das Gerät für einige Stunden auszuschalten. Eine Linderung des Gehörganges konnte sich darauf auch nicht einstellen als dann im nächsten Augenblick in nächster Nähe eigenartig gewandete Akteure Töne auf Instrumenten erzeugten, deren Platz in der Musikgeschichte weit in der Vergangenheit ein begründetes Ende gefunden hatten. Die Damen und ich verbrannten unsere Zungen an rücksichtlos erhitzten, im Preis-Leistungsverhältnis fragwürdigen Heißgetränken. Wir konnten in all diesen Jahren niemals beurteilen, ob es sinnvoll sein könne, gesüßten Wein zu kochen, weil wir neben der Verbrühung der Speisröhre und der daraus in Mitleidenschaft gezogenen inneren Organen, damit beschäftigt waren, Glühweinflecken, die wegen des Stoßens und Rempelns der rücksichtslosen Mitmenschen über unsere Jacken gegossen worden waren, großflächig zu verreiben in der irrigen Annahme, damit eine Reinigung zu erwirken. Aus der Not der Enge und der stringenten Ausweglosigkeit aus dieser glotzte man in Buden, in denen unerklärbare Dinge feilgeboten wurden, deren Verzehr den Blutzuckerspiegel drastisch erhöhen oder kurz nach deren Erwerb sich die dringliche Frage nach einer sinnvollen Entsorgung stellte.

Die begehrliche Erinnerung stieg in mir auf, wie huldvoll und gnädig mich die Erleichterung seit Jahren umarmte, wenn ich die Weihnachtsmarkt-Strapazen erfolgreich hinter mich gebracht hatte. Erleichtert lies ich mich dann immer im tiefen Sessel im Zimmereck nieder, nachdem ich meine Füße vom Schuhwerk befreit hatte. Wie gern atmete ich sodann die reine Luft des Raums ohne die Ausdünstungen der beklemmenden Mitmenschlichkeit und der gebrühten und erhitzen Lebensmittel. Immer empfand ich die Erkenntnis als wohltuend, diesem geistfernen Gerangel entronnen zu sein und salbte mich mit der Freude darüber ein, als wäre diese ein Öl auf der abgeschabten Haut. Plötzlich aber wurde ich gewahr, dass dieses Hochgefühl der vorausgehenden Strapaze unbedingt bedurfte. Eine Kälte empfand ich, der aber keine Erhitzung vorangegangen war. Die Erlösung fällt dieses Jahr aus.

Selbst jemand, dem es an Einfühlungsvermögen mangelt, mag meine Erleichterung nachvollziehen, als mir letztens mitgeteilt wurde, dass der jährliche Gang in die Budenstadt ausfallen müsse aufgrund der gerade stattfindenden Pandemie und der derzeitigen Gefahr, sich nicht nur äußerlich zu verflecken und innerlich zu verbrennen, sondern gegenseitig anzustecken. Gestreckt habe ich mich vor innerem Wohlsein, und so strecke ich mich nur selten. An dem Patz, auf dem der Weihnachtsmarkt noch letztes Jahr aufgebaut wurde, bin ich in letzter Zeit des Öfteren vorbei gegangen. Von Mal zu Mal wurde mir die Tatsächlichkeit des Faktischen bewusster. Immer mehr begriff ich die

dezember/januar mit Egers Nunja, obwohl er der Chef der örtlichen Rockerbande im siebten Eberhofer-Krimi „Kaiserschmarrndrama“ ist, wurden auch bei Matthias die Auftritte abgesagt. Wann und wie es weiter geht, findet man bei curt und auf www.egers.de Stattdessen: „Matthias Egersdörfer erzählt Betthupferl“ 14 fränkische Geschichten zur Nacht für große und kleine Ohren. Format: Audio CD, Laufzeit ca. 60 Minuten Infos: www.br.de/betthupferl


15 – hinterhaus


16 – x-mas voll gut

zum fest der liebe vergibt curt super sachen. nur vom feinsten, für die feinsten!

FOTO: helene schütz


17 – viel liebe

LYSU

Foebes

Support Your Locals – Curt Your Locals! Die Zeiten sind hart, für uns alle. Umso besser und schöner, dass man sich gegenseitig unterstützt. Darum präsentieren wir hier ein paar sehr schöne Produkte einiger unserer Freunde. Danke an die edlen Spender! Liebe Leser*innen, das ist hier alles für euch. Aber natürlich könnt ihr hier nicht alle beglückt werden und daher dürft und sollt ihr auch direkt in die Läden und auch bald wieder in die Gastronomie und Clubs gehen und dort euer Geld ausgeben. Curt Your Locals! TEILNEHMEN Ihr findet diese Aktion hier auch auf www.curt.de/nbg und täglich auf Instagram unter curt_magazin_nfe sowie auf Facebook unter curt.nuernberg. Entsprechend könnt ihr auch über alle Kanäle teilnehmen. Oder sendet einfach eine E-Mail an gewinnen@curt.de ... und schon seid ihr im Spiel. Als Betreff/ Stichwort einfach den Namen des Spenders mit angeben. Danke an alle fürs Spenden und fürs Mitmachen!

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18 – x-mas voll gut

nur vom feinsten, für die feinsten – FÜR EUCH! e-werk

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19 – viel liebe

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20 – x-mas voll gut

nur vom feinsten, für die feinsten – FÜR EUCH! Thalia Nürnberg

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21 – viel liebe

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Thalia-Buchhaus Campe Karolinenstraße 53 90402 Nürnberg Tel. 0911 99208-0


22 – x-mas voll gut

nur vom feinsten, für die feinsten – FÜR EUCH! anemoi

Wunschstempel + Stempelkissen

curt Jahresabo + theo Fuchs Buch „der zweite Krautwickel“ + Andreas Thamms „unter schluchten“ + egers buch „vorstadtprinz“ + curt-Buch „schreibkrise“ der aktuelle literarische output unserer Kolumnisten + die krisen-anthologie von und mit curt Wert: unermesslich curt

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curt magazin + Kolumnisten

ein covid19pandemischer erguss: 23 autoren 10 fotografen

Kloster Kitchen

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„Gans to go“: eine ganze Gans, Blaukraut, KlöSSe und SoSSe für 4 Personen Wert: 120,www.rottner-hotel.de

eine curt-anthologie zum 1. covid19-lockdown

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inkl. IngwerTRINK, KurkumaTRINK und dem neuen GranatapfelTRINK Bigshot. von To-Go-Varianten bis zur Schüttel-Limo Ingwer-Zitrone, Ingwer-Mango und IngwerHimbeere alles drin. inkl. orig. shot-Gläser. USP: echte Ingwerstückchen, bio aus Überzeugung & vegan www.klosterkitchen.com


23 – viel liebe

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24 – x-mas voll gut

CuRT 2 0 your21 locals

Der curt Adventskalender: nur vom feinsten, für die allerfeinsten! Was für ein Glück: längst vorbei sind die Zeiten, in denen wir mit unseren wurstigen Verlagsfingern umständlich 24 Socken mit Gimmicks, Gadgets, Schmuck und Leckereien befüllt haben! Ja, der Advent hat damit offiziell seinen Schrecken verloren. Wir präsentieren Euch also täglich auf Facebook und Instagram neue Gaben, die wir von unseren Freunden und Koop-Partnern eingesammelt haben. Bis zum 24.12. natürlich, danach gibt´s nur noch Liebe. Was genau sich hinter welchem digitalen Türchen befindet, erfahrt ihr dann tagesaktuell und spontan – also immer schön dran bleiben! Danke an die edlen Spender und danke an euch fürs Mitmachen! Von den Feinsten, für die Feinsten! Die glücklichen Beschenkten werden rechtzeitig benachrichtigt, Gewinn- und Abholmodus findet man auf www.curt.de/nbg Unseren digitalen curt Adventskalender findet Ihr exklusiv auf Instagram www.instagram.com/curt_magazin_nfe und auf Facebook www.facebook.com/curt.nuernberg und natürlich auf www.curt.de/nbg


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Atelier bambiboom Glockendonstr. 18 · Nürnberg Onlineshop: www.bambiboom.de

25 – viel liebe


26 – uschi unsinn


27 – neue kolumne

NEUe kolumne in curt: LGBTQ+

Uschi Unsinn, nürnbergs einzig wahre polit-dragqueen Auf den ersten Blick ist eigentlich alles klar: Wilde Mähne, aufwändiges Make-Up, den Blick selbstbewusst in die Kamera gerichtet. Wer Uschi zum ersten Mal auf ihren Wahlplakaten begegnete, dachte vielleicht, für die Grünen kandidiere eben eine extravagante Frau, Listenplatz 20. Ihr Name: Uwe Scherzer. Seit 30 Jahren setzt sich Uschi Unsinn, Nürnbergs einzig wahre Polit-Dragqueen, für Vielfalt, für buntes, queeres Leben, für Akzeptanz und gegen Ausgrenzung ein. Seit diesem Jahr mit eigenem Sitz im Stadtrat – und ab sofort – 2021, nach Einführung – mit eigener Kolumne im curt. Natürlich muss man Uschi nicht mehr allzu vielen Menschen in Nürnberg und Umgebung vorstellen. Das war vor dem Wahlkampf schon so und ist seitdem umso mehr der Fall. Seit Jahren steht sie in unterschiedlichsten Funktionen in der Öffentlichkeit, engagiert sich Kondome und Informationen verteilend für die Aids-Hilfe, entertaint bei CSDs im ganzen Land und zahlreichen anderen Veranstaltungen auf der Bühne, unterstützt das politische Engagement des schwullesbischen Vereins Fliederlich und moderiert seit sieben Jahren die „Radiogays“ auf Radio Z. Uschi Unsinn ist auffällig, laut, präsent. Ihre Sichtbarkeit hat sie nicht nur ihrer Äußerlichkeit zu verdanken, sondern mindestens zu gleichen Teilen ihren Inhalten. Politik hat sie auch schon gemacht, bevor sie in die Politik ging. Warum hat sie sich dennoch

entschlossen, sich auf die Liste setzen zu lassen? Uschi – unsere neue Kolumnistin ist zu Gast im curt-Büro – lacht: „Weil ich gefragt wurde!“ Ein parteipolitisches Engagement habe sie sich eigentlich nie vorstellen können, erzählt sie. Der bemühten Kollegin der Grünen versprach Uschi trotzdem, sich das Angebot noch einmal durch den Kopf gehen zu lassen. Es ist dem Zuspruch aus dem Bekanntenkreis – „Uschi, des machste!“ – zu verdanken, dass Nürnberg heute eine Stadträtin hat, die auch ein Stadtrat ist. Wobei: Die Sitzungen sind öffentliche Auftritte, im Rathaus erscheint die queerpolitische Sprecherin ihrer Fraktion freilich nicht als Uwe, sondern im vollen Ornat mit Perücke, Kleid, geschminkten Lippen. Sie stellt Sichtbarkeit her, für sich und ihre Themen. Für Uschi, die trotz Kandidatur für die Grünen parteilos geblieben ist, bedeutet das neue Amt ganz schlicht mehr Gestaltungsmöglichkeiten. „Früher musste ich immer andere Leute für meine Anliegen gewinnen, jetzt formuliere ich die Anträge selbst. Ich mache einfach.“ Ihr Thema, sagt sie, seien die Menschenrechte. In den kommenden Jahren will Uschi mit dem Stadtrat als Hebel versuchen, mehr Akzeptanz für queere Themen zu erwirken. Ihr persönlicher Traum ist das Regenbogenzentrum, eine Begegnungsstätte mit Beratungsangeboten, queerem Jugendzentrum und generationenübergreifendem, bezahlbaren Wohnprojekt. Uschi 2020 kümmert sich um Haushaltsfragen und Erinnerungs-


28 – uschi unsinn arbeit, hält Vorträge und Reden, macht handfeste politische Arbeit. Vom Unsinn ist nicht viel übriggeblieben. „Über die Jahre ist mein Drang nach Gestaltung gewachsen“, sagt sie. „Es macht irgendwann keinen Spaß mehr, mit dem Kopf gegen die Wand zu rennen, zehn Mal an die selbe Stelle, bis eine Delle drin ist.“ Wobei in dem Fall wahrscheinlich eher die Wand als der Kopf die Delle abbekommt. Als das alles anfing, vor über 30 Jahren, war Uschi, sagen wir lieber Uwe, noch auf gänzlich anderen Pfaden unterwegs. Zeitsprung in die 80er-Jahre: Ein junger Mann aus Bad Windsheim kommt nach Rummelsberg, um Diakon zu werden. Für ein Praktikum verschlägt es ihn in die große Stadt – Ansbach. Hier kommt er zum ersten Mal mit schwulen Männern in Kontakt und bekennt sich selbst als homosexuell. Uwe stammt aus einer konservativen Familie, er scheut die Konflikte, die mit seiner sexuellen Identität einhergehen würden. Bei einer freikirchlichen Sekte unternimmt er den Versuch, sich den schwulen „Teufel“ austreiben zu lassen. Das Prozedere ist nicht nur schmerzhaft, sondern auch gefährlich. Nach drei Sitzungen bricht er den Exorzismus ab. Es ist auch diese Erfahrung, die Uwe zu Uschi Unsinn macht. Er will zu dem stehen, was er ist, umgibt sich zunehmend mit anderen schwulen Männern und erfährt in Gesprächen von diesem Ort hinterm Nürnberger Bahnhof, das Paradies, in dem Männer in Frauenkleidern auftreten. Im Telefonbuch schlägt Uwe die Adresse des Cabarets nach. Dem jungen Mann eröffnet sich eine vollkommen neue, bunt schillernde Welt: „Zum ersten Mal in meinem Leben habe ich Travestiekünstler gesehen. Mir ist die Kinnlade runtergekippt. Diese tollen Figuren, dieses Auftreten, die lockere Schnauze – ich war 21, 22 und natürlich ein gefundenes Fressen für diese Leute.“ Geprägt von dieser und ähnlichen Erfahrungen in der Szene zieht Uwe nach Nürnberg, beginnt in einem Schwulenlokal zu arbeiten.

Fotos: Helene Schütz. Hund: Weber, curt-Mastermind


29 – lgbtq+ www.bloomproject.de

2O21


30 – uschi unsinn Es dauert nicht lange, bis er selbst in den Fummel schlüpft, ins erste für Uschi (damals noch ohne den Nachnamen) genähte Kleid. „Diese Kleid würde ich heute natürlich nie mehr anziehen, aber das waren die 80er.“ Es ist die Zeit der Aids-Krise, die Zeit, in der Edmund Stoiber die Ehe für alle mit Teufelsanbetung vergleicht, in der die Polizei regelmäßig Razzien in den Schwulenclubs durchführt. Uschi erinnert sich trotzdem gern: „Die Szene war enger zusammen. Man musste sich nicht verabreden, weil man sich in den Lokalen eh über den Weg gelaufen ist.“ Seither hat Uschi eine beeindruckende Karriere als Gallionsfigur der hiesigen Emanzipationsbewegung hingelegt. Im Comeback steht sie die ersten Mal auf der Bühne, Hertha Herrlich aus dem Paradies verpasst ihr den Beinamen Unsinn, Ende der 90er-Jahre wird sie festes Ensemblemitglied des Fürther Travestietheaters Magic. Das Selbstbewusstsein, mit dem sie heute auftritt, hat sie sich mühsam und ausdauernd erarbeitet. Ihre Bekanntheit sei auch ein Schutz, sagt sie. Wenn sie dieser Tage in der U-Bahn angesprochen wird, dann meist freundlich. Und trotzdem: Es ist längst nicht alles gut für die LGBTIQ+-Community, das Ziel ist lange nicht erreicht. „Die versteckte Diskriminierung hat abgenommen“, beobachtet Uschi, „dafür hat die offene zugenommen. Es ist wieder üblich, am Stammtisch über den warmen Bruder oder Hinterlader zu sprechen, die Leute sagen einem wieder Scheißschwuchtel ins Gesicht.“ Von zwei körperlichen Übergriffen auf queere Menschen in diesem Jahr weiß Uschi. Sie selbst erzählt von einer verbalen Attacke. All das sind für die extravagante Dame von Listenplatz 20 nur Gründe, um weiterzumachen, Bestätigung der Notwendigkeit ihrer Arbeit. „Ich bin heute nicht mehr der“, sagt sie, „der sich wegducken, der sich in öffentlichen Toiletten verstecken muss, der erpressbar ist, weil er keine Rechte hat.“ Im Gegenteil, Uwe Scherzer ist Stadtrat Uschi Unsinn. Und ab sofort auch Kolumnist bei curt. Wie gut!

Uschi Unsinn, geboren 1967 als Uwe Scherzer in Bad Windsheim, startete Ende der 80er-Jahre ihre ersten Gehversuche in der Kunst der Travestie. 1994 fanden ersten Auftritte zusammen mit der Crazy Girls Show Company statt, bevor Uschi 1997 festes Ensemblemitglied des Magic Travestie Cabaret Fürth wurde. Ihr erstes Soloprogramm, 1999, hieß: „Ich bin keine Frau, ich bin ein Fräulein“. Seit Mitte der Nullerjahre engagiert sich Uschi vermehrt im CSD Nürnberg und der Aidshilfe. Seit 2019 ist sie Ehrenmitglied des Fördervereins des CSD Nürnberg, in diesem Jahr zog sie für die Grünen in den Nürnberger Stadtrat ein.


31 – lgbtq+


32 – KURZNACHRICHTEN

Urkunde der allianz gegen rechtsextremismus

Neueröffnung: think! Z-Bau: Solidarischer Merchandise

1. platz pandemie in pixeln von sabine mondorf

tanzzentrale. foto: sebastian autenrieth

raum für zeitgenössische kunst . laurentiu feller


33 – ganz bunt

Neu, anders, schön & wichtig Neu: Think! individuelle Schuhe Trotz Corona und allem: im lokalen Einzelhandel dieser Stadt tut sich was. Think! bringt Schuhwerk für bequemen tragekomfort und gutes Gewissen. Denn: Ehrlicherweise macht man sich oft viel zu wenige Gedanken darüber, was man sich generell an den Fuß schnallt und was das mit dem Rest vom Körper macht. Jetzt gibt es diesen Schuhladen in Nürnberg, der diese Gedanken für uns übernimmt. Stephan Fricke, der bereits die Regensburger, Berliner und Münchner Filialen eröffnet hat, verfolgt mit seinen Läden und seinen Team einen ganzheitlichen, nachhaltigen Ansatz. Die Schuhe werden unter fairen und ökologischen Bedingungen in Europa gefertigt, nach Möglichkeit verwendet Think! nachwachsende Materialien. Insofern sorgt das Schuhwerk nicht nur dafür, dass es dem/der Träger*in, sondern auch der Umwelt und den Produzent*innen gut geht. Sollte man mal drüber nachdenken! Hier auf Seite 5 findet ihr einen 20 %Einkaufsgutschein für den neuen Laden. Think! Store Nürnberg Josephsplatz 1, Nbg, www.think-schuh.com

Literarische Roadshow Die Stadtbibliothek feiert in diesem Jahr bekanntlich ihren sagenhaften 650. Geburtstag und natürlich hat sie zu diesem Anlass ein umfassenden Programm geplant, die sog. Roadshow. Für diese durften sich alle Menschen mit ihren Ideen für Veranstaltungen, die auf kreative Weise mit den Themen der Stadtbibliothek umgehen, für eine Förderung bewerben. Diese Roadshow fällt nun nicht komplett ins Wasser, sie kann zum Teil ans rettende Ufer namens Internet gezogen werden. Zum anderen Teil werden Veranstaltungen im kommenden Jahr nachgeholt. Sicher ist schon mal, dass Norbert Autenrieth und Michael Lösel am 06.12. um 16 Uhr via Facebook zu einer poetisch-theatralischen Lesung einladen, die uns ins Labyrinth der Literatur entführen. curt arbeitet in Zusammenarbeit mit der Stadtbibiliothek an einer online-Veranstaltung zur Präsentation unserer fabelhaften „Schreibkrise“-Autor*innen. Termin wird sobald möglich online bekannt gegeben. Stadtbibliothek Nürnberg, Gewerbemuseumsplatz 4, Nbg. www.nuernberg.de/internet/stadtbibliothek, facebook.com/stadtbibliothek.nuernberg

Curt jetzt auch offiziell gegen Rechtsextremismus Es wurde bei curt schon immer gelebt, jetzt sind wir offizielles Mitglied in der Allianz gegen Rechtsextremismus – das können wir gar nicht oft genug wiederholen. Bestätigt schwarz auf weiß in einer Urkunde. Für die suchen wir noch einen passenden Rahmen und einen Ehrenplatz im Büro. Die Allianz gegen Rechtsextremismus ist ein Zusammenschluss von Gebietskörperschaften, interessierten Institutionen und Vereinigungen, Religionsgemeinschaften sowie Unternehmen aus der Metropolregion Nürnberg, die sich für den gewaltfreien und solidarischen Kampf gegen Rechtsextremismus einsetzen. Wir und alle Mitglieder sagen gemeinsam NEIN zu Intoleranz, Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus, Rechtsextremismus, Menschenverachtung und Demokratiefeindichkeit. Ganz konkret gibt das Konzept nicht nur moralische Begründungen für den Widerstand gegen Rechtsextremismus, sondern auch Handlungsempfehlungen in vielen Bereichen. Ganz oben stehen Vorschläge, wie Kommunen und zivilgesellschaftliche Gruppierungen zusammenarbeiten können, um


34 – KURZNACHRICHTEN die Öffentlichkeit über den Hintergrund und die Folgen neonazistischer Aktivitäten aufzuklären, beispielsweise in runden Tischen, Fortbildungsveranstaltungen oder kontinuierlichen Berichten über geplante Aktivitäten der Rechtsextremisten. Sehr wichtig! Allianz gegen Rechtsextremismus. www.allianz-gegen-rechtsextremismus.de

Delikatessen Das delikatEssen, die Anlaufstelle für Feinkost, worüber sich ehrlicherweise wirklich jede*r zu Weihnachten freut, ist ein kleiner Laden. Deshalb dürfen, damit die Abstände eingehalten werden können, momentan nur zwei Menschen zeitgleich hineingelassen werden. Das kann zu Wartezeiten führen, die uns im Geschenkestress ungelegen kommen. Romana hat sich deshalb verschiedene Wege überlegt, um euch das Einkaufen zu erleichtern. Wenn man schon mehr oder weniger weiß, was es sein soll, kann man seinen Einkauf zum Beispiel telefonisch oder per Mail vorbestellen und eine Abholzeit vereinbaren. Oder ihr wendet euch ans delikatEssen, indem ihr die Vorlieben und Unverträglichkeiten der zu beschenkenden Person mitteilt und gemeinsam mit den Fachleuten ein individuelles, garantiert richtiges GeschenkArrangement austüftelt. delikatessen, Weinmarkt 14, Nbg. www.delikatessen-nuernberg.de

Support your local art! ... als Christmas Inspiration. Kunst belebt, bringt Freude und Farbe in Heim wie (Home) Office und inspiriert, die Welt auch mal aus ungeahnten Perspektiven wahrzunehmen. Die analogen Objekte führen uns auf virtuelle Reisen – was nicht nur, aber vor allem auch in diesen Zeiten eine echte Bereicherung ist. Doppelt gut fürs Karma, wenn die Kunst aus Nürnberg kommt und man gleichzeitig die Szene vor Ort unterstützt – so wie im raum für zeitgenössische kunst . laurentiu feller. Laurentiu arbeitet vorwiegend mit regionalen Künstlern zusammen, die er über Jahre begleitet und aufbaut und ihnen in seiner Galerie ein Forum bietet. Moderne Gegenwartskunst, die oft von außergewöhnlichen Materialien lebt, wie die Objekte aus Computerplatinen von Sebastian Hertrich, Tape Art von Evi Kupfer, Shampoo Works von Ariane Kipp oder Holzintarsien von Clemens Söllner. Und die eignen sich natürlich auch brillant als Weihnachtsgeschenk. Vorbeischauen! raum für zeitgenössische kunst . laurentiu feller Bergstr. 11, Nbg. Mi-Sa von 11-18 Uhr. www.rfzk-feller.de

Goho Artvent Wenn von GOHO die Rede ist, denken die einen an den Stadtteil, die anderen direkt an die Ateliertage, die in diesem Jahr ... na ja,

na ja, was soll man noch sagen. Jedenfalls haben die Verantwortlichen des Goho e.V. sich nicht entmutigen lassen und eine kleinere Version ihres Events organisiert. Am Wochenende 11. bis 13. Dezember feiert Gostenhof ARTvent: 14 Ateliers, Galerien und Läden sind geöffnet, am Freitag sogar bis 21, Samstag und Sonntag bis 19 Uhr, dann präsentieren 28 Künstler*innen, Designer*innen usw. ihre Arbeiten. Mit dabei ist u.a. Malerin Anke Hellmich, in deren Atelier in der Bärenschanzstraße wiederum u.a. Geraldino und Harri Schemm unterkommen. Auf der Goho-Homepage findet ihr eine Karte mit allen ARTvent-Orten, um einen erfolgreichen Adventsspaziergang planen zu können. Abstandhalten und Maske nicht vergessen, wisst ihr selber. Goho Artvent. www.oho.info

Langwasser: lesungen am digitalen Lagerfeuer Das Gemeinschaftshaus in Langwasser hat sich für die Winterzeit ein gemütliches Konzept mit Kultur am Lagerfeuer überlegt, weil open air ging ja neulich noch. Jetzt ist das Lagerfeuer ein digitales und flackert auf allen Bildschirmen von Menschen, die sich gern Literatur nach Hause holen wollen. Das Programm besteht aus neun Veranstaltungen, die jeweils ab einem spezifischen Datum gesendet werden und danach auf


35 – GANZ BUNT LEIB & SEELE ETWAS GUTES TUN Youtube verfügbar bleiben. Mit dabei ist unter anderem die Poetry Slammerin Maron Fuchs zusammen mit der Singer/SongwriterBand Alex & The Lights oder Leonhard F. Seidl, der seinen neuen Roman vorstellt. Oder auch curt-Schmierfink Andreas Thamm mit Stephan Goldbach am Bass und David Soyza am Vibraphon. Und auch Das Lesen der Anderen, unter anderem mit Gymmick. Und so weiter, und so fort. Also, auf der Couch zurücklehnen, Teechen machen und lieber kein Lagerfeuer, das kommt aus eurem Screen. Die Videos und Termine gibt´s auf der Homepage bzw. bei Facebook. Gemeinschaftshaus Langwasser. Glogauer Str. 50, Nbg. kuf-kultur.de/langwasser, facebook.com/Gemeinschaftshaus

Fotowettbewerb: Pandemiepixel Wie schaut eine Corona-Welt aus? Der Fotowettbewerb Pandemie in Pixeln, ist genau dieser Frage nachgegangen. Im Juni waren nicht nur Fotograf*innen, sondern alle, die irgenwie ein Foto machen können, dazu aufgerufen, ihren eigenen Blickwinkel auf die Pandemie einzureichen. Jetzt stehen die Gewinner*innen fest. Platz 1 geht an Sabine Mondorf, die das besondere Moment eines Pandemie-Konzerts aus einer Kölner Garage festgehalten hat. Anni Chen sichert sich

Platz 2 mit ihrer Aufnahme eines Toilettenpapier-Automaten. Und auf dem Foto des Drittplatzierten, Christopher Carlisle, ist eine Straßenszene zum 1. Mai zu sehen. Zum Wettbewerb hatten das Klinikum Nürnberg, der Nürnberger Campus der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität, die Technische Hochschule Nürnberg und LEONARDO – Zentrum für Kreativität und Innovation aufgerufen. Alle zehn Gewinnerbilder sind auf der Homepage anzuschauen und werden, neben weiteren, in einer digitalen Ausstellung und einem analogen Bildband vorkommen. www.pandemiepixel.de

Projekt 31 Erhalten: Demo Das selbstverwaltete Jugend- und Kulturzentrum Projekt 31 steht vor dem Aus. Die Immobilie an den Rampen soll verkauft werden, ein Ersatz ist momentan schwierig zu finden. Das Problem ist weitreichend und betrifft nicht nur das P31. Die Mietpreise sind massiv gestiegen und Immobilienfirmen kaufen teilweise ganze Straßenzüge weg und verdrängen damit einerseits langjährige Mieter*innen und andererseits Kultur. Wer sich weiter über dieses wichtige Thema informieren möchte, dem sei unser Interview mit Ina vom P31 ans Herz gelegt: man findet es auf curt.de/nbg. Gemeinsam mit verschiedenen Initiativen der Zivilgesellschaft und weiteren Kultureinrichtungen ruft das

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36 – KURZNACHRICHTEN P31 nun für den 12.12. zur Demo auf. Motto: „Kultur braucht Freiräume“. Es geht also ganz konkret um den Erhalt eines wichtigen Ortes für viele Menschen, darüber hinaus aber auch um die generelle Wertschätzung für kulturelle Freiräume im Allgemeinen. Die Demo beginnt um 14 Uhr am Aufsessplatz. Alle Teilnehmer*innen haben logischerweise die geltenden Abstandsregelungen einzuhalten und Maske zu tragen. Projekt 31, An den Rampen 31, Nbg. www.projekt31.org.

Neustart Förderung für Tanzzentrale Gute Nachrichten für die Tanzzentrale der Region Nürnberg: Im Rahmen des Hilfsprogramms Neustart Kultur erhält der Verein 65.000 Euro aus Bundesmitteln. Die Initiative Neustart verfolgt das Ziel, die coronabetroffenen und entsprechend geschwächten Strukturen zu unterstützen und deren langfristige Arbeit zu sichern. Die Tanzzentrale ist eines von bundesweit 51 Tanzprojekten (vier in Bayern), die diese Unterstützung bekommen. Der Verein, der sich als Anlaufpunkt für Tänzerinnen und Tänzer der freien Szene der Region versteht, in dem pro Jahr 10-15 Produktionen entstehen, möchte das Geld nutzen, um für mehr Sichtbarkeit der Tanzszene der Region zu sorgen – auch über die Region hinaus. curt sagt: Sehr verdient,

herzlichen Glückwunsch, weiter so. Tanzzentrale Region Nürnberg e.V. Kaiserstr. 177, Fürth. www.tanzzentrale.de

Projekt mit kultureller Innovationskraft und positiver sozialer Wirkung. Hört sich gut an, gerne auch nach Nürnberg exportieren. www.kookoonari.org

Start-Förderung: kookoonari

BadstraSSe 8: Kunstattacke aus der Holzbaracke

Maria Stroumpa, die im Herbst 2019 eine Hospitation im Kulturbüro Muggenhof absolviert hat, erhält für ihr Zero-Waste-Projekt kookoonari eine Förderung in Höhe von 10.000 Euro. Beides, Hospitanz wie Zuschuss, kam bzw. kommt über das Programm START – Create Cultural Change zustande. Dabei handelt es sich um ein Fortbildungs- und Stipendiumsprogramm der Robert-BoschStiftung in Kooperation mit dem GoetheInstitut Thessaloniki und der Bundesvereinigung Soziokultureller Zentren e.V. Die Teilnehmer*innen aus dem Kulturmanagement sammeln Praxiserfahrung in Deutschland und Griechenland und entwickeln im Zuge dessen ihre Projektidee. Bei Maria Strumpas kookoonari geht es nun speziell darum, Schulen zur Müllvermeidung und -reduktion zu motivieren. Im Anschluss an ihre Hospitation in Nürnberg – in der Zeit arbeitete sie unter anderem mit Bluepingu und ZeroHero zusammen – entwickelte Stroumpa das Konzept der Null-Abfall-Schule für ihre Heimatstadt Komotini im Osten Griechenlands. kookoonari überzeugte die Jury als herausragendes

Der Kulturort Badstraße 8 in Fürth stellt seine Räume ab sofort und bis Mai selbstständigen, freien Künstler*innen zur Verfügung. Unter dem Motto „Barack Attack – Kunstattacke aus der Holzbaracke“ besteht hier an einem so schönen wie bekannten Ort die Möglichkeit, sich trotz der bestehenden Einschränkungen prominent zu präsentieren. Gezeigt werden kann Kunst darstellender, performativer, bildender Art, ganz egal, Hauptsache, die Arbeit kann per Video präsentiert werden. Der Kulturort stellt nicht nur die Baracke, sondern auch das technische Equipment für eine hochwertige Aufzeichnung. Dank der Unterstützung des Kulturamts Fürth kann jede*r beteiligte Künstler*in mit 100 Euro entschädigt werden. Erster Sendetermin ist der 05.12., danach wird die Reihe im zweiwöchigen Rhythmus fortgesetzt. curt hat ein Auge drauf! Interessierte selbständige Künstler*innen schicken eine formlose konzeptuelle Kurzbewerbung an post@badstrasse8.de. Weitere Infos werden nach und nach auf www. badstrasse8.de veröffentlicht.


37 – GANZ BUNT

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N E R E I D U T #BESSERS

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38 – KURZNACHRICHTEN Kulturort BadstraSSe 8, Badstra.8, Fürth

N-Kubator Gründerzentrum Die Stadt Nürnberg hat in ihrer jüngsten Haushaltssitzung den Aufbau eines neuen Gründer- und Innovationszentrums beschlossen: der N-Kubator. Der N-Kubator soll einen ganz besonderen Fokus verfolgen und ganz gezielt Gründungen aus den zukunftsmäßigen Bereichen Energie, Greentech und Nachhaltigkeit unterstützen. Es geht also im Kern um Technologien, die wir jetzt ganz dringend benötigen, wenn das ein Planet mit einer gewissen Lebensqualität bleiben soll: nachhaltige Mobilität, nachhaltige Wasserwirtschaft, Speicherung von Energie, Energieeffizienz ... Der auf dem ehemaligen AEG-Areal angesiedelte N-Kubator fördert sowohl Startups als auch Mittelständler aus diesen und ähnlichen Bereichen. Ab wann das grüne Gründerzentrum Realität werden soll, ist noch nicht bekannt.

OHM Professional: Betriebswirtschaft

Während man so fleißig sein BWL studiert, kommt der Praxisbezug des Gelernten, die Arbeitserfahrung oft zu kurz. Klar, man ist ja beschäftigt damit, Punkte zu verdienen. Am Ende geht man von der Uni und muss

erst noch lernen, wie man mit dem Stoff eigentlich arbeitet. Das muss so nicht sein, sagt die TH Georg Simon Ohm Professional zu euch. Das Weiterbildungsinstitut der TH bietet die Betriebswirtschaftslehre nämlich auch berufsbegleitend an. Möglich und machbar ist das dank Abendvorlesungen und begleitendem Onlinematerial. Während des vierjährigen Studiums werden alle BWL-relevanten Inhalte von Marketing über Logistik bis Rechnungswesen vermittelt. Mit konkreten Praxisprojekten in den Unternehmen fließt das Wissen dann direkt in die Realwirtschaft ein. Der nächste BBB-Jahrgang startet am 1. September 2021. Vorher ausgiebig schlau machen auf: www.ohm-professional-school.de Technische Hochschule Nürnberg, Keßlerpl. 12.

tern Reinhard und Maximlian Engel, als in der ersten Phase der Coronakrise der Industriealkohol ausging. Das antivirale Destillat aus Bio-Malz war zunächst also wirklich als Aushilfsprodukt gedacht, um Lücken zu schließen. Findige Unternehmer, die sie sind, haben die Engels das Produkt seither weiterentwickelt, um auch Gästen und Kund*innen eine Bio-Alternative zum Infektionsschutz anbieten zu können. Durch die beigemengten fruchtigen, würzigen oder hopfigen Aromen entsteht der erwünschte Nebeneffekt, dass Desinfizieren jetzt auch Spaß macht. Das Spray erfüllt alle Anforderungen der WHO und ist für 11,90 Euro im Onlineshop und Brauereiladen des Altstadthofs erhältlich. Hausbrauerei Altstadthof Bergstr. 19, Nbg. hausbrauerei-altstadthof.de

destilliertes hygienespray

OTH Amberg-Weiden: virtueller Studieninfotag

Die Hausbrauerei Altstadthof, eigentlich bekannt für köstliche Biere und Spirituosen, reagiert auf die aktuelle Situation und setzt die eigene Expertise und Gerätschaften zur Gesundheitsförderung der Allgemeinheit ein: Seit 1. August gibt es das HausbrauereiHygienespray Live. Spray. Repeat, hergestellt in der Hausbrauerei-Destille aus 100 Prozent Bio-Alkohol. Das desinfizierende Spray kommt in den Aromen Gin, Whysky oder Hopfen daher. Die Idee kam den Braumeis-

Wolltet ihr schon als Kinder Stadtmagazinkönige und -königinnen werden? Das werden wir häufig gefragt und dann beginnt die Litanei der gescheiterten und abgebrochenen Karrieren als Studenten, Lokomotivführerinnen, Köche, Vermesserinnen, Zigarettenautomatenauffüller und, und, und. Wir konnten uns eben schlecht entscheiden und waren noch schlechter informiert. Damit es euch nicht genauso ergeht, liebe Kinder, schi-


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39 – GANZ BUNT

MIT ZUVERSICHT INS UNGEWISSE

CORONA KONFORME SHOWS

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MIXED SHOW VON & MIT MATTHIAS EGERSDÖRFER) /// 15.01. MALAKOFF KOWALSKI (PRÄSENTIERT IN DER KONZERTREIHE „TASTENCLUB“) /// 16.01. PAULINA CZIENSKOWSKI (PRÄSENTIERT IN DER REIHE“ LESESALON“) 22.01. JAN WEILER (LESUNG) /// 23.01. ANDY STRAUSS /// 28.01. SIMON & JAN 06.02. ILGEN-NUR /// 10.02. RAINALD GREBE & FORTUNA EHRENFELD /// 12.02. FANTASTISCHE QUEERWESEN & WIE SIE SICH FINDEN (LESUNG/POETRY) /// 13.02. LAMBERT PRÄSENTIERT IN DER REIHE „TASTENCLUB“ 13.02. PAULA IRMSCHLER PRÄSENTIERT IN DER REIHE „LESESALON“ /// 20.02. RAKETE BANGKOK /// 26.02. NEANDER 02.03. OLIVIA WENZEL PRÄSENTIERT IN DER REIHE „LESESALON“ /// 10.03. PATRICK SALMEN

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40 – KURZNACHRICHTEN cken wir euch zum Studieninfotag der OTH Amberg-Weiden. Dort erfahrt ihr u.a., was ein Ingenieurpädagoge macht – oder eine Medieninformatikerin. Und welche Möglichkeiten nach dem Studium Digital Business offen stehen. Um euch zu informieren, müsst ihr in diesem Jahr weder nach Amberg noch nach Weiden reisen, der Informationstag findet online statt, und zwar am 17.12. Die Teilnahme ist kostenlos. Ostbayerische Technische Hochschule OTH Amberg-Weiden, Kaiser-Wilhelm-Ring 23, Amberg. www.oth-aw.de/ve

Kampagne #demokratierelevant Die Covid-19-Pandemie führt nicht nur zu Unternehmenspleiten und Wundliegen auf dem Sofa, sondern auch zu Diskussionen, welche Gesellschaftsbereiche eigentlich systemrelevant sind – und zu gruseligen bis dämlichen Demos gegen die Maßnahmen. Durch den Diskurs wird uns einmal mehr klar, dass die Demokratie Angriffen unterschiedlichster Art ausgesetzt ist und immer wieder verhandelt und verteidigt werden muss. Die Nürnberger Partnerschaft für Demokratie schließt sich deshalb für eine gemeinsame Kampagne mit zwölf weiteren Partnerschaften dieser Art in Deutschland zusammen. Ihr Ziel ist es, aufzuzeigen, dass

jede und jeder Einzelne von uns relevant ist, wenn es um den Erhalt der Demokratie geht. Auf der Homepage www.demokratierelevant. de findet ihr Beiträge und Veranstaltungen aus den teilnehmenden Orten. Aus Nürnberg geht am 7. Dezember ein Beitrag über Kinderrechte in Zeiten von Corona online. Die Partnerschaften für Demokratie sind Teil des Bundesprogramms „Demokratie leben!“, das vom Bundesfamilienministerium finanziert wird. Nürnberg als Stadt der Menschenrechte war von Anfang an dabei. Mit dem #demokratierelevant kann sich jede*r beteiligen und auch ein Zeichen gegen Hetze, Fake News und Verschwörungserzählungen setzen. Sehr gut, sehr wichtig! Partnerschaft für Demokratie: demokratierelevant. www.demokratierelevant.de

Z-Merch – Solidarisch bekleidet durch den Winter Der Z-Bau, ihr erinnert euch wahrscheinlich, ist eigentlich, eigentlich einer der herrlichsten Orte für Veranstaltungen. Ist aber grad schwierig. Deshalb macht der Z-Bau zwischenzeitlich und dabei pünktlich zum Geschenkefest in Merchandise. Befreundete Designer*innen und Künstler*innen, namentlich: Eva Wünsch, Felix Neumann, Lisa Neher und Philipp Dittmar haben Shirts, Schals und Tennis-

socken gestaltet. Wir sehen Z-Wauwaus, Glückskekse und Solidaritätsbotschaften und sind recht begeistert. Kommt also alles unter den Weihnachtsbaum, da freut sich auch Tante Hildegard. Die Artikel findet ihr online auf oder im freundlichen Südstadtcafé Frau Elster zum Kaffee auf die Hand. Z-Bau. Frankenstraße 200, Nbg. z-bau.com und www.shop.z-bau.com

mudra upcycelt! Aus alten Stoffen, Planen und Kaffekapseln stellen die Macher*innen der mudra – Alternative Jugend- und Drogenhilfe Nürnberg e.V. – sehr schöne Taschen, Schmuck, Mäppchen und Geldbeutel her. Masken sowieso! Und auch die Gartenmöbel sehen gut aus. Gefertigt von Menschen, die schon ganz unten waren und nun Perspektive und Kontinuität brauchen. Leute: kauft! Die Produkte sind in den mudra-Räumen im Nürnberger Westen oder im eigenen OnlineShop erhältlich: www.mudra-shop.de


41 – GANZ BUNT

Optimale Vereinbarkeit von Weiterbildung, Arbeit und Privatleben

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42 – interview maria trunk

Mia Trunk + Constantin von der Leyen / wbg, Ansprechpartner für den Supermarkt. Fotos: Helene schütz


43 – Raumkompass

Raumkompass Nürnberg: Leerstand / Vom Konzept zum Supermarkt und zurück Das kommunale Immobilienunternehmen wbg Nürnberg (wbg) und der Raumkompass Nürnberg beleben in Kürze einen ehemaligen Supermarkt in Langwasser Nord mit Kunst-, Kultur- und Kreativschaffenden. Dieses Raumangebot ist das erste Modellprojekt für den Raumkompass. Die neue Nutzung des Gebäudes könnte starten, wenn die momentan von akuter Raumnot betroffenen Künstler*innen aus der Marienstraße ihre Zwischennutzung in diesem Gebäude beenden und ihr langfristiger neuer Ort bezugsfertig ist. Dieter Barth, der Leiter der Unternehmenskommunikation der wbg, und Maria Trunk, die den Raumkompass im Amt für Kultur und Freizeit konzipiert, haben uns berichtet, wie sie dabei vorgehen und warum curt zum Medienpartner des Raumkompasses geworden ist, sogar mit einem eigenen Raumangebot als Sahnehäubchen oben drauf. CURT: Frau Trunk, seit dem 1. Oktober ist der Raumkompass Nürnberg nun online. Was genau ist dieser Kompass und wohin soll er die Kreativen der Stadt navigieren? M. Trunk: So sinnbildlich gesprochen, navigiert der Raumkompass raumsuchende Kulturschaffende und Raumanbieter*innen auf dem oft komplizierten Weg zueinander. Die dazugehörige Internetseite www.raumkompass.nuernberg.de zeigt die Konzipierungsphase des Raumkompasses hin zu einer künftigen Anlaufstelle für Kreative auf Raumsuche. Das heißt, wir sind in Nürnberg gerade

dabei, ein kommunales oder externes Leerstandsmanagement für Kulturräume zu entwickeln. Solch eine Anlaufstelle wurde bereits lange gefordert … M. Trunk: Genau, die Anbahnung einer solchen Stelle wurde nach langer Vorarbeit vieler Akteur*innen im Januar 2018 Teil der Kulturstrategie. Das Projekt berücksichtigt Dezentralität, Stadtentwicklung, Bedarfe, Besonderheiten und vorhandene Erfahrungen in Nürnberg. Viele Großstädte Deutschlands haben bereits ihr eigenes Modell gefunden, wie etwa München mit dem Kompetenzteam Kultur- und Kreativwirtschaft, Bremen mit der ZwischenZeitZentrale oder Dresden mit der Kreativraumagentur. Das Amt für Kultur und Freizeit (Kuf) wurde bis Ende 2021 mit der Umsetzung beauftragt, weil es bereits zweimal Partner in EU-Projekten zur Belebung von leerstehendem Baukulturerbe war. In Zusammenhang damit entstand unter anderem die digitale Karte OffSpaces. Darauf können Eigentümer*innen Raumangebote eintragen. Offspaces wird nun als Grundstein für den Raumkompass weiterentwickelt und gepflegt. Die Arbeit ist quasi bis Ende 2021 ein Balanceakt aus Konzepterarbeitung und Praxis. Wie weit sind Sie nun? M. Trunk: Der Raumkompass als Maßnahme der Kulturstrategie der Stadt Nürnberg bündelt bisher vor allem Informationen zu Kulturräumen. Raumsuchenden bietet die Webseite eine Übersicht über spezifische Plattformen und Ansprechpartner*innen. Sie vermittelt Wissen, gibt Tipps und verweist auf Werkzeuge,


44 – interview maria trunk Arbeitshilfen und Strategien zu Themen wie Fördermöglichkeiten, Zwischennutzungen für den Einzelhandel oder Innovationen für Innenstädte. Eigentümer*innen bietet der Raumkompass die Möglichkeit, ihre Raumangebote in einen Newsletter aufzunehmen und auf der digitalen Karte OffSpaces einzutragen. Wie arbeiten Sie mit dem bereits bestehenden „Raumteiler“ zusammen? M. Trunk: Wir arbeiten eng zusammen. Der Raumteiler macht vor allem bereits bestehende Raumangebote zum Mitnutzen sichtbar und ist ein Mitmach-Tool. Der Raumkompass ist eine Vermittlungsplattform für völlig neue Kulturräume. Die meisten Raumangebote und -gesuche sind klar zuzuordnen, doch oft haben wir Kulturschaffende, die wir gemeinsam betreuen. Beispielsweise wenn es um die Suche nach Orten für Schaufensterausstellungen geht, werfen wir unser Wissen und Können in einen Topf. Wie kommt es, dass Sie diese Raumangebote im Raumkompass veröffentlichen? Was erhofft sich die wbg als Immobilienunternehmen von diesem Angebot der Stadt Nürnberg? D. Barth: Wir erhoffen uns die Erschließung neuer Zielgruppen, zu denen wir bisher noch keinen Kontakt haben und wir hoffen natürlich auch, dass wir an der einen oder anderen Stelle bei Bedarf Kunstschaffenden helfen können. Herr Barth, ein leerer Supermarkt, das klingt in den Ohren vieler Kulturschaffender nach einer tollen Herausforderung, haben Sie ein paar Details für uns? D. Barth: Der rund 500 qm große Supermarkt bedarf recht wenig Instandsetzung, besitzt große Fensterflächen und Oberlichter sowie mehrere Ein- und Ausgänge. Er ist quasi ideal für eine Ateliergemeinschaft oder andere kreative Nutzungsideen. Er liegt mitten in einem belebten und verkehrsberuhigten Gebiet. Das sogenannte Baugebiet P in Langwasser ist das erste und älteste autofreie Wohngebiet Deutschlands. Auch heute noch ist die

Umgebung speziell, zum Beispiel sind die dort lebenden Kinder im Durchschnitt zwei Jahre früher als ihre Altersgenossen aus konventionellen Gebieten draußen allein unterwegs. Ist die kulturelle Nutzung Ihrer Immobilien für Sie Neuland? D. Barth: Nein, insbesondere Ateliers haben eine jahrzehntelange Tradition in unserem Unternehmen. Hier arbeiten wir gerade an einer weiteren Verstetigung. Da passt das Angebot des Raumkompasses super dazu. In Nürnberg ist der Wegfall vieler Arbeits- und Schaffensräume für Kunst- und Kulturschaffende in aller Munde. Marienstraße, alte Oberpostdirektion, Hofederstraße, Auf AEG, Kohlenhofstraße, P31 – die Raumnot ist momentan groß. Will die wbg damit auch einen Beitrag gegen die Raumknappheit für Kulturschaffende in Nürnberg leisten? D. Barth: Durch den Raumkompass entstehen ja keine zusätzlichen Räume, es werden bestehende aber mit einer neuen Aufmerksamkeit versehen und an neue Zielgruppen herangeführt. Was daraus wird – wir werden es sehen. Aber ja, die wbg schafft auch neue Räume für genau diese Zielgruppe, zum Beispiel auf dem ehemaligen Branntweinareal oder auch – wenn’s klappt – in der Werderau. Und nun starten Sie mit dem Supermarkt der wbg als Modellprojekt, um Praxiserfahrungen zu sammeln und diese in das Konzept mit einfließen zu lassen … M. Trunk: Ja genau, aber auch um Vertrauen zu schaffen, die Vorteile kultureller Nutzungen bewusst zu machen sowie Neugier zu wecken. Eigentümer*innen von Leerständen springen momentan noch nicht jubelnd in die Luft, wenn sie nach der Möglichkeit von Zwischennutzungen wie etwa Pop-up-Stores oder Schaufensterausstellungen hören. Das wollen wir ändern. Gelingen kann das laut den Erfahrungen anderer Leerstandsmanager*innen nur durch gute Vorzeigeprojekte. Abgesehen davon, herrscht ja gerade die vorhin angesprochene akute Raumnot und wir können daher


45 – Raumkompass

nicht einfach untätig bleiben. Daher der Spagat. Wir haben in unserem Büro ja selbst noch Flächen frei, die wir zu Jahresbeginn durch ein neues Projekt beleben wollen. Wir nennen es „curt Pop(up)Studio“, ein Art-Residency-Projekt, das Künstler*innen ab Februar jeweils für zwei Monate Arbeitsräume und Mittel zur Verfügung stellen soll, damit sie ungestört arbeiten können. Wobei ungestört nicht ganz richtig ist, denn wir wollen die Künstler*innen dabei medial begleiten und supporten. Wir wandeln also unseren eigenen Büroleerstand – und bieten das dann so auch über den Raumkompass an. Wir suchen dafür übrigens sowohl Künstler*innen, die sich für dafür bewerben, als natürlich auch Sponsoren und Partner*innen. Ich hoffe, das Ganze passt gut in das Raumkompass-Konzept! M. Trunk: Ja, auf jeden Fall, das klingt super spannend und genau darum geht es! Wir wollen auch auf das Potenzial unkonventioneller und inspirierender Raumideen aufmerksam machen. Ob ein Atelier auf dem Dach, Bandproben in Büroräumen nach Dienstschluss, Chorproben in Parkhäusern, Büro-Gewächshäuser in

alten Hallen oder eben das Umdenken vom Supermarkt zum Kulturort: Das hat Potenzial und erzeugt eine Menge positiver Energie in der Kunst- und Kulturszene, was wiederum der Stadtgesellschaft, Wirtschaft und Stadtentwicklung zugute kommt. Wäre eure Idee ein klassisches Co-Working-Angebot, würde ich euch dagegen an andere Ansprechpartner*innen verweisen. CURT: Wir freuen uns schon darauf, beim Raumkompass mitzumachen – und darauf, eure Modellprojekte begleiten zu dürfen!

Maria Trunk ist Jahrgang 1984, hat in Leipzig ihren Magister-Abschluss in Japanologie, Journalistik und Biologie absolviert und ist in Nürnberg seit fünf Jahren als Fachjournalistin für Stadtentwicklung tätig. Ihre Studien zur Belebung von leerstehendem Baukulturerbe mithilfe von Kultur- und Kreativschaffenden und nicht zuletzt ihre ehrenamtliche Arbeit im Quellkollektiv führten sie ins Amt für Kultur und Freizeit der Stadt Nürnberg, wo sie nun die Konzipierung des Raumkompasses durchführt, um eine Anlaufstelle für Raumsuchende aus dem Kunst-, Kulturbereich und Kreativbereich auf den Weg zu bringen.


46 – interview Wanda

Fotos: Helene schütz


47 – Gentle machine

Wanda Leuthe: ausstellung gentle machine + Shop ohne Shopping gegen fast fashion Seit dem 10. Oktober wandert die Ausstellung Gentle machine wöchentlich zwischen Fashion-Läden und Ausstellungsorten durch Nürnberg. Begleitend dazu kann man sich online über das Thema, Fakten und Alternativen zu Fast Fashion informieren. Wir haben nachgehakt, wie die Ausstellung entstanden ist und warum wir alle unseren Konsum überdenken sollten. Wie kam die Idee zu Gentle machine zustande – und wer war daran beteiligt? WANDA LEUTHE: Die Grundidee ist von meiner Schwester und mir und unserem Label YAR. Wir haben das Konzept für das Quellkollektiv geschrieben und bei dem Ideenwettbewerb „Taten für Morgen“ eingereicht, das ist eine Mischung aus Wettbewerb und Förderung. Mit der eingereichten Idee haben wir dann eine Vollförderung gewonnen. Gentle machine behandelt Fakten und Alternativen zu Fast Fashion. Warum ist euch gerade dieses Thema, neben anderen Nachhaltigkeitsthemen, so wichtig? Bedingt durch das, was wir machen. Wir beschäftigen uns bald schon seit Jahrzehnten mit dem Thema Fashion und Kleidung. Angefangen mit der offenen Siebdruckwerkstatt im KV, mit meiner

Schwester zusammen. Meine Schwester ist gelernte Schneiderin und Textildesignerin. Eine Freundin, die bei YAR mitmacht, ist auch Schneiderin. Wir haben dieses kleine Label gegründet. Eigentlich kommen wir alle aus der Bildungsarbeit, haben viele Workshops gemacht und viele offene Konzepte. Da sind wir immer wieder an den einen Punkt gekommen: Wir wollen nicht nur über Alternativen reden, sondern das auch ausprobierbar machen. Zu schauen, ob die Theorie, von der wir reden, auch in der Praxis möglich ist. Was ist das besondere an eurem Label YAR? Der Fokus unseres Labels ist, die Bandbreite an Fasern zu zeigen und wenig mit Baumwolle zu arbeiten. Hanf ist eine gute Alternative. Tencel, Qmilk oder veganes Leder sind zwar schwer zu besorgen, aber wird bei uns trotzdem verarbeitet. Der Hauptaspekt ist aber, dass generell einfach zu viel produziert wird. Und jedes Label, das dazu kommt, ist erst einmal ein Mehr, statt ein Weniger. Und deswegen produzieren wir keine 10.000 Auflage, sondern produzieren nur auf Bestellung von Läden. Mit dem Nürnberger Store Bube & König arbeiten wir eng zusammen, die kriegen unsere Sachen exklusiv. Wir konzentrieren uns mittlerweile mehr auf die Alternativen und wollen den Bereich auch noch weiter ausbauen. Los ging es


48 – interview wanda irgendwann mit der Veranstaltung „Kleiderrausch“. Das ist eine Tauschveranstaltung, die einmal im Monat stattfindet. Der wichtigste Aspekt ist nämlich, die vorhandene Kleidung im Kreislauf zu lassen und keine neue dazu zu holen, denn wir alle haben ein enormes Problem mit Kleidungsmüll. Wenn man sich im Schnitt 60 bis 70 Kleidungsstücke im Jahr kauft, muss man auch viel aussortieren. Die Leute wissen oft gar nicht, wohin mit ihren Sachen. Vieles kommt in Deutschland in Altkleidercontainer. Damit tut man aber nicht wirklich etwas Gutes. Knapp 15% dieser Textilien werden wirklich recycelt. Ich kann mir vorstellen, dass gerade jetzt in Corona-Zeiten Menschen noch viel mehr ausmisten, weil wir alle viel zu Hause sind. Richtig. Es haben schon ein paar große Städte reagiert. Hamburg und Köln haben schon Altkleidercontainer abgebaut, weil sie die Menge an Textilien nicht verarbeiten können. Durch Corona können die Kleidungsstücke nicht mehr über die Weltmeere verschifft werden. Außerdem haben wir mit unserem Textilmüll auch andere Textilmärkte, wie z.B. in Afrika, völlig zerstört. Da gibt es fast keine traditionellen Bekleidungsunternehmen mehr. Außerdem wird die Qualität der Kleidung von Jahr zu Jahr schlechter. Die Sachen kann man teilweise auch gar nicht länger tragen. Die sind verwaschen und zerlöchert und von der Qualität so schlecht, dass man sie fast gar nicht mehr als Putzlappen verwenden kann. Immer mehr aussortierte Textilien werden zu Abfall und können nicht weiterverarbeitet werden. Das Thema Slow Fashion wird immer bekannter, immer mehr Menschen leben Alternativen. Der Marktbereich wächst – in den letzten Jahren in Deutschland von 2 % auf circa 4 %. Das ist schön, aber bedeutet auch, dass über 90 % noch konventionell hergestellt werden. Auf der ande-


49 – Lucius A. Hemmer ren Seite gibt es auch positive Entwicklungen, z.B. das Lieferkettengesetz. Ich finde, es sollte viel mehr über Regelungen oder Gesetze gehen, welche Stoffen verwendet werden dürfen, oder wie Arbeitsbedingungen sein dürfen. Wir brauchen aber nicht glauben, dass alles gut ist, wenn wir alles in grün herstellen. Denn wir haben immer noch einen enormen Ressourcenverbrauch, der dadurch ja nicht sinkt. Das größte Problem ist unser Konsumverhalten, dabei darf man aber nicht alle Schuld dem Verbraucher auflasten. Gewisse Regelungen machen es uns allen leichter. Auch dem Verbraucher, weil er nicht mehr darauf achten muss, was er kauft und sich die Preise regulieren. Trotzdem muss man auch an sich selber arbeiten und sich immer wieder fragen: Brauche ich das wirklich? Warum das T-Shirt als Ausstellungsmedium? Zum einen natürlich die Verbindung zum Textil, aber auch, damit man die Ausstellung leicht transportieren kann. Sie rolliert für ein halbes Jahr jede Woche, das muss sehr mobil sein. Je nach Ausstellungsfläche ist die Präsentation anders. Wie unterscheidet sich Gentle machine in einem Store wie Bube & König von der Ausstellung im Heizhaus oder im Bürgerbüro? Im Bube & König hängen die T-Shirts wirklich mit im Sortiment. Da ist es nicht klar als Ausstellung präsentiert und die Leute bleiben natürlich auch weniger stehen und lesen. Bube & König ist ja kein Aussteller, bei dem sich die Leute viel Zeit nehmen, um alles durchzulesen – sie sind gekommen, um zu shoppen. Aber dadurch wird der Kaufimpuls unserer T-Shirts noch mehr angetriggert. Dann erst stellt sich heraus, dass man die Shirts nicht kaufen kann, denn das ist eine reine Ausstellung. Die Kunden werden mit den eigenen Gedanken konfrontiert, über das Konsumverhalten nachzudenken. Genau das wollen wir erreichen: zu erkennen, wann dieser Kaufimpuls kommt und wie man den überwinden kann. Das ist sehr spannend!

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50 – interview wanda Den Kaufimpuls triggert ihr auch auf der Website an, indem ihr die Informationen im Look eines Fashionshops verpackt habt. Außerdem ruft ihr dazu auf, Teil der Gentle machine Community zu werden. Was erwartet mich, wenn ich dieser Community beitrete? Wir wissen selbst noch nicht genau, was es wird. Wir wollen die Ausstellung und die Website als Werkzeuge nutzen, um die Leute anzutriggern und ihnen danach die Alternativen anbieten. Unser Wunsch ist, einen Laden zu eröffnen, mit dem Fokus auf das Tauschen. Secondhand-Läden gibt es ja schon recht viele, auch Läden, die ein Mietmodell anbieten, wie die Kleiderei, jedoch merke ich bei unseren monatlichen Tauschveranstaltungen, dass Tauschen praktikabler ist. Wenn sich eine Community von circa 300 Leuten findet, die alle bereit sind, 10 Euro im Monat zu zahlen, dann funktioniert so ein Laden. Hier kann ich sicher sein, dass ich nichts Kaputtes oder Dreckiges bekomme. In dem man auch ausleihen kann, Secondhand kaufen oder Altes reparieren kann. Designerteile, Abendkleidung oder Sportkleidung wie einen Skianzug kann man sich super leihen und probetragen. Ein Designermantel kann schon mal 900 Euro kosten, das kauft man sich nicht einfach so. Da wäre es doch toll, den Mantel über so ein alternatives Konzept zu testen. Vielleicht merke ich dann, nach ein paar Wochen Tragen, dass ich den nicht mehr hergeben will. Ein Laden, der diese Alternativen gut kombiniert, wäre mir mehr als 10 Euro wert. Ich hoffe, dass die Community das ermöglicht. Gibt es Kleidungsstücke, die du lieber neu kaufst? Unterwäsche und Socken, intimen Kleidungsstücke eben. (lacht) Du wirst bald, zum zweiten Mal, Mutter. Kinder wachsen sehr schnell und nutzen ihre Kleidung mehr ab. Wie schaffst du es, deine Kinder nachhaltig einzukleiden? Viel Secondhand. Ich habe auch für mein erstes Kind noch nie etwas neu gekauft. Bei kleinen Kindern kann man sogar Socken secondhand kaufen, die wachsen ja so schnell raus, dass die

kaum gebraucht werden. Was ich aber mitbekomme ist, dass das Bedürfnis wächst, seine Kinder enorm stylisch anzuziehen. Das kann man aber auch gut z.B. über die App „Vinted“ abdecken. Auch die Kleidertauschparty haben wir schon mal als Sonderevent in der Kinderedition gemacht. Was möchtet ihr erreichen und welchen Effekt soll ein Besuch der Ausstellung bewirken? Dass sie ihren Kaufimpuls erkennen und hinterfragen. Die Ausstellung soll die Besucher auf die Füße treten! Die Hoffnung ist, Leute zu erreichen, die sich nicht unbedingt mit Nachhaltigkeit beschäftigen, denn bei ihnen wird dieser Kaufimpuls ja noch viel mehr angetriggert. Es wäre schön, wenn man die Scheu vor Secondhand verlieren würde. Und auch, wenn man die eigenen Textilien nicht so überwaschen würde. T-Shirts werden einmal angezogen und in die Waschmaschine geschmissen, mit Waschmittel und Weichspüler und sonst noch was. Über 70 % des CO2-Wertes eines Kleidungsstückes macht das Waschen aus. Wenn man es wäscht, dann wächst das CO2-Konto. Darum beschäftigen wir uns auch viel mit alternativen Fasern. Hanf z.B. wirkt antibakteriell, ein HanfShirt kann fünf Mal länger tragen als ein Baumwollshirt, ohne es zu waschen. Zum diesem Thema Waschen & Pflegen haben wir natürlich auch ein Ausstellungs-T-Shirt gemacht.


51 – gentle machine

Fotos: Helene schĂź


52 – gentle machine

Wanda leuthe hat nach ihrem Abitur eine Fotografie-Ausbildung gemacht und zwei Jahre Mediendesign studiert. 2009 schloss sie als Jahrgangsbeste die Schreinerausbildung ab. Mittlerweile ist sie selbstständig in der Kultur- und Kreativschaffenden Szene engagiert, kümmert sich um ihr Label YAR und ist Mitglied im Verein Quellkollektiv e.V..

#gentle machine: kein fast fashion Gentle machine sollte eigentlich ein Pop-up-Store in der Nürnberger Innenstadt werden – 2 Monate lang. Corona-bedingt und -verzögert wurde aus dem Projekt vom Quellkollektiv e.V. und dem Label YAR dann doch mehr: eine Wanderausstellung plus Website. Thematisch werden Fakten und Alternativen zu Fast Fashion behandelt. curt begleitet die Ausstellung als Medienpartner. Gentle machine www.gentlemachi.net 28.11. – 04.12. 05.12. – 11.12. 12.12. – 18.12. 19.12. – 01.01. 02.01. – 08.01. 09.01. – 15.01. 16.01. – 22.01. 23.01. – 29.01. 30.01. – 02.02. 13.02. – 26.02. 27.02. – 12.03. 13.03. – 19.03. 20.03. – 02.04. 03.04. – 09.04. 10.04. – 16.04. 17.04. – 23.04. 24.04. – 30.04.

Freivon La Cola Künstlerhaus Z-BAU Rote Galerie Atelier Koberger 51 glore Desi Zeltnerschloss Schloss Almoshof Lysu FarCAP Kulturwerkstatt auf AEG Nkith Kulturgewächshaus Ecokiosk Heizhaus


EVA WÜNSCH - HANNAH RABENSTEIN - HOMBRE SUK - JULIAN VOGEL - LUISA STÖMER

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D E Z E M B E R

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J A N U A R

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54 – interview Olga & Team

Das Orgateam Marina Moos, Olga Komarova + Matti Kunstek. Foto: elizaveta shlosberg


55 – Raumkompass

Kommvorzone: die südstadt pimpt die südstadt! Man könnte ganz einfach sagen, die Südstadt soll kommunikativ und kulturell gepimpt werden und durch die KommVorZone soll dafür ein neues Zentrum geschaffen werden. Für und von Bürger*innen und Künstler*innen. Wir lassen uns das von Olga Komarova, freischaffende Künstlerin und Leitung KommVorZone, und ihrem Orgateam Marina Moos, und Matti Kunstek erklären, denn da steckt natürlich mehr dahinter. Was genau will, bzw. bezweckt die KommVorZone – und woher kommt sie? Olga: KommVorZone ist ein Pilotprojekt, initiiert durch das Amt für Kultur und Freizeit, Abteilung Kulturläden in Kooperation mit dem KUF im südpunkt. Inspiriert von der „Agora“, dem zentralen Fest-, Versammlungsund Marktplatz antiker griechischer Städte, soll ein temporäres Kulturzentrum in der Nürnberger Südstadt geschaffen werden – eine Plattform für Begegnungen in der Nachbarschaft, für Kommunikation und Kreatives. Ein „Dritter Ort“ soll entstehen, ein Ort zwischen Wohnen und Arbeit, entwickelt von und für die Bewohner des Stadtteils. Diese Plattform wird in einem partizipativen Prozess bis Mai 2021 entwickelt und umgesetzt. Ab Mai bis Juli wird sie frei zugänglich für die Aneignung durch die Stadtteilbevölkerung sein und für die kulturelle Nutzung durch unterschiedlichste AkteurInnen bereitstehen.

Ihr seid in der Südstadt auf der Suche nach Ideen für die Südstadt. Warum nimmt sich die KommVorZone genau diesen Stadtteil vor? Olga: Die beiden Bezirke Galgenhof und Hummelstein werden den „sozial angespannten Quartieren“ zugeordnet: hohe Arbeitslosigkeit, hohe Anzahl an Bewohnern mit Migrationshintergrund und zugleich Unterversorgung durch kulturelle Angebote. Gerade in solchen „sozial angespannten Bezirken“ sind die Projekte, bei denen es um Partizipation und Empowerment geht, sehr wichtig. Matti: Wir bemerken im laufenden Prozess, dass die Ideen für die Südstadt schon in der Südstadt vorhanden sind. Die Idee war, eben durch die Plattform diesen Ideen eine Fläche zu geben, sich zeigen zu können und erlebbar zu werden. Zusammen mit der TH wurde als Semesterprojekt im Schwerpunkt „Integrierte Stadtentwicklung“ eine Stadtteilanalyse erstellt. Welche Erkenntnisse konnten gewonnen werden und fließen in die KommVorZone ein? Marina: Im Sommersemester beschäftigte sich ein Teil der Studierenden mit der Auswertung verschiedener Bürgerbeteiligungsformate (Boulevard Babel, Bewerbungsbüro N2025, Gemeinschaftshaus Langwasser, Quartiersbüro Südstadt) und ging dabei der Frage nach, welche Faktoren zum Gelingen bzw. Nichtgelingen von Bürgerbeteiligungen beitragen. Daraus ging hervor, dass die persönliche Kommunikation und das Ernstnehmen aller Beteiligten, eine niedrigschwellige Gestaltung, Transparenz, Anpassung an


56 – interview Olga & Team den Stadtteil, die Berücksichtigung von Sprachbarrieren, die Schaffung von Anregungen sowie die Kombination aus Veranstaltung und Befragung wesentlich zum Erfolg beitragen. Diese Erkenntnisse konnten wir bei unseren mobilen Aktionen, die wir im September und Oktober an zehn verschiedenen Plätzen in der Südstadt zur Bewerbung der KommVorZone durchgeführt haben, auch direkt anwenden. Eine Mischung aus künstlerischen Interventionen und Fragen mithilfe einer Themenlotterie, durch die wir viele interessante Südstadtbewohner*innen kennenlernen durften, die uns von ihren persönlichen Sorgen, Bedürfnissen und Wünschen erzählten. Die zweite Gruppe recherchierte die spezifischen Angebote, Zielgruppen und Motive lokaler Akteur*innen, Institutionen und Schlüsselpersonen und ergänzte hierdurch die Liste mit potenziellen Kooperationspartner*innen im Stadtteil. Und in der dritten Gruppe wurden statistische Daten analysiert, um festzustellen, welche Bevölkerungsgruppen im Einzugsgebiet der KommVorZone leben und welche von kulturellen Angeboten erreicht werden und welche eher nicht. Für das Wintersemester wurden die Fragestellungen noch weiter vertieft und die abschließenden Ergebnisse der Studierenden Mitte Dezember präsentiert. Eine Begleitung und Evaluation der KommVorZone während der Umsetzung durch die TH ist für das Jahr 2021 geplant. Ihr möchtet mit euren Werkstätten das konstruktive Gespräch im Kiez anregen. Wie macht man das? Wie erreicht man die Leute, was funktioniert? Olga: Das Ziel der ersten Werkstätte war eine Programmgruppe zu bilden und die Idee der Offenheit zu kommunizieren. Die Programmgruppe ist so etwas wie ein offenes, diverses Kuratorium, das aus Stadtteilbewohnern besteht. Wir haben über ganz verschiedene Kontakte alle möglichen Gruppen und Einzelpersonen zum Mitmachen eingeladen. Aus der Programmgruppe raus soll entschieden werden, wie die Plattform aussehen wird und was

dort angeboten wird. Nach den ersten Werkstätten entwickelte sich bereits die erste Vision: es soll ein Open Space entstehen, bei dem es in erster Linie um den sozialen Aspekt des Miteinanders und des gemeinsamen Erlebens geht. Also viel Begegnung, viel Mitmachen und Mitgestaltung, viel Self-Empowerment und Empathie, weniger passiver Konsum. Es soll ein Raum für Spontanes angeboten werden, unter anderem durch offene Bühnen oder Speakers Corner, und zwar für alle, unabhängig von Alter, Gender, Nationalität und soziale Schicht. Klingt traumhaft, stellt uns alle jedoch vor vielen Herausforderungen: Wie erreicht man das Gefühl, dass dieses Open Space allen Stadtteilbewohnern gehört? Wie beugt man Vandalismus vor? Wie geht man mit gefährlichen Inhalten um? Wie fördert man die Teilhabe? Aber auch: Wie gestaltet man die Plattform möglichst multifunktionell und umweltfreundlich? Die Antworten auf diese Fragen werden in weiteren Workshops gesucht. Geplant sind Workshops zu den Interventionen im öffentlichen Raum, zur Partizipation, zu Anti-Bias-Methoden, sowie Gestaltungs- und Bauworkshop. Matti: Das Konstruktive, wie Olga schon sagt, entsteht in diesem Dialog zwischen den Beteiligten. Jeder gibt mit seinem Input wieder neue Denkanstöße. Man findet in den Gesprächen der Programmgruppe und in den Werkstätten immer wieder ganz interessante Einblicke auf bestimmte Themen. Jeder ist ja durch seine Erfahrungen im Alltag und durch seine Wünsche ein Experte auf einem Gebiet. Diese Offenheit ist eine sehr einladende Erfahrung. Der erste Vor-Ort-Termin war am 17.10. Hat es funktioniert? Marina: An der Auftaktveranstaltung haben rund zwanzig Personen teilgenommen. Und wegen coronabedingter Abstandsregelungen hätten es auch tatsächlich nicht viel mehr sein dürfen. Die Zusammensetzung war sehr divers und eine gute Mischung aus alteingesessenen und neuhinzugezogenen Südstädter*innen.


57 – Lucius A. Hemmer

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58 – interview Olga & Team Wir haben versucht, eine angenehme Wohnzimmeratmosphäre im südpunkt zu schaffen, um uns ein fiktives Wochenende in der Südstadt im Jahr 2030 vorzustellen, so, wie es optimalerweise sein könnte. Heraus kam eine Vision in der Zukunft, die alle Facetten des Lebens umfasst und die Urbanität seiner Bewohner*innen im Stadtteil widerspiegelt – mit ihren Bedürfnissen nach Kunst und Kultur, Kommunikation und Kreativität, Bewegung und Entspannung und natürlich nach gutem Essen ... Das Projekt ist partizipativ. Wer nimmt teil, bzw. soll teilnehmen? Olga: Erstens gibt es die Programmgruppe, die zusammen mit den Projektleiterinnen und dem Team südpunkt den Grundrahmen für die Plattform und Programm bestimmt. In dieser Programmgruppe sind sehr viele aus dem ersten Workshop am 17.10. dabei, was sehr für die gute und offene Stimmung spricht, die auf dem Workshop herrschte. Zweitens möchten wir Vereine und Akteure des Stadtteils in die Programmgestaltung einbeziehen. Diese sprechen wir direkt an und informieren sie auch laufend, wo wir gerade mit dem Projekt stehen. Denn man kann sich ja jeder Zeit beteiligen und miteinsteigen. Und drittens soll das Programm so konzipiert werden, dass alle Stadtteilbewohner die Möglichkeit haben werden, die Plattform und das Programm mitzugestalten und zu nutzen. Zum Beispiel planen wir ab Mai 2021 verschiedene Aktionen, bei denen jeder Bewohner intervenieren und z.B. beim Plattformbau mitwirken darf. Welche Art Aktionen das sein werden und wer da als Experte zur Hilfe steht, beraten wir gemeinsam mit der Programmgruppe. Kann man als Bürger, Verein oder Initiative noch weiterhin Ideen einbringen? Olga: Klar! Die Programmgruppe ist nicht geschlossen, das heißt, jede/r Interessierte darf uns anschreiben und zu einem Workshop oder Arbeitstreffen kommen. Aber auch wenn man keine Zeit hat, regelmäßig in der Programmgruppe mitzuwirken, kann man uns


59 – Lucius A. Hemmer

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Ideen und Wünsche per E-Mail schicken. Das Gleiche betrifft auch ganz konkrete Vorschläge. Wenn ein Verein, eine Initiative oder ein Akteur etwas im öffentlichen Raum machen möchten, sei es ein Auftritt, Workshop, Bildungsmaßnahmen, Aktionen, kann man mit seinem Vorhaben im Zeitraum zwischen Mai und Juli 2021 dabei sein. Input ist immer gerne gesehen! Habt ihr schon einen Eindruck gewonnen, was die drängendsten Themen der Südstadt sind? Matti: Es ging bisher viel um das gemeinsame Draußensein. Um ungezwungen miteinander Kultur zu genießen. Zusammen etwas auf die Beine zu stellen. Die Südstadt mit mehr Wohnzimmer-Charakter auszustatten … Also auch viel darum, die Aufenthaltsqualität in der schönen Südstadt zu verbessern und besonders darum, die öffentlichen Plätze, die existieren, nutzbar für den Bedarf der Stadtteilbevölkerung zu machen. Die Südstädter mögen den Nürnberger Süden und wollen diesen auch in ihrer Freizeit besser nutzen können. Es wird eine physische Plattform geben, also eine Bühne. Wo kann die stehen und wie oder von wem soll sie bespielt werden? Matti: Bis jetzt wird viel über die Parks gesprochen, aber auch kleine Grünflächen, auch über die temporäre Nutzung von Straßen, also Fahrbahnen. Es geht also gar nicht so sehr um eine Bühne, sondern eher um eine szenische Fläche, auf der man die Vielfalt und die Bedarfe der Südstadt inszenieren und zusammenbringen kann. Es wird in der Programmgruppe auch über Lernräume gesprochen, über temporäre Gastronomie, über die Möglichkeiten, sich über die Südstadt und Informationen auszutauschen, sich zu vernetzen und an Initiativen zu beteiligen, aber auch über die Beteiligung von Kindern und alten Menschen. Es wird auch darüber diskutiert, ob es einen zentralen Ort mit vielen kleinen Satelliten geben soll, oder ob

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60 – interview Olga Komarova es ein rein mobiler, nomadierender Kultur- und Gemeinschaftsort werden soll. Das alles entwickelt sich zur Zeit noch. Und jeder kann mitreden und mitentscheiden. Die KVZ findet erstmals in der Südstadt statt. Ist das ein Konzept, das auf andere Stadtteile übertragen werden kann? Olga: KommVorZone war eins der Projekte im 2. Bidbook zum Titel Kulturhauptstadt Europas. Hätten wir gewonnen, wäre es gesichert, dass KommVorZone im Jahr 2022 in anderen Stadtteilen realisiert werden könnte. Da wir den Titel nicht bekommen haben, ist die Zukunft des Projektes in einem anderen Stadtteil erstmal unklar. Wir freuen uns jedoch, dass die KommVorZone unabhängig von dem Kulturhauptstadttitel in der Südstadt komplett durchgeführt wird. Und ich glaube, wenn das Ergebnis überzeugend genug wird, kann man sich sicher über die Fortsetzung in anderen Stadtteilen Gedanken machen. Mein größter Traum ist, dass wir die Stadtteilbewohner so empowern können, dass die KommVorZone in der Südstadt einfach als freie Initiative weiter lebt. Momentan verhagelt auch noch Corona das Zusammensein und gemeinsames Workshoppen. Was bedeutet das für die KVZ? Matti: Wie so vieles wurden die Treffen jetzt erst mal in den digitalen Raum verlegt. Aber das Ergebnis wird auf jeden Fall in echt zu erleben sein. Interessanterweise ist der digitale Raum aber für das Workshoppen nichts Schlechtes. Nur für ein paar Gruppen, wie z.B. ältere Menschen, stellt das Digitale schon eine Hürde dar. Olga und Marina überlegen sich aber gerade, wie man da eine andere Form der Beteiligung mit einbringen kann. curt sitzt selbst in der Südstadt. Sind wir deshalb der ideale, projektbegleitende Medienpartner? Olga: Ja, unter anderem. Aber nicht nur. Uns geht’s darum, möglichst viele Menschen über den aktuellen Stand des Projektes zu informieren – interessant und verständlich. Und das schafft ihr in euren Editorials hervorragend.

Das stimmt. Danke.

Der nächste Workshop ist für den 19. Dezember 2020 in Kooperation mit dem N.ORT Kollektiv geplant. Die Nürnberger Akteure haben bereits viele Projekte, wie das Kulturhauptstädla am Richard-Wagner-Platz oder das fahrbare N.ORT Café realisiert, mit denen sie Impulse setzen wollen, den Stadtraum anders wahrzunehmen und gemeinschaftlich zu nutzen. Wie man aus wiederverwertbaren Baumaterialien mobile Pop-up-Elemente, urbane Stadtmöbel oder Pavillons entstehen lässt, wollen sie uns an diesem Tag zeigen. Entweder live vor Ort, sofern dies bis dahin wieder möglich ist, oder als zweistündigen Online-Workshop. Anmeldungen und Infos unter kommvorzone@stadt.nuernberg.de.

KommVorZone Die eigene Komfortzone verlassen und den öffentlichen Raum zur Komfortzone machen – das geht seit Herbst 2020 in der Südstadt. curt ist Medienpartner, weil mittendrin inder Südcity und eh unverzichtbar. Kontakt: kommvorzone@stadt.nuernberg.de www.nuernberg.de/internet/kuf_kultur/kommvorzone.html facebook.com/KommVorZoneNbg instagram.com/kommvorzone_nbg


61 – Lucius A. Hemmer

Dein Raum fĂźr Kultur

raumkompass.nuernberg.de


62 – kulturgesichter 0911 das nßrnberger orga-Team

Fotos: Fotofactory by rose


63 – ohne die wird‘s still

Kulturgesichter 0911: Eine Branche wehrt sich gegen das Vergessen Sie sind Caterer und Designer*innen, Fotograf*innen und Logistiker*innen, Stylist*innen, Ausstatter*innen, Musiker*innen, und, und, und. Im Rahmen der Aktion Kulturgesichter zeigt eine Branche die Menschen, die den ganzen Betrieb am Laufen halten. Manche von ihnen stehen auf der Bühne, andere nie. Gemeinsam wehren sie sich dagegen, in der Krise vergessen zu werden. Die Idee stammt ursprünglich aus Hannover: Versehen mit dem Hashtag #ohneunsistsstill veröffentlicht die niedersächsische Veranstaltungsbranche Schwarz-weiß-Fotos, Portraitaufnahmen der Angestellten und Selbstständigen aus der Veranstaltungsbranche. Die Aktion zieht schnell weite Kreise, auch der Nürnberger Fabian Bierwirth wird darauf aufmerksam. Bierwirth arbeitet im Bereich EventequipmentVerleih. Weil das Verleihen von Geschirr und Möbeln nach wie vor erlaubt ist, ist seine Firma von der Coronakrise nur indirekt betroffen und kann daher, Stand heute, auf gewisse staatliche Hilfen nicht vollumfänglich zugreifen. Die Events, die man normalerweise ausstatten würde, finden aber nicht statt. „Wir haben seit acht Monaten quasi keinen Umsatz“, sagt er. „Dass wir oft außen vor gelassen werden, macht uns wütend.“ Fabian Bierwirth erkundigt sich also bei den Hannoveranern, ob sich bereits jemand um die Nürnberger Kulturgesichter kümmert und übernimmt fortan die Organisation: „In der Arbeit gibt es ja ohnehin nicht viel zu tun.“ Ende Oktober lädt er die ersten 25 Kulturgesichter zum Fotoshooting. Die Ästhetik ist klar vorgegeben und orientiert sich am Ernst der Lage: Arme verschränkt, schwarzes Oberteil. Das Orga-Team, das neben Fabian Bierwirth aus Szidonia Zakel und Burcu Karanthai besteht, führt im Zuge des Shootings Interviews

zur Lage mit den Protagonist*innen. Seitdem veröffentlicht Kulturgesichter 0911 im Zwei-Tages-Rhythmus die Bilder und Statements der Betroffenen. „Wir machen das“, sagt Bierwirth, „weil uns die Branche wichtig ist. Weil wir unsere Leidenschaft nicht aufgeben möchten. Diese Gefahr besteht wirklich. Dann wird 2021 ein sehr stilles Jahr.“ Niemand glaube momentan daran, noch in 2020 Umsätze generieren zu können, viel eher müsse man mit Ausfällen bis Juni rechnen. Ein Mitbewerber seiner eigenen Firma habe bereits dicht gemacht. „Wenn jetzt nichts passiert, auch für indirekt Betroffene, wird es massenhaft Insolvenzen geben.“ Die Aktion Kulturgesichter möchte bewusst darauf verzichten, große Namen vor die Kamera zu zerren. Es geht vielmehr darum, das breitenwirksame Ausmaß der Krise zu zeigen. Dass Künstler*innen betroffen sind, ist klar, genauso aber eben auch Techniker*innen und Plakatierer*innen. „Die Menschen, die dann arbeiten, wenn das Konzert vorbei ist, finden keine große Beachtung“, sagt Bierwirth. „Denen wollen wir eine Stimme verleihen.“ Seit der Nürnberger Ableger online ist, erhält Bierwirth viel Zuspruch und Bewerbungen. Sobald es die Infektionszahlen zulassen, soll es ein zweites Fotoshooting geben, in einer größeren Location. Mit versetzten Timeslots möchte das Team noch einmal 50 bis 70 Menschen ablichten, für die gilt: Ohne uns wird‘s still.

Kulturgesichter 0911 Hier: facebook.com/kulturgesichter0911 Oder bei Instagram @kulturgesichter0911


64 – Plakatkunst

Kunst kaufen, Kulturszene unterstützen: 1000 Plakate für Nürnberg! Nie war es schöner, den Clubs und Bars unserer Region helfend unter die Arme zu greifen. Die Jungs und Mädels von High Life Low Budget haben 20 befreundete Künstler*innen gebeten, Plakate zu entwerfen und ihnen für die Aktion 1000 Plakate für Nürnberg zur Verfügung zu stellen. Der Erlös kommt unseren Lieblingsorten zugute. Auf der Startnext-Seite der Aktion www.startnext.com/ 1000plakatefuernuernberg kann man sich jederzeit sein Lieblingsmotiv auswählen und für 25 Euro erstehen. Das erste Fundingziel sind 2.500 Euro, das kriegen wir hin! Am Ende der Finanzierung wird das Geld weiterverteilt: Es geht zu 50 Prozent an die Kulturliga, den Zusammenschluss der Livemusikveranstalter*innen. Die

andere Hälfte wird an Gastro, Bars, Clubs augeschüttet. An wen genau, darüber entscheidet eine Umfrage, die ab 6. Dezember online geht. Zu den Künstler*innen, Designer*innen, Fotograf*innen, die Plakate beigesteuert haben, zählen stadtbekannte Namen wie Corinna Weigand, Luisa Stömer, Girls in Motion, Leon Greiner, Marko Meth uvm. Wenn man sich da mal durchklickt, will man eigentlich alle haben. Macht Sinn, man will ja auch alle Clubs, Bars, Restaurants behalten. 1000 Plakate für Nürnberg Jetzt einkaufen und Gutes tun: www.startnext.com/1000plakatefuernuernberg


WEIHNACHTSGESCHENKE? WAS FÜR DEN WINTER-LOCKDOWN?

65 – ohne die wird‘s still

Tonträgern und Merch! von uf Ka dem mit ne sze sik Mu ale ion reg die tzt stü ter Un usikzentrale.com/support

er www.m Anregungen und Inspiration gibt’s unt

musikzentrale nürnberg


66 – coronaHilfen

Die Bescheidwisser im Dienste der Kreativwirtschaft Dass auch die Kulturschaffenden dieser Stadt an dem praktischen Berufsverbot heftig zu knabbern haben, ist jedem klar. Bund und Länder versuchen mit Hilfsgeldern nachzuflicken, was zum Teil noch mehr Komplikationen mit sich bringt. Um dem großen Durcheinander und der großen Verzweiflung vorzubeugen, hat die Stadt Nürnberg eine Lotsenstelle eingerichtet. Hilfesuchende bekommen so im Bildungszentrum eine zentrale Anlaufstelle für ihre Sorgen, Nöte und Fragen. Das Angebot ist absolut kostenfrei und richtet sich an Kulturschaffende aller Arten, ganz egal, ob selbstständig, soloselbstständig oder angestellt, solange sie aus der Metropolregion stammen. Die Ansprechpartner*innen im Bildungszentrum haben sich eine Expertise in Sachen Hilfsprogramme draufgeschafft, wissen, welche Initiativen darüber hinaus hilfreich sind und greifen auf ein

dichtes, nützliches Netzwerk aus Kompetenzzentren und Institutionen zu. Außerdem sind sie stets auf dem Laufenden, was die aktuellen Hygiene- und Infektionsschutzregelungen angeht. Ziel der Lotsenstelle besteht darin, die Kreativen in dieser Zeit massiver unternehmerischer Herausforderungen zu unterstützen und gleichzeitig neue Chancen und Perspektiven abseits der bereits bekannten Wege aufzuzeigen. Man erreicht die Lotsenstellen Montag bis Donnerstag von 9 bis 13 Uhr telefonisch. Oder ihr meldet euch online übers Kontaktformular, schildert euer Anliegen schriftlich und verseht es mit einer Rückrufbitte. Viel Erfolg!

1 - 3 12 86 Tel. 09 11 / 23 .de/ad79c0dc rg e b rn e u .n o http://g

Lotsenstelle Coronahilfen Im Bildungszentrum Nürnberg, 0911 231-31286. www.bz.nuernberg.de


67 – Kunst

Aus dem Kopf durch die Hand in die Welt – nutz dein Potenzial

Physikerin oder Optikerin #MachHandwerk weil du mehr kannst hwk-mittelfranken.de/machhandwerk


68 – quartier u1 Hinweis: alle bilder aus einer zeit vor corona

ideenworkshop im heizhaus. foto: quartier u1

vernetzungstreffen der nationalen stadtentwicklungspolitik. foto: quartier u1

raumparasit-release im edel extra. foto: quartier u1


69 – Stadtentwicklung mit Stil

quartier U1: Auch der Raumteiler macht künftige Kulturorte Sichtbar Das Quartier U1 kümmert sich weiter um die Rundumbetreuung der kreativen Szene der Stadt Nürnberg. Wer eine Idee hat, komme ins Amt für Ideen. Wer sein Projekt finanziell gefördert haben will, hat sich hoffentlich bei der Akteursförderung beworben. Und wer gerade einfach dringend einen Raum für kommende Projekte braucht, sucht ihn sich im neuen Raumteiler. Viel zu oft scheitert die Umsetzung von schönen Vorhaben nämlich ganz banal daran: Wo soll ich die Ausstellung denn hinhängen? Wo kann ich meinen Vortrag halten oder einfach arbeiten, am besten auch noch ohne durch Miete und Nebenkosten zu verarmen? Dabei sind Räume da, weiß das Quartier-U1-Team. Mehr geeignete Räume, als man im Allgemeinen denkt. Man müsste die nur anständig sichtbar machen und die Raumsuchenden auf diese Weise mit den Raumbietenden zusammenbringen. Diesen Dienst leistet seit Herbst die sehr unkomplizierte Google-Karte namens Raumteiler, die man über die Quartier-U1-Homepage findet. Die Orte auf dieser Karte sind nach dem immer beliebter werdenden Ampelsystem geordnet. Grüne Orte sind verfügbar, die Bedingungen bekannt. In dieser Kategorie findet ihr momentan zum Beispiel das Tellerrand auf AEG oder die Räume inklusive Werkstatt des Subkulturvereins. Gelb sind potenziell geeignete Orte zum Teilen, für die sich das Quartier U1 noch um Detailinformationen bemühen will. Bekanntere Orte wie der Z-Bau stehen hier z.B. neben der Galerie GmbH23. Die dritte Kategorie ist auch als Handlungsaufforderung an die Behörden zu verstehen, denn rot heißt: Leerstand. Hier könnte man doch was

machen. Leer steht die ehemalige Bäckerei Gabsteiger in Gostenhof, genauso wie zahlreiche Ladengeschäfte im Citypoint, und, und, und. Wenn euch beim Lockdown-Spaziergang der eine oder andere Leerstand quasi vor die Füße fällt, schreibt ihr fix eine Mail ans Quartier und die Jungs und Mädels nehmen ihn in die Karte mit auf. „Wir möchten auf lange Sicht mehr Menschen, die das bisher nicht machen, dazu bringen, ihre Räume zu teilen“, formuliert Basti Schnellbögel vom Quartier U1 die Perspektive. Die Gruppe erforscht mit ihrem Raumteiler auch unterschiedliche Möglichkeiten der Bereitstellung: „Manche verlangen einen Unkostenbeitrag oder einen Mindestverzehr, bei anderen muss man die Bar selber schmeißen.“ Neben den Leerständen gebe es viele Räume, die zum Beispiel von Vereinen nur einmal pro Woche genutzt werden. Die Besitzer*innen oder Pächter*innen müsse man jetzt erst einmal auf die Idee des Teilens bringen. Mit der Stadt steht das Quartier U1 dabei in stetigem Austausch, und so soll der Raumteiler auch keineswegs eine Konkurrenz zum Raumkompass darstellen, der von Leerstandsmanagerin Maria Trunk betreut wird (siehe Seite 42). Neue Orte im Raumteiler sollen dem Raumkompass, wenn passend, zugeführt werden – so befruchtet das eine Verzeichnis das andere und am Ende stehen beide besser da.

Quartier U1 – stadt gemeinsam selber machen – unterstützt vom Medienpartner curt. www.quartieru1.de www.facebook.com/quartieru1


70 – die grßnste bank

ReNderings: Spengler Wiescholek


71 – die grünste Bank

neubau der Umweltbank: Green Building als Teil eines nachhaltigen Stadtquartiers Die UmweltBank verbindet seit 1997 erfolgreich Ökonomie und Ökologie. Denn grundsätzlich finanziert die Bank mit den Einlagen ihrer Kunden ausschließlich Projekte, die umwelt- und/oder klimafreundlich sind, z.B. ökologische und soziale Immobilien oder im Bereich erneuerbare Energien. Jetzt erschließt die UmweltBank das ehemalige GfK-Gelände am Nordwestring – hier entsteht nicht nur eine neue Firmenzentrale, sondern ein ökologischer Stadtteil. Seit Mitte Oktober wissen wir, wie das neue Gebäude der UmweltBank aussehen könnte. In einem europaweiten Wettbewerb setzten sich drei Architekturbüros mit ihren Entwürfen durch. Der erste Platz ging an Spengler Wiescholek Architekten Stadtplaner aus Hamburg. Der Hamburger Vorschlag überzeugte die Jury unter anderem mit seiner konstruktiven Klarheit, seinem Nachhaltigkeitskonzept und der besonders auf Radfahrerinnen und Radfahrer zugeschnittenen Anbindung. Das heißt noch nicht, dass genau dieser Entwurf jetzt auch am Nordwestring umgesetzt werden wird. Es folgt ein Verhandlungsverfahren, an dessen Ende die Auftragsvergabe steht. Der Neubau soll bis 2024 abgeschlossen sein. Die UmweltBank möchte mit ihrer neuen Zentrale nicht nur auf den zunehmenden Platzmangel am Standort Laufertorgraben reagieren, sondern auch die grundlegenden Prinzipien ihrer Arbeit manifestieren. Wichtigstes Kriterium bei der Auswahl ist daher der geringe Ressourcen- und Energieverbrauch des Gebäudes. Die Angestellten der UmweltBank freuen sich in Zukunft über eine offene Innenarchitektur und viel Grün, denn das macht das Arbei-

ten nicht nur kommunikativer, sondern auch lebenswerter. Mit diesem Öko-Haus ist das ehemalige GfK-Gelände aber nur teilerschlossen. Deshalb heißt das eigentliche Ziel der UmweltBank auch: Entwicklung eines nachhaltigen Quartiers. Dazu soll ein bereits bestehendes Konzept für das Gelände in Zusammenarbeit mit der Stadt weiterentwickelt werden. Im Quartier werden auf lange Sicht auch eine Kita, Gastronomie, Gewerbe, öffentliche Spiel- und Grünflächen sowie bezahlbarer und sozialer Wohnraum und auch ein Studentenwohnhein realisiert. Ziel ist ein lebenswertes, nachhaltiges Stadtquartier mit guter (Rad-) Verkehrsanbindung. Eben ein futuristisches, grünes Stück Nürnberg. Wir hoffen, dass diese Quartiersentwicklung mit all ihren grünen und nachhaltigen Aspekten, die eng in Zusammenarbeit mit der Stadt entwickelt wurden, sich auch positiv auf weitere Stadtentwicklungsprojekte auswirkt. Aber auch durch das eigentliche Geschäft – Finanzierung – kann man als Bank Einfluss darauf ausüben, wie wir künftig leben werden. So finanzierte die UmweltBank zuletzt den Neubau der Kindertagesstätte des KuK e.V. in der Hohenbuckstraße. Diese neue Kita für 74 Kinder soll im März 2021 bezugsfertig sein. Die Kids spielen dann in einem modernen Massivholzhaus mit optimalem Raumklima, wärmedämmender Dachbegrünung und vollständig regenerativer Heizung. Mehr davon!

UmweltBank www.UmweltBank.de


72 – die grßnste bank rendering: haascookzemmrich studio2050

Fotos von der ausstellung: curt


73 – die grünste Bank

Ich bin

#d

t n a v e l e r e i t a r k o em afür?

Du d t s u t s a W

„Demokratie bedeutet für mich, jederzeit meine Meinung frei sagen zu dürfen und mit Menschen anderer Ansichten in den Diskurs zu gehen.“ Helene Schütz, Designstudentin und curt Mitarbeiterin

CURT 20 YOU R 21 LOCALS


74 – bluepingu

Kolumne: Bluepingu der N.Ort – ein Ort mit vielen Gesichtern

Die „Hello Pegnitz“-Installation an der Fleischbrücke.

Die gerettete Lebensmittel eines Tages

Musik an der Insel schütt im Rahmen des Projektes „Hello Pegnitz“

Das N.Ort Team: v.l. Lena, Benny, Jana, Mascha, Charly, Konrad + Johanna

fotos: N.Ort / Bluepingu e.V.

Autor: Frank Braun, Bluepingu e.V.


75 – N.ort Seit 2006 gibt es die Transition Town Bewegung, seit 2009 Bluepingu als Nürnberger Transition Town Initiative. Die Bewegung will inspirieren und Mut machen, selbst Teil der nötigen Veränderungen zu sein. Ein Projekt, das dies in den letzten Jahren auf besondere Weise getan hat, ist der N.ORT, aber was bitte schön ist denn ein N.ORT? Ich habe mich dazu mit der Bluepingu-Aktivistin Jana Stadtler, eine der N.ORT Initiator*innen unterhalten, um diesen Ort etwas genauer vorzustellen. Was entsteht, wenn eine Projektmanagerin für Umwelt- und Nachhaltigkeitsthemen, eine Lehrerin, ein Architekt, eine Sozialarbeiterin, ein Doktorand zur Speicherung für erneuerbare Energien, eine Umweltwissenschaftlerin und eine Kulturwissenschaftlerin gemeinsam kreativ werden? Viele wunderbar kreative Sachen und Orte, ein N.ORT eben! Hallo Jana, was genau ist denn nun dieser N.ORT und wie kam es eigentlich zu dieser Idee? Jana: Vor ungefähr 2 ½ Jahren hatte ich mit ein paar Freunden die Idee, ein Teehaus zu eröffnen. Wir begannen uns darüber Gedanken zu machen, wie wir das realisieren könnten und bald wurde aus dem Teehaus ein mobiles Tee- und Kaffeehaus, das aus geretteten Lebensmitteln Leckereien zaubern sollte. Daraus entwickelte sich so nach und nach die Idee des N.ORT. Dabei steht N mal für Nürnberg, mal für einen Nicht-Ort, mal für einen uN-Ort. Daraus wurde dann unser erstes Projekt, das mobile N.ORT Café. Es ist ein mobiles Pop-up-Café, das weggeworfenen Ressourcen ihren Wert zurückgibt und aus öffentlichen – aber bislang ungenutzten – Orten, neue Begegnungsräume in Nürnberg schafft. Aus weggeworfenem Holz von Baustellen haben wir das Café gebaut. Durch das Aufklappen der flügelartigen Seitenflächen verwandelt sich die fahrbare Struktur in sekundenschnelle in Sitzgelegenheiten für ein Café, Küche oder eine Bühne. Im Inneren befindet sich eine Küche und

Lagerraum. So kann das N.ORT Café schnell an einem potenziell aufwertbaren Ort eröffnet werden: die Flügelflächen werden aufgeklappt und los geht’s mit dem N.ORT Café. Der Stadtraum wird somit auf niederschwelliger Ebene erweitert. Wir hatten unglaublich viel Spaß bei der Entwicklung und Umsetzung dieser Idee. Unser unterschiedlicher beruflicher Hintergrund war dabei ein toller Nährboden, wo wir im Prozess auch so viel voneinander lernen konnten. Und das sollte auch das zentrale Thema unseres N.ORTs bleiben: spielerisch, SINN-voll und mit Spaß Orte in unserer Stadt mit Leben zu füllen. Und dann kam das Kulturhauptstädla, auch für Bluepingu insgesamt sicherlich ein absoluter Höhepunkt in unserer bunten Geschichte. Das war ja dann noch mal eine ganz andere Hausnummer. In der Tat. In der Tat. Nach unserer erfolgreichen Bewerbung bei einem Open Call für die Kulturhaupstadt-Bewerbung der Stadt Nürnberg, bei dem unser N.ORT Café tatsächlich ausgewählt und mit 5000 Euro gefördert wurde, blieben wir mit dem N2025 Büro eng im Kontakt. Bald schon kam uns die Idee des Kulturhauptstädtlas. Umsetzbar wurde das Ganze dann auch dadurch, dass Benny die Idee zu seiner Masterarbeit machte. Direkt vor dem Staatstheater am Richard-Wagner-Platz ist dann Ende Juni bis Ende Juli 2019 dieser wunderbare Ort der Vielfalt entstanden, ein Begegnungs- und Entdeckungsraum. Das Kulturhauptstädtla hat als Ausstellungspavillon eine sonst schlecht im Stadtraum integrierte Stelle Nürnbergs temporär transformiert und dort Kulturschaffenden und Bürger*innen die Möglichkeit gegeben, diesen Raum gemeinsam zu gestalten und aufzuwerten. So entstand ein Ort, der es schaffte, Synergien zwischen den verschiedenen Nutzer*innen, Initiativen und Besucher*innen zu schaffen. Es wurde gekocht, getanzt, gelacht, Vorträge und Filme wurden gezeigt und immer gab es auch offene Räume, die Menschen gemeinsam gestalten konnten. Nebenbei machte der Ort auf dringliche Themen wie die Nutzung urbaner Lebensräume und Ressourcenverschwendung aufmerksam. Es war wunderbar zu sehen, wie viele Menschen und Gruppen am


76 – bluepingu Ende zu der Gestaltung dieses N.ORTs beigetragen haben. Am Anfang war es noch ein recht kleines Team, als wir dann im Oktober unsere Dankeschönfeier gemacht haben, waren 60 Leute da. Das war wirklich beeindruckend. Wir hatten auch unglaubliches Glück mit dem Wetter, das hat sicherlich auch geholfen. Auch in diesem Corona-Jahr seid ihr kreativ gewesen. „Hello Pegnitz. Frame it“ hieß euer jüngstes Projekt. Mitten durch unsere Stadt fließt mit der Pegnitz so viel Potenzial für Lebensqualität und Naherholung und doch findet der Fluss, der durch das Herz unserer Stadt fließt, meist kaum Beachtung. Wir wollten mit dem Projekt der Pegnitz mehr Aufmerksamkeit schenken. Vom 16. September bis 31. Oktober hatten wir dafür an drei verschiedenen Orten in der Nürnberger Innenstadt Installationen aufgebaut, die einen veränderten Blickwinkel auf die Pegnitz bieten sollten. Wir wollten den Fluss sichtbarer machen und mit unseren „Frame it-Stationen“ die Möglichkeiten dieses Ortes vor Augen führen und zum Nachdenken anregen, wie man die Orte entlang der Pegnitz besser nutzen könnte. Wie immer waren die Konstruktionen aus Holz und wiederverwerteten Materialien. Es gab verschiedenste Programmpunkte an den drei Orten: Konzerte, Infoabende und Filmveranstaltungen. Auch wollten wir Künstler:innen und Freischaffenden in diesem schwierigen Jahr eine kleine Bühne bieten. Auch ein Café mit geretteten Lebensmitteln gab es im Rahmen des Projekts natürlich wieder. Einmal haben die Lebensmittelretter alle an einem Tag geretteten Lebensmittel an unserer Station aufgetürmt. Unglaublich, was da zusammengekommen war. Solche Dinge müssen sich einfach ändern! Mit dem Projekt „Hello Pegnitz“ haben wir einen Nicht-Ort, weil kaum/nichtgenutzen/ wenig genutzter Ort in unserer Stadt, die Pegnitz, in den Mittelpunkt gestellt. Wir hoffen, dass es Lust darauf gemacht hat, diesen Raum neu wertzuschätzen. Danke für all die bereichernden Momente, die ihr uns in den letzten 2 ½ Jahren geschenkt habt!

Bluepingu ist unglaublich vielfältig – und hat auch eine tolle Mediathek mit Büchern und Filmen zu allen Themenbereichen nachhaltiger Entwicklung, die man sich kostenlos in unserem Büro im CPH in der Königstr. 64 ausleihen könnt. Ladet euch Menschen zu einem Filmabend ein und diskutiert danach darüber, was das für euch und unsere Stadt heißen könnte! Vielleicht entsteht ja dabei das nächste Projekt, um Orte zu schaffen, die dabei helfen, eine nachhaltige und gerechte Zukunft zu bauen. Wenn ihr bei Bluepingu mitmachen wollt, dann kommt bei einem der Treffen vorbei oder schreibt an info@bluepingu.de. Auch in CoronaZeiten finden viele der Treffen statt. Leider online, aber immerhin.

Bluepingu e.V. ist ein gemeinnütziger Verein mit Sitz in Nürnberg, der sich im Jahr 2008 formiert hat, um „(die) Franken zu einem nachhaltigen Lebensmodell zu bewegen“. Der Verein möchte durch seine Arbeit einen Beitrag zur nachhaltigen Verbesserung der Lebensbedingungen leisten. Unter dem Motto »Gemeinsam Zukunft bauen - ökologisch, fair und regional« will Bluepingu damit jede*r Bürger*in die eigenen Möglichkeiten aufzeigen, zu einer gesunden Umwelt und sozialen Gesellschaft beizutragen und sie ermutigen, selbst Teil der Veränderung zu werden. Bluepingu e.V. versteht sich als Teil des globalen Transition-TownNetzwerkes, bei dem es darum geht, eine ökologisch und sozial gerechte Stadtgesellschaft vorzuleben und über Pilotprojekte Lust dazu zu machen, selbst Teil dieser Bewegung zu werden. www.bluepingu.de/projekte / www.transitionnetwork.org


77 – N.ort

Der Straßenkreuzer ist bei 80 Frauen und Männern auf der Straße in Nürnberg, Fürth, Erlangen und Schwabach für 2,20 Euro zu bekommen. www.strassenkreuzer.info

gillitzer.net

* Frei aus dem ostslowakischen Romanes übersetzt: „Häufig gestellte Fragen über die Roma und das Romanes“

Foto: Giorgos Agelakis | giorgosagelakis.com

So o džene but phučen pal o Roma the e romani čhib*


78 – schwelender prozess

Aufbau an tag 1

shift/walls u.a. mit angry wife


79 – Kunst

Shift/Walls: Der prozess ist das Werk Das KunstKulturQuartier ist zu und kann nicht besucht werden, die Ausstellungsräume bleiben unbesehen. Trotzdem soll dort ausgestellt werden. Nur: Was stellt man aus in einem verschlossenen Raum? Wie wäre es mit einem „schwelenden Prozess“ – denn genau das ist Shift/Walls. Für diesen schwelenden Prozess haben fünf bildende Künstler*innen und fünf Literat*innen zu sorgen, die genau dafür vom Künstlerhaus eingeladen wurden. Zunächst wird das temporäre Studio von den Bildenden genutzt, die hier ihre so unterschiedlichen Genres – Graffiti, Bildhauerei, Kalligrafie, Malerei, Film, Videomapping und Zeichnung – frei Schnauze produzieren dürfen. Den Künstler*innen steht die gesamte Räumlichkeit zur Verfügung, inklusive zu bemalende Wände. Im Zuge der Arbeit sollen die fünf auch miteinander agieren, aufeinander reagieren, zusammenarbeiten. Das offene Atelier im KunstKulturQuartier wird zu einem der letzten Orte, wo Zusammenkunft noch möglich ist. Ab 11./12. Dezember kommen die Literat*innen hinzu, die dann ihre schriftstellerischen Positionen zu der entstandenen Kunst entwickeln. Alle Beteiligten, das Künstlerhaus selbst und curt begleiten diesen Prozess online mit Film- und Fotomaterial. Unter dem Hashtag

#shiftwalls entsteht so ein ständiger Einblick in das Schaffen. Statt einer Eröffnung am 12. Dezember wird es einen Livestream geben. Der eigentliche Inhalt dieser Ausstellung, die auch unabhängig von Corona stattgefunden hätte, durch die Pandemie aber noch einmal eine neue, dringlichere Dimension erhält, ist nicht das abgeschlossene Werk, sondern eben der Prozess. Es wird spannend, zu sehen, was aus dieser Kombination aus Menschen und Fähigkeiten an einem geeigneten Ort produziert wird! Die teilnehmenden Künstler*innen sind Odour Odessa, Strokes in Silence, Subrihanna, Felix Pensel und Angry Wife. Die Literat*innen: Mina Reischer, Fabian Lenthe, polaruin & Ap Hel, Matthias Dachwald, Siegfried Meier, Jonusch und Baba Hanoush. curt als Medienpartner wird den Prozess medial begleiten.

Shift/Walls Das offene Atelier im Künstlerhaus, Nbg, 28.11. – 12.12.2020 www.kuenstlerhaus-nuernberg.de, www.kunsthaus-nuernberg.de


80 – interview lisa neher

Foto:helene schĂźtz


81 – 33. preis für junge Literatur

Literaturpreisträgerin Lisa Neher: Die Venus ist definitiv der schlimmste Ort in der MilchstraSSe Noch bis 31. Januar. könnt und solltet ihr, so ihr unter 30 seid, eure Texte für den 33. Fränkischen Preis für junge Literatur einreichen (ausgerichtet von den Nürnberger Literaturläden). 1.500 Euro gibt es insgesamt zu gewinnen, die auf die Preisträger*innen aufgeteilt werden. Gleich doppelt freuen durfte sich in diesem Jahr Lisa Neher, die Erstplatzierte der Jury und Gewinnerin des Publikumspreises. Sie wurde hier von unserem Andreas Thamm befragt, der sich übrigens auf Platz 2 schrieb. CURT: Lisa, worum geht’s in deinem Text, mit dem du den Wettbewerb in diesem Jahr gewonnen hast? LISA: In meinem Text „Venus“ geht es um die Kassiererin Nadja, die während der Arbeit von ihrem All-inclusive-Urlaub im vergangenen Jahr träumt. Während sie die Waren über das Kassenband zieht, kommentiert sie eitel, präzise und stumm das Verhalten der Supermarktkund*innen. Es geht um Konsum und Vergänglichkeit und darum, wie unsere Gesellschaft um allen Preis leugnen möchte, dass die Zeit läuft – zum einen in Bezug auf das Altern,

oder härter gesagt „den Verfall“, zum anderen hinsichtlich jeglicher saisonaler Rhythmen, die im Discounter immer unsichtbarer zu werden scheinen. Alles muss immer verfügbar sein. „Venus“ ist die zweite von sieben Kurzgeschichten in der Sammlung „Rückgrat der Nacht“, die auf poetische Weise die Planeten in unserem Sonnensystem erklären sollen, in einer literarischen Übersetzung sozusagen. Die Stories vermitteln uns ein Gefühl für den jeweiligen Himmelskörper: wie sind die Gegebenheiten dort? Warm, kalt, zerstörerisch, sanft, flüchtig, still? Die Venus ist definitiv der schlimmste Ort in unserem Teil der Milchstraße. Es gibt sauren Regen, auf den lavaüberzogenen Bergen und Vulkanen schneit es sogar Metall. Unter der dicken Wolkendecke, die sie ummantelt, staut sich die Hitze mehr und mehr – auf der Erde nennen wir das „Treibhauseffekt“. Die Venus ist das, wovor Greta uns immer gewarnt hat. Welche Situationen oder Anlässe sind es, die du schreibend verarbeiten möchtest? Diese Frage ist für mich schwer zu beantworten. Ich glaube, mein


82 – 33. preis für junge Literatur Impuls zu schreiben ist erstmal mehr die Liebe zum Handwerk und zur Sprache, als ein konkretes Mitteilungsbedürfnis. Und erst wenn ich mittendrin stecke, merke ich, wie Gedanken und Fluss entstehen. Deshalb lautet die einzig richtige Antwort auf diese Frage auch, dass ich wirklich viel, viel öfter schreiben sollte, auch ohne auf irgendein Endprodukt zu zielen. Ich war noch nie der Tagebuch-Typ, aber denke, dass es mir sowohl zur Verarbeitung, als auch zum Speichern von Beobachtungen und Gefühlen sehr dienlich wäre. Am liebsten hätte ich sowas wie ein Schreibritual. Jeden Morgen nach dem Aufstehen zum Beispiel, das würde auch die Angst vor dem weißen Blatt ausradieren. An der leide ich nämlich schrecklich. Aber für ein ganz eigenes Ritual muss ich mir erst noch ein bisschen Disziplin einkaufen. Und was ist für dich der Gewinn am Schreiben? Wenn ich schreibe, setze ich mich mit einer konkreten Erfahrung auseinander, die ich irgendwo gesammelt oder aufgeschnappt habe. Das muss nicht unbedingt meine eigene sein. Ich hebe sie auf, drehe sie in meinen Fingern herum und betrachte sie genau, aus allen Perspektiven, frage mich, wie sie sich anfühlt und wie das vielleicht für Passanten aussehen könnte, die mich dabei beobachten. Schreiben heißt Empathie. Für Menschen und Momente. Es bedeutet auch Reflexion, Kontexte verstehen. Den eigenen in der Gesellschaft und andersrum. Lesen übrigens auch, finde ich! Der Gewinn sind die Erkenntnisse, die man bei beidem hat. Du hast deine Storysammlung „Rückgrat der Nacht“ bereits erwähnt, die im vergangenen Jahr erschien. Wie geht’s schreibend für dich weiter, arbeitest du momentan an etwas? Ich glaube, dass es in kreativen Prozessen immer Phasen des Füllens und Phasen der Ausschüttung gibt und nach dem „Rückgrat der Nacht“ war ich sehr lange sehr leer. Es hat über ein Jahr gedauert, in dem ich Bücher ausschließlich „konsumiert“ habe, aber jetzt merke ich, wie der Tank sich füllt und die Inspiration

langsam zurück kommt. Ich schreibe wieder kleine Texte und habe sowas wie einen literarischen Briefwechsel mit einer Freundin. Das motiviert mich gerade sehr. Mal sehen, was da kommen wird. Du arbeitest als Buchhändlerin, daher: nenne bitte drei Bücher, die unsere Leser*innen sich unbedingt besorgen sollen – in der kleinen, schönen Buchhandlung ums Eck natürlich. Wer mir immer hilft, meinen Tank aufzufüllen, ist Patti Smith mit „Just Kids“. Dieses Buch ist wie ein Reminder, mit wachem Herzen und wachem Blick durch die Welt zu gehen. Ihre Sprache ist intensiv und poetisch und beschreibt wunderbar die 70er Jahre in der New Yorker Kunstszene. Dann natürlich Sibylle Berg mit „Ein paar Leute suchen das Glück und lachen sich tot“. Diese Frau beeindruckt mich nicht nur mit ihrer klugen Schlagfertigkeit, sondern vor allem auch mit ihrem unglaublichen Einfühlungsvermögen, das so abgebrüht ehrlich ist. Außerdem hat sie eine derart eigenwillige Ausdrucksweise, die mir hilft, Literatur auf erleichternde Art weniger ernst zu nehmen, denn das vermeintliche „Richtig und Falsch“ oder das „Gut und Schlecht“ von Sprache im klassischen Stil kann ja oft auch hemmen oder unnahbar wirken. Sie erinnert mich daran, dass ich machen kann, worauf ich Lust habe und dass Schreiben vor allem auch eine freie Kunst ist. Und weil ich machen kann, was ich will, werde ich statt drei Büchern vier nennen: „Wie später ihre Kinder“, einer meiner aktuellen Favoriten aus Frankreich. Bei Nicholas Mathieu fesselt mich ebenfalls die Menschenkenntnis in seinen Texten und seine subtile Art, gesellschaftspolitische Themen aufs Blatt zu bringen mit gekonnten Sätzen, in denen jedes Zeichen richtig sitzt. Und wenn es ein Buch gibt, das dieses Jahr nochmal extra an Wichtigkeit und Wahrheit gewonnen hat – BLM-Proteste, Präsidentschaftswahl in Amerika – dann ist es „Americanah“ von Chimamanda Ngozi Adichie, ein Roman wie ein kluger, warmer


83 – Lucius A. Hemmer und starker Anstoß zu einem feministischen, antirassistischen Menschsein.

Lisa neher wurde 1994 in Lindenberg im Allgäu geboren, wo sie 19 Jahre lang mit viel Zeit für Bücher und Musik im Nirgendwo aufwuchs, bis es sie nach Nürnberg verschlug. Dort studierte sie von 2014 bis 2019 Design mit Schwerpunkt auf Verbale Kommunikation und Typografie an der TH Georg Simon Ohm. Neben dem Studium war sie Teil der unabhängigen Lesereihe „ROY“, zunächst auf der Bühne, von 2018 bis 2019 auch als eine der Hauptorganisator*innen. Im Februar 2019 kuratierte sie die Fotoausstellung „Baby du bist so heiß, ich will dein Badewasser saufen“ zusammen mit der Fotografin Elisabeth Thoma im Edel Extra, ausgestellt waren auch ihre Texte. Im Juli 2019 erschien ihre Kurzgeschichtensammlung „Rückgrat der Nacht“, woraufhin sie im Frühjahr 2020 für eine der Stories mit dem mitelfränkischen Preis für junge Literatur ausgezeichnet wurde. Lisa arbeitet als Buchhändlerin, freie Autorin und Grafikerin.

33. Fränkischer Preis für junge Literatur. Einsendungen an literaturpreis@kultur-nord.org Alle Infos unter: www.kultur-nord.org Supportet und präsentiert von Medienpartner curt

Mach mit!

Fränkischer Preis für junge Literatur

33.

Schreibwettbewerb der

Nürnberger Kulturläden

Infos unter: eraturpreis ultur.de/lit ml www.kuf-k /litpreis.ht rg .o rd no rwww.kultu

Amt für Kultur und Freizeit

CURT yoUR loCals

www.CURT.de / nbg


84 – herrliche herzo-zeit

ausstellung: fluss. land. stadt. mit fotografien von florian lang


85 – Kunst & Liebe

Herzo: Der Kunst-Adventskalender Immer mal wieder, curt Leser*innen wissen das, gibt´s coole Nachrichten aus Herzogenaurach. In diesem Winter beispielsweise vermeldet das dortige Kulturamt: fünf renommierte Künstler*innen gestalten 24 Schaufenster. Moment, denkt sich der/die weihnachtskundige curt-Leser*in, 24 Schaufenster, das ist doch, ist das nicht ... Doch! Ein Kunst-Adventskalender! In normalen Jahren heißt das, was die Herzogenauracher in ihrer Innenstadt auf die Beine stellen, „lebendiger Adventskalender“. Jeden Tag öffnet sich ein Türchen auf der Bühne und dahinter steckt dann Musik oder eine Lesung oder sowas. In diesem Jahr ist alles etwas weniger lebendig und mit mehr Abstand. Auf den Adventskalender muss man aber nicht verzichten, dafür werden den Künstler*innen 24 innenstädtische Schaufenster von Herzogenauracher Geschäften und leerstehenden Immobilien zur Verfügung gestellt. Dieser Adventskalender auf der Fensterscheibe ist unabhängig von Infektionsschutzmaßnahmen gefahrfrei zu betrachten. Die Stadt konnte für diese Aktion fünf junge, regionale, renommierte, international ausstellende Künstler*innen gewinnen: die beiden Graffiti- und Streetart-Künstler Hombre SUK und Julian Vogel, die Designerin mit Leidenschaft für Handlettering Hannah Rabenstein sowie das Illustrations-Grafik-Collagen-Duo Eva Wünsch und Luisa Stömer. Die Künstler*innen machen sich direkt an den Fenstern zu schaffen, die von außen beklebt, bemalt, besprüht oder foliert werden. Alle ausgestellten Arbeiten sind eigens für das Projekt entstanden, das die Stadt Herzogenaurach zusammen mit den fünf Kreativen in nur fünf Wochen Orga- und Kreativzeit aus dem Boden gestampft hat.

Ebenfalls im Dezember startet die Open-Air-Ausstellung Fluss. Land. Stadt! des in Herzogenaurach geborenen und nach Delhi ausgewanderten Fotografen Florian Lang. Die Ausstellung zeigt Szenen aus öffentlichen, urbanen Räumen, die quasi von Indien an die Aurachpromenade transportiert wurden. Lang lebt und arbeitet seit zehn Jahren in Indien und dokumentiert die Realität seiner neuen Heimat zwischen exotischem Klischee und überraschendem Blick dahinter. Zu der Ausstellung, die einen Weg vom Aurachsteg bis zum Parkhaus An der Schütt markiert, hat Lang zusätzlich kurze Texte verfasst, die die gezeigte Szene aus seiner Perspektive schildern. Fluss. Land. Stadt! Urbane Räume in Indien ist bis Februar 2021 zu sehen. Drittens und nochmal Herzo: Die Händler*innen vor Ort haben sich was überlegt für alle, denen die besten Weihnachtsgeschenkeideen immer um 20.20 Uhr auf dem Sofa kommen. Und außerdem gibt‘s ja auch Menschen, die lange arbeiten müssen oder sich in diesen Zeiten einfach davor scheuen, mit zu vielen anderen Menschen gleichzeitig den Einzelhandel unsicher zu machen. Besser also, man vereinbart mit dem Shop seiner Wahl seinen individuellen Wunschtermin. Auf der Seite herzogenaurach.de/herzoshopping findet ihr eine Liste von Läden, die bereit sind, auch außerhalb der regulären Öffnungszeiten Menschen reinzulassen, die gern maximal entspannt einkaufen wollen. Dazu gehört der Schmuckladen genauso wie Buchhandlung oder der Skateshop. Herzogenaurach Adventskalender, Open-Air-Ausstellung, Herzo-Shopping. Alle Infos: www.herzogenaurach.de


86 – interview pfeffer und frost

Das team: elli + hannes, jannik + tillmann. Fotos: katharina pflug


87 – schöne lebkuchen

pfeffer und frost: Die bunte, gute Welt der lebkuchen Eine Gruppe junger, hipper Software- und Grafiktypen und -typinnen machen in Lebkuchen. Und das ausgerechnet in der Lebkuchenstadt schlechthin, Nürnberg. Hört sich nicht nach einer Erfolgsgeschichte an? Ist aber eine. Denn Pfeffer & Frost haben sich ein Konzept ausgedacht, das nicht nur extrem schön aussieht und leckerst mundet, sondern auch noch nachhaltig und regional ist. Wie genau das funktioniert und wie das kam, wir haben nachgefragt. Es gibt in Nürnberg zahlreiche Möglichkeiten Lebkuchen zu kaufen, auch in schönen Verpackungen. Was ist der entscheidende Unterschied, wenn ich bei euch kaufe? Elli: Schöne Verpackungen gibt es einige, das stimmt. Auf vielen Dosen sehen wir die Nürnberger Stadtsilhouette, oder diverse Wintermotive. Das ist nice und hat seine Berechtigung. Unser Gedanke ist: In jede Dose, die produziert wird, fließen wertvolle Ressourcen (Material, Zeit, Geld) – und warum dann eine Dose produzieren, die ein saisonales Motiv zeigt, wenn man etwas gestalten kann, das das ganze Jahr über das Regal schmücken und als Stauraum für Kleinteiliges dienen kann? Unsere Charaktere mit drehenden Köpfen haben außerdem ein spielerisches Element, das allen Generationen Freude bereitet. Lebkuchen bleiben leider nur in einer dichten Verpackung frisch und es verpacken, soweit wir wissen, alle Hersteller in Plastikfolie. In der Verpackungsbranche tut sich derzeit viel und so haben wir tatsächlich von Tag eins an unsere Lebkuchen in einer Bio-Folie verpacken können, die zwar mehr kostet, dafür aber abbaubar ist.

Warum Bäcker Bock? Und: nehmt ihr Einfluss auf seine Rezeptur? Jannik kennt den Bäckersohn Moritz Rauscher und seine Familie schon seit der Schulzeit. Schon damals haben die beiden gerne Lebkuchen genascht. Alle Teammitglieder waren sich einig, dass der Lebkuchen hervorragend schmeckt, so, wie er ist. Aber bei den Zutaten wollen wir nach und nach lieber direkt und regional einkaufen. Wir möchten auf lange Sicht alle Rohstoffe, die regional angebaut werden können, von so leidenschaftlichen Menschen wie unserem Imker Claus beziehen. Eure Sortenauswahl ist momentan recht klassisch gehalten. Kann man erwarten, dass da in den kommenden Jahren noch experimenteller Variationen mit Ingwer, Chili, Bratensoße auf uns zukommen? Dazu sag ich nur: „Was früher gut war, wäre auch heute noch gut, hätte man es in Ruhe gelassen.“ Zitat Jochen Malmsheimer. Nein, da ist nichts geplant. Wir und unsere Kunden lieben die Lebkuchen nach klassischem Rezept und daher werden wir nicht groß experimentieren. Ihr habt für die Verpackung in diesem Jahr mit dem spanischen Illustrationsduo Cachetejack zusammengearbeitet, die sonst z.B. für die New York Times oder das Zeitmagazin zeichnen – also top class. Warum fiel die Wahl auf diese beiden? Das ganze Jahr über sammeln alle aus dem Team potenzielle Illustratorinnen und Illustratoren und wir entscheiden im Winter gemeinsam, wer geeignet ist, die nächste Dose zu illustrieren. Vor allem über Instagram und Pinterest, aber auch über die Newsletter der Agenten stellen wir unsere Auswahl zusammen. Wir achten vor allem darauf,


88 – pfeffer und frost dass die Illustratorinnen bereits häufiger Personen gezeichnet und Charaktere entwickelt haben. Erste Erfahrungen im Bereich Package Design sind hierbei nice to have, aber absolut keine Notwendigkeit, da der Aufbau unserer Dose nicht sonderlich kompliziert ist. Außerdem schauen wir uns nach der Entscheidung für einen Illustrator dessen Portfolio noch einmal ganz genau an und versuchen, ein bis zwei mögliche Illustrationsthemen zu finden, die seiner Welt entspringen und auch zur positiven, bunten Welt von Pfeffer & Frost passen. Seit 2020 arbeitet ihr mit dem Imker Claus Rudolph aus dem Landkreis Ansbach zusammen. Womit hat er euch überzeugt? Gefunden haben wir Claus durch einen offenen Aufruf auf unseren Social-Media-Kanälen. Daraufhin hat er sich gemeldet und uns mit einer direkten Einladung nach Rügland und seiner offenen Art überzeugt. Vor Ort durften wir und unsere Fotografin Katharina Pflug jeden Stein umdrehen und 1000 und 1 Frage stellen. Das ist vermutlich nicht bei jedem Imker gewünscht. Außerdem ist Claus Mitglied eines Imkervereins, in dem sich die Mitglieder die Region in lokale Gebiete aufgeteilt haben. Bienen markieren nämlich Futterquellen mit einem Duftstoff, was nicht nur die Kolleginnen, sondern auch Bienen aus anderen Völkern riechen können. Damit alle Bienen ausreichend Blüten finden wird das Gebiet aufgeteilt. Dieses gemeinschaftliche Denken hat uns überzeugt und zeigt sich auch in unserer Zusammenarbeit. Ihr seid ja quasi ein Start-up, das aus ITler*innen und Grafiker*innen besteht. Wie kam es zu diesem Team? Richtig. Jannik und Til sind beide Informatiker und Hannes und ich (Elli) haben Design studiert. Jannik und Tilman kennen sich aus dem Studium. Zusammen wollten Sie die Lebkuchen nachhaltiger verpacken. Ich kenne Janniks Schwester über gemeinsame Freunde und so landete eines schönen Tages vor circa drei Jahren eine E-Mail mit der Bitte um Rückruf in meinem Postfach. Von Anfang an hatten wir einen tollen Austausch und haben viel über Qualität und Werte diskutiert. Die ersten beiden Jahre haben wir Pfeffer & Frost als side project betrie-

ben und die Idee auf dem Lebkuchenmarkt getestet. Nachdem das Feedback von Kunden und Presse so überragend positiv ausgefallen ist (sogar der Falstaff – Ratgeber für Genuss & Wein – hat unsere Lebkuchen dieses Jahr empfohlen) haben wir vier uns im Corona-Sommer zur Gründung der Pfeffer & Frost GmbH entschlossen. Habt ihr noch andere Projekte oder Produkte geplant? Dieses Jahr haben wir mit unserer Haus- und Hof-Fotografin Katharina Pflug und ihrem Freund Manuel Kohler (Koch in der Mobilen Kochkunst am Weinmarkt) unser erstes Kochbuch auf den Markt gebracht – natürlich so ressourcenschonend wie möglich produziert. Weitere sollen auf jeden Fall folgen. Darüber hinaus haben wir natürlich Ideen für weitere tolle Pfeffer & Frost-Produkte und freuen uns außerdem schon, nächstes Jahr unseren Versandservice für Familien und Teamevents weiter auszubauen. Wie und wo kann man eure Lebkuchen erwerben? Natürlich über unseren Webshop, aber auch in unseren Partnerläden wie z.B. der Rösttrommel, Next Door Coffee Club und Machhörndl.

Pfeffer & Frost – dahinter stecken die beiden Gründer Jannik Zinkl und Tilman Marquart. 2018 verschickten sie zum ersten Mal die Lebkuchen ihres Lieblingsbäckers, Meister Wölfel von der Familienbäckerei Bock in Laufamholz, in schönen Dosen und ohne Plastik. Eigentlich arbeiten beide als Informatiker, sind selbst also eher Esser als Bäcker. Ihr rundes Konzept kam aber so gut an, dass das Team mittlerweile auf vier Gesellschafter*innen und um zwei Mitarbeiter*innen gewachsen ist und Pfeffer & Frost in die dritte Runde geht. Mit neuen Dosengestaltern – und altbewährtem Inhalt. www.pfefferundfrost.de Händlerliste: www.pfefferundfrost.de/de/page/stores-reseller


89 – von marian wild

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90 – gastro News

gastro: miese situation. aber lecker. es ist, wie es ist. Und wie es schon mal war. Tapfer trotzen die Gastronomen dem Lockdown und machen neue dinge. Liefern. lassen abholen. Oder eben auch: nicht.

umzug: hildes backwut

neu: Der nürnbäcker. Foto: selina goller


Festgans &Co. 91 – Gastronomie

Neu: Der Nürnbäcker

Ganz ehrlich: Brot (und Pfefferbreze) ist unser täglich Brot. Brot ist das wichtigste und geilste Nahrungsmittel von allen, Ende der Diskussion. Nicht immer aber beglückt einen der Blick auf die hiesige Bäckereienlandschaft und ihre Entwicklung: Mehr Backshop, mehr Kette, weniger Handwerk, weniger gut. Umso erfreulicher ist, wenn junge Menschen dieses Handwerk lieben, schätzen, hochhalten – und eine inhabergeführte neue Filiale in der Fürther Straße eröffnen. Der Nürnbäcker, Kurt Heinlein, baut sein Geschäft auf Nachhaltigkeit und Transparenz auf. Die Zutaten sind regional und fair gehandelt, bei der Produktion wird auf Energiesparsamkeit geachtet. Den interessierten Kund*innen soll kein Detail der Produktionskette verborgen bleiben: der Kurt verrät, wo das Korn herkommt und lässt sich in seiner gläsernen Backstube über die Schulter schauen. Backmischungen und Zusatzstoffe kommen ihm nicht in den Teig. Für die Mittagspause liegt für euch eine Auswahl leckerer Snacks in der Auslage bereit. Unterstützenswert. Der Nürnbäcker. Fürther Straße 188, Nbg. dernuernbaecker.de

Umzug: Hildes Backwut

Einer der besten etablierten Backbetriebe der Stadt ist zweifellos Hildes Backwut, über die wir uns ja schon lange freuen. Wenn hier von Umzug nach Kündigung des Mietverhältnisses (wer würde so etwas tun?) die Rede ist, muss keiner aus Hildes Nachbarschaft in Angststarre verfallen. Es handelt sich um einen Umzug, der in der Tat nur wenige Meter ausmacht: zwei Mal links ums Eck und wir stehen schon wieder vor der Bäckerei. Im Zuge dessen hat Hilde zwei von drei Stufen eingebüßt und sich einen Schritt in Richtung Barrierefreiheit entwickelt. Hildes Backwut. Peterstraße 66, Nbg. hildesbackwut.de

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92 – gastro News

Regineo.de

Wenn ihr jetzt beispielsweise Brot von Hildes Backwut oder Salatköpfe aus dem Knoblauchsland haben wollt, aber in einer Ecke wohnt, wo man an die guten regionalen Sachen nicht rankommt, ist regineo möglicherweise etwas für euch. Dieser Lieferservice ist eine Nürnberger Idee, die auf den ganz aktuellen, trendigen Bedarf an Produken von hier reagiert. Wenn ihr auf der Homepage eure Adresse eingebt, wird euch sofort angezeigt, was euch dort, wann geliefert wird. In Nürnberg fährt der regineo-Laster am Donnerstag und bringt euch Lebensmittel ab einem bestellwert von 19 Euro an die Haustür. Zur Auswahl stehen Backwaren, Nudeln, Obst und Gemüse, Müslis und vieles mehr. In der Safe Box findet ihr stets eine Auswahl Obst und Gemüse, das, weil weniger hübsch, sonst im Müll gelandet wäre. Das ist Online-Shopping, das keinem fiesen Riesenkonzern, sondern kleinen Mittelständlern direkt zugute kommt. Regineo. regineo.de

Hört auf: la ola

Darf eigentlich nicht sein und wird von uns auch nur mit größtem Widerwillen verbreitet, aber der Entschluss scheint fest zu stehen: Pascal mag nicht mehr und will sein Gostenhofer Café mit spanischem Urlaubsflair und

Strandkorb vor der Tür abgeben. Das La Ola war/ist ein grundsympathischer Laden mit fairen Preisen, gutem Kaffee und herzlicher Atmosphäre. Und mit seinen Samstagsshows ist es einer der wichtigen verbliebenen kleinen Orte für Musik, in dem Fall Jazz, gern abseitig oder avantgardistisch. Abzulösen ist das La Ola zum März/April. Gesucht werden Menschen mit Idealismus und Liebe zur Gastronomie. La Ola, Hochstraße 18, Nbg. la-ola-cafe.business.site

Steichele

Eine Gans weihnachtlich herzurichten bzw. zuzubereiten ist definitiv eine langwierige wie mühsame Arbeit. Gäbe es doch jemanden, der das für einen übernimmt und dabei auch noch mords Ahnung von der Materie hat! Das gibt es. Steichele heißt das Restaurant und ist nicht nur ein romantisches Hotel, sondern auch ein ausgezeichnetes Slow-Food-Restaurant. Für den 24.12. bereitet das Restaurant Gänse vor und verpackt sie zur Abholung inklusive Klößen und Blaukraut und Anleitung zum Klößekochen und Regenerieren der Gans zum richtigen Zeitpunkt. In einer guten halben Stunde ist alles servierfertig. Bestellung bis 20.12. können realisiert werden. Steichele. Knorrstraße 2-8, Nbg. www.steichele.de

Café Express

Der Südstadt-Hotspot Café Express wird von einzelnen Redaktionsmitgliedern besonders schmerzlich vermisst, was dazu führt, dass der- oder diejenige nicht selten am Feierabend auf dem kalten Bordstein herumlungert und an der Tür kratzt. Dabei gelang zumindest eine kleine, erfreuliche Entdeckung: Man kann zwar nach wie vor nicht rein ins Café Express, aber man kann ab sofort ins Fenster schauen und jeden Tag etwas Neues entdecken. Der Café-Express-Adventskalender zeigt Kunst von Künstler*innen aus Nürnberg und Umgebung. Jeden Tag wird ein neues Bild im Fenster ausgepackt. Die Aktion geht auf die Initiative der Malerin Claudia Rößner zurück. Das Kunstwerk des Tages wird jeweils zur Mittagszeit entpackt, zwischen 15.30 und 23 Uhr können die Arbeiten in festlicher Beleuchtung betrachtet werden. Wunderbar! Gibt´s auch online. Café Express. Bulmannstr. 4, Nbg. cafe-express.de

Frau Elster

Das Café Frau Elster heißt Café, weil man dort Kaffee kaufen kann und auch Kuchen und manchmal Flammkuchen. True? Nicht nur. Da es sich drinnen momentan eh keiner gemütlich machen kann, nutzt Chef Franco die ungenutzte Fläche als Corona-Shop für


iel p S m I E h R O T T N E R‘S

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94 – gastro News

lokale Künstler*innen und Designer*innen. Auf Insta schreibt er: „Wem geht es momentan noch beschissener als den Gastronomen? Richtig – Künstlern, die von Auftritten leben.“ Aus diesem Grund gibt‘s in der Elster jetzt zum Beispiel die neue Platten von A Tale Of Golden Keys oder The Black Elephant Band (siehe: CD-Rubrik). Und noch viel mehr (siehe auch: Z-Bau-Merch). Die Einnahmen gehen zuerstmal komplett an die Künstler*innen, die der Frau Elster dann so viel sie mögen abgeben, sodass hoffentlich am Ende alle etwas davon haben. Und Kaffee gibts natürlich eh. Supersache, let‘s make it lukrativ! Café Frau Elster. Schwanhardtstr. 46, Nbg. Insta: @cafe.frau. elster

Gasthaus Rottner

„Komm, wir ziehen und was am Automaten!“: Der exquisite rottnersche Food-Automat ist aktuell bestückt mit Gulasch, Chili, Kürbissuppe, Miso Suppe, verschiedenen Eintöpfen, Hummersuppe, Saure Wildzipfel und Kräuterbutter. Warum uns Familie Rottner keinen Automaten in Büronähe aufstellt, verstehen wir zwar nicht, aber noch ist es so. IM Büro wäre noch besser. Neu ist der Online Shop namens „Rottner`s Heimspiel“. Hier bekommt man die oben genannten Produkte plus ein paar Specials,

ebenso wie das Weihnachtsgeschenk als Gutschein. Jedes Wochenende gibt es 3-Gang-Menüs to go – Infos ebefalls über die Homepage oder bei Anmeldung über den Newsletter. Die tägliche „Gans to go“ – eine ganze Gans, Blaukraut, Klöße und Soße für 4 Personen (EUR 120,-) gibt´s nur auf Vorbestellung oder im curt XMAS-Special. www.rottner-hotel.de

Katzentempel

Die Katzen bleiben aber da! Davon abgesehen gibt´s im Katzentempel viel zu holen, was ihr mitnehmen könnt. Für Freitag und Samstag steht euch eine große vegetarisch-vegane To-go-Speisekarte zur Auswahl, die von herzhaften Gerichten (Burger, Chili, Suppen) über Kuchen bis zu den Brunch Boxes reicht. So eine Box reicht für zwei Personen und beinhaltet under anderem einen Nudelsalat, ein Kirchererbsencurry und Baba Ghanoush. Außerdem könnt ihr euch Gutscheine abholen oder zuschicken lassen und Patenschaften für die Katzis abschließen. Katzenpaten bekommen Rabatte und exklusive Kuschelzeit mit dem Liebling, wenn der Tempel wieder geöffnet hat. Katzentempel, Peter-Vischer-Str. 21, katzentempel.de

Mitnehm- und Lieferangebote von Gaststätten

Unter dem Motto #supportyourlocals informiert das Wirtschaftsreferat der Stadt Nürnberg in Zusammenarbeit mit Erlebnis Nürnberg e.V. und dem Verkehrsverein Nürnberg e.V. / CTZ über Mitnehm- und Lieferangebote in der Nürnberger Gastronomie während der coronabedingten Schließung der Gaststätten. Sowohl auf auf dem Marktplatz „Essen to go“ von Erlebnis Nürnberg unter www.erlebnisnuernberg.de und auf „Zusammen & Miteinander“ der CTZ Nürnberg unter www.tourismus.nuernberg.de/informieren/ zusammen-miteinander/gastronomie/


95 – Gastronomie

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96 – straSSenkreuzer-cd


97 – keine gurkentruppen

Ob vor oder nach Weihnachten: Bestes geschenk – StraSSenkreuzer-CD Dass der Straßenkreuzer nicht nur im Verlags-, sondern auch im Musikbusiness unterwegs ist, weiß nicht jeder. Dabei erscheint die Straßenkreuzer-CD, pünktlich zum Weihnachtsgeschäft, nun bereits zum 19. Mal. LED ZTRSSNKRZR heißt das Werk in diesem Jahr. Genre-technisch ordnet sich die CD irgendwo im weiten Feld zwischen fränkischem Rock und Pop ein. Der Straßenkreuzer-Sampler bringt alle zusammen und versammelt Bands und Solokünstler aus den Bereichen Rock´n´Roll, Singer/Songwriter, Weltmusik, Electronica bis hin zu emsigem Kirchengeorgel. Tontechnicker Zattl hat die Stücke aneinandergefädelt und herausgekommen ist eine CD, die man in einem Stück stimmig durchhören kann. Auf dem Cover ist der abgestürzte Zeppelin „Hindenburg“ zu sehen, den die britische Rockband Led Zeppelin 1969 für ihr Debütalbum „Led Zeppelin“ verwendete. Ein Jahrhundertwerk, das anfangs von der Musikpresse geächtet wurde und heute als eines der wichtigsten Rockalben aller Zeiten gilt – und ein ikonisches Cover. Grafikerin Bianca Scholz verwandelte das olle Luftschiff in eine Gurke aus dem Knoblauchsland. Für das Vorwort interviewte Stefan Gnad einen vom Fach: Peter Harasim vom Concertbüro Franken. Der Konzertveranstalter und Sänger der Band The Ramrods hat viel gute Musik gehört in seinem Leben – Led Zeppelin hat ihn nachhaltig begeistert.

In Nürnberg, Fürth und Erlangen kann man die CD für 13,50 erwerben, 7,- davon bleiben dabei beim jeweiligen Verkäufer. Hervorragend! TEILNEHMENDE KÜNSTLER Rathausturm Fürth (Glock‘n‘Roll), Kaufkraft (Rotzpop), Pengertzratzn (Heimatlied), Budde Thiem (Küchenjazz), Edda B. & Dieter Weberpals (Meditation/Weltmusik), Geneva (Acoustic Folk/Singer/Songwriter), Quiet Streets (Alternative Rock/Britpop), Hartz Angels (HipHop), Maffai (Postpunk), Worst Advice (Punkrock), J.O.E. (Progressive Rock), Maggie‘s Madness (Hard‘n‘Heavy, alte Schule), Muddy What? (NuBlues), Metropolski Cirkus Orkestar (Balkan goes Weltmusik), Nun flog Dr. Bert Rabe (Rabenpop in der Rap-Edition), Trecker (Stoner Rock), Skull Sized Kingdoms (edle Electronica), LEAK (cinematic Indierock), Evgenia Rubinova (Piano-Queen/Klassik), Fischer & Rabe (Piano Soul vs. Mundart Riot) und Artur Muschaweck (Kirchenorgel)

StraSSenkreuzer – die CD Gibt es bei den Straßenkreuzer-Verkäufer*innen á 13,50 Euro. CDs aus den vergangenen Jahren kann man auch per Mail ordern. Alle Infos: strassenkreuzer.info


98 – neue musik

neue Musik: 4x Nürnberg, 1x Lauf, 1x Köln

A Tale Of Golden Keys – The Only Thing That’s Real Listenrecords / 30.10. Ein neues ATOGK Album und es ist toll und anders. Irgendwie griffiger und poppiger, was ich durchaus als Kompliment meine. Hier und da blitzen amerikanische Momente auf, auch Vampire Weekend kommt mir manchmal in den Kopf. Alles voll subjektiv, aber feststeht: es wird euch gefallen. Immer noch eine der, wenn nicht die beste Band der Stadt. College, Klavier, Pop

Trak Trak – Sur Sur Self / 30.10. Cumbia aus Nürnberg. Da musst du erst mal draufkommen. Trak Trak heißt die Formation mit u.a. ehemaligen Mitgliedern von Wrongkong und The Robocop Kraus. Die acht Stücke der Platte gehen allesamt gut in die Beine und die große Portion Psychedelica stimulieren den Geist. Ein durchaus sehr gelungenes Ding und eine Bereicherung für unsere hier und da doch recht provinzielle Stadt. Dance, dance, dance

The Black Elephant Band – A Masterpiece Of Indecision Self / 20.11. Schaut mal, ihr Lockdown-Heulsusen, so macht man das. 20 Wochen, jeden Sonntag einen Song auf Bandcamp stellen und dann hat man ein Album – und was für eins. Großartige kleine Songs voller Esprit, Witz und Energie. Auf eine gute Weise erinnert mich das hier und da an Voilent Femmes. Besser und kreativer kann man diese Scheißzeit kaum nutzen. Macht großen Spaß. Einfach, mal, machen


99 – neue musik

John Steam Jr. – Simple Self / 04.12. Auch John Steam Jr. hat die Zeit des Lockdowns für Reflektion und Songwriting genutzt, um diese neun Songs in die Welt rauszuschicken. Die minimale Instrumentierung aus Akustikgitarre und E-Gitarre lässt den Songs den nötigen Raum. Einzig die Vocals könnten hier und da ein wenig spannender in Szene gesetzt werden. Klingt vielversprechend und zeigt die Vielseitigkeit der regionalen Szene. Nashville, Nürnberg, Americana

Jawmonks – All That Remains Self / 30.10. Jawmonks kommen aus Lauf an der Pegnitz und machen sauberen Punkpop. Die neue EP ist gut produziert und muss den Vergleich mit Genregrößen kaum scheuen. Alle sieben Songs schön uptempo, auf die Glocke und haben Gesangshooks, die hängen bleiben. Gerade für eine Band aus diesem Genre ist es natürlich fatal, dass die Bühne verrammelt sind. Also, liebe Kollegen von Star FM – Jawmonks verdienen Airplays! Fire, SpaSS, schnell

AnnenMayKantereit – 12 Irrsinn Tonträger / 17.11. Eine kurze PM an einem Dienstag im November. AMK veröffentlichen ein neues Album ohne großen Aufriss – den Zeiten durchaus angemessen. Es sind mehr Skizzen als Songs, die die Gedanken der Band in den jeweiligen Phasen der Pandemie einfangen. Ja, textliche Metaebenen sucht man vergebens, aber so unvermittelt und ungebeten, wie die Corona-Sau in unser Leben getreten ist, so direkt berichten die Herrschaften davon. Als Experiment okay. Durch, die, Blume (nicht)


102 – kein theater

Foto: David Klumpp


103 – von dieter stoll

WIEDER VERZINSUNG BEIM VERTRAUENSVORSCHUSS? WIE Nürnberg 2020 beinahe doch noch einen Theater-Rekord aufgestellt hätte und was man daraus folgern kann – Fragment einer Bilanz zwischen Comeback-Stress und Hoffnungs-Optimierung – Kommentar von Dieter Stoll Die Ente bleibt draußen, der Vorhang bleibt geschlossen, die Abende und die Gesichter werden länger. Wieder nichts mit dem ComebackVersuch. ABER: Beinahe wäre es im Dezember, wo traditionell geballte Bilanzen die Winzigkeiten der Realität jahresendlich gnadenvoll überstrahlen, zum ultimativen Nürnberger Theaterrekord gekommen. Mindestens zehn Premieren für kaum mehr als drei Wochen drängelten auf der inoffiziellen Startposition wie an einem Staudamm. Das Fließband der Ambitionen – Metapher, sei uns gnädig! – drehte in Höchstgeschwindigkeit leerlaufend durch. Fürs Finale 2020 wurde in der von Abseitsfallen umstellten Künstlerszene die Hoffnung auf kurzfristige Beherrschbarkeit allmächtiger Viren fast so hochgehalten wie der Glaube an die Durchschlagskraft von Offenen Briefen an Politiker. Nach Monaten zwischen Hektik und Stillstand mit viel Stop (ab März und November) und ein wenig Go (im September und Oktober) bei ständig abnehmender Publikumszulassung schäumte die ungenutzte Energie auf der lokalen Staatstheater-Insel am Ende des unglücklich verlaufenen Bühnenjahres einem, naja, womöglich furiosen Schlusspunkt entgegen. Wer genau hinschaute, konnte an winzigen Spielplan-Bewegungen auf der offiziellen Ankündigungs-Website die nervenzerrende Absicht zum Hochleistungsaufschwung erkennen. Und dann wieder nix! Es wär (vermutlich) so schön gewesen … Erst sollte der „Vetter aus Dingsda“ als bekanntlich armer Wanderge-

sell das daheim wundgesessene Publikum mit dem Versprechen von viel weißer Salbe für jede seelische Druckstelle zur Wiederbelebung der guten Laune versammeln – unterm „strahlenden Mond, der am Himmelszelt wohnt“. Dann hätte Joana Mallwitz Superstar, Frankens erste Generalin mit Kompetenzbewaffnung für siegesgewisse CharmeOffensiven, im Opernhaus zu weiteren ihrer plauderfreudigen Kultexpeditionen gerufen, diesmal hin zu den Beethoven-Sinfonien 5 und 6, also der größtmöglich entspannten Annäherung in Richtung Schicksalsschlag und Naturgewalt. Ein gut abgehangener MusiktheaterSampler von Vivaldi & Zeitgenossen mit dem Titel „Bajazet (Il Tamerlano)“ war, nach all den verflixt gesundgeschrumpften 60-bis-90-Minütern immerhin stolz dreieinhalbstündig formatiert, als Trostpreis für die unbefristet ausgesperrte „große Oper“ angesetzt. Ballettdirektor Goyo Montero schließlich stand mit seiner Compagnie im zweiten Premieren-Anlauf bereit für tief im Pelz juckende Studien „Über den Wolf“ frei nach Prokofjews Märchen-Hörspielkonzert, das von den Philharmonikern längst als Soundkonserve eingespielt war. SCHAUERROMANTIK BIS DER ARZT IMPFT UND EIN TAPFERES „AEROSOLE MIO“ Das ganze Schauspiel-Ensemble wollte in aufgeschlüsselten MiniaturAktionen das „Museum der Möglichkeiten“ ausrufen, im großen Haus hatten Spartenchef Jan Philipp Gloger und Stammautor Philipp Löhle mit „Isola“ eine weitere Uraufführung dieser bislang so bemerkens-


104 – kein theater werten Konstellation abrufbereit gemacht: Horror in Schauerromantik diesmal, mit Corona-Anspielungen bis der Arzt impft. In den Kammerspielen warteten Chris Thorpes „Bestätigung“ und Martin Crimps „Im Haus“ als durchgeprobte Auftritte für Solo und Duo. Ein Mann im Selbstversuch des Linksliberalen beim Disput mit einem Holocaustleugner, ein Paar in Beziehungsstress auf dem ehelichen Nährboden für Ängste. Nicht zu vergessen die Auswertung der Modellbau-Satire in Wort und Kulisse, „Take the Villa and Run!“ des Berliner Regiestars René Pollesch, die Ende Oktober an zwei Abenden die überregionalen Kritiker unter den insgesamt hundert abgezählten Zuschauern entzückte, aber eine dritte Vorstellung aus bekannten Gründen bislang nicht mehr schaffte. Und der ganze, nach scheinbar unabweisbarer Virologik verstummte Opernchor sollte, Risiko-Extraklasse, im eigenen Kollektivprojekt „Blick nicht zurück“ aus überquellendem Fundus und voller Kehle das denkbar tapferste Aerosole mio anstimmen. Ach ja …! TRÄUME UNTER TRÜMMERN – NICHT NUR AM THEATER Es hätte zum kleinen, steilen Aufschwungsignal nach plumpsenden Abstürzen bei den kommunalen Träumen von der städtischen Europa-Zertifizierung und dem Wohlklang versprechenden Konzertsaal reichen können am Ende des verflixten Nürnberger Kulturjahres 2020. Nun bleiben Ausgrabungsarbeiten, die Spurenelemente visionärer Perspektiven liegen unter den Trümmern der geradezu klassisch unabweisbaren höheren Gewalt. Bis auf weiteres. Die optimistische Dezemberplanung des Staatstheaters wirkt auch nach ihrer zwangsläufigen Vertagung wie ein trotziger Versuch gegen Anzeichen von institutioneller Apathie. Nötig ist er. Dass die Stadtspitze im gleichen Zeitraum mit der Ruckzuck-Kappung langjährig diskutierter Bauplanungen noch schneller zugeschlagen hat als kurz zuvor bei der amtlichen, durch keinerlei Covid-19-Bestimmungen angetriebenen Auslöschung der spontanen Regenbogen-Kunstaktion am Reichsparteitagsgelände, hier wie dort ohne die Chance vorheriger öffentlicher

Debatten, mag pragmatisch nachvollziehbar sein, aber die Verzinsung beim Vertrauensvorschuss im Umgang zwischen Politik und Kultur rutscht damit tief in die Minusbereiche. LEUCHTTURM IM NOTLICHT PRODUZIERT NUR PHANTOMBILDER Das Staatstheater Nürnberg, das als Leuchtturm im Notlicht momentan allenfalls für Phantombilder taugt, muss sich, sobald es die „Verhältnisse“ erlauben, sowieso als Herzkammer des regionalen Kulturlebens neu erfinden. Niemand weiß, welche Spätfolgen der brutale Einschnitt mit den ganz ausgefallenen oder für gesiebte Zuschauerhäufchen gespielten Vorstellungen haben wird. Ob das Publikum dann ausgehungert oder abgekoppelt ist, ob die ohnehin (und nicht immer ganz zu Unrecht) von Teilen der Öffentlichkeit für elitär gehaltene Bühnenkunst noch tiefer in der Minderheitenecke kuschelt oder gegenläufig die fürs Selbstverständnis kaum weniger gefährliche Flucht ins offene Spielfeld der Gefälligkeiten sucht. BILANZ-TORSO: EIN JAHR, DAS NUR AUS SECHZEHN WOCHEN BESTEHT Der skeptische Blick auf die kargen Erinnerungen dieses eigentlich nur aus 16 verteilten Spielwochen bestehenden Jahrgangs, der für das Team um Intendant Jens-Daniel Herzog und Schauspieldirektor Jan Philipp Gloger die dritte Saison und die damit erwartbare Stabilisierung einer schon respektablen Perspektive bringen sollte, aber eben nicht durfte, lässt trotzdem Hoffnungen zu. Mit denen muss man offensiv umgehen. Herzog, der für die Kulturfabrik am Richard-Wagner-Platz deutlich mehr ist als der erfolgreiche Mallwitz-Lockvogel, führt das Opernhaus trittfest durch den anhaltenden Sturm. Zwar sind in seiner spezifischen Sparte die Erinnerungen an Massenets „Manon“ trotz der auch von Bayreuth umworbenen Regie-Wunschkandidatin Tatjana Gürbaca schnell verblasst und die frei nach Monty Python geschubste Knallchargen-Parade für Sullivans britischen „Piraten“-


105 – von dieter stoll Jux kann man bei gutem Willen für originell halten. Doch der souverän seufzerfreie Wechsel von der geplanten Strauss-Monstrosität „Frau ohne Schatten“ zum feingliedrigen Monteverdi-Projekt „L´Orfeo“ samt der Mallwitz-Entdeckung des Boogie-Woogie im munter durchgekneteten Alt-Klang spricht für sich und für die ungebrochene Vitalität von Musiktheater. Gloger an der Spitze des ebenfalls gerne musikalisch trumpfenden Sprechtheaters schlägt mit Hilfe erstklassiger, sogar in Verirrungen interessant bleibender Regiegäste wie Andreas Kriegenburg, die für Nürnberg vor wenigen Jahren unerreichbar schienen, stabile Pflöcke ein zwischen „Antigone“-Antike und „Andi Europäer“-Gegenwartsdramatik samt Pollesch-Sonderfall. Er schuf unter diesem Dach ein weites Feld für Projekt-Ausläufer wie Boris Nikitins BigBrotherAttacke „Erste Staffel. 20 Jahre Großer Bruder“ und Wenzel Winzers eloquent recherchierte Lokalstudie „Sex Arbeit“. Das interessanteste Vorhaben, Schnitzlers berüchtigtes Erotik-Ringelspiel „Reigen“ konkurrierend aus männlicher und weiblicher Sicht zu inszenieren (Anne Lenk, Jan Philipp Gloger) blieb im Quarantäne-Opfergang stecken und wird dort hoffentlich nicht vergessen. FÜRS ERKENNBAR NEUE „NÜRNBERGER ENSEMBLE“ BRAUCHT ES NOCH ZEIT Was nicht so einfach ist, wie es in der ersten Saison der eingewechselten Chefs aussah, ist die Bildung eines neuen „Nürnberger Ensembles“, das als solches in der öffentlichen Wahrnehmung stattfindet. Da bleibt, beispielsweise im Schauspiel, hinter dem Staunen über die künstlerische Stabilität von Langzeitprotagonist Michael Hochstrassers zweitem Sophokles-Kreon am gleichen Haus und der Freude am Rentnerinnen-Solo (Berufsbild: Friseurin/Prostituierte) der einst als „Vaginamonologe“-Retterin gefeierten Adeline Schebesch in „Sex Arbeit“ auch ein wenig die Enttäuschung darüber, dass die als Star unter den „Neuen“ wahrgenommene Pauline Kästner die Energien

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106 – kein theater

L´ORFEO. Foto: Ludwig Olah

Take The Villa And Run! Foto: Katja Hofmann


107 – bildung bildet ihrer fulminanten Ibsen-Nora eindeutig nicht in eine vergleichbar verblüffende Antigone weiterleiten konnte. Bei den Sängern wird der Aufstieg von Tenor Martin Platz und die unabhängig von der Größe ihrer Partien wirkungssichere Präsenz der Sopranistin Andromahi Raptis bestaunt. Stimmen für Verdi und Wagner haben Kurzarbeit. Am Opernhaus wird ansonsten auf mehreren Ebenen spekuliert: Wankt inzwischen etwa trotz gegenteiliger Beteuerungen auch die Generalsanierung des angeblich seit Jahren von Schließung wegen technischer Gefährdung bedrohten Gebäudes, dem das Ausweichquartier abhanden kam? Beim letzten Umbau schwärmte die Sparte bis nach Fürth und Erlangen aus und improvisierte im Vortragssaal des Germanischen Nationalmuseums und auf dem Konzertpodest der Meistersingerhalle. Der Gedanke, die Oper könnte, wie neulich das Schauspiel nicht ganz leidensfrei, im Saal am Colosseum landen, ist gruselig. Und was meint die international umworbene Generalmusikdirektorin, der vor Ort alle geradezu pathetisch zu Füßen liegen, wenn sie mantraartig jedes Interview mit der Aussage schmückt, sie habe über eine Vertragsverlängerung in Nürnberg „noch nicht entschieden“. Sollte das wahr sein, wäre es ja eine überraschend gute Nachricht. ANLAUF IM STILLSTAND UND BEGLEITSCHUTZ FÜR BESTANDSSICHERUNG In Berlin machen sich kritische Beobachter grade darüber lustig, dass dort die Kulturpolitik in Zeiten geschlossener Häuser überall langfristige Verträge mit Intendanten abschließt. Aber wann, wenn nicht jetzt, sollte Zukunft gewagt werden. Auch für Nürnberg und dem patenschaftlich dominierenden Freistaat geht es beim größten Mehrspartentheater Bayerns um die Verlängerung des Anlaufs mitten im gefühlten Stillstand. Herzog, Gloger, Montero und die wunderbare Unentschiedene sollten der Stadt mehr von ihren Entwicklungssprüngen gönnen können. Perspektive ohne Knick wäre schon mal Fortschritt. Der Stadtratsschwur auf die „Bestandssicherung“, teuer

erkauft durch die abgedrängten Konzerthausversprechen, darf mit dem Begleitschutz von anhaltendem Misstrauen rechnen: Sobald (wenn´s denn sein muss: erst im Frühjahr 2021) das Staatstheater wieder auf Betriebstemperatur köchelt, müssen auch Gostner Hoftheater und Theater Pfütze, Theater Mummpitz und Burgtheater, Theater Salz + Pfeffer und Tafelhalle aus der Krise befreit sein. Gar kein Zweifel: Nürnbergs Kultur braucht sie alle.

FÜR CURT: Dieter Stoll, Theaterkritiker und langjähriger Ressortleiter „Kultur“ bei der AZ. Als Dieter Stoll nach 35 Jahren als Kulturressortleiter der Abendzeitung und Theaterkritiker für alle Sparten in den Ruhestand ging, gab es die AZ noch. Seither schreibt er z.B. für Die Deutsche Bühne und ddb-online (Köln) sowie für nachtkritik.de (Berlin), aber am meisten dürfen wir uns über ihn freuen. DANKE!


108 – interview fotoszene foto: julia puder

foto: lena mayer

foto: jutta missbach

Foto: andreas dietz


109 – fotokunst in nürnberg

Fotoszene Nürnberg: Pustekuchen zum Jubiläumsjahr Einmal wird man 10 und dann gleichzeitig auch noch 20 – und ausgerechnet dann ist Pandemie. So geht es der fotoszene* in diesem Winter ihres doppelten Jubiläumsjahrs. Eigentlich hätte sie ein rauschendes Fest mit Ausstellung gefeiert, aber was Sätze aussagen, die in dieser Zeit mit „eigentlich“ beginnen, wisst ihr ja alle. Stattdessen geht nun die Open-Air-Ausstellung an der Lorenzkirche in die dritte Runde. Die fotoszene*, Nürnbergs Zusammenschluss professioneller Fotograf*innen, lässt sich nicht unterkriegen. Wir haben mit Jutta Missbach gesprochen, die von Anfang an dabei war. Herzlichen Glückwunsch! Die Fotoszene gibt es als Kollektiv schon seit 20 Jahren, als Verein seit zehn. Was ist vor zehn Jahren passiert und wie kam es überhaupt dazu, sich als Kollektiv zusammenzuschließen? Zuerst einmal herzlichen Dank. Wie du bereits festgestellt hast, ist unser zehnjähriges Vereinsjubiläum unser 20-jähriger Geburtstag. Als künstlerisches Genre war die Fotografie vor 20 Jahren in Nürnberg eher „unterbelichtet“. Gleichzeitig wuchs in allen fotografischen Bereichen die tägliche Bilderflut ständig. Ausstellungsmöglichkeiten gab es allerdings kaum, reine Fotoausstellungen waren selten und Fotokunst war nur vereinzelt zu sehen. Die Initiative zur Gründung der Fotoszene ging aus vom inzwischen verstorbenen Fotografen Herbert Liedel und dem ehemaligen Direktor des Museums Industriekultur, Matthias Murko. Das Museum war die erste Institution die Foto-Ausstellungen konstant initiierte und präsentierte. Hierzu wurde eine Gruppe Fotograf*innen eingeladen, aus der sich später die Fotoszene formierte.

Als lose Gruppierung und mit enger Bindung ans Museum wurde das Ziel verfolgt, ein dauerhaftes Podium für Fotografie zu schaffen, dem kulturell interessierten Publikum Ausstellungen anzubieten, aber auch jungen Kolleg*innen den Schritt in die Öffentlichkeit zu erleichtern. Das war die Motivation für den Zusammenschluss. Die Gründung des gemeinnützigen Vereins „Fotoszene Nürnberg e.V. – forum freier fotografen“ ermöglichte schließlich ein unabhängiges Agieren und schuf die rechtliche Grundlage für die Unterstützung durch die öffentliche Hand. Wer und wieviele Fotografen wart ihr anfangs? Damals waren wir an die 20 Fotografinnen und Fotografen. Diese Zahl ist über die Jahre recht konstant geblieben und selbstverständlich gab es immer wieder Wechsel. Gleichzeitig sind wir immer auf der Suche nach neuen Mitgliedern. Die Fotoszene ist ein Zusammenschluss von professionellen Fotograf*innen, die neuen künstlerischen Impulsen völlig offen gegenüberstehen. Neue Mitglieder bieten neue fotografische Positionen, verändern Sehweisen und regen zu künstlerischen Auseinandersetzungen an. In der Regel erfolgt die Aufnahme eines neuen Mitglieds über Vorschläge der Kolleg*innen, wobei dann die künstlerische Qualität der Arbeiten von zentraler Bedeutung ist. Ihr hattet ein Jubiläumsevent im Atelierhaus Defet geplant, das nun nicht stattfinden darf ... Wie geht ihr damit um? Was gibt es stattdessen? In der Regel hatten wir einmal im Jahr eine große Ausstellung an besonderen Orten und und sechs bis acht kleinere Ausstellungen, auch Gast-Ausstellungen in unserer Galerie im Defet-Haus. Heuer


110 – interview fotoszene Foto: stefan hippel

im Jubiläumsjahr: Pustekuchen! Besondere Zeiten erfordern dann auch besondere Kreativität. So kam uns die Idee, an der Pfarrhaustür von Sankt Lorenz zu klopfen. Mit der Frage, ob man den Bauzaun der Lorenz-Kirche als White Cube im öffentlichen Raum nutzen könnte, liefen wir offene Türen ein. Aus heiterem Himmel entstand eine Kooperation mit der Kirche. Seither gibt es die Bauzaun-Ausstellungen der Fotoszene im Zentrum der Altstadt. Wir sind sehr dankbar für diese Kooperation und präsentieren hier auch unsere Jubiläumsausstellung. Genauso wichtig ist für uns die Steigerung unserer Aktivitäten in den sozialen Medien geworden. Auf Instagram posten wir täglich Arbeiten unserer Mitglieder und unserer Gäste. Momentan zeigen wir dort die gesamte Ausstellung „Stefan Neuberger – Fotografien“ unter @die_fotoszene. Wie hat sich die öffentliche Wahrnehmung bzw. der Stellenwert der Kunstfotografie von vor 20 und vor 10 Jahren bis heute gewandelt? Bilder sind für Menschen als visuelle Wesen mehr denn je zum „Lebensmittel“ geworden. Durch die Digitalisierung haben sich mit dem stets fortschreitenden technischen Wandel im Bereich der Fotografie die Bilderfassung und -produktion grundlegend geändert. Ihre fast synchrone Verfügbarkeit und sofortige Verbreitung erreicht eine bislang nicht vorstellbare Dimension. Das betrifft nach meinem Dafürhalten die künstlerische Fotografie ebenso. Mit der technischen Machbarkeit haben sich fotografisch-bildnerische Innovationen inzwischen in den Bereich der Mobiltelefonie verschoben und damit auch der Fotokunst eine andere Basis und einen neuen Stellenwert zugeordnet. Fotografie lernen und leben in Nbg/der Region: wird es (auch angehenden) Fotokünstlern hier leicht oder schwer gemacht? Wie und warum? Es ist müßig mit Superlativen zu spielen und nach Alleinstellungsmerkmalen zu gieren. Foto-Stadt war Nürnberg, als hier global agierende Unternehmen ihren Namen in die Welt trugen. Heute bestehen beste Möglichkeiten sich fotokünstlerisch ausbilden zu lassen. Die TH Ohm

bietet entsprechende Studiengänge und an der Akademie der bildenden Künste lehren international bekannte Professoren. Institutionell gebunden geht damit auch Möglichkeit der öffentlichen Präsentation einher. Schwieriger ist es allerdings außerhalb. Vom hohen Engagement des privaten Galeriebetriebs abgesehen, hat es sich eben die Fotoszene mit zur Aufgabe gemacht – sicherlich unter denkbar schwierigen Rahmenbedingungen – Präsentationsmöglichkeiten und damit Öffentlichkeit zu schaffen. Das Forum freier Fotografen schafft Foren. Die Bilderflut durch Soziale Medien, die Möglichkeiten durch Handys: befruchtet das die Fotokunst? Verwässert es sie? Hat es sie grundlegend geändert? Dies ist eine sehr komplexe Fragestellung, die oben schon angeklungen ist. Der regelrechte Bilder-Tsunami, dem wir täglich ausgesetzt sind, führt uns einmal die Grenzen der intellektuellen Erfassbarkeit


111 – von marian wild buchstäblich vor Augen, wirft zum anderen die Frage auf, wie welche Menge von wieviel Bildern tatsächlich „gelesen“ werden kann. Gerade im Bereich der Fotokunst ist die Rezeption mehr als der retinale Reiz. Ich denke, dass sich durch den digitalen, oder lass’ es mich noch anders ausdrücken, durch den „turbodigitalen“ Umbruch künstlerische Äußerungen in der Fotografie stark geändert haben und sich weithin ändern werden. Es geht hier nicht darum, Spreu vom Weizen zu trennen, aber die Masse macht auch nicht nur „machtlos“, sondern bietet vielmehr die Chance des gänzlichen Unerwarteten. In dieser Flut einen „trockenen Platz“ anzubieten, hat sich die Fotoszene auf denkbar konventionelle Weise auch zur Aufgabe gemacht. curt und die Fotoszene kooperieren sehr häufig. Gibt es an sich genügend Support für die Kunstszene? Wir sind froh mit curt einen zuverlässigen und kompetenten Partner zu haben und wissen das auch im Hinblick auf unser geplantes Foto Festival Nürnberg 2021 sehr zu schätzen. Die Zusammenarbeit gestaltet sich großartig. curt ist das Medium, das der zeitgenössischen Fotokunst medial den ihr gebührenden Raum bietet. Die allgemeine Frage nach dem Support für die Kunst ist schnell beantwortet: Ein bissl Support ist vorhanden, aber mehr denn je droht sie, hinten wieder runterzufallen. Deshalb mein grundsätzlicher Vorschlag: Wenn alle, die von der momentanen Krise wirtschaftlich nicht oder weniger betroffen sind, bereit wären, das zu spenden, was sie in Normalzeiten für die kulturelle Teilhabe ausgeben, dann wäre vielen geholfen. Früher hieß so etwas zwangsweise „Lastenausgleich“, gestern hieß es zwangsweise „Soli“ und heute könnten wir es bürokratisch „freiwillige Kulturerhaltungsabgabe“ oder kurz, „KUERAB“ nennen.

Fotoszene Nürnberg Open-Air III, 24/7 an der Lorenzkirche. www.die-fotoszene.de. Supportet von curt

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112 – Kunstkommentar

Ludwig Hanisch - Black Knight 2020, Acryl-Acryllack-Stoff-Buchbinderkarton, sand. 75 x 84,5 x 15 cm. Foto: Johannes Kersting


113 – von marian wild

ludwig hanisch: Vom Himmel hoch, da kommt er her Ludwig Hanisch hat einen schwarzen Ritter gebaut, der aus der Umlaufbahn zu uns auf die Erde niederfährt. Teile der Erklärung könnten euch gerade kurz vor Weihnachten verunsichern. Durch dunkle Machenschaften der Regierung sollten die Freiheiten der Bürger beschnitten werden, die nun die Gunst der Stunde nutzten, um das Militär im Land einzusetzen, Familien zu trennen und fortan uneingeschränkt und unwidersprochen zu herrschen. Überhaupt wohne man vielmehr einer göttlichen Strafe bei, keiner Krankheit, die durch lächerliche, unsichtbare Erreger verbreitet würde. Mancherorts, so ist es überliefert, leckten die entschiedensten Fürsprecher zum Beweis öffentlich an herumlaufenden Ratten, um zu beweisen, dass die Pest nur Einbildung sei. Was sich im 18. Jahrhundert in England und anderen europäischen Staaten abspielte, kommt einem aktuell, in Zeiten von Corona und ihren huckepack grassierenden Verschwörungstheorien, gar nicht so fremd vor. Wie kann man sich künstlerisch und kulturell mit diesem Mechanismus befassen, der aus Bedrohungen und Ängsten Mythen und Legenden generiert? Im curt-Doppelinterview mit dem freischaffenden Künstler Ludwig Hanisch und dem promovierten Psychologen und Informatiker Marius Raab kommen damit auch zwei Welten zusammen, die auf den zweiten Blick dann gar nicht so wenige Gemeinsamkeiten besitzen: Marian Wild: Bevor wir tiefer in die Materie einsteigen würde mich interessieren, ob ihr schon vorher Berührungspunkte mit dem

Arbeitsfeld des jeweils anderen hattet? Marius Raab: In Verschwörungstheorien geht es, wie oft auch in der Kunst, um alternative Sichtweisen auf die Wirklichkeit; und um das Finden von Bedeutung. Wir forschen am Lehrstuhl für Allgemeine Psychologie und Methodenlehre an beiden Themen, und ich entdecke ständig Gemeinsamkeiten. Ludwig und mich verbindet das Interesse an Kunst, an Verschwörungstheorien und am Computerspiel. Derzeit arbeite ich auch mit der Nürnberger Künstlerin Elizabeth Thallauer zusammen, die Erkenntnis in Wissenschaft und Pseudowissenschaft verarbeitet. Ludwig Hanisch: In erster Linie sind polarisierende Geschichten und Theorien für mich ein Anlass, gute Kunst zu schaffen. Egal, ob diese wahr, halbwahr oder frei erfunden sind – ist ein Nerv getroffen, entwickelt man schon automatisch dazu Bilder im Kopf. Das ist der Kunstäußerung gar nicht so unähnlich. Was würdet ihr sagen, was treibt eurer Meinung nach beide Gruppen an, ihre jeweiligen Realitäten zu entwerfen? Ludwig: Ich kann als Kunstschaffender im Grunde nur für mich sprechen – mir geht es darum Computerspielekultur mit zeitgenössischer (figürlicher) Malerei zu verbinden. Daraus entsteht eine Art Zwischenwelt – eine greifbare, echte Bildwelt in Form von Malerei, gemixt mit der virtuellen, unerreichbaren Realität aus Games. Marius: Das hat viele Gründe: Wenn unser subjektiver Handlungsspielraum eingeschränkt ist, dann wollen wir diesen unangenehmen Zustand der Ohnmacht überwinden. Verschwörungstheorien bringen neue Zusammenhänge und neue Akteure ins Spiel und schaffen so neue Handlungsmöglichkeiten. In manchen Fällen macht es Spaß,


114 – Kunstkommentar Alternativen zu denken und mit einem „Was wäre wenn“ solche Alternativen geistig zu simulieren. Manchmal dienen solche Theorien auch der Hetze und sind ein Propagandainstrument. Man muss sich immer den Inhalt der Theorie anschauen. Ludwig, in deiner aktuellen Werkserie befindet sich ein mit dem Schwert zu Boden fahrender schwarzer Ritter. Wie bist du zu diesem Thema gekommen? Ludwig: Der „Black Knight“ Mythos handelt von einem mutmaßlich außerirdischen Satelliten, der sich in unserem Orbit befindet. Ich fand das cool, und die Story inspirierte mich zu dem Bild, einen Schwarzen Ritter mit Satellitenflügel zu bestücken. Mir gefiel der Gedanke, Mittelalterliches in den Weltraum zu setzen. Marius, ist es möglich, so einen Mythos einzuordnen und zu klassifizieren, vielleicht auch seine Funktion zu erklären? Marius: Einordnen und klassifizieren würde ich ihn gar nicht, psychologisch viel spannender ist seine Funktion. Die kann für jeden Rezipienten anders sein. Für Ludwig und mich ist der Gedanke ästhetisch reizvoll, dass ein archaisches Alien-Artefakt wie ein Damoklesschwert um unseren Planeten kreist. Andere Menschen, die dann ernsthaft daran glauben (und ich kann mir gut vorstellen, dass es die gibt) finden hier eine Verdinglichung, und damit auch eine Legitimierung, eines gefühlten Unbehagens. Und so gesehen ist diese Theorie, gerade wenn sie ernst gemeint ist, auch ein künstlerischer Akt. Meine Lieblingsverschwörungstheorie ist, dass Stuttgart 21 und der Berliner Flughafen deshalb nicht fertig wurden, weil man zwischen den beiden Orten einen unterirdischen Verbindungstunnel baut, in dem Merkels Armee geparkt ist. Ihr habt sicher auch einen Lieblingsmythos, wollt ihr ihn mir erzählen? Marius: Ein Freund in der Grundschule hat mir einmal aufgeregt und voller Ernst erzählt, sein Vater hätte vor der Haustür einen Wäschekorb mit Fahrkarten für die Lichtenfelser U-Bahn (sic!) gefunden. Ich Schlafschaf habe ihm damals nicht geglaubt, aber vielleicht war (oder

ist?) dort die Schattenarmee von Franz-Josef Strauß? Langsam ergibt sich ein Bild ... Ludwig: Das Atari Computerspiel zu dem Film „E.T. - der Außerirdische“ ist praktisch unspielbar, da man in dem Game immer wieder unvorhergesehen in Gruben fällt, aus denen man sich nur schwer wieder befreien konnte. Witzigerweise wurden angeblich sämtliche unverkaufte Spielmodule in der Wüste New Mexicos vergraben. Und tatsächlich, jüngst wurde das „Atari-Grab“ von Spielejägern ausgebuddelt. Verschwörung und Kunst wird auch Thema einer Einzelausstellung von Ludwig Hanisch im Kunstverein Kohlenhof sein, die im Frühjahr 2021 geplant ist. Lasst das Bild von der abgeleckten Ratte also ausführlich wirken, und achtet auf unseren Ankündigungen in den kommenden curt-Heften und auf www.curt.de/nbg!

Dr. Marius Raab, Jahrgang 1977, Psychologe und Informatiker, hat über experimentelle Ansätze der Verschwörungstheorie-Forschung promoviert, und forscht und lehrt an der Uni Bamberg über Verschwörungstheorien, Gamification und Ästhetik. Im Podcast „Die Bamberger Psychokalypse“ diskutiert er mit Kollegen jede Woche psychologische Themen. Ludwig Hanisch, geboren 1984 in Halle an der Saale, lebt und arbeitet als freischaffender Künstler in Nürnberg. Er studierte von 2006 bis 2012 an der Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg bei Prof. Thomas Hartmann, der ihm 2011 den Titel Meisterschüler verlieh.


115 – lesen lieben

buch-Tipp von Sabine JanSSen:

Das Glück ist grau von Christopher McDougall DUMONT Buchverlag 22,- / 352 Seiten Eine Geschichte über einen Esel? Und kein Roman? Echt jetzt? Gepaart mit einem gelangweilten Abwinken waren das so meine Gedanken, als ich die ersten begeisterten Leser gehört habe. Dann las ich eher zufällig die ersten Sätze dieses Buches und konnte nicht mehr aufhören. Der weitgereiste Erzähler hat sich mit seiner Familie in einer dünn besiedelten Gegend in Pennsylvania am Rande einer Amish-Gemeinde niedergelassen. Alles ist fein, das Leben friedlich und unkompliziert – bis ein Freund ihn anruft und um Unterkunft für einen völlig verwahrlosten Esel nachfragt. Die Familie hat keine Ahnung von Eseln, kann sich aber der Dringlichkeit der Anfrage nicht verschließen – und schon beginnt das Abenteuer. Mit der ersten Maniküre und Säuberungsaktion bekommt Sherman seinen Namen und trotz sichtbarer Besserung der körperlichen Situation wird deutlich, dass das schiere Überleben auch für einen Esel nicht alles sein

@die_fotoszene

OPEN AIR/ Südseite Lorenzkirche

kann. Sherman braucht eine Herausforderung, eine Aufgabe, damit er leben will und sich entwickeln kann. Diese Geschichte hat es in sich, sie ist im Grunde viele Geschichten. Sie erzählt von der Inspiration aus gemeinsamer Erfahrung in der Familie, mit Nachbarn, mit zunächst unbekannten Unterstützern und mit Sherman. Sie lässt uns an Begegnungen teilhaben, die sich aus gemeinsamen Leidenschaften ergeben und von der beglückenden Erfahrung, wenn eine kaum denkbare Aufgabe gelingt. Mich hat diese Geschichte inspiriert und begeistert, vor allem weil es so unerwartet kam! Das Buch gibt´s zu gewinnen im XMAS-Special ab S. 12!


116 – Galerien/Museen

Galerien/Museen: kunst im winter Liebe Leser*innen in der Weihnachtszeit, der zweite Kulturshutdown hat das Kunstgeschehen seit Anfang November nahezu komplett lahmgelegt und dadurch hart getroffen, aber es gibt großartige Projekte und geplante Ausstellungen mit originellen Konzepten, die entweder nur darauf warten gesehen zu werden oder auch trotz Einschränkungen sichtbar sind. Der weitere Verlauf der Regulierungen ist unabsehbar, aber wir gehen davon aus, dass die Nürnberger Kunstgalerien geöffnet bleiben. Ebenso hoffen wir auf einen kulturreichen Januar und auf ein stattfinden der Biennale der Zeichnung. Wir halten für euch den Online-Artikel „Kunst im Winter“ auf www.curt.de/nbg so aktuell wie möglich. Achtet bitte dennoch unbedingt auf die tagesaktuelle Entwicklung, die ebenso wie die Corona-Schutzmaßnahmen auf den Internetseiten der Ausstellungsorte bekanntgegeben werden!

Hans Karl Kandel, Blick in die Ausstellung „Nichts fehlt“ in der Galerie in der Promenade. Foto: Achim Weinberg


117 – von marian wild

NMN Das ganze Jahr und darüber hinaus

2020_20: EIN RUNDES JUBILÄUM IM NEUEN MUSEUM Das Neue Museum ist jetzt 20 Jahre alt. Eine ausführliche Besprechung der aufsehenerregenden Jubiläumsausstellungen findet sich im gedruckten curt Magazin N/F/E, das auch als kostenloses e-Book auf www.curt.de/nbg zu finden ist. Bis 21. Februar 2021

PAINTERLY – VON WARHOL UND TWOMBLY BIS HEUTE Bis 10. Januar 2021

STAAB ARCHITEKTEN – KONTEXT Bis auf Weiteres

MIXED ZONE NEUES MUSEUM NÜRNBERG Klarissenplatz, Nbg. nmn.de Di-So 10-18 Uhr, Do 10-20 Uhr ----Bis 20. Dezember

HANS KARL KANDEL – NICHTS FEHLT Die schlichten, weißen Gipsplastiken von Hans Karl Kandel sind materialisierte Leere im bunten Gewusel unseres Alltags. Installiert an der Wand oder stehend auf dem Boden entwickeln die Gefäße und Schalen in der barockisierten Umgebung der Galerieräume

07. – 22.08. 2021 Ausschreibung Schwabacher Kunstpreis Bewerbungsschluss: 15.01.2021 www.schwabach.de/ortung


118 – Galerien/Museen einen ästhetischen Sog, der den Blick und die umgebenden Formen geradezu absorbiert. Die Ausstellung wurde bis 20. Dezember verlängert und kann mit Voranmeldung besucht werden. Hans Karl Kandel ist auch ausführlich mit der Nummer | 038 | im Projekt | LOCKED IN | auf curt.de vertreten, das über 60 Kulturschaffende aus der Region mit Bild und Text portraitiert und zu ihrer aktuellen Situation befragt. GALERIE IN DER PROMENADE Hornschuchpromenade 17, Fürth galerie-in-der-promenade.de. Öffnungszeiten nach telefonischer Anfrage: Tel: 0911 – 70 66 60 Bis 20. Dezember

LEIF TRENKLER. SOLO SHOW ZUM 60. GEBURTSTAG Gelbe Bodenplatten mit pinken Fugen, pastellblaue Wandflächen am Pool: Der bedeutende Vertreter der figurativen, also gegenständlichen Malerei in Deutschland, der in Frankfurt und Düsseldorf unter anderem bei Thomas Bayerle und Jörg Immendorff studierte, zeigt zum runden Geburtstag eine Auswahl seiner leuchtend-expressiven Szenerien und Architekturen. GALERIE VON & VON Lorenzer Str. 31, Nbg galerie-vonundvon.de Di-Sa 11-18 Uhr, So 14-16 Uhr

Bis 3. Januar 2021

TILL AUGUSTIN | BODO KORSIG KUNSTKONTOR - GALERIE CLAUDIA JENNEWEIN Füll 12, Nbg kunstkontor-nürnberg.de Fr 16-20 Uhr, Sa 12-19 Uhr, So 15-18 Uhr Bis 16. Januar

DR. PAUL WOLFF & ALFRED TRITSCHLER - „MIT DEM KRAFTWAGEN VON FRANKFURT NACH NÜRNBERG“ Die Serie ist ein bildnerisches Reisetagebuch: In schwelgerisch-nostalgischen Ausschnitten wird die Autoreise der beiden Fotografen von der sich entfaltenden Finanzstadt in die fränkische Metropole geschildert. Das sich in heutiger Zeit abschwächende Bild der Freiheit, das durch das eigene Kraftfahrzeug als Mobilität ausdrückt, kann in den Bildern auf sympathische Art nachempfunden werden. LEICA GALERIE Obere Wörthstraße 8, Nbg. leica-store-nuernberg.de/galerie Mo-Sa 10-18.30 Uhr und nach Vereinbarung Bis 17. Januar

CLEARLY VISIBLE Die Gruppenausstellung von Steve Braun, Federico Braunschweig, Julie Batteux und Eva-Maria Neubauer stellt vier frische Positi-

onen zwischen Grafikdesign, Plastik, Sozialkritik und Ästhetik aus der jungen Nürnberger Kunstszene gegenüber. GALERIE SIMA Hochstraße 33, Nbg. simagalerie.de Tel. 0911 / 26 34 09 Besuch nach Vereinbarung, geschlossen von 20. Dezember 2020 bis 2. Januar 2021 Bis auf Weiteres

BARRACK ATTACK – KUNSTATTACKE AUS DER HOLZBARACKE Der Kulturort Badstraße 8 e. V. hält mit einem digitalen Kunstprojekt die Sichtbarkeit der selbstständigen Kunstschaffenden auf seiner Homepage aufrecht: Es werden Videos zu Kunstwerken produziert, pro Beitrag wird den Teilnehmenden eine Aufwandsentschädigung von 100 Euro gezahlt. Der erste Sendetermin ist am 5. Dezember, danach folgen neue Inhalte im Zweiwochenrhythmus. Kunstschaffende können sich bis Ende Dezember 2020 unter post@badstrasse8.de bewerben. Sagt es weiter! KULTURORT BADSTRASSE 8 E. V. Badstraße 8, Fürth badstrasse8.de


Wolff & Tritschler, Fränkischer Bauer und Opel

119 – von marian wild

Foto: the artists

SOFT OPEN HOUSE Das liebgewonnene und traditionsreiche, alljährliche „Open House“ in der Vorweihnachtszeit ist diesmal in jeder Hinsicht „softer“: Durch die aktuelle Corona-Situation ist der Publikumsverkehr im Defet-Haus stark eingeschränkt, darum findet das Adventsereignis diesmal in ruhigerem Format vor Ort, als auch umfangreich und digital auf der Homepage der Hausgemeinschaft, statt. Auch mit dabei: euer Kunstredakteur vom curt (also ich :D ), der hier seit Oktober mit einem wunderschönen Büro vertreten sein darf. ATELIER- UND GALERIEHAUS DEFET Gustav-Adolf-Str. 33/Leopoldstr. 71, Nbg. atelier-galeriehaus.de Eröffnungswochenende am 5. und 6. Dezember, jeweils 16 bis 21 Uhr

Fliegende Eröffnung am 5. Dezember ab 14 Uhr, 6. bis 20. Dezember

Dass in Coronazeiten eine neue Galerie eröffnet, das ist schon an sich eine Meldung. Wenn die neue Galerie sich dann auch noch dem internationalen und interkulturellen Austausch widmet sind wir vom curt natürlich Feuer und Flamme und wünschen Maja Bogaczewicz hiermit nur das Beste im neuen Lebensmittelpunkt! ATELIER & GALERIE MAJA BOGACZEWICZ Waagstr. 4, Fürth maja-bogaczewicz.com Sa und So 16-19 Uhr und nach Vereinbarung

Die Galerie BBK VIEW zeigt im Rahmen des Austauschprogramms TIT for TAT die Leipziger Künstlergruppe KingKonkret. Geschaffen wird eine gemeinsame, immersive Rauminstallation, die mit dem Motiv des lebenden Organismus arbeitet. BBK VIEW Veillodterstr. 8, Nbg view.bbk-nuernberg.de Sa+So 14-18 Uhr 6. Dezember von 14 bis 19 Uhr

NEUE KULTURRÄUME IN FÜRTH!

VIEW#6: GEDANKENNAHRUNG – FOOD FOR THOUGHTS

7. Dezember 2020 bis 23. Januar 2021

DO YOU BELIEVE IN HAPPY ENDINGS?

Der Galerieraum versammelt Werke von Oliver Boberg, Christian Faul, Michael Franz, Gerhard Mayer, Andreas Oehlert, Susanne Roth, Dashdemed Sampil, Jasmin Schmidt, Peter Senoner, Sebastian Tröger, Olaf Unverzart und Thilo Westermann in einer Ausstellung. Mir war es nach längerem Übelegen nicht möglich, den Text treffender zu verfassen als Annette Oechsner es in ihrer Ankündigung getan hat: „DO YOU BELIEVE IN HAPPY ENDINGS? Wir haben alle die Sehnsucht nach dem guten Ende… dem Happy


120 – Galerien/Museen End. Doch wir wissen auch, dass Hollywood-Filme mit dem offenen Ende die spannenderen sind. Geht es bei der Frage nicht vielmehr um das BELIEVE, also darum, ob wir hoffen, ob wir glauben? Liegt nicht darin das Versprechen? Was uns vorantreibt, ist die Hoffnung und der Glaube an das Bessere, die Entwicklung, die Erfüllung. Gründet darauf nicht auch alles künstlerische Handeln – uns die Frage vor Augen zu führen, ob und wie wir hoffen, an was wir am Ende glauben?“ OECHSNER GALERIE IM ATELIER- UND GALERIEHAUS DEFET Gustav-Adolf-Str. 33, Nbg. oechsner-galerie.de Tel: 0911 – 961 69 66 Mi-Fr 13-18 Uhr, Sa 11-15 Uhr und nach Vereinbarung Geöffnet am 6. Dezember von 14 bis 19 Uhr zum „Soft Open House“ Ab 6. Dezember

HAPPY BIRTDAY – 10 JAHRE FOTOSZENE NÜRNBERG E.V. Zehn Jahre und kein bisschen ausgebleicht: Die Fotoszene feiert ihr erstes rundes Jubiläum mit einer Outdoor-Ausstellung. Ein Hintergrundbericht findet sich auf Seite 108. SÜDSEITE DER LORENZKIRCHE Lorenzer Platz 1, Nbg. Täglich 24 Stunden Instagram: @die_fotoszene, @fotofestivalnuernberg 11. bis 13. Dezember

ARTVENT IN GOSTENHOF Die Gostenhofer Kulturschaffenden präsentieren ihre Werke zum Verkauf und laden Gastkünstler zu ihrem Weihnachtsbasar ein. Geplant ist einen Mindestöffnung am Freitag von 18bis 21 Uhr, und am Samstag und Sonntag jeweils von 14 bis 19 Uhr. Ein detailliertes

Thilo Westermann, Amherstia Nobilis, 2015-19 Foto: the artist und galerie oechsner


121 – von marian wild Faltblatt zu der Veranstaltung ist in Arbeit. KULTURORTE IM STADTTEIL Gostenhof, Nbg. Geöffnet am 11. Dezember von 17 bis 21 Uhr 12. Bis 20. Dezember

SIGNED AND NUMBERED

Durch den Verkauf von Unikaten, Editionen, Magazinen und Publikationen präsentieren die Akademiestudierenden sich in der Vorweihnachtszeit den Besucher*innen. AKADEMIE GALERIE NÜRNBERG Hauptmarkt 29, Nbg. galerie@adbk-nuernberg.de Mi-So 14-19 Uhr

Fliegende Eröffnung am 16. Januar 2021 ab 14 Uhr, 17. Januar bis 14. Februar 2021

VIEW#11: 366

Die Galerie BBK VIEW zeigt in einer Gruppenausstellung, was in den letzten 366 Tagen in den Ateliers der Künstler*innen des BBK Nürnberg gedacht und gemacht wurde. Die Thematiken sind frei – Ziel ist es, aktuelle Arbeiten und Prozesse zu zeigen, die seit dem 27.11.2019 entstanden sind. Gezeigt werden Arbeiten aus dem Bereich der Malerei, Fotografie, Installationen und Objektkunst. [PK] BBK VIEW Veillodterstr. 8, Nbg view.bbk-nuernberg.de Sa+So 14-18 Uhr

23. Dezember 2020 bis 3. Januar 2021

OPHELIA FLASSIG: ON/OFF

In einem Schaufensterprojekt bespielt die Akademiestudentin, die in der Klasse Baranowsky für Freie Malerei studiert, die Fensterflächen der Akademiegalerie mit einer spannungsreichen Bilderzählung. AKADEMIE GALERIE NÜRNBERG Hauptmarkt 29, Nbg. galerie@adbk-nuernberg.de 24 Stunden sichtbar

Gemeinsame Eröffnung am 24. Januar 2021 25. Januar 2021 bis 21. Februar 2021

6. BIENNALE DER ZEICHNUNG 2021

Der Graphitstift war es, der den jahrhundertelangen Wettstreit der Künste befriedete: Im Paragone, dem grundsätzlichsten aller ästhetischen Diskurse zur Frage, welche der freien Kunstgattungen Architektur, Malerei und Bildhauerei eigentlich die mächtigste sei, hatten alle Teilnehmerinnen ziemlich schlagende Argumente: „In mir kann man sein Leben verbringen.“, eröffnete die Architektur selbstbewusst; sie war schon einige Jahrhunderte lang als oberste Gattung angesehen

worden und darum recht verwöhnt. „Dafür sind meine Werke dreidimensional und allansichtig und dynamisch erlebbar!“, erwiderte die Bildhauerei, die der Architektur letztlich gar nicht so unähnlich ist. „Aber nur ich kann Landschaften und imaginäre Orte errichten!“, setzte die Malerei nach, und dem zu widersprechen ist schwer. Das ging viele Jahre so, bis irgendwann eine kleine, piepsende Stimme wahrgenommen wurde: „Und wen braucht ihr alle drei?“, fragte recht trocken der Bleistift. Geboren war die Disegno-Theorie, dass die Zeichnung unabdingbarer Bestandteil, Anfang und damit Voraussetzung aller drei Gattungen sei, und drei Personifikationen der Kunst endlich wieder ruhig schlafen ließ. Zum sechsten Mal wird in der Metropolregion basierend auf dieser Entwicklung ein Zeichen für das Zeichnen gesetzt: An insgesamt neun Ausstellungsorten widmen die dortigen Galerien, Museen und Kunstvereine und ihre jeweiligen Kurator*innen sich der bedeutenden Kulturtechnik, die aus den meisten historischen und zeitgenössischen Kunstprozessen nicht wegzudenken ist.


122 – Galerien/Museen

Katja Davar, Field sings vision a song, 2016. Foto: Galerie Kadel Willborn, DĂźsseldorf


123 – bildung bildet

GALERIEHAUS NORD Wurzelbauerstr. 29, Nbg. galeriehaus-nuernberg-nord.de Di/Mi 13-16 Uhr, Do/Fr 11-13 Uhr, So 11-16 Uhr

GRESER & LENZ

ALBERT LEO PEIL – EIN ZEICHNER UND GRANDSEIGNEUR KUNST GALERIE FÜRTH Königsplatz 1, Fürth kunst-galerie-fuerth.de Mi-Sa 13-18 Uhr, So + Feiertags 11-17 Uhr

GALERIE BERNSTEINZIMMER Großweidenmühlstr. 11, Nbg. galerie-bernsteinzimmer.de Sa+So 15-19 Uhr

REBECCA ARNOLD, ANNA HANDICK, LENA MÜLLER, SUSANNE SCHREYER

JUNYU CHEN, XIANGBO CHEN, XIULING GU, HUAZHAO LI, WEIMING LI, KA ZHOU

KUNSTMUSEUM ERLANGEN Nürnberger Straße 9, Erlangen kunstmuseumerlangen.de Mi, Fr, Sa 11-15 Uhr, Do 11-19 Uhr, So, 11-16 Uhr

Kunstraum des Konfuzius-Instituts Nürnberg-Erlangen Pirckheimerstraße 36, Nbg.

DASHA SHISKIN NEUES MUSEUM NÜRNBERG Klarissenplatz, Nbg. nmn.de Di-So 10-18 Uhr, Do 10-20 Uhr

BRUNO MARIA BRADT KUNSTVEREIN ERLANGEN E.V. Hauptstraße 72, Erlangen

RAINER PLUM MUK::KUNSTVEREIN ZIRNDORF Galerie Pinder Park Im Pinderpark 5, Zirndorf kunstverein-zirndorf.de Do+Fr 15-18 Uhr

BBK

KATJA DAVAR

NÜRNBERG MITTELFRANKEN


124 – Galerien/Museen

Rainer Plum, Der kristalline Raum, 2018. Foto: the artist

BARBARA GRABER STÄDTISCHE GALERIE BÜRGERHAUS SCHWABACH Königsplatz 29a, Schwabach Eröffnung am 30. Januar 2021 von 14 bis 18 Uhr, 31. Januar bis 15. April 2021

DANY DANINO

Der belgische Künstler fertigt monumentale Kugelschreiberzeichnungen an, die mal die niederländische Feinmalerei, mal anatomische Körperstudien, mal das Genre des Portraits oder der expressionistischen Malerei reflektieren. GALERIE IN DER PROMENADE Hornschuchpromenade 17, Fürth galerie-in-der-promenade.de Tel: 0911 – 70 66 60 Öffnungszeiten nach telefonischer Anfrage


125 – schwabach


126 – Kunst in schwabach ortung 11 / Brühl. Foto: Kulturamt.

ortung 12 Ausschreibung läuft Die Ausschreibung um den Schwabacher Kunstpreis zur Kunstbiennale ortung 12. – im Zeichen des Goldes, die 2021 vom 7. bis zum 22. August stattfindet, läuft bereits. ortung lässt alle zwei Jahre öffentliche Plätze, versteckte Winkel, Stadtmauern, Dachböden oder Kellergewölbe der Schwabacher Innenstadt zu Ausstellungsorten für zeitgenössische Kunst werden. Das Kunstfestival ist inzwischen nicht nur eine feste Größe der regionalen und überregionalen Szene, sondern hat sich mit über 11.000 Besuchern aus allen Teilen Deutschlands zu einem weit anerkannten Kunstevent etabliert. Das Kunstevent findet „Im Zeichen des Goldes“ statt, hier wird die Tradition Schwabachs als Goldschlägerstadt ins Bewusstsein gerückt. Das Kunstfest findet mittlerweile seit 1999 statt und feiert 2021 seine zwölfte Auflage. Neben dem Schwabacher Kunstpreis in Höhe von

5.000 Euro wird auch ein Publikumspreis vergeben, der mit 2.500 Euro dotiert ist. Künstlerinnen und Künstler können sich noch bis zum 15. Januar um eine Teilnahme online bewerben. Zugelassen sind Malerei, Bildhauerei, Grafik, Textilkunst, alle Arten von Installationen (auch Ton/Licht/Film ...), Performance, Architektur und Computerkunst. curt-Tipp: Mitmachen und die Preise abgreifen!

ortung 12. – im Zeichen des Goldes, vom 2021 vom 7. bis zum 22. August 2021 Die Ausschreibung, alle Wettbewerbsbedingungen sowie der Upload-Link für die Bewerbungsunterlagen: www.schwabach.de/ortung


127 – schwabach

Ausst ellung b.ware t ba


E S HR MU JA ES

2 0NEU

20 20 M

FOTO: NEUES MUSEUM (ANNETTE KRADISCH)

EU NEUES MUSEUM Staatliches Museum für Kunst und Design Nürnberg Klarissenplatz 90402 Nürnberg www.nmn.de Dienstag bis Sonntag 10 bis 18 Uhr Donnerstag 10 bis 20 Uhr


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130 – Kuratorin-interview

Fotos @ #neuland


131 – #neuland

kuratorin Tine nowak: ausstellung #neuland: Ich, wir und die Digitalisierung Die Ausstellung „#neuland: Ich, wir und die Digitalisierung“ ist an sich seit 12. Mai 2020 für die Besucher*innen geöffnet – und konnte im realen Raum ihre Premiere feiern. Jetzt, im Lockdown, gewinnt sie noch mehr an Aktualität: Die Digitalisierung erfährt mit der Ausbreitung des hoch ansteckenden Corona-Virus weltweit einen unerwarteten Entwicklungsschub. Aufgrund der Corona-Pandemie ist das Museum zur Zeit geschlossen. Es gibt aber diverse Veranstaltungen des Begleitprogramms, das online stattfindet. wir haben und mit Kuratorin Tine Nowak unterhalten. Tine, wann hast du selbst das letzte Mal Neuland betreten? Ich denke, es gehört zur Biografie-Arbeit, immer wieder im Leben Neuland zu begegnen. Durch neue Erfahrungen wachsen wir als Personen. Ob wir dieses Neuland als positiv oder negativ erleben, liegt vielmehr daran, ob wir selbstbestimmt aufbrechen oder ein Wandel fremdbestimmt über uns hereinbricht. Mein derzeitiges Neuland ist daher etwas ganz Positives: ich entdecke gerade Korea. Ich tauche in die koreanische Film- und Serienwelt, aber auch koreanische Küche ein und überlege sogar, Koreanisch zu lernen. Es interessant, sich etwas komplett Fremdes neu zu erschließen.

Wie seid ihr auf dieses Thema gekommen? Wir von den Museen für Kommunikation waren über ein anderes Ausstellungsprojekt mit der Nemetschek Stiftung in Kontakt gekommen und haben bei einem Workshop gemerkt, dass uns das Interesse für Digitalität und eine demokratische Gesellschaft verbindet. Da wurde die Idee zur Ausstellung geboren. Wir wollten eine Ausstellung zur Reflektion erarbeiten, in der thematisiert wird, wie sich der digitale Wandel in unserem Alltag, aber auch für die Gesamtgesellschaft darstellt – also zwischen Ich und Wir. Was hat das Ganze mit Corona zu tun? Gäbe es die Ausstellung ohne Corona … ganz anders? Die Ausstellung sollte Ende März Premiere in Frankfurt haben. Zehn Tage vor Eröffnung ging das Land in den Lockdown. Da stand nun die fertige Ausstellung im geschlossenen Museum, fast so wie jetzt auch in Nürnberg. Als im Mai die Museen öffnen sollten, hatten wir uns gefragt, ob nicht diese Wochen, in denen unsere Kommunikation so stark von digitalen Infrastrukturen abhängig war, nicht etwas mit uns gemacht haben. Kann man eine Ausstellung zu Digitalisierung so unkommentiert einfach aufschließen? Aus diesem Grund haben wir im Mai innerhalb von zehn Tagen die sogenannte „Corona-Spur“ erarbeitet und alle fünf Themenbereiche der #neuland-Ausstellung mit einer Corona-Geschichte


132 – Kuratorin-interview ergänzt. Zeitgleich wurde digital an den Standorten Nürnberg, Berlin und Frankfurt online dazu aufgerufen, uns Artefakte zu senden, welche die Kommunikation während der Corona-Pandemie erzählen. In Nürnberg führt diese Corona-Spur nun durch die Dauerausstellung – ergänzt mit lokalen Objekten, die aus dem Sammlungsaufruf stammen. Diese Corona-Objekte werden in diesem Zusammenhang nun zum ersten Mal öffentlich gezeigt. Die Coronakrise zwingt ja auch Museen, auf Digitalisierung zu setzen. Ist dieses Neuland eine Chance? Oder nur nervig? So dramatisch ich die Pandemie auf vielerlei Weise erlebe, so ist sie auch Katalysator für die Digitalisierung im Alltag, ob privat oder im Büro. Das ist bei den Museen ebenso. Es ist erstaunlich, mit welch explorativen und spielerischen Formaten Museen nun versuchen, digital zu kommunizieren. Zuvor war oft die Angst vor dem Scheitern groß, es fehlt an Geld oder Erfahrung. Aber gerade im Frühjahr gab es viel digitale Aktivität, in der Museen ihre Komfortzonen verlassen und einfach etwas ausprobiert haben. Allein bei uns in der Museumstiftung ist viel passiert: das Berliner Museum hat einen Online-Programmierkurs erstellt, bei mir in Frankfurt wird seit März regelmäßig gebloggt und die Nürnberger haben ein etabliertes Format wie den Datendienstag nun permanent mit einem Livestream versehen und entwickeln weiterhin neue LiveFormate. Angela Merkel hatte ja gesagt: „Das Internet ist für uns alle Neuland“. Wie recht sie hatte! Es ist ja interessant, dass nicht unbedingt die Technologien neu sein müssen, um für uns Neuland zu sein. Als Angela Merkel diesen Satz sagte, waren viele von uns schon seit vielen Jahren Nutzer*innen dieses Internets. Was fehlt ist, dass die Technik, die verfügbar ist, durchdrungen und verstanden wird. Solange es für viele bequem war, auf eingeübte Routinen zu vertrauen, war ein Wechsel zu digitalen oder online-Lösungen nicht notwendig. Der

Nutzungsdruck hat vieles verändert: plötzlich wurden Videokonferenzsysteme genutzt – das gibt es ja schon lang. Plötzlich kann man viel mehr Dinge online bezahlen – das war ja auch vorher möglich. Was macht das alles mit unserer Kommunikation? Kommunikation wird mit all den neuen Routinen nicht einfacher. Es entstehen auch neue Problemfelder. Wo fängt meine professionelle Kommunikation im Rahmen von Arbeit im Home Office an und wo hört sie in Abgrenzung zum Privatleben auf? Und wir sehen auch, wie privilegiert wir leben oder nicht: Habe ich ein Umfeld im Lockdown, oder bin ich auf mich selbst geworfen. Kann ich es mir leisten zuhause zu bleiben oder muss ich mich dem Kontakt mit anderen Menschen aussetzen? Physische Kommunikation mit Fremden bedeutet nun immer auch eine potenzielle Bedrohung. Das kann niemand auf Dauer aushalten, darum sehen wir auch so viele Formen der Verdrängung. Ihr fordert weiterhin „Exponate“ ein und wünscht, dass man euch Corona-typische Dinge sendet. Ja, man kann uns immer noch Objekte einsenden, die dokumentieren, wie wir in diesem Jahr kommuniziert und gelebt haben. Unter www.sammlungsaufruf.museumsstiftung.de findet sich die genaue Anleitung, wie man sein Objekt einreichen kann. Die Ausstellung basiert auf Mitmachen, Mitdenken, Interaktion. Was soll das bei den Besuchern bewirken? Wir sehen den Ausstellungsraum als Dialograum, die Themen sind Trigger, damit wir ins Nachdenken über unsere eigene Situation kommen. Das Online-Rahmenprogramm nimmt diese Funktion nun auf. In ihm gibt unterschiedliche Veranstaltungen, die ebenso zur Reflexion der Gegenwart einladen. So gab es Anfang November einen Online-Diskussionsabend in Zusammenarbeit mit der Bayerischen Landeszentrale für politische Bildung, in der die Gegenwart der Digitalisierung betrachtet wurde. Am 8. Februar wird es


133 – Lucius A. Hemmer eine ähnliche Veranstaltung zu Fake News und Desinformation geben, die ich moderieren darf. Zusätzlich gab und gibt es regelmäßig Twitch-Livestreams in denen gesellschaftsnahe Aspekte des Gamings mit Gästen besprochen werden. Hier wird noch einiges folgen, ob digital oder hoffentlich bald wieder physisch im Museum. Welches Neuland wünscht du dir für 2021 / für die nahe Zukunft? Für 2021 habe ich vielmehr Sehnsucht nach alten Gefilden, insbesondere nach Treffen mit vielen Freunden. Vielleicht ist the old old the new new? ;)

Tine Nowak ist Referentin für Ausstellungen am Museumfür Kommunikation Frankfurt, zuvor war sie dort als Projektleiterin von „Leben & Lernen X.0. Digitale Bildung unsere Zukunft“ tätig und hat im Rahmen dessen die #neuland-Ausstellung kuratiert. Sie ist Lehrbeauftragte an verschiedenen Universitäten. Seit 2013 podcastet sie privat unter www.kulturkapital.org zu Kultur, Medienbildung und Wissenschaft und beruflich unter www. lebenx0.de/podcast mit einem Erklärpodcast für Erwachsene zum Digitalen Wandel.

#neuland: Ich, wir und die Digitalisierung. 28.10.2020 – 25.04.2021 im Museum für Kommunikation Nürnberg. curt ist Medienpartner. www.ausstellung-neuland.de


134 – museumsübersicht

MUSEEN: durch glas und durch das internet

Galerie bernsteinzimmer. Foto: hannah lill

konfuzius-Institut. Foto: konfuzius-institut nürnberg-erlangen


135 – bildung bildet Die Museen müssen coronabedingt geschlossen bleiben. Trotzdem gibt es hier und da ein analoges und digitales und oft feines Angebot. curt schaut hin:

Museum für Kommunikation

Das MfK kennt sich bestens mit Kommunikationsmedien aus und so auch mit dem Internet. Deshalb gibt es eine Reihe an digitalen Veranstaltungen im Corona-Winter. Bis Jahresende sind vorerst zwei Veranstaltungen für Gaming-Begeisterte geplant. Am 11.12. und 18.12. gibt es einen Livestream via twitch (twitch.tv/gamesandfestival), direkt aus dem Museum für Kommunikation. Außerdem kann man auf der Website virtuelle Rundgänge durch die Ausstellungen unternehmen. mfk-nuernberg.de

Dokuzentrum

Zwei Online-Ausstellungen kann man sich auf der Website ansehen. Dabei wird ein umfassendes Bild der braunen Vergangenheit Nürnbergs gezeichnet und die historische Entwicklung des Reichsparteitagsgeländes beleuchtet. museen.nuernberg.de/dokuzentrum

Galerie Bernsteinzimmer

Durch Fenster kann man durchgucken, auch von außen nach innen. Deshalb hat das Bernsteinzimmer mal eben die Ausstellungswände umgebaut. Jetzt kann im 2-Wochen-Takt die Werke von unterschiedlichen Künstler*innen durch drei Fenster anschauen. Wer, wann ausstellt, erfährt man unter galerie-bernsteinzimmer.de.

Konfuzius-institut

Den Trick mit dem Glas nutzt auch das Konfuzius-Institut, das im großformatigen Fenster seines Kunstraums (Pirckheimerstraße 23) Arbeiten von Martin Wehmer zeigt. Der deutsche Maler beschloss während einer Künstlerresidenz in China, fortan einfach dort zu bleiben.

Die eigens für Nürnberg kuratierte Ausstellung zeigt sein Schaffen seitdem. Die Ausstellung ist jeden Abend bis 20 Uhr beleuchtet. Am 13.12. organisiert das Konfuzius Insitut einen Online-Artist-Talk mit Wehmer und der Kölner Galeristin Anja Knoess. www.konfuzius-institut.de

Germanisches Nationalmuseum

Das Germanische Nationalmuseum hat einige seiner Inhalte ins Netz transportiert. Zum Beispiel das Material eines Forschungsprojekts zum Thema deutsche Tafelmalerei. Im Blog geht es um an Ausstellungsinhalte anschließende große Fragen: Sind wir noch Teil der Natur? Und die etwas aufwändiger programmierte digitale Ausstellung entführt uns in den Alltag des Mittelalters und zeigt auf, wie diese Epoche unsere Gegenwart prägt. www.gnm.de

Ludwig-Erhard-Zentrum

Auch vor Fürth macht der Virus nicht halt, jaja, auch das LEZ ist zu. Vielleicht lohnt sich aber dennoch ein Besuch, zum Beispiel vor Weihnachten. Der LEZ-Shop bleibt geöffnet, hier findet ihr Bücher, Mitbringsel, Geschenke. www.ludwig-erhard-zentrum.de

Memorium Nürnberger Prozesse

Seit 75 Jahren erinnert das Memorium Nürnberger Prozesse an die historischen und wegweisenden Verhandlungen gegen die Naziverbrecher. Ein Jubiläum, das mit einem online gestreamten Festakt begangen wurde. Und der uns einmal mehr motiviert, uns mit diesem wichtigen Kapitel Nürnberger Weltgeschichte auseinanderzusetzen. Das geht auch von zu Hause aus, auf der Seite findet man einen virtuellen Rundgang, der uns quasi direkt in die Ausstellung hineinversetzt. In einer Videoreihe beantwortet außerdem das Team des Memoriums Fragen, die von Besucher*innen eingereicht wurden. Beispiel: Warum fanden die Prozesse überhaupt ausgerechnet hier statt? Oder: Wie


136 – museumsübersicht reagierte die Nürnberger Bevölkerung zu der Zeit auf die Prozesse? Drittens findet ihr auf der Seite einen Podcast aus dem Hause Memorium, der sich in drei Teilen mit den Verteidigern der Prozesse beschäftigt. Sehr spannendes, sehr multimediales Angebot also, finden wir löblich und angemessen. www.memorium-nuernberg.de

des Gesellschaftsspiels begeben – in Spear‘s Spielekabinett. Die Firma Spear, gegründet 1879 in Fürth, prägten bis 1994 den internationalen Markt. Im digitalen Archiv könnt ihr euch über megaviele Klassiker von Spear informieren und vor allem durch die Bilder klicken, denn das sind Eye Candys ohne Ende. www.hausdesspiels.de

ler*innen haben sich bereit erklärt, ihre Ateliers und Werkstätten an den ersten beiden Dezemberwochenenden für Kundschaft zu öffnen. Der dezentrale Markt soll über die Schließung des Museums hinwegtrösten – und natürlich Geld in die Kassen der Kreativen spülen. Alle Beteiligten und ihre Adressen zum Aufsuchen findet ihr auf fembohaus.de

Museum Industriekultur

Fembohaus

Das Nürnberger Stadtmuseum im Fembohaus hätte Anfang bis Mitte Dezember die Verkaufsausstellung Kunst & Handwerk ausgerichtet. Der Konjunktiv ist euch nicht entgangen. Im Fembohaus gibts nix zum Anschauen und nix zum Kaufen, aber: einzele beteiligte Künst-

Stadtmuseum Erlangen

Auch das Museum Industriekultur bedient sich des Mediums der Online-Ausstellung, um Inhalte der Sammlung trotz Schließung zeigen zu können. Das Angebot richtet sich insbesondere an Zweiradfans und entführt zum Beispiel in die Pionierzeit der Motorräder aus Nürnberg. Wer lieber unmotorisiert unterwegs ist, erfährt alles über die Fahrradhochburg Nürnberg. museen.nuernberg.de/museum-industriekultur

Haus des Spiels

Kein Würfel rollt momentan im Haus des Spiels, dafür hat das zuhause Spielen wahrscheinlich gerade Hochkonjunktur. Auf der Homepage des Haus des Spiels könnt ihr euch auf eine Zeitreise in die Vergangenheit

Die Tür bleibt zu, dafür öffnet sich jeden Tag ein Türchen. Hinter diesen verbergen sich interessante Geschichten, Objekte und Fotos rund um das Museum, die Erlanger Stadtgeschichte und die beiden Ausstellungen, die jetzt zu sehen gewesen wären.erlangen.de/stadtmuseum

Digitales Weihnachtsprogramm www.mfk-nuernberg.de/weihnachten


137 – bildung bildet

Unterstützt Und empfohlen von cUrt! Der POP FÜR ALLE-Festivalkalender fällt dieses Jahr aus, dafür gibt es dieses Magazin, in dem interessante Personen aus der InklusionsCommunity, Verbände und Institutionen zu Wort kommen und Einblicke in das Thema kulturelle Teilhabe gewähren. Auch die BARRIEREFREI

FEIERN – ICONS zur Event-Beschreibung wurden aktualisiert und ergänzt. FÜR VERANSTALTER: Die Verwendung der Icons für eigene Veranstaltungen ist gewünscht und natürlich kostenfrei! Das Magazin übrigens ebenso – zu bestellen über www.pop-rot-weiss.de/inklusion


138 138 xxxxxxxxx – fensterln

wt f c o r o n a

FAMILIEN LEBEN kultur

H u n d : W e b e r , Influenc er


139 – Kurti Familiensachen

Robo-SpaSS und programmieren-lernen: Online im Museum für Kommunikation Wer von euch schonmal im Museum für Kommunikation war, weiß, dass man dort viele alte Geräte wie Telefone, CD-Spieler oder Computerkram anschauen kann. Ziemlich interessant. Aber: Nicht alles, was ein bisschen älter ist, ist auch gut genug fürs Museum. Manche Sachen sind auch einfach Schrott und Schrott schmeißt man meistens in den Müll. Oder – man baut einen coolen Schrottroboter darauf. Und der ist dann auch wieder gut genug fürs Museum. Das MfK hat auf seiner Homepage ein paar Anleitungen veröffentlicht, wie ihr aus dem alten Technikkram, den keiner mehr braucht und der überall die Schubladen verstopft, richtige Kunstwerke bauen könnt. Eurer Fantasie sind dabei keine Grenzen gesetzt. Die tollen Robos von anderen Kindern in ganz Deutschland könnt ihr euch im virtuellen Museum anschauen. Um selbst dort ausgestellt zu werden, schickt ihr ein Foto eures Robos mit Informationen über seinen Namen, das Material, das ihr verwendet habt und euren Namen, euer Alter und euren Wohnort an kinderwerkstatt@ mfk-frankfurt.de Wer lieber mit Zahlen und Codes herumbastelt oder das gerne lernen möchte, kann außerdem jederzeit am Programmierkurs für Anfänger*innen teilnehmen, den ihr ebenfalls auf der Homepage des Museums für Kommunikation findet. Hinter allen Computerprogrammen und Smartphone-Apps stecken ja letztendlich kluge Programmierer*innen, die dafür sorgen, dass das Programm macht, was sie wollen. Hört sich extrem kompliziert an, kann man aber lernen. Der Online-Kurs richtet sich an Kids ab 10, funktioniert aber auch für interessierte Eltern. Er beginnt bei Null und baut sich wie ein Spiel Level für Level, Stück für Stück auf. Aber damit noch nicht genug: Auf der Seite des MfK finet ihr außerdem viele Bastelanleitungen, die sich jeweils auf Online-Ausstellungen bezie-

hen. So könnt ihr einerseits etwas Neues lernen, zum Beispiel über die Erfindung des Telefons und andererseits euch euer eigenes Dosentelefon für zuhause bauen. Durchklicken lohnt sich. Museum für Kommunikation. Lessingstraße 6, Nürnberg. www.mfk-nuernberg.de

Digitales Sternenhaus: Kinderkultur im Adventskalender Das Sternenhaus im Heilig-Geist-Spital ist mit seinem umfangreichen Programm für Kinder in der Vorweihnachtszeit eigentlich ein magischer und sehr beliebter Ort. Na ja, wahrscheinlich wisst ihr es eh schon alle: In diesem Jahr gibt es leider kein Sternenhaus. Wobei das auch nicht ganz stimmt. Wenigstens im Internet gibt es ein Programm, das uns auf Weihnachten einstimmt. Seit dem 1. Dezember öffnet sich jeden Tag ein Türchen des digitalen Sternenhaus-Adventskalenders. Hinter den Türchen verbergen sich Künstlerinnen und Künstler, die in normalen Zeiten eigentlich im Sternenhaus auftreten würden. Sie haben Videos mit Lesungen, Musik, Ballett, Zauberei und Theater vorbereitet. Hinter einem Türchen verbirgt sich, angeblich!, sogar das Christkind. Den Adventskalender findet ihr hier: www.sternenhaus.nuernberg.de

Hombre bemalt den Bücherbus Der blaue Bus ist bald nicht mehr blau. Zumindest nicht nur. Die Stadtbibliothek hat in einem Wettbewerb dazu aufgerufen, Ideen einzureichen, wie eines der beiden Gefährt der Farhbibliothek in Zukunft aussehen könnte. Im Internet haben die Leute über die Entwürfe abgestimmt und gewonnen hat ein alter Bekannter von curt: Hombre Suk! Der darf den Bus kommendes Jahr mit seinem coolen Graffiti gestalten. Insgesamt fahren in Nürnberg zwei Busse der Stadtbilbiothek. Die sind bis unters Dach voll mit spannender Lektüre (fast 30.000 Bücher!), aber auch CDs, DVDs, Zeitschriften, und und und könnt ihr in der Fahrbibliothek ausleihen. Am Vormittag fahren die Busse diverse Schulen an, an den


140 – Kurti Familiensachen

schrottrobos

artischocken weihnachtsaktion

der neue bĂźcherbus bald bemalt von hombre


141 – Kurti Familiensachen Nachmittagen die Haltstellen im gesamten Stadtgebiet. Angefangen mit der mobilen Bibliothek haben übrigens die Amerikaner direkt nach dem Krieg mit ihrem book mobile. Alle Infos über die Haltestellen und Fahrpläne auf: www.nuernberg.de/internet/stadtbibliothek

Artischocken X-Mas-Action In der Krise hat es auch das Theaterkollektiv ArtiSchocken nicht leicht, sie dürfen momentan nicht vor Publikum auftreten. Deshalb haben sie sich etwas Neues überlegt: Wenn das Publikum nicht zum Theater kommen kann, kommt das Theater halt zum Publikum nach Hause – zumindest, wenn dort brave Kinder wohnen. ArtiSchocken kommt mit Weihnachtsmann und Schneemädchen, der Weihnachtsmann bringt sogar ein Geschenk mit (das die Eltern ihm vorher zukommen lassen). Damit er beim Schenken den Abstand einhält, wird eine Übergabe mit Seil ins Fenster vorbereitet. Als Gegenleistung möchte der Weihachtsmann nichts weiter als eine schöne Zeichnung (von den beschenkten Kindern) und vielleicht eine Spende (von den Eltern). Die X-Max-Aktion findet statt an folgenden Terminen: 24, 25. & 26. 12.2020 & 31.12.2020. Details am besten am Telefon absprechen: 0176 64724687. Artischocken, Raum für Theater, Musik und Ideen. www.artischocken-nuernberg.de

GNM-Kids Das Germanische Nationalmuseum ist ein superspannender Ort für Kinder wie Erwachsene und immer einen Ausflug wert – momentan stehen wir da aber vor verschlossenen Türen. Das heißt aber nicht, dass wir das GMN nicht trotzdem entdeckten können. Mitarbeiterin Maria produziert immer wieder Videos für Kids, die einzelne Ausstellungsstücke vorstellen und dazu passende Bastelanleitungen gleich mitliefern. Zum Beispiel: Baut euch aus Material aus dem Hausmüll praktische Stifteboxen und Schränkchen nach dem Vorbild der Frankfurter Küche,

über die und deren berühmte Architektin ihr vorher im Video alles gelernt habt. Oder ihr bestaunt gemeinsam mit Maria den berühmten Goldhut – und baut euch danach einen eigenen, um Mama und Papa zum Staunen zu bringen. Die sehr empfehlenswerten Videos findet ihr unter: www.gnm.de/gnm-kids

Informationstag waldorfschule Waldorfschule, hat das was mit Wald zu tun? Und muss man da irgendwas tanzen? Reformschulen sind wahrscheinlich immer noch häufig mit den gleichen Fragen konfrontiert wie vor 20, 30 Jahren. Einfacher, als sich in ein solches Konzept einzulesen, ist, sich vor Ort einen Eindruck zu verschaffen. Die Nürnberger Rudolf-Steiner-Schule veranstaltet zu diesem Zweck ihren Informationstag für die Waldorf-Schule (ab 09 Uhr) und den Waldorf-Kindergarten (ab 10 Uhr). Der Informationstag ist vorbehaltlich Corona für den 23.01. geplant, teilnehmen kann man nur mit Anmeldung. Detailinformationen erscheinen auf der Homepage. Rudolf-Steiner-Schule, Steinplattenweg 25, Nbg. www.waldorfschule-nuernberg.de

Weihnachtsgans Auguste Die Weihnachtsgans Auguste hat überhaupt keinen Bock darauf, alleine Weihnachten zu feiern, nur weil niemand zu ihr ins Theater Salz+Pfeffer kommen kann. Sie holt sich ihr Publikum, also euch, einfach per Stream nach Hause. Das heißt, ins Haus der Familie Löwenhaupt, die Auguste zum Festtag eigentlich verspeisen möchte. Doch der kleine Peter hat etwas dagegen, er hat sich mit Auguste nämlich angefreundet. Schon bricht bei Löwenhaupts der schönste Weihnachtsstreit aus: Mutter weint, Auguste schreit, es ist richtig, was geboten. Wer da dabei sein möchte, wählt sich am 20.12. ab 15 Uhr in den Livestream ein. Ein Stream kostet 6 Euro, ihr findet ihn unter salzundpfeffer-theater.de. Theater Salz + Pfeffer, Frauentorgraben 73, Nbg.


142 – Kurti Familiensachen

Kinderbuch-Tipp

von Sabine JanSSen

Die Furchtlosen Fünf

Seepferdchen sind ausverkauft

Von Anna McPartlin, Rowohlt Verlag, Gebunden: 16,-. 320 Seiten

Moritz Verlag, Gebunden: 14,-. 48 Seiten

Das Falsche tun, aber richtig – vielleicht lesen Sie die Geschichte mit Ihrem Kind zusammen…? Die Clique um Jeremy Finn ist eine eingeschworene Truppe und wenn einer von ihnen ein Problem hat, lösen sie es gemeinsam. Jeder bringt seine Fähigkeiten ein: Sumo, Walker, Charlie, Johnny J und er haben eine ganze Menge zu bieten. Johnny J’s Mutter ist schwer krank und das Team beschließt, sie nach Amerika zu schicken, wo sie ganz sicher geheilt werden kann. In einer Dubliner Vorstadt 1990 ist das größte Problem, das Geld aufzutreiben und so werden die fünf Freunde kreativ. Das Ende verrate ich Ihnen nicht, aber diese coole Truppe bei ihren Überlegungen und Aktionen zu begleiten, ihnen sozusagen direkt im inneren Kreis zuzuhören, das ist eine wirklich wunderbare Erfahrung! // Empfohlen ab 11 Jahre

Waren oder sind Sie noch im Homeoffice? Und Ihrem Kind ist langweilig? Mika und ihr Papa sind in genau dieser Situation. Der Papa hatte zwar versprochen, zum Badesee zu fahren, aber daraus wird grade nichts. Er muss was fertig machen. Er steuert zwar noch die Idee ein, dass Mika doch bei Karli läuten könne, aber der ist in Ferien bei der Oma. Und die hat einen Hund. Das ist die Einflugschneise für die (erneute) listige Frage nach einem Haustier. Und so entsteht der Deal: Mika darf sich ein Haustier kaufen, wenn Papa in Ruhe arbeiten kann … Es ist eine zauberhafte Geschichte, die sich da entspinnt und auch wenn ich sehr einig mit dem Papa war, habe ich mich zunehmend mit Mika solidarisiert. Ich hoffe, Sie und Ihr Kind haben soviel Spaß wie ich! // Empfohlen für 5-7 Jahre


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Zukunft schenken

Wenn du ein sinnvolles Weihnachtsgeschenk suchst, mit dem du Umwelt und Klima schützen, nachhaltiges Wirtschaften fördern und etwas gegen die weltweite Ungerechtigkeit tun kannst – dann schenke deinem Kind oder Patenkind (oder gar Enkelkind!?) einfach eine Geldanlage bei der internationalen Entwicklungsgenossenschaft Oikocredit. Damit werden wirtschaftlich benachteiligte Menschen in Afrika, Asien und Lateinamerika unterstützt. Diese bekommen Perspektiven für ihre Zukunft – und dabei erkennen die beschenkten Kids, dass es „gutes Geld“ gibt und was Unterstützung und Solidarität auch bedeuten können.

Mitarbeiterinnen von Chajul überprüfen die Kaffeequalität. Die Genossenschaft in Guatemala exportiert bio-fairen Kaffee – auch während der Corona-Pandemie. Foto: Opmeer Reports Wie das Gutes-Geld-Geschenk funktioniert und verschenkt werden kann: www.bayern.oikocredit.de, 0911-37 69 000

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Fotos: Michi Schmitt


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Weltreisende familie Schmidtt: Die Welt ist besser als ihr Ruf Von Alaska bis Feuerland, auf dem Landweg nach Indien und über die Seidenstraße bis in die Mongolei – das sind, so kann man das fraglos sagen, Träume für Reisende. Michaela und Thorben Schmitt haben Roadtrip zu ihrem Lebensinhalt gemacht. In einem alten MercedesLkw, ehemals im Dienst des Bundesgrenzschutz, durchqueren sie Wüsten und Grenzen, die solchen wie ihnen bis dahin verschlossen geblieben wären. Von Anfang an dabei ist Romy, die während der Amerikareise ein Jahr alt ist. Sohn Levi kommt in der mexikanischen Karibik auf die Welt. Die Seidenstraße nun sollte das letzte ganz große Abenteuer werden, bevor die Schulpflicht Familie Schmitt an Deutschland bindet. Corona zwang sie zur Rückkehr. CURT: Als die Coronapandemie ausbrach, befandet ihr euch gerade auf dem Weg durch die vereinigten Arabischen Emirate. Wie seid ihr damit umgegangen? Michi Schmidt: Wir haben noch einige Zeit versucht, den Lockdown auszusitzen. Haben uns in der Wüste versteckt, was allerdings sehr schwierig war, da wir kein Wasser mehr für den LKW bekommen haben. Alle Strände waren gesperrt, Flüsse gibt es keine in den Vereinigten Arabischen Emiraten und der höchste Berg des Landes, um den täglich steigenden Temperaturen zu entfliehen, war durch einen Erdrutsch unzugänglich. Irgendwann hat uns die Polizei aufgegriffen und aufgefordert, den Laster ab abends bis in den Vormittag nicht mehr zu verlassen und kurz darauf durfte nur noch eine Person von uns alle drei Tage vor die Tür, um einzukaufen. Wir sind dann zwangsläufig ins Hotel gezogen, haben es eine Weile probiert – aber das hat auf Dauer

die Reisekasse zu sehr strapaziert – und unsere Kinder, die es gewöhnt sind, immer draußen zu sein, verhielten sich wie im Zoo eingesperrte Tiere. Das war für uns der Punkt zu sagen, das geht zu weit. Als der Flughafen für einige Tage geöffnet hatte, sind wir nach Deutschland geflogen. Wir haben den Sommer in Wiesau verbracht und hoffen eigentlich, dass es morgen schon weitergehen könnte. Dann fliegen wir zurück zu unserem Laster und lassen den Motor starten. Wie schmerzhaft war es, euren Hippie Trail wegen Corona unterbrechen zu müssen? Es ist immer noch schmerzhaft, Fotos der Reise kann ich mir gerade nicht ansehen. Es ist nie 100-prozentig sicher, dass wir unsere gesetzten Ziele auch wirklich erreichen, aber damit hat keiner von uns gerechnet. Was ist euch dadurch entgangen, was wären die nächsten Stationen eurer Reise gewesen? Entgangen ist es uns ja nicht, sondern nur aufgeschoben. Normalerweise wären wir jetzt gerade in der Mongolei angekommen – dem Ziel der Reise. Das Gute ist, dass es jetzt noch nicht vorbei ist, sondern die Länder Turkmenistan, Usbekistan, Tadschikistan, Kirgistan, Kasachstan, Russland und eben die Mongolei noch vor uns liegen. Je nachdem, wann es weitergeht, legen wir die Route um und hängen noch ein paar Länder mit dran. Ihr habt fünf Jahre Ausgaben reduziert und gespart, um euch 2015 eine Auszeit für die Panamericana nehmen zu können. Worauf musstet ihr verzichten und was war am schwierigsten? Da wir reisen wollen, war der Verzicht kein Muss sondern gewollt.


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Anders wäre es für uns auch nicht möglich gewesen, so lange unterwegs zu sein. Bei sehr langen Arbeitstagen, Nachtschichten und Extrastunden am Wochenende (wir sind beide selbständig), kann man einiges zurücklegen und hat gar keine Zeit, Geld auszugeben. Das hat uns oft an unsere Grenzen gebracht, aber mit einem Ziel vor Augen macht es Spaß. Wir haben auf alles Unnötige verzichtet, keine Neuanschaffungen wie Auto, teure Küche, jedes Jahr das neueste Handy, Markenkleidung. Vor allem nach den Reisen ist man so minimalisiert und sieht keinen Sinn darin, mehr zu haben als man tragen kann. Wenig Besitz ist Luxus, viel ist nur Ballast. Eure Tochter Romy war zu dem Zeitpunkt zwei Jahre alt. Woher habt ihr den Mut genommen bzw. das Wissen, dass das mit einem Kleinkind geht und gut geht? Auf unserem Trip auf dem Landweg nach Indien waren wir sehr blauäugig unterwegs und sind einfach so mit einem schrottreifen Bus losgefahren. Es war wahnsinnig aufregend, und ich bereue keine Sekunde davon. Aber mit Kind muss man definitiv überlegter und umsichtiger planen und reisen. Vor der Panamericana haben wir einen kleinen Trip für zwei Monate durch den Balkan gedreht – da war Romy gerade zehn Monate alt. Eine Testfahrt, für uns und die Kleine. Um zu erfahren, ob es allen Freude macht und was sich geändert hat. Ein wenig Mut braucht es natürlich, aber wenn man sich nicht von seinen Ängsten lenken lässt und auf sein Bauchgefühl hört, sein Kind kennt und auf dessen Bedürfnisse eingeht, gibt es nichts Schöneres. Levi ist sogar auf Reisen geboren und hat seine ersten beiden Lebensjahre sozusagen on the road erlebt. Das hört sich cool und lehrreich an. Was sind die Schattenseiten daran? Levi hat die meiste Zeit seines Lebens im LKW verbracht, und ist

ein echter Sonnenschein. Die Meinungen gehen weit auseinander, ob man mit Kind überhaupt reisen kann und wann die beste Zeit ist, mit einem Kind zu verreisen. Im Nachhinein kann ich sagen, dass es mit einem Säugling bzw. Baby nichts Einfacheres gibt. Schwieriger ist es, wenn sie mobil werden, alles alleine entdecken wollen und sich natürlich überschätzen. Wir haben sehr oft den Stellplatz gewechselt und bevor die Kinder raus durften, habe ich erst einmal ringsherum alle Gefahrenstellen erkundet. In Argentinien, selbst in den entlegensten Orten waren es Glasscherben, in Brasilien ein offener Gullydeckel, in Chile bissige Straßenhunde. Im Frühjahr 2019 seid ihr auf euer Abenteuer Seidenstraße aufgebrochen, das ihr jetzt vorzeitig abbrechen musstet. Bis dahin: Was waren die Highlights, die Momente, die auch langfristig in Erinnerung bleiben werden? Das absolute Highlight war, dass wir es nach Saudi Arabien geschafft haben. Das Land war bis vor kurzem von der Außenwelt abgeriegelt, ich habe monatelang versucht, an ein Visum zu gelangen – und dann sind wir tatsächlich als erstes Europäisches Fahrzeug über die Grenze Jordanien – Saudi Arabien eingereist. Die Zöllner wussten erst einmal gar nicht, was sie mit uns machen sollen, selbst das Kennzeichen konnten sie nicht registrieren, da sie keine Lateinischen Tastaturen haben. Wir haben nichts über das Land gewusst – und waren sehr neugierig auf die Reaktionen. Und die haben uns umgehauen. Wir wurden nicht wie Fremde, sondern wie ein Teil der Familie aufgenommen. Erst dort habe ich begriffen, was Gastfreundschaft bedeutet. Ich selbst bin auf euch ja im ZDF aufmerksam gemacht worden. War das Terra-X-Kamerateam denn immer dabei und wie nervig war das? Warum habt ihr euch dafür entschieden, das dokumentieren zu lassen?


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Das Team war natürlich nicht die ganzen Monate mit dabei. Sie haben uns zwei Mal für je eine Woche besucht. Es gab einige Anfragen von TV-Sendern, wir haben aber alles abgelehnt. Terra X ist ein fantastisches Format und als das Angebot kam, mussten wir nicht lange überlegen. Große Bilder, Wissen. Unsere Bedingung war, dass wir unsere Route fahren, die Dreharbeiten nicht unsere Reise beeinflussen und allerhöchste Priorität unsere Kinder haben, bevor gedreht wird. Das Team hat meist im Hintergrund gearbeitet, also als Beobachter. Für Romy habt ihr eine Freistellung von der Schule bekommen, um sie zwei Jahre selbst unterrichten zu dürfen. Wie gefiel eurer Tochter das? Und wie geht es für sie jetzt weiter, solange ihr auf die Fernreise verzichten müsst? Für Romy war es nie ein Thema, warum sie nicht in die Schule geht. Sie hat mit Freude den Kindergarten besucht und immer gefragt, wann wir endlich losfahren. Einen Vergleich kennt sie natürlich nicht – bis jetzt sind nur Mama und Papa die Lehrer. Die Schulpflicht eurer Kinder wird euch ja in gewisser Weise an Deutschland binden. Habt ihr Angst davor, wird das schwierig für euch? Nein haben wir nicht. Das ist uns von Anfang an bewusst gewesen, dass mit dem Langzeitreisen irgendwann Schluss ist. Die Seidenstraße ist unser letzter Trip – die Kinder haben auf Reisen Flügel bekommen und danach sollen sie Wurzeln schlagen können. Als Paar, was war eure erste gemeinsame Reiseerfahrung? Warum ist Thorben ein guter Reisepartner bzw. was an ihm nervt tierisch? Thorben war überhaupt kein Globetrotter, ich, wenn es möglich war, immer in der Welt unterwegs. So langsam habe ich seine Leidenschaft dafür entfacht. Wir waren mit dem Zelt in Irland

unterwegs, dann ein Roadtrip durch den Westen der USA – und immer war der Wunsch da, noch mehr zu sehen, weiter zu fahren und länger unterwegs zu sein. Also haben wir beschlossen, auf dem Landweg nach Indien zu fahren – der Mutter aller Roadtrips … Thorben und ich sind sehr unterschiedlich. Ich bin voller Emotionen, Thorben der ruhige Part. Der perfekte Ausgleich. Mittlerweile funktionieren wir perfekt, hören auf das Bauchgefühl in brenzligen Situationen. Streit gibt es natürlich auch, aber man lernt, sich schneller wieder zu vertragen. Es ist schön, Zeit für sich und seinen Partner zu haben, aber 24/7 kann auch in die Hose gehen. Laut Statistik wird jede dritte Scheidung nach dem Urlaub eingereicht, wenn man durch die ständige Präsenz des Partners plötzlich ganz andere Seiten kennenlernt. Auf Reisen braucht man sich jedoch umso mehr, man ist nicht mehr nur ein Paar, sondern beste Freunde, Helfer und Vertrauensperson. Wir müssen uns aufeinander verlassen können. Wenn das nicht funktioniert, sollte man am besten gleich wieder umdrehen. Was ihr empfehlt ihr Menschen, die euch nacheifern wollen? Das Allerwichtigste ist: einen Termin setzen wann es losgeht. Wenn der nicht steht, kommt man nie weg. Es gibt immer noch etwas zu erledigen. Planen kann man auch nie genug - aber es soll noch genug Freiraum für Zufälle übrigbleiben. Also einfach losfahren! Wenn ihr auf diese zwei großen Reisen zurückschaut. Gibt es die eine Sache, die ihr gelernt habt über die Welt, die Menschen, …? Definitiv. Die Welt ist viel besser, als in den Medien verbreitet wird… Die Länder mit dem schlechtesten Image, einem furchtergreifenden Ruf, wie Pakistan, Iran, Kolumbien, Palästina, Saudi-Arabien – dort haben wir die herzlichsten Menschen kennen und lieben gelernt! Wie müssen wir uns euren Alltag in Deutschland vorstellen? Und wie häufig verschlägt es euch noch in die alte Heimat Nürnberg?


149 – Kurti 149 –Familiensachen Zoogeschichte


unbedingt mal gegessen haben, was auf keinen Fall, welchen Ort gesehen und welcher ist vielleicht wahnsinnig überschätzt? Wo sind euch die freundlichsten Menschen begegnet? Was ist der wertvollste Geheimtipp der Familie Schmitt? Bisher waren der Iran und Kolumbien bei uns ganz oben, was die freundlichsten Menschen betrifft. Jordanien hat das getoppt, und noch viel mehr Saudi Arabien. Von 89 bereisten Ländern kann ich sagen, dort die freundlichsten Menschen getroffen zu haben. Das Thali in Indien fand ich toll, verschiedenste Currys serviert in kleinen silbernen Schälchen. Ebenso Cevice in Peru – das ist roher Fisch, eingelegt in Zitrone, mit Mais und Süßkartoffeln. Das Meerschweinchen in Ecuador war interessant – würde es aber nicht noch einmal bestellen, dafür liebend gerne wieder in Saudi Arabien auf dem Boden sitzen und einen Hammelkopf mit den Fingern essen.

Kehren wir nach einer Reise zurück, wird so lange wie möglich versucht, davon zu zehren und nicht wieder in alte Muster zurückzufallen. Stürzt man sich aber gleich in die Arbeit, geht das meist schneller als einem lieb ist. Da wir immer mit einem neuen Ziel im Gepäck zu Hause ankommen, ist höchste Priorität, Geld anzusparen, um so schnell wie möglich wieder loszufahren. Unser Alltag gleicht dann dem eines jeden Anderen. Arbeiten, Freunde treffen, und gerne auch um die Häuser zu ziehen. So oft es mir möglich ist, komme ich nach Nürnberg, besuche meine Lieblingsrestaurants, Bars und gerne danach noch einen Club. Lasst uns an eurem Erfahrungsschatz teilhaben: Was sollte man

Michi Schmitt, geboren 1978 in Bautzen, gelernte Steuerfachangestellte, mittlerweile selbstständig als Autorin. Thorben Schmitt, geboren 1984 in Würzburg, selbstständiger Webentwickler. Beide lebten bis 2015 in Nürnberg, wohin sie nach Abschluss ihrer kommenden Reise wieder ziehen wollen. Von Michi sind zwei Bücher über ihre Abenteuer erschienen: Hippie Trail - Auf dem Landweg nach Indien, 306 Seiten mit vielen Farbfotos, 19 Euro. Ausreisser - Abenteuer Panamericana. In zwei Jahren von Alaska nach Feuerland, 480 Seiten, vielen Farbfotos, 19,90. Erhältlich im Buchhandel und direkt über die Webseite: hippie-trail.de


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Figuren


152 – urviech

Geschenkgutscheine Ob Gutscheine für einen Besuch im Tiergarten der Stadt Nürnberg, eine Jahreskarte, eine Führung oder eine Tierpatenschaft: Auch während der coronabedingten Schließung werden an der Kasse am Haupteingang Gutscheine verkauft!

Foto: Tiergarten


153 – Riesenbüffel

Wisent: Das flinke urviech ist wieder da Der Wisent hat‘s drauf: Das größte Landsäugetier Europas sieht zwar schwerfällig aus, ist aber ultraschnell und kann außerdem schwimmen. Trotzdem hatte der Mensch den engen Verwandten des Bisons fast vollständig ausgerottet. Dank der Zuchtprogramme in Zoos leben heute wieder über 3.500 Exemplare in Naturreservaten. Sogar in Deutschland gibt‘s wilde Wisente. Als der Mensch noch ein Jäger und Sammler war, marschierten Herden verschiedenster mächtiger Rinderarten durch Europa. Ganz bekannt ist der Auerochse, der heute ausgestorben ist. Der Wisent graste in vorgeschichtlichen Zeiten im Norden Spaniens genauso wie im Baltikum, in Russland und im Iran. Schon vor 6000 Jahren begann der Lebensraum der „Bergbüffel“ allerdings zu schrumpfen. In dieser Zeit fingen die Menschen nämlich damit an, Landwirtschaft zu betreiben und an einem Ort sesshaft zu werden, wozu man viele Wälder abholzen musste. Später galt ihr Fleisch als Delikatesse und der Wisent wurde bejagt. Das letzte freilebende Exemplar auf deutschem Gebiet wurde 1755 von einem Wilderer erlegt. Der Urwald von Białowieza ganz im Osten Polens bzw. im Westen Weißrusslands entwickelte sich in dieser Zeit zum letzten Rückzugsort der Tiere. Zum Ende des ersten Weltkriegs fiel jedoch auch die dortige Population den Menschen bzw. der Wilderei zum Opfer. Doch seit 1923 bemühen sich verschiedene Zoos auf der ganzen Welt um die Arterhaltung durch Zucht. Viele der Gründertiere in den 54 beteiligten Zoos waren direkt mit den letzten Wisenten in Białowieza verwandt. Anfang der 50er-Jahre konnten die ersten ihrer Nachfahren wieder in den dortigen Nationalpark zurückkehren. Seitdem fanden auch im russischen Kaukasus, der Slowakei, Rumänien, Litauen und

der Ukraine Auswilderungsprojekte statt. Und: auch hier bei uns. Seit 2013 gibt es auch in Deutschland wieder wilde Wisente: fünf Kühe, ein Bulle und zwei Jungtiere zogen damals ins Rothaargebirge in Nordrhein-Westfalen, in der Zwischenzeit ist die Herde auf 25 Exemplare angewachsen. Sie sind die größten freilebenden Säugetiere, die es in Deutschland gibt. Die Wisente sind aber nicht nur groß, schwer (die Bullen bringen bis zu 800 Kilo auf die Waage) und zottelig, sondern auch ziemlich hungrig. Bis zu 60 Kilo Gras, Laub, Zweige, Kräuter und kleine Bäume verspeist so ein Wisent pro Tag. Angst müssen Wanderer im Rothaargebirge aber nicht haben, denn die Tiere sind scheu. Näher als 40 Meter lassen sie die Menschen nicht an sich heran. Dann ergreifen sie die Flucht und sind dabei bis zu 60 Km/h schnell. Verrückt, dass ein so großes Tier so schnell rennen kann, oder? Lang halten die Wisente diesen Galopp aber natürlich nicht durch. Der Nürnberger Tiergarten beteiligt sich schon seit 1985 an Zucht und Auswilderung der schönen Büffel. Zwei Tiere aus der Nürnberger Herde zogen 2002 ins Donaumoos, wo heute insgesamt 30 Wisente in einem 25 Hektar großen Gehege leben. Die Tiere dort kümmern sich um Landschaftspflege, indem sie dabei helfen, das Moor zu erhalten, und werden dabei von Forscher*innen genau beobachtet. Aber auch im Tiergarten selbst wächst die Herde immer wieder. Zuletzt kam in diesem Sommer ein Kalb auf die Welt. Insgesamt wurden seit 1923 über 13.000 Wisente in Zoos auf die Welt gebracht. Die Ur-Rinder befinden sich längst nicht mehr in Gefahr, vom Erdboden zu verschwinden. Tiergarten Nürnberg. Am Tiergarten 30, Nbg. www.tiergarten.nuernberg.de curt&KURTi vergeben 3 Familientickets über www.curt.de/nbg


154 – Theo o.j. fuchs

Fotos: katharina winter


155 – hinten raus

theobald O.J. fuchs: Mitgelebt und mitgelitten »Pro Tag fünfzig Euro, ab einer Woche 10% Rabatt«, sagte die freundliche Frau hinter dem grün-gelb-gestreiften Tresen der Agentur. Ich rechnete schnell im Kopf nach. Ein teures Vergnügen, das war es. TripAdvisor hatte dies nicht verhohlen. Aber es sei jeden einzelnen Cent wert, war da gestanden. Ein Geheimtipp – noch. »Nun gut«, sagte ich. »Zeigen Sie mir doch einfach, wen Sie im Sortiment haben.« »Na, vielleicht hätte ich da etwas passendes für Sie: Einen jungen Mann in der Denisstraße, 28 Jahre, sieht Ihnen ziemlich ähnlich, wie ich finde.« Sie starrte auf den Bildschirm ihres Computers. »Er ist, Moment bitte... hier habe ich‘s... Influencer, Sprayer, Personal Coach, Polyaktivist, Surf-Lehrer, Motivational Speaker, Kurator, gelernter Pferdemetzger, in der hiesigen Hipster-Blase zu Hause...« »Entschuldigen Sie bitte, ich wäre eigentlich an etwas Außergewöhnlichem interessiert. Diesen 08/15-life-style-Mix kenne ich schon zur Genüge.« Sie taxierte meine Klamotten, checkte meine Frisur. »Viel mehr Party, richtig?« fragte sie lächelnd. Offensichtlich bildete sie sich etwas ein auf ihre Menschenkenntnis. »Für Sie habe ich jemanden, der passt perfekt: den Chefredakteur eines unabhängigen Stadtmagazins. Im

Prinzip zwar ein Anzeigenblättchen, versucht sich aber intellektuell zu geben, kokettiert mit Kultur, ohne jeden Unterschied, worum es überhaupt geht. Der Chef des Ladens ist ein wilder Typ, ein echter Exzentriker. Sieht obendrein total gut aus. Das wird Ihnen Spaß machen.« In selben Moment, als ich die PIN meiner EC-Karte ins Lesegerät getippt und damit für acht Tage das Leben dieses Typen gemietet hatte, erschütterte ein Donnerschlag die Zentrale für Lebensvermietung (ZfL). Die Dame löste sich in einen farbigen Strudel auf, der Computer öffnete seinen Bildschirm und fletschte zwei Reihen spitzer, scharfer, kleiner Zähne. Im nächsten Augenblick riss mir der Hirngummi, ein ganzer Stapel Gedanken kam ins Rollen, verschiedene Wände bekamen Risse, die Beleuchtung flackerte, die Tür eines Kühlschranks sprang auf, gefrorene Frösche polterten auf den Boden. Dann wurde alles wieder still. Sanftes Licht, wie Sonnenaufgang im Juni, flatterte an meiner privaten Auslage vorbei, es roch im Saal nach Wind, der stundenlang über wilde Minze geweht war, ohne den Weg zum Meer zu finden, das doch direkt hinter ihm lag und träge grunzte. Es dauerte noch ein paar Sekunden, bis sich mein Blick endgültig klärte. Es war wie eine Biographie, bloß eben kein Buch. Es war wie im Film »Being John Malkovich«, bloß ohne John Malkovich, sondern


156 – Theo o.j. fuchs


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mit einem zweitklassigen Chefredakteur an dessen Stelle. Ich war kein berühmter Schauspieler in New York, sondern ein Party-Löwe im so geschimpften Nürnberger Szeneviertel Gostenhof. Ich war Reinhard »The Animal« Lamprecht auf dem Höhepunkt seiner Feierkraft. Lampe hatte absolut gar nichts zu tun, seine Frau hatte ihn schon lange hinausgeworfen. Er lebte in den Tag hinein, wenn man diese Form des Existierens »leben« nennen mochte, er zog um die Ecken wie ein Hannibal ohne Elefanten, er schubste Häuser um und ließ sogar den Ameisenbär steppen. Auf welcher Party, in welcher Kneipe – wo auch immer ich auftauchte: über mir explodierte jede Minute eine fliegende Kuh. Ich nahm am Sonntagmorgen an einem Seifenkistenrennen teil, brach mir fast den Hals und gewann. Ich rockte eine Kegelbahn, indem ich die Kugel durch die Rückwand des Gebäudes schleuderte und trotzdem alle Neune schob. Ich nahm Drogen zu mir als wären es Erdnussflips, schlief in keiner Nacht, sondern saß sturzbetrunken hinter dem Steuer eines pinkfarbenen 1984er Opels (»ausgeborgt«) und düste damit durch die schlafenden Dörfer der fränkischen Provinz. Nur meine Gastperson wusste, weshalb. Ich entkam um Haaresbreite mehreren – natürlich von mir selbst verursachten – Katastrophen, denn ich war unkaputtbar, wusste alles, kannte jede und jeden und war Stammgast in tausend Kneipen. Ich bandelte mit den schönsten Frauen und Männern der Region an, zeugte mehrere Kinder, entkam zig Male wütenden

Wirten und Polizisten und gewann eine wichtige Auszeichnung für den schwierigsten Gast im europäischen Nachtleben. Die einzigen Momente der Entspannung erlebte ich, wenn ich mit Lampes Hund eine Runde um den Block drehte. Eine relative Entspannung, wohlgemerkt. Denn Weber, der winzige schwarz-weißgescheckte einäugige Schoßhund des Veranstaltungsmagazintycoons war eine wahre Bestie in Bestiengestalt. So wie sein menschlicher Kompagnon die Party-Szene in der gesamten Stadt aufmischte, so beherrschte Weber die Bürgersteige. Die unschönen Begegnungen, die wir dabei hatten, spotten jeder Beschreibung. Zahllose zerfetzte, merkwürdig verklebte Hosenbeine blieben nach jedem Spaziergang auf dem Pflaster liegen. Vier Tage hielt ich es aus in der gemieteten Existenz. Dann ertrug ich den grenzenlosen Spaß nicht länger. Zum Glück traf ich in der Zentrale für Lebensvermietung dieselbe freundliche Frau wie neulich an, als ich mich in Lampes Leben eingemietet hatte. »Hallo, da sind Sie ja«, begrüßte sie mich. »Sie haben ganz schön lange durchgehalten. Ihnen ist klar, dass Ihr restliches Guthaben verfällt, wenn Sie jetzt aussteigen?« »Gibt es denn keine andere Möglichkeit?« »Selbstverständlich!«, jauchzte sie. »Kunden, die diese oder ähnliche Personen gemietet haben, entscheiden sich oft für das schnelle Vorspulen. Fast forward – aber ohne jede Garantie, dass es besser wird...«


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159 – das allerletzte Und so erlebte ich noch drei ruhige Tage im Leben des gealterten Lampe, der sich in einen schlimmen Spießer verwandelt hatte. Den CURT an seine Nachfolger zu übergeben, war ihm spielend leicht gefallen, da er immer schon darauf geachtet hatte, quasi komplett verzichtbar zu sein. Dreißig Jahre später hatte er nichts Besseres zu tun, als bei seinem Schwiegersohn im Garten herumzulungern, um zu schauen, ob die Type, die seine – meine – Tochter geschwängert hatte, den Rasen ordentlich mäht. Sonst hat er nichts mehr zu sagen – das Haus gehörte dem Schwiegersohn, immerhin hatte die Tochter durchgesetzt, dass Lampe ein Zimmerchen unter dem Dach herunterwohnen durfte. Weber und dessen fünf Nachfolger standen ausgestopft im Regal, eine letzte Erinnerung an Lampes wilde Zeiten. Abends kiffte er heimlich vom Dope des Schwiegersohns, da die Familie gerade auf Kreuzfahrt war und er aufs Haus aufpassen durfte. Langweilig – anders lässt es sich nicht sagen: Lampe war langweilig geworden. Nach der nervenaufreibenden ersten Etappe empfand ich das als wahnsinnig angenehm. Bis am dritten Tag die Nachricht eintraf, dass er in der Lotterie gewonnen hatte, und er natürlich eine Riesenparty schmeißen wollte, solange die Familie noch im Urlaub war. Für mich das unmissverständliche Signal, den Trip zu beenden. Unter dem Strich: Ein unvergessliches Erlebnis, zwei von fünf Sternen und ja, wirklich – ich kann den Lampe echt weiterempfehlen!

Theobald O. J. Fuchs: Man mag es kaum glauben, er schüttet Bier nicht nur seine Kehle hinunter, sondern schreibt auch darüber und ist mit neun Geschichten in einem Bierbrevier beteiligt, gerade ofenfrisch auf dem Tisch: https://tredition.de/autoren/esther-isaak-33549/unser-taeglich-biergib-uns-heute-paperback-139419/

theobald O.J. fuchs: witzig oder waste of platz?


Danke an alle Koop-Partner und Mitwirkenden dieser Ausgabe! CURT YOUR LOCALS! Und wie immer: Nach dem Magazin ist vor dem Magazin. Weiter geht´s!

vorschau curt your locals feat. kurti feb/märz 2021 Was freuen wir uns aufs nächste Jahr. Das wird noch besser als 2020! Bis dahin wünschen wir euch:

frohes fest guten rutsch viel liebe Leuchtende + strahlenden Kooperation? Per Mail an lampe@curt.de! Ihr wollt curt supporten, inserieren, streicheln? Per Mail an anzeigen@curt.de! CURT TUT GUT GUT.


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