Landjäger Fleisch
No.3
das unregelmäßige Magazin aus dem Wald mit Thema um nur 4 Euro
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Editorial, Impressum Seite-8-Girl Dr Wirt scho wieder … und seine fünf schönsten Getränke Austrofred. Interessantes aus dem Hotelgewerbe muzmama. Von X- und Y-Chromosomen Betrachtungen eines Qualitätsmanagers. Das Meeting Orchideenstudien. Freudensprung, Margarita Dossier Fleisch Fahr du, Marlies. Erzengel Gabriels wirtschaftliche Betrachtungen Der Blutwurstritter. Über die Wurst aus Blut Swinging Swiss Guys. Der Griff in die Hose Vegi in „anderen Umständen“. Das Phasenmodell Dr. Pennwiesers Notfallambulanz. Adipositas Tour de Fleisch. Wissenswertes aus dem Fleischuniversum Bourgois, Bohème, Landjäger. Landjäger unterwegs Herr Fleisch und die Hühner der Mutter Über Fleischappetit und Fleischabstinenz Perforation. Vergänglicher Schmuck Der Bauernjäger. Leben und Sterben auf dem Bauernhof Vélo. Die Fleischwerdung Poolbar Gewinnspiel. Malen und gewinnen! Haflinger statt Panzer. Unterlassene Tätowierungen Vom Flügelschlag des Schmetterlings … und dann ist Roxanne über mich hereingebrochen wie eine Naturgewalt. Von der Kunst pornographische Geschichten zu schreiben Fleischlicher Überbau Die Verächter. Gedanken zum Vegetarismus Fleischstimmen. Ein Pro und Contra werke zwischen gut und [schle]cht. architekteninterviews Schönschreiben und schönreden. Britney Spears und das Goldried Quintett Sing Sing. Mit Vollgas durch Shanghai
Unregelmässig, aber wahr. Editorial Manche mögen sich wohl schon ge-
fragt haben, ob die Landjägerproduktion eingestellt wurde, denn mittlerweile ist doch ein gutes halbes Jahr vergangen, seit unsere letzte Wurst auf den Ladentischen lag. Wir könnten versuchen, uns mit halbschlauen Sprüchen wie: „Gut Ding braucht Weile“, hinauszureden. Letztlich ist es aber immer besser, Klartext zu fabrizieren. Deshalb geben wir unumwunden zu, dass wir eine kleine Schaffenskrise hatten. Dass irgendwann eine solche immer möglich ist, hatten wir ja schon von Anfang an vorausgesehen, deshalb untertitelten wir unser Fabrikat ja wohlweislich mit „unregelmäßiges Magazin“, wobei wir uns mit „unregelmäßig“ nicht nur auf die Periodizität beziehen wollten, aber manche haben das vielleicht schon geschnallt. Eine Regel gab es diesmal. Die Beiträge sollten sich nach Möglichkeit mit dem Thema „Fleisch“ beschäftigen. Der Landjäger soll also zu einer Art Themenheft werden. Dies ganz einfach deshalb, weil sich die Leute leichter tun, etwas zu schreiben, wenn man ihnen einen konkreten Anhaltspunkt bietet. Und was lag näher, als
sich am Beginn mal auf die innere Essenz der luftgetrockneten und eintägig geräucherten aus Rohwurstmasse hergestellten Hartwurst zu besinnen?
Was dabei herauskam, wollen wir hier nicht vorwegnehmen. Denn es widerspricht unserer rustikalen Natur, den Landjäger hier in Form von Appetithäppchen zu servieren. Wer einen verspeisen will, soll sich den ganzen nehmen, kräftig kauen und schlucken – und rülpsen, wenn es denn sein muss. Die Zutaten sind aber auf jeden Fall variantenreicher denn je zuvor. Rohmaterial wurde von überall her angekarrt, und der Geschmack beweist, dass es nicht umsonst war.
Wer ein paar alt vertraute Ingredienzien vermisst, der sei noch einmal auf die Unregelmäßigkeit verwiesen, die hier, wie schon angedeutet, eben auch die Regel ist. Wir schmeißen rein, was kommt, wenn es uns passt. Und kommt es nicht, so dann vielleicht beim nächsten Mal. Dieser Willkür verdanken wir es, dass wir kein Rezept benötigen und niemandem Rechenschaft schuldig sind. Wir finden, dass diese Philosophie der Wurstproduktion eine absolut authentische ist. Alles andere ist Lüge. Damit wären wir dann wieder beim Klartext.
Was die Wahrheit zum Thema Fleisch anbelangt, und damit nehmen wir dann doch ein wenig etwas vorweg, erfährt man beim Genuss dieses Landjägers schon einiges. Gespannt darf man sein, ob sich die Vegetarier danach noch mehr vor dem Fleisch grausen, die Fleischfresser noch mehr vor den Vegetariern oder die Tiere vor ihrem Ende im Kochtopf. Soviel als Appetithappen. Robert Hiller
Impressum Herausgeber Landjäger Verein (ZVR-Zahl 881841026), Chefredaktion: Robert Hiller, Christian Feurstein Textredaktion Michaela Bilgeri, Peter Rüscher, Robert Hiller Gestaltung Christof Nardin, Christian Feurstein Anzeigen Miann Lang, Michael Breidenbrücker Redaktionelle Mitarbeiter Sven Matt, Martin Fetz, Robert Rüf Autoren, Fotografen und Freunde Gunter Fetz, Ulrich Gabriel, Austrofred, muzmama, Peter Rüscher, Heike Kaltenbrunner, Anna Szilit, Daniel Reidl, Jos Wüstner, Sigrit Fleisz, Neil Squires, Peter Greber, Antonia Glatter Götz, Stefan Wurmitzer, Robert Hiller, Ingrid Delacher, Wolfgang Pennwieser, Christian Feurstein, Thomas Mariaschk, Wolfgang Berchtold, Anina Rehm, Vélo, Martin Fetz, Daniela Egger, Michaela und Johannes, Tiziana Condito, Kurt Bracharz, Thomas Mennel, Michael Breidenbrücker, Dominik Mätzler, Fabienne Feltus, Björn Matt, Karin Beer, Fred Huber, Christina Fink Druckerei Wenin GmbH
.ICHT NUR FàR JUNGES 'EMàSEx
Seite- -Girl
Erika (3 Monate) aus Kennelbach steht voll aufs Grillen.
Der
Wirt
scho
wieder
Für mich eine der wichtigsten Regeln 10 bestellen, bei der hohen Kunst des Wirtens ist, neutral zu wirken, auch wenn einem bitte! das oft nicht so einfach gemacht wird.
Sprich seine Emotionen so gut wie möglich im Zaun zu halten und zu schweigen, obwohl man oft so eine treffende Antwort parat hätte. Wichtig, und das liebe ich an meinem Beruf, ist es die jeweilige Situation in Sekundenschnelle zu erkennen und dann eben zu reagieren. Natürlich gibt es auch Gäste, meistens Stammgäste, die fordern gerade zu einen blöden Spruch des unterbezahlten HobbyPsychiaters. Man kann dies mit der Formel: „ So wie du mir, so ich dir“, auf den Punkt bringen. Aber das vertragen eben bei weitem nicht alle. Ein eigenes Thema in der Barbranche sind etwa absurde Getränkebestellungen. Jedes Mal, wenn ich wieder in den Genuss komme, so eine Bestellung entgegenzunehmen, dann beiß ich mir immer voll in meine Unterlippe. Erstens um mir selber so einen Schmerz zuzufügen, der mich ablenkt und zweitens hindert es mich meinen Mundwinkel hinaufzuziehen, so dass der Besteller glauben könnte, ich lache ihn am Ende noch aus. Heute breche ich jedoch meine berufsbedingte Schweigepflicht und veröffentliche meine ganz private Hitparade. Platz fünf und schon fast ein Klassiker, weil schon so oft vorgekommen, der „Jacky Cola“, natürlich mit viel Eis. Für einen richtigen Whiskytrinker wie mich ist das immer wie eine Gerade in die Schnauze. Zwei Verbrechen mit einer einzigen Bestellung zu begehen, das ist zuviel auf einmal. Eines Tages ist mir bei einem Gast nach dem zweiten „Jacky Cola“ der „Jacky“ ausgegangen, seit damals weiß ich, „Ballantine`s Cola“ muss gleich schmecken. Auf Platz vier landet der „Himbi“. Wenn dieser bestellt wird, fällt’s mir immer besonders schwer, nicht zu grinsen. Das Besondere am „Himbi“, einer Mischung aus rotem Wodka mit Sodawasser, ist, dass er meistens nur von den schwersten Jungs bestellt wird, was angesichts des Namens dieses Getränkes das Nichtgrinsen nicht gerade erleichtert. Man stelle sich vor, ein Neunzig-Kilo-Gerät in einer Lederschlutte kommt an die Bar, klopft darauf
und sagt: „An ‚Himbi’!“An dieser Stelle möchte ich auch mal erwähnen, dass roter Wodka eigentlich nur ein Likör mit Schlehen (Akazien) oder Sauerkirschen ist und mit Wodka eigentlich nicht viel zu tun hat. Platz drei, aber bisher nur einmal bestellt, „Wodka Red Bull Sugarfree“. Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Als ich der Dame dann sagte, nach dem die Schmerzen in meiner Unterlippe wieder abschwollen, dass ich keinen „Red Bull Sugarfree“ habe, hat sie sich dann auch für einen Himbi entschieden. Eines ist mir bis heute nicht klar, wenn man die Inhaltstoffe von „Red Bull“ aufzählt, nämlich: Wasser, Saccharose, Glukose, Säuerungsmittel, Natriumcitrate, Kohlensäure, Taurin, Glucuronolacton, Koffein, Inosit, Vitamine (Niacin, Pantothensäure, B6, B12), Aroma, Farbstoffe (einfach Zuckerkulör, Riboflavin) und weiß, dass diese alle synthetisch hergestellt werden, und das Ganze jetzt noch gemischt mit rotem Wodka, dann ist, glaube ich, Saccharose das kleinste Problem. Kommen wir zu Platz zwei, wobei ich hier dazusagen muss, dass die Bestellung ja eigentlich o.k. war, aber die Kombination war hier ausschlaggebend. Drei Frauen an einem Sonntagnachmittag setzen sich an einen Tisch. Ich schlorgge zu ihnen, um die Bestellung aufzunehmen. Die erste bestellte eine „Ovo“, die zweite einen Kakao und die dritte eine heiße Schokolade. In dem Moment ist mir sogar das Lachen vergangen. Ich ging in meine Küche, schaute auf meine „Nesquik“-Dose und dachte mir, so – entweder gestehe ich ihnen, dass mein schokolademäßiges Getränkeangebot nicht über „Nesquik“ hinausgeht, oder ich bluffe. Ich habe mich dann für die zweite Möglickeit entschieden. Als ich mit meinen drei „Nesquiks“ dann zum Tisch kam, habe ich gefragt: “So, wer hatte die Schokolade? Einmal hier die ‚Ovo’, war glaube ich für Sie, und der Kakao kommt hier hin. Zum Wohl, die Damen.“ Und das, ohne rot zu werden. Aus der Küche habe ich dann noch versteckt beobachtet, ob sie vielleicht von einander probieren, wie es bei Frauen normal üblich ist. Zum Glück haben sie das nicht getan. Die Ladys haben dann eine Stunde später ohne zu reklamieren bezahlt. Und hier ist die Nummer eins: „Whisky on the rocks“, aber bitte ohne Eis. Hier hat der Schmäh mit der Lippe nicht mehr gewirkt. Guni Fetz, zuständig für das Ambiente bei der Getränkeaufnahme.
Hundekinderrap Fleischi, komm Billy Billy Komm Fleischi Billy Billi Fleischi Feines Fleischi Metrofleischi Grillfleischi Wursti, Billi, komm Sonderangeboti Vier Kalbiwursti Gutes Fleischi Billi Billa Fleischi Kotzletti Zum Grilli Schulterli Vom Schweindi Billy friss Herrli frisst auch Billi Bio Fleischi Billy komm Fleischi Hundifleischi Tierlifleischyi Menschifleischi Alles Fleischi Alle Fleischifressi Schau Billy So schön rot Das Fleischi Vom Sutterlütti Billy Muss großes Hundi Werden, Billy Billi Hofer Fleischi Herrli auch Fleischi Frisst Grillifleischi Viele Fleischi Frisst Herrli Billy Brav Billy Knochi da Billy Brav Knaxi Knochi Billy Frissfleischi Frischfleissi Freisch Fliss Flrif Siesch Schiess Freiss Scheiss Fleisch Flisch Flirfs Frifl Flf Fl von GAULI Ulrich Gabriel, Schreiber des Barons v. Z., Gabrulowitschs Bruder www.unartproduktion.at
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Interessantes aus dem Hotelgewerbe 12
Ich habe in meinem Leben, habe ich mir ausgerechnet, insgesamt über zweitausend Mal im Hotel übernachtet. Eine gewaltige Zahl, die sich noch dazu rein auf meine Laufbahn als Rockmusiker bezieht, weil durch das, dass ich aus einem relativ einfachen Elternhaus komme, jetzt haben wir nie einen Urlaub gemacht, wie ich klein war. Es war einfach das Geld nicht da dafür. Ein paar Mal waren wir in Mariazell, das war auch schön. Seither habe ich das Hotelgewerbe aber sehr zu schätzen gelernt. Mir taugt es einfach, wenn ich mich nach einer strapazenreichen Anreise gach auf ein Stunderl hinhauen kann, wenn ich ein gemütliches Bett habe, einen Fernseher, eine Minibar und eine Dusche. Mehr verlange ich nicht. Mir taugt es auch, wenn ich in einer „netten“ Gesellschaft und in einem intimen Rahmen nach dem Konzertl noch ein, zwei Bierli zischen kann. Oder wenn ich dann in der Früh mit verpickten Augen in den Frühstücksraum hinunterkomme und die Servierdamen flippen aus, weil der Austrofred, den sie sonst nur aus den Zeitungen kennen, zu ihnen herabgestiegen ist und sich jetzt ihre Hamundeggs hineinstellt oder eine Eierspeis mit einem herausgeprasselten Speck.
Solche Annehmlichkeiten erleichtern einem das harte Tourleben ganz enorm, weil das ist ja schon oft anstrengend auch. Direkt zermürbend manchmal. Entgegen dem, wie sich das der Laie vorstellt, findet nämlich so ein richtiger Sex, Drugs und Rock’n’roll in der realen Wirklichkeit (leider) nur ganz selten statt. Das ist ein Mythos wie so viele andere auch. Weil der Laie glaubt ja, wenn das Wort Hotel und das Wort Rockstar im selben Satz vorkommen, immer automatisch, da werden jetzt die Fernseher zertrümmert. Das ist eine gebräuchliche Denk-Kombination, die aber auf einem Blödsinn basiert, wo mich inter-
essieren täte, wo der herkommt. Ich habe in meiner Karriere viele, viele hochrangige Kollegen und Kolleginnen kennen gelernt und keiner von denen hat jemals mutwillig einen Fernseher kaputtgemacht.
Ich meine, vielleicht hat von den Stones oder von den Who wer früher wirklich einmal einen Fernseher aus dem Fenster hinausgeschmissen, aber das war halt eine andere Zeit.
Und auch da gehe ich von einem Einzelfall aus, von einem verjährten, beziehungsweise von einem Schwarz-Weiß-Fernseher. Heutzutage täte es sicher gerade einem so wirtschaftlich denkenden Menschen wie dem Mick Jagger nicht mehr einleuchten, wieso dass er einen Fernseher, wo du auch beim Saturn mindestens zweihundert Euros zahlst für den billigsten – für eine gescheites Home Cinema legst du überhaupt schnell einmal einen fünfstelligen Betrag aus – wieso dass er den aus dem Fenster hinausschmeißen soll.
Ich persönlich habe in meinen zweitausend Hotelnächten ca. 1980 Mal einen Fernseher im Zimmer gehabt – in den restlichen zwanzig Hotels hat es keinen gegeben, weil sie mit dem Biorespektive Wellness-Schmäh gefahren sind, und nach denen ihrem Glauben geht ja vom Fernseher eine tödliche Strahlung aus, beziehungsweise gibt es auch in Wallfahrtsorten wie Mariazell oder Altötting oft keine Fernseher, weil sich die Wallfahrer dort ja auf die spirituelle (von lat. spiritus – Geist) Einkehr konzentrieren sollen und nicht auf die vielen Sexler, die sie in der Nacht am Kabel spielen – und von diesen 1980 Fernsehern habe ich gerade einmal zwei kaputt gemacht. Das ist im Schnitt gar nichts. Und auch in diesen zwei Fällen war da keine rock-klischeetypische Gewalt im Spiel oder eine Drogenaktivität, sondern es waren beides reine Unfälle, wobei ich mich an den ersten nicht einmal mehr erinnern kann, weil da war ich angesoffen. Beim zweiten Mal wollte ich mir ganz normal ein Fußballspiel anschauen, nämlich die spätere 0:9-Katastrophe gegen die Spanier unterm Prohaska. Leider war aber der Fernseher, mit Verlaub, ein billiges Klumpert mit einer 29er-Röhre, wenn überhaupt. Jetzt wollte ich mir nach dem 0:5 aus einer Perversion heraus, beziehungsweise wegen der schlechten Sicht auf dem Schneckerl sein schuldiges Gesicht, den Fernseher am Kabel näher zum Bett herziehen und da ist er dann vom Kasten heruntergefallen. Wir haben das dann aber eh über die Haushaltsversicherung vom Veranstalter gemacht.
Ja, viele schöne Erlebisse verknüpfen sich für mich mit Hotels. Einmal, das war aber weniger in einem Hotel, sondern mehr in einer Privatpension, ist mitten in der Nacht die Tochter des Hauses zu mir ins Zimmer gekommen. Wir haben uns beim Abendessen recht gut unterhalten gehabt und jetzt wollte sie quasi einen „Nachschlag“. Wir haben ganz leise sein müssen, weil das Schlafzimmer von den Eltern war gleich da-
neben, aber das hat uns natürlich nicht von dem abgehalten, was zum Tun war. Und rein schon durch die Heimlichtuerei war das fast auch ein bisschen ein Abenteuer, ein prickelndes.
Ansatzweise dürfte aber doch etwas zum Hören gewesen sein, weil wie ich dann am nächsten Tag zum Frühstück gegangen bin, da habe ich sie schon aus der Küche herausweinen gehört und dann ist die Mutter gekommen und hat mir wortlos die Eier und den herausgeprasselten Speck auf den Tisch geklescht, und mit dem Kaffee hätte sie mir fast die Melody Hand – so heißt beim ausgebildeten Keyboarder die rechte Hand – verbrüht. Müsli habe ich gleich gar keines gekriegt. Dann ist sie wieder in die Küche gegangen und hat ihrer Tochter ein paar geschnalzt. An und für sich hätte ich in dieser Situation natürlich sofort aufspringen und der Frau meine Meinung sagen müssen, aber ich habe ein starkes Kopfweh gehabt, und für was soll man da auch so ein Trara machen deswegen. In Wirklichkeit bin ich eh nicht so der Müsli-Tiger. Austrofred, *1970 in Steyr/OÖ, ledig. Rocksänger, TV-Moderator, Schriftsteller. Wird von seinen Fans nur „der Champion“ genannt.
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„Männer sind ein Auslaufmodell der Evolution“, und lacht herzlich über mein Unwissen.
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Von X- und YChromosomen muzmama „In Wirklichkeit brauchen wir die Männer ja gar nicht mehr“, erklärt uns Siegried eines schönen Nachmittags im Café. Siegried ist allein erziehende Mutter eines zweijährigen Sohnes und hat der Männerwelt, wie’s scheint, abgeschworen. „Ich brauch’ meinen aber glaub’ schon“, kontere ich vorsichtig. „Ja, für was denn? Zum Wäschewaschen hast du die Waschmaschine, zum Kochen „Iglo“Fertiggerichte, Geld verdienen kannst du selber, und für den Sex hast du deinen Vibrator. Nein ehrlich, die Zeiten, in denen die Männer noch irgendeinen Zweck erfüllt haben, sind vorbei.“ Ich hätte die Diskussion problemlos in eine andere Richtung lenken können, hätte ich gestanden, dass ich immer noch keinen Vibrator besitze, aber anstatt dessen bleibe ich beim Thema und sage: „Den Vater deines Sohnes hast du aber auch nicht bei Beate Uhse gekauft, oder?“ Das ist Yvonnes Stichwort: „Vermutlich nicht. Allerdings hab’ ich gelesen, dass die Forscher nun schon künstliches Sperma herstellen können.“ „Ich sag’s ja! Ein Zeitalter der Weiblichkeit ist angebrochen“, freut sich Siegried über ihre Unterstützung. Das klingt ja wie ein Werbeslogan, geht es mir durch den Kopf. „Und was machen wir dann mit all den nutzlosen Männern in Zukunft?“, frage ich. „Ach, darüber müssen wir uns keine Sorgen machen“, lacht unsere Vorzeige-Feministin, „sie sterben ja sowieso aus.“ Belustigt über mein schockiertes Gesicht, erläutert mir Siegried alles über die These vom schrumpfenden Y-Chromosom. Sie spickt die Geschichte mit Phrasen wie: „Männer sind ein Irrtum der Natur“, oder:
Gerade als ich mir überlege, wie ich meinen Sohn Anton wohl am besten auf seine düstere Zukunft vorbereite, stolpert ein großer, breitschultriger, wahnsinnig gut aussehender Typ durch die Tür. Yvonne und ich starren mit offenen Mündern in seine Richtung. Ohne den Blick auch nur eine Sekunde von ihm abzuwenden, flüstere ich beinah tonlos: „Schaut euch den Knackarsch an.“ „Ja und sein Sixpack erst“, stimmt mir Yvonne zu. „Atemberaubend!“, sind wir uns einig. Nur Siegried, die mit dem Rücken zur Tür sitzt, stochert ungerührt in ihrem Kuchen herum. Als sie fragend zu uns aufblickt, dreht sich Mr. Bombastic gerade um, sieht uns und schwankt zu unserem Tisch herüber. Yvonne krallt ihre Finger in meine Oberschenkel und hält den Atem an. „Oh Gott, er kommt her“, presse ich hysterisch hervor. „Und ich glaube, er hat einen sitzen“, stellt Yvonne fest, als sie kurz Luft holt. Das hat er wirklich. Beim Herüberlaufen stößt er zwei Tische um und greift der Bedienung aus Versehen an die Brust, als er vergebens versucht, sich irgendwo festzuhalten. Dann ist er da und schielt mir in die Augen. Fast wäre mein Herz stehen geblieben. Gnade mir Gott, den Kerl würde ich auch in diesem Zustand bedenkenlos mit nach Hause nehmen.
Gerade als ich zu der Frage: „Zu mir oder zu dir?“, ansetzen will, dreht er sich um und fällt vor Siegried auf die Knie. „Iii-ich lllliebe dich“, lallt er und grabscht nach ihrer Hand. Ich glaub’, ich träume. Mein Adonis hat sozusagen einer schwarzen Witwe ein Liebesgeständnis gemacht. Der Typ hat echt Mut. Siegried hat im Gegensatz zu mir aber keine Bewunderung für ihren Verehrer übrig und stößt ihn angewidert von sich. „Sag mal, spinnst du?“, fährt sie ihn an, „sei sofort still!“ Aber er lässt sich nicht von seinem Vorhaben abbringen und sagt: „Iiich werd’s dddir bewweisen.“ Noch erstaunlich flink für seine Verfassung klettert er auf unseren Tisch und beginnt lautstark „Somethig stupid“ zu singen, was eher nach einem Sauf- als nach einem Liebeslied klingt. Aber ich finde ja, dass die Geste das Entscheidende ist. Aus den jubelnden Zurufen der anderen Gäste im Café schließe ich, dass ich damit nicht allein dastehe.
Als ich an diesen Götterbeinen vorbei in Siegrieds Gesicht sehe, stelle ich jedoch fest, dass es vielleicht schon ein bisschen stupid ist, was er da macht, denn Siegried ist einfach ganz und gar nicht begeistert von seinen Bemühungen und schubst kurzerhand den Tisch um. Mann und Tisch stürzen samt unseren Kaffeetassen zu Boden. Mr. Bombastic landet dabei mit dem Gesicht in einem Napf, der zuvor einem Hund zum Trinken hingestellt wurde. Er rappelt sich aber gleich wieder auf und schaut triefend und mit treuherzigen Augen zu seiner Angebeteten. Die Menge tobt. „Sexy“, haucht mir Yvonne von der Seite ins Ohr. Ich nicke zustimmend, aber Siegried ist wieder mal nicht unserer Meinung und schreit: „Das ist der Grund, warum die Natur beschlossen hat, diesen Haufen Idioten aussterben zu lassen!“ Wutentbrannt stürmt sie aus dem Lokal. „Dann bleiben uns solch peinliche Situationen in Zukunft wenigstens erspart“, fügt sie vor dem Ausgang im Umdrehen noch hinzu und verschwindet.
Ein paar andere Frauen aus dem Café haben sich inzwischen dem verschmähten Liebhaber angenommen und trösten ihn mit Engelszungen und tiefen Ausschnitten. Yvonne und ich, von Siegrieds Auftritt wie gelähmt, sitzen da und wissen nicht mehr, wie uns geschieht. Vielleicht hat sie uns mit ihrem Fundamentalfeminismus ja vor einer Dummheit bewahrt. Doch Vibratoren sind ja eigentlich auch keine intelligenten Wesen.
Das Meeting
16 Betrachtungen eines Qualitätsmanagers
Das Meeting, im Althochdeutschen auch Sitzung oder Besprechung genannt, dient der abteilungsinternen bzw. abteilungsübergreifenden (interdivisionalen) Abstimmung zu einem Thema. Je nach Brisanz, Dringlichkeit und Relevanz des zu behandelnden Themas kann so ein Meeting zwischen 30 Minuten und mehreren Tagen dauern.
Das heutige Thema birgt einigen Sprengstoff in sich: Eine neue Maschine wurde in Betrieb genommen, ohne dass von der Qualitätsabteilung (oder Quabteilung, wie ich uns gelegentlich scherzhaft nenne – doch dies ist nicht der Moment für Scherze) die endgültige Freigabe erteilt wurde. Um es ganz genau zu nehmen: Die Endfreigabe wurde zwar erteilt, jedoch enthielt das Endfreigabeformular zwei Tippfehler, die ich im letzten Moment noch bemerkte. Daraufhin rief ich das Formular umgehend zurück. Die Produktion reagierte jedoch nicht auf den Rückruf und nahm die Anlage ohne weitere Rückfragen in Betrieb. Ich informierte daraufhin meine Vorgesetzten – Abteilungs-, Divisions-, Gruppenund Bereichs- und Projektleiter – die naturgemäss genauso empört reagierten wie ich. Das heutige Meeting soll nun klären, wie in dieser verfahrenen Sache weiter vorgegangen werden kann. Anberaumt sind zwei Stunden.
Jeder, der von Qualität zumindest ein elementares Grundverständnis besitzt, weiß, dass es ein sehr verbalintensives Themengebiet ist. Unsere Sekretärin hat dahingehend vorgesorgt und den Besprechungsraum mit vier Flaschen Rhäzünser Mineralwasser ausgestattet. Der Anblick der Flaschen löst bei mir gemischte Gefühle aus. Es ist zwar ein ausgezeichnetes Wasser aus den Graubünd-
ner Bergen, führt bei mir aber regelmässig zu ausgeprägten Blähungen. Wie dem auch sei, ich setze mich in den Besprechungsraum, um meine Gedanken zu filtrieren. Es ist fünfzehn Minuten vor Sitzungsbeginn, der Raum füllt sich. Ich nicke zufrieden. Ich leite die Sitzung mit erklärenden Worten ein. Ich bin im Qualitätsuniversum (auch „Quniversum“) bekannt als ein Mann der klaren Worte. Doch ich besitze auch die im Q-Management unabdingbare Fähigkeit, Themen immer sachlich und ruhig zu behandeln. So sehr ich innerlich auch in Rage gerate, äusserlich bleibe ich gefasst wie Ewald Stadler beim Kinderzeugen. In meinem Monolog habe ich mehrere Höhepunkte eingebaut: „Mit der Qualität, meine Damen und Herren, steht und fällt dieses Projekt!“ Ich vernehme ein zustimmendes Murren, sehe nickende Köpfe. Ich bin definitiv auf gutem Weg, mein Anliegen passend zu kommunizieren. Just in diesem Moment macht sich nun das Rhäzünser Mineralwasser bemerkbar – ein kleines Knittelfeld bahnt sich in Höhe des Zwölffingerdarms an. Ein denkbar ungünstiger Zeitpunkt. Wer mich auch schon einmal real erleben durfte, kann sich vorstellen, dass ich nicht nur auf einen trainierten Geist, sondern auch auf einen trainierten Körper Wert lege. Ich verfüge daher über einen gestählten Hintern, der mir auch verstärkte Kontrolle über meine Rektalmuskulatur verleiht. Aus Erfahrung weiß ich, dass mir noch neun bis elf Minuten bleiben werden. Es heisst jetzt: Ruhe bewahren! Ich überspringe gekonnt achtundsiebzig Folien meiner vorbereiteten Präsentation und wende mich an meinen Vorgesetzten: „Herr Fröse, ich nehme an, Sie möchten zu diesem Thema auch noch einige Worte sagen.“ Für einen Sekundenbruchteil entdecke ich Entgeisterung auf Uwe Fröses Gesicht, doch dann erhebt er sich in gewohnter Professionalität von seinem Platz. Ein Dinosaurier des Qualitätsmanagements (wir nennen ihn das Qurgestein). Mit einer gewissen Erleichterung lasse ich mich in meinen weichen Angusrindsledersessel sinken.
Es ärgert mich zwar, dass ich meine Präsentation nicht zu Ende führen konnte. Dennoch bin ich mir sicher, den Kern meiner Aussage verständlich kommuniziert zu haben. Letztlich hätten die verbleibenden achtundsiebzig Folien auch nur dazu dienen sollen, mein Anliegen nochmals zu unterstreichen. Mein Gedankengang wird abrupt unterbrochen. Ich blicke auf die Uhr und meine Befürchtung wird bestätigt: Neun Minuten und zwanzig Sekunden sind vergangen. Ich weiß, dass die Unterdrückungstaktik nun an ihre Grenzen gelangt ist. Ich lege unauffällig meinen linken Ellenbogen auf den Tisch und beuge mich leicht nach vor. Nun beginne ich mit der langsamen Verlagerung des Gewichts auf den Ellenbogen. In einem dritten Schritt löse ich die rechte Zone meines Hinterns aus dem Angusrindsledersessel. Derart positioniert verursacht eine Darmgasentleerung im Normalfall keinen
Aufruhr. Da die Blähung auch nur durch Mineralwasser verursacht wurde, wird es auch zu keiner geruchlichen Apokalypse kommen. Ich lasse es also fahren, wie man umgangssprachlich sagt und sinke zurück in den Stuhl. Der Schock kommt unvermittelt und augenblicklich. Zum Teufel, dieser Darmwind kann nicht mineralwasserinduziert sein! Nach kurzer Überlegung beginne ich innerlich zu fluchen. Die Blähungen werden zwar durch das Rhäzünser Wässerli ausgelöst, doch natürlich beeinflusst das Mittagessen aus der Kantine die Geruchskonsistenz. Diese Tatsache habe ich völlig ausser Acht gelassen! Jeder Qualitäter weiß eigentlich, dass Pouletkügeli keine natürliche Nahrung sein können. Welcher Teil eines Poulet – spricht eines Huhns – soll denn aus Kügeli bestehen!? Das Zeug ist pure Chemie, die sich in halbverdautem Zustand auch als solche bemerkbar macht! “Gottfried Stutz und Gottverdeckel!”, fluche ich innerlich in Landessprache. Es gilt, sofort einen Notfallplan zu entwickeln. Einige Sekunden scharfer Überlegung bringen mich auf drei mögliche Lösungen:
1. Die Verfälschung Unser Besprechungszimmer liegt direkt über der Produktion. Der Duft der Säurebäder ist dazu geeignet, die nasale Aufnahme sämtlicher anderer Gerüche für Stunden zu verhindern. Das Fenster ist direkt hinter mir. Doch bin ich natürlich in meinem Unternehmen so etwas wie eine Ikone. In Anbetracht dieser Tatsache würde die Begründung, frische Luft zu brauchen, fadenscheinig klingen. Ein Qualitätsmanager meines Formats braucht keine frische Luft. 2. Die Schuldzuweisung an Unbekannt Eine klassische „Mister Bean“-Taktik. Ich blicke meinen Sitznachbarn vorwurfsvoll an. Diese Strategie ist gewöhnlich eine sehr dankbare. Leider entfällt auch diese Option heute, da mein einziger Sitznachbar (zu meiner Linken) bekanntlich seit Jahren an einem schweren Fall von Darmverschluss leidet. In solchen Situationen verfluche ich meinen QNotfallkoffer, mit dem ich den Stuhl rechts von mir besetzt habe. 3. Die Verdünnung Eine Basisstrategie, mit der wohl jeder vertraut ist, dessen Darm eine überdurchschnittliche Aktivität aufweist. Hier geht es letztlich nur noch um Schadensbegrenzung: Es wird versucht, die geruchliche Ladung durch heftiges, jedoch möglichst unauffälliges Blasen in den Schrittbereich zu verdünnen. Dazu stülpt man die Oberlippe über die Unterlippe, möglichst in einem 90-Grad Winkel (Zieht man dabei die Augenbrauen zusammen, sieht es nach einer nachdenklichen Mimik aus. Doch Vorsicht: Zieht
man die Brauen stattdessen hoch, verleiht dies einen höchst dümmlichen Gesichtsausdruck!). Der gesamte Lungeninhalt wird anschließend derart entleert. Hier liegt meine letzte Chance, ich beginne mit dem Blasvorgang.
Aufgrund dieser Komplikationen konzentriere ich mich einige Minuten – absolut untypisch für einen Qualitätsmanager – vollständig nur auf mich selbst. Dabei ist mir völlig entgangen, dass sich innerhalb weniger Momente die Situation im Raum zugespitzt hat. Diplomkaufmann Fröse hatte die Stimmung mit seinen Ausführungen nahe an den Siedepunkt getrieben. Nun holt er seinen Trumpf aus dem Ärmel und spricht den Produktionsleiter direkt an: „Herr Produktionsleiter, mit welcher Begründung rechtfertigen Sie die Inbetriebnahme der Anlage?“ Keine Antwort. Gespannt blicke ich auf Herrn Fröse, er wiederum blickt auf die Leinwand. Er wiederholt seine Frage. Keine Antwort. Ich ziehe meine Gesichtsmuskulatur zu einem vorwurfsvollen Ausdruck zusammen und drehe meinen Kopf in Richtung Produktionsleiter. Mein Kreislauf kommt vorübergehend zum Stillstand. Der Produktionsleiter ist gar nicht anwesend! Auch sein Stellvertreter ist nicht hier. Wie ferngesteuert fährt mein Blick durch den Besprechungsraum. Ich realisiere, dass keine einzige Person aus der Produktion im Raum ist. Auch nicht vom Controlling, nicht von der Logistik und ebenso wenig vom Vertrieb. Es sind nur Leute aus der Q-Abteilung anwesend!
Ein grausiger Verdacht beschleicht mich. Ich stehe auf, verlasse den Besprechungsraum und gehe zu meinem Schreibtisch. Ich suche den Ordner mit den Protokollen der vergangenen Sitzung heraus. Wie Schuppen fällt es mir von den Augen: Bei keiner Sitzung hat jemals ein Vertreter einer anderen Abteilung teilgenommen! Es waren immer nur Leute aus der Qualitätsabteilung! Schweißperlen bilden sich auf meiner Stirn, meine Knie sind weich vor Zorn, mir ist speiübel. Mein Lebenswerk, mein Baby, die Qualität! Sie fällt in sich zusammen wie ein Kartenhaus. Ich setze mich und beginne zu überlegen. Doch mir wird klar – es gibt nichts zu überlegen. Ich weiß, was zu tun ist. Wie seinerzeit das Kollektiv Peter Westenthaler, Herbert Scheibner und Susanne Riess-Passer stehe ich zu meinen Prinzipien und nehme meinen Hut. Ich sage adieu. Peter Rüscher hat seine Funktion als Qualitätsmanager am 31. März 2007 niedergelegt und das Unternehmen auf eigenen Wunsch verlassen. Uwe Fröse, Rüschers Vorgesetzter, nahm die Kündigung mit den Worten: „Ich verstehe“, zur Kenntnis. Peter Rüscher, tötet Fliegen mit bloßen Händen.
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Orchideenstudien
18 Freudensprung, Margarita
Wenn Ihnen ein Mann plötzlich Blumen schenkt … dann, dann, äh, wie war das noch? das war - wenn ich mich recht erinnere, damals weil die Dame so toll duftete und der Typ – motiviert für grosse Gesten – anstatt plump seine Nase an ihr zu reiben und ihr “wow du riechst so leckrig “ zu gestehen, um ein Sträusschen rannte und siehe da, ihre Lippen von 0 auf 100 , 1 cm einen Zentimeter voneinander entfernt, die Augen sanft geschlossen in einer Gondel in die Abendsonne glitten. Und ich sage euch – so kann das laufen – wirklich. Nicht das mit dem Deo – das mit den Blumen – obwohl das mit dem Deo vielleicht auch – wer weissß was die da heutzutage alles reinhauen. Es geht aber um Orchideenstudien – eine Blumenkolumne, sprich das was – welche Blumen? Wäre ja blöd, wenn er – zum Blumenladen rennt, um dann mit dem Finger am Kinn dazustehen, und in Anbetracht der Auswahl zu verzweifeln oder letztendlich zu spät zu kommen, verdammt, der Gondel leise nachzuwinken. Oder – noch schlimmer – er kauft 2 Nelken und versaut alles. Die gehören auf den Friedhof, ins Krankenhaus, aufs Revers der Sozialisten – fertig. Ich meine, was will einer sagen mit ein paar Nelken? Liebste, schau für Dich, die sind ganz praktisch und halten echt lange? Ich gebe schon zu, ein Sträußchen Nelken mit Schleierkraut sind doch auch Retrochic. Wenn der Namenlose in Kaurismäkis „Mann ohne Vergangenheit“ etwa, das Tischchen seines Schrottcontainer-Wohnzimmers damit schmückt, um es richtig nett zu machen für den Besuch der Heilsarmees-Schwester, ist das rührend. Die unverwüstliche Heldin aus den Blumen-Automaten der 80iger-Jahre – Erinnerung an eine Zeit als die Bastion Ladenöffnungszeit noch uneinnehmbar war – Symbol der kleinbürgerlichen Spießigkeit der Wirtschaftswundergeneration, Revolutionsblume in den Gewehrläufen der Lissabonner Armee – ich will sie ja auch nicht schlecht machen – Hin oder Her, es gibt einfach sinnlichere Blumen, imposantere Formen, betörendere Düfte. Und worauf ich eigentlich hinaus will – schenkt mehr Blumen!
Clint, Jane, miese Gestalt, Sandy und Franz (Cover) von Anna Szilit
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Dossier Fleisch
Fahr du, Marlies 24
Da stand er, der Hirsch, und glotzte. Zwischen ihm und seinem friedlichen Waldleben die unüberwindbare Hürde der roten Karosserie von Marlies’ Wagen. Er glotzte immer noch, der Hirsch, während seine Eingeweide sich auf die Strasse ergossen. Da teilte sich das Firmament, auf dass ein gleißend heller Blitz herniederfahre. Posaunenfanfaren ertönten und Gabriel schwang sich vom Himmel, der neuerdings auch für Wild zuständig war. Er streichelte dem Tier zärtlich über das gebrochene Geweih, ein ersticktes Röhren, und der Hirsch ward ein Hirsch gewesen. Mausetot, hirschhinüber.
Marlies erbrach sich auf ihren Kotflügel, den Henker des Königs der Wälder. Den kurz in ihr aufflammenden Wahnsinn unterdrückend, nahm ihr Verstand wieder überhand und riet ihr, die Situation bestmöglich zu nützen. Anstelle des toten Tieren sah sie in dem Leichnam alsbald ein gar köstliches Abendmahl, und vielleicht noch, wenn sie es geschickt anstellte, ein Paar modischer Wildlederstiefel.
Entsetzt kam Gabriel herbeigeflattert: „Vermaledeites Weibsbild, liebäugelst mit subsistenzwirtschaftsartigem Dasein. Frönen darfst du, jawohl, gefrönt seiest du! Aber nur einem, dem Mammon! Verstehst du nicht die Tragweite deiner Entscheidung: der Jäger wird den Hirsch nicht jagen, der Metzger ihn nicht ausnehmen, der Schuster sein Leder nicht glätten, der Koch sein Fleisch nicht braten. Der Mehrwert aus dem Tod des Hirsches wird nicht verdient werden. Und dieser ist ein beträchtlicher Verlust für deine Mitmenschen, ist unsere Hauptnahrung doch der tierische Muskel. Marxens’ Hure! Raubst den Menschen die Beschäftigung!“
Gabriel hatte nicht gelogen. Bei der Nahrung eines durchschnittlichen Österreichers stellen
Ausgaben für Fleischwaren den größten Posten. Das sind immerhin drei Prozent seiner Gesamtausgaben. Eine Million Arbeitsplätze sind in Österreich direkt oder indirekt von der Exportwirtschaft abhängig. Der Exportanteil von verarbeiteten oder lebenden Tieren liegt bei 1,4 Prozent, das bedeutet, dass rund 37.000 Arbeitsplätze aufs Fleischkonto gehen dürften, und dass nur aufgrund des Außenhandels. Gabriel, der seine Liebe zur Ökonomie bei der Überlieferung des Koran an den neoliberalen Betriebswirt und späteren Propheten Mohammed entdeckte, fühlte sich bemüßigt, sein Wissen gegen Marlies einzusetzen.
Marlies, die zwar nicht wusste, wer Marx war, aber niemandes Freudenmädchen geschimpft werden mochte, gab klein bei und willigte ein, den Hirsch dem Förster zu übergeben. Schließlich hätte sie das Fleisch ohnehin nicht zu beißen vermocht, hatte der Airbag ihr doch zwei Zähne ausgeschlagen. Antonia Glatter-Götz, Politikberatung für die Bereiche Wirtschaft und Finanzen
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Der Blutwurstritter 26 „Von allem Geschriebenen liebe Die Kon- ich nur Das, was einer mit seinem Blute schreibt. Schreibe mit Blut: kurenz und du wirst erfahren, dass Blut Geist ist.“ Friedrich Nietzsche, Also sprach Zarathustra
Dies ist die Geschichte des Franz Dormayer, der von Langenzersdorf bei Wien hinauszog in die weite Welt, um ihr die vollkommene Blutwurst zu schenken. Und die Welt hat es ihm gedankt, denn seit dem Jahr 2000 darf sich Franz Dormayer Blutwurstweltmeister nennen. Damals errang der Fleischermeister bei der Blunzweltmeisterschaft in Mortagne au Perche in Frankreich die Goldmedaille. Und das den politischen Wirren zum Trotz: Die in Österreich im Jahre 2000 angelobte schwarz-blaue Regierung hat speziell in Frankreich für massive Verstimmung gesorgt, weshalb viele heimische Fleischer von einer Teilnahme an der Blutwurst-WM abgesehen haben. Nicht so jedoch Franz Dormayer, dessen (tiefrotes) Produkt sich über jegliches Politikum hinweg den Weg aufs Stockerl bahnen konnte. Schließlich ging es bei der Veranstaltung ja nicht um Politik, sondern um die Wurst.
Die in der Normandie gelegene 5000-SeelenGemeinde Mortagne au Perche ist laut Franz Dormayer der „Nabel der Blutwurstwelt“. Die Tradition des gekochten Blutes reicht dort zurück bis ins frühe Mittelalter, denn die kulinarische Eigenheit wurde von den Mauren auf ihren Feldzügen in die Region Perche gebracht. Seit 1963 besteht in Mortagne au Perche die Bruderschaft der Blutwurstritter, die Confrérie des Chevaliers du Goûte Boudin. Deren Mitglieder haben es sich zum Ziel gemacht, jenes Produkt, das entweder gehasst oder geliebt wird – dazwischen gibt es nichts – notfalls auch mit dem Schwert zu verteidigen.
Dormayer erzählt: „Es klingt ein bisserl exotisch für einen Kontinentaleuro-
päer, weil das da draußen eine eigene Philosophie ist mit den Bruderschaften, wo teilweise ritterliche Kostüme bei Festsitzungen und Umzügen getragen werden. Die Blutwurstbruderschaft hat eine Robe: Weinrot für Blut, die weißen Pelzbesätze für den Speck und Schwarz für den Darm, damit der Bezug da ist.“ Franz Dormayer ist als bisher einziger Ausländer in die Jury der französischen Blutwurstbruderschaft einberufen worden, hat seine Robe aber mittlerweile zurückgelegt, um wieder aktiv an der Weltmeisterschaft teilnehmen zu können. Dass er ständig mit Vorurteilen konfrontiert ist und die Blutwurst von einer großen Bevölkerungsgruppe als Ekel erregend angesehen wird, damit hat Dormayer zu leben gelernt. Der schlechte Ruf der Blutwurst rührt aus dem Mittelalter: Zur Abtötung sämtlicher Bakterien muss das Blut auf 80 Grad Celsius erhitzt werden, doch gab es früher noch keine akkuraten Methoden zur Messung der Temperatur. Das wiederum führte vor allem im Sommer zu zahlreichen Lebensmittelvergiftungen. Franz Dormayer aber lässt sich nicht beirren auf seinem Kreuzzug für das Erzeugnis, dessen Charakteristik auch auf den Menschen zutrifft:
Innen Blut, außen Haut. „Ich habe die Philosophie, dass die Liebe, mit der man die Blutwurst macht, Scheibe für Scheibe rüber kommt.“ Und diese Liebe zur Blutwurst kennt in dem 50-jährigen Traditionsbetrieb keine geschmacklichen Grenzen. So wird die Ausgangsbasis, frisches Schweineblut, oft mit süßen Zutaten kombiniert. Wie etwa bei der Kokosblunzn: „Diese exotische Beimengung in die Blutwurstmasse ist etwas ganz Neues. Beim Biss kann man die zarten Kokosflocken angenehm spüren. Der Kokosgeschmack entfaltet sich beim Abgang auf Zunge und Gaumen.“ „Wenn man den Geschmack schult, dann begin-
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nt die Kultur“, das ist Dormayers Leitsatz. Neben Erdbeer-, Marillen-, Maroni-, Orangen-, Pfirsich-, Pistazien- und Mangoblunzn stehen 29 weitere Blutwurstexoten auf dem Speiseplan. Auch der Sohn des Hauses, Markus Dormayer, betätigt sich kreativ am Blutwurstgeschäft, sein erster Streich ist die Schokoblunzn: „Zarte Schokoladestückchen in die Blutwurstmasse gemengt bringen ein neues Blutwurstgefühl an Ihren Gaumen. Zuerst dominiert der Schokoladegeschmack bis sich langsam das Aroma der Blutwurst im Mund verbreitet. Knackfrisch aus dem Kühlschrank oder schokoladiger nach etwas Zeit zum temperieren.“ Franz Dormayer, der Blutwurstweltmeister aus Österreich, würde seinen Titel zu Unrecht tragen, hätte er nicht auch für das Mozartjahr 2006 eine Spezialkreation aus der Wurstmaschine gepresst. Die originale Mozartblunzn: „Unsere Komposition zum Mozartjahr: Weltmeisterblunzn mit einer Viertelnote Pistazien, einer Halbnote Nougat umhüllt von einer Achtelnote Marzipan ergeben ein Werk, dass Ihren Gaumen in verzückte Schwingungen versetzt. Ein Crescendo von Geschmack und edler Güte.“ Gut vorstellbar, dass diese Gaumenmusik in naher Zukunft die Mozartkugel ablösen wird. Stefan Wurmitzer ist im Jahr 1975 in Wien geboren und arbeitet als Fleisch/Wurst-Journalist.
Swinging Swiss Guys
Text: Robert Hiller Bilder: Tiziana Condito
Wieder einmal muss der SchweizKorrespondent des „Landjäger“ feststellen, dass im Bregenzerwald eine geradezu erschreckende Ignoranz gegenüber den Gebräuchen und Gepflogenheiten unserer westlichen Nachbarn herrscht. Wenn er davon erzählt, dass sein Beitrag zum Thema „Fleisch“ von einem Schwingfest handeln wird, ist die Reaktion stets dieselbe: Alle machen sie große Augen, denn sie denken, er wolle von einer Swingerparty berichten. Man sieht es ihnen richtig an, wie vor ihrem inneren Auge umgehend ein Knäuel von menschlichen Leibern mit den dazugehörigen primären und sekundären Geschlechtsmerkmalen auftaucht. To swing bedeutet ja wörtlich übersetzt auch „schwingen, hin- und herbewegen“, insofern gibt es sicher einen Berührungspunkt. Schwingen als solches bezeichnet aber eine Variante des Ringens und ist noch vor dem Hornussen und dem Steinstoßen der Schweizer Nationalsport. Kräftige Burschen beim „Hosenlupf“ Mehr als 4.000 Zuschauer sind beim 93. St. Galler Kantonalschwingfest in der großzügigen Schwingerarena von Mels zugegen. Für den unbedarften Besucher sieht das alles nach einem herkömmlichen sonntäglichen Volksfest aus. Ein Festzelt, Verpflegungsstände, WC-Wagen, Alphornbläser und Fahnenschwinger. Einzig der Blick auf das Festprogramm macht ein wenig stutzig. Kassenöffnung war anscheinend schon
06.45 Uhr morgens, da merkt man schon, dass hier die Zeit ein bisschen anders tickt. Rein vom Publikum her hat man aber gar nicht den Eindruck, dass es sich um einen besonders urchigen (lt. Duden: schweiz. für urwüchsig) Anlass handelt. Es ist bunt gemischt, von modern gekleideten Durchschnitts-Jugendlichen über adrette Durchschnitts-Familien bis zu rüstigen Durchschnitts-Senioren. Einzig die Anzahl recht stämmiger Menschen ist vielleicht ein bisschen über dem Durchschnitt. Dass das Schwingen sozusagen alle Schichten anzieht, hat sicher damit zu tun, dass es, wie später aus der Festrede hervorgeht, die ideale Verbindung ist zwischen Tradition, Sport und Fortschritt.
Das Zentrum des Geschehens bildet eine Wiese, ein bisschen kleiner als ein Fußballfeld. Dort befinden sich sechs Kreise aus etwa 30 cm hoch aufgeschüttetem Sägemehl. Jeder von ihnen misst ca. zehn Meter im Durchmesser. Auf jedem dieser Kreise messen sich zwei Schwinger. Von der Kleidung her kann man bei den Teilnehmern zwei Typen unterscheiden. Die Sennenschwinger tragen hellblaue kragenlose Sennenhemden und dunkle Manchesterhosen, die Turnschwinger sind ganz in weiß gekleidet. Vor dem Antreten ziehen sich die Athleten kurze Hosen aus Jute über, die mit einem Gurt festgeschnallt werden. Da kommt man jetzt dem Geheimnis der ganzen Sache schon ein wenig näher. Denn das Schwingen hat seinen Ursprung im „Hosenlupf“. Die ausnahmslos sehr kräftigen Burschen beugen sich vornüber und legen die Köpfe aneinander, dann greift jeder von ihnen den anderen mit einer Hand am Gurt der Jutehose und mit der anderen an deren hochgerolltem Hosenärmel. Wenn sie so dastehen, die Gesichter aneinandergeschmiegt, jeweils eine Hand praktisch die
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Genitalien des anderen anfassend und die Ärsche nach hinten hinausgestreckt, hat es schon ein bisschen einen homoerotischen Beigeschmack, und der Gedanke mit der Swingerparty liegt gar nicht mehr so fern. Ein bisschen Schiebung muss sein Dann gibt der Kampfrichter das Zeichen zum Start und augenblicklich entlädt sich die Urgewalt der miteinander ringenden Körper. Der Schweiß fließt, die Nasenflügel blähen sich, die Adern an Schläfen, Hals und Oberarmen treten hervor, als wollten sie gleich platzen. Mit den Händen immer fest die Hosen des anderen umklammernd, versuchen sie diesen hochzuheben oder sich mit einem Bein einzuhaken und ihm das Standbein wegzuziehen und ihn flach auf den Rücken zu werfen. Dies ist das Ziel der ganzen Übung. Das klingt allerdings einfacher, als es sich in der Realität darstellt, denn meistens gelingt es den überraschend wendigen Kraftlackeln, sich im letzten Moment des Falls zu drehen, und damit auf dem Bauch im aufstaubenden Sägemehl zu landen. Der Kontrahent liegt dann oft oben drauf, nicht selten mit dem Kopf zwischen den Beinen des Gegners und versucht diesen doch noch auf den Rücken zu drehen. Bei dem Durcheinander an Gliedmaßen ist aber in Wirklichkeit schwer erkennbar, wer jetzt gerade wen wohin dreht. Meistens versucht der unten Liegende dann aber sich aus der Umklammerung zu lösen und flüchtet auf allen Vieren nach Außerhalb des Ringes. Dann „greifen sie sich wieder in die Hosen“, wie dies im Fachjargon heißt, und das Gerangel beginnt von neuem bis einer tatsächlich auf dem Rücken liegt. Am Ende geben sie sich die Hand und der Sieger streift dem Verlierer das Sägemehl vom Rücken. Eine Runde („Gang“) dauert fünf Minuten, gibt es keine Entscheidung, wird dies als „gestellter Gang“ bezeichnet. Insgesamt sind über 200 Schwinger am Start, das Turnier geht über fünf Runden. Jene, die am meisten Punkte sammeln, kommen in die sechste und finale, den „Schlussgang“. Die Zusammenstellung der einzelnen Paarungen erfolgt durch das Los, es gibt aber keine fixen Regeln in Bezug auf die Zusam-
menstellung der Gruppen, unter denen zugelost wird. Deshalb kommt immer wieder der Verdacht von Schiebung auf. Das ist natürlich sehr klug, denn was wäre ein Sport ohne richtigen Diskussionsstoff. Und so mokieren sich die Zuschauer auch lautstark darüber, dass die favorisierten Schwinger in den Vorrunden nie auf ernstzunehmende Gegner stoßen. Eben, ist doch viel schöner so. Langweilig wird einem bei der ganzen Geschichte aber sowieso nicht. Bedingt durch die große Zahl der Teilnehmer herrscht laufend ein munteres Gezerre und Gestöhne in den sechs Ringen. Dementsprechend ruhig und zufrieden verläuft die Veranstaltung auch. Unterbrochen wird dies nur ein- oder zweimal von einem Jodlerchor und den Alphornbläsern, deren Darbietung von zwei Fahnenschwingern untermalt wird. Natürlich muss auch noch eine Kantonsrätin ihren Politikersenf dazugeben, aber davon bleibt man ja selten verschont. Typisch für Leute ihrer Art versucht sie natürlich auch die wackeren Sportler für ihre Zwecke einzuspannen. Dies indem sie meint, der neue Werbespruch des Kantons St. Gallen „sack und stark“, der auf irgendwelchen Nylontaschen prangt, treffe voll auf die Schwinger zu, denn diese seien einfach „sackstark“. Frau Hanselmann, so genau wollten wir’s auch wieder nicht wissen.
Bad guys Auch noch bemerkenswert am Schwingen, es handelt sich um einen reinen Amateursport. Werbung ist z.B. auf dem Schwingplatz absolut verboten. Zwischendurch werden die Hauptpreise für die Kämpfer auf der Wiese am Publikum vorbeigeführt: Ein ausgewachsener Stier, ein zweijähriges Rind und ein Hengstfohlen. Bei der Nennung der Spender hätte man natürlich schon sagen können, das wäre indirekte Werbung, aber es geht ja mehr um das Prinzip. Und dadurch, dass die Gewinner das Vieh erst wieder verkaufen müssen, kann man auch nicht wirklich von einem Preisgeld reden. Am Schluss kämpfen zwei „Schwingerkönige“ um den Sieg, Schwinger also, die schon einmal beim alle drei Jahre stattfindenden „Eidgenössischen Schwing- und
Älplerfest“ gewonnen haben. Dies mag durchaus mit dem oben beschriebenen Reglement zu tun haben. Aber lieber so, als wenn dann Griechenland im Finale steht, wie bei der Euro vor drei Jahren in Portugal. Es entwickelt sich ein schneidiges Ringen, und am Anfang hat man das Gefühl, der Abderhalden Jörg aus Nesslau würde den Forrer Noldi aus Stein schon packen, aber am Ende dreht ihn dieser dann doch auf den Rücken. Bei der Preisverteilung bekommen dann die besten Schwinger von den „Kranzjungfern“, wie unschwer zu erraten ist, Lorbeerkränze aufgesetzt, und dürfen sich fortan „Kranzschwinger“ nennen. Aber, und das ist noch viel interessanter, auch „Böse“ werden sie genannt. Das führt einen dann schon wieder leicht zu dem Gedanken mit der homoerotischen Komponente… Hinweis: Vom 24. – 26.08.2007 findet in Aarau das Eidgenössische Schwing- und Älplerfest statt. Bei der letzten Veranstaltung dieser Art in Luzern zählte man über die drei Tage verteilt insgesamt 180.000 Besucher Robert Hiller und Tiziana Condito sind verheiratet.
Vegi in „anderen Umständen“ 32
Diese Geschichte sollten nur jene lesen, die schon mit schwierigen Schwangeren zu tun hatten, selbst schon schwierig schwanger waren bzw. jene, die gerade einen starken Kinderwunsch hegen.
Was hat ein Vegetarier eigentlich mitzureden, wenn es um Fleisch geht? Kommt jetzt eine Predigt, warum man kein Fleisch essen soll, oder ein Geständnis? Um es vorweg zu nehmen: ein Geständnis, sozusagen. Sieben Jahre meines Lebens hab ich allerhöchstens Lust auf Fleisch verspürt, wenn ich in Italien Prociutto mit Melone, oder Prociuttopanini gesehen habe. Bis zu dem Tag, an dem ich jemanden mit mir herumtrug, der mir diktierte, was Sache war. Nein, keine Sorge, ich war nicht auf einmal vom Teufel besessen, auch nicht von einem Bandwurm, sondern ganz einfach schwanger. Das waren wirklich total „andere Umstände“. Schlimmer als meine „anderen Umstände“ können „andere Umstände“ fast nicht sein. Ganz bestimmt hab ich dem Klischee alle Ehre gemacht. Was würdet ihr denn machen, wenn ihr am Morgen die Augen aufschlagt, und der erste Weg führt im Laufschritt zur Kloschüssel. Aber nicht wegen dem in der Nacht aufgestauten Urin, sondern um gleich sofort die Kloschüssel zu umarmen und leer, nur Luft zu speiben. Ja, mir war übelst. Nicht nur die ersten drei Monate, nein, die ersten neun Monate, also gleich die ganze Schwangerschaft über. Und eben, sehr klischeemäßig, hatte ich Gelüste. Gelüste, die sich in Phasen einteilen ließen.
Phase 1 (7 . bis 9. Woche): Schwarztee mit Zitrone, Grapefruit, Kornspitz mit Speck
Eben, seht ihr, schon in der ersten Phase wurde mir eines diktiert: Fleisch!!! Also mal ganz ehrlich, was würdet ihr machen, wenn euch dauernd schlecht wäre, euch alles Essbare ankotzen würde und ihr dann plötzlich Lust auf Speckbrot hättet? Richtig, ihr würdet Speckbrot essen, egal ob ihr Vegetarier seid oder sonst was. Irgendetwas muss der Mensch ja essen, vor allem dann, wenn er eigentlich für Zwei essen müsste, aber sowieso nur auf eine halbe Portion allerhöchstens kommt, wenn alles unten bleibt. Keine Sorge, Stan war bei seiner Geburt nicht untergewichtig. Er wog stolze 3,54 Kilo, ich dagegen wog nach der Geburt sechs Kilo weniger als vor der Schwangerschaft.
Phase 2 (9. Bis 11. Woche): Speckbrot Phase 3 (11. Bis 12. Woche): Gerstensuppe mit Speck Phase 4 (12. Bis 20. Woche): geröstete Würfelkartoffel, Soletti Die Phasen sind im Prinzip ja egal, aber wenn jemand sie mitmachen muss, der sonst gar keine Phasen hat, dann ... Und wenn man eigentlich ein Supersilvestermenü kochen möchte und dann nur die Erlaubnis erhält, geröstete Würfelkartoffel zu machen, dann ... In dieser Phase war die Speiberei auch ziemlich übel. Das Einzige, was meistens unten blieb, aber auch nur, wenn ich mich zur Verdauung hinlegte, waren Soletti.
Phase 5 (21. Woche): Kartoffelpüree Und das bereits zum Frühstück. Kartoffelpüree essen, speiben, wieder weiter essen. Alles ist möglich in den „anderen Umständen“ Dauerphase 6 (22. Bis 41. Woche): Müsli mit Erdbeeren zum Frühstück, gedünstetes Gemüse (am besten Spargel) und Kartoffel zum Mittagessen und viel Milch zum Abendessen Das war das ideale Antisodbrennmenü. Wenn ich nur einmal gesündigt habe, dann Sodbrennen, Sodbrennen, Sodbrennen. Phase Schwangerschaft beendet, ging ich auch gleich brav wieder ins Vegitum über. Was Kinder gerne essen, ist bestimmt viel Erziehungssache, dachte ich,
und Stan war die Bestätigung. Meine sehr abwechslungsreiche und ideenreiche Küche, die aus Gemüseeintopf bestand, wurde nur ergänzt durch die Zuspeisen Nudeln, Reis, Kartoffeln, Polenta. Aber Stan mochte das alles sehr gern und ich eigentlich auch, gezwungenermaßen, denn eben, wenn man nicht gerne kocht, aber gesund essen will, dann ... Außerdem war bald schon wieder die Phase „gedünstetes Gemüse mit Kartoffeln angesagt ... Warum? Wie wär’s mit „anderen Umständen“? Ja, mutig wie wir waren, trauten wir uns sehr früh (nach sieben Monaten) den Zufall über ein weiteres Kind entscheiden zu lassen, und der entschied sehr schnell, genau gesagt einige Minuten später. Zu schnell für mich, mein Körper war noch sehr ausgelaugt von den „anderen Umständen“ Nummer 1. Das Eisen ist da zum Beispiel so ein Ding, da helfen auch die Eisentabletten nicht gut, und Chemie ist es auch. Ob das der Körper einfach so aufnimmt? Hundemüde war ich auch schon wieder, eigentlich 24 Stunden am Tag. Also gut, wieder Vegitum abbrechen und ein wenig Fleisch essen.
Die „anderen Umstände“ Nummer 2 waren natürlich auch geprägt von heftiger Übelkeit, aber diesmal nur fünf Monate lang. Erst ab Woche 15 hatte ich diesmal Sodbrennen. Von wegen, dass das kommt, weil das Kind den Magen verdrängt. Was soll ein Fuzzibaby von einigen Zentimetern Größe verdrängen? Die Hormone müssen es sein. Die Phasen blieben diesmal eher aus. Nur kam ab Woche 25 die Phase Nutella. Jeden Abend um 22 Uhr aß ich sehr, sehr viel Nutella mit Grissini. Gerade als ich dachte, ich muss das stoppen, weil ich anfing so richtig zuzunehmen, kam Tessa, zu früh, und zu leicht.
Für einige Monate aßen Stan und ich wieder unsere Gemüseeintöpfe. Bis Tessa zu essen begann, und wir gleichzeitig eine fleischfressende AuPair einstellten. Sie konnte super kochen, aber eben nur Fleisch. Tja, und da gewöhnte sich auch Tessa sehr, sehr schnell an Fleisch. Sie ist, glaub ich, die reine Fleischfresserin.
Von Gemüse isst sie eigentlich gar nichts und Obst auch nur in Babybreiform. Was sie aber sehr gerne isst, und zwar immer, ist Fleischi und Wursti, zum Glück auch Fisch, sonst hätte
ich noch mehr die Krise. Ja, da müssen eben die Gemüseeintöpfe auch welches drin haben, weil sonst isst Tessa rein gar nichts zum Mittagessen. Zugegebenermaßen schmeckt so ein Würstelgulasch schon nach mehr, auch wenn man gar kein Stück Wurst isst, aber der Allgemeingeschmack ist einfach besser. Zum Abendessen ist auch ein Salamibrot echt gut. Als Superköchin gibt’s bei uns immer Kalt am Abend. Nur Käsebrot allein ist auf die Dauer auch fad. Das muss ich gestehen. Ingrid Delacher, Alberschwende: „Ich will alles und das unter einem Hut!“
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Dr. Pennwiesers Notfallambulanz
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Adipositas So mancher Fußballer hat nicht nur mit dem Ball, sondern auch mit seinem Gewicht zu kämpfen. Die Wohlstandserkrankung Fettleibigkeit („Adipositas“) macht aber auch vor den Drehkreuzen der Fußballstadien nicht halt. Dr. Wolfgang Pennwieser, Leiter der Notfallambulanz des ballesterer fm, erklärt, wie es um den „Body Mass Index“ der Redaktion von Österreichs bestem Fußballmagazins bestellt ist und warum dicke Fußballer manchmal schlechter im Bett sind. Fußballer mit Baucherl sind quasi ubiquitär anzutreffen. In der 2. Klasse West sowieso, aber auch in der Bundesliga, der Champions League und bei Fußballweltmeisterschaften.
Seit jeher gibt es immer noch den einen oder anderen Spieler, der sich von seinen Mannschaftskameraden durch ein frappant eng sitzendes Leiberl abhebt. Hat die Fitness der Spieler im Allgemeinen die letzten Jahre über zugenommen, so kommt es doch vor, dass Ausnahmekicker wie Adriano, Ailton oder Drechsel Wiggerl mit dem Handicap von überzähligen Kilos aufs Feld laufen. Begnadet kicken sie mitunter dennoch und beweisen damit, dass Fußball mehr ist als ein Laufsport.
Fußball statt Ping Pong Dicksein ist grundsätzlich eine Quälerei (vgl. den Song „Dicke“ von Westernhagen Marius).
Einerseits kommen korpulente Körper leichter ins Schwitzen, andererseits werden die „Gefüllten“ oft von Freunden, Klassenkollegen, Reportern oder Mitspielern gehänselt. So soll etwa die brasilianische Nationalmannschaft bei der WM in Deutschland immer hämisch gejubelt haben, wenn sich Ronaldo am Salatbuffet bediente. Als Engelmaier Thomas in den späten 90er Jahren das Tor bei Vorwärts Steyr statt des langzeitverletzten Walker Herwig hüten musste, konnte sich ein Fernsehreporter den Satz „Na, ganz austrainiert sieht der ja net aus“ nicht verkneifen. Der Ersatzgoalie war offensichtlich kein Trainingsweltmeister, doch verfügte er über klasse Reflexe und so manch dürrer Stürmer verzweifelte an dem jetzigen Tormanntrainer. Fette Chefs Wenn von Übergewicht gesprochen wird, kommt meist der Begriff „Body Mass Index“ (BMI, siehe Anhang) ins Spiel. Hierbei handelt es sich um einen groben Richtwert für die Bewertung des Körpergewichts, der jedoch Mängel aufweist. So eignet sich der BMI nur bedingt für die Bestimmung der Fitness besonders kleiner oder besonders großer Menschen und berücksichtigt nicht die individuelle Verteilung von Fett- und Muskelmasse. Sportler steigen bei der BMI-Messung meist relativ schlecht aus. Dies ist eine mögliche Erklärung für die signifikanten BMI-Schwankungen in den
Kompetenzzentren des ballestererfm, der Chefredaktion und dem Layout.
Eine groß angelegte, randomisierte Studie der Notfallambulanz konnte BMI-Werte von 18 kg/ m2 (Untergewicht) bis 27 kg/m2 (Präadipositas) bei den sportlichen Kollegen der Führungsetage finden. Während die BMI-Werte der einfachen Redaktionsmitglieder durchwegs im Normbereich liegen. Insgesamt hat der ballesterer fm schlanke Strukturen – auch körperlich, was ein durchschnittlicher BMI von 23,5 kg/m2 beweist. Vielleicht liegt es an der gesunden Ernährung oder am Dauerstress der Redakteure, dass die ballesterer fm-Mannschaft kein Fett ansetzt. Gesund ist der geringe BMI-Wert in jedem Fall, denn Übergewicht kann vielerlei Probleme verursachen: Gelenksabnutzungen, Blutzuckererkrankung, Gefäßverkalkung, Herzpatschen und Bluthochdruck sind nur einige der möglichen Begleiterkrankungen. Ein Bluthochdruck kann dazu führen, dass man Blutdruck senkende Medikamente einnehmen muss. Diese können wiederum auf der Dopingliste stehen und schon ist man wieder in Oberösterreich. Dem Mayrleb Christian ist deshalb nur zu raten, ein paar Kilo abzunehmen. Seiner Hypertonie wird’s jedenfalls nicht schaden und vielleicht kann er dann auf seine Pulver verzichten. Davon abgesehen ist es ein rechter Blödsinn, dem CoDiovan® – Mayrlebs Blutdrucksenker – eine leistungssteigernde Wirkung anzudichten. Im Gegenteil, nicht selten klagen Patienten nach der Einnahme der Arznei über Impotenz … Dr. Wolfgang Pennwieser, Turnusarzt am Landesklinikum Donauregion Tulln, erfreut die Leser des Fußballmagazins ballesterer fm mit praktischen Exkursen in die Sportmedizin.
Errechne auch du deinen Body Mass Index mit Hilfe von Dr. Pennwieser: Anhang
BMI=Körpergewicht in kg/(Körpergröße in Meter)² Untergewicht: BMI <18,5 Normalgewicht: BMI 18,5-25 Präadipositas BMI 25-30 Adipositas Grad I BMI 30-35 Adipositas Grad II BMI 35-40 Adipositas Grad III BMI >40
Verwende deine Jugend!
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Text + Bild: Christian Feurstein
Tour de Fleisch Wissenswertes aus dem Fleischuniversum
Fleisch gibt es in unterschiedlichsten Facetten, Ausführungen und Anwendungsgebieten. Vielfältigste Bedeutungen und Assoziationen ranken sich um eines der spannendsten Wörter unserer Zeit. Fleisch, Fleisch. Rindfleisch, Schweinefleisch, Hühnerfleisch, Fruchtfleisch, Hackfleisch, Frischfleisch, Fleischmesser, Fleischköter, Fleischjunge und Hundefleisch. Man kann nicht einfach zum Greißler spazieren und Fleisch bestellen. Die nette Dame hinterm Verkaufstisch wird einen fragend anschauen und dann ihr Frischfleischangebot aus der schon leicht angeschimmelten Kühltheke runterrasseln. Wer sich dann nicht auskennt, sollte sich besser informieren. Wissen ist gefragt.
Wir beginnen unsere Reise bei der Grande Nation. Den Franzaken. Bei den Franzosen gibt es im Unterschied zu uns schon mal zwei Wörter für Fleisch: „Chair“ oder „Viande“. Ja ja, die sind sonst auch ein wenig eigentümlich, aber egal. Bei „Chair“ kommt man ins Stutzen. „Chair“ steht ja im Englischen für „Stuhl“. Da findet man recht zügig einen Verbindungspunkt den man so nie vermutet hätte. Fleisch – Stuhl – Essen – Sitzen – Stuhlfleisch – Stuhlessen – Essensstuhl – Sitzfleisch. Genau. Sitzfleisch. Was viele nicht wissen ist, dass es früher bei den Franzosen üblich war sich längere Zeit auf frisch geschlachtetes Fleisch zu setzen um ein besseres abfließen des sogenannten „Schlachtwassers“ zu ermöglichen. Da Brennmaterial, insbesondere Holz recht knapp war, konnte man sich dadurch auch leichter durch den harten Winter bringen, weil Frischgeschlachtetes ja eine gewisse Zeit lang warm ist. Beispielsweise ist so ein großes Kaninchen ein recht angenehmer Bauchwärmer. Ihr wisst schon – kann man sich ja umbinden. Doch zurück zum „Chair“: Durch das Fleischsitzen entstand – ähnlich dem Effekt beim Schnitzelklopfen – der Eindruck, dass das Fleisch größer wäre. Damit zogen die Franzosen im frühen 17. Jahrhundert die ganzen anderen europäischen Stämme über den Tisch. Die Bedeutung des „Fleischsitzens“ geht auch aus einer frühen Übersetzung der Bibel ins Französische hervor. „Das Wort ist Fleisch geworden“ wurde schon damals mit dem Stuhl und der Fleischsitztechnik in Verbindung gebracht. „Le Verbe s’est fait Chair.“
Also im Prinzip wurde das Wort ein Stuhl. Sie hätten ja auch ihr anderes Wort „Viande“ nehmen können, trugen aber so zur Verwirrung, welche die Bibel stiftete, erheblich bei. Besonders die Engländer wurden von den Franzosen hinters Licht geführt, da es verständlicherweise zu Übersetzungsfehlern über die Art der Ware gab. Immer wenn die Franzosen wieder ihre Brieftauben losschickten, lachten sie sich still ins Fäustchen und die Engländer warteten wieder vergeblich auf eine Fuhre Stühle. Die Engländer legten sich aus Wut darüber gleich drei Begriffe für Fleisch zu. „Flesh“, „Meat“ und „Sarco“. „Flesh“ ähnelt ja sehr unserem „Fleisch“ somit nichts Neues. „Meat“ hingegen war ein sehr raffinierter Schachzug der Leute von der Insel. „Eat“ „Meat“. Klar, logisch. Warum sind wir nicht darauf gekommen … Trotzdem können sie nicht kochen, da nutzt ihnen ihre Bauernschläue aber schon gar nix. Würde jetzt beispielsweise in Anspielung auf die frühere Überlegenheit der Franzosen gegenüber den Engländern im Fleischhandel ein Franzose dem Engländer „Fleischfresser“ nachrufen wollen, so würde er rufen: „Carnissier“. Die eindeutige Verbindung zu unserem Wort der „Karniese“ ist frappierend und merkwürdig. Selbst ausgefuchste Sprachwissenschaftler konnten sich keinen Reim auf diese Eigenart machen und so bleibt es eines der großen Geheimnisse der Etymologie.
Für unsereins normalen Menschen tun wir das einfach als Verrücktheit der Franzosen ab. Die essen bekanntlich auch Frösche. Das Froschfleisch schmeckt übrigens wie junges Hühnchen. Weicher und fetter, aber nicht schlechter, sagen die Franzosen. „Meat“, „Eat“, „Meateater“ und natürlich „Meat Loaf“. Wer kennt ihn nicht, den dicken Musiker und Schauspieler. Auch sein Künstlername entstand zuerst aus dem einfachen Wort „Meat“. Sein Vater rief ihn so, weil er im Alter von zwei Jahre schon zuviel auf den Knochen hatte. Später trat er seinem Football-Trainer auf den Fuß worauf ihn dieser als „Meat Loaf“ bezeichnete. Der Beginn einer Erfolgsstory, die kaum zu glauben ist. Zu Deutsch bedeutet „Meat Loaf“ Hackbraten. Übrigens, nebenbei gesagt, hält „Meat Loaf“ mit seiner ersten Platte „Bat Out Of Hell“ einen Guinness-Weltrekord als „The Longest Charting Record“. Es war 395 Wochen in den UK und US-Charts vertreten. Ganz schön beachtlich, erstens für einen Künstler mit solchem Namen, und zweitens ist auch der Name des Albums recht dürftig. Inzwischen gibt es übrigens „Bat Out Of Hell 2“ und „3“. Na ja, klar kommt nach Erfolg Misserfolg. Drogen, Pleite, Alkohol und mehrere Frauen tun das Übrige, um aus einem aufrechten erfolgreichen, dicken Kerl einen noch dickeren noch, erfolgreicheren Typen zu machen. Bei jenen, denen es immer noch nicht klingelt und sich fragen, was die letzten Zeilen überhaupt sollen: Das Lied „I ‘d do anything for Love (But I won’t do that)“ ist glaube ich jedem ein mahnender Begriff genug. Außerdem spielte er Robert „Bob“ Paulson im Film Fightclub. Der Mann mit den Brüsten, genau. In Fightclub geht es ja auch im weitesten Sinne um Fleisch. Zermatschtes Fleisch, wenn man sich noch an die Szene erinnern mag, wo dem schönen Jared Leto von Edward Norton ordentlich das Gesicht kaputtgeschlagen wird. Verbrauchtes Fleisch, als sie Absaugfett aus der Klinik schmuggeln um daraus Seife zu machen. Abfallprodukte.
Damit sind wir beim nächsten Thema. Auch die Spanier essen Fleisch. „La Carne“ oder „La Pulpa“. „Pulpa“ klingt ziemlich erotisch. Bei uns unterhalten sich daher die Zahnärzte intensiv
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über die „Pulpa“, das so genannte Zahnmark. Bezüglich Abfall: Die „Pulpa“ ist nämlich auch das Abfallprodukt aus der Kaffeeproduktion. Bei der Ernte von Kaffeekirschen und der Produktion von getrockneten Kaffeebohnen fallen am Produktionsstandort pro Tonne Kaffeebohnen etwa zwei Tonnen feuchte Kaffeeschalen an, welche im Kaffeezüchterjargon Pulpa genannt werden. Dieses Material stellt eine wertvolle Energiequelle dar und kann anaerob zu Biogas vergoren werden. Das belegt ein Dossier des Schweizer Bundesamtes für Energie. Es sind keine Nährstofflimitationen und höchstens moderate Substrathemmungen in konzentrierter Pulpa vorhanden. Das Biogaspotential liegt bei 0.38 m3 Biogas pro Kilogramm organischer Substanz. Die Abbaubarkeit der organischen Substanz liegt bei über 70 %. Respekt.
Da man unseren Schweizer Nachbarn nachsagt, dass sie es ein wenig mit dem Geld hätten, hab ich mich da auch schlau gemacht und ein wenig mit „Magerem Schwein“ auf dem Chicago Mercantile Exchange gehandelt. Einem der bedeutendsten Märkte für den Handel von magerem Schwein. Ferkel werden zweimal pro Jahr ausgetragen, um ein konstantes Angebot frei von Zyklen zu garantieren. Die meisten Schweine werden zwischen März und Mai geboren. Bedeutet günstige magere Schweine. Die Ferkel werden zunächst drei bis vier Wochen gesäugt. In weiteren fünf Monaten mästet man sie mit dem Ziel eines maximalen Gewichtszuwachses. Das schlachtfertige Schwein, das etwa ein halbes Jahr alt ist, nennt man dann „Lebendschwein“. Pro halbem Kilo Futter (hauptsächlich Getreide und Eiweißzusätze) legt so ein Schwein 1,5 Kilo an Gewicht zu. Hab ich mir zuerst auch ausgemalt, wie das funktionieren soll. Dieses Eiweißzeug wird die Schweine halt hochpumpen. Mit circa 120 Kilo hat das Schwein dann sein Endgewicht erreicht und wird seiner Bestimmung zugeführt: Der Schlachtung. Aus so einem Lebendschwein lassen sich 45 Kilo Fleisch „Meat“, „Pulpa“, „Chair“ für uns „Carnissiers“ gewinnen. Mahlzeit. Wer gerne in diesen zukunftsträchtigen Handel einsteigen möchte, sucht sich am besten bei der Firma Pig Improvement Company (www.pic.com) was aus, oder schaut auf www.schweine.net nach, was es so an neuem Material gibt. Christian Feurstein, Fleischesser und befreundet mit Rüdiger Bornholm (Heimatphysiker und Fleischphysiologe)
Camborough 23 (Large White × Landrasse) × Weisser Duroc Fruchtbarkeit und Robustheit für höchste Ansprüche - sehr hohe Fruchtbarkeit - hervorragende Aufzuchtleistung - gleichmäßige Würfe - sehr gute Milchleistung - ausgeprägte Muttereigenschaften - reinerbig und stressstabil - robuste und langlebige Sau - „bedienungsfreundlich“ - die Allround Sau Die Camborough 23 ist eine Drei-Linien-Hybridsau, in der in optimaler Weise Fruchtbarkeit und Robustheit kombiniert sind. Mit der Camborough 23 holen Sie sich eine leistungsstarke Sau in den Stall, die durch eine hohe Anzahl abgesetzter Ferkel je Sau und Jahr glänzt. Die Sau verfügt über ein stabiles Fundament und hohe Robustheit die Grundlage für eine hohe Nutzungsdauer. Durch die Umstellung der Zuchtwertschätzung mit stärkerem Gewicht auf das Merkmal Ferkelverluste im Jahr 2003 werden ausgeglichenere Würfe mit vitaleren Ferkeln und damit mehr abgesetzte Ferkel je Sau und Jahr erreicht. Die Camborough 23 wird durch nationale und internationale Zuchtarbeit unter Berücksichtigung innovativer Gen-MarkerTechnologie ständig verbessert. So gewährleisten wir Ihren wirtschaftlichen Erfolg durch marktgerechte, frohwüchsige Mastferkel.
Cambourogh 26 (Large White × Landrasse) × fleischbetonter Large White Eber - sehr hohe Fruchtbarkeit - hervorragende Aufzuchtleistung - gleichmäßige Würfe - sehr gute Milchleistung - ausgeprägte Muttereigenschaften - reinerbig und stressstabil - typbetonte, homogene Schlachtkörper - hervorragende Qualität der Endprodukte - speziell für den fleischbetonten Markt Speziell für einen Markt einwickelt, in dem besonderes Augenmerk auf Fleischfülle (Magerfleischanteil) gelegt wird. Die Camborough 26 beweist, dass dies auch ohne Kompromisse in der Fruchtbarkeit zu Spitzenleistungen führt. Wie alle Sauenprodukte der PIC werden auch die Ausgangslinien der Camborough 26 unter Nutzung internationaler Zuchtstrukturen und exklusiver Gen-Marker-Technologie (PICmarq) ständig weiterentwickelt. Die reinerbige, stressstabile Drei-LinienHybridsau vereint hohe Fruchtbarkeit, Mütterlichkeit sowie Fleischfülle und eignet sich hervorragend zur Produktion von wüchsigen, fleisch- und typbetonten Mastendprodukten.
Camborough 12 (Large White × Landrasse) × Roter Duroc - sehr hohe Fruchtbarkeit - hervorragende Aufzuchtleistung - gleichmäßige Würfe - sehr gute Milchleistung - ausgeprägte Muttereigenschaften - reinerbig und stressstabil - auch für Outdoorhaltung geeignet - Nachkommen mit exzellenter Fleischqualität - prädestiniert für die Produktion von Premium-Fleischprodukten Die Camborough 12 ist eine Drei-Linien-Hybridsau. Ihre Nachkommen zeichnen sich durch eine überragende Fleischqualität aus. Durch den Einsatz des Roten Duroc verfügen die Mastendprodukte über einen hohen intramuskulären Fettgehalt, welcher sich besonders positiv auf die Schmackhaftigkeit des Fleisches auswirkt. Die Camborough 12 ist speziell konzipiert für die Produktion von PremiumFleischqualitäten. Die überdurchschnittliche Fruchtbarkeitsleistung der PIC-Ausgangslinien Large White, Landrasse und Roter Duroc wird unter Ausnutzung der Heterosiseffekte ideal in der Camborough 12 kombiniert.
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Bourgeois Bohème Landjäger 40
Bilder: Thomas Mariaschk Design: Robert Rüf PVC-Landjäger: Schultes Wien Et Cetera: Martin Fetz
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Freitag, 3. August, 20 Uhr Ort wird noch bekanntgegeben Abend mit Graham Waterhouse, Violoncello und Ekkehard Windrich, Violine / Live-Elektronik Werke von Julio Estrada, Bruno Maderna, Robert Ashley, Benjamin Schweizer
Samstag, 11. August, 20 Uhr Villa Maund Hopfreben Abend mit Mischa Käser, Lautpoet Berndt Thurner, Percussion und Wolfgang Suppan, Live-Elektronik Werke von Mischa Käser, Stuart Saunders Smith, Wolfgang Suppan
Donnerstag, 16. August, 20 Uhr Bildungshaus Bezau Abend mit Claude Hauri, Violoncello Werke von Alfred Knüsel, Mischa Käser, Daniel Glaus, Kaija Saariaho, Annette Schlünz
29. Juli bis 18. August 2007 www.tageauskunst.com
Dienstag, 31. Juli, 20 Uhr Allmeinde Commongrounds Lech Abend mit Jeremias Schwarzer, Blockflöten Michael Moser, Violoncello und Michael Maierhof, Live-Elektronik Werke von A. Virgiliano, Annette Schlünz, Kirsten Reese, Michael Maierhof, Peter Ablinger, Rolf Julius
Samstag, 18. August, 23 Uhr Villa Maund Hopfreben „Klaxonnerie“ – Freiluftstück für Autohupen und Lichtsignale von Markus Wettstein Uraufführung, Auftragswerk der “reihe 0” beschränktes Kartenkontingent
HORROR VACUI
Sonntag, 29. Juli, 20 Uhr Pfarrkirche Au Abend mit Léon Berben, Cembalo Werke von Jakob Hassler, Girolamo Frescobaldi, Giovanni Maria Trabaci, A. van Noordt, Johann Jacob Froberger, Johann Caspar Kerll, György Ligeti
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Text: Wolfgang Berchtold Illustration: Christian Feurstein
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Herr Fleisch und die H端hner der Mutter
In seiner Jugend hatte es sich Georg angewöhnt, die Fleischbrocken ohne langes Kauen hinunterzuschlucken. Es saßen damals mit dem Vater und den drei Brüdern vier Nahrungskonkurrenten am Familientisch; schlechte Voraussetzungen, um jeden Bissen hinreichend zu kauen und einzuspeicheln.
Fast jeden Tag gab es in Georgs Familie Fleisch. Ein Mittagessen ohne Fleisch wurde nicht als ein solches angesehen. Nur freitags gab es meistens eine Süßspeise oder irgendwelche Käsegerichte. Immerhin servierte die Mutter dann stets eine Fleischsuppe als Vorspeise. Den Fleischnachschub besorgte man sich aus unterschiedlichen Quellen. Da gab es vor allem die zwei Metzgereien, mit denen der Vater Handel trieb, und bei welchen man regelmäßig Fleisch- und Wurstwaren einkaufte.
Einen Teil des Fleischkonsums der sechsköpfigen Familie deckte man durch eine kleine Eigenproduktion. Georgs Eltern hielten immer eine größere Anzahl Kleinvieh: Hasen, Truthähne und vor allem Hühner, in allen Größen und Farben. Hinter dem Haus befanden sich die Ställe und die eingezäunten Freiläufe. Insbesondere die Hühner begleiteten Georg seine gesamte Kindheit und Jugend. Ein Zuhause ohne Hühner konnte er sich gar nicht vorstellen. Dass man Eier im Lebensmittelgeschäft kaufen muss, erlebte er erst, wie er kurz vor seinem 50. Geburtstag stand. Bis dahin gab es sie immer von Mutters Hühnern. Wenn das Federvieh zu alt zum Eierlegen geworden war, endete es als Suppenhuhn, und Georg nahm sich dann immer eine solche Keule aus der Suppe und zerrte mit seinen Zähnen das zähe Muskelfleisch von den alten, versottenen Hühnerknochen.
Die Mutter verwöhnte ihre Hühner richtiggehend, obwohl damals noch niemand von artgerechter Tierhaltung sprach. Im Winter hängte sie eine Wärmelampe in den Hühnerstall, damit die Tiere nicht zu kalt hatten. Ihre Fürsorge führte so weit, dass sie die Tiere an zu kalten Tagen nicht nach draußen ließ, weil sie sich um ihre Gesundheit sorgte. Zum Fressen gab sie ihnen immer etwas Spezielles, meistens Körner vermischt mit eigens gekochten und zerdrückten Kartoffeln. Seine Mutter liebte diese Tiere. Wenn sie sie fütterte, sprach sie immer zu ihnen. Am liebsten hätte sie sie gestreichelt, aber irgendwie hat sie sich vor Tieren generell gefürchtet. Auch vor den Hühnern. Wie dann die Mutter an Alzheimer erkrankte, hat sie eines Tages plötzlich auf die Hühner vergessen. Dem Vater tropften Tränen die Wangen herunter, als er es
Georg erzählte. Mutter hat nie wieder nach einem ihrer Hühner gefragt und sie hat bis zu ihrem Tode nie wieder ein Huhn zu Gesicht bekommen.
Die Eltern bevorzugten Legehennen, aber von Zeit zu Zeit wurden Küken speziell zum Verzehr großgezogen. Sie wurden gemästet, geschlachtet und in einer der beiden Tiefkühltruhen auf Vorrat gelegt. Das Schlachten durch den Vater war dann eine richtige Hetz, aber auch eine ordentliche Sauerei. Der Vater schlug den Hühnern mit dem Hackbeil auf einem Scheitstock die Köpfe ab. Er packte sie dabei ziemlich grob an den eklig anmutenden Beinen und drückte ihre Hälse dabei derart auf den Scheitstock, dass der Kopf mit einem Hieb abgetrennt werden konnte. Nach dem Köpfen steckte er die mit ihren Flügeln heftig flatternden Hühner, denen jetzt kein Gackern mehr gelingen wollte, kopfüber – Oder soll man sagen „halsüber“? - in eine bereitstehende Blechtonne, damit das Blut, das danach aus den Hälsen schoss, nicht überall herumspritzte und damit die Nerven der Sterbenden sich dort beruhigen konnten.
Den Vater hat Georg immer mit großem Respekt betrachtet. Er war, trotz einer Kriegsbehinderung am linken Bein, sehr stark und braungebrannt. Vater hatte immer alles im Griff. Nicht nur die Hühner. Man konnte sich auf ihn verlassen. Er schien völlig angstlos zu sein. Dagegen war Georg eher nach der ängstlichen Mutter geraten. Auch ihm waren die Hühner, ob tot oder lebendig, eher etwas unheimlich. Vor allem, wenn sie ohne Kopf durch die Gegend flogen. Dann lief ihm ein Schauer über den Rücken. Er wird, vielleicht auch wegen dieser Erfahrungen, in seinem ganzen späteren Leben nie ein Tier schlachten. Das konnte er nicht. Er sah darin durchaus eine Verweichlichung, die aus der veränderten Lebenswelt, die das Hausschlachten erübrigte, entstanden war. Sollten die Menschen in seiner Gemeinde wieder einmal auf Selbstversorgung angewiesen sein, wie es eben die Familie seines Vaters einmal war, dann würde man solche Sentimentalitäten schnell wieder ablegen. Aber kehren wir zurück zu Mutters Hühnern, deren scharrendes und gackerndes Leben vom Vater gerade reihenweise beendet wurde. Manches Huhn hat sich nach dem Köpfen auf einen letzten Ausgang begeben und ist ohne Kopf durch die Luft geschwirrt. Diese letzten Ausflüge des Federviehs wurden von den Kindern immer mit gemischten Gefühlen aus Grauen und Vergnügen aufgenommen. Das waren die Höhepunkte der Schlachterei, welche immer ein unvergessliches Spektakel waren.
Ganz versessen war Georg auf Ziegenfleisch. Der Vater brachte dann und wann vom Lebensmittelladen in der Ortsmitte eine Ziege mit. In geschlachtetem Zustand natürlich. Sein Lieblingsstück war der Kopf, welcher zur damaligen Zeit noch mitgeliefert und schließlich von der Mutter auch mitgebraten wurde. Die Muskulatur der
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Backenknochen schmeckte ihm am besten und mit Vorliebe kratzte er das fettartige Gewebe aus den Augenhöhlen und das weißliche Hirn aus der Schädeldecke heraus. Der Besitzer dieses Lebensmittelladens mit angeschlossener kleiner Metzgerei hieß bezeichnenderweise Fleisch. Dass dieser Mann, der Fleisch hieß, seinem Namen auf eine sehr deutliche Art und Weise gerecht wurde, ist Georg erst viel später aufgefallen. Die Namen, die man von Kindheit an kennt, verwendet man, ohne sie zu hinterfragen.
tagtäglich an so manchen Häusern vorüber gegangen war, in denen Familien wohnten, die Fleisch hießen und deren Namen irgendwie in einem bemerkenswerten Spannungsverhältnis zu ihnen standen. Wenn er von zu Hause aufbrach und nach zirka dreihundert Metern den Bahnübergang hinter sich gebracht hatte, welcher heute gar nicht mehr existiert, kam er an einem Haus vorbei, welches auf der rechten Straßenseite stand und in dem eine Familie mit vielen Kindern wohnte, die den Namen Fleisch führte.
Er verstand diese Frau und er bewunderte sie sogar, vielleicht auch deshalb, weil sich die anderen über sie lustig machten. Trotzdem hatte er ein Problem mit der Fleischabstinenz.
Auf der anderen Straßenseite, unmittelbar gegenüber der frommen Fleischfamilie, hatte ein Herr Fleisch gewohnt, der auf eine ganz andere Weise zum Dorfgespräch wurde. Georgs Vater wusste zu erzählen, dass sich dieser Herr Fleisch seinerzeit der Fleischeslust hingab und, ungewollt, einen nicht enden wollenden Beischlaf im daneben angrenzenden Gasthof Kugel zustande gebracht habe. Dort soll er mit einer Frau Geschlechtsverkehr gehabt haben und er sei so unglücklich in die Frau eingedrungen, dass er sich nicht mehr von ihr lösen habe können. Eine schier unglaubwürdige Geschichte, aber sie soll sich tatsächlich zugetragen haben. Wie diese peinliche Situation bereinigt werden konnte, war dem Vater leider nicht mehr bekannt. Diese obskure Geschichte beschäftigte Georg noch oft, und auch die Frage, weshalb ausgerechnet in seiner Gemeinde der Familienname Fleisch so häufig vorkam, ließ ihm keine Ruhe.
Wie er dann begann über solche Übereinstimmungen und Unterschiede zwischen den Bedeutungen der Namen und den Charakteren oder Berufen ihren Trägerinnen und Trägern nachzudenken, ist ihm bewusst geworden, welche Kuriositäten das Schicksal hier zustande brachte. So hieß eine Nachbarin seines Elternhauses, eine überzeugte Vegetarierin und Tierschützerin, ausgerechnet Fleisch, Renate Fleisch. Kaum auszumalen, in welchem Zwiespalt diese Frau mit ihrem Namen lebte.
Irgendwann war das Fleisch als Lebensmittel in Ungnade gefallen. Es war nicht mehr schick, Fleisch zu essen. Man musste dabei ein schlechtes Gewissen haben. Sein Vater allerdings hatte das nicht. Etwas Ähnliches ist mit dem Zucker und dem Weißmehl passiert. Aber eben ein bisschen anders. Für den Zucker und das Weißmehl müssen ja keine Tiere sterben.
Er versuchte seinen Fleischappetit zu rechtfertigen. Wenn es keine Fleischesser gäbe, dachte er sich, würden auch die entsprechenden Tiere nicht geboren. Die Fleischesser waren es eigentlich, welche vielen Millionen Tieren das Leben ermöglichten, wenn sie schließlich auch derentwegen einen schnellen Tod erlitten und in deren Mägen und Därmen der Zersetzung anheim fielen. Der Fleischesser war in seinen Augen nicht prinzipiell das Problem, sondern nur derjenige, der Billigfleisch kaufte, und der, welcher dieses Billigfleisch auf Kosten der Tiere produzierte. Er fühlte sich als verbündeter der Tiere. Diese Vegetarierin hieß also, zu ihrem Leidwesen, Fleisch. Jäger oder Hirn, wie andere Nachbarn von Georgs Zuhause hießen, wären als Familiennamen kaum besser gewesen, aber sie tröstete sich, dass es diesbezüglich noch schlimmere Nachnamen gab, und sie dachte dabei an die Familie Fleischhacker in der Bahnstraße oder das frischverheiratete Pärchen in der Mietwohnung der Frau Scheyer, welches dem Bräutigam den derben Namen Schlachter zu verdanken hatte.
Ihm ist dann auch bewusst geworden, dass er viele Jahre, auf seinem Schulweg,
Vater Fleisch war Maurer und er und seine Frau führten nebenbei noch eine kleine Landwirtschaft, wie es auch in dieser Gemeinde bis über die Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts hinaus gang und gäbe war. Es waren eher arme Leute, und man kann sich vorstellen, dass dort nur selten Fleisch auf den Tisch kam. Zudem war es eine sehr fromme Familie und dementsprechend auch gegenüber dem Fleischlichen in einer anderen Bedeutung sehr missbilligend eingestellt, obzwar die zahlreichen Kinder vermutlich auch nicht vegetarisch zustande gekommen waren.
Wolfgang Berchtold, 52 Jahre, AHS-Lehrer für Deutsch und Sport, wohnt in Götzis
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Perforation Entstanden ist diese Serie fotografischer Arbeiten inspiriert durch einen Ring bzw. Armreifen, welcher durch eine erhöhte „Perforation“ auf der Innenseite erst nach dem Tragen den eigentlichen schmückenden Effekt zum Vorschein bringt. In der Auseinandersetzung mit dem Thema Fleisch (und Gewalt) stellt sich – in Bezug auf den menschlichen Körper – nämlich bald die Frage nach der ästhetischen Wahrnehmung von Spuren subtiler Gewalteinwirkungen, die für bestimmte Zeit ihre vergänglichen Spuren hinterlassen. Die verschwindenden Muster, welche in ihrer Vergänglichkeit fotografisch neu interpretiert werden, erinnern an Narben und Kratzer, vermitteln jedoch im gleichen Maße ein Gefühl des Gefallens und des ‚Weh-tuns’. Die Ursache für die hinterbliebenden Abdrücke bleibt unbekannt, die Wirkung ist eine Schmückende. Fotografien: Anina Rehm
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Leben und Sterben auf dem Bauernhof 54 Der Bauernjäger
Als Bauernsohn war ich mit dem Themenkreis „Tier – Mord – Fleisch“ natürlich schon sehr früh konfrontiert. Im Alter von vier Jahren hatte ich eine Lieblingskuh. Sie wurde „Gisa“ genannt und war die „Grande Dame“ in unserem Stall, denn sie gab bei weitem am meisten Milch. Außerdem war sie schon sehr alt und schlecht zu Fuß, deshalb war es die Einzige, der ich auf meinen kurzen Beinen folgen konnte, wenn die Kühe auf die Weide getrieben wurden. Ich hielt mich immer an ihrem Schwanz fest und trottete hinter ihr her, wir waren also sozusagen ein richtiges Paar. Dann kam der Moment, der wohl in der Biographie eines jeden Bauernkindes auftaucht. Lieblingskuh „Gisa“ bekam ein Kalb, welches auf meiner Zuneigungsskala natürlich umgehend den ersten Platz einnahm. Da es sich aber um ein Stierkalb handelte, dauerte es nur einige Monate, bis plötzlich mein Onkel Erich auftauchte und das Kalb mitnahm. Das Wort „Metzgerei“ fand unter zahllosen Tränen Eingang in meinen Wortschatz. Die zweite Begebenheit in diesem Zusammenhang, an die ich mich erinnere, war zwar schon etwas weniger traumatisch, trotzdem ist sie mir geblieben. Zu meiner Erstkommunion hatte mir mein Vater ein Schaf geschenkt, weil ich ihm den ganzen Winter über immer morgens vor der Schule und abends im Stall geholfen hatte, denn mein Bruder besuchte zu dieser Zeit die Landwirtschaftsschule. „Monika“, so hatte ich es getauft, lief mir überall hin nach wie ein Hund. Man kann sich vorstellen, dass ich stolz war, denn nicht jedes Kind von acht Jahren besitzt ein solches Privileg. Eines Tages jedoch kam die böse Nachricht. Mein Bruder hatte „Monika“ mit einem Strick an eine Stange gebunden, worauf sie, blöd wie Schafe nun mal sind, so oft mit dem Strick um die Stange herumging, bis dieser immer kürzer wurde und sie sich schließlich selbst erhängte. Die Bemerkung meines Bruders, dass die elende Blökerei des Schafes eh nicht auszuhalten gewesen wäre, kränkte mich aber schon sehr. Das Fell von „Monika“ wurde gegerbt und später im Falle von Rückenschmerzen eingesetzt. Dies verschaffte ihr zumindest posthume Anerkennung. Mein Bruder trieb es mit seiner Pietätlosigkeit aber noch weiter, indem er sich jedes Mal lauthals beschwerte, wenn ihr Fleisch auf den Tisch kam, es wäre zäh und fett.
Mit der Zeit lernte ich dem Thema jedoch mit einem gewissen Pragmatismus zu begegnen. Sicher eine angemessene Strategie um seinen Seelenhaushalt nicht allzu sehr zu
belasten. Im Schweinestall zum Beispiel war der Tod allgegenwärtig. Die Viecher waren auch damals schon so überzüchtet, dass man sie nur einmal kurz schräg anzusehen brauchte, und schon hatten sie einen Herzinfarkt und fielen tot um. Dann galt es, schnell zu handeln, dass heißt man musste sie abstechen, bevor sie starr wurden, damit das Fleisch noch brauchbar war. Also ruckzuck die Gurgel aufschneiden und an den Beinen aufhängen, damit sie ausbluten konnten. Das geschah im Vorraum des Schweinestalls, dort wo die Säcke mit Futtermittel von der Bruggmühle gelagert waren. Außerdem stand da noch ein altes Jauchefass aus Holz, wo die Molke, die in Jaucherohren (wir Wälder waren halt immer schon Stilikonen) von der Sennküche herunterkam, für den Verzehr bereitgehalten wurde. Mein Bruder, der in der Landwirtschaftsschule die Grundbegriffe des Metzgerhandwerks erlernt hatte, zog der Sau dann die Haut ab, nahm ihr die Gedärme raus, um sie schließlich zu zerteilen. Das war natürlich Anschauungsunterricht in Anatomie pur. Meine Mutter kochte dann immer frische Leber, ein Gericht, das ich heute noch sehr schätze. Das mag alles vielleicht ein bisschen brutal klingen, aber für uns war das sozusagen noch einmal mit einem blauen Auge davon kommen. Denn oft genug bemerkte man es nicht, wenn Schweine verendeten und dann mussten wir sie vergraben und futsch war der Gewinn für die ganze Arbeit, im Gegenteil, Minusgeschäft. Und ich kann versichern, Schweinestall ausmisten im Sommer, wenn einem die Augen tränen von dem ganzen Amoniak, ist im wahrsten Sinne des Wortes eine Sauarbeit. Da tat man natürlich schon, was man konnte. Erwähnenswert in diesem Zusammenhang auch noch die Geschichte, wo mein Vater und mein Bruder einmal eine Ladung Schweine von der Alpe in die Metzgerei fuhren. Auch immer eine heikle Angelegenheit, weil für die ausgemästeten Tiere natürlich ein Riesenstress und infolge potenzierte sich das Herzinfarktrisiko. Mein Vater immer mit dem Blick in den Anhänger, damit keines dem Schlachter von der Klinge springen konnte, indem es vorzeitig krepierte. Plötzlich legte sich doch eines hin und machte einfach keinen Mucks mehr. Das Blöde war nur, dass sie nur ein Taschenmesser dabei hatten, und deshalb war das Kehledurchschneiden eine ziemliche Murkserei. Und dann, was tun mit einem toten Schwein mitten auf der Landstrasse? Kurzerhand hängten sie es zum oben beschriebenen Zweck am Ast eines Baumes neben der Strasse auf, fuhren die andern Schweine ins Tal und kamen dann zurück um die Dekoration zu entfernen.
Bei den Schweinen kam natürlich erschwerend dazu, dass sie nur etwa ein halbes Jahr auf dem Hof verbrachten, bis sie schlachtreif waren. Da blieb keine Zeit, eine tiefere Beziehung zu ihnen aufzubauen. Außerdem waren sie so richtige Massentiere. Sie hatten ja nicht mal einen Namen, zumindest nicht mehr in der Zeit, in der ich aufwuchs. Ihr einziger Zweck war es, Fleisch zu liefern. Da braucht es einen nicht zu wundern, dass man sie ohne größere Gewissensbisse abstach. Bei den Kühen war das schon etwas anderes. Sie wurden oft mehr als fünfzehn Jahre alt, in denen man sie hegte und pflegte. Da tat einem natürlich das Herz schon weh, wenn man sie zum Metzger bringen musste. Bei besonders „guten“ Kühen, also
solchen, die besonders viel Milch gegeben und eine große Nachkommenschaft hinterlassen hatten, gab es vor dem letzten Gang meist noch einen Fototermin und das Bild kam ins Familienalbum. Mein Vater versuchte auch immer, als Erster in der Metzgerei zu sein, damit kein frisches Blut herum war, denn er dachte, sie würden auf diese Weise weniger schnallen, was ihnen bevorstand.
Bei manchen hatte man aber wirklich das Gefühl, dass sie ahnten, was auf sie zukam. Kuh „Dora“ zum Beispiel. Sie war auch zu so etwas wie einer Legende bei uns geworden. Sie war zwar sehr klein und mager und aus züchterischer Perspektive elend hässlich, gab aber immer sehr viel Milch und hatte einen überaus eigenen Charakter, wenn man die euphemistische Umschreibung dafür gebrauchen will, dass sie ein böses Luder war. Aber uns gefiel, dass sie sich trotz ihrer körperlichen Unterlegenheit durchzusetzen verstand. Als also ihre Stunde geschlagen hatte, schien sie dies instinktiv zu spüren. Bevor sie weggebracht wurde, muhte sie stundenlang so laut im Stall, dass es einem ins Mark fuhr. Wir schütteten ihr dann eine Flasche Schnaps ein, wie das in früheren Zeiten bei dieser Gelegenheit üblich gewesen war. Auf die Qualität des Fleisches dürfte das aber keinen Einfluss gehabt haben, derart alte Kühe kann man sowieso nur noch verwursten. Robert Hiller
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â&#x20AC;&#x17E;Was auf dem Fleischmarkt verkauft wird, das esst und forscht nicht nach, damit ihr das Gewissen nicht beschwert.â&#x20AC;&#x153; (1. Korintherbrief 10, 25)
Wenn sich der Geist als willig und das Fleisch als schwach proklamiert, erleben wir im Sonnenaufgang der Selbstbefleckung die zentrale Bedeutung dessen, was da meist lieblos um unsere Knochen schwabbelt: Die unabwendbare Unerlöstheit und die Abhängigkeit von Buße und Selbstzüchtigung. Spätestens beim Auslöffeln der abgestandenen BuchstabenRindssuppe vom Vortag, in der sich wie von Geisterhand plötzlich die Worte „Judas Iskariot“ und „großer Kirchenbann“ formen, blättert es nun auch dem letzten schmalgeistig geneigten Sünder wie Schuppen von den Augen: Im Anfang war das Wort, und dieses Wort wurde Fleisch. Die Fleischwerdung Die katholische Kirche ist wesentlich beteiligt am neuzeitlichen Verständnis von Fleisch und dessen Auswirkungen auf das soziale Gefüge einer ganzen Gesellschaft. Dabei wird die Begrifflichkeit mit variierenden Wertigkeiten und Bedeutungsebenen in Verbindung gebracht. Es bietet sich an, damit anzufangen, was unter Umständen auch als das zentrale Ereignis der gesamten Konfession herhalten kann: die Fleischwerdung. Diese bezieht sich auf die Geburt Jesus durch die
„Gottesgebärerin“, den lang ersehnten Anlass für eine neuzeitliche, mehr oder weniger einheitliche Zeitrechnung. Der gezeugte Bär, Gottes Sohn, begab sich also in einen Status „im Fleisch“ lat. „in carne“, daher auch der Begriff „Inkarnation“ hier inhaltlich und verständnishalber mehr Speisen romanischer Sprachen wie Chili con carne zuzuschreiben als dem esoterisch-drogenverzerrten Gedankengut der 68er rund um Hare Krishna, Buddhismus, Zen etc. Dass Chili con carne zu dieser Zeit noch nicht die gegenwärtige Popularität auf den Mittagstischen des kosmopolitischen Bildungsbürgertums besaß, mag wohl auch daran liegen, dass Jesus und die missionierenden metrosexuellen Vorläufer des Dandys des 18. Jahrhunderts an seiner Seite einem Leben gezeichnet durch den Verzicht auf Fleisch frönten. Dafür liegen zwar keine biblischen Quellen vor, laut mehrerer Organisationen, die sich der Verbreitung vegetarischen Gedankenguts verschrieben haben, wurden diese allerdings im Zuge der Übersetzungen willentlich ausgeklammert bzw. umgeschrieben. So soll der Löwenfreund Hieronymos (347 – 420), einer der Sammler und Übersetzer biblischer Texte in einem Brief an Juvenian festgehalten haben, dass sich der Mensch erst nach der Sintflut über die Vorzüge gekochten Fleisches bewusst wurde. Bezeichnenderweise lässt er sich dabei über einen anonymisierten Dritten aus („seit der Sintflut hat man uns die Fasern und stinkenden Säfte des Tierfleisches in den Mund gestopft“). Die Vertreibung Hieronymos’ aus Rom, die Exkommunizierung des überzeugten Vegetariers Leo N. Tolstoi (1901) bis hin zum katholischen Katechismus Benedikt Ratzingers: „Man darf Tiere gern haben, soll ihnen aber nicht die Liebe zuwenden, die einzig Menschen gebührt.“ bezeugen, dass bis zum heutigen Zeitpunkt ein kleinerer Interessenskonflikt zwischen den Lehren der Kirche und einer fleischlosen Ernährungsphilosophie besteht. In der Bibel des ebenfalls exkommunizierten Martin Luther (1483 – 1546; auch: Martin Luder [sic!]) finden sich Hinweise auf einen neuen Aspekt des Fleisches und die negativen Konnotationen der Begrifflichkeit: „Offenbar sind aber die Werke des Fleisches, als da sind: Ehebruch, Hurerei, Unreinigkeit, Unzucht, Abgötterei, Zauberei, Feindschaft, Hader, Neid, Zorn, Zank, Zwietracht, Rotten, Haß,
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Wusstest Du,Core dass: Model Abb. 01
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das Gebot der Keuschheit auch non-penetrativen Verkehr zweier Geschlechtspartner unter Strafe stellt?
Mord, Saufen, Fressen und dergleichen, von welchen ich euch zuvor gesagt und sage noch zuvor, dass, die solches tun, werden das Reich Gottes nicht erben.
Die Frucht aber des Geistes ist Liebe, Freude, Friede, Geduld, Freundlichkeit, Gütigkeit, Glaube, Sanftmut, Keuschheit.“ (Galater 5:19-23; Luther Bibel 1545) Die mit der Reihenfolge der Auflistung der „Werke des Fleisches“ einhergehende Gewichtung dieser lässt auf eine aufklärerisch- fortschrittliche Warnung vor dem Verhängnis diverser Geschlechtskrankheiten schließen. Dazu der Schöpfungsbericht: „Darum verlässt der Mann Vater und Mutter und bindet sich an seine Frau, und sie werden ein Fleisch.“ (Gn.2,24) Eine gehäufte Einfleischung von Mann und Frau, auch gerne mittels des Terminus „Hurerei“ umschrieben, birgt jedenfalls - wie mittlerweile allgemein bekannt - ein erhöhtes Potenzial einer möglichen Erkrankung der Haut und der Schleimhäute der Geschlechtsorgane in sich. Unter einigen der prominentesten Vertreter dieser Erkrankungen wie Gonorrhoe, Candida oder auch Trichomonaden findet sich ein ständig wiederkehrendes Symptom: „Urethritis“ vulgo „das Brennen beim Wasserlassen“. Wie vorhin mittels des Exzerptes aus der Lutherbibel bezüglich der Früchte des (heiligen) Geistes dargelegt, lässt sich vordergründig kein Zusammenhang dieses Symptoms des Brennens mit der Niederkunft des Heiligen Geistes in Form von herabfallenden Flämmlein zu Pfingsten finden. Vielmehr lässt nur der Wortstamm Wusstest Du, dass: das Gebot der Keuschheit auch non-penetrativen Verkehr zweier Geschlechtspartner unter Strafe stellt? PSP – penetrative sexual practice n-PSP – non penetrative sexual practice
PSP – penetrative sexualvon practice von „Tripper“ – also „Trippen“ im Sinne „in – non penetrative sexual Tropfen herabfallen“ - aufn-PSP eine göttliche Weipractice sung der Unzüchtigen schließen. Auch die Tatsache, dass sich ein Teil dieser Krankheiten sowohl mittels PSP als auch n-PSP verbreiten kann, verhärtet die keusch-monogame Doktrin dieser religiösen Gemeinschaft.
Wusstest Du, dass: Baumwollunterwäsche jener aus Synthetik material vorzuziehen ist, da Baumwolle aufgrund ihrer atmungsaktiven Wirkungsweise der Bakterienbildung im Schambereich vorzubeugen hilft?
Sexuelle Netzwerke Allzu leicht ließe man sich nun von der frömmelnden Auslegung der Verbreitung von Geschlechtskrankheiten in Form Wusstest Du, dass: „herabfallender Tropfendurch von dasgöttlicher Braten der Käse beim schmilzt und Fügung“ beeindrucken. Cordon-Bleu Aus soziokultudadurch dem Cordon-Bleu den typischen lassen Geschmack sich verleiht? reller Perspektive betrachtet, die epidemologischen Mechanismen der Ausbreitung gewisser Schambakterien mühelos entlarven. Eine grundsätzliche Neigung zu Homophilie - also der Tendenz Einzelner sich mit Individuen gleicher Attribute zu gruppieren - vorausgesetzt, können diese Mechanismen äu ßerst anschaulich per dreier Modelle erläutert werden. Der Einfachheit wegen soll sich hier auf die in wissenschaftlichen Kreisen gängigsten Anglizismen beschränkt werden: Wusstest Du, dass: sich südamerikanische Core Model, Inverse Core Model, BridgeIndianer zur Behandlung einer Syphilis einem Schwitzbad unterzogen, Model
welches aus einer gezielten Heißbedampfung der Genitalien bestand? von, auf den ersten
Um nun diese Aneinanderreihung Blick abstrakt wirkenden Begriffen, in einen Sinnzusammenhang überzuleiten, sollen anhand eines anschaulichen Beispiels deren Kernaussagen illustriert werden. Hierbei dient die besonders in ruralen
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Abb. 02 Inverse Core Model
Gegenden recht ausgeprägte Bildung von agglomerativen Interessenvertretungen vulgo „Vereine“ als gedanklicher Ausgangspunkt. Beginnen wir mit dem „Core Model“ sowie dem „Inverse Core Model“. Eine in ihrem Angestammten Gebiet sexuell überproWusstest Du, dass: portional aktive Gruppe – das wirGebot nennen Sie hierauch kurz der Keuschheit non-penetrativen Verkehr zweier „Verein Landjäger“ - dehnt fallweise durch einige Geschlechtspartner unter Strafe Mitglieder ihren sexuellenstellt? Einflussbereich über die PSP – penetrative sexual eigene Rotte aus. Somit überträgt sie die ihrpractice innen-PSP – non penetrative sexual wohnende Strafe Gottes (eventuell Syphillis, Krätze, practice Tripper, o.ä.) an einzelne Elemente einer anderen, weniger sexuell aktiven Gruppe bzw. Gruppen (z.B. ein Lichtspiel-Verein, ein Verein zur Erhaltung ortsüblicher Umgangsformen in linguistischer Hinsicht o.ä.). Das „Inverse Core Model“ beschreibt sinngemäß dasselbe Prinzip wie das vorhin beschriebene Model, Wusstest Du, dass: geht jedoch von dem praktisch kaum anzutreffenden Baumwollunterwäsche jener Phänomen aus, dass der sexuell überporportional aus Synthetik material vorzuaktive Verein mehreren infizierten Mitgliedern ziehen ist, da Baumwolle eines aufgrund ihrer atmungsaktiven deutlich unterlegenen Vereins (etwa einem kulturell Wirkungsweise der Bakterienbildung Schambereich vorzuzentrierten Verein aus einem der im angrenzenden beugen hilft? Reviere) zum Opfer fällt. Wesentlich wahrscheinlicher und dadurch als Bedrohungsszenario überaus ernst zu nehmen ist das sog. „Bridge Model“. Hierbei verlässt ein einzelnes Mitglied, welches seine sexuellen Bedürfnisse nach unbegrenztem Austausch körperwarmer Flüssigkeiten nicht mehr zur Gänze befriedigt sieht, den schützenden Hort des Vereins um sich, ähnlich wild herumstreunender DingoAdoleszenten, einer Zusammenrottung bibelzitierender Weibchen bzw. Männchen anzubiedern. Kehrt Wusstest Du, dass: nun dieses Männchen, bzw. die „Brücke“, nun nach durch das Braten der Käse beim vollzogenem Akt zu seiner Gruppe zurück, wird Cordon-Bleu schmilzt undauch dadurch dem Cordon-Bleu den diese von den zersetzenden Kräften einer Gonorrhoe, typischen Geschmack verleiht? Bakteriellen Vaginose, Filzläusen oder im schlimmsten Falle von Hepatitis B heimgesucht. Diese durch Körperflüssigkeiten übertragbare Krankheit führt zu schweren Leberentzündungen. Wusstest Du, dass: sich südamerikanische Indianer zur Behandlung einer Syphilis einem Schwitzbad unterzogen, welches aus einer gezielten Heißbedampfung der Genitalien bestand?
Abb. 03 Bridge Model
Führt man sich nun vor Augen, dass etwa der etymologische Ursprung von Syphilis in den altgriechischen Worten „sys“ für „Schwein“ und „philein“ für „lieben“ - also zusammengefügt „Schweine liebend“ [sic!] - zu finden ist, erscheint die Entzündung der Leber während einer Hepatitis BWusstest Erkrankung Du, dass:in völlig neuem Lichte. So verwundert diesich religiös motivierte südamerikanische Indianer zur Behandlung einer Syphilis Verwebung von Tieren bzw. tierischen Attributen mit einem Schwitzbad unterzogen, welches einer gezielten jenen der Fleischlichkeit im Sinne von aus Innereien Heißbedampfung der Genitalien immer wieder aufs Neue. Leicht bestand? ließe man sich dazu verleiten, aufwieglerisch zu argumentieren, dass als Quelle des Fleisches als Kantsches „Ding an sich“ nur das Tier gelten könne. Wird jedoch in weiterer Folge die Möglichkeit in Betracht gezogen, dass die Dinge, um nochmals Kant zu bemühen, erst durch gezieltes Eingreifen eines „Subjektes“ zum „Objekt“ werden, Wusstest Du, dass: sich bei Syphillis am Übertragungsort (meist Penis, Hodensack,Schamlippen, After und auch Mund) sich binnen drei Wochen ein schmerzloses Geschwür bildet, welches nach weiteren 2 Wochen wieder verschwindet?
fallen dem aufmerksamen Beobachter gleich mehrere Beispiele aus den Bereichen „Mensch, Natur u. Technik“ ein, welche durch den etymologischen Fleischwolf der Subjektivität gezogen wurden. So etwa der allbekannte Leberkäse. Wusstest Du, dass:
es erst durch die Erfindung der Leberkäse Kühltechnologie war möglich breiartige Fleischmasse Anders als der Namedie vermuten lässt durch Zugabe von Eis zu binden. Somit konnten erstmals enthält Leberkäse keine Leber. Speziell große Mengen von Fleisch zu einer konsistenten Massein der Leberkäse-Semmel erfreut sich verarbeitet werden. unseren Breiten enormer Beliebtheit und lässt sich durchaus als der “Kebab des alpenländischen Raums” deklarieren. Die Bezeichnung “Leberkäse” leitet sich höchstwahrscheinlich vom Wort “Laib” ab. Zur Herstellung von Leberkäse wurden die gleichen länglichen Laibformen wie für altbayrischen Bauernkäse verwendet. Sofern man ihnen Glauben schenken
59 Vélo
n-PSP – non penetrative sexual practice
Wusstest Du, dass: Baumwollunterwäsche jener aus Synthetik material vorzuziehen ist, da Baumwolle aufgrund ihrer atmungsaktiven Wirkungsweise der Bakterienbildung im Schambereich vorzubeugen hilft?
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60 Vélo
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h das Braten der Käse beim don-Bleu schmilzt und urch dem Cordon-Bleu den schen Geschmack verleiht?
Wusstest Du, dass:
sich südamerikanische darf sind die Bayern auch Erfinder des IndianerNamen vom Orden Cordon Bleu, den Ludwig XV der zur Behandlung einer Syphilis Köchin von Madame Dubarry verliehen hatte hat. Leberkäses. So geht das Eineinem Metzger Schwitzbaddes unterzogen, Besonders guten Köchen oder Gerichten wurde dann welches aus einer gezielten Kurfürsten Karl Theodor aus der pfälziHeißbedampfung der Genitalienoft scherzhaft das blaue Band verliehen. bestand? schen Linie der Wittelsbacher habe Ende des 18. Jahrhunderts als erster gehacktes Wusstest Du, dass: Schweine- und Rindfleisch in Laibfordurch das Braten der Käse beim Cordon-Bleu schmilzt und men gebacken. dadurch dem Cordon-Bleu den
Heute haftet dem Leberkäse, dem ArmeLeute-Braten, ein wenig der Geruch eines billigen und schmuddeligen Lebensmittels Du, dass: an. Durch die VerarbeitungWusstest zu Brei drängt sich bei Syphillis am sich der Verdacht des Ekelerregenden förmÜbertragungsort (meist Penis, Hodensack,Schamlippen, After lich auf. Ob auch Schlachtabfälle bei der und auch Mund) sich binnen drei Wochen ein schmerzloses Herstellung Verwendung finden lässt sich Geschwür bildet, welches nach weiteren 2 Wochen wieder aus dem Endprodukt nicht mehr erkennen. verschwindet? Der Markt reagiert auf diese Bedenken mit der vermehrten Präsenz von Markenprodukten, die die Verwendung ausgewählter Rohstoffe versprechen, in den Feinkostabteilungen. Die Werbung für diese Markenprodukte geht sogar soweit diese nicht mehr als Leberkäse zu betiteln. Wusstest Du, dass: es erst durch die Erfindung der Kühltechnologie war möglich die breiartige Fleischmasse durch Zugabe von Eis zu binden. Somit konnten erstmals große Mengen von Fleisch zu einer konsistenten Masse verarbeitet werden.
Generell ist die Kombination von Fleisch und Käse kulinarisch sehr ergiebig und auf Speisekarten in aller Welt gerne gesehen. Neben Käsekrainern und dem Schinken-Käse-Toast ist das Cordon Bleu (franz. „Blaues Band“), ein mit Käse und Schinken gefülltes paniertes Kalbsschnitzel, ein Paradebeispiel dieser äußerst fruchtbaren Kombination. Über die Namensgebung des Cordon-Bleus ranken sich viele Legenden. z.B. dass das Gericht zum ersten Mal zur Feier der schnellsten Atlantik-Überquerung der Bremen (1929 oder 1933) vom Schweizer Koch der Bremen zubereitet worden ist. Der inoffizielle Preis für die schnellste Atlantik Überquerung ist das blaue Band. Eine andere Variante ist, dass es seinen
typischen Geschmack verleiht?
Weit verbreitet ist auch eine Variante des CordonBleu mit Leberkäse an der Stelle des Kalbsschnitzels. Während alle bis jetzt genannten Speisen aus Schweine- und/oder Rindfleisch bestehen, wird vereinzelt Leberkäse auch aus den Abfällen von Pferd und/oder der Ziege hergestellt. Die besonders zwiespältige Rolle der Ziege im Fleischwerdungsprozess im metaphysischen wie physischen Sinne wird vor allem in Ihrem gelegentlichen Auftreten als so genannte „Judasziege“ deutlich. So schützt die Judasziege ihr Leben dadurch, dass Sie als des Metzgers Scherge gutgläubige Ziegen- bzw. auch Schafsherden auf direktem Wege zur Schlachtbank führt. Analog zur Passionsgeschichte Christi, in der Judas Iskariot die Identität Jesus von Nazareths mittels eines feuchten Kusses vor den Augen einer römischen Soldatenschar preisgibt, stößt dies perfide Stück Tier immer wieder aufs Neue ihr gesamtes soziales Umfeld in des Schlachters letale Hallen und löst deren verwirtschaftlichte Fleischwerdung aus. Was lernt nun der aufmerksame Beobachter aus den vorgebrachten Argumenten? 1. Fleisch und Fleischlichkeit sind wie an den Pobacken verwachsene Zwillinge. 2. Es ist keine Schande, wenn manch einem angesichts eines brutzelnden Leberkäses oder gar einer anmutigen Ziege die Fleischpeitsche in der Baumwollwäsche dick wird. 3. Eine vollständige Zirkumzension der Vorhaut schützt in keinem Fall vor Geschlechtskrankheiten. Vélo, die erste Elektro-Progrockkapelle aus dem Bregenzerwald
Vegetarier
Urchristen
Mensch
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Jesus Judasziege
Neues Testament
Inkarnation Fleisch
Judas Vegetarier
Urchristen
Tiere
Mensch
Ziege
Epidem ologische Mechanis men
Jesus Judasziege
Inkarnation
Geschlec Heiliger htskrankh Geist Bridge eiten Model Judas
Neues Testament
Fleisch Tiere
Ziege
Epidem ologische Mechanis men
htskrankh eiten
Syphillis
Schwein
Milch
Kalbfleisch
Geist
Krätze
Kuh Schwein
Core Model
Milch
Rindfleisch Leberkäse
Käse
CordonBleu Käse-
krainer
Abb. 04 meat map
Leberkäse
Pfefferonileberkäse
Schweine fleisch
Pferde-lebe rkäse
Tripper
Pferde-lebe rkäse
Chili con carne
Inverse Core Model
Core Model
Tripper
Syphillis
Rindfleisch
CordonBleu
Inverse Core Model
Krätze
Kuh Heiliger Geschlec
Kalbfleisch
Bridge Model
Chili con carne Schweine fleisch
Käse-leber käse
Käse Käsekrainer
Pfefferonileberkäse
Käse-leber käse
GEWINNE KARTEN FÜR „GUS GUS“ UND „IAMX“ IN DER POOLBAR FELDKIRCH
AUFGABE:
MALE DAS OBIGE BILD AUS INDEM DU DIE FEHLENDEN KÖRPERTEILE DES ABGEBILDETEN TIERES ERGÄNZT. KRITERIEN:
ORIGINALITÄT UND EINZIGARTIGKEIT WERDEN VOR DETAILGETREUE DARSTELLUNGEN GEREIHT. ALSO KEINE SCHEU; AUCH WENN DAS EIGENE MALVERMÖGEN ZU WÜNSCHEN ÜBRIG LÄSST. EINGEREICHTE ARBEITEN, WELCHE MIT WASSERFARBEN NACHCOLORIERT WURDEN, HABEN BESONDERS GUTE CHANCEN!
DREI MÖGLICHKEITEN DER TEILNAHME:
01
02
03
TRENNE DIE SEITE AUS DEM LANDJÄGER UND SCHICKE SIE MIT DEM KENNWORT „HUREREI U. SITTENVERFALL“
SOLLTE DIR DER POSTWEG ZU UMSTÄNDLICH SEIN, KANNST DU DEIN WERK AUCH EINSCANNEN, FOTOGRAFIEREN, ETC. UND PER ELEKTRONISCHER POST AN FOLGENDE E-MAIL DURCHSTELLEN
NATÜRLICH KANNST DU DEINEN GEWINNANTRAG AUCH GERNE IM “TRITSCH” IN EGG ABGEBEN UND DABEI NOCH EIN BIERCHEN SCHLÜRFEN
AN DAS LANDJÄGER HAUPTQUARTIER: Magazin Landjäger Loco 910, 6863 Egg, Austria
gewinnen@landjaeger.at
Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Mitarbeiter und Vereinsmitglieder des Landjägers sind von der Teilnahme ausgeschlossen. Einsendeschluss ist der
+ Poolbar verlosen.
Haflinger statt Panzer Frankreich ist nicht Weltmeister geworden, Zidane spielt nicht mehr Fussball, und ich bin immer noch nicht tätowiert. Ich glaube ein Zizou-Tattoo würde mir gut stehen, bezahlt von einem ItalienFan (gut fürs Ego), geschrieben mit einer schönen Helvetica Bold (nicht mit der Proleten-Schrift „Fraktur“). So war es geplant, so wurde es ausgemacht, aber es kam ganz anders.
Die erste Tätowierung sah ich in den Achtzigern. Ein aufgekrempeltes Hemd, ein sonnengebräunter Unterarm und auf diesem ein blau tätowierter Haflinger. Mein Vater hat sich das Tattoo in den Sechzigern zugelegt. Er war damals im Bundesherr und laut seinen Aussagen wurden an jenem Abend ein oder zwei Bier getrunken, ich tippe auf zehn bis fünfzehn Bier zuviel. Blöder- oder glücklicherweise hatte einer seiner Kameraden Nadel, Faden und ein wenig Tinte dabei. Blöder- oder glücklicherweise war er auch nicht bei der Panzerkompanie stationiert, nein es war die Haflingerkompanie. Dadurch entstand dieses Motiv. Heute bin ich mir nicht mehr ganz sicher, was wohl besser gewesen wäre - ein Panzer oder ein Haflinger am Unterarm. Als Kind war ich aber überzeugt, ein fetter Panzer wäre auf jeden Fall besser. Da es aber mit fünf recht schwierig ist, sich tätowieren zu lassen, überstand ich diese Phase in meinem Leben tätowiertechnisch unbeschadet.
Irgendwann entschlossen sich meine Freunde und ich, dass wir nun Punks werden müssen. Eigentlich war mir das aber alles nicht wirklich genehm. Weder mochte ich es, mich nicht zu waschen, noch wollte ich seltsame Farben in mein schönes Haar geben. Der Gruppendruck war aber doch zu groß, zumindest bei den Haaren. Die meisten meiner nun nicht mehr gewaschenen Freunde begannen sich selber zu tätowieren, mit derselben Methode wie es mein Vater schon dreißig Jahre vorher tat. Vom Totenkopf bis zum Anarchiezeichen war alles dabei. Bevorzugte Körperstellen waren der Oberarm, der Platz zwischen Daumen und Zeigefinger und natürlich die Finger selber. Mein Favorit – natürlich nur als Beobachter – waren die Buchstaben FUCK, verteilt auf vier Finger. Sehr radikal, wie ich damals fand. Die Tage zogen vorüber und es begann mein Studium. Bei der Aufnahmeprüfung für die Sportuni wurde ich das erste
Mal seit langer Zeit wieder auf Tattoos aufmerksam. Über hundert Männer im Schwimmbad, freien Oberkörpers, ein Drittel davon mit wunderschönen, teilweise riesigen Bildern auf ihren definierten, muskulösen Körpern. Dazwischen ich - schneeweiß, nicht tätowiert und auch nicht ganz so durchtrainiert wie meine Kollegen. Das Schwimmen war glücklicherweise nach zwei Semestern wieder abgeschlossen und somit auch der Gedanke an den optisch perfekten Mann.
Dann kam er. Er zeigte uns, wie wir auszusehen hatten. Angefangen hat er mit ein paar harmlosen Haarexperimenten, dann kamen die Fußballschuhe, die Kleidung und schließlich die Tätowierungen: David Beckham. Fast alle wollten so sein wie er. Ich natürlich nicht. Einerseits war ich ja mal Punk und daher im noch eher dagegen als dafür. Andererseits war es der Neid, der mich zu einem Becks-Gegner machte. Etwa zum selben Zeitpunkt wechselte ich wieder einmal meinen Fußballverein. Ich spielte für einen Verein im zehnten Wiener Gemeindebezirk, in einer Mannschaft mit Kollegen aus über zehn Ländern. Aber alle sahen sie aus wie Klone von dem Typen mit der dürren Freundin. Tätowieren war damals sicher ein profitables Geschäft, kaum hatte Becks ein neues Tattoo, wurde es kopiert. Die Körperstellen wurden immer extravaganter. Nach Oberarm und Rücken folgte das Genick, der Höhepunkt war aber noch nicht erreicht, der sollte zur WM 2006 passieren. Nur noch Tätowierte, wohin man schaute. Egal ob bei den Deutschen (Frings, Schweinsteiger), Italienern (Materazzi, Totti) Engländern (Rooney, Beckham) oder bei den Spaniern (Ramos, Villa). Als letzte Bastion fiel der Unterarm und da die Innenseite. Liebesgeständnisse, Botschaften, politische Meinungen – alles war vertreten und auch für mich, so dachte ich, war die Zeit gekommen: Eine Tätowierung musste her! Ich war aber immer noch Student, hatte immer noch kein Geld und daher ist mein Körper nach wie vor unbefleckt.
So verbringe ich mein Leben weiter untätowiert, aber mal schauen was die EM 2008 so bringt. Allerdings ist Zidane nicht mehr dabei. Vielleicht werde ich ein Patriot. Ivanschitz ist wohl zu lang, aber vielleicht Haas, mal schauen. Martin Fetz, Präsident des FC Vorarlberg, unterstützt die Ansiedelung von Wölfen im Bregenzerwald.
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Vom Fl端gelschlag des Schmetterlings Daniela Egger, lebt und arbeitet in Bregenz www.miromente.at
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„ ... und dann ist Roxanne ü mich hereingebrochen wie e Von der Kunst pornografische Geschic 66
Wollen wir wirklich von fleischlicher Lust lesen anstatt sie zu erleben? „Eher nicht“, hören wir die jugendlichen und gut aussehenden Pärchen aus dem („zu dir oder zu mir?“ fahrenden) Taxi rufen. „Vielleicht“, stottert hingegen der altersschwache und verrückte Einsiedler, und wir wissen, er meint „un-be-dingt!“.
Natürlich – wir wollen nicht alles lesen. Aber schon gar nicht wollen wir gar nichts lesen. Und während uns der Abend des verrückten Einsiedlers „eher nicht“ interessiert, stottern wir zur Geschichte des gut aussehenden Paares ein „Vielleicht“ und meinen „un-be-dingt!!“. Denn Pornogeschichten an sich sind nicht das Problem. Nur die schlecht geschriebenen – die allerdings sind uns ein Gräuel. Dabei sind lediglich einige wenige Regeln zu Figuren, Setting und Sprache zu berücksichtigen.
1. Figuren, oder: Jack klingt geiler als Hans. Moralische Grundsätze? Nein, danke. Ein dunkles Geheimnis? Warum nicht. Amerikanische Namen? Auf jeden Fall. Schließlich waren die meisten Ihrer LeserInnen schon intim mit Markus, Thomas, Melanie,; Georg, Syilvi, Stefanie. Welch andere Wirkung erzielt man mit Roxanne, Jack und Betty! Denn Exotik fängt beim Namen an, beim Beruf jedoch hört sie wieder auf: Mag sein, dass der Innungsmeister oder der Meteorologe das aufregendste Sexualleben von uns allen führt, doch will das niemand lesen -– nicht einmal der Meteoreloge oder der Innungsmeister selbst. Was aber wollen wir lesen? Unser Vorschlag: Chantall, Austauschstudentin, kommt vielleicht aus Südfrankreich, ist eher nicht älter als dreiundzwanzig und trägt auf gar keinen Fall jemals Unterwäsche. Chantall wird weniger umworben, als vielmehr erobert; doch zum Glück weiß Stew nichts von Bob und Bob nichts von Frank und alle drei (noch!) nichts von Jenny, der lauten Südamerikanerin, mit der sich Chantall gerne im Stiegenhaus (scheinbar! unbeobachtet) vergnügt.
2. Setting, oder: wieso Krankenhäuser sexy sind. Der Arzt und die Krankenschwester, der Patient und die Krankenschwester, die Krankenschwester und die Krankenschwester – kein Setting ist sexuell so aufgeladen wie das Krankenhaus. Nirgendwo sonst haben die Frauen kürzere Röcke und die Männer leidenschaftlicheren Bereitschaftsdienst. Doch – Hand auf´s Herz – hat irgendwer, irgendwann, irgendeine auch nur annähernd sexuelle Erfahrung in einem Krankenhaus gemacht? Wir verneinen das im Stillen und wundern uns so lange über Krankenhaus(!)-, Nachhilfe(!!)- und Toiletten(!!!)sex, bis wir endlich unsere Verwunderung mit sexueller Erregung verwechselt haben. Dann allerdings ist jedes Setting (außer vielleicht ein Meteorologenkongress!) zwar grundsätzlich möglich, deswegen aber noch lange nicht für die Bedürfnisse aller gleich gut geeignet. Denn während die Geschichte des schüchternen und unerfahrenen Informatikstudenten Marc, der schon bald merkt, dass auf dem Hof der reschen Bayrin Roxanne nicht nur die Kühe gemolken werden, beim Leser animalische Triebe weckt, verspricht die Geschichte vom Trucker und der Anhalterin Highwayromantik mit Hardcorefucktor. (Seien Sie kreativ und scheuen Sie sich nicht, derlei Wortspiele zum Besten zu geben. Gekonnt eingebaut, verleihen sie der Geschichte bestechenden Charme.)
3. Sprache, oder: Oh! mein! Gott! Ein heikles, wenn nicht gar das heikelste Feld überhaupt ist das der sprachlichen Gestaltung. Für das Niveau gilt auch hier: die Latte ist unter der Gürtellinie. Nur was einem die Schamesröte ins Gesicht treibt, füllt den Text mit Leben. Deshalb: lassen sie ihren Klempner witzig aber direkt sein: „Wo soll ich denn hier ein Rohr verlegen?“ oder, gewagter, aber besser: „Welches Rohr soll denn hier wieder mal richtig durchgeputzt werden?“ Ebenso gut: der Golflehrer, der mit seinem 18er Eisen einlocht, der Elektriker, der mit seinem Starkstromkabel für Kurzschlüsse sorgt oder der Philosophieprofessor, der seinen materiellen Unterbau hineinzureden vermag -– wer die feine Klinge derart elegant zu führen weiß, dem ist Applaus und Beifall sicher. Verliert ihre Geschichte an Dynamik und Esprit,
ber ine Naturgewalt.“ hten zu schreiben kann ein gelungener Dialog wieder für Spritzigkeit sorgen. Immer und an jeder Stelle passt dabei „Mmmhhh!“, „Oh jaa!“, „Ah Jajajajajajajaaaa!!“. Schlechte Dialoge hingegen bringen die Geschichte vollends zum Erliegen. Vermeiden Sie deshalb Sätze wie „Bin schon fertig.“, „Ich kann nicht.“, oder „Aber ich kenn dich doch noch viel zu wenig.“ Das kommt Ihnen alles zu festgefahren vor? Sie wollen mal eine neue Form ausprobieren? Vielleicht einen Porno in Reimen…
Was Boris still am Strome keuchte war, dass er Kondome bräuchte. Denn als er da lag mit Doris entblößte sie die Klitoris so dass sie auf ihm ritt! Boris hat den ungeschützten Ritt nicht in Erwägung gezogen und prompt sah er sich um die Erregung betrogen. Wir jedenfalls können das nicht.
Also doch wieder „Röhre putzen“? Oder ist Ihnen die Sprache da zu grob, der Inhalt zu direkt? Sie finden, über fleischliche Lust kann ebenso gut jugendfrei geschrieben werden? Eine interessante Aufgabe, keine Frage – allerdings durch und durch hoffnungslos: „Sie saßen am Strand, das Wasser umspielte seidig ihre nackten Füße, als seine Hände die ihren berührten. Ihre Blicke trafen sich und sie beide wussten, dass es heute Nnacht passieren würde. Die Sonne war gerade aufgegangen, sie blinzelte schlaftrunken in die Weite und dachte bei sich, welch wundersames Ereignis doch die Liebe sei...“
Das kann nicht funktionieren! Das kann niemand lesen wollen! Denn was nicht in die Hose geht, geht in die Hose. Darum: bleiben Sie bei den bewährten Formen. Lassen Sie den Milchmann auch weiterhin just in dem Moment läuten, da der Ehegatte zu einem Geschäftsmeeting das Haus verlassen hat; lassen sie die bis dahin unschuldige und pflichtbewusste Hausfrau auch weiterhin Tür und Schoß und nicht Tür und Herz öffnen; und lassen Sie den Porno doch in Gottes Namen so wie er nun einmal gehört: Laut und billig! Michaela
Johannes
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Fleischlicher Ă&#x153;berbau Bilder: Tiziana Condito
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Die Verächter 74
Der Vegetarismus beruht nahezu gänzlich auf irrationalen Vorstellungen, Mythen und Märchen. Es ist zwar möglich, sich ausschließlich vegetarisch oder sogar vegan zu ernähren (zumindest als Erwachsener; ein Säugling in Atlanta hat im April dieses Jahres den Versuch seiner veganen Eltern, ihn mit Sojamilch und Apfelsaft aufzuziehen, nicht überlebt), es bringt aber physiologisch keine Vorteile.
Tierische Proteine stehen dem menschlichen Stoffwechsel chemisch näher als pflanzliche, über die Vitamin B12-Versorgung braucht man sich bei Fleischverzehr keine Gedanken zu machen, und die in Illustriertenannoncen gern zitierten Phänomene der „Versäuerung“ und „Verschlackung“ durch Fleischgenuss sind der seriösen Medizin unbekannt. Psychologisch und psychosomatisch mag das Vegetariertum durchaus individuell positiv wirken; auch gibt es zweifellos unterschiedliche Ernährungstypen, auch wenn diese vielleicht nicht mit Tierkreiszeichen, Blutgruppen oder HildegardMedizin korrelieren. Der Vegetarismus der Buddhisten geht auf die Wiedergeburtslehre zurück. Man möchte nicht seine Vorfahren essen. Wer aber ein Spanferkel nicht verdächtigt, vielleicht einmal der eigene Großvater gewesen zu sein, kann durchaus zugreifen. Ein interessantes Detail am Rande ist die frühe Produktion von Kunstfleisch wie „Mock Duck“ (wie Entenfleisch und –haut aussehendes Seitan) für die Mönche: Warum solche Imitationen, wenn man doch gar kein Interesse an Fleisch hatte?
Eine allgemeine „Heiligkeit des Lebens“ ist
auch kein wirklich gutes Argument, denn die Pflanzen leben schließlich auch – sie bewegen sich nur viel langsamer und geben keine Geräusche von sich, wenn sie verstümmelt, zerrissen oder zerschnitten werden, und sie bluten nicht (wobei das Blut seit dem 6. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung als Sitz der Lebenskraft gilt: „Denn das Leben aller Wesen aus Fleisch ist das Blut, das darin ist. Ich habe zu den Israeliten gesagt: Das Blut irgendeines Wesens aus Fleisch dürft ihr nicht genießen, denn das Leben aller Wesen aus Fleisch ist ihr Blut. Jeder, der es genießt, soll ausgemerzt werden.“ Lev. 17, 14). Es gibt allerdings Pflanzenteile, die sozusagen ausdrücklich zu fremdem Genuss bestimmt sind, zum Zwecke der Vertragung von Samen nämlich – aber eine Versorgung von 6 Milliarden Menschen ausschließlich durch Früchte, Nüsse usw. ist eine absurde Vorstellung. Als die Menschheit noch aus nomadisierenden Kleingruppen bestand, lebte sie gewiss nicht vegetarisch, sondern verzehrte Insekten und deren Larven und tötete bekanntlich auch wesentlich größere Tiere bis hin zum Mammut. Da es bei den heutigen angeblich Ernährungsbewussten alle erdenklichen Varianten gibt, existiert auch eine auf fast ausschließlichem Fleischverzehr beruhende „Steinzeit-Diät“. Noch einmal zu den Religionen: Judentum und Islam sind bekannt für ihre dezidierten Vorschriften über den Verzehr von Fleisch – sie verbieten zwar das eine, empfehlen damit aber teils ausdrücklich, teils automatisch das andere. Im Christentum hat zwar Jesus beim Letzten Abendmahl keine Hühnerflügel verteilt, sondern das Brot gebrochen, aber zumindest das Fischwunder zeigte, dass er jedenfalls nicht meinte, andere müssten vegetarisch leben. Bei diesen Geschichten geht es ohnehin um den kerygmatischen Jesus, über die Essensgewohnheiten des historischen (sofern es ihn gegeben hat, was keineswegs so gesichert ist, wie viele Christen offenbar wieder glauben) wissen wir ja tatsächlich gar nichts, als charismatischer Wanderprediger verzehrte er vermutlich, was ihm von seinen Gastgebern vorgesetzt wurde, und naschte unterwegs als Zwischenmahlzeit ein paar Wüstengrillen.
Paulus ersetzt im Römerbrief rigide Speisevorschriften durch variable Anstandsregeln: „Der eine glaubt, alles essen zu dür-
fen, der Schwache aber isst kein Fleisch. Wer Fleisch isst, verachte den nicht, der es nicht isst; wer kein Fleisch isst, richte den nicht, der es isst. (...) Auf Jesus, unseren Herrn, gründet sich meine feste Überzeugung, dass an sich nichts unrein ist; unrein ist es nur für den, der es als unrein betrachtet. Wenn wegen einer Speise, die du isst, dein Bruder verwirrt und betrübt wird, dann handelst du nicht mehr nach dem Gebot der Liebe. (...) Alle Dinge sind rein, schlecht ist es jedoch, wenn ein Mensch durch sein Essen dem Bruder Anstoß gibt. Es ist nicht gut, Fleisch zu essen oder Wein zu trinken oder sonst etwas zu tun, wenn dein Bruder daran Anstoß nimmt.“ Die Liste der Autoren, die in den Jahrhunderten seither über das dem Fleischverzehr zwangsläufig vorangehende Töten von Tieren und dessen moralische Einschätzung nachgedacht haben, ist lang und umfasst Philosophen ebenso wie Theologen, Völkerkundler und Schriftsteller. Sie gehen aber bis zur Revolution der Biologie in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts von Vorstellungen aus, die für uns nur noch von historischem Interesse sind.
Thomas von Aquin hat sich nicht nur recht ausführliche Gedanken darüber gemacht, ob Adam im Paradies Stuhlgang hatte und was Gott sich gegen die angebliche Unziemlichkeit dieses Vorgangs einfallen hatte lassen, sondern auch darüber, wie das Fleisch des Menschen – gemeint war sein gesamter Körper – das Fleisch der verzehrten Tiere „assimiliert“, also sich anverwandelt. Die Lösung des Problems findet der doctor angelicus in der Ofenmetapher seiner Zeit für den Stoffwechsel: „Wenn jedoch beim allmählichen Verbrennen des einen Holzstückes ein anderes an seine Stelle gelegt wird und so fort, bis die ersten alle verbrannt sind, so bleibt dies immer ein und dasselbe Feuer, weil das, was neu hinzukommt, immer in das übergeht, was schon vorhanden war. Ähnlich muss man es von den belebten Körpern verstehen, in denen durch Nahrung das ergänzt wird, was durch die
Naturwärme verbrennt.“
Auch wenn die Körper-als-Ofen-Metapher immer noch als Untote in Gestalt von Kalorientabellen durch unsere von der Sonne der Aufklärung beschienenen Tage wankt, so wissen wir doch mittlerweile, dass der Stoffwechsel kein solcher Verbrennungsvorgang ist, ebenso wie die totemistische Vorstellung, durch den Fleischverzehr übertrügen sich Eigenschaften des geschlachteten Tieres (und seien es nur die, dass Schweinefleischesser allmählich wie Schweine aussähen oder dass der für Blut gehaltene Fleischsaft im Rindersteak Potenz verkörpert und deshalb auch fördert) längst ausgedient haben sollte, aber zumindest in verdünnter Form im Volksglauben durchaus virulent ist. Nietzsche schrieb übrigens, Jahre bevor er weinend einen Droschkengaul umarmte: „Der Canon, den die Erfahrung auf diesem Gebiete giebt, ist der: geistig productive und gemüthlich intensive Naturen müssen Fleisch haben. Die andre Lebensweise bleibe den Bäckern und Bauern, die nichts als Verdauungsmaschinen sind.“ Kurt Bracharz
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Vom Fleisch und dem durchschnittlichen Geschmack (Eine kulinarische Betrachtung)
76 Fleischstimmen
Einhundertachtzig Gramm Fleisch pro Portion sind für ein Gericht essentiell. Natürlich und immer handelt es sich dabei um den Mittelpunkt einer jeden Komposition. Der Randbereich des Tellers wird dabei vom farblich dazupassenden Gemüse belegt. Unter dem Fleischteil befinden sich vorzugsweise hausgemachte Nüdele. Kartoffelgratin, Kartoffelkroketten und Kartoffelrösti sind als Beigabe ebenfalls sehr beliebt. An Fleischsorten stehen im Wesentlichen größere und kleinere Paarhufer zur Verfügung. Die geschmacklich wie inhaltstofflichen Unterschiede halten sich durchwegs in Grenzen. An Fleischteilen fällt eigentlich das gesamte Tier abzüglich Fell, Knochen und einiger Weichteile an. Im Zyklus von ungefähr fünfzig Jahren wird die Auswahl in etwa halbiert. Das heißt im Jahr 2150 besteht das Angebot aus Kotelett, Rücken oder Filet. Die Gründe hierfür erfragen sie bitte bei AMA-Gütesiegel.
Seit Auguste Escoffier mühen sich Generationen von Köchen damit ab, den nicht existierenden geschmacklichen Unterschied der verschiedenen Fleischteile herauszuarbeiten. Was dabei herauskommt sind hunderte sehr kreative Gerichte der immer gleichen Geschmacksrichtung. Fleischgeschmack halt – schmeckt gut weil regt die Geschmacksknospen an die mit dem Gefühl Befriedigung gekoppelt sind. Dieselben Geschmacksknospen springen beim Genuss von Muttermilch an. Also irgendwie Kindergeschmack. Auf der kulinarischen Entwicklungsleiter ganz unten. Was jenseits des Tellerrandes eine Existenz als „Ziergemüse“ fristet, wäre dabei ein wahrhaft lukullisches Erlebnis. Notwendig ist allerdings die Entwicklung eines kulinarischen Verständnisses des individuellen Geschmacks. Natürlich irrt, wer glaubt, statt Fleisch müsste Hirse und Buchweizen auf den Teller. Ist diese Stufe erst erreicht, kann im weiteren Verlauf die Wirkstoffliche Interaktion der Lebensmittel mit der menschlichen Emotion auseinandergesetzt werden.
Aber machen sie sich vorerst keine Sorgen, am Openair Kino gibt’s Cevapcici mit Pommes und Ketchup. Daniel Reidl, kommt aus Egg, kocht und studiert in Wien.
Von: “Dr. Jos Wüstner - Ihr Arzt für Allgemeinmedizin” Datum: 15. Mai 2007 18:41:29 GMT+02:00 An: Martin Fetz <fetz@gmx.at> Betreff: Re: Landjäger 03- zuhanden Dr. Jos Wüstner Hallo ! Klarerweise habe ich Eure Zeitung voller Stolz über die Wälder Intellektuellen gelesen ! zum Fleisch !
Fleisch ist für mich als Metzgerssohn geboren , mit bis zu 4 Fleischmahlzeiten pro Tag großgeworden und später zum Doktor der Heilkunde avanciert das zentrale Thema oder Motto meines Lebens.Fleischentzug (kirchlich gebotene Fasttage,Internatskost) hatte immer schwere körperliche(Knochenb rüche,Haarausfall)und seelische(allgemeine Lustlosigkeit,Lernschwierigkeiten,spät er wahnhafte Steigerung chirurgischer Aktivitäten)Probleme zur Folge.Fleisch ist mein Gemüse,Vegetarier und Veganer sind für mich Leute.die meinem Essen das Essen stehlen .Ich bevorzuge aussschließlich Fleisch und Fleischprodukte klassicher Schlachttiere,deren Werdegang zu Fleisch ich als voyeuristisches Kind zuhause mitverfolgen konnte.Genuß von freilaufendem Wild,klassischen Haustieren und Federvieh lehne ich ab,Puten als Inbegriff extremer carnitiver Degeneration hasse ich geradezu ! Auch bei den Frauen gefielen mir nie die dürren oder fetten ,sondern die leicht durchzogenen fleischigen.Mit einem nicht nur diesbezüglichen Prachtexemplar bin ich seit 34 Jahren verheiratet.Als Tochter eines Hörnl-u.Körndlbauers zwar meine Fleischeslust nicht umfassend teilend, schafft sie es doch,u.a.u.v.a.auch mit herrlichen Braten, Schüblingsalaten,Brat-u.Leberwürsten etc. etc.immer wieder , mich bei Laune zu halten und jegliche Dissonanz auf diese Art im Keime zu ersticken.
meatless is hopeless ! Viele Grüße Jos Dr. Jos Wüstner, Arzt und Bader in Schoppernau
Nichts für Vegetarier Stimmt so nicht – bei dem Fleisch. Mens sane in corpore sane. Sagte Juvenal schön dereinst – und bietet heute noch Nahrung für ein ganzes Magazin. Denn das will sich nicht begnügen mit Porträts im herkömmlichen (Schreib)stil. Sondern liefert die Auseinandersetzung mit dem ganzen Menschen, aus Fleisch und Blut. Der kann sich, selbst im Fleisch porträtiert, umgekehrt auch darin verwirklichen, sich im Fleische seines Angesichtes spiegeln. Im übrigen steckt auch viel Herzblut in dem Fleisch. Und die Idee, wie modernen gesellschaftsrelevanter Journalismus aussehen kann, wenn kein Großverlag dahinter steht, der einzig auf die Rendite, also die Verwurschtung vom Fleisch schaut. Denn wer will schon die Salami essen, von dem Pferd, auf dem er gesund und fidel gesessen hat, als er an der Fleischerei vorbei ritt? Sigrit Fleisz, 1972igerin. Lebt und schreibt in Wien www.fleisch-magazin.at
Wie viele andere Leute auch, wurde auch ich geboren. Schon früh unterschied ich mich von den anderen Kindern. Ich wusste immer, dass ich anders war. Schon als ich die lebenswichtigen Nährstoffe aus meiner Mutter saugte und damit die erbärmliche, nutzlose Frau aus ihr machte, die sie heute ist – schon damals fühlte ich, dass ich mit Karotten und Erbsen mehr gemeinsam hatte, als mit andern Kindern. Und umso mehr ich von der Gesellschaft gemieden wurde, desto mehr bevorzugte ich es, mich in der Gegenwart von Gemüse aufzuhalten. Erst durch mein zunehmendes Alter habe ich gelernt, mein Dasein als Vegetarier zu akzeptieren. Mittlerweile bin ich stolz darauf. Stolz und ängstlich. Die Welt wird von Fleischfressern bewohnt. Diese ekelerregenden Kreaturen können dabei beobachtet werden, wie sie die Aase von unseren Autobahnen lecken, wie sie verrottende Tiere fressen, um damit ihre kaum stillbare Lust nach menschlichem Fleisch zumindest kurzzeitig zu befriedigen. In jedem Stadtzentrum der Welt können diese Karnivore beobachtet werden, wie sie “Döner Kebaps” verschlingen – Scheiben von kleinen Schäflein in einer Sauce, die wie deren frisch entnommenes Hirn aussieht. Aus Versehenen aß ich einmal Fleisch. Zwölf Stunden später wurde ich schwer verwundet in einem Graben gefunden. Später fand man Überreste mehrerer Murmeltiere, die ich wohl bei lebendigem Leibe verspeist haben musste. Seither kann ich einen Menschen nicht mehr in derselben Weise anschauen wie früher, ohne sofort zu sabbern anzufangen. Ja, ich bin stolz, ein Vegetarier zu sein. Es ist nicht verwerflich, sondern nur menschlich. Wer nicht Biologie studiert hat, weiß das vielleicht gar nicht: Fleischfresser haben genetisch mehr mit Dinosauriern gemeinsam als mit Menschen. Sie mögen aussehen wie Menschen, aber wenn man in ihre Augen blickt sieht man, dass sie keine Seele haben. Es ist, als würde man in die Augen einer Kuh schauen. Als Vegetarier führt man ein gutes Leben. Gut, ich habe gerade noch genug Energie um zu gehen. Ich muss mich eben darauf verlassen, dass andere mir dabei behilflich sind, Türen oder Bierdosen zu öffnen. Aber ich kann schon überleben und mich auch fortpflanzen, ohne ein totes oder sterbendes Tier in den Mund zu nehmen. Neil Squires, Litauens führender Kopiergerätemechaniker.
der landjäger der ländjäger ist eine der ältesten wurtstsorten durch sachliche auswahl von rohmaterial (2/3 rindfleisch, 1/3 schweinefleisch, gewürzen und zutaten) wird vom metzger der deftig-würzige, harte, viereckige landjäger erzeugt. nach der lagerung geräuchert und getrocknet bis er billig verkauft wird. metzgers künste und der landjäger metzgerei peter greber, loco 688, 6863 egg
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werken zwischen gut und [schl]echt
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der inhalt des nachfolgenden textes entstammt konkreten interviews mit architekten, meist in personalunion als projektoder bauleiter auf baustellen unterwegs. originalzitate sind im text jeweils kursiv gesetzt. ihre aussagen geben neben atmospärischen einblicken verschiedenste einflussfaktoren des herstellungsprozesses preis; stichworte bauzeit und kostenkontrolle, erfüllung der normen und technischen richtlinien, arbeitnehmerschutzkontrolle, sicherheits- und gefahrenplan um nur weniges zu nennen. wer soll sich da noch auskennen? weder handwerker noch architekt? in summe wissen alle etwas, das ein ganzes ergeben könnte, doch selten reibungslos tut.
vorab und mitten hinein: es geht um spreu und weizen, um handwerker am bau in der region und nur ein wenig um die außerhalb. das bild ist ein differenziertes. da gibt es die „9 to 5 arbeiter“ und die, die vor lauter fleiß ihre beziehung aufs spiel setzen. andere wiederum finden zeit, zumindest am wochenende ihre frau zum essen auszuführen oder eine kulturveranstaltung zu besuchen. dritte versuchen mit ihren oberarmen den wert ihrer arbeit ins richtige licht zu stellen, manchmal zu recht, oft aber dem ruf des handwerks schadend. spitzbohrmaschine oder motorsägen am bau sind selten der ausdruck für eine gelungene arbeitsvorbereitung. Eher sind sie indiz, dass der kopf bei der arbeit keine wichtige rolle spielt, nicht anders im täglichen leben. eine verallgemeinerung daraus zu machen und schnell schlüsse aus diesen aussagen von kollegen zu ziehen, ist aber nicht angebracht. die handwerker im bregenzerwald schneiden prinzipiell positiv ab, soviel vorweg. das niveau nach unten offen ist wie anderswo anzutreffen, insbesondere, wenn den tagtäglichen scherereien am bau auf den grund gegangen wird. da gibt es also die guten handwerker im wörtlichen sinn (im folgenden text die „guten h“ genannt) und die [schl]echten handwerker (im folgenden text die “echten h” genannt). das attribut „echt“ verdanken diese ihrem auftreten auf baustellen und in wirtshäusern. die „echten h“ legen eine haltung ... an den tag, wo sie ... das, was sie selber tun, mehr wert sein lassen wollen, als es schlussendlich ist. diese aussage eines kollegen macht stutzig. sie haben offensichtlich ihr eigenes gespür für das handwerkliche und die tagesthemen gleichermaßen entwickelt, haben für alle probleme einfache lösungen parat, selbst für arbeiten und belange, die sie gar nicht betreffen. andere lösungsmöglichkeiten sind trotz der fülle an argumenten nicht ihre sache. gedankliche flexibilität, waum auch. sie vergessen die abwegigkeit ihrer sichtweise und berufen sich auf das, was sie seit jahrzehnten selbstbewusst „richtig“ machen. ihrer politischen haltung bleiben sie entsprechend lebenslang treu. der „echte h“ kennt seine aufgaben und verpflichtungen gegenüber dem kunden gut, gegenüber sich selbst jedenfalls am aller besten. das weiß er auch zu vertreten, fachintern und in fragen zur gesellschaft gleichermaßen, unüberhörbar, je größer sein bewunderndes publikum. nicht selten sind sie angesehen und wirtschaftlich erfolgreich. das ist nicht weiter tragisch, denn da sind ja noch die „guten h“, die einen stolz und eine bindung mit ihrer arbeit erkennen lassen. sogar von gaude am vollbrachten werk ist da die rede. er kennt die grenzen seines handelns und denkens grundsätzlich, mischt sich ein, wo er glaubt, es zu dürfen oder im rahmen von empfehlungen oder seiner hinweispflicht zu müssen. sie sind zumeist akribisch veranlagt und versuchen mit hohem persönlichem aufwand den forderungen eine reale entspre-
chung entgegen zu setzen. idealerweise bringen sie es zu stande, die ihnen entgegengebrachten ansprüche sogar zu überbieten. kosten und zeit sind allerdings erbitterte gegner und trotzdem bleiben sie kooperativ. bei viel ambition misslingt das eine oder andere, insbesondere da sie sich auf experimente einlassen. die gewohnheit im tun ist ihnen zu wenig, sie brauchen die herausforderung, insbesonder die jungen. dabei sind es nicht nur die chefs sondern auch die, die letztlich die dinge in der „hand haben“, lehrlinge, gesellen und vorarbeiter. die größe der handwerksbetriebe wirkt leider nicht selten negativ auf die motivation einzelner mitarbeiter; da gibt es mitläufer und durchschnitt. die motivierten chefs meist kleiner, feiner betriebe, die sich anderweitig weiterbilden denn nur stoisch mit der kabelzange in der hand, bringen bewegung in die köpfe innerhalb und außerhalb der betriebe … klar geht es überall vorwärts und rückwärts. bei allem lob für die handwerker durch die interviewten, die lage spitzt sich zu, wenn es um konkrete erlebnisse im zusammenhang mit kommunikation, kosten und qualität geht. der gesetzgeber hat entsprechend reagiert und mechanismen für eine gezielte lenkung der konflikte eingeführt: vertragsnormen, regelungen zu mängeln, haftrücklass und gewährleistungsverpflichtungen und vieles mehr. offensichtlich gilt es zu regeln, wo es die handschlagqualität und das verantwortungsbewusstsein nicht gibt. juristen spielen am bau eine immer wichtigere rolle. zunehmend spitzfindiger bis gemein werden textierungen in der auftragsvergabe. die handwerker reagieren entsprechend ihrem höheren detailwissen mit teilweise problematisch bis fadenscheinigen argumenten gegen sonderlösungen. das kommt schon vor ... wenn du verarscht wirst, dann wehrst du dich halt. wirklich flexibel und ideenreich sind beide typen von handwerker eher nicht. die „guten“ und die „echten h“ reagieren, ins handwerkliche eck gedrängt, „bockig“, ausnahmen und aufnahmebereitschaft bei entsprechender überzeugungsarbeit nicht ausgeschlossen, insbesondere wenn man sie in ihrem stolz fordert. von machtspielen der handwerkern ist die rede, wie sich zeigt. mein zugang zu den handwerkern ist ein sehr individueller, fast zu sehr ... ich verliere meine autorität, die letzte konsequenz. [hinsichtlich der korrekten, qualitativ hochwertigen ausführung] kann ich nicht mehr fordern. das harmoniebedürfnis steht nicht selten vor der großen konfrontation. offensichtlich liegt spannung in der luft. beim ersten aufeinandertreffen auf der baustelle fast immer, außer man kennt sich von anderen projekten. einzelne architekten sind bereit, in vorauseilendem gehorsam bei gewissen handwerkern nachsicht walten zu lassen und relativieren die ansprüche in anbetracht der präsenz eines mehr oder weniger willigen gegenüber. das geht so weit, dass ich sie nicht zu architektonischem wahnsinn
motivieren will. ich habe mit handwerkern sozialen kontakt, den man nicht so leicht auf’s spiel setzt. das ist eine haltungsfrage, die in architekturkreisen für sich selbst wellen schlägt. sie ist unabhängig von gestalterischen zielsetzungen, falsch und richtig gleichzeitig, wie sich an den aussagen der kollegen zeigt. die handwerker haben ihre eigenen tricks, wenn es ihnen wirtschaftlich an den kragen geht: wird eine lösung zu arbeitsintensiv oder fordert ihnen über die finanziellen maße handwerkliche raffinessen ab, werden regelungslücken im auftrag gesucht und mehrforderungen in rechnung gestellt. die falle, in die handwerker bewusst oder unbewusst tappen, ist eine marktimmanente. sie müssen im preis- und qualitätswettbewerb überleben. entsprechend wird es mit dem niveau der handwerklichen ausführung wettgemacht, wenn die arbeitszeit und die kostenintensität einer lösung falsch eingeschätzt wurde. da wird man vom handwerker verseckelt. offen gesagt, das passiert auf beiden seiten. einmal durch tückische ausschreibungen durch die architekten. auf der gegenseite über rhetorische ausweichversuche oder überzogene abrechnungen durch die handwerker, trotz vereinbarter preise für eine vermeintlich klar umrissene leistung. schließlich wittern sie ihre chancen für eine nachträgliche aufbesserung des salärs bereits bei der abgabe ihres angebotes. selbst dafür haben die interviewten verständnis, die bauherren leider nie. spricht man also über handwerklich anspruchsvolle ausführung bei einem konkreten projekt, liegt der laie mit seinem urteil fast immer falsch. wie soll er ohne einblick in den überlebenskampf der firmen und die verquickung von rechtlichen drangsalierungen und vertraglichen verpflichtungen im rahmen der guten sitten unterscheiden. da werden debatten über preise und kostenüberschreitungen am bau müßig, solche an den wirtshaustischen generell überflüssig. was ist, wenn die interviewten und architekten nicht zufrieden sind mit der handwerklichen lösung. ich lasse es abreißen, sind sich alle einig. schweren herzens und mit vielen gewissensbissen, zumindest bei den interviewten. manchmal nur, wenn der bauherr auch dahinter steht und erkannt hat, dass das, was da dargeboten wird, jenseits aller vereinbarungen und erwartungen eines mit hausverstand gesegneten menschen liegt. ich glaube, dass es fast auf jeder baustelle ein oder zwei gibt, denen du in den arsch treten könntest. spannung pur also doch, streitigkeiten bis vor gericht vorprogrammiert. schließlich der hinweis auf verträge, normen und regelungen, die beide seiten in schranken halten. da wird das bauen schließlich eine ganz persönliche und leider ab und zu intime sache. das sind die typen (die „echten h“), wo du das gefühl hast, ... denen fehlt das selbstbewusstsein. hysterische schreianfälle und fliegende baumaterialen kommen da schon vor. das
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aufeinandertreffen mit den einzelnen personen für die fortdauer des baues wird dann zur qual. und wieder kommen ihnen die architekten mit nachsicht entgegen: sie haben oft nur ihre sache im kopf, du [als architekt] siehst halt das gesamte, vom fundament bis zum möbelgriff gestaltet und mehrfach in die waagschale geworfen, bis man glaubt, ein stimmiges ergebnis erzielt zu haben. sie dagegen haben nur verständnis für arbeiten ihrer branche, attestieren die interviewten rücksichtsvoll. und da kommen die dann daher, die „guten h“ wie die „echten h“, und glauben wegen ihres praktischen sinnes etwas anders (als durch den planer gezeichnet) machen zu müssen. fatal. um das zu unterbinden, helfen die interviewten maß zu nehmen, prüfen ausführungspläne, zeichnen mit dem zimmermannsbleistift lösungen an die wand und reden auf die handwerker ein, so dass diese verstehen könnten, welches ziel da verfolgt wird. einigen leuchtet das alles trotzdem nicht ein. warum sich den kopf zerbrechen, für den nächsten handwerker, die nächste schraube, die hinein gedreht werden muss, wenn man etwas – da eh versteckt – schlau und effizient hinschustern kann. warum soll der maler oder estrichleger – übrigens jene, die am schlechtesten in der gunst der architekten abschneiden – etwas abdecken, wenn eh noch so viel passiert bis zur fertigstellung. sind ja noch andere handwerker da, die am saustall auf der baustelle schuld sein könnten. schließlich bleibt mehr zeit für die leberkässemmel und irgendwelche handwerkerlegenden, die dem lehrling nahe gebracht werden können. streitigkeiten bis zur potenz, wenn man dem handwerker in der schlussrechnung einen reinigungsbeitrag für alle herumliegenden bau- und labungsutensilien in abrechnung stellt. wenn also sachen misslingen oder bewusst lieblos bearbeitet werden, dann regt es mich sicher auf. wenn es zeug ist, wo er danach nur arbeit [damit] hat, farbe die ihm runter tropft, die er wegputzen muss, dann denke ich mir, bist selber schuld. im bregenzerwald ist zum glück alles etwas einfacher, die handwerker motivierter, die kommunikation zielorientiert, der umgangston grundsätzlich gut. die architekten sehen sich selbst als handwerker, versuchen die dinge soweit voraus zu denken, dass es in irgendeiner form der zusammenarbeit ausführbar wird. das zutun der handwerker ist generell erwünscht. sie sollen ihren anteil und stolz an dem gelungen werk gleichsam entwickeln, wie der architekt das für sich in anspruch nimmt. sie sind die, die letztlich die kohlen aus dem feuer hohlen. volle bewunderung für die „guten h“ von den interviewten, da wir planer schließlich nicht alles im griff haben können. insbesondere wenn es um den umgang mit maschinen geht. der kann mit einen baggerlöffel ein ei öffnen. da werden die handwerker zu wahren helden, während die interviewten mit hammer und einfachen
werkzeugen aus vergangenen zeiten vorlieb nehmen. eine setzlatte anhalten, jederzeit, wenn es darum geht, fehler aufzudecken. da schließt sich der kreis zwischen handwerker und architekten: beide sind in vielen details ähnlich, agieren denkerisch und emotional betroffen. stille typen arbeiten ambitioniert vor sich hin, mit bedacht auf ein herausragendes ergebnis bei penibelster zerlegung der aufgabenstellung. beiden gerät oder misslingt – formal oder funktional betrachtet – etwas, trotz größtem eifer und gewissenhafter prüfung. die umstände und die zuhörerschaft machen sie zu verbalen exzentrikern, unabhängig davon ob ihre arbeit den titel „engagiert“ verdient oder nicht. ins treffen geführte rechtfertigungen verlieren dabei schnell an bedeutung. entspannung zwischen den welten folgt manchmal bereits bei der firstfeier, spätestens bei der einweihung eines baues. die bierstimmung löst während des prozesses vorhandene vorurteile auf beiden seiten. die architekten geben sich weniger arrogant, als die handwerker ihnen vorab attestiert hatten. die kommunikation wird legerer, das aufeinandertreffen gemütlicher, auch in den nachfolgenden treffen. schade, dass die bauherrn sich diese feste oft nicht mehr leisten können oder wollen. auf gute zusammnarbeit. Thomas Mennel
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Schönschreiben und schönreden
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Es ist ein schöner, warmer Juniabend. Ich sitze mit meinem Laptop vor dem offenen Fenster und höre die Hühner gackern, die Vögel zwitschern und von ganz weit weg und trotzdem noch sehr laut das Goldried Quintett – die Legenden der Volksmusik. Es ist Zeltfestzeit. Das 42. Bregenzerwälder Bezirksmusikfest in Bizau ist in vollem Gange. Das Goldried Quintett verfolgt mich schon seit einigen Jahren, wenn nicht sogar Jahrzehnten. Die wenigsten anderen Bregenzerwälder werden, so wie ich, vom Quintett verfolgt. Nachfragen über das Goldried Quintett im Ausland ergaben immer dieselbe Antwort – Nein, No, Niente, Njet, Nada, nix verstehn – … Scheinbar verfolgt das Quintett vor allem mich. Auf der anderen Seite werden die Ausländer von Britney Spears verfolgt. Von der werde ich blöderweise zusätzlich verfolgt. Aber wenn man mich jetzt fragt, von wem ich lieber verfolgt werde, dann muss ich nach Jahren der Verfolgung ganz klar sagen, vom Quintett. Das Quintett spielt schöne Lieder über die Berge, Spears singt: „Ooops … I did it again.“
Das Quintett hat eine schöne Tracht an, Spears ist immer halb nackt, das hat das Quintett nicht nötig.Das Quintett spielt Zieharmonika, Tuba und Computer, Spears nur Computer. Das Quintett ist immer lustig, Spears ist immer sexy. Beim Quintett kann man nach einer Weile mitsingen, bei Spears kommt man nach einer Weile drauf, dass man einen völlig falschen Text singt. Beim Quintett kann man Polka und Walzer tanzen, bei Spears sollte man das lieber nicht probieren. Das Quintett spielt ab und zu Lieder, die schon meine Urgroßeltern gesungen haben, Spears kommt sicher nie auf die Idee. Würde auf dem Bizauer Musikfest Britney Spears auftreten, wäre ein Zeltlager vor meiner Haustüre. Es gibt also viele, viele Gründe, wieso ich lieber vom Quintett verfolgt werde, als von Spears. Inzwischen gibt es auch schon Volksmusikanten, von denen ich mich sehr gerne verfolgen lasse. Die Holstuonar aus dem Bregenzerwald zum Beispiel. Hervorragende Musikanten, die sich einiges überlegt haben. Oder die Schwindlig Blos aus dem Allgäu, da geht wirklich die Post ab, wenn die spielen. Die Bizauer Musikanten wissen natürlich schon lange über die Vorteile des Goldried Quintett gegenüber Britney Spears. Sie haben nicht nur das Quintett sondern auch die Holstuonar und die Schwindlig Blos engagiert. Hinsichtlich dessen kann man den Bizauer Musikanten nur zum gelungenen Fest gratulieren, die Hölzler starten und sich den Rest der Nacht in bester Zeltfestmanier um die Ohren schlagen. Michael Breidenbrücker, obacht geben – Landjäger lesen! (Bild: Hubert Cernenscheck)
Sing Sing
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Strom ist wieder da! – Aircondition - nnnno! – Weil doch meine Lieferung mit DVD- Playern mal wieder nicht rechtzeitig hier ist, schreib ich jetzt g’schwind eine Mail! – Perlen auf der Stirn! Und da kommt schon wieder ein Reim – Achtung: Aircondition hin, Schweiß am Kinn! – Wir machen also Quality Controlling und meine Chineslein wollen, dass ich in der Zwischenzeit – bis meine Ein-Mann-Abteilung wieder Post kriegt, dass ich eben da kurz eine Kaffeemaschine teste. Also ein paar Sude machen und trinken, dann sagen, ob der okay ist, der Kaffee. Schließlich bin ich der einzige Kaffeetrinker hier in der Bude und die Teesieder verstehen da nichts davon.
Sagen die also vorgestern: Mr. Mätzler, so quasi, der Hersteller schickt ihnen noch mal zwei dieser Kaffeemaschinendinger vom selben Typ, schon wieder verbesserte, chinesische Qualität und wenn diese wiederum schlechtes Wasser kochen, die meinen das heiße, das dann durch den Filter läuft, dann Mr. M. berichten sie uns, und wir stornieren die gesamte Bestellung bei diesen Leuten, dann is’ aus mit denen! Wieder Perlen auf der Stirn, mach’ ich also wieder Kaffee und trink. Ganz langsam. Augen zu. Höchste Kaffeekonzentration. Nicht leicht, was soll ich da sagen, der Kaffee ist scho’ recht – kaufen oder nicht? Ay, ay – 56 000 Stück. Daumen hoch oder runter (wie Caesar damals. Ziemlich geil!). Ich weiß echt nicht, Scheißsituation. Ich bin zu feige, glaub ich. Ja, ich bin nur zu feige! Da muss man hart sein, als Qualitätskontrollierer. Dann mach’ ich also noch mal den Wassertest. Reines Wasser durch den Apparat, mehrmals. Plastikgeschmack! Ganz, ganz wenig nur. Aber, sag ich mir, ganz klar zuviel – glaub’ ich. Also schreib’ ich in meinen Bericht: Daumen runter! Am nächsten Morgen – Telefon!
Dann hab’ ich mich entschlossen etwas mobiler zu sein und hab mir eines dieser coolen Dreiräder gekauft. Mit Ladefläche. Cool. Aber, weil’s nur 300 Kuai kostet, das ganze Ding, ist’s okay, dass die Bremsen beim ersten Einsatz nicht mehr wollen. Ohne ein paar richtige Schrauben also geht da gar nichts. Kann ich’s also vergessen, meine zwei kleinen Lieblingssekretärinnen zum Mittagessen zu fahren – es wär’ nicht weit! Eine blaue Ladefläche hab’ ich, so wie ein echter Bauernschlepper, nur eben viel, viel kleiner und ich kann auch keine Jauche ausführen. Darauf lade ich die zwei! Steig’ ich also diesmal beim Heimweg eine früher aus – eine Station. Ich brauch’ einen neuen Thermometer. Und diesmal wird es ziemlich schwierig werden, weil doch Thermometer auf Pantomime ist ungut. Steig’ ich da also aus und such’ im Lilliput Dictionary auch gleich nach einem passenden Wort und ’s Chinesle – schon wieder ein anderes – schaut mir – wieder grinsend – über die Schulter und meint, ich hätte doch da ein Dictonary, und überhaupt, was ich denn such’, weil er helf’ mir doch. Lass mal seh’n, so quasi, und hatte schon der das Ding in der Hand. Weil nämlich seine Freundin rede eh auch Englisch und grinse auch wie er, und sowieso soll ich doch mit zu ihm heim, das passe auf alle Fälle. Mir war’s zwar nicht recht, dass es mich wieder gejuckt hat, an den Füßen. Wenn’s nämlich wieder regnet, kommt hier in meinem Viertel keiner drum rum, da mal an der Pfütze ein paar Flöhe mitzunehmen – das gehört dazu. Die zieh’n dann für gewöhnlich ein Weilchen mit dir rum – die Flöhe, nur an den Füßen – am Anfang! Ay, ay, mach’ ich also bei dem Typen daheim meine Schuhe weg, wieder kurz gekratzt und klar geb’ ich gleich seiner hübschen Freundin die Hand. Ein Bein am Boden, mit dem anderen am Knöchel desselben kratzend – dass ich den netten Leuten nicht die Viecher ins Haus schleppe. Vielleicht bleiben die ja eh an mir hängen, wenn ich ruhig sitz’! Klar, Bier trinke man, und seine Freundin – die koche solange. Boii – super Sachen am Tisch, echt klasse Abend. Auch ich schmatze. Wir essen und die fragen viel, die zwei – ich denk’ an Insektenspray. Ich sitz’ ganz ruhig. Versuch’ es dann kurz zu machen, bedank’ mich mit aller Herzlichkeit, muss aber einfach heim. Heim, heim! Duschen! Mann! Ich verabschiede mich, wieder recht herzlich, diesmal er auf einem Bein – ich war nie wieder bei denen. Für all’ diejenigen unter uns Chinesen, die der Sprache wenig mächtig sind, ist ’s Busfahren eine ziemliche Hetz. So kam ich in Shenzhen – also die ersten drei Tage nämlich wohnte ich da noch in einem komplett lässigen Youth Hostel ganz am andern Ende der Stadt – kam ich da jeweils – schon um Sieben morgens los – kam ich also da erst mittags in der Bude an. Schon mittags, aber nur darum, weil ich nach einer guten Weile Irrfahrt
sicherheitshalber mal aus dem Bus sprang. Wohl schon kurz vor der Vietnamesischen Grenze, und dann ’s Taxi nahm. Für den Rest. Und dann wieder nur darum schon mittags, weil ich dem Taxifahrer ’s Handy gab – der red’t wieder kein Englisch, der soll meine Sekretärin anrufen, damit die mir sagt, wo ich bin und ihm sagt, wo ich hin muss – dem Koffer! Jeden Tag! Gelacht hat zum Glück nie jemand, wenn ich schon wieder auftauchte in der Bude, mittags!
Eben nicht genug, dass mir meine private Busauskunft, sie sitzt genau einen Stuhl vor mir in der Bude, angeblich versehentlich verheimlicht hatte, dass es von meiner Linie 300, die ich morgens fahr’, nicht nur A, nämlich auch B gibt, nein! Man verschwieg weiters, dass nirgends geschrieben steht, dass es nicht auch ein „nur 300“, also ohne A oder B, geben könnte. Der fährt dann klar wieder ganz wo anders. Logisch. Okay, das geht noch, aber nun fahr angenommen zum Beispiel doch ich mit irgendeinem dieser falschen Dinger und wieder komplett falsch, und will dann eben zurück auf gleichem Weg bis dahin, wo ich mich noch auskannte – in etwa! Dann biegt doch der bevor ich mich wieder auskenn’, biegt der rechts ab. Bin ich also auch noch vom falschen Weg abgekommen! Nun steh’ ich also hier draußen irgendwo. Weil eben scheinbar schon wieder nirgends geschrieben steht, dass wenn der von A über B nach C fährt, dass der wieder C-B-A fahren muss am Rückweg, nein! Hier fahren die Grinser von A über B nach C, damit sie zurück von C über D nach A können! Mann! Und wieder mein einziges Glück, dass keine wilde Sau Englisch red’t. Hier draußen. So sitz’ ich halt schon wieder mal am Gehsteig und mach’ eine kleine Pause. Meine Freunde, die vielen kleinen, wie die dann Aug’n mach’n, ob ich aus ’m Ufo gestieg’n wär!! Und – weil ich ja beim letzten Besuch beim Boss in Hongkong wie jeder hier mit festem Wohnsitz stante pe mit einem Titel versehen wurde, Manager für – ich hab’s dann doch nicht so ganz verstanden, ich glaub’ wohl Manager für’s Praktikum – ja, Praktikumsmanager, wollt’ ich mir zurück in Shenzhen nun doch mal endlich ein Hemd kaufen. Logisch mussten dann auch die Locken wieder fallen. So ging ich also zum Nachbarn Yang in seinen Schuppen an der Straße. Er ist Friseur, behauptet er. Er spreche kein Wort Englisch, und so macht er einen auf Chinesisch und schneid’t drauf los. Wie ich’s gerne hätte, deute ich zwar noch kurz mit ein
paar englischen Brocken und zwei, drei Handzeichen, das macht ihm aber nichts, weil er versteht ja nichts. So hat er also grünes Licht, drauflos zu schneiden, so wie eben er Haare gerne schneid’t. Dann seh’ ich doch den immer so grinsen im Spiegel – ay, ay – und dann meine Haare – ay, ay. Also endlich sag’ ich dann, jetz’ is’ gut und erheb’ mich aus meinem Thron, krieg noch mit einem Stück Autositz-Schaumgummi die g’schnittnen Haare von Hals und Schulter gewischt, damit mir genau jener Nur-Chinesisch-Versteher dann nachruft: „Thank you, I hope you like your new hair cut!“ Und grinst – der Depp! Und so hauen die mich halt ständig über’s Ohr! Ach ja, der wollte dann ziemlich genau einen Euro für’s hair cutten und dann kannscht nix sag’n! – eigentlich. Ah ja, gleich neben dem Haarschneider ist noch einer, der sei Zahnarzt, sagt der. Zu Mittag – da, wenn ich alleine geh’ – setz’ ich mich natürlich ans Tischle zu den Lautessern. Die andern Plätze sind weg. Alle! Es wird nicht viel geredet an meinem Tisch, ein bisschen schon, aber weil’s jeder eilig hat, wird pressiert. Extrem! Das bisschen also, das die reden an meinem Tisch, versteh’ ich eh nicht und so wart’ ich halt wieder geduldig auf’s Schmatzen. Da hab’ ich den Kopf ganz unten an der Schüss’l, die andern Typ’n auch, weil so die langen Nudeln an den Stäble nicht ganz so weit rumspritzen. Und es geht schneller rein mit dem Zeug. Eine angeblich schon lange und altbewährte chinesische Methode also. Es sind so kleine, enge, so Garagen, in denen wir sitzen und weil’s echt eng ist, wenn da alle sitzen zum Mampf’n, hat einer beim in die Suppe schau’n die Stirn an der des Gegenübers. Fast. Dann sitz’ ich da, ein kleiner Grinser auf der andern, der schaut mich genau an, mitten in die Augen, Kopf unten an der Schüssel, Nudeln aus dem Mund. Ich auch. Ernste Miene. Ich schau’ zurück, so finster ich nur kann. „Kannst du schmatzen, Weißer?“, denkt er sich. Ich merk’s, genau! Nun geb’ ich alles. Jetzt schmatzen wir los und genau da bin ich wieder dabei. Im Rennen. Jetzt sprechen wir die selbe Sprache! Und – zur berühmten chinesischen Fürsorglichkeit: Beim Essen mit meiner ganzen Meute, da – wenn’s mir mal wieder ungeschickt meine Essensstäbchen um die Finger wickelt – schon bekomm’ ich von genau zwei Seitinnen wie ein kleiner Vogel die Speisereien zu Munde geführt. Zähl Eins und Eins zusammen, weißt wie oft mir die blöden Dinger aus den Händen rutschen… Dominik Mätzler, Praktikum FH
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Illustration: Fabienne Feltus
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