LEIBESUBUNGEN
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Er wolle kein Rockstar sein, sondern eine Legende, soll Freddie Mercury in einem Interview einmal gesagt haben. Und was ist er heute? Ein Rockstar vielleicht? Die Faust in den Himmel gestreckt, blickt der Lover of Life, Singer of Songs in Montreux am Ufer stehend und in Bronze gegossen über den Genfersee. Majestätisch. Bigger than life. Ein Held der Freiheit. Freddie Mercury liebte das Leben, und das Leben liebte ihn. Gegangen ist er wie alle Guten viel zu früh. Geblieben ist seine Musik. Freddie Mercury posierte nicht, er schuf sich selbst in tausend Bildern. Für seinen berühmten Ausfallschritt beim Queen Konzert im Londoner Wembley Stadium 1986 gibt es die Höchstnote.
Posen für Die eWigkeiT
ausTrofreD / Velo
jäger kochT / Willi
Dungl / eTePeTeTe
kuschelrock schulD unD sünDe / onanie muz mama unD V.a.
MAGAZIN LANDJÄGER NR.06 | SOMMER 2009 | www.landjaeger.at Mit Thema um nur ¤ 4,00 - Österreich | ¤ 5,00 - Deutschland | CHF 7,00 - Schweiz u. Liechtenstein
IMMER NEU MIT: ISSN 2070-2655
Montag – Samstag 10 – 1 Uhr
Marktstraße 33 6850 Dornbirn T, F +43 5572 203488 info@innauer.com www.innauer.com
eDiTorial Mit dem Thema „Leibesübungen“ nimmt sich der Landjäger erstmals seit der „Fleisch“-Ausgabe wieder einem dezidiert körperlichen Subjekt an. Während sich in unseren Lokalmedien körperliche Themen auf Bilder von scheuen Mädchen in Badeanzügen oder auf Berichte von Zeltfestschlägereien beschränken, hat der Landjäger natürlich einen komplexeren Zugang gewählt. Die Thematik wird von verschiedensten Seiten skizziert: Von den Berichten profilierter nationaler Champions und echter regionaler B-Promis über ihren Bezug zur Körperlichkeit bis hin zum sechsteiligen Vélo-Traktat. Diese Ausgabe verfügt zudem erstmals über Rote Seiten, die magazingewordene Antithese zu den Gelben Seiten. Die Gelben Seiten, sprich das Branchenbuch - das Sinnbild der unverfänglichen Nüchternheit. Im Gegensatz dazu unsere Red Pages: das Sinnbild der Sinnlichkeit, inklusive Onanie, Partnertausch und Nudeltraining. Landjäger #6: Unsere Kampfansage an die Wirtschaftskrise und alle anderen quotenbringenden Tagesthemen. Die Redaktion
Herausgeber: Landjäger Verein (ZVR 881841026) - www.landjaeger.at ISSN: 2070-2655 Chefredaktion: Robert Hiller, Martin Fetz, Sven Matt, Christian Feurstein Textredaktion: Robert Hiller, Peter Rüscher - schreiben@landjaeger.at Gestaltung: Christian Feurstein - christian@landjaeger.at Coverbild aus der Serie „Posen für die Ewigkeit“: Florian Bayer - www.florianbayer.com Covertext „Made in Heaven“ aus der Serie: „Posen für die Ewigkeit“: Andreas Feuerstein Schrift: bueronardin No3 (Christof Nardin, christofnardin.com) Anzeigen: Martin Fetz - martin@landjaeger.at, Christian Feurstein - christian@landjaeger.at Autoren, Fotografen, Illustratoren und Freunde: Nicola Alster, Austrofred, Florian Bayer, Michaela Bilgeri, Elisabeth Breidenbrücker, Tiziana Condito, Tobi Degenhardt, Gunter Fetz, Andreas Feuerstein, Ulrich Gabriel, Lisa Gotthard, Alois Gstöttner, Stefanie Hilgarth, Ronald Jenny, Sebastina Keiper-Knorr, Beatrix Kovats, Claudia Larcher, Björn Matt, Nane Murer, Roswitha Natter, Benjamin Paya, Gersin-Livia Paya, Wolfgang Pennwieser, Oona Peyrer-Heimstätt, Michael Pointner, Jürgen Pucher, Katharina Ralser, Robert Rüf, Johannes Scheuz, David Schreyer, Darko Todorovic, Florian Waldner Druck: Druckerei Hugo Mayer, Dornbirn (www.hugo-mayer.at) Unterstützung: Land Vorarlberg und unsere Anzeigenfreunde — Alle Artikel spiegeln in erster Linie die Meinung des Autors oder der Autorin wider, und nicht unbedingt die der Redaktion. Die Redaktion bemüht sich, auch Meinungen, die nicht voll und ganz der ihren entsprechen, einen Raum zu geben, wenn sie diese für interessant und diskursfähig hält. Offenlegung gemäß §25 des Mediengesetzes: Der Landjäger ist das Organ des Vereins Landjäger. Er setzt sich inhaltlich mit Themen aus Politik, Kultur und Wissenschaft – teils ernsthaft, teils satirisch – auseinander. Die Rechte liegen bei den UrheberInnen der jeweiligen Artikel, Fotografien und Illustrationen.
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Bilder: Darko Todorovic adrok.net
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Der Tag als Willi Dungl starb Es ist
Text: Peter Rüscher Bild: hotshit.me
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der erste Mai zweitausendundzwei. Willi Dungl – der gesündeste Mensch Mitteleuropas – schlägt, wie jeden Morgen um vier Uhr fünfundvierzig, seine Willi-Dungl-Gesundheitsbettdecke zur Seite und steigt aus seinem Bett. Er nimmt den weißen Frotteebademantel vom Haken neben dem Hüslernest und schlüpft hinein. Er schaltet die Klimaanlage ab, die das Schlafzimmer nachtsüber auf achtzehnkommadrei Grad Celsius temperiert: Die ideale Temperatur zur Unterstützung seiner REMPhase. Ein wesentlicher Faktor seines Erfolgsrezepts. Während dieser Schlafphase hat er die meisten seiner erfolgreichen Willi-Dungl-Gesundheitsprodukte erträumt. Auf der Kommode liegen Anzug, Hemd und Krawatte bereit. Willi trägt immer Anzug und Krawatte. Heute ist Tag der Arbeit, daher hat er sich am Abend des dreißigsten April seinen Festtagsanzug, sein Festtagshemd, seine Festtagskrawatte, seine Festtagsunterwäsche und seine Festtagssocken bereitgelegt. Er öffnet das Fenster und atmet die frische Frühlingsmorgenluft ein. Auf dem Weg ins Badezimmer pfeift Willi gedankenverloren die österreichische Bundeshymne. An offiziellen Feiertagen wie dem ersten Mai macht er das meistens mehr oder weniger unbewusst. Vor dem Visagenspiegel inspiziert er sein Gesicht und macht sogleich einen Mitesser aus, der sich dicht an der Oberlippe gebildet hat. Mit den gestärkten Nägeln seiner Zeigefinger übt er Druck auf den Parasiten aus und presst ihn gekonnt an die Oberfläche. Nach kurzem Prüfblick
legt er den Komedo in der dafür vorgesehenen Dose ab. Willi entledigt sich seines Bademantels und hängt ihn an den Haken neben der Duschkabine. Die morgendliche Dusche – der Beginn eines jeden erfolgreichen Tages im Namen der Gesundheit. Der erste Duschdurchgang dient der Befeuchtung von Haut und Haar und dauert lediglich fünfundvierzig Sekunden. Willi greift sich das Willi-DunglSpindelstrauchduschgel und seift seinen Körper ein. Beginnend bei den Knien – die Schienbeine lässt er aus, da dort bekanntlich die Haut so dünn ist, dass sie durch das Duschgel zu stark angegriffen würde – arbeitet er sich langsam und gründlich hoch. Die Einseifung seines Genitalbereichs ist Willi auch im fünfundsechzigsten Lebensjahr noch peinlich. Niemand sieht es, aber bei diesem Akt errötet sein Gesicht. Entsprechend kurz und unentschlossen gestaltet sich auch der Waschgang, beiläufig fährt er mit der linken Hand über die entsprechenden Stellen. Sein Gesäß und den Anus wäscht er mit den Handflächen beziehungsweise mit dem Mittelfinger der rechten Hand. Für die Reinigung des Rückens verwendet er die aus den Hörnern des Alpensteinbocks fabrizierte Willi-Dungl-Waschlappenverlängerung, sodass auch auf der dem Leben kehrseitig gewandten Körperseite keine Stelle ungesäubert bleibt. Ein besonderes Vergnügen bereitet ihm die Reinigung des Bauchnabels, für welche er die Willi-Dungl-RhododendronBauchnabelcreme verwendet. Dabei fährt er mit den kleinen Fingern in das Behältnis, bis sie genug Creme aufge-
nommen haben. Dann bestreicht er seinen Nabel mit der Creme und beginnt schließlich, mit den kleinen Fingern beider Hände im Bauchnabel auf und ab zu vibrieren. Dies bereitet Willi unvergleichlichen Genuss, sodass er – fast ekstatisch – seine Augen weit nach oben verdreht und leise stöhnt und grunzt. Er muss sich beinahe zwingen, nach einer Minute damit aufzuhören. Für die Reinigung der Brustwarzen verwendet er ein Eigenprodukt, nämlich den Willi-Dungl-Nip-Dip. Er tunkt dabei seine Brustwarzen in den Dip und reibt diesen dann für etwa dreißig Sekunden in den Warzenhof ein. Für die Haarwäsche verwendet Willi das Willi-Dungl-Hahnenfußhaarwuchsshampoo. Mit beiden Händen reibt er sich das Hahnenfußpräparat in die Haare. Plötzlich hält er inne. Willi betastet mit den Fingern seine Stirn. Es packt ihn die Wut, er greift sich das Hahnenfußhaarwuchsshampoo und schleudert es aus der Dusche. Mit einem dumpfen Knall schlägt die halbvolle Flasche auf den Fliesen an der Wand auf, prallt ab und landet schließlich auf dem Boden. Es hat sich ein Riss gebildet, aus welchem die zähe gelbe Flüssigkeit langsam ausrinnt. Willi schnaubt zornig. Seit einem halben Jahr verwendet er das Hahnenfußhaarwuchsshampoo, doch seine Stirn, so scheint ihm, wird immer höher. Zwischen Stirn- und Nackenbehaarung hat sich zusätzlich noch ein haarloser Hautbezirk gebildet und sein Haupthaar ist mittlerweile eher ein Haarkranz denn eine Frisur. Frustriert führt er den Duschvorgang zu Ende, indem er sich nun vergleichsweise unmotiviert abspült. Wie kann es sein, dass ausgerechnet ihm die Haare aus gehen, sinniert er. Wozu die BiotinKeratin-Kur? Wozu das teure Unkenschwanzwasser? Noch diese zornigen Gedanken im Kopf, tritt Willi Dungl aus der Dusche. Dabei setzt er mit der rechten Ferse auf das ausgelaufene Hahnenfußhaarwuchsshampoo auf. Sein Fuß findet
keinen Halt und schießt nach vorne – Willis Gesicht verzieht sich zu einer entsetzten Fratze – sein Oberkörper gerät aus der Balance, fällt nach hinten – Willi rudert mit den Armen, die rechte Hand schlägt am Waschbecken auf – der andere Fuß löst sich schwungartig vom Boden. Für einen Moment hängt der nackte Willi Dungl in der Luft, dann fällt er. Sein Hinterkopf prallt auf. Sanft. Einen Moment lang liegt er da, glotzt unverwandt an die Decke. Dann erhebt er sich und dreht sich um: Er ist auf dem Stapel Langschwanzchinchillahandtücher gelandet, die auf dem kleinen Absatz in der Ecke liegen. Der Schock sitzt Willi jedoch noch zu tief in den Knochen, um die Ironie des Ganzen zu begreifen. Erst als er wieder steht und sich selbst im Spiegel sieht, muss er ob des Vorfalles lachen. Kein Gedanke mehr an das schütter werdende Haupthaar. Er drückt ein erbsengroßes Stück aus der Willi-Dungl-Gemüsezahnpasta und beginnt mit dem fünfzehnminütigen Zahnreinigungsvorgang. Sauber und wieder gut gelaunt verlässt Willi so das Badezimmer. Das Hahnenfußhaarwuchsshampoo lässt er am Boden liegen. Seine Frau wird das saubermachen. Willi Dungl tritt in die Küche ein, wo seine Willi-Dungl-Frau, die an krankhafter Helminthophobie* leidet, bereits Teewasser aufgesetzt hat. Vom gefährlichen Zwischenfall im Badezimmer sagt er nichts, so wie er nie etwas sagt, das an seiner vollumfänglichen körperlichen und geistigen Gesundheit zweifeln lassen könnte. Willi Dungl setzt sich an den Küchentisch und schlägt den Kurier auf. Nach einem kurzen verstohlenen Blick auf das barbusige Seite-Drei-Mädchen schlägt er die Witzseite auf. Seine Frau serviert inzwischen den Willi-DunglCherimoya-Strelitzie-Tee. Willi, der Witze schon immer geliebt hat, lacht schallend über den Witz des Tages, wobei ihm ein lauter Darmwind entgleitet. Für einen Moment erstarrt er und blickt seine Frau ausdrucklos an, übergeht dann den eben zu Schall gewordenen Verdauungsprozessschritt. Vor an-
deren Leuten zu furzen – auch vor seiner Frau – ist Willi zeitlebens peinlich gewesen. Seine Frau weiß das und geht folglich auf das Geräusch, das sie natürlich genau zuordnen konnte, nicht weiter ein. Er legt den Kurier zur Seite und macht sich auf zum täglichen Willi-Dungl-Morgenspaziergang. Willi tritt durch den Hintereingang seines Hauses ins Freie. Er atmet einmal tief durch und geht auf dem schmalen Kiespfad zwischen Hauswand und den selbstgepflanzten Steppenrauten entlang. Dort, auf Höhe der gerade aufblühenden Cocasträucher, sieht er den Sibirischen Tiger. „Ein Tiger? Ein sibirischer?“, murmelt Willi, mehr ungläubig erstaunt denn erschrocken, vor sich hin. Er richtet seinen Blick nach rechts in der Erwartung, dass sich die Situation gleich aufklären werde. Doch der Sibirische Tiger bewegt sich bereits auf Willi zu. Jetzt erst steigt in ihm die Willi-Dungl-Angst auf. In großen Wellen bahnt sich die heiße Panik den Weg durch Willis Körper, macht ihm die Knie weich, die Hände feucht, den Kopf dröhnend. Willi bleibt auf dem Fleck stehen, sich zu bewegen ist er nicht fähig. Es hat nun auch gar keinen Sinn mehr, denn der Sibirische Tiger ist nur noch wenige Meter von ihm entfernt. Willis Lippen zittern, sein Gesicht gleicht dem eines Kindes, das gleich zu heulen beginnt. Der Sibirische Tiger beschleunigt ruckartig seinen Gang und nimmt einen großen Satz. Seine riesigen Pranken treffen Willi wie Fäuste auf die Brust und ins Gesicht. Willi Dungl, seit erstem Mai zweitausendundzwei die gesündeste Leiche Österreichs.
*Helminthophobie: Angst, von Würmern heimgesucht zu werden
Posen für die Ewigkeit Text: Andreas Feuerstein Bilder: Florian Bayer florianbayer.com
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Womp Bomp A Loom Op A Womp Bam Boom Wer kann von sich schon behaupten, die Rolling Stones und die Beatles im eigenen Vorprogramm gehabt zu haben? Von den Vertretern der späteren British Invasion wurde Little Richard vergöttert. Den Übergang vom Rhythm n Blues zum Rock n Roll trieb er entscheidend voran. Ja, er definierte sogar Schock schon, als der Rock selbst noch in den Kinderschuhen steckte. Marilyn Manson? Try Little Richard! Mit einem sixinch Pomadeturm am Kopf, Mascara Lidstrich und seinen ekstatischen Trillern erschütterte er in den 1950er Jahren die amerikanische Nachkriegsgesellschaft. Und das alles nur, um sich wenige Jahre später in einem Bible College in Alabama einzuschreiben. Um wieder ein paar Jahre später auf die Bühne zurückzukehren. Um ... Ein Hinund Hergerissener ist er wohl bis heute.
Pull Up The Bumper Eine anmutige Arabeske ziert das Cover von Island Life. Anatomisch ist sie unmöglich. Zumindest für Grace Jones. Die 1978 entstandene Arbeit des Photographen JeanPaul Goude ist eine Montage. Goude war davon überzeugt, dass seine Muse, mit der er später einen gemeinsamen Sohn zeugen sollte, ein drastischeres Image braucht. Jahre bevor Madonna begann, sich am Boden zu räkeln und Like a Virgin zu trällern, forderte Grace Jones mit ihren Posen bereits männliche Rollen heraus. Was ihren Onkel, den Bischof von Jamaika, dazu veranlasste, ihre Mutter in einem Brief darauf aufmerksam zu machen, dass sie eine Inkarnation des Teufels sei. Hallelujah!
This Is It 750.000 verkaufte Tickets für 50 Konzerte in einer Stadt. So sieht die letzte künstlerische Bilanz von Michael Jackson am Ende seiner Karriere aus. Es reicht ja, dass sein Privatleben eine derartige Tragödie ist. Seine Finanzen wird der King of Pop, sollte er die Reihe ohne Abbruch überstehen, mit „This Is It“ saniert haben. Und auch London sieht schon die Kassen klingeln. Für seine „Abschiedstournee“ hat Michael Jackson mit seinem Choreographen Kenny Ortega angeblich bereits an neuen Moves gearbeitet. Ob er neben Moonwalk, Circle Slide, Spin und Side Slide bei Smooth Criminal mit dem Lean wieder die Schwerkraft außer Kraft setzen wird?
And The Guitar Man Got Famous Es ist eine der größten Verwandlungen des Rock n Roll. Ein unauffälliger kleiner Mann sitzt Backstage hinter einer großen Bühne, in der einen Hand die brennende Zigarette, in der anderen eine Tasse Tee. Fünf Minuten später kehrt er als 14-jähriger aus der Garderobe zurück. In eine Schuluniform gesteckt, die Gibson SG umgeschnallt und im Gesicht ein schelmisches Grinsen. Bis der Gitarrist wie vom Blitz getroffen über die Bühne fegt, ist es von dort nicht mehr weit. Auf seine alten Tage ist Angus Young zwar etwas ruhiger geworden, konditionell läuft er seiner Altersgruppe aber nach wie vor den Rang ab. Wie er es anstellt, sich am Boden wie wild im Kreis zu drehen und dabei keine einzige Note zu vergeigen? Ein Rätsel.
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Der TrikotSchleier
„Dass
ich da jahrelang darauf reingefallen bin. Nicht zu fassen ist das!“ Annemarie und Yvonne sehen mich ungläubig an, während mein innerer Aufruhr in unzusammenhängenden Sätzen über sie herein bricht. „Ich hätte es ahnen sollen. Nein, ich hätte es wissen müssen!“ Vor mir schnellen zwei Augenbrauenpaare fragend in die Höhe. „Also letztens war ich in meinem braunen, schon etwas abgenutzten, aber sehr angenehmen Jogginganzug einkaufen. Und als ich so vor der Ladentür stand, kam eine faltige Frau auf mich
zu, stützte sich mit der einen Hand auf ihren Stock und mit der anderen hielt sie mir ein Zweieurostück entgegen. Mit den klaren Worten: „Für Essen, nicht für Alkohol!“ Mit ihrem mitleidigen Blick streifte sie noch kurz das Loch in meiner Hose und humpelte wieder davon. „Hast du das Geld etwa behalten?“, fragt Annemarie vorwurfsvoll. „Ich war zuerst so perplex, dass ich sogar ein leises ‚Danke’ hauchte. Als ich mich aber wieder gefangen hatte, war ich stinksauer. Am liebsten wäre ich dieser unverschämten alten Gurke hinterher und hätte ihr ihren dämli-
chen Stock über den Kopf gezogen, anstatt dessen bin ich aber über die Straße ins nächste Gasthaus und habe mein Selbstbewusstsein mit einem Schnaps wieder aufpoliert.“ „Sie hat doch gesagt keinen Alkohol“, rügt mich Annemarie. „Und auf was bist du jetzt reingefallen?“, hakt Yvonne nach. Der amüsierte Unterton in ihrer Stimme ist mir durchaus aufgefallen, aber ich ignoriere ihn gnädigerweise und erkläre: „Auf Christian natürlich!“ Wieder starren mich zwei Fragezeichen an. „Zu Hause habe ich ihm natürlich gleich von dem Zwischenfall erzählt, hab mich tierisch über die alte Schachtel aufgeregt. Wie kann sie es auch wagen, Menschen nach ihrem Jogginganzug zu beurteilen. Christian hat nur geschmunzelt, mich in den Arm genommen und mir hundertmal versichert, dass er mich nie schöner findet, als wenn ich eben diesen alten Trainer anhabe. Daraufhin habe ich geschnieft und gefragt: ‚Was nie? Nicht mal, wenn ich meine heißen Jeans anhätte, bei der man meinen String sehen kann?’ Und er hat gelacht und gemeint, dass er es extrem erotisch findet, wenn ich die löchrige Trikothose anhabe, ungeschminkt bin und meine Haare in Zotteln herunterhängen. ‚Und was ist mit meinem Negligè?’, wollte ich dann wissen, woraufhin er nur den Kopf geschüttelt und mich geküsst hat.“ „Ach wie romantisch“, seufzen Annemarie und Yvonne im Chor. „Quatsch romantisch! Genau da hab ich’s durchschaut.“ „Was? Dass er dich vielleicht so liebt wie du bist?“, fragt Yvonne. „Nein, dass doch alles nur ein Plan ist. Eine Masche der hiesigen Männerwelt.“ Annemarie und Yvonne sacken resigniert auf ihren Stühlen zusammen. „Ja versteht ihr denn nicht? Die Muslime haben den Schleier und wir die Jogginganzüge. Die Männer finden uns doch gar nicht sexy in den Teilen. Oder was meint ihr wieso sie dann auswärts immer auf die vorwitzigen Dessous der anderen Frauen schielen? Sie spielen uns was vor und stellen so-
mit sicher, dass uns kein anderer Mann mehr ansieht.“ Am liebsten würde ich jetzt tatarataaaaa schreien, so stolz bin ich auf meine neueste Enthüllung. Yvonne ist aber offensichtlich anderer Meinung: „Ich finde das irgendwie süß, dass die Männer uns vor den Blicken der anderen schützen wollen.“ „Wenn man verheiratet ist, sollte man sich diesen Blicken gleich gar nicht freiwillig aussetzen“, meint Annemarie mit einer tadelnden Geste in Yvonnes Richtung. „Vielleicht sollte ich es ja mal mit einem Schleier versuchen“, mault Yvonne beleidigt. „Nein, ich sage: Weg mit dem Trikot-Schleier, her mit den heißen Teilen“, unterbreche ich den drohenden Zank. „Ich habe Christian tatsächlich abgenommen, dass er auf diesen Natural-Look steht, aber jetzt, jetzt....“ „Jetzt gehst du nur noch im Negligè einkaufen?“, führt Annemarie meinen Satz zu Ende. Schon wieder weht mir dieser sarkastische Unterton entgegen. „Natürlich nicht. Aber ich werde ein Zeichen setzen und meinen alten Jogginganzug wegwerfen, nein, verbrennen werde ich ihn. Genau! Schluss mit dem Versteckspiel. In Zukunft werde ich wieder meine engen Jeans von früher anziehen, die rosa Spitzenunterhose und das ultrascharfe T-Shirt, das nicht mit Reizen geizt, wenn ihr wisst, was ich meine.“ Annemarie und Yvonne nicken ernst. „Und Christian wird schon sehen, was er von seiner Verschleierungstaktik hat. Mein Vergeltungsschlag für die jahrelange Blamage wird ein gelber Glanz-Trainingsanzug zum nächsten Geburtstag sein.“ „Ja und immer, wenn er ihn dann anhat, wird sich die ganze Welt fragen, was du mit diesem pommesgelben Heini an deiner Seite willst“, wirft Yvonne sehr treffend ein. Nach einer langen Diskussion darüber, ob ich den Anzug dann lieber in rot kaufen, oder Christian nur an seinen Männerabenden in diesem Outfit aus dem Haus lassen soll, kehre ich etwas erschöpft und ohne wirkliche Lösung heim. Just in diesem Moment, betritt auch mein Ehemann, wie immer in Büromontur, unsere Wohnung. Müde
von seiner Arbeit, greift er sich ein Bier aus dem Kühlschrank, lockert den Knopf seiner Krawatte und lässt sich mit einem lauten „Ahhh“ auf einen Stuhl plumpsen. Ich setze mich auf den Hocker gegenüber und mustere ihn mit zusammengekniffenen Augen. Als er meinem durchdringenden Blick nicht mehr standhält, seufzt er schicksalsergeben und bricht endlich das Schweigen: „Na schön. Was ist los?“ Selbstzufrieden lehne ich mich zurück und frage: „Sag, wann ziehst du eigentlich mal wieder deinen blauen Arbeitsanzug an?“ Christian ist sichtlich verdutzt: „Wieso, muss ich denn irgendetwas reparieren?“ Langsam lehne ich mich wieder vor, sehe ihm noch mal tief in die Augen und mit einem siegessicheren Grinsen auf den Lippen antworte ich: „Nein, aber ich finde du siehst in dem Teil wirklich unheimlich sexy aus.“
Text: muz mama
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sie spielen nur
Sie spielen nur Eine Weltstadt. Ronnie Metzler und Andreas Ifland. Dazu etwas Nacht. Kein tödliches Geschoss. Eine leuchtende Wunderkugel, ein Golfball der weder verletzt noch zerstört. Beim innerstädtischen Golfspiel ein nicht zu unterschätzender Vorteil. Leuchtender Ball, sofern die entsprechenden Leuchtstäbe nicht zu Hause am Schreibtisch liegen. Gespielt wird überall, quer durch die Stadt. Ein schlichtes Ziel wird definiert, nicht mehr als ein schöner Schlag soll es sein. Wohin ist nebensächlich, eine dem Sport entsprechende Szenerie ist natürlich reizvoll. Und in die ikonenhafte Liftstation zu schlagen ist wesentlich schwerer als es scheint. Ping.
Bilder & Text: David Schreyer schreyerdavid.com
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Briefe an Wolfgang Amadeus Mozart (1):
Die wohltemperierte Prostata Für seine neue, exklusiv für den Landjäger konzipierte Artikel-Serie hat sich Austrofred etwas Besonderes einfallen lassen. Über zwei Jahrhunderte hinweg spannt der New-Austropop-Pionier und U-Literat einen Bogen von sich selbst zu seinem nicht minder berühmten Kollegen „Woiferl“ Amadeus Mozart und unterhält sich mit ihm über Themen, die Komponisten, Musiker und Menschen im circa achtzehnten Jahrhundert genauso beschäftigt haben wie heute, seien sie künstlerischer, philosophischer oder hausverstandstechnischer Natur. Ein spannender Dialog in Monolog-Form, der auch vor Tabu-Themen nicht halt macht!
Vereh
rter Woiferl!
Ich weiß ja nicht, wie es dir geht respektive gegangen ist, aber für mich persönlich ist das Musikerleben schon oft auch eine Belastung, und zwar nicht nur psychisch – speziell durch die viele Warterei, die du auf Tour so hast: warten auf den Soundcheck, warten auf den Gig, warten aufs Catering undsoweiter – sondern auch vom Körperlichen her. Weil du musst ja jeden Abend voll fit sein und auf der Bühne alles geben, das bist du deinen Fans, die zig Euros für ihre Karte bezahlt haben und sich dafür einen Champion auf dem Zenit seiner Schaffenskraft erwarten, einfach schuldig. Auch die AftershowFanbetreuung kostet enorm Kraft (obwohl sie via Hormone dem Körper auch wieder Energie zurückgibt), und so stellt sich zwangsweise die Frage, wie man sich als Rockmusiker am besten fit hält.
Niemand geringerer als ich selber habe schon vor Jahren eine gute und vor allem gut gemachte Antwort auf diese Frage gegeben, und zwar in Form der DVD Fit mit Austrofred. Leider muss ich heute, wo ich auf den Vierziger zugehe, feststellen, dass viele der Übungen auf dieser DVD mittlerweile überholt sind oder schon von Haus aus zu kurz greifen. Das Thema Prostata habe ich zum Beispiel überhaupt nicht behandelt, obwohl das, wie ich aus unzähligen Gesprächen mit betroffenen Künstlern aus der Szene weiß, für unseren Berufsstand eines der wichtigsten Themen überhaupt ist. Klar, auf der einen Seite definiert sich ein Großteil von unserer job description als Musiker über die geschlechtliche Anziehung beziehungsweise ihre praktische Ausführung, andererseits ist es oft für einen Mann das erste und gleichzeitig bedrückendste Zeichen des körperlichen Niedergangs, wenn er bei der quasi Ausscheidung, also beim Schiffen auf deutsch gesagt, nicht mehr jeden ein-
zelnen Tropfen perfekt zurückhalten kann – und beides spielt sich in derselben Körperregion ab! Oder wie es der berühmte österreichische Dichter Heinrich Heine (nach deiner Zeit) einmal ganz richtig formuliert hat: Was dem Menschen dient zum Seichen, damit schafft er seinesgleichen. Es ist eine typische Schweinerei des Schicksals, dass akrat der Heine dann in Paris, wo er bekannterweise gewohnt hat, von einem Ast erschlagen worden ist, und von dem her quasi von einem Phallussymbol. Gerade in diesem Zusammenhang täte es mich, lieber Wolfgang, extrem interessieren, wie du dich körperlich fit gehalten hast zu deiner Zeit, nur kann ich dich das halt leider nicht mehr persönlich fragen, weil du liegst ja schon unter der Erde, seit zweihundert Jahren. Wobei: In Wirklichkeit weiß ich eh nicht, ob du da wirklich der optimale Ansprechpartner wärst, weil erstens warst du ja kein Bühnenperformer – außer wenn
du mal gach dem Salzburger Erzbischof oder der Maria Theresia ein neues Sonaterl vorgespielt hast – sondern ein Arrangeur und Composer, was ja in erster Linie eine sitzende Tätigkeit ist, und zweitens bist du, wenn du einmal ganz ehrlich bist, nicht einmal 36 Jahre alt geworden, d.h. ganz so perfekt dürftest du dir eh nicht auf deine Gesundheit geschaut haben, weil 36 ist schon eine eher schwache Leistung, da bin ja sogar ich schon drüber – 1:0 für den Champion – womit ich natürlich deine eindeutige Meisterschaft in anderen Fachbereichen absolut nicht schmälern möchte, beim Notenschreiben zum Beispiel, weil da bin ich zugegebenerweise eher schwach übersetzt. Andererseits braucht man die Notenschreiberei heute auch nicht mehr wirklich, weil ich klopfe halt meine kompositorischen Einfälle gleich direkt ins Midi-Programm, und wenn ich nachträglich etwas ändern möchte oder ich mich einmal ein bisschen in der Tonart vertapple, dann wähle ich die entsprechenden Noten einfach im ComposeFenster an und erase sie. Ja, so geht das heutzutage, mein lieber Amadé. (Aber die moderne Computertechnologie erkläre ich dir ein anderes Mal, das führt uns jetzt ein bisschen zu weit weg von unserem Thema.) Ein Gebiet, wo du auch tendenziell die Nase quasi vorn hast, zugegebenerweise, das ist das Musiktheater, weil trotz deinem jugendlichen Sterbealter hast du ja doch etliche Opern releast, wohingegen ich bei meinem ersten Musical immer noch ein wenig hänge, obwohl ich schon ein super Libretto fertig hätte dafür. Es ist so ein bisschen eine Mischung aus deinem Barbier von Sevilla und dem Watzmann vom Ambros und heißt Der Schäflscherer vom Großglockner. Produzieren tun es der Dolezal und der Rossacher, also im zeitlosen Stil der achtziger Jahre, zwangsweise, und richtig professionell. Das Problem ist halt, dass ich für die siebzig Schafe, die in dem Stückl vorkommen – weil irgendwas muss der titelgebende Schäflscherer ja scheren –
siebzig Baritone bräuchte, und das ist teilweise den Veranstaltern zu aufwändig, beziehungsweise sind sie da ein wenig kurzsichtig. Apropos kurzsichtig: Mit den Augen hast du ja nie Probleme gehabt, oder? Zumindest wäre mir jetzt kein Bild von dir bekannt mit Brille, auch auf der Mozartkugelpackung hast du keine auf der Nase. Sei froh, kann ich dir da nur sagen, weil schön ist das nicht, wenn dir auf der Bühne eine Kontaktlinse herausfällt und du dir dann bei jedem zweiten Move denkst, au weh, jetzt bin ich drauf getreten. Einmal habe ich Glück gehabt, weil da ist sie mir ins Publikum gefallen und ich habe sie ein paar Tage später am Ebay wieder gefunden, aber das war eine Ausnahme. Nur: Was sollst du denn machen? Du kannst dir ja als Rockmusiker keine Brille aufsetzen, klar, sonst geht es dir wie dem John Lennon und du wirst als intellektuell verschrien. Dabei war das privat ein ganz ein normaler, unkomplizierter Typ, aber rein nur durch die Brille hat jeder geglaubt, geh leck, der Lennon. Was für dich in puncto Fit- respektive Wellness sicher ein Vorteil war, das war das viele Kutschenfahren früher, weil heute weiß man ja, dass bei so etwas, passiv quasi, die verschiedensten Muskeln trainiert werden. Das heutige weit ruhigere Fahren auf der Autobahn bringt da im direkten Vergleich fast gar nichts, am ehesten hat man diesen Trainingseffekt noch beim Traktor. Wahrscheinlich sind auch deswegen die Prostataerkrankungen am Land viel seltener als im quasi urbanen Raum. Und auch der Absatz von Massage- und Vibrationsgeräten ist natürlich niedriger, wenn sich die Leute sagen, und zwar zu Recht, für was brauch ich das, wenn ich mich auf den Traktor setze habe ich das auch. Wobei man sagen muss, dass das auf die aktuelle Traktorengeneration fast nicht mehr zutrifft, weil die haben teilweise Sitze drin, da schnallst du ab – das sind Luxusgeräte! Allen angehenden (männlichen) Rockkünstlern, die keinen Zugang zu einem
Traktor haben und die ihrem Körper trotzdem langfristig etwas Gutes tun wollen, möchte ich zur regelmäßigen Prostatamassage raten. Einfach den Steg zwischen Anus und Hodensack so lange reiben, bis es wurlt, das regt die Prostatatätigkeit an und macht sogar ein bisschen Spaß. Aber dir, verehrter Amadé, brauche ich so was eh nicht sagen, weil nachdem ihr ja früher noch keinen Fernseher, kein Internet und keine Playstation gehabt habt, war ja für euch diese Art von Zeitvertreib viel gängiger als heute, weswegen auch die Maria Theresia sechzehn Kinder gehabt hat und trotzdem war sie noch in leitender Position voll berufstätig. Starke Frau!
Text: Austrofred austrofred.at Bild: Michael Pointner looplogo.com
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In den Seilen Der „Landjäger“ hat einen Leibesübungen-Fokus und hetzt mich auf eine „Laienboxgala“ im zehnten Wiener Gemeindebezirk. Der Name der Location: „Salon Kral“. Der Name der Veranstaltung: „Night of the Raging Bulls“. Subbrand: „Wiener Blut“. Sämtliche Kooperations- und Medienpartner werden im Stile der österreichischen Bundesliga auch gleich im Namen mitgeführt. Wie praktisch. Man fragt sich: Ist Boxen der neue Fußball? Stimmt schon, ich hatte meine Trainingseinheiten in den Außenbezirken Wiens. Und stimmt auch, ich mache aus meiner Liebe zu Primero Carnera, Jack Dempsey und dem stets großartigen Rocky Marciano kein Geheimnis. Aber, als Chefredakteur eines Fußballmagazines fühlte ich mich dennoch ins journalistische Abseits gedrängt. Widerrede zwecklos: Ein Lokalaugenschein in Favoriten.
Text: Alois Gstöttner blois.at Bilder: Beatrix Kovats triko.at
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Im Kampf der Frauen: „K.Nette Pikante« schenkt „Vampire Princess« ein und holt sich den IRBF-Weltmeistergürtel der Frauen. Ihr Logo ist übrigens ein Blatt Pikantwurst.
Publikumsliebling und der Mann des einfachen Volkes, sowie der Westtribüne von Rapid Wien: „Schlachthof Seppi“ (links) fertigt „Marquis Mayhem“ ab. Kleiner Tipp für alle heranwachsenden Nachwuchsleser: „Carpe Diem“ steht auf der No Go-Liste der Tätowierungen. Zugegeben: Haben wir mit „Marquis Mayhem“ nicht persönlich abgesprochen.
Hier wurde ganze Arbeit geleistet. Wurde doch das Nummerngirl extra von „Vice“ gecastet. Kitty, ihr Name. Bildhübsch. Wir mochten sie gerne. Der „Landjäger“ wohl auch. Das Magazin aus dem Bregenzer Wald, liebt ja alles und jeden.
Sigi Bergmann himself! Eine Ikone. Eine Legende. Ein glühender Verehrer von Muhammad Ali. Rund 3.000 Faustkämpfe kommentierte er. Vermutlich 2.999 mehr, als der Rest des Publikums je gesehen hat. Apropos Experte: Das Schwestermagazin „Null Acht – Magazin für Rasenpflege“ klammert er technisch unschön an seine Schulter. In den Seilen
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Aus dem Tagebuch des Kurbarons:
„Und es ward Abend und es ward Morgen, der 4. Tag“
Text: Gabrulowitsch Baron von Zanzenberg unartproduktion.at
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10.20 U
hr Kneippbecken: der Volk tritt auf - Wasser; eine Rinne kalt, die andere warm. Links und rechts eine Edelstahlgeländerstange zum Festhalten. 18 Beine heben und senken sich unregelmäßig in der Schlange: der Volk als Wassertreter. Weit tausend Jahre wassern hier, pflatschen, tropfen. Schweigend werden die angewiesenen 15 Minuten durchgetreten. Man kennt sich noch nicht, kein Witzchen, nur konzentriertes Treten. Die Welt? Weggetreten! Erotikruppe ist es keine, die sich da am Geländer weitertastet. Der Radio der jungen Therapeutin füllt den halligen Raum mit Dr. Hook „ Silvias Mother said“, dazwischen Verkehrsdurchsagen von Radio Tirol. Drei Männer mit nacktem Oberkörper, die andern mit Leibchen, Aufschriften: Team 1, I like New York, BigBandclub Kufstein, die Frauen im Hausfrauenbadeanzug. Mitten unter ihnen der Baron. Er erinnert sich an den Badeanzug seiner Frau Mutter und den von der Frau Bürgermeister, als sie 1965 in Rimini waren. Bäuche hängen herab, knorrige Waden rufen: „Arbeit war unser ganzes Leben“. Allesamt schwere Kaliber, an Gewicht und an Lebensgeschichten und Lebenserfahrungen. Die unsicheren müden Gesichter führen nichts mehr im Schilde. Hauptsache durchkommen, Gesund heit, keine Schmerzen mehr. Sie haben genug erlebt, das gemeinsame Wassertreten ist jetzt Erlebnis genug. Keiner muss sich hier vor dem andern hervortun, das ist für alle angenehm. Alle schauen gleich schlecht aus. Der ausrangierte Baggerführer stampft vor dem alten Lehrer, die Landesbeamtin tritt hinter der Trafikantin, dazwischen wasserschreitet der Kurbaron. Keiner weiß vom anderen, was bei ihm kaputt ist, aber jeder weiß, dass alle mindestens ein Leck haben. Man bleibt zurückhaltend und scheu, sagt sich nicht, was man hat. Es sind ja noch lange drei Wochen, die bei den gemeinsamen Essen („Bei den Essenszeiten legen wir großen Wert auf Pünktlichkeit“ – zit. aus der Eingangspredigt des Hoteldirektors) beredet sein wollen. Die ganz junge Kneipp-Therapeutin, kernig & land-
zeitgeprägt schleust wortlos freundlich eine Gruppe nach der anderen durch Pfarrer Kneipps Wassererfindung. So geht es den ganzen Vormittag. Sie ist froh, dass niemand eine Frage stellt. Man würde sie im Wasser-und Radiolärm ohnedies schwer verstehen. Der Kurvolk trägt weiß. Gut 200 Bademäntel sind im Hotel unterwegs. „Diese Badetasche und den Bademantel stellen wir ihnen gerne während der Dauer Ihres Aufenthaltes kostenlos zur Verfügung“ (aus dem Kurprospekt). 200 Badetaschen schlenkern, schlenkern, schlenkern da, schlenkern dort, schlenk. Ich schlenkere, du schlenkerst, er schlenkert, sie schlenkert, es schlenkert uns. Wir sind Badetaschen, schlenkernde Badetaschen sind wir. „Bei ihrer Abreise bitten wir Sie, die Badetasche und den Bademantel gemeinsam mit dem Zimmerschlüssel an der Rezeption abzugeben. Bei Verlust müssen wir ihnen Euro 60 für den Bademantel und Euro 40 für die Badetasche in Rechnung stellen.“ Der Kurvolk schleicht lautlos auf den Spannteppichen den Wänden der labyrinthischen Hotel-Gänge entlang und hofft auf ein Schild, das ein Ziel anzeigt und dem weichen weißen Wandern in den bunten Päätschchen die richtige Richtung gibt: zum Speisesaal, zum Kursaal, zu den Therapieräumen, zum Hallenbad, zur Kurkapelle, zum Kälteraum, zum Tretbecken. Die KKK* kommen von nirgendwo her und müssen irgendwo hin. Wo hin steht auf dem Kurzettel. Das Personal ist durchwegs freundlich, wirkt gemeingesund und gut abgerichtet. Es scheint jedoch, dass dieses Personal einen gewissen mitleidigen Blick drauf hat, stellt der Baron fest. Es könnte sogar sein, mutmaßt er weiter, dass die Bediensteten, wenn sie hinter der Tür mit der Aufschrift „NUR FÜR HOTELPERSONAL“ verschwinden, sie verschwinden nämlich immer nach ein paar Schritten hinter einer derartigen Türe, dahinter einen bis dahin zurückgehaltenen Lach anfall ausbrechen lassen und sich dort über die Kaputten da draußen halb kaputt lachen. Diesen Gedanken wurde er nicht los. Überhaupt erschien ihm das Hotel verdächtig. Es könnte direkt ein
virtuelles Purgatorium** sein. Es könnte sein, dass man hier überhaupt nie mehr herauskommt, dass dieses Häring, dieses Tiroler Nest mit Bergbaulöchern und einer meist leeren Landstraße auch ein virtuelles hingeklicktes Flyerdorf ist. Vielleicht ist das Kurhotel ein getarntes Sterbelager; alle die hier herumrennen, könnten bereits gestorben sein. Der Baron erinnert sich an das Ende des Films „Der Sinn des Lebens“ von Monty Python. Er beschließt, mittels eines rituellen Buchaufschlags die Bibel zu befragen, stellt sich, in seiner Hotelzelle angelangt, auf einem Bein vor das Nacht kästchen, das andere legt er seitlich an, klopft sich dreimal an den Kopf, öffnet stehend auf einem Bein die Schublade, nimmt die Bibel heraus, schlägt sie auf, liest laut: „Der Tag des Herrn kommt wie ein Dieb in der Nacht. Wenn sie sagen werden, es ist Friede, es hat keine Gefahr, dann wird sie das Verderben schnell überfallen wie die Wehen einer schwangeren Frau und sie werden nicht entfliehen. So lasst uns nicht schlafen wie die anderen, sondern lasst uns wachen und nüchtern sein.“(1. Brief Paulus an die Thessaloniker Abs. 5). Ein eindeutiges Indiz. Baron von Zanzenberg
*Krankenkassakurer, etwa 95% der Kurgäste, ganz wenige (Vermögendere) sind Privatgäste **Im christlichen Glauben Ort der Läuterung für im Zustand der Sünde Verstorbene, bevor sie in den Himmel aufgenommen werden. Die „armen Seelen“ verbleiben nur vorübergehend im Purgatorium
Contusio = Prellung
Das Fußballspiel ist freilich auch eine Leibesübung. Eine recht lustige und feine zumeist. Bei aller Gaudi kann es aber auch sein, dass sich Fußballer weh tun. Nicht immer muss gleich ein Knochen gebrochen sein – auch eine Prellung kann ganz schön martern. Und selbst die Diagnose muss ein Kicker erst mal verschmerzen. Dr. Pennwieser plaudert aus dem medizinischen Nähkästchen und beschränkt sich dabei auf den Fußball – sportartmäßig.
Bei j
edem Spiel krachen Kicker ordentlich zusammen. Sie hauen sich den Kopf an, bekommen einen Tritt vor das Schienbein und stürzen unglücklich auf die Hand. Wenn nichts gebrochen, gerissen oder verdreht ist, wurde die entsprechende Körperpartie meist geprellt. In der Medizin spricht man dann von Kontusion – eine der häufigsten Diagnosen in der Unfallmedizin. Denn eine Kontusion kann jeden Körperteil betreffen. Geraten zwei Spieler beim Kopfball mit ihren Schädeln zusammen und keiner bleibt bewusstlos liegen, diagnostiziert man eine Contusio capitis. Eine Brustkorbprellung nach einem Tritt gegen den Thorax ohne Rippenbrüche nennt man Contusio thoracis. Ein Schuß in die Hoden mit Prellung der Selben bekommt die Bezeichnung Contusio testis. Selbst der Augapfel lässt sich prellen. Eine Contusio bulbi führt dabei nicht selten zu Verletzungen der Netzhaut oder Aderhaut. Häufiger sind jedoch Prellungen der Extremitäten. Sprich ein Bein, ein Fuß, eine Hand, oder ein Ober- oder Unterarm tut weh. Zwecks genauer Diagnose, oder um sich die Bestätigung zu holen, dass wirklich alles kaputt ist, muss der Kicker aber ins Krankenhaus. Und wenig später – nach durchgeführtem Röntgen – fiebert er dem Befund entgegen. „Herr Doktor, ist der Knochen gebrochen oder nur geprellt?“ ist schließlich die ängstliche Frage des Pa-
tienten. Kann der Mediziner keine frische traumatische Knochenveränderung am durchleuchteten Gebein feststellen, wird dieser antworten: „Nein, gebrochen ist nix“. Im Gesicht des Patienten lässt darauf hin die Anspannung sichtbar nach und Erleichterung setzt ein – vorerst. Kein langwieriger Gips oder Operation wird vonnöten sein, und in ein paar Tagen ist wahrscheinlich wieder alles gut. Die Entlastung währt bei vielen Patienten aber nur kurz. Besonders bei Männern kommt es nach der ersten Entwarnung oft zu einer sonderbaren Reaktion. Wenn nichts gebrochen ist, woher kommen dann diese unglaublichen Schmerzen? Rechtfertigt eine Prellung überhaupt den Besuch eines Krankenhauses – den ganzen Aufwand? Der Patient ist womöglich mit dem Rettungsauto in die Ambulanz gekommen, nachdem er zuvor eine lange Nacht gelitten hat. Vielleicht hat er auch Sätze gesagt wie: „Wenn ich einmal zum Doktor geh, muss es schon was ganz Arges sein“. Die Freundin hat dazu besorgt genickt, einen neuen kühlenden Umschlag gewickelt, ihren Buben also bemuttert. Nachdem es sich nun „nur“ um eine Prellung und nicht um einen Splitterbruch oder eine Knochenzertrümmerung handelt, sind manche Patienten auch irgendwie enttäuscht, ja gekränkt beinahe. So kommt es, dass der erste Satz nach der Diagnose Contusio meist ein widersetzliches „Aber eine Prellung tut oft viel mehr weh als ein Knochenbruch“ ist. An dieser Stelle beschwichtigt der routinierte Arzt mit einem empathischen „Ja, ja“, verschreibt eine Salbe, kühlende Umschläge und körperliche Schonung bis zur vollen Genesung, wünscht dem Patienten alles Gute und ist fein raus. Der nicht ganz so erfahrene Mediziner erklärt, dass man das eigentlich nicht so sagen kann. Denn obwohl eine Prellung ausgeprägte Blutergüsse und Weichteilschwellungen verursachen kann, ist die Beinhaut intakt. Diese Beinhaut, die über dem Knochen liegt, ist sehr gut mit Nerven versorgt. Diese
Nerven verursachen die Schmerzen, wenn man beispielsweise eine aufs Schienbein bekommt. Bei einer Prellung ist diese Beinhaut zwar auch angeschlagen, aber nicht durchtrennt. Verstrickt sich der Arzt dann in Sätze wie „Schmerzen sind halt was Subjektives“, kann es sein, dass der narzisstische Patient nun noch gekränkter wird und abwehrt. Oft zweifelt der Verletzte an der Kompetenz des Mediziners und beginnt die Diagnose zu hinterfragen. Hier beginnt die heikle Phase des Konflikts und beide Seiten sollten nun überlegen wie sie einigermaßen ungeschoren aus dem Ganzen wieder rauskommen. Der Arzt schlägt dann hoffentlich einen Gipsverband für eine Woche zur Ruhigstellung der schmerzhaften Körperpartie vor und der kluge Patient nimmt diesen Kompromiss an. Eine recht elegante Lösung, bei der beide Seiten ihr Gesicht wahren. Der Arzt, weil er die Anliegen des Patienten ernst genommen und seine Ruh hat. Der Patient, weil er irgendwie doch Recht hat; außerdem kann er seiner Freundin den Gips als Metapher seiner Schmerzen präsentieren und die Bemutterung sollte somit für eine Woche weitergehen. Wolfgang Pennwieser schreibt für das Fussballmagazin ballestererfm Weitere Kolumnen sind im Buch „Platzwunde“ zu finden. Erschienen im Czernin Verlag.
Text: Wolfgang Pennwieser Bild: Katharina Ralser katharinaralser.at
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ÜBU NGE N Bilder: David Schreyer schreyerdavid.com Texte: Martin Fetz, Ronald Jenny
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Ronald hebt eine so genannte „Curl“ Langhantel. Diese ist ideal für eine ansehnliche Herausbildung der Bizeps/Trizeps Muskeln in Kombination mit einer Rumpfstärkung. Sie eignet sich aber auch hervorragend für Kniebeugen, Bankdrücken und Kreuzheben. Beim Training des Bizeps (Armbeuger) bzw. des Trizeps (Armstrecker) ist darauf zu achten, mit leicht gestreckten Armen anzufangen, um die Langhantel dann langsam Richtung Hals zu stemmen. Aufgrund der geringen Komplexität dieser Übung und der deshalb oft fatalen Neigung, das Gewicht etwas zu unterschätzen, pushen sich Profis schon mal mit dem begleitenden Spruch „No pain, no gain!“. Eine Gewichtsüberschätzung ist bei Ronald definitiv nicht festzustellen.
Ute bevorzugt das passiv-statische Dehnen. Schwerpunkte werden auf die Adduktoren/Hinführer (Brevis, Longus und Magnus) und den Biceps Femoris (zweiköpfiger Schenkelbeuger) gelegt. Grundsätzlich gilt beim Dehnen, der Körper wird nicht beweglicher gemacht, sondern Bewegungseinschränkungen die durch tägliches Nichtstun auftreten, werden wieder auf das Ausgangsniveau zurückgeführt. Die Übungsausführung von Ute spricht für tägliches Training, das mögen wir!
Lukas trainiert ebenso die Bizeps/Trizeps Partie, jedoch mit einer Kurzhantel. Der Vorteil gegenüber einer Langhantel ist die höhere Variationsvielfalt und der erhöhte Koordinationsaufwand durch die ungeführte Ausführung der Bewegungen. Gerade Letzteres setzt aber auch eine gewisse Erfahrung und erhöhte Konzentration im Krafttraining voraus, um Verletzungen vorzubeugen. Lukas’ Gesichtsausdruck verrät auch schon, wie sehr er bei der Sache ist. Er achtet penibel darauf, abwechselnd jeweils gleich viel Übungseinheiten an beiden Armen zu verrichten, um auch wirklich eine symmetrische Verbesserung der Armmuskulatur zu erreichen.
Franziska stärkt ihre Nacken-, Schulter- und obere Rückenmuskulatur mit einem Expander. Dieses nie aus der Mode kommende Gerät gehört zu den ersten unverzichtbaren Fitnessgeräten in der Geschichte der Gymnastik. Die Anwendung des Expanders besteht darin, die elastischen Bänder zu dehnen. Da sich die Zugbelastung entsprechend der Spannweite unweigerlich erhöht, sollte jedoch die koordinative Herausforderung nicht außer Acht gelassen werden, da ein unbeabsichtigtes, abruptes Nachlassen des Zuges zu einem mehr als unangenehmen Zurückschnappen der Bänder in den Urzustand zur Folge hat. Zissy weiß auch, die Haltegriffe dieses unberechenbaren Bändermartyrium besonders fest umschlossen zu halten, da nur dies der wohl größten Gefahr vorbeugt: Dass der Haltegriff an den Kopf des Übenden geschleudert wird.
Gersin-Livia beschäftigt sich mit einem handelsüblichem Bauchtrainer. Die Entwickler versprechen eine Schonung der Bandscheiben und der Gelenke, wir wollen das mal glauben. Trainiert wird vor allem der rectus abdominis (gerader Bauchmuskel), dieser zeichnet sich für den von vielen angestrebte Sixpack verantwortlich. Unabdingbar für ein rückenschmerzfreies Leben scheint uns aber auch das Training der schrägen Bauchmuskeln (obliquus externus abdominis und transversus abdominis). Liebe Gersin-Livia, liebe Leser, da muss auf den Bauchtrainer verzichtet werden und es führt kein Weg an den traditionellen, seitlichen Sit-Up’s (schräger Crunch) vorbei.
ÜBUN GEN
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Berna zeigt uns den Diagonal Step, eine der Grundvariatonen der modernen Aerobic-Step-Lehre. Die Trainingsmöglichkeiten auf diesem modifizierten Melkstuhl (Vorarlberger Bauart) sind nahezu unendlich. Dennoch gilt es gewissen Grundprinzipien zu folgen: 1. Warm up (die Pumpe starten) 2. Cardio Teil (die Pumpe läuft auf Hochtouren und verbrennt das überschüssige Fett) 3. Cool Down (die Pumpe wird wieder runter gefahren und die Regeneration wird eingeleitet). Nach diesem überaus schweisstreibenden Erlebnis sollte man noch Nachdehnen und Entspannen. Eine ungeschriebene Regel scheint das Tragen von hautengen Stofffetzen zu sein. Wir mögen das zwar nicht ungern, aber ein kuscheliger Jogginanzug würde eher unserem Naturell entsprechen.
Dank den Models: Berna, Franziska, Gersin-Livia, Lukas, Ronald, Ute
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HOMAGE Geschätzter Leser, geschätzte Leserin, das unregelmäßige Magazin liegt wieder in deinen Händen. Nach über drei Jahren finden sich immer noch ein paar IdealistInnen die gewillt sind, immer wieder aufs Neue eine Ausgabe des Landjägers zu fabrizieren. Frisch, anders und thematisch am Rande des vermarktbaren Wahnsinns. Nach Themen wie: „Fleisch“, „K.O.“, „Problemzonen“ und „Trinken“ nun: „Leibesübungen“. Wir sind uns bewusst, dass wir es unseren AnzeigenfreundInnen nicht immer leicht machen. Altmodisches Schwarz-Weiss statt bunter Magazinwelt. Ums Verrecken nicht exakt A4, sondern 17 mm kleiner, kein Hochglanz sondern räudig-mattes Offset. Wir sind uns schon bewußt, dass wir fast unangenehm sind. Auf jeden Fall anders. Logisch. Genau aus diesem Grund gebührt den idealistischen Produktinformationen auf den nächsten Seiten Respekt, Hochachtung und volle Aufmerksamkeit. Wider den diversen Krisen unterstützen sie immer wieder dieses Projekt mit ihren Kreativitäten. Der Landjäger sagt: Schaut sie euch genau an. Denn sie machen uns möglich. Wir bedanken und verneigen uns! Bleibt uns weiterhin gewogen. Euer Landjäger
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bauernjäger
manche mögen’s hart Arbeit war stets die Körperliche dominante Komponente
des Bauerndaseins, und ist es wohl auch nach der landtechnischen Revolution der vergangenen Jahrzehnte noch immer, obwohl der Landwirt heute sicherlich teilweise zum Maschinenführer mutiert ist. Sport schien dem Bauern deshalb immer als etwas äußerst Lächerliches. Wieso Zeit und Kraft für nicht zielgerichtete Aktivitäten verschwenden, wenn körperliche Ertüchtigung doch ganz nebenbei bei der Arbeit auf dem Hof erzielt werden kann? Deshalb messen sich Jungbauern wohl auch heute noch bei einschlägigen Festivitäten in erster Linie in produktiven Disziplinen wie Wettmähen, -melken, -sägen oder Traktorgeschicklichkeitsfahren. Von den reinen Vergnügungssportarten konnte am ehesten noch das Schifahren toleriert werden, da es zu einer Jahreszeit ausgeübt wird, wo die Natur der Arbeit im Freien Grenzen setzt, und es bei entsprechender Perfektionierung mit einer Unterrichtstätigkeit verbunden werden kann, die zusätzliches Geld für anstehende Investitionen auf dem Hof einbringt. Apropos Vergnügen: „Was soll das für ein Vergnügen sein?“, hätte ein jeder Bauer gefragt, „einem Ball nachzurennen“, „mit dem Rad sinnlos in der Welt herumzufahren“ oder „sich im Schwimmbad in die Hitze zu legen“. In der Schweiz existieren zwar bäuerliche Sportarten wie das Schwingen (in einer anderen Ausgabe haben wir über diese primitive Art des Ringens berichtet), Steinstoßen oder Hornussen, die auf den ersten Blick schon ein bisschen
den Verdacht nach überschüssiger Energie nahe legen. Die für diese Wettbewerbe notwendige Kraft und Geschicklichkeit wurde aber zumindest in der ursprünglichen Form nicht durch spezielles Training, sondern durch das ganz alltägliche Schinden des Körpers bei der Arbeit erworben. Der eigentliche Wettkampf, den der Bauer kannte. Mehr und härter zu arbeiten als alle anderen war im Bauernstand von Kindesbeinen an der beste Weg, sich Sozialprestige zu verschaffen. Auch mit guten schulischen Leistungen kam man da nicht dagegen an, zu viele Einser im Zeugnis legten sogar eher den Verdacht nahe, man sei ein Stubenhocker und habe zwei linke Hände. Deshalb zählen zu meinen schönsten Kindheitserinnerungen Momente wie jene, als ich etwa mit acht Jahren zum ersten Mal eine Kuh gemolken habe (vorher durfte ich immer nur Vormelken) oder als ich mit zwölf einen 50 kg schweren Kraftfuttersack vom Lagerraum über eine steile Treppe in den Stall hoch zu tragen vermochte. Ein weiteres Highlight in dieser Hinsicht war, als ich mir mit Elf einen Arm brach und deswegen einen Gips trug. Dass ich erst nach drei Tagen zum Doktor gegangen war, stellt diesbezüglich zwar nur ein kleines Detail am Rande dar, war natürlich aber auch wichtig, da es meine entsprechende Härte im Nehmen unter Beweis stellte. Was mich wirklich stolz machte war, dass ich trotz der Behinderung fast die uneingeschränkte Arbeitsleistung erbrachte. So kann ich mich erinnern, dass einmal mein Vater und ich alleine auf der Alpe waren, und ich es trotz Gips fertig brachte, mit der Maschine 25 Kühe zu melken. Als wir gegen Mitternacht fertig waren, wurde im Radio gerade das Elfmeterschießen des legendären Halbfinalspiels Frankreich – BRD bei der WM 82 übertragen. Am nächsten Tag war Zeugnisverteilung und ich konnte, der ich die letzten Schulwochen geschwänzt hatte, weil es auf der Alpe Dringenderes zu tun gab, auch noch ordentlich damit angeben, dass ich um die Zeit noch auf gewesen war. Auch
als eine Nachbarin, die zufällig zur selben Zeit wie ich beim Doktor war, als man mir den Gips abnahm, meiner Mutter erzählte, aufgrund meiner Anwesenheit habe es im Warteraum derart bestialisch gestunken, dass es kaum auszuhalten gewesen sei, weil der mit Kuhscheiße und inzwischen vergorener Milch getränkte Gips ein recht intensives Duftsignal aussendete, empfand ich dies keineswegs als peinlich sondern vielmehr als Bestätigung meiner außergewöhnlichen Leistung. Trotz meines uneingeschränkten Einsatzes klebte aber, wegen meiner trotzdem immer recht ansprechenden schulischen Leistungen, das oben erwähnte Stigma des Musterschülers an mir, mit dem in unserem Milieu auch trotz mannsgleicher Arbeitsleistung und unzähliger Siege bei Pausenschlägereien nur schwer das Image eines wirklich harten Hundes zu verbinden war. Deshalb genoss ich es sehr, als anlässlich der Schiwoche die daheim gebliebenen 1. und 2. Klassenzügler zusammengelegt wurden. Es handelte sich praktisch ausschließlich um Bauernkinder, deren Eltern entweder nicht das Geld dafür aufbringen oder wie in meinem Fall (mein Bruder war in dem Winter gerade beim Bundesheer) morgens und abends nicht auf die Mithilfe der Kinder im Stall verzichten konnten. Da ich praktisch der Einzige aus der Streberliga in diesem Kreis war, konnte ich endlich jenen mein wahres Gesicht zeigen, zu denen ich eigentlich gehören wollte. Kräftemäßig war ich einer der besten und auch an ungehobeltem Verhalten ließ ich es nicht mangeln. Vereint mit dem „Salz der Erde“ (wobei die „Stones“ hier nicht unbedingt den allgemeinen Musikgeschmack trafen) war ich endlich auf Du und Du mit Leuten wie Werner, dessen Vater den Ruf eines unheimlichen Schinders genoss, eine Etikette, die zwar eine leicht negative Konnotation mit sich trug, im Grunde aber als Auszeichnung galt. Werner war zwar ein absoluter Turnmuffel, wenn es aber um Traktor- oder Mähtruckfahren und alle andern Arten landwirtschaftlicher Arbeiten ging, brauchte ihm kei-
ner was vorzumachen. Später gründete er eine kleine Baufirma, wobei er natürlich nicht der Typ war, der sich im Chefsessel zurücklehnte, sondern an vorderster Front malochte, was das Zeug hielt. So kam mir dann in späteren Jahren die Losung zu Ohren, die er angeblich einmal ausgegeben hat und die ob nun wahr oder nicht für einen Bregenzerwälder Bauernsohn fast nicht charakteristischer sein kann: „Wenn man sich abends noch bücken kann, um sich selber die Schuhe aufzubinden, dann hat man nicht richtig gearbeitet!“
Text: Robert Hiller Bild: hotshit.me
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Versuch 2 17.08.2008
Konzept & Fotografie: Oona Peyrer-Heimst채tt oonapeyrer.net Technische Umsetzung: Katharina Gr채ser
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Früher war’s auch nicht besser!
Text: Reynar Bild via Flickr: .dan
57 Wie i
n den frühen Tagen als wir noch die Schulbank drückten, da konnte noch jeder irgendwie das machen, was er wollte. Klar, es herrschte Schulpflicht und Dauerschwänzen fiel früher oder später auf, doch ab und an konnte man es sich ja richten nach Belieben. Zumal in den Nachmittagsstunden, vorwiegend belegt mit so fordernden Fächern wie bildnerische Erziehung oder Leibesübungen, bei so manchem die Motivation schwand. Schnell wurden Arztbesuche locker eingeschoben, eine Ausrede rasch erfunden und eine Entschuldigung für das Fernbleiben fix angefertigt. Dabei konnten Schüler grundsätzlich in zwei Gruppen eingeteilt werden: In jene die gerne Sport betrieben und in jene, die nicht so scharf darauf waren. Dadurch wurde auch die Anwesenheit bestimmt, dies hat sich bis heute nicht geändert. Es bleibt immer dasselbe Manche haben sich von der Schulzeit die bildnerische Erziehung auf die eine oder andere Art erhalten, die anderen die Leibesübungen und manche Glückspilze gar beides. Bewegung und Sport scheinen immer wichtiger zu werden, so wird es uns schließlich in regelmäßigen Abständen von Ernährungswissenschaftlern, Ärzten, Politikern und auch Kleinhandelswarenverkäufern immer wieder eingebläut. Deren guten Ratschlägen folgend versuche ich jede Woche meine eigenen Leibesübungen zu veranstalten, um das leibliche Wohl des Freundeskreises aufrecht zu erhalten und dadurch die Volkswirtschaft in Zeiten der Krise zu unterstützen, indem Krankenstände durch regelmäßige Sportausübung reduziert werden. Somit versammeln sich jede Woche mehr oder weniger begabte Er-
wachsene an einem idyllischen Fußballplatz in ihrer Nähe und versuchen das Runde ins Eckige zu befördern. Denn die Leibesübung von erwachsenen Männern ist der Fußball! Grundsätzlich stößt dies meist auf großen Zuspruch – vorerst. Schon bald wird aus der schönen Planung graue Realität. Denn es ist eben wie in der Schule, die Anwesenheitsrate nicht immer vorzeigbar. So befand sich der Übungsleiter Anfang Mai in der schwierigen Situation, die Leute nach einem sehr langen Winterschlaf zum Kicken zu bewegen. Es mangelt dabei nicht am Bewegungswillen grundsätzlich, der ist ganz groß, jedoch vermehrt am Wochenende und⁄oder unter der Woche bis früh in die Morgenstunden. Dabei sei angemerkt, dass sich ein Montag eher weniger zum Kicken eignet. Zumal wenn viele Mitstreiter aus dem Gastgewerbe herrühren, ist der Montag ganz schlecht. Viel besser im Gegensatz dazu der Dienstag, zwar nur ein Tag nach dem ominösen Montag, doch ungleich beliebter, scheint sich doch am Dienstag der innere Schweinehund aufgrund des anstrengenden Wochenendes und der darauf folgenden montäglichen Rekonvaleszenz kurzfristig im Tiefschlaf zu befinden. Der Dienstag – ein Tag an dem die Motivation nach einem durchzechten Wochenende höher als an allen anderen Tagen der Arbeitswoche zu sein scheint. Konträr dazu der Mittwoch – ungeeignet, da er zu oft mit wichtiger passiver Fussballausübung korreliert und auch schon mal dazu benutzt wird, das zuvor erwähnte Wochenende einzuläuten. Dies gilt sinngemäß auch für die restlichen Tage der Woche, welche sich direkt proportional schlechter eignen, je näher sich diese dem Sonntag nähern. Ein anderer wichtiger Punkt für eine zahlreiche Anwesenheit beim Kickerl ist die Infrastruktur. Da die werten Herren – völlig unerwartet – stets älter und bequemlicher werden, ist es mit einem Stück Rasen irgendwo in den Pampas wie in fröhlich-bunten Kindheitstagen nicht mehr getan. Es
braucht mindestens sanitäre Einrichtungen mit Duschen und am besten noch ein daran angeschlossenes Klubheim samt reizender Kantine mit Fassbier und Currywurst. Nun diesem ist nichts entgegenzusetzen, würde es allein doch nur die Anwesenheit garantieren. Dass auch dies nicht so ist, wird dem Übungsleiter jedesmal bewusst, wenn sich das Wetter ein wenig eintrübt und am Spieltag nicht wie bestellt die Sonne scheint, sondern es etwa sogar regnet. Dabei sprechen wir hier nicht von Blitz, Donner und Hagelstürmen – auch ein nur vorüberziehender Regenguss von kurzer Dauer schreckt schon zu viele ab. Unverständlich, da sich ein Rasen nach einem kurzem Regenguss jedes Mal in einem hervorragend bespielbaren Zustand befindet! Nicht umsonst werden in den großen Fussballtempeln rund um den Globus direkt vor anstehenden Abendspielen noch fleißig die diversen Spieloberflächen genetzt, um optimale Bedingungen herzustellen. Ja selbst ein Spiel bei Regen ist wirklich ein wahres Vergnügen – nur ein Ahnungsloser, der dies noch nie versucht hat, wird hier anderer Ansicht sein. Doch dies ist ein vereinfachtes Bild eines Ausschnitts der Realität, denn hier klaffen Theorie und Praxis weiter auseinander als die legendäre Fleischwunde von Ewald Lienen. Eine suboptimale Anwesenheit zeigt sich (zum Glück) nur selten, dann aber in geballter Vehemenz. Es kam bei oben beschriebenen Bedingungen schon mal vor, dass sich der Übungsleiter alleine am Sportplatz befand, einzig und allein unterstützt vom Platzwart und auch dies nur deshalb, weil sich jener nicht etwa über die Platzverhältnisse informieren, sondern sein Routineseidl konsumieren wollte. In diesen Momenten fühlt man sich so alleine, wie es wohl dem Kolumbianer Andres Escobar erging nach seinem Eigentor im WM-Spiel gegen die USA 1994. Trotzdem wird hoffentlich dessen weiteres Schicksal nicht vom Übungsleiter geteilt. In solchen Fällen wäre ein Klassenbuch, in dem der Übungsleiter die Fehlstunden der Ein-
geladenen festhalten und daraus etwaige Repressalien ableiten könnte, von Vorteil. Leider fehlt es diesen gänzlich an Durchsetzbarkeit, denn jegliche Vergeltungsmaßnahme würde die Kicker wohl endgültig vergrämen. So ist er gezwungen seine Mitspieler zu hegen und zu pflegen, mit Zugeständnissen anzulocken, deren unentschuldigtes Fernbleiben zu akzeptieren und jedes wenn auch unpünktliche Erscheinen mit Sprechchören zu begleiten. Aus diesen Gründen ist es jede Woche ein Kampf gegen Trägheit und Lethargie. Doch wenn dieser Kampf das ein oder andere Mal gewonnen wird und sich die Spieler zum Fußballplatz begeben, dann ist Lebenslust, Bewegungsfreiheit und auch ein gesundes körperliches wie seelisches Gleichgewicht garantiert. Im Anschluss daran ist eine Dokumentation des Erlebten genauso wichtig wie das Spiel selbst, was ab und an, in Anlehnung an den zuvor angesprochenen Bewegungsdrang, auch schon mal bis in die frühen Morgenstunden andauern kann.
slow moves
Bilder: Tiziana Condito
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Der Jäger kocht
S steht
in der Türe und sagt mit bestimmter Stimme: „Aufstehen, es ist Zeit!“ Diese Worte dringen wie das Signal eines Nebelhorns in meine noch nicht arbeitenden wollenden Gehörgänge. Meine sich noch in Seenot befindlichen Körperfunktionen reagieren langsam auf das Signal. Da, ein weiterer Stoß bricht durch die Nebelwand vom Ufer zu meinem noch schwankenden Oberdeck. „Hey du, aufstehen, es ist Zeit!“ Langsam lichtet sich der Schleier und ich versuche mich mit Grunzsignalen als noch am Leben und nicht ertrunken zu zeigen. Die Motoren laufen an und nehmen Fahrt auf. „Ja, ich komme!“ Ich öffne meine Augen und verfluche diesen Tag. Die Sonne scheint und schickt das grellste Sonnenlicht durch die Schlitze in den Jalousien. Für was soll es denn schon wieder Zeit sein? Irgendwie gibt es immer für irgendwas, von dem keiner weiß wofür es ist, eine Zeit. Ich bemerke, dass ich mich noch nicht mit solch komplexen Fragen der Menschheit beschäftigen sollte. Thor schwingt seinen Feuerhammer und lässt es auf meinem Oberdeck richtig krachen. Oh verdammt, ohne Aspro wird der heutige Buß- und Bettag wohl nicht zu bewältigen sein. Mit einem Geschmack eines vor 7 Tagen verendeten Murmeltiers, das mit aufgeblähtem Körper an der prallen Sonne liegt, im Mund, mache ich mich auf ins Bad. Wasser, Wasser ist mein einzig möglicher Gedanke. Obwohl ich mich noch immer in außerordentlicher Seenot befinde und noch nicht den sicheren Boden unter den Füssen gefunden habe. Waschbecken, Wasserhahn, trinken und langsam bewegen. Geschafft! Ich richte mich auf und blicke in den Spiegel. Die roten Schwimmwestensäcke unter meinen Augen scheinen eine Einheit mit meinen Augäpfeln zu sein. Haare wie der Seewolf in seinen schlechtesten Zeiten und da, ein Schwimmreifen um meine Hüfte, damit hätte die Titanic vor dem Untergang bewahrt werden können. Was ist passiert? Meine Wahrnehmung muss
sich über die Jahre hin extrem verzerrt haben. Gleich mache ich S für den Untergang meiner einst so stolzen Kriegsflotte der Männlichkeit verantwortlich. Der Gedanke wird zwar vom noch trudelnden Oberkommando als taktisch unklug sogleich wieder verworfen. Keine unnötigen Konflikte vom Zaun brechen war die Befehlsausgabe. Ungezügelter Alkoholkonsum kann es nicht sein, nein, bei den seltenen Gelegenheiten die sich bieten, so richtig auf den Putz zu hauen. Die paar Drinks, die da gestern so locker vom hölzernen Esszimmertisch von B und U runter gerollt sind, können nicht wirklich für dieses Fiasko verantwortlich sein. Durch eine Schlacht ist dieser Krieg nicht verloren gegangen. Schon macht sich die Ladung exotischer Edelbrände unter Deck bemerkbar. „Ladung löschen!“ Der Admiral hängt über der Reling. Verdammt, bei diesem Seegang sollte Fahrt zurückgenommen werden. Erst mal rein in die Dusche. Woher kommt dieser verdammte Schwimmreifen? Damals, als ich noch regelmäßig mit C und W auf die Jagd nach frischem Robbenfleisch ging, sofern vorhanden, da war die Welt noch in Ordnung und auch mein Bauch so stramm und zäh wie ein Großmast im Wind mit vollen Segeln. Die Segel setzen, mit C und W eine Freibeutertour durch die Tavernen sämtlicher Häfen der Gegend machen, nur das konnte die Lösung meiner ranzigen Tranvorkommen sein. Das Aspro tut seine Wirkung. Ich dusche und denke dabei an die Zeit, damals, als noch jeder wissen wollte, wie man’s nun richtig macht mit den Mietzen. Heute interessiert sich dafür niemand mehr. An einem total verpatzten Abend, mit einer Menge nicht behandelbarer Patientinnen kam C zu mir und fragte mich: „Vverdammt Alter, wie soll man das hier aushalten? Bei dieser Auswahl an abgetakelter Fregatten?“ Ich blicke C in die Augen und gebe ihm den Tipp seines Lebens. Also, hör gut zu: Zuerst den Backofen auf 250 °C vorheizen. Pa-
prikaschoten in schmale Streifen schneiden, Backofen auf 180 °C herunterschalten. Die Tomaten grob hacken. Zwiebel und Knoblauch schälen und fein hacken. Muscheln im heißen Wasser kochen, bis sie sich öffnen; Muscheln, die sich nicht öffnen, sind ungenießbar und werden weggeworfen. Muscheln abschütten, Fond aufheben. Hähnchen in kleine Stücke teilen. Schweinsfilet in Würfel schneiden. Olivenöl in der Pfanne stark erhitzen und die Geflügelstücke darin anbraten, mit Salz und Pfeffer würzen. Beim Herausnehmen abtropfen lassen. Mit den Fleischwürfeln ebenso verfahren. Garnelen anbraten, bis sie eine rote Farbe haben. Fleisch, Garnelen, Geflügel warmstellen. Hühnersuppe mit etwa 500 ml der Muschelbrühe zusammen aufkochen. Im restlichen Bratfett Zwiebel und Knoblauch glasig dünsten, Tomaten und Erbsen hinzu geben und ca. 5 Minuten dünsten, Safran und Paprikapulver dazu geben, mit Salz und Pfeffer kräftig würzen, Lorbeer hinzu geben. Reis zu den Zutaten in der Pfanne geben. Kochende Suppe darüber gießen und etwa 25 Minuten köcheln, bis der Reis fast alle Flüssigkeit aufgenommen hat. Paprikascheiben untermischen. Abschmecken. Hähnchenstücke, Fleischwürfel, Muscheln und Garnelen auf dem Reis anrichten. Die Pfanne im vorgeheizten Backofen bei mittlerer Hitze 15 Minuten ziehen lassen. Paella mit Zitronenspalten garnieren und in der Pfanne auf den Tisch bringen.
gieimbiss zusammen. Nach dem ausgesprochen großzügig ausgefallenen Zwischenstopp in der Schiffskombüse lege ich mich gemütlich im Wohnzimmer auf die Couch und beschließe, morgen ganz bestimmt mit meinem harten Navy-Seals-Training zu beginnen. Doch zuerst noch ein wenig relaxen, bevor ich morgen beim ersten Sonnenstrahl in See steche.
zuTaTen 6 Personen 2 gekochte rote Paprikaschoten 600 g würfelige Fleischtomaten 1 Zwiebel 4 Knoblauchzehen 300 g Tiefkühlerbsen 1 Brathähnchen, zerteilt 250 g Schweinsfilet 400 g Venusmuscheln 6 Garnelen 750 ml Hühnersuppe 500 g. Rundkornreis 8 EL Olivenöl 2 Döschen Safran 1 TL Paprikapulver 1 Lorbeerblatt 1 Zitrone Wasser schwarzer Pfeffer Salz
Das ist alles? Ja, damit kann man fast alles aushalten. C war total von den Socken. Ich trockne meinen Seebärenkörper und überlege mir, wie ich das alte Schiff wieder flott bekomme. Ein wenig Bewegung, ein paar Seemanöver mit dem alten Kahn würden mir sicher nicht schaden. Genau, gleich eine kräftige Runde auf meiner seetauglichen Rudermaschine, das ist sicher ein Anfang. Doch zuerst widme ich mich noch dem Kühlschrank in der Kombüse und stelle mir einen kleinen Ener-
Text: Björn Matt Bild via Flickr: protectorrr
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Das Landjäger Magazin hält vom oktroyierten Sporterlebnis a la Fitnesscenter recht wenig. Tanzen liegt dem Bergvolk schon viel näher. Zu welchen Beats das Volk aus der Bundeshauptstadt ihre Ärsche bewegen, wurden die leckeren Hühner von Etepetete befragt. Freundlicherweise haben sie uns ihre Top 10-Favoriten verraten. Get roffen haben wir sie im neusten Club Wiens: der Pratersauna. Unser absolutes Highlight: die Toiletten, auch hier soll man Kalorien verbraten können, hört man.
Text: Etepetete etepetete.cc Bilder: Gersin-Livia Paya Licht: Benjamin Paya Location: Pratersauna Wien
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1 Head Shouldes Knees and Toes – K.I.G./Mile Records
www.myspace.com/kigmusic ¶ www.youtube.com/watch?v=DyJpWQi0sBM Gehört zu jedem DJ Set 2009 dazu, nicht nur weil wir alle schon im Kindergarten gerne dazu tanzten, sondern da K.I.G. auch einen grenzgenialen Clubhit daraus gemacht haben.
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Touch your Toes – Armand Van Helden www.myspace.com/armandvanhelden ¶ www.youtube.com/watch?v=lkPtBQYE3dU 5 Sterne für den Track, das Video und auch Armand Van Helden selbst, der uns einen fabulösen Abend in der Grazer Opernpassage (die er mit den besten Tracks leerspielte) geboten hat. Wir danken!
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Nike Song – Ron Caroll (Suivez Rmx) www.myspace.com/suivez ¶ www.youtube.com/watch?v=4TnfBx3RCQE&feature=related “Walking down the street with my Nikes on” und es kann eben nicht jeder gut dabei aussehen. Der It-Boy David Suivez, von unserem Lieblings-Schweizer-Power-DJ-Team, tut das aber allemal und sein charmanter Kollege Dominic Gentil sowieso - und wir ja auch.
4 Bounce – N.O.R.E./MSTKRFT
www.myspace.com/mstrkrft ¶ www.youtube.com/watch?v=uXvYZzXzyD0 All we do is party, bounce low, bounce high! Auch im A-Trak Rmx tanzbar. Party that’s what we like!
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The World’s Greatest – R. Kelly www.dailymotion.com/video/x12tbt_r-kelly-the-worlds-greatest-solly4l_music ¶ www.youtube.com/watch?v=pQ4gByyP4y0&feature=related The World’s Greatest, da Mark Prettenthaler diesen Track bei seinen Aufwärmübungen hörte, kurz bevor er seinen ersten Einsatz (nach seiner Verletzungspause) für Augsburg hatte. Diesen feierte er auch gleich mit seinem ersten Tor. We are lovin‘ it!
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Shoes – Tiga (Beni Rmx) www.myspace.com/officialtiga ¶ www.youtube.com/watch?v=lE2B8PfsvGk&feature=related Da wir ja wohl alle wissen, dass Parties bei denen man seine Schuhe ausziehen muss, scheiße sind. Deshalb: The shoes stay on my feet!
7 (I’ve Had) The Time Of My Life – Bill Medley & Jennifer Warnes
www.youtube.com/watch?v=WpmILPAcRQo ¶ www.youtube.com/watch?v=7GBy7rBzz_I&feature=related Wahrscheinlich alle Mädchen, die nicht schon damals zu cool für alles waren, haben verzweifelt versucht die Hebefigur zu schaffen.
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Sweaty – Muscles (Shazam Rmx) www.myspace.com/musclesmusic ¶ www.youtube.com/watch?v=cthwJXKFEoU&feature=related Das war der erste Track, den wir von den Punks Jump Up beim Springfestival 2008 im Dom im Berg gehört haben und es war wirklich ein schweißtreibender, hochkarätiger Eröffnungsabend.
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Dance to our Disco – Punks Jump Up www.myspace.com/punksjumpup ¶ www.youtube.com/watch?v=teEFu8CBYAQ Ein Garant für gute Laune. Wir klatschen in die Hände und tanzen auf jeden Fall zu ihrer Disco.
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Love will tear us apart – Joy Division www.youtube.com/watch?v=4yTIpcwBTTs ¶ www.youtube.com/watch?v=4yTIpcwBTTs Last but not least: dieses wunderschöne Lied zu dem wir gemeinsam mit Bruno Tait und Okinawa 69 aus Köln beim Mapping Festival in Genf eine herzergreifende Performance entwickelt haben.
Kapitulation ein Triptychon in 6 Teilen
3x täglich. Morgens, wenn beim 1000sten Jubiläum des Versuches die Luftzufuhr mittels des Brauseschlauches dauerhaft zu unterbrechen der Fuß die Kernseife erwischt, abrutscht und daraufhin der purpurblau angelaufene und seit geraumer Zeit haarbefreite Schädel gegen die cremegelben Feinstein-Keramik schlägt und sich in ebendieser ein triefendes Gesicht spiegelt, abgeleckt vom Schicksal wie ein von 100 Kälbern täglich benutzter Salzleckstein. Zu Mittag, und es wieder Zeit wird, die WC Schüssel einem Zwergpony gleich mit unnachgiebiger Härte zu Tode zu reiten, am Geräusch der plumpsenden Klößchen die Tagesverfassung festmachend. Abends, erneut reitend, stöhnend und ächzend, auf jenem quietschenden, luftbefüllten PVC-Sack, welcher nun seit geraumer Zeit den Lebensabschnittspartner nur leidlich ersetzen mag, mit einem Ohr den im Regional-TV offerierten Tiere-, Tote- und Titten-Darbietungen hörig. 3x täglich frägt sich der mit durchschnittlichem Erfolg die Reifeprüfung abgelegt habende Fonds- und Versicherungsberater, mit welchem Recht eine krummfüßige Gewitterziege wie jene blondäugige Hotelerbin auf den höher gelegenen Weiden des Lebens grast, während sich für den Fleißigen und Ehrlichen wieder nur ein faustgroßes Büschel fauliger Halme neben dem Misthaufen des Lebens ausgeht. Nun, wer glaubt die Geiß von hinten über die Wurst spannen zu können, indem er sie vorne bei den Hörnern nimmt, bittet den alten Frühpensionisten da oben nach der allabendlichen warmen Milch sicher auch noch um den Segen auf all seinen Wegen. Denn, wenn dann in zwanzig Jahren die letzten fauligen Stumpen Dosen-Prosecco ausgenippelt sind und die Prominenz der rehäugigen Hotelerbinnen gerade noch von der Länge ihrer welken Hängeschläuche übertroffen wird, ja dann wird auch dem letzten daueralkoholisierten „Ohne Fleiß kein Scheiß“-Masochisten mit einer Faustwatsche der Wind aus den Latexsegeln genommen. Und während sich die fleißigen und ehrlichen Großhandels-Lageristen, Fahrkartenentwerter und Eselsdompteure dieser Welt noch ihre eitrigen Wunden lecken ob der Gewissheit, dass eh alles keinen Sinn hat und als einziger Ausweg bleibt, sich wie zerschundenes Treibholz im seichten Strom des Daseins treiben zu lassen, tritt das Velo bereits in die 4. Kübler-Ross´sche Phase ein: die bedingungslose Kapitulation. Immer getreu dem Motto des geistig wohl bedeutendsten Führers aller Linkshänder, Paul Lafargue: „Oh Faulheit, Mutter der Künste und der edlen Tugenden, sei du der Balsam für die Schmerzen der Menschheit!“.
Text & Bilder: Velo
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//// Hardware sicher entfernen
Seien
wir uns doch ehrlich. Während des nach kontinental-europäischer Prägung durchgeführten Beischlafs nimmt der noch zeugungsfähige Teil der Bevölkerung unfassbare Mühen auf sich. Da muss gestöhnt werden wie eine verrottete Dampflok auf Bergfahrt. Durch erbitterte Stellungskämpfe hindurch ruckelt und zuckelt die Hüfte einem stotternden Wankelmotor gleich. Fleischsäcke heben und senken sich im Staccato-Puls der auf Hochleistung fahrenden Blutpumpe, während auf der gegenüberliegenden Seite kleine Brustwärzchen angestrengt ihre Köpfchen gen Himmel recken. Tja, und für was die ganzen gut gemeinten Bemühungen? Ein, höchstens zwei Sekunden an die Himmelspforte klopfen um Petrus lüstern die Zunge in den Hals zu stecken. Danach Ernüchterung, Verzweiflung ob der Niederträchtigkeit der eigenen Existenz, schlussendlich in resignierender Ermattung das Ende herbeisehnend. Wie Columbo sonntagnachts in wöchentlicher Dauerschleife. Glücklicherweise gibt es dauerhafte Abhilfe für all jene, die der Katze nicht mehr ständig Milch geben wollen. Man stelle sich nur kurz folgende Denkaufgabe: Möchte ich bis an mein Lebensende wie eine hilflose Boje in einem Meer aus Testosteron, Möpsen und Schwänzen herumtreiben, ausgezehrt vom ewigem Schwanzvergleich im Kampf um die beste - in den Worten der Gosse ausgedrückt - Pimmelgarage? Oder züchte ich lieber im eigenen kleinen Garten Röschen und kann mit dem vormaligen Objekt der Begierde leidenschaftslos Anekdoten über den Leidensweg von Lady Diana Spencer austauschen? Die Antwort liegt nahe, die Lösung noch näher. Der Verzicht auf jedwede horizontale Erfrischung, mag es auch noch so schwül sein, sowie in letzter Konsequenz die Entfernung der Samensonde. Berichte von bereits kastrierten Männern und Frauen lassen hoffen. Der Sexualdrang fällt auf unter Null, die Lust gefriert. Wer sich freiwillig die Kaulquappenleitung kappen lässt, tut dies um den bis dahin bestimmenden Daseinszwang, nämlich alles was nicht bei drei in den Bäumen ist, sofort zu nageln, hämmern, klopfen, ballern, trommeln, orgeln usw. wollen, zu beseitigen. Strecken wir den Uschi Obermaiers, Rainer Langhansens und allen anderen Geilors dieser Welt samt ihrer sexuellen Befreiung die zum Kampf geballte Faust der Enthaltsamkeit entgegen und gleiten erleichtert in einen lauwarmen Dämmerzustand aus Dressurreiten, Tiefkühltorten und dem teilnahmslosen Verzieren von Beileidskarten!
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de. Im Gegensatz zu Goldfischen, Windhunden und Kolibris hat Mutter Natur den Menschen mit jeweils zwei Daumen ausgestattet. Bestens seitlich neben den restlichen vier Wurstfortsätzen platziert, erlaubt es dem aufrecht gehenden Menschen, wozu Tiere immer zu dumm bleiben werden: Schuhe binden. Denken wir jedoch daran, mit welchem Aufwand wir hier unsere evolutionäre Vorrangstellung gegenüber den Tieren erkaufen, werden wohl nur noch einige Bondage-Fetischisten eine lustvolle Gänsehaut bekommen. Dem einen oder anderen wird der Massagestab der Kindergartentante noch in Erinnerung sein, wenn dieser aufgrund der eigenen Unfähigkeit in die rosaroten Mini-Pumas endlich eine ordentliche Schlaufe zu binden, ins Genick rauschte und man bewusstlos auf den ungebundenen Schuhen zusammensackte. Nackt, mit den eigenen Schnürsenkeln an den Heizkörper gebunden wieder aufwachend, wurden Racheschwüre ausgestoßen, welche lediglich mit weiteren Schlagmassagen quittiert wurden. Das monotone Summen tausender Massagestäbe verstummte jedoch Mitte der Achtziger Jahre des vorigen Jahrhunderts schlagartig wie das letzte schmerzverzerrte Röhren einer sterbenden Hirschkuh. Mit der marketingtechnisch äußerst intelligenten Kombination aus Klettverschlüssen und Turnschuhen eroberte die „Schnellficker-Hose unter den Schuhver schließungsmethoden“ den Kleinkindschuhmarkt. Gesprengte Ketten - respektive Bändel - im Kindergarten.
Heute, ein Vierteljahrhundert später, sind Klettschuhe nicht mehr nur beliebtes Accessoire von marodierenden Kleinkinderbanden, nein, vielmehr verkörpern diese putzigen Fell-Bändchen die Geisteshaltung einer gesamten Generation: Ehrgeiz ist die letzte Zuflucht des Versagers. Unnötige Anstrengungen wie eben das Erlernen komplexer Schnürl- und Mascherlmethoden, die erfolgreiche Absolvierung der Kindergartentanten-Schule oder das obligatorische Entkleiden zum Beischlaf werden mit der leidenschaftslosen Beharrlichkeit eines alterschwachen Waschbären vermieden. Denn, soviel ist sicher, Mutter Natur mag uns zwar zwei Daumen geschenkt haben, zum Beweis, dass sie uns Menschen lieber hat als die Tiere, gebrauchen müssen wir sie deshalb aber noch lange nicht.
/////////////////////////////////////////////////////////// Karl
Siche
r, da statistisch gesehen 95% der Landjäger-Leserschaft erst unmittelbar nach dem Fall der Berliner Mauer das Köpfchen durch den Muttermund gestreckt hat, werden die „Fraggles“ nicht jedermann ein Begriff sein. Genauso wenig wie „Barbapapas“ und Balu, der dicke Bär aus dem Dschungelbuch. Entgangen sind damit dem modernen TV Konsumenten wichtige Meilensteine in der Charakterbildung, welche durch aktuelle japanische EpilepsieKampfcomics wohl kaum ersetzt werden können. Lassen wir zur Einstimmung das Weihelied der, nebenbei bemerkt, annähernd 600mm an Körpergröße messenden Fraggles auf unser Gemüt einwirken. Exakt 600mm misst übrigens auch das Kaliber des schweren Mörsers „Karl“, welcher ausgestattet mit einer Vollketten-Selbstfahrlafette sowie einem 600PS Dieselmotor während des 2. Weltkrieges die eine oder andere Franzaken-Feste der Maginotlinie zermalmte. Ohne jedoch weiter abschweifen zu wollen, nehmen wir nun einfühlsam Fühlung zu den Fraggle Psalmen auf: Sing‘ und schwing das Bein. Lass die Sorgen Sorgen sein. In das Lied stimm‘ ein, Froh nach Fraggle-Art Die Yuppie-haft aristokratischen Fraggles scheißen mit ihrer demonstrativ zur Schau gestellten „laissez-faire“ Haltung fröhlich den kleinen grünen Doozers auf den Kopf, indem sie deren in ameisenhafter Stupidität erbauten Brücken und Häuser fressen. Sprocket, der dümmliche Hund des Wissenschaftlers, wird täglich mit sinnlosen Fangspielen in den schleichenden Wahnsinn getrieben und bei kleinen Sorgen und Wehwehchen weiß die allwissende Müllhalde „Margorie“ sicher Rat. Brechen wir die Hauptaktivitäten der Fraggles auf drei wesentliche Tätigkeiten herunter, so wären dies Fressen, Spielen und diverse Verantwortungslosigkeiten. Etwas salopp ausgedrückt, handelt es sich bei diesen putzigen Fellbällchen also um die Vorzeige- „Bon Vivants“ des Kinderfernsehens im ausgehenden 20. Jahrhundert. Als Antithese zu den bummelantischen, verlausten Geschöpfen aus Haar und Garn mit dreckigem Humor und der Tendenz andere zu quälen, sollen hier nun die Barbapapas angeführt werden. Die ewig dümmlich grinsenden, aalglatten Mozarellaklumpen haben es nicht nur geschafft, multiple Persönlichkeitsstörungen zur Tugend zu verklären, nein, mit der Hinterhältigkeit eines vom Dasein enttäuschten Dachses, der sich im Dunkeln vor die Räder des elterlichen Familienvans volltrunkener Führerscheinneulinge wirft, träufelt ihr feucht-fröhlich mit Stock im Arsch ausgedachtes Gesellschaftskonstrukt getarnt in weichen Linien und bunten Farben auf wehrlose Kinder hin-
ein. Das erbärmlich patriarchal zusammengeschusterte soziale Konzept dieser Familie, erdacht in den reaktionären Köpfen einer französischen Architekturstudentin und eines amerikanischen Biologielehrers zur Zeit der sexuellen Revolution, baut ausschließlich auf dem christlichen Grundsatz der Nächstenliebe auf. In einer ganz natürlich erscheinenden Selbstvergessenheit krümmen und winden sich die erdgeborenen, asexuellen Klumpen für uns Menschen und perfide wie man eben nur sein kann, trällern sie uns hinterrücks unsere (umwelt-) politischen Fehlleistungen in die Ohrmuschel. Uns offensichtlich für dumm verkaufen wollend, verharren die Barbapapas bis an ihr Lebensende, wenn sie dann von einem minderbemittelten Winzer angestochen oder von einem tollwütigen Marder angeknabbert werden, oder einfach von gewissenlosen neoliberalen Vollblutkapitalisten mit einem Industriestaubsauger zur Strecke gebracht werden, in ihrem dummen Grinsen. Wir hingegen strecken uns auf unserem Bambusliegestuhl, gefertigt von Minimalverdienstlern aus Neu Guinea, am künstlich angelegten Strand aus, schlürfen an einem Cosmopolitan und summen leise vor uns hin: „Deine Augen sind genauso frustriert als hättest du dich politisch engagiert“.
// »I am not interested in money. I just want to be wonderful«
Nach
dem reinen Gewissens das siebente Stück einer Sachertorte mit ordentlich Schlagrahm als Gleitmittel in den Verdauungstrakt geschoben wird und man sich dann wundert, wieso eigentlich die Sache mit Abnehmen nie wirklich klappt, muss es gesagt werden: Rohrzucker ist genauso wenig der Schlüssel zum erhofften Adoniskörper, wie es der Rahm aus biologischer Landwirtschaft oder die vermeintliche Vitaminbombe Tomaten-Mozarella-Salat beim alltäglichen 15-Uhr Overkill inklusive drei Vollkornbaguettes und einem Viertelliter importiertem Olivenöl ist. Auch die Entscheidung, den Weg von der Haustüre zur Mezzaninwohnung mit Sicht auf die gegenüberliegende Wurstwarenabteilung samt der nach geräuchertem Speck aussehenden Wurstfachverkäuferin nicht wie üblich mit dem Lift zurück zu legen, sondern eben zu Fuß zu gehen und dabei am Weg minimal 3 Zigaretten zu rauchen, wird sich noch nicht in dem gewünschten Klappergestell von Körper niederschlagen, welches sich endlich in die angesagte Ultra-Skinny-Fit Karottenröhre zwängen lässt. Obwohl man ja vom emotionalen Alter her noch gut und gerne reinpassen würde. Auch wird die Farbe der Zähne nach den üblichen halbstündigen Putzorgien 3x täglich, nicht vom seit Jahren vorherrschenden Narzissengelb in ein strahlendes Signalweiß übergehen, solange Rotwein und Zigaretten als Grundpfeiler der täglichen Ernährung dienen. Und die Haare. Tja, die werden vom angestrengten Zurechtzupfen ebenso wenig mehr oder dicker. Auch nicht, wenn nach dem obligatorisch prüfenden Blick jeden dritten Sonntag im Monat, den Tränen nahe, mit der Waldund Wiesenpampe Haarkur vom Naturmatratzen-Drogeristen versucht wird, das Anwachsen des Haar- und Talgklumpens im Duschabfluss aufzuhalten. Dabei ist die Rechnung eine ganz einfache: wer nicht zahlen will, muss warten. Genauso wie es wir Landjäger in touristisch bis zum letzten Feldhasenloch erschlossenen Regionen gewohnt sind, zwar maximal die Hälfte für unsere Tageskarte am Schlepper zu zahlen, dafür bei jedem „ach nee“ sofort in einem devoten Kniefall zusammen brechen, sofern uns der Bügelwart nicht sowieso schon in selbige Position gebracht, nachdem er seine Schneeschaufel über unsere Stirnbänder gezogen hat. Der herbeistolzierenden doppeltzahlenden Mittfünfzigerin in metallicgoldenem Schianzug wird dann lachend der Bügel unter den Arsch geschoben, während die Hand wie selbstverständlich an der Vorderseite des Bügels verharrt, einen kurzen Moment auf Tuchfühlung gehend. Wird erst einmal realisiert, dass man die karnickelgroße Wursthand nicht mehr ständig in seiner Spalte spüren will, kann man genauso gut auch auf Haarimplantate, Fettabsaugungen und Zahnbleichungen verzichten und sich entspannt, einer Presswurst gleich, in den lichtdichten Kadaversack zurückziehen um den Lebensabend mit den sich ständig wiederholenden 5 Staffeln „Friends“ und seiner beneidenswerten Porzellanhaut zu verbringen.
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///////////////////////// Aus dem Leben eines ////////////////////////// Jungunternehmers
Was B
ill Gates mit seinem Garagen-Unternehmen gelungen ist, bleibt den meisten Jungunternehmern verwehrt. Von all denen, die auf Grund des ausbleibenden Erfolges am Ende in die Garage gezogen sind, wird selten gesprochen. Einen annähernd ähnlichen Grad an Realitätsverweigerung wie bei Jungunternehmern ist nur noch in der Jungschar zu finden. Genauso missionarisch und selbstlos wie im Auffangbecken für katholische High-Potentials gehen Jungunternehmer, ohne dazu gezwungen zu werden, bei der Gründung von neuen Unternehmen zu Werke. Dabei sind die meisten unter ihnen früher oder später von der Mildtätigkeit des Konkursrichters abhängig. Was dieser nicht übers Herz bringt, wird vom Finanzamt mit Hilfe von Steuergesetzen vollzogen. Diverse Steuervorteile für Jungunternehmer erscheinen einem in diesem Licht wie die Zuckerrübe, mit der das Mastschwein zur Schlachtbank gelockt wird. In vielerlei Hinsicht ähneln Jungunternehmer den Gesellen, die morgens um halb acht beim Frühstücks-Bier in der Bahnhofsschenke ihr Glück an den Einarmigen Banditen versuchen. Falls man wider Erwarten doch mal was gewinnt, wird still noch ein Bier bestellt und die gewonnenen Münzen werden geduldig wieder dem Automaten einverleibt. Verdammt dazu, das Risiko zu tragen, das große Konzerne scheuen wie ein junges Reh die japanische Touristengruppe, heißt es dann auf zur nächsten Pilgerreise aufs Handelsgericht um ein neues Kapitel im Firmenbuch aufzuschlagen.
////////////// Geistige Entschlackung /////////////////////////////////////////im Wachkoma Immer wieder schön zu hören, wenn sich all diese amphetamingeschwängerten, Ist jagut. narzisstischen multimedia-interdisciplinary-corporate-media-information-interaction-Designerarchitekten und dergleichen bei jeder Bushaltestelleneröffnung mit ihren fünfundzwanzigstündigen Arbeitstagen versuchen, das Mutter-Teresa-Image aufzupolieren. Sind es ja auch genau sie - und nur sie - welche in vollkommener Hingabe ihre Jugend und Schönheit auf dem Altar der Selbstaufgabe opfern, ausschließlich dem höheren Zwecke dienend, die Menschheit einen Schritt weiter zu bringen. Mit der Pünktlichkeit einer morgendlichen Erektion kommen sie dann wieder, die dauer-manisch-depressiven Schlafentzügler auf Weckamin, bringen mit der Ausdauer eines hyperaktiven Kleinkindes auf Retalin-Entzug das seit der industriellen Revolution geltende Gesetz der idealen 8 Stunden Schlaf mit der Holzhackertheorie eines „individuellen Schlafempfindens“ zu Fall. Den Delfinen, Killerwalen und Seebären folgend, wird hernach im Halbhirnschlaf das eine der zwei Augen zur Ruhe gebettet, während das andere immer noch hoffnungsvoll angestrengt nach einer gestalterisch halbwegs verträglichen Platzierung des Mülleimers am Bushaltestellen-Entwurf späht. Schade, wenn dann trotz all der Hingabe und Hirnwichse die Wettbewerbs-Jury wieder einmal die Weitsichtigkeit ermangelt um die Genialität und fundamentale Richtigkeit des eingereichten Wartehäuschens ausreichend zu würdigen. Dem angeknacksten Ego zuliebe lässt man daraufhin auch wieder mal Nachsicht mit der inneren Stechuhr walten und verlässt den Kreativ-Sweatshop sonntags bereits gegen 20.30, um mit einem französischen Film-Noir Klassiker noch etwas emotionale Katzenwäsche durchzuführen. Sicher, irgendwann, da hat man auch mal etwas Glück, erhält den Zuschlag, verzichtet der zukunftsweisenden Gestaltung wegen auf das horrende Honorar und verbringt zwei, drei oder vier Jahre mit der akribischen Detailplanung von Mülleimern, Fahrplantafeln und Sitzbänkchen, damit dann spätestens beim Richtfest das schwarz-bebrillte Klappergestell an Körper, zu welchem man die Beziehung eigentlich seit Jahren abgebrochen hatte, in sich zusammenstürzt wie ein Sack loser Hirschhörner. Ist ja gut.
War nung Der inhalT Der
folgenDen seiTen isT für Personen unTer 16 jahren nichT so geeigneT. sinD sie 16 jahre oDer älTer, nur zu, bläTTern sie WeiTer. sinD sie noch klein unD haben Dieses magazin Von ihren elTern geklauT biTTe auf seiTe 83 WeiTerlesen. Danke für ihr VersTänDnis.
INFORMATION
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schulD unD sünDe Wir Waren im sWingerclub!
Text: Michaela Johannes Bild: hotshit.me
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„Komm
e am Donnerstag mit meiner Spermaschlampe!“ Wen genau robertgb mitzunehmen gedenkt, gibt er im Forum selbstvertändlich nicht Preis – schließlich ist man hier niveauvoll und diskret. Zum Glück haben wir sowieso erst am Samstag Zeit. Zeit genug, uns auf reine Körperlichkeit einzustellen. Hygienische Erscheinung und elegantes Auftreten ist dabei noch willkommene Pflicht, allein der Gedanke an die Kür treibt uns im Vorfeld den Schweiß auf die Stirn. Mit der im Forum zur Enthemmungsorgie erklärten Nacht im Hinterkopf stehen wir also zwischen amerikanischer Botschaft und diskretem Eingang. Beim Gedanken an das Innenleben des Clubs erleuchtet die rote Laterne des Eingangsbereichs auch unser Innenleben und uns wird klar: Unsere Schamgrenze verläuft geradezu deckungsgleich mit den Grundstücksgrenzen des Clubs. Auf Jenseitiges eingestellt, überschreiten wir dennoch beides und klingeln. Erste Erleichterung, als sich die Garderobe nicht als Anzug gegen HandtuchTausch entpuppt; erste Zweifel, als wir überlegen, wie wir den Abend anlegen könnten: denn selbst der klassische letzte Ausweg, sich alle anderen zur Aufregungslinderung einfach nackt vorzustellen, scheint uns hier geradezu ironisch. Entsprechend unentspannt warten wir auf den Chef. Während sich vor unserem geistigen Auge noch ein Männerkörper, dem man die sexuelle Abgebrühtheit schon von Weitem ansieht, aus einem zu tief geöffneten weißen Hemd herausschält, schüttelt uns bereits das Klische eines Publizistikstudenten im 25. Semester die schweißnasse Hand. Als er erfährt, dass wir zum ersten Mal in einem Swingerclub sind, überwölbt er uns sofort mit der Sensibiltät jenes besten schwulen Freundes, den man als 16 jähriges Mädchen immer gern gehabt hätte. Die folgende, lustigerweise als Einschulung angekündigte Anein-
anderreihung von Stehsätzen aus dem Psychologiehandbuch für ganz Arme („und das wichtigste – immer drüber reden!“), nehmen wir trotz einem Informationswert von ungefähr null dankbar an. Sollte der Bauch im Lauf des Abends etwas wollen, was der Kopf verweigert, so sollen wir ruhig Ersterem, weil schließlich Wahrem und letzlich Schönem vertrauen. Die leicht tendenziöse Erläuterung, was hier noch auf uns zukommen wird, erinnert uns instinktiv ein wenig an längst vergessen geglaubte Sommerjobs: Mitgliederwerben für den Malteser Hilfsdienst. Wie zum Beweis der hier vorherrschenden Bauchlastigkeit sehen wir hinter dem konversationswütigen Chef einen sogenannten Veteranen mit zweifacher weiblicher Begleitung am Höhepunkt seines Abends: er kriegt grad mächtig einen geblasen. Trotz der Ablenkung im Augenwinkel konzentrieren wir uns auf den Chef, der mittlerweile Mut zur Radikalanthropologie beweist: seine männlichen Gäste sind entweder ganz normal oder aber, Direktheit gefällt! einfach emotional gestört. Aus welcher Kategorie sich die Männer der im Internet angepriesenen sehr attraktiven Männerrunde rekrutieren, deren Aufmerksamkeit sich jede Dame per diskretem Wunsch an der Bar sicher sein kann, wagen wir nicht zu fragen. Ist es der paralysierte Endvierziger, der seinen Auftritt vielleicht etwas zu hintergründig mit dem Charme eines aus Gruselfilmen nicht unbedingt seines sexuellen Erfolgs wegen beliebten Untoten anlegt? Oder vielleicht doch der lüsterne Swinger-Profi, dem die Aussicht aufs Wachkoma der von ihm Begehrten einen ganzen Liter Vodka wert ist, wie er uns voller Stolz erzählt? Vermutlich hätten wir seine angebotenen Shots sogar getrunken, hätte uns der Chef nicht in eben jener Sekunde auf die sich fistenden Mädchen am Nachbartisch hingewiesen. Allein, er hat uns darauf hingewiesen. Während die Faust in dem lächerlich großmaschig gestrickten Beinkleid verschwindet, demonstriert uns der Chef stolz die Männerphantasie einer Frau-
enphantasie: einen sich zumindest unserer Phantasie entziehenden galaktischen Riesendildo. Spätestens, wenn ein Chef im Eingangsbereich wild mit Galaxisdildo gestikulierend die sorgsam in Schränken verstauten Kondome mit dem Erscheinungsbild („das ist schließlich eine Stilfrage!“) abtut, beginnt uns zu interessieren, was genau hier vom fraglichen Stil überdeckt werden soll. Wir begeben uns in die hinteren Gefilde.Im originellerweise als „Konverstatiosraum“ titulierten Hinterzimmer läuft „Kulturprogramm“ - wie haben wir gelacht. Wie haben wir geschaut, als der Pornodarsteller uns auf den Boden unseres Germanistikstudiums zurückgeholt hat – der geheime Zwillingsbruder von Thomas Bernhard wird von Susanne Winter im Grazer Stadtpark geschändet. Im als Super-Überblicksort gepriesenen Konversationsraum werden in erster Linie allerdings wir gesehen. Und zwar von Ilse. Dass unsere intuitive Replik „Ilse-Bilse...“ in gerade dieser Situation dreist scheinen muss, wird uns erst klar, als uns das „...keiner willse“ schon im Hals stecken geblieben ist. Als Frau vom Fernsehen kennt Ilse den Film natürlich auswendig und kann den mit enden wollender Spannung erwarteten Schluss des Films vorwegnehmen. Jetzt, wo wir wissen, dass die beiden hier eh nicht heiraten werden, sondern sie ihn lediglich auspeitschen und davonjagen wird, können wir uns ungehindert den Untiefen der Unterhaltung hingeben. „Ich hab’s gewusst, dass du so heißt! Du siehst einfach echt aus wie eine Michaela!“ sagt Ilses Begleiter ohne rot zu werden. Während wir uns schnell mögliche, den Michaela-Typ konfigurierende namensgleiche Prominente überlegen (Huntziker? Obama? Dorfmeister?!), führt Ilse den Gedanken peinlich unberührt weiter aus: „Echt? Hast du’s wirklich gewusst?“ Als Ilse einen gewagten, weil entblößten Spagat von Mentalismus zu Wittgensteins Sprachphilosophie (!) versucht, wird es auch ihrem Begleiter
eine Spur zu theoretisch. Ihre geistige Ausführung zur Sprachlogik wird von ihm um eine eher leibliche Einführung des logistisch Naheliegensten ergänzt. Und hier liegt einem natürlich nichts näher als man sich selbst. Wem die süßen Trauben der aktiven Teilnahme hier zu hoch hängen, wird selbst ganz zur Traube. Ein Häuflein Männlichkeit schart sich in magischer Geschwindigkeit um jede entblößte Brust und gibt einen guten Wegweiser für heiße Szenen ab. Uns weisen sie den Weg in den Korridor, dessen Dunkelheit uns nur an das Äußerste denken lässt. Hier, gewissermaßen im Prater des Clubs, spielen sich Unglaublichkeiten in lebendigen Vorher-Nachher Bildern ab. Was auf den ersten Blick nach einem distanzierten Gesprächsanfang aussieht, kann geschätzte fünf Halbsätze später schon den zweiten Blick auf öffentlichkeitswirksame Kopulation freigeben – sofern freilich die Männertraube nicht innerhalb eines Aufstöhnens bereits blickdicht gewachsen ist. Neben der strengen Kammer mit vorsintflutlichem Gynäkologenstuhl etwa steht ein älteres Ehepaar, dessen anfängliche Unscheinbarkeit sich schon auf den zweiten Blick vor allem als Schein herausstellt. Von verschiedenen Seiten wird uns ihr ohnehin offenes Geheimnis zugeraunt: Sie, eine männerverschlingende Russin, ist für ihre Lustschreie ebenso bekannt, wie ihr stoischer Gatte für seine konsequente Unbeteiligung am Wifesharing mit Publikum. Er holt sich an ihren spitzen Schreien anscheinend nur Appetit, gegessen wird hier allerdings von anderen. Tatsächlich bieten die beiden den ganzen Abend das gleiche Bild: Sie liegt als nur knapp beschürzte Empfängnisdame im Bett, während er mit verschränkten Armen den zugeknöpften Beobachter gibt. Allein der Dritte im skurrilen Bund wechselt öfter, als wir an ihrem Separee vorbeikommen. Als die alte Russin zum wiederholten Mal zu ihrem Sirenengesang anhebt,
müssen wir lachen. Strafende Blicke weisen uns erbost zurecht. Was für ein Tabubruch! Gar nicht zum Lachen ist einem ganz in weiß Gekleideten zumute. Im Dunstkreis des geradezu als Naturgesetz auftretenden Vorher-NachherPhänomens tut er uns beinahe leid. Sein Schicksal scheint heute im Vorher bestimmt zu sein, denn ein Nachher kommt trotz redlicher Bemühungen nicht zustande. Zurück im Konversationsraum kommt die Unterhaltung dort gerade richtig in Schwingung. Die Hände der noch einsamen Männer bahnen sich mittlerweile schon sehr dringlich anfragend ihren Weg in den weiblichen Schritt, während andere bereits den Letzte-HilfeSchrank mit größeren und noch größeren Requisiten des Kulturprogramms für sich entdeckt haben. „Jetzt würden wir auch ganz gern mal zuschauen“, kommt da eine Anfrage eines Pärchens in unsere Richtung. Schon möglich, dass damit nur der Weiße neben uns zur erotischen Onemanshow aufgefordert wurde. „Wir würden uns eventuell dann auch zu euch gesellen“, werden sie gleich ein bisschen konkreter. Dass sie unseren Sitznachbarn im Majestätsplural ansprechen, liegt nun doch eher im Bereich des Unmöglichen. Als uns der vermeintlich Angesprochene dann auch noch aufmunternd zunickt, wird uns die schwängernde Luft im Club zu dick. Kann sein, dass wir mit dem schalen Beigeschmack der Ungeselligkeit in Erinnerung geblieben sind – auf jeden Fall sind wir gegangen.
onanie ein Pl채Doyer
Text: J체rgen Pucher Bild: Gersin-Livia Paya
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Onani
eren ist pfui. Hat schon die Oma gesagt und der Herr Pfarrer im Religionsunterricht sowieso. Rückenschmerzen bekommt man, Akne auch und überhaupt wird man davon impotent. Nun sagen uns aber einige Statistiken, dass zwischen 80 und 95 Prozent der Männer, Buben und schon Große – Einstiegsalter etwa 10-12 Jahre, sich zumindest einmal am Tag in eine unbeobachtete Ecke zurückziehen und ein bisschen wichsen. Ich füge noch einen Verdacht hinzu: Die jeweilige Differenz auf 100 Prozent speist sich aus jenen Burschen, die selbst bei anonymen Befragungen lügen. Bei Frauen sind es nicht gar so viele, aber vielleicht lügen da nur noch mehr. Und man muss ihnen zu Gute halten, dass es, wegen der weiblichen Anatomie, halt ein bisserl mehr Aufwand ist, Hand an sich zu legen. Glaubt man also den Statistiken sowie der Oma und dem Pfarrer gleichermaßen, stellt sich allerdings die Frage wieso auf der Welt nicht lauter bucklige Menschen mit einer Unmenge Eiterpustel im Gesicht durch die Gegend laufen? Und überhaupt würde es ja dann selbst diese bedauerlichen Kreaturen bald nicht mehr geben – die Männer sind doch alle impotent. Deswegen glauben wir hier nur der Statistik, der Oma und dem Pfaffen nicht. Wir gehen sogar noch einen Schritt weiter und werden die Onanie hier, mit ein paar Abstrichen, ein wenig abfeiern. Gründe dafür gibt es genug. Wer am eigenen Leibe übt, vereint viele Dinge unter einem Dach, die sonst nur der gemeinen körperlichen Ertüchtigung zugeschrieben werden. Die Onanistin und der Onanist, und wie wir bereits wissen, sind wir hier alle gemeint, halten sich durch ihr tun fit, beugen Krankheiten vor und manche betreiben in letzter Konsequenz sogar den sportlichen Wettkampf dabei. So verbraucht man etwa bei einer Selbstbeglückung so viele Kalorien wie bei einem Zwei-Kilometer-Lauf oder 15 Minuten schwimmen. Harald Schmidt außerdem wusste, als er noch
lustig und bei SAT1 war, aus medizinischer Quelle, dass onanieren das Rohr frei macht. Leute nämlich, die das täglich tun, würden so Prostatakrebs vorbeugen, da sie die Giftstoffe regelmäßig aus dem Körper befördern. Die Medizin sieht zudem eine Steigerung der Potenz und Stressabbau durch eine gepflegte One-(Wo)man-Show. Auch andere Personen des öffentlichen Lebens wissen Positives zu berichten. So erklärte Schauspieler Dustin Hoffman, inzwischen 71, in einem Interview er halte sich seit Jahrzehnten mit Selbstbefriedigung fit. Wozu noch Sport, ist man versucht zu fragen. Nämlich auch der gepflegte Wettstreit unter Jugendlichen braucht nicht unbedingt einen Ball, andere Sportgeräte oder etwa viel Platz. Es genügt ein Schokoladekeks und eine beliebige Anzahl männlicher Onanisten. Beim so genannten Keksen stellen sich die Schwanzträger im Kreis um das Zielobjekt (das Keks) auf, vergrößern ihre Männlichkeit und versuchen am Zenit den Auswurf auf dem Keks zu platzieren. Wie bei jedem Wettstreit gibt es Gewinner und Verlierer, Letzteres sind die weniger zielsicheren Abspritzer, die das Keks verfehlen. Sie müssen die nunmehr verzierte Süßspeise als Strafe verspeisen. Der Onanie-Wettkampf als Schule des Lebens sozusagen, eine Vorbereitung auf die neoliberale Ellbogengesellschaft einmal anders. Wem die schriftliche Überlieferung dieses Spektakels hier nicht ausreicht, Keksen lässt sich auch in bewegten Bildern miterleben. Im Film „Crazy“ mit Robert Stadlober und Tom Schilling gibt es eine recht aussagekräftige Szene zu diesem Spielchen. Um einer umfassenden Betrachtung gerecht zu werden sollen natürlich auch die negativen, oder eher gefährlichen, Aspekte der Onanie nicht unter den Teppich gekehrt werden. Der Schauspieler und Onanist David Carradine verstarb unlängst in einem Hotelzimmer in Bangkok beim Spiel mit sich selbst. Wie alle Dinge kann man auch beim Onanieren übertreiben, beson-
ders wenn man dabei Körperteile auf eher unorthodoxe Weise mit Seilen zusammenbindet. An alle jugendlichen Leser: Wir glauben zwar weiterhin nicht an die Gesundheitsgefährdung nach der Pfaffen-Sicht, von den Carradine-Praktiken möchten wir an dieser Stelle trotzdem dringend abraten. Am Ende soll die Onanie aber noch einmal aufs Podest gehoben werden. Vorausgesetzt man ist nicht so ungeschickt wie Mister Carradine, ist Sex mit sich selbst eine gute Sache. Nicht umsonst sprechen wir hier von einem „Breitensport“ quer durch alle Schichten. Gut für umfassende Fitness und Wohlbefinden – rezeptfrei. Also, gehet hin und onaniert weiter. Schließen soll hier der schlaue Woody Allen, der hat einmal gesagt: „Onanie ist Sex mit jemandem, den man wirklich liebt“.
kuschel rock Bilder: Stefanie Hilgarth stefaniehilgarth.net
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(unTer) leibes端bungen f端r Den harTen mann!
Text: Ronald Jenny Bild: hotshit.me
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Die
folgenden Übungen und Empfehlungen werden Sie dazu bringen, ein besserer und ausdauernder Liebhaber zu werden. Verhelfen Sie ihren Lenden zu mehr Kraft, Ausdauer und explosiver Energie, sodass Sie Ihr(e) PartnerIn bei der schönsten Nebenbeschäftigung der Welt nicht wieder erkennen wird. Keine vorzeitigen Ejakulationen mehr, welche sich besonders belastend für eine Partnerschaft auswirken können. Keine peinlichen „Müdigkeitserscheinungen“ ihres besten Stücks mehr sondern dauerhafte und fortwährende Potenz, wann immer das von Ihnen verlangt wird. Ein guter Tipp noch, bevor es ans Eingemachte geht: Fangen Sie am besten heute noch damit an, diese Übungen zu erlernen und in spätesten 3 Monaten werden Sie selber überrascht sein, wie aufrichtig und kraftvoll Sie sprichwörtlich ihren Mann stehen können! kegelTechnik Die wohl wichtigste Übung für Sex einer nie gekannten Qualität ist die so genannte Kegeltechnik, welche nach ihrem Erfinder Dr. med. Arnold Kegel benannt ist. Diese unter anderem auch „PC-Technik“ (weil Training des Pubococcygeal-Muskels) genannte Übung verhilft Ihnen zu längeren und härteren Erektionen, weitaus intensiveren Orgasmen und kürzeren Erholungsphasen zwischen den Orgasmen. Das Geheimnis der Kegeltechnik ist das Erlernen der Kontrolle über den Samenerguss. Somit bestimmen ausschließlich Sie, wann Sie sich in einen ekstatischen Liebesrausch begeben werden! Der PC-Muskel der dabei trainiert wird, ist in Wirklichkeit eine Gruppe von Muskeln. Sie verlaufen vom vorderen Schambein bis zum Steißbein. Der Muskel, um den es uns hier genau geht, befindet sich hinter Ihrem Hodensack und vor Ihrem Anus. Im Alltag merken Sie diesen, wenn sie z.B. starken Harn-
drang haben, die Umstände es aber gerade nicht erlauben, diesem nachzugeben. Was machen Sie also? Sie halten ihn zurück und dafür bedienen Sie sich dieses Muskels. Wir werden uns nun seiner eigentlichen Aufgabe widmen und kommen damit zur Übung: Spannen Sie Ihren PC-Muskel an und entspannen Sie ihn wieder. Das mag jetzt zu Beginn vielleicht etwas schwierig sein, da Sie sich dieses Muskels bis jetzt wahrscheinlich noch nicht einmal bewusst waren, aber versuchen Sie es einfach mit der folgenden Eselsbrücke: Stellen Sie sich vor, sie müssten dringend aufs Klo, sitzen aber im Auto auf der Autobahn und bis zur nächsten Raststätte sind es noch unzählige Kilometer. Hinzu kommt, dass sich der Verkehr nur sehr zäh bewegt und im Radio wird gerade ein Stau von 6 km Länge angesagt. Sie steuern direkt auf diesen Stau zu. Es bleibt Ihnen also nichts anderes übrig, als sich zusammen zu reißen! Was in der Realität ein unbeschreibliches Martyrium wäre, machen Sie sich jetzt zunutze, um den PC-Muskel besser kennen zu lernen und aktiv zu beanspruchen. Vielleicht wird Ihnen jetzt gerade bewusst, dass sie schon einen leichten Harndrang haben – umso besser! Wenn Sie nun richtig anspannen, sollten Sie spüren, wie dieser langsam nachlässt. Entspannen Sie sich wieder und warten Sie einfach, bis der Drang zurück kommt. Fangen Sie nun wieder von vorne an. Machen Sie zu Beginn nur wenige Wiederholungen mit schnellen Kontraktionen. Notieren Sie sich die Zahl der erfolgreich ausgeführten Kontraktionen. Was Sie gerade mit Stolz erfüllt, wird Sie schon in wenigen Monaten zum Lachen bringen, denn bis dahin werden Sie ein Vielfaches dieser Zahl bewältigen. Steigern Sie mit der Zeit die Übungsdauer auf 10 – 15 min am Tag. Sie sollten mit der Zeit in der Lage sein, 1.000 Kontraktionen am Tag zu schaffen.
Das wirklich Schöne an der Kegeltechnik ist die Möglichkeit, diese zu jeder Tageszeit an jedem Ort auszuführen. Während andere sich gerade über den verpassten Bus ärgern, lachen Sie innerlich und nutzen die Zeit für das Training. Ihr Chef lässt beim Meeting auf sich warten? Kein Problem. Sie wissen ja, was Sie zu tun haben! Ob im Stehen, Sitzen oder Liegen – für das PC-Training gibt es keine Ausrede mehr. Eines jedoch sollten Sie unterlassen. Spannen Sie den PC-Muskel nie beim Urinieren, um den Erfolg Ihrer Kontraktion am unterbrochenen Urinstrahl zu messen. Dies kann zu einem gefährlichen Rückstau und damit einhergehender Blasenentzündung führen. Wenn Sie die schnellen Kontraktionen ohne Schwierigkeiten bewältigen, dann versuchen Sie sich an langsamen Kontraktionen. Spannen Sie Ihren PCMuskel an und halten Sie die Spannung für ca. 30 Sekunden. Dann lassen Sie los und entspannen auch für einige Sekunden. Machen Sie die Übung ca. 20 Minuten. Variieren Sie! Machen Sie mal schnelle und mal langsame Kontraktionen und das jeden Tag ca. 20 Minuten lang. Wie immer Ihr Trainingsprogramm letztendlich aussieht. Achten Sie darauf, dass Sie wirklich täglich trainieren. Wenn Sie sich strikt an diese Anleitung halten, werden Sie schon in Kürze bei Bedarf viel härtere Erektionen bekommen, da Sie nun durch die Kegeltechnik zusätzlich aktiv Blut in die Schwellkörper pumpen. Dazu muss der PC-Muskel aber tatsächlich sehr gut trainiert sein. Lassen Sie sich also nicht entmutigen, wenn Sie dieses Phänomen nicht auf Anhieb beobachten. Wie aber wird die Kegeltechnik beim Sex angewendet? Nachdem Sie Ihr bestes Stück in Stellung gebracht haben, machen Sie erstmal, wozu Ihnen beliebt bzw. was bei Ihrem Beischlaf geläufig ist. Ihr(e) PartnerIn wird wahrscheinlich schon ab diesem Zeitpunkt angenehm überrascht sein, da sich die härtere Erektion unter anderem auch
in mehr Volumen zeigt. Damit die Freude aber auch von längerer Dauer (als üblich) ist, müssen Sie die Kegeltechnik geschickt immer wieder einbauen, indem Sie in Ihrem Liebesrhythmus innehalten, um kurz zu „kegeln“. Mit etwas Übung müssen Sie überhaupt nicht mehr innehalten und kegeln immer wieder nebenbei. Kegeln Sie jedoch spätestens, wenn Sie spüren, dass Sie sich nicht mehr lange zurück halten können. Sie nähern sich dann dem so genannten „Point of no return“, der, sollten Sie einfach so weiter machen, unweigerlich zum Samenerguss führt. Anstatt zu ejakulieren kegeln Sie nun, was das Zeug hält und zwar feste, langsame Kontraktionen! Weisen Sie Ihren Liebessaft in die Schranken! Als Belohnung winkt Ihnen ein neues Zeitpolster, bei dem Sie genüsslich so weiter machen können, als hätten Sie eben erst angefangen. Den krönende Abschluss bildet ein weitaus intensiverer Orgasmus, als üblich – eventuell sogar der sehr seltene Multiorgasmus, denn ja, dieser ist auch beim Mann möglich! jelQen Die Technik des so genannten „Jelqens“ (arabisch für melken) führt auf indische und arabische Männertraditionen zurück und garantiert eine rein mechanisch herbeigeführte Penisverlängerung (bis zu 5 cm). Da eine gewisse Größe Ihres Liebesgeräts nicht unerheblich für eine gesunde Sexualität ist, sollten Sie diese Übung nicht außer Acht lassen. Alles was Sie brauchen, ist etwas Massageöl und einen kühlen Kopf, denn was Sie normalerweise durch diese Art von Berührung in Bereitschaft versetzt, sprich zur Erektion führt, ist bei dieser Übung nur hinderlich. Formen Sie mit Ihrem Zeigefinger und Daumen einen Kreis, ähnlich dem OKZeichen beim Tauchen. Drehen Sie nun die Hand um 180 Grad nach unten und umfassen in dieser Form Ihren Penis an der Wurzel. Der Penis sollte nur halb erigiert sein – „Halbmast“ sozusagen, im 90 Grad Winkel. Fahren Sie nun
langsam nach vorne Richtung Eichel. Sorgen Sie mit der anderen Hand für etwas „Zug“ nach hinten, sodass Sie am Ende nicht einfach nur die Vorhaut nach vorne ziehen. Wiederholen Sie diese Übung, bis sich unwillkürlich eine Erektion einstellt. Lassen Sie sich davon nicht entmutigen und warten Sie einfach ab. Falls Ihnen das zu lange dauert, „schnippen“ Sie einfach mit dem Zeigefinger einige Male auf die Eichel. Der kurze Schmerz lässt diese sich recht schnell wieder zurück ziehen bzw. auf Halbmast gehen. Fahren Sie dann mit der Übung fort und machen Sie mindestens 20 Wiederholungen. Das Geheimnis des Jelqens liegt in der kontinuierlichen Ausübung von Zug auf die halb erigierten Schwellkörper. Wie bei jeder Form von Zug oder Dehnung auf Gewebe, bleibt diesen gar nichts anderes übrig, als mit Wachstum zu reagieren. Denken Sie nur an die Indianer im Amazonasgebiet, welche ihre Ohrläppchen durch immer größere Ohrringe ins Unermessliche dehnen. Selbst Knochen werden damit zu Wachstum gebracht, wie das Phänomen der so genannten „Giraffenhalsfrauen“ beweist, welche ihre Hälse durch das Übereinanderlegen von Messingringen verlängern. Wie auch immer. Geben Sie dieser Übung mindestens 2 Jahre Zeit, um erste (messbare) Erfolge zu verbuchen. Ihr Ego wird es Ihnen dafür doppelt danken! inTimrasur Die Peniswurzel ist vom Schamhaar überdeckt. Rasiert man es ungefähr auf die Hälfte, sieht man das Glied in ganzer Länge. Auf diese Weise gewinnen Sie mindestens zwei Zentimeter an optischer Verlängerung! Im Pornogeschäft sieht man oft die komplette Intimrasur, weil dadurch der Penis noch länger erscheint. Machen Sie es den Profis nach und präsentieren Sie Ihr bestes Stück ohne lästige und ästhetisch bedenkliche Schambehaarung! abnehmen Je ausgeprägter der Rettungsring um den Bauch ist, desto kürzer erscheint
der Penis. Hintergrund: Das Gewicht des Fettgewebes drückt auf die Haltebänder des Penis, die ihn am Beckenknochen befestigen. Dadurch wird das Glied etwas in den Bauchraum gezogen. Gewicht abbauen ist also angesagt, damit er wieder in ganzer Länge erscheint. Zehn Kilo abnehmen bedeutet rund 1,5 Zentimeter mehr sichtbare Penislänge! Profil zeigen Während Ballett-Tänzer früher manchmal von einer Hasenpfote profitierten, die sie unter dem engen Trikot trugen, setzt man heute eher auf Unterwäsche mit Profil. Slips mit eingearbeiteter Mittelnaht, die ihr bestes Stück wie in einer Extra-Tasche präsentieren, machen optisch eine gute Figur – anders als normale Unterwäsche, die den Penis platt an den Körper drückt. Schließlich soll auch die „Verpackung“ Lust auf mehr machen. kürbiskerne Damit Ihre Prostata für die tollen Liebesabenteuer auch gerüstet ist, sollte es in Ihrem Haushalt nie an Kürbiskernen fehlen. Die im Volksmund auch als „steirische Viagra“ bekannten Kerne helfen beim Aufbau eines kräftigeren PC-Muskels und beugen auch möglichen Prostatabeschwerden vor. Außerdem können Sie nie früh genug anfangen, was die Vorbeugung der Krebsart Nummer 1 beim Mann anbelangt. Kauen Sie täglich dreimal einen Esslöffel Kerne gut durch und schlucken Sie diese dann. Wenn Sie Ihnen nicht schmecken, zerkleinern Sie die Kerne vorher in der Kaffeemühle oder Nussreibe und mischen Sie das Pulver in Ihr Essen wie z.B. dem täglichen Müsli am Morgen. Besser ist jedoch der Genuss der ganzen Kerne. Viele Steirer haben immer eine Handvoll Kürbiskerne im Hosensack, da sie allzu gut wissen, dass nur der kontinuierliche Verzehr zum gewünschten Erfolg führt. Das glauben Sie nicht? Fragen Sie einen Steirer und er wird Ihnen daraufhin augenzwinkernd einige Kerne in die Hand drücken, damit auch Sie endlich anfangen und begreifen!
Todsünde Trägheit Text: Tobi Degenhardt Bild: Gersin-Livia Paya
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Wie s
oll ich es ausdrücken? Wenn ich eine Birne wäre, dann wäre mein Hintern die matschige Stelle. Nein, ich sage es anders: ich könnte den ganzen Tag einfach nur herumsitzen, bis ich eine Thrombose hätte, wenn nur diese verdammte Thrombose nicht wäre. Auch nicht gut – vielleicht positiv formuliert: den ganzen Tag mit Nichtstun herumzubringen ist meine größte Begabung. Warum sollte ich mein Talent verschwenden? Also mit einem Wort: ich bin faul. Woran erkennt man einen Faulen? Der Faule hat keinen Anrufbeantworter, kauft abgepacktes Brot in Scheiben, hat mindestens drei verschiedene Fernbedienungen auf dem Nachttisch liegen, besitzt keinen Trainingsanzug, wischt niemals Staub und müsste dann bei seiner eigenen Person damit anfangen. Und er hat keine oder nur sehr spezielle Haustiere. Windhunde, Springböcke, Kolibris wird man bei ihm nicht finden, aber unter Umständen Leguane oder Salamander, also Tiere, die den ganzen Tag über das Gleiche tun wie er: gucken. Möglicherweise auch Schlangen, aber dann solche Arten, die keine nervig zappelige Nahrung verlangen, welche im Käfig gegenüber am Leben erhalten werden muss, sondern vielleicht Eierschlangen, denn so ein Ei hat man ja immer über. Oder der Faule fragt den Nachbarn beziehungsweise die Nachbarin nach einem Ei, seine einzige Möglichkeit Menschen des anderen Geschlechts kennenzulernen. Als haustiergewordene Langeweile gelten im Allgemeinen auch Fische. Doch um einen Aquariumsbesitzer adäquat einschätzen zu können und zu entscheiden, ob man mit dieser Person Bett oder Mietvertrag teilen möchte, muss man sich die Fische einmal genauer anschauen. Fisch ist hier nicht gleich Fisch. Findet man die prächtigen, eitlen Skalare vor, so kann man auf eine stolze
Persönlichkeit schließen, auf jemanden, der davon träumt, sein Leben vor dem Champagnerkelch zu verbringen, während sich draußen der Pöbel an der Scheibe die Nase plattdrückt – denn Skalare sind Geburtsadel oder sie halten sich dafür. Wollte man die Düsseldorfer Königsallee für die Damen mit den garstigen, kleinen Hunden noch attraktiver gestalten, so müsste man dekorative Glaszylinder mit diesen Fischen aufstellen. Zornige Menschen halten sich Schleierkampffische in mehreren Becken und gesellen beizeiten einen Fisch zum anderen, um sich an dem blutigen Hahnenkampf der Aquaristik zu erfreuen. Lüstlinge fangen mit Guppies an und geraten mit zunehmender Kennerschaft zu Exoten mit bizarrer Gestalt, deren Dornen, Noppen und Tentakeln den Besucher bereits ahnen lassen, wie das Sexspielzeug – oder besser: Sexwerkzeug – aussieht, das sich im Schrank unter dem Aquarium verbirgt. Aber ich schweife ab, wollte ich doch von der Trägheit und nicht von den anderen Todsünden berichten. Doch ist das Abschweifen eine Grundeigenschaft des Trägen. Nichts darf konkret gemacht, auf den Punkt gebracht, festgetackert und -gedübelt werden, sondern alles muss in einer vagen, gemütlichen Schwebe bleiben – tagelang, nein, lebenslang möchte der Faule schweifen und streifen, wäre da nicht seine Umgebung, die permanent etwas von ihm verlangt, etwas will, etwas fordert, erbarmungslos an seinem Halsband zerrt – solange, bis er irgendwann aus dem Gebüsch gekrochen kommt und zu Diensten ist. Ginge es nach dem Trägen, so würde seine Leine gekappt werden und trotzdem fände er jederzeit einen reich gefüllten Futternapf vor. Das wäre das Elysium. Aber ich wollte von den Fischen berichten – doch bevor ich das tue, muss ich noch darauf hinweisen, dass es unterschiedliche Formen der Trägheit gibt und dass die Abschweifungsproblematik nur für meine Faulheitsvariante gilt. Doch davon später. Im Übrigen hat meine Variante arge Probleme mit jeder Form der Systematik, was sich in chaotischen Hervorbringungen und einem unstrukturierten Lebenswandel offenbart. Für diese Menschen sind Terminplaner erfunden worden, die sie – als die einzigen, die so etwas wirklich benötigen – niemals benutzen. Würden sie sich dazu aufraffen können, so gingen sie an den Plänen und Verpflichtungen zugrunde, die unerbittlich fordernd Seite um Seite füllen. Die Faulheit verhindert, dass der Faule zum Stift greift und schützt damit seine faule Existenz. Weil es die Faulheit gibt, darf der Faule weiterhin faul sein: das ist der Kreislauf des Nichtstuns. Doch ich merke, dass meine Ausführungen so chaotisch werden, wie es mir entspricht – also schnell zurück zu den Fischen. Die Trägen hätten zwei Fische: Bratpfannenwelse und Hornhechte. Die einen bewegen sich unten auf dem Grund nicht,
die anderen tun das Gleiche an der Wasseroberfläche – aber beide sehen interessant dabei aus. Die Trägheit unterscheidet sich von den anderen Todsünden, weil sie nicht auf das Erreichen eines äußeren Ziels ausgelegt ist, sondern auf sich selbst Bezug nimmt. Das Nichterreichen eines Ziels ist ihr Ziel. Damit ist sie die schönste aller Todsünden, denn dieser Mechanismus macht unaggressiv. Na gut, Hitler sagt man auch nach, dass er faul gewesen sei, dass er sich den ganzen Tag auf seiner Couch lümmelte, um Filme zu gucken. Und aggressives Potential wird man dem wohl nicht absprechen können. Doch war Hitler solange nicht faul, bis er sich eine Position erarbeitet hatte, in der er faul hat sein können. Er musste raus, geifernde Reden halten, die Organisation aufbauen, seinen Kult schüren, den Überblick behalten, Nebenbuhler eliminieren, um sich dann auf dem Wotanshügel ein Homekino leisten zu können. So gesehen ist das Lamentieren von Hitlers Faulheit so eine Sache: vielleicht war der Führer gemessen an den Aktivitäten anderer Diktatoren faul, doch statt die Menschheit zugrunde zu richten, hätte er wohl noch ein Pfund Faulheit vertragen können. Vielleicht muss ich noch eine Einschränkung machen: der Faule ist solange nicht aggressiv, bis seine Faulheit angegriffen wird. Wer einem Trägen seine Trägheit abspenstig machen möchte, der hat nichts zu lachen. Der wird sich wundern, wie agil der vermeintliche Schlappfinger plötzlich werden kann, nur um seinen geliebten Zustand zu verteidigen. Die Aufforderung: „Bring du doch auch mal den Müll runter!“, wird den Faulen zu argumentativen Höchstleistungen veranlassen, aus plötzlich glimmenden Augen funkelt ein wacher Geist und zwar solange, bis der Angreifer selbst kopfschüttelnd wie ein trauriger Knecht Ruprecht mit dem Müllsack auf dem Rücken aus der Tür verschwunden ist. Dann verlischt das Lodern der Augen und das Gesicht des Trägen erschlafft wieder. Nun wird der Tugendbold sagen, dass das ja die Grund bedingung aller Todsünden sei: wenn die jeweilige Sünde angegriffen wird, wird der Sünder aggressiv. Doch, lieber Edelmensch, kann man das nicht auch von den Tugenden behaupten? Wenn jemand keusch und unbefleckt leben möchte, so wird er ebenfalls die Fäuste ballen, wenn ihm jemand hartnäckig eine Unterleibsorgie aufschwatzen will. Hier kommen wir also nicht weiter. Dann möchte ich jetzt – damit man den Eindruck hat, ich würde bei diesem Text eine geheime, ausgeklügelte Systematik verfolgen – die drei Faulheitsvarianten erläutern, die mir einfallen: da wären die Aktivfaulen, die Passivfaulen und die Pseudofaulen. Das Wort „Aktivfauler“ klingt im ersten Moment ein wenig sonderbar. Und das ändert sich auch nicht mit dem zweiten und drit-
ten Moment – also ist hier noch eine Erklärung nötig: gemeint sind Personen, die nicht bereit sind, sich mit sich selbst zu beschäftigen, bei denen keine Entwicklung festzustellen ist, die ihre Meinungen und Ansichten nicht mehr überprüfen. Aktiv wird die Auseinandersetzung mit der eigenen Person vermieden, eine Faulheit, die im Extremfall dazu führen kann, dass alles in einem blinden Aktionismus ausartet. Paradox: diejenigen, die von einem Termin zum nächsten hetzen – nach dem Job kommt das Squashtraining, dann der Rumbakurs, danach zwei Verabredungen mit Abendessen, noch eine DVD, ab ins Bett und am nächsten Tag das Ganze von vorn – diese Personen, Könige der Aktivität, können mitunter ebenfalls als faul gelten. Äußerlich agil, innerlich faul. Die Aktivfaulen legen sich ein starres Weltbild zu, sind intolerant und verbissen, sind ignorant, engstirnig, vermumpfen und verstumpfen, werden Vorurteilspropagandisten und Alternativenverächter. Hier kommt wieder die Faulheit Adolf Hitlers ins Spiel und nun muss ich, auch auf die Gefahr hin einen Aufschrei der Empörung auszulösen, nun muss ich verkünden, dass Hitler nach dieser Definition als ein sündhafter Mensch einzustufen ist. Die Mitglieder der zweiten Gruppe, die Pseudofaulen, sind nicht von Natur aus träge, sondern eigentlich hoffnungsvolle, entwicklungsbereite Menschen, die irgendwann einmal ihre Affinität zur Sucht entdeckt haben. Und das Frönen dieser Sucht hat bei ihnen einen Egalzustand verursacht. Wenn alles um einen herum egal ist, dann ist man selbst auch egal. Und wenn man selbst auch egal ist, was soll dann noch die Anstrengung. Und das Perfide daran: das, was egal macht, die Sucht, ist das einzige, was nicht egal ist. Und der Pseudofaule merkt nicht, dass seiner Faulheit ein äußerer Einfluss zugrunde liegt, dass seine Faulheit nicht frei gewählt ist, sondern bestimmt wird durch Fernsehen, Computer, Suff, Pot. Das unterscheidet ihn wiederum von dem Passivfaulen, dem Vertreter der dritten Gruppe: diesem ist nichts egal – im Gegenteil: alles ist wichtig und komplex und bedeutsam, eine kaum zu schulternde Last, ein Sisyphusbrocken, der einen Lähmungszustand auslöst, einen Verweigerungszustand, einen Ich-verschrenk-die-Arme-und-mach-dabei-die-Augen-zuZustand. Das Anfangen ist das Problem. Obwohl der Passivfaule permanent feststellen darf, dass nach dem Anfangen der Rest gar nicht mehr so schwer und unüberwindlich ist, wie er vorher erschien, findet hier kein Lerneffekt statt. Jedes Mal wieder sieht er sich mit klopfenden Schläfen Patiencen legen, während um ihn herum die Berge wachsen. Zu dieser Gruppe gehöre ich. Vereinfacht gesagt, handelt es sich bei den ersten beiden Formen um eine Selbstflucht – die einen flüchten
in starre Systeme, die anderen in Dämmerzustände – während der dritten Variante eine Weltflucht zugrunde liegt, die in der Blockade mündet. Aber wahrscheinlich ist das alles noch komplizierter und sicherlich gibt es Mischformen und Schnittmengen – doch ist mir das jetzt zu anstrengend, darüber weiter nachzudenken. Fest steht: den Faulen muss geholfen werden! Doch gibt es hier das Dilemma, dass die einen nichts von ihrer Faulheit wissen, während sich die anderen nicht zu einem Selbsthilfegruppenwochenendseminar aufraffen können. Da versickert irgendwann die Motivation des Helfenden und die armen, trägen Lämmer müssen weiter ihr sündhaftes Dasein bestreiten. Aber ist die Faulheit denn wirklich so zu verdammen? Gibt es nicht Situationen, in denen es vielleicht sogar vernünftig ist, faul zu sein, herumzuliegen, während drumherum die Welt verglüht. Hat es nicht auch etwas Sympathisches, wenn der Faule dem hochgehaltenen Leistungsideal die kalte Schulter zeigt? Liegt darin nicht eine Form der Besonnenheit, der Freiheit? Ist hier nicht der archaische Wunsch nach einem anderen Zeitalter spürbar – weg von Elektroimpulsen, Geldflüssen, Updates, Drehzahlen, Beats und Bytes per minute, hin zu einem Dasein, in dem man sanft auf eine Keule gestützt in der Sonne döst? Offenbart sich nicht in der Faulheit die eigentliche Natur des Menschen, die in dem Zeitalter der Hektik und des Herzinfarkts schnöde vernachlässigt wird? Doch halt! Genug! Es reicht! Glauben Sie mir kein Wort! Es ist der Teufel, der aus mir spricht, der schamlos versucht, meine Faulheit zu verteidigen und ihre schlimmen Seiten zu verharmlosen! Glauben Sie ihm nichts! Er will neue Menschen in den Sumpf der Untätigkeit hinabziehen, er ist auf der Suche nach neuen Opfern, will sie von Gott entfernen, auf dass sie ihre Seele seinen stinkenden Schergen überlassen, auf dass sie froschäugig im höllischen Grauen kauern, gefoltert und gemeuchelt bis in alle Ewigkeit. Man hört hier die Schreie derjenigen, die zu faul waren, die Blätter im Vorgarten zu harken, ihre Autos zu reparieren und mit ihnen herumzufahren, shoppen zu gehen, Vereine und Organisationen zu unterstützen, die zu faul waren, pünktlich zu sein, regelmäßig zu arbeiten, ihren Ablass an die öffentlichen Kassen zu entrichten, zu streiten, zu pöbeln, dabei zu sein. Glaubt mir jedes Wort: der Teufel will Euch erwischen, einfangen, in den Sack stecken. Mich hat er schon. Und ich kann nichts dagegen tun, ich komme da nicht mehr heraus. Ich bin zu faul. Todsünde Trägheit
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der sentimentale wirt
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Der Wirt scho wieder!
Der sentimentale Wirt Ich nehme diese Ausgabe des Landjägers zum Anlass, mich ein letztes Mal von meiner Erstgeburt, dem Tritsch, zu verabschieden. Ich hoffe, das war nicht die erste der zehn biblischen Plagen, obwohl: Wenn ich an die vielen Stechmücken und Stechfliegen in der Kantine denke, könnte es schon sein. Vielleicht denkt sich jetzt der eine oder andere: „Nicht schon wieder!“ und außerdem hat die Redaktion mit „Leibesübungen“ ja ein klares Thema vorge geben. Sollte es jemandem so ergehen, der blättert am besten spätestens jetzt zum nächsten Text vor. Und was die Redaktion angeht, war es mir schon immer scheißegal, was die für Themen vorgeben. Im Mai 2003, als ich vom E-Werk wieder nachhause ins Tritsch gekommen bin, war mir ein für allemal klar, dass ich Wirt bin und kein Disco-Betreiber. Voller Freude, dass ich diesen Tempel endlich losgeworden war und mit neuem Tatendrang beseelt, entstanden mit den Stammkunden an der Tritschtheke auf einmal viele neue Ideen. Hans Bach, der junge dynamische Filmverein, legte sich einen 35mm Projektor zu, suchte bei der Landesregierung um eine Lichtspiellizenz an und machte nach ein paar Umbauarbeiten am Projektor ab dem Frühjahr 2004 Kino im Tritsch. Innert fünf Jahren ca. 80 Filme, obwohl ich überzeugt bin, dass viele in Egg das bis heute nicht geschnallt haben. Aber ist ja egal, wer nicht will, der hat schon. Hans Bach hat dann auch noch ein Filmfestival organisiert und besucht seit vier Jahren als Wanderkino kleine und abgelegene Dörfer in ganz Österreich, um ihnen Kino zu bringen. Ja, die tun was bei Hans Bach, ein Ver-
ein mit Zukunft. Im Frühling 2005 entstand dann die Idee, wiederum spät in der Nacht, ein eigenes Magazin zu machen im Bregenzerwald und vielleicht später auch mal Radio. Bis zur Umsetzung und Finanzierung dauerte es noch ein Jahr und am 7. Mai 2006 präsentierten wir den ersten Landjäger im Tritsch. Im Herbst 2004 kamen die DJ´s Jo, Tommy und Peter und versorgten uns an den Wochenenden immer mit guter Musik Anscheinend zu laut, aber was soll’s. Christian F. stellte im Oktober 2004 eine geniale Page online und zum Zehnjährigen im Dezember 2006 pressten wir sogar unsere eigene Vinyl. Das Tritsch mutierte immer mehr zur Bar.Bei der Abschlussparty am 31. Mai habe ich mir gedacht: „OK, so verkehrt kann es nicht gewesen sein, wenn man den Wirten nach zwölf Jahren immer noch feiert. Ich bin sehr froh, dass ich über ein Jahrzehnt meines Lebens in diesem Lokal mit diesen Gästen verbringen durfte. Mir wurde in den letzten Wochen immer wieder die Frage gestellt, ob ich es eigentlich schon gecheckt habe, dass es jetzt vorbei ist. Eigentlich so richtig klar geworden ist es mir erst, als ich die letzten Tage alles abmontieren musste, was vorher in langer Zeit entstanden ist. Momentan sieht es im Tritsch aus wie im Wartezimmer eines Zahnarztes, nur ohne Zeitschriften. Und auf die Erkenntnis hin, dass es doch sehr düster im Bregenzerwald geworden ist, was die Einkehrmöglichkeiten betrifft, kann ich nur sagen: „Stimmt, leider.“ Ich hoffe daher, dass entweder ich selbst oder sonst wer so schnell wie möglich was Neues macht, damit wir wieder eine
gescheite Beiz haben im Bregenzerwald. Ich danke euch, den Besuchern vom Tritsch, dass ihr mir so lange die Treue gehalten habt und hoffe wir seh’n uns in der nächsten Beiz. Bis neulich, euer heute ausnahmsweise mal sentimentaler Wirt.
Text: Gunter Fetz Bilder: Nicola Alster
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Noch Fragen?
Eine hotshit.me Produktion Bild: Roswitha Natter
Wann: ab 7. Juli Wo: www.landjaeger.at
T-Shirt of the Year Inspired by Russland
Bild: Claudia Larcher claudialarcher.com
Fe s tival 03 Jul BI S 16 Aug / Alte s Hallenbad, FK / pool bar . at Offen ab 19 Uhr, lauschige Terrasse mit Lagerfeuer, Musik, Brutkasten und Open-Air-Sofas, tägl. Programm im Brutkasten ab 19.30 Uhr / Freier Eintritt zu vielen Veranstaltungen und zu mindestens einer Räumlichkeit immer / Reservierungen, Gratis-Magazin: ahoi@poolbar.at, T +43 5522 73467 / Tickets: Österreich: poolbar-Festival / Volksbanken in ganz Österreich / Ö-Ticket (oeticket.com MediaMarkt und Libro) / Musikladen Feldkirch und Rankweil (T +43 5522 41000, musikladen.com) / aha – Tipps & Infos Bregenz, Dornbirn, Bludenz / Feldkirch Tourismus (T +43 5522 73467 karten@feldkirch.at) / Dornbirn Tourismus / Bregenz Tourismus / wien-ticket.at / Paintings by Teddy Draper Jr / wz-bfg.com /
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poolbar Land of the Free
Pilamayaye wakan tanka nici un ake u wo, ahoe!
Wenn’s um Kulturförderung geht, ist nur eine Bank meine Bank.
Über Kunst und Kultur lässt sich bekanntlich streiten. Über das Engagement von Raiffeisen in diesen Bereichen nicht. Als Förderer der lokalen Kunst- und Kulturszene leistet Raiffeisen so einen entscheidenden Beitrag für die Gesellschaft und zur Lebensqualität vieler Menschen. www.rb.mbw.at