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„Unser unternehmerisches Ziel ist, dass jeder beim Thema Lauge an Ditsch denkt“

Sebastian Gooding verantwortet die strategische Ausrichtung der Brezelbäckerei Ditsch – in Europa und den USA. Auf beiden Seiten des Atlantiks sieht er Wachstumspotenzial für Laugenbackwaren. Nur sehen die jeweils anders aus, denn die Märkte und Herausforderungen unterscheiden sich.

+Helga Baumfalk: Herr Gooding, Sie leiten Ditsch jetzt im fünften Jahr. Im November 2022 wurden Ihnen mit Klaus Westerwelle (als Managing Director Operations) und Björn Tiemann (als Managing Director Sales & Business Development) zwei Co-Chefs an die Seite gestellt. Was sind die Hintergründe?

Sebastian Gooding: Grundsätzlich ist es eine Mischung aus zwei Themen. Im Prinzip hat sich nichts verändert, weil wir schon lang als Team agieren, bis auf die Tatsache, dass ich nicht mehr allein hafte.

Vor allem aber ist es ein wichtiges Zeichen nach innen und außen. Klaus Westerwelle und Björn Tiemann sind Experten auf ihren Gebieten, absolute Profis und bekannt in der Branche. Menschen, die Verantwortung für die Entwicklung, die Kultur und unsere Zukunft übernehmen und bedeutend sind für das Unternehmen, intern wie extern. So stärken wir den Ruf von Ditsch nochmals, indem wir uns ganz klar als Geschäftsführer-Trio positionieren.

Wir wollten zeigen, dass wir ein zuverlässiger Partner sind und für Long Time-Business stehen. Genau das und unsere Kompetenz für Lauge wollen wir nach außen strahlen.

Baumfalk: Was sind Ihre Aufgaben in der Team-Geschäftsführung?

Gooding: Mein Bereich sind die übergeordneten Strategien. Ich setze die Leitlinien der Führungskultur und verantworte die Ressourcen-Allokation. Hierzu brauche ich den Input meiner Kollegen, und zwar auf allen Ebenen! Und wir brauchen den gemeinsamen Austausch.

Wir erarbeiten Hypothesen und Szenarien, wobei der Kern unserer Führungskultur im dynamischen und unternehmerischen Austausch liegt. Ehrlichkeit setzen wir vor Harmonie. Dabei ist es mein Job, zwei, drei Schritte nach vorne zu denken, zukunftsorientiert und über den Tellerrand hinaus. In derselben Funktion bin ich für Ditsch in den USA tätig.

Baumfalk: Die Liste der Herausforderungen ist in der momentanen Situation lang. Wo liegen aus Ihrer Sicht die größten Baustellen?

Gooding: Die Welt hat sich verändert. Darüber brauchen wir nicht zu diskutieren. It‘s just the way it is. Entscheidend ist, sich mit der neuen Welt auseinanderzusetzen. Das haben viele noch nicht verstanden. Die aktuelle Situation erfordert eine andere Art des Managements. Nicht in dem Sinn, alles zu akzeptieren, aber in dem Sinn, mit unternehmerischem Optimismus nach vorne zu handeln. Es bedeutet auch, zurück zur Basis zu gehen. Die besten Bäcker machen das. Sie haben ihr Sortiment umgebaut, vielleicht auch dreimal – vor Covid, nach Covid, mit der Inflation. Sie versuchen, die richtigen Produkte zur richtigen Zeit anzubieten. Sie überlegen ständig aufs Neue, was ihre Basis ausmacht. Genau das ist die entscheidende Frage für jeden Geschäftsführer heute: „Bist du dir sicher, dass dein Business-Modell relevant ist?“ Wir müssen so wie nie zuvor bereit sein, proaktiv unternehmerisch von der Basis aus zu denken. Und noch etwas: Ja, die Situation ist kompliziert. Trotzdem dürfen wir uns nicht zu viel mit dem Negativen aufhalten. Lasst uns weitermachen. Es gibt viele exzellente Handwerksbäcker, Start-ups und Mittelständler, die das verstanden haben und sich behaupten.

Baumfalk: Wie entwickelt sich der Markt in den USA und welche Unterschiede stellen Sie zu Europa fest?

Gooding: Wir haben einen langfristigen Trend in den USA identifiziert. Der Markt wächst, was die Lauge anbelangt. Zu den Unterschieden: In vielen Ländern Europas ist Lauge ein kaum bekanntes Produkt, das sich quer über den Kontinent noch entwickelt. Natürlich treiben die Top 30 LEHPlayer das voran, aber auch die Foodservice-Konzepte in Hochfrequenz-Pendlerstandorten – und klar, das Oktoberfest ist ein weiteres wichtiges Brezel-Erlebnis.

In der USA kennt fast jeder „Pretzels“ durch Sport-Veranstaltungen, ob national oder regional. Schaut man ProfiSport-Ereignisse, genießt man dazu Pretzels. Es entwickelt sich gerade ein Trend hin zu „Food Service Sport Locations“. Lauge wird mehr und mehr im Foodservice nachgefragt, da Restaurantketten ständig auf der Suche nach etwas Neuem sind – vor allem das Konzept Laugenkonfekt entwickelt sich sehr stark in Food Service Chains, besonders in Sports Bars wie Buffalo Wild Wings oder Top Golf. Das bringt eine andere Dynamik mit sich. Auch die Geschwindigkeit, mit der Veränderungen die Gesellschaft durchlaufen, ist eine andere. In den USA gibt es zwar keinen derartigen Energieschock wie in der EU, auch der russische Angriffskrieg in der Ukraine wirkt sich nicht so extrem aus, aber ansonsten sind es oft dieselben Schocks, wie Inflation, Mitarbeiterverfügbarkeit und Rohstoffknappheiten, die wir durchlaufen. Nur kommen die USA da schneller wieder raus. Wirtschaftlich gesehen ist der Markt schnell, groß, bietet viele Möglichkeiten und die Amerikaner bringen einen anderen unternehmerischen Optimismus mit.

Baumfalk: Wie entwickelt sich Ihr Produktionsstandort in den USA?

Gooding: Positiv. Wir haben in den letzten vier Jahren ein kompetentes Team aufgebaut und in zwei neue Linien investiert. Eine dritte Linie soll im ersten Quartal 2023 ans Netz gehen. Dann werden wir in der Lage sein, nicht nur

„Die besten Bäcker überdenken ständig, was die Basis ihres Geschäfts ausmacht. Genau das ist die entscheidende Frage für jeden Geschäftsführer heute: ‚Bist du dir sicher, dass dein Business-Modell relevant ist?‘“

Sebastian Gooding, Geschäftsführer Ditsch Brezelbäckerei

mehr Output zu erreichen, sondern auch, Laugenbackware in einer ganz neuen Qualität auf den Markt zu bringen, und Produkte mit neuen Rezepturen. Dadurch erreichen wir einen anderen Geschmack, eine andere Farbe und eine andere Art der Teigstruktur. Das sichert uns einen Vorteil.

Baumfalk: Sind die Geschäftsmodelle für Laugenbackwaren in den USA mit dem Modell in Deutschland vergleichbar?

Gooding: Es gibt in den USA keine richtigen TK-BackwarenModelle mit Bake-off. Darin liegt vielleicht der größte Unterschied. „Thaw and serve“ sowie „Long Shelf Life“ (Haltbarkeit) ist das übliche Business. Wenn sich die USA und andere Länder für Bake-off, wie wir es in Deutschland

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