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Mädchen brauchen neue Vorbilder

Was die Welt der Influencerinnen zu bieten hat

Habt ihr als Kind auch einmal probiert, die geschlürften Spaghetti mit der Schere zu schneiden? Oder beim Nachdenken mit dem Zeigefinger unter die Nase zu streicheln? Welches Kind wollte nicht einmal Pippi Langstrumpf sein? Oder Wicky? In jedem Alter suchen Menschen Vorbilder, aber für Kinder und Jugendliche sind sie besonders wichtig. Kinder schauen sich das Verhalten anderer an und ahmen dieses nach. Über Vorbilder lernen Kinder weitaus mehr als über Bücher oder lange Erklärungen. Jugendliche versuchen wie ihr Traumfußballer zu kicken oder wie ihre Lieblings-Popsängerin zu tanzen. Vorbilder geben Orientierung, Sicherheit und auch Motivation, denn Vorbilder sind Personen, die etwas geschafft haben, die etwas besonders gut können, die erfolgreich sind und die wir bewundern. Meist sind Vorbilder Menschen, die wir gar nicht persönlich kennen. Sie stehen für Verhaltensweisen, Eigenschaften oder Einstellungen, die wir selbst nachahmen, für Werte, die wir uns gerne auf die Fahnen schreiben oder für ein Ideal. Vorbilder, Identifikationsfiguren, Rolemodels, egal, wie wir sie nennen, egal, ob fiktiv oder real, motivieren uns alle sehr stark, häufig unbewusst. Es ist nämlich leichter, sich selber in einer Rolle oder Position vorzustellen, wenn da bereits jemand ist, der uns womöglich ein wenig ähnlich ist, im Alter, Bildungsgrad oder Geschlecht. Dass es Frauen schwerer haben, eine Vielfalt an Rolemodels zu finden, darüber brauchen wir nicht zu diskutieren. Wie soll sich ein Mädchen z. B. vorstellen, eine mächtige Politikerin zu werden? Es gibt sie, die mächtigen Politikerinnen, die meisten haben aber keine Kinder. Da sehr viele Mädchen jedoch in ihrer Vorstellung auch Mutter werden möchten, ist die Message, die rüberkommt: entweder Mutter oder Karriere – beides geht nicht. Wie soll sich ein Mädchen vorstellen, eine berühmte Wissenschaftlerin zu werden? Vor einigen Wochen haben zwei Frauen den Nobelpreis für Chemie erhalten und die Medien haben massiv unterstrichen, dass es etwas Besonderes ist, wenn Frauen Nobelpreise in der Wissenschaft bekommen. Diese Beispiele sind Ausnahmen. Die meisten weiblichen Vorbilder haben folgende Merkmale: sie sind schön, sie sind barmherzig oder sie sind liebevolle Hausfrauen. Vorbilder, die dem nicht entsprechen, müssen wir gezielt suchen. Und genau das haben wir gemacht. Wir haben uns auf die Suche gemacht, dort, wo die meisten Mädchen ihre Vorbilder suchen und finden: auf Instagram und TikTok. In der Regel sind es sogenannte Influencerinnen, die auf Social Media Plattformen zu Vorbildern für Mädchen werden. Nimmt man sie genauer unter die Lupe, dann wird gleich klar, dass sie vorwiegend mit ihrem Aussehen punkten. Sie sind es, die die Maßstäbe setzen für das, was als schön, trendy und nachahmenswert gilt. Dabei bewegen sich viele Influencerinnen auf einem schmalen Grat zwischen gesundem Lebensstil und gefährlicher Selbstoptimierung. Mit ihren Botschaften erreichen sie eine nahezu unvorstellbare Zahl an Followers. An die 21,6 Mio. Followers einer Chiara Ferragni oder den 15,4 Mio. der Zwillinge Lisa und Lena kommt nicht einmal Tatort mit seinen 10 Mio. Zuseher*innen heran. Weltweit punkten die bekanntesten Influencerinnen auf TikTok mit 80 Mio. Followers, auf Instagram sogar mit 198 Mio. In der wachsenden Welt der Influencerinnen hat auch Südtirol einiges zu

Magdalena Platzer Sozialpädagogin und Mitarbeiterin in der Fachstelle Essstörungen INFES im Forum Prävention. Sie verfolgt Trends in den sozialen Medien sowie deren Einflüsse auf die Körperzufriedenheit junger Mädchen und setzt sich für eine kritische Auseinandersetzung ein.

Raffaela Vanzetta Psychotherapeutin und Koordinatorin der Fachstelle Essstörungen INFES im Forum Prävention. Seit mehreren Jahren äußert sie sich kritisch gegenüber gängigen Schönheits- und Schlankheitsidealen und gibt Tipps, wie es gelingen kann, dem Druck zu widerstehen und sich so zu akzeptieren, wie man ist.

bieten, z. B. Tania Cagnotto (391 Tsd. Followers) oder Magdalena Mittersteiner (89,5 Tsd. Followers). Auch wenn sie wegen ihrer erfolgreichen Leistungen bekannt sind, setzen sie doch ihren Körper, ihr Äußeres ins Zentrum der Aufmerksamkeit. Doch was ist es, was Influencerinnen so attraktiv für junge Mädchen macht? Der Großteil der Influencerinnen zeichnet sich dadurch aus, dass sie ihre Followers in ihrem Alltag mitnehmen – ob beim Mittag essen, bei der Arbeit, wenn sie neue Klamotten kaufen, sich mit Freunden treffen oder Sport machen. Sie antworten auf Kommentare, sprechen ihre Followers direkt an und wirken dadurch für viele Mädchen wie Freundinnen. Durch die Alltagseinblicke, die sie gewähren, wirken sie besonders nahbar. Das Idol ist kein Star, sondern das nette Mädchen von nebenan. Influencerinnen spiegeln häufig eine heile Welt wieder, in der Traurigkeit, Unzufriedenheit, Scheitern oder Fehler keinen Platz finden. Dies übt Druck aus, denn es entsteht das Gefühl, dass ein Leben ohne Schattenseiten möglich ist. Wie kann es nun gelingen diesem Druck zu widerstehen? Influencerinnen spielen eine entscheidende Rolle beim Erwachsenwerden. Besonders Mädchen sollten jedoch darin bestärkt werden Profile zu finden, die ihnen helfen ihre Fähigkeiten und Interessen zu entdecken. Naguura ist eine davon. Die 27-jährige Bruneckerin heißt offline Caroline Forer und ist professionellen Streamerin. Sie spricht fließend englisch, Menschen aus der ganzen Welt schauen ihr zu, wenn sie online spielt. Caroline verdient ihr Geld mit ihren Fähigkeiten und Fertigkeiten als Gamerin, wofür sie ihre Zuschauer*innen bewundern. Giulia Woergartner ist hauptberufliche Reise- und Landschaftsfotografin. Dafür ist sie bekannt und wird von namhaften Unternehmen gesponsert. Ebenso Petra Cola, Bergsportinfluencerin. Auf ihrem Instagram-Kanal hält sie die Abenteuer, die sie bei sportlichen Aktivitäten wie Biken, Tourenski oder Klettern sammelt, fest. Ihre Followers nimmt sie mit in diese Welt. Ihren durchtrainierten Körper setzt sie dabei weniger in Szene. Wenn wir über die Landesgrenzen hinaussehen, dann gibt es zahlreiche junge Frauen, die wegen ihrer Fähigkeiten Vorbilder sind. Von Emma Watson, über Malala, Giulia Enders oder Lena Dunham, die Welt ist voll von mutigen Frauen, die nicht nur Schönheit zu bieten haben. Mädchen brauchen vielfältige Vorbilder und wir Erwachsene können sie ermutigen. Machen wir uns gemeinsam mit ihnen aktiv auf die Suche danach. Die Welt der möglichen Rolemodels ist riesengroß, vielfältig und bunt.

Raffaela Vanzetta und Magdalena Platzer

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