Compliance Praxis 3_2019

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IDD – ein Jahr danach Die im Februar 2016 in Kraft getretene Versicherungsvertriebsrichtlinie (Insurance Distribution Directive – IDD) ist für Versicherungsunternehmen am 1. Oktober 2018 in Kraft getreten und hat alle Betroffenen intensiv beschäftigt und für Verunsicherung in der gesamten Branche gesorgt. Fast ein Jahr später sind die österreichischen Versicherer und Versicherungsvermittler noch immer von den Herausforderungen der Umsetzung betroffen. Hier eine Bilanz über zurückgelegte Meilensteine und ein Ausblick auf noch zu bewältigende Hürden bei der Umsetzung der regulatorischen Vorgaben.

Von Klaus Jarosch | Birgit Wastl

In den letzten vier Jahre hat das Thema IDD die gesamte Versicherungswirtschaft ordentlich auf Trab gehalten, hat quer durch alle Bereiche vor allem bei Juristen, Compliance-Verantwortlichen, dem Vertrieb, den Produktentwicklern und den Personalabteilungen, aber auch bei selbstständigen Versicherungsvermittlern viele Fragen aufgeworfen und insgesamt für tiefgreifende Veränderungen des österreichischen Vermittlerrechtes gesorgt, dessen konkrete Auswirkungen jetzt noch immer nicht für alle Betroffenen abschätzbar sind. Im Folgenden wird versucht, auf die wesentlichsten Probleme und Herausforderungen bei der Umsetzung einzugehen. Kehren wir zunächst einmal zurück zur rechtlichen Grundlage all dieser Neuerungen rund ums Versicherungsvermittlerrecht: Mit der Insurance Distribution Directive IDD beabsichtigte der europäische Gesetzgeber die Verbesserung der Qualität des Versicherungsvertriebs, ähnlich wie mit MiFID II im Bereich des Wertpapierhandels. Mehrere grundlegende Änderungen der bestehenden Rechtslage waren damit verbunden, wie etwa die Erweiterung des sachlichen Anwendungsbereichs der Richtlinie. Die Richtlinie findet nämlich auf jede Form des (Erst- bzw Rück-) Versicherungsvertriebs Anwendung und erfasst damit insbesondere auch den Direktvertrieb durch die Versicherungsunternehmen, also durch angestellte Versicherungsvermittler. In der Richtlinie findet sich daher parallel zum bisher bekannten Begriff „Versicherungsvermittler“ auch die Begrifflichkeit und Definition des „Versicherungsvertreibers“.

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Überblick über den Regelungsinhalt der IDD Das Ziel der Richtlinie einer Verbesserung der Beratungsqualität wird durch weitreichende Änderungen des Verkaufsprozesses, wie zB umfassende Informationspflichten, einen verpflichtenden Wünsche- und Bedürfnistest vor Abgabe der Vertragserklärung des Kunden sowie zusätzliche Anforderungen an die Dokumentation des Beratungsablaufs erreicht. Dem Kunden müssen standardisierte Produktinformationsblätter ausgehändigt werden, die die wichtigsten Informationen wie Deckungsumfang, Laufzeit, Prämienzahlung etc enthalten. Bereits bei der Gestaltung neuer Versicherungsprodukte werden nun konkrete organisatorische Maßnahmen, Prozesse und Entscheidungsabläufe gefordert sowie unternehmensinterne Verfahren und Kontrollen im Bereich des Designs, der Entwicklung und der unternehmensinternen Freigabe von Produkten notwendig. Neu ist auch die Definition von Zielmärkten, wonach festzulegen ist, welche Produkte an welche Gruppen von Personen verkauft werden sollen. Hinsichtlich der Vergütung konnte ein im Raum stehendes generelles Provisionsverbot letztendlich abgewendet werden und es ist bei dem in Österreich bewährten System des provisionsbasierten Versicherungsvertriebes geblieben. Die Vergütung von Versicherungsvermittlern darf nicht zu Fehlanreizen führen, und der Vermittler nicht an der Pflicht gehindert werden, im bestmöglichen Interesse der Versicherungsnehmer zu handeln. Dies machte die Überarbeitung der Vergütungssysteme der Versicherer notwendig, um sicherzustellen, dass dabei nicht ausschließlich quantita-

tive Kriterien, sondern auch qualitative Kriterien hinsichtlich der Vermittler berücksichtigt werden. Speziell an den Vertrieb von Lebensversicherungen wurden spezielle Anforderungen zur Erkennung, Vermeidung und Regelung von Interessenkonflikten gestellt, um zu verhindern, dass derartige Interessenkonflikte den Interessen der Versicherungsnehmer und Anspruchsberechtigten schaden. Diese können bis zu einer möglichen Offenlegungsverpflichtung von unvermeidbaren Interessenkonflikten gegenüber dem Versicherungsnehmer reichen. Zu guter Letzt soll die Qualität des Versicherungsvertriebes durch die Definition von beruflichen und organisatorischen Anforderungen an die Aus- und Weiterbildung sichergestellt werden. Diese Anforderungen richten sich nicht nur an die direkt in den Versicherungsvertrieb involvierten Versicherungsvermittler, sondern auch an alle in leitender Funktion am Versicherungsvertrieb mitwirkenden Personen. Für Versicherungsunternehmen bedeutet das, dass neben Außendienstmitarbeitern auch die für den Versicherungsvertrieb verantwortlichen Vorstandsmitglieder, die Vertriebsleiter, Landesdirektoren und Gebietsleiter hinsichtlich ihrer Qualifikation und regelmäßigen Weiterbildung zu prüfen sind. Grundsätzlich besteht in Österreich bereits aufgrund der von der Bildungsakademie der Österreichischen Versicherungswirtschaft durchgeführten Prüfungen (BÖV-Prüfungen) für den Versicherungsaußendienst bzw der hochwertigen Maklerausbildung ein hoher Ausbildungsstand der Makler, Agenten und Außendienstmitarbeiter. Die nun bestehende Weiterbildungsverpflichtung von 15 Stunden im Jahr wird daher grundsätzlich für alle Berufsgruppen zu

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