Holzbulletin 134/2020

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Holzbulletin 134/2020 Öffentliche Bauten Verwaltungsgebäude Kantonspolizei Freiburg, Granges-Paccot Landwirtschaftliches Bildungszentrum, Salez Stapferhaus, Lenzburg Sportzentrum Heuried, Zürich Parlamentsgebäude Kanton Waadt, Lausanne

Sport- und Freizeitzentrum Heuried in Zürich: Die weit ausgreifende Dachstruktur aus Holz wirkt integrativ und schafft einen mehrfach lesbaren Schnittstellenraum zwischen Aussen und Innen. Architektur: EM2N Architekten, Zürich


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1  Wird mehrheitlich in Holz realisiert: Der Campus der Berner Fachhochschule in Biel. Architektur Pool Architekten Visualisierung zvg 2  Imageträger für das Material Holz: Der Konzertraum der Interimsspielstätte Tonhalle Maag in Zürich. Architektur Spillmann Echsle Architekten AG Foto Hannes Henz 3  Das Generationenhaus in Bad Zurzach: Die vielfältige Staffelung integriert den Neubau mit der feingliedrigen Holzfassade in die bestehende Bebauungsstruktur. Architektur Liechti Graf Zumsteg Architekten AG Foto Roland Bernath

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Bauen für die Öffentlichkeit Kantone und Gemeinden entscheiden sich bei eigenen Bauten vermehrt für Holz. Dabei sind es längst nicht mehr nur Werkhöfe, Kindergärten oder Schulhäuser, welche die öffentliche Hand in Holz realisiert. Das zeigt ein Blick auf das aktuelle Baugeschehen. So entsteht in Biel aktuell der Campus Biel der Berner Fachhochschule, der bis auf die Untergeschosse und einzelne Bereiche im Erd- und Obergeschoss mehrheitlich in Holz geplant ist (Bild). Ebenso wurden Bauten für temporäre Nutzungen wie beispielsweise die neue Kantons­ schule in Uetikon am See oder das Bundesasylzentrum in der Stadt Zürich in Holzmodulbauweise erstellt. Ein (vorläufig) ebenfalls zeitlich beschränktes, aber dafür nicht weniger überzeugendes Beispiel der Anwendung von Holz für öffentliche Bauten ist der Konzertraum der Tonhalle Zürich auf dem MaagAreal: Eine Box-in-Box aus Holz bildet einen schlichten, aber edlen Rahmen für die Musik (Bild). Dazu kommen zahlreiche Projekte für Pflegeheime oder Alterszentren, die bereits realisiert oder in Entwicklung respektive im Bau sind: Das 2019 fertiggestellte Generationenhaus in Bad Zurzach (Bild) und das geplante Alterszentrum in Alpnach stehen exemplarisch dafür. Selbst Parkhäuser oder Fussballstadien lassen sich heute in Holz realisieren, wie aktuelle Beispiele aus dem Ausland zeigen. So planen JAJA Architects in Aarhus das erste dänische Parkhaus, das, ergänzt mit einem urbanen Wald, als städtischer Treffpunkt einen Beitrag leisten soll zur Erreichung der Klima­ neutralität Dänemarks bis 2050. Und auch der Entwurf von Zaha Hadid Architects für das

Stadion des britischen Fussballclubs Forest Green Rovers ist ein Holzbau, was weltweit einmalig ist. Für den Baustoff Holz sprechen aus Sicht öffentlicher Bauherrschaften also vielfältige Gründe. Eine wichtige Motivation für das Bauen öffentlicher Gebäude mit Holz sind die nachhaltige Bauweise und Zeitersparnis dank Vorfertigung. Wird Schweizer Holz eingesetzt, kommen weitere dazu: geringere CO2-Emis­ sionen aufgrund kürzerer Transporte sowie die nachhaltige Waldbewirtschaftung. Beispiel dafür ist der 2016 von der Krienser Gemeinde realisierte Werkhof mit Feuerwehrdepot Eichenspes: Hier sind insgesamt 1347 m3 Schweizer Holz verbaut worden, was rund 85 % der Gesamtholzmenge entspricht. Mit dem revidierten Beschaffungsrecht wird die Anwendung des nachhaltigen Baustoffs auf allen Ebenen des Gemeinwesens weiter Aufwind erhalten, denn dieses bringt eine Wende vom Preis- zum Qualitätswettbewerb, indem neu nicht mehr das wirtschaftlich günstigste, sondern das ‹vorteilhafteste› Angebot den Zuschlag erhält. Bei Schulbauten hat Holz in der Schweiz bereits jetzt die Nase vorn. Rund ein Viertel der Projekte für Neubauten im Marktsegment Unterricht und Bildung wurden im Jahr 2017 mit einer Tragkonstruktion in Holz bewilligt. Betrachtet man Kindergärten und Kinderhorte gesondert, wird die Sachlage noch deutlicher: Jährlich werden rund 100 neue Gebäude in dieser Kategorie bewilligt, rund 40 % davon werden mit einer Tragkonstruktion in Holz geplant und der gleiche Anteil mit Fassaden

ganz oder teilweise in Holz. Die Gründe dafür liegen auf der Hand: Holz ist ein Material, das Kindern nahe liegt. Oft sind Gemeinden zudem als Besteller auch Waldbesitzer. Mit der Verwendung von regionalem Holz sorgen sie für Wertschöpfung vor Ort und erhalten einen nachhaltigen Bau. Ein gutes Raumklima und die Flexibilität des Materials für freie Formen sind weitere Pluspunkte. Dass sich das Material auch für Tragwerke mit grossen Spannweiten und Vielfalt in der Formensprache eignet, beweist das Zürcher Sportzentrum Heuried, das wir Ihnen in dieser Ausgabe des Holzbulletins vorstellen. Daneben finden Sie auf den nächsten Seiten einen unkonventionellen Museumsbau, ein land­ wirtschaftliches Bildungszentrum, die Ergänzung eines historischen Baus mit einer zeitgemässen Erweiterung mitten in der Altstadt von Lausanne und den Verwaltungsbau einer Kantonspolizei. Diese Projekte zeigen das Spektrum möglicher Bauaufgaben der öffentlichen Hand und stehen stellvertretend für zahlreiche Objekte, welche Gemeinden, Städte und Kantone bereits in Holz realisiert und hoffentlich in noch grösserer Zahl realisieren werden. Und sie zeigen, dass in der Regel nicht nur das Material Holz, sondern auch der Einsatz von lokalen Ressourcen im Vordergrund steht, ebenso wie Fragen der Nachhaltigkeit: Die Mehrheit der hier vorgestellten Bauten setzt auf Schweizer Holz. Jutta Glanzmann Technische Kommunikation Lignum

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Verwaltungsgebäude Kantonspolizei Freiburg, Granges-Paccot Der Neubau der Kantonspolizei ist eine der Massnahmen zur nachhaltigen Entwicklung des Kantons, welche der Freiburger Staatsrat mit seiner im Jahr 2011 verabschiedeten Strategie vorsah. Mit dem Projekt zur ‹bes­ seren Verwendung von Holz bei öffentlichen Bauten› gewann das Architekturbüro Deillon Delley Architectes den Wettbewerb. Die Umweltbilanz des Neubaus kann sich sehen lassen, nicht zuletzt dank Holz aus heimischen Wäldern. Der Hauptsitz der Kantonspolizei liegt in einem Gewerbegebiet an der Autobahnausfahrt Freiburg-Nord. Der Standort umfasste bereits zwei Gebäude: eines aus dem Jahr 1990 und eine Erweiterung aus dem Jahr 2006. Der Neubau ist der letzte Schritt eines langen Prozesses mit dem Ziel, die verschiedenen Ein­ heiten der Polizei – das Einsatzzentrum, die Stabsdienste, den Personalbereich und die Polizeischule – an einem einzigen Standort zu vereinen. Zu diesem Zweck plazierten die Architekten das vierstöckige Gebäude geschickt auf einem schmalen Grundstück, von wo man es unter anderem auch über eine unter­ irdische Verbindung an die übrigen Teile des Komplexes anbinden konnte. Der Neubau

bietet Arbeitsplätze für rund 100 Mitarbeitende, zusätzlich nutzen mehr als 700 Mitglieder des Polizeikorps die Räumlichkeiten rund um die Uhr. Dazu gehören eine Cafeteria, Tagungsund Unterrichtsräume, ein Dojo, Lagerräume und eine Tiefgarage. Während die Versorgungsräume, die Treppenhäuser und die Untergeschosse in Sichtbeton realisiert wurden, basiert die Grundkonstruktion der vier Obergeschosse auf einem Raster aus vierkantigen Stützen aus Brettschichtholz (Fichte bzw. Tanne, Querschnitt 28 x 28 cm), die im Abstand von 2,10 m über die gesamte Länge angeordnet sind. Spannweiten von 7,20 m Länge strukturieren die beiden Stockwerke des Verwaltungsbereichs in der Breite, die Stützen bestimmen den Rhythmus der Fassade und legen damit die Position der Zwischenwände sowie die Grösse der Büros fest. Die Träger, welche auf den Stützen aufliegen, übernehmen im Bereich der Decke die gleiche statische Höhe wie die Querbalken, die sie tragen. Sie bestehen aus Eschenbrettschichtholz, weil das der Spannung besser standhält. Die Kantholzbalken bilden die Platten aus Holz und Beton der Hybriddecke, die damit für einen guten Schallschutz sorgt. Damit die Holzbalken an der Decke sichtbar bleiben,

sind die Leitungen in einer abgehängten Decke verlegt. Es gibt eine Brandmeldeanlage und Sprinkler in allen Stockwerken. Vom grosszügigen Eingangsbereich, den man über den Empfang im Erdgeschoss erreicht, gehen drei Unterrichtsräume, ein grosser Tagungssaal und eine Cafeteria ab. Diese ist so grosszügig angelegt, dass darin verschiedenste Veranstaltungen wie etwa Ausstellungen, Konferenzen oder Empfänge stattfinden können. Dieses Geschoss bildet somit einen öffentlichen Raum. Der Terrazzoboden aus Saane-Kieselsteinen erinnert an die kulturelle und sprachliche Vielfalt im Kanton und kontrastiert mit der warmen Ausstrahlung des Holzes. Die in regelmässigen Abständen von Fenstern durchbrochene Fassade an der Nord- und Südseite ist mit augenfälligem eloxiertem Aluminium verkleidet. Diese äussere Haut schützt nicht nur die vollständig aus Holz gefertigte Konstruktion, sondern verleiht der Architektur auch ihren urbanen, ratio­nalen und strengen Gestus. Dank den natür­ lichen Materialien, der hochwärmegedämmten Fassade, der Dreifachverglasung und der Komfortlüftung entspricht das Gebäude dem Standard Minergie-P-Eco.

Situation

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Querschnitt

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Längsschnitt

Erdgeschoss

Regelgeschoss

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Aufbau Dach: Extensive Begrünung 80 mm Drainageschicht 30 mm Wasserabdichtung 10 mm Wärmedämmung mit Gefälle 275–380 mm Wasserabdichtung 5 mm Wärmedämmung/Raum für Technik 240 mm Dampfsperre 5 mm Überbeton 100 mm Holzkonstruktion 110–200 mm Aufbau Decke: Teppich 5 mm Unterlagsboden 65 mm Trittschall 20 mm Zwischenboden 40 mm Raum für Technik 310 mm Überbeton 100 mm Holzkonstruktion 110–200 mm

Detailschnitt Fassade

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Ort Chemin de la Madeleine 3, 1763 Granges-Paccot Bauherrschaft Kanton Freiburg, Hochbauamt Architektur Deillon Delley architectes SA, Bulle Bauingenieur Chabloz Partenaires SA, Lausanne Holzbauingenieur/Brandschutz Chabloz Partenaires SA, Lausanne Ingenieur Fassade Sutter + Weidner, Biel Bauphysik Sorane SA, Lausanne Akustik Acouconsult SA, Genf HKLS-Ingenieur Tecnoservice Engineering SA, Freiburg Elektroingenieur srg | engineering, Freiburg Holzbau Brawand Zimmerei AG, Grindelwald Materialien Holzplatten 791 m3/3000 m2, Rundholz 2457 m3 (Herkunft Freiburg), Label Schweizer Holz (100 %) Baukosten BKP 1–9 CHF 40,58 Mio. inkl. Mwst. Baukosten BKP 2 CHF 31,17 Mio. inkl. Mwst. Baukosten BKP 214 CHF 3 Mio. inkl. Mwst. Kubikmeterpreis SIA 416 (BKP 2) CHF 945.– inkl. Mwst. Grundstücksfläche nach SIA 416 4000 m2 Hauptnutzfläche SIA 416 6000 m2 Geschossfläche nach SIA 416 8000 m2 Gebäudevolumen nach SIA 416 33 000 m3 Bauzeit Mai 2015 bis Oktober 2017 Fotograf/in Roger Frei, Zürich; Corinne Cuendet, Clarens

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Landwirtschaftliches Bildungszentrum, Salez Lang und flach streckt sich der Holzbau des neuen landwirtschaftlichen Bildungszentrums in die Ebene um Salez und schafft zusam­men mit den bestehenden Bauten ein überzeugendes Ensemble, das sich mit überhohen Laubengängen des Neubaus zum angrenzenden Landwirtschaftsraum öffnet. Prägend für die Aussenwahrnehmung ist das Material Holz, das auch im Inneren spannende Raumfolgen entstehen lässt. Seit 2004 fasste man schrittweise die Leistungen verschiedener Institutionen wie der Landwirtschaftlichen Schule Flawil, der Bäuerinnenschule Custerhof und des Landwirtschaftlichen Kurszentrums Kaltbrunn am Standort Salez zum Landwirtschaftlichen Zentrum St. Gallen zusammen. Dieses umfasst nun verschiedene kantonale Beratungs- und Fachstellen, ein Tageszentrum mit Internat sowie Unterrichts-

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räume für die landwirtschaftliche Berufsbildung. Der damit verbundene Raumbedarf überstieg das vorhandene Angebot des in den 1970er Jahren errichteten und in den 1980er Jahren erweiterten Landwirtschaftlichen Zentrums in Salez: Unter der neuen Konstellation fehlten der Landwirtschaftsschule rund 900 m2 Fläche für einen zeitgemässen Schulbetrieb. Es gab zu wenig Unterrichts- und Gruppenräume, die Mensa war zu klein, und die Wohn- und Aufenthaltsräume entsprachen nicht mehr heutigen Standards. Über die Jahre war auch die klare Funktionsteilung verlorengegangen. So kam es zum Konzept eines Neubaus als Erweiterung des bestehenden Werkhofs und des Verwaltungsgebäudes. Das alte Schul­ gebäude sollte nach Fertigstellung des Erweiterungsbaus abgebrochen werden. Die Architekten setzten den Neubau an den Übergang zur offenen und weiten Ebene

der angrenzenden Landwirtschaftszone. Die rechtwinklige Form schafft eine klare Trennung zwischen dem Schultrakt zum einen und dem Internatstrakt mit Hausmeisterwohnung zum anderen. Die unterschiedlichen Raum­ höhen des dreigeschossigen Wohn- und des zweigeschossigen Schultrakts erlauben eine durchgehende Gebäudehöhe, so dass der Neu­ bau trotz der Heterogenität als Einheit wirkt. Zusammen mit dem gegenüberliegenden Werkhof und dem seitlich angrenzenden Verwaltungsgebäude entsteht ein Ensemble mit einem Hof als räumlichem Zentrum, wo die für die Ausbildung wichtigen Sortengärten ihren Platz gefunden haben. Das Material Holz ist im neuen landwirtschaftlichen Bildungszentrum allgegenwärtig und bestimmt die räumliche und sinnliche Wahrnehmung. Das gesamte Tragwerk von der Bodenplatte bzw. der Decke über dem Unter-


Situation

geschoss aufwärts ist eine Holzkonstruktion. Im zweigeschossigen Klassentrakt tragen vier Stützenreihen entlang der Fassade und des Mittelgangs die Lasten aus der Decke und dem Dach auf die Bodenplatte. Der Stützenabstand von 2,14 m rhythmisiert und bestimmt die ganze Tragstruktur. Die im Raster der Stützen angeordneten Deckenbalken spannen über 8,5 m und wirken mit der darübergegossenen, dünnen Ortbetonplatte im Verbund als Holz-Beton-Verbunddecke. Die Tragfähigkeit und Steifigkeit der Holzträger wird dadurch erhöht, und der Beton bringt auch die für einen guten Schallschutz not­ wendige Masse. Das Dach folgt dem gleichen Duktus, wobei hier aufgrund der geringeren Anforderungen auf eine Betonschicht ver­ zichtet wurde. Das dreigeschossige Internat unterscheidet sich in seiner Konstruktion vom Klassentrakt.

Anstelle des prägenden Skeletts aus Stützen und Trägern setzte man dicke Holzplatten aus gekreuzt angeordneten, verklebten Brettern ein. Man wählte hier eine plattenartige, flächige Struktur aufgrund des eher kleinteiligen Grundrisses mit relativ geringen Spannweiten. Auch im Internatstrakt versah man die Holzdecken mit einer Betonschicht. Sie sind aber im Gegensatz zum Klassentrakt als Flach- und nicht als Balkendecken ausgebildet. Die umlaufenden Laubengänge sind am Vordach aufgehängt. Da sie teilweise der Witterung ausgesetzt sind, bestehen sie aus Eichenholz. Für alle anderen Teile der Tragkonstruktion wählte man Fichtenholz. Wenn möglich wurde dabei Holz aus den Wäldern des Kantons St.  Gallen verarbeitet. Um die Betriebskosten und den Energiebedarf zu reduzieren, ist der Bau mit einem Minimum an Haustechnik ausgestattet. Das Low-Tech-

Gebäude richtet sich nach dem Modell der 2000-Watt-Gesellschaft. So löste man beispielsweise die Anforderungen an einen angenehmen und energiesparenden Aufenthalt mit archi­ tektonischen Mitteln, was einen engen Austausch zwischen Architektur und Fachplanung bedingt. Aber auch die Bauherrschaft ist gefordert, denn mit diesem Ansatz kommt den Nutzenden eine aktive Rolle zu. Geheizt wird über eine Holzschnitzelan­lage mit nachhaltigem Rohstoff aus der Region. Die Heizzentrale liefert über eine Fern­leitung auch die Heizenergie für die kantonale Strafanstalt Saxerriet und das Oberstufen­zentrum Türg­ genau der Gemeinde Sennwald. Auf dem Flachdach des Neubaus ist eine Fotovoltaik­ anlage installiert. Sie deckt rund 60 % des Strombedarfs.

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Querschnitt

Längsschnitt

Erdgeschoss

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Ort Rheinhofstrasse 11, 9465 Salez Bauherrschaft Kanton St. Gallen, vertreten durch das Hochbauamt des Kantons St. Gallen Architektur und Gesamtleitung Bau Andy Senn Architekt BSA SIA, St. Gallen Landschaftsarchitektur Mettler Landschaftsarchitektur AG, Gossau Bauleitung Bau-Data AG, Buchs Bauingenieur Merz Kley Partner AG, Altenrhein Ingenieur Brandschutz Josef Kolb AG, Romanshorn Bauingenieur Tiefbau Egeter & Tinner AG, Haag Bauingenieur Bestand Gabathuler AG, Buchs Elektroingenieur Bouygues E&S InTec Schweiz AG, St. Gallen HLKS-Ingenieur Hälg & Co. AG, St. Gallen Bauphysik/Energie Lenum AG, Vaduz Signaletik Inform GmbH, Rorschach Kunst am Bau Elisabeth Nembrini, Berg Holzbau ARGE Blumer-Lehmann AG, Gossau/Abderhalden Holzbau AG, Wattwil (Traggerippe Zimmermann); Gebrüder Schöb AG, Gams (Äussere Bekleidung Holz); Alpiger Holzbau AG, Sennwald (Wandbekleidungen Holz) Materialien Total verbautes Holz (Tragwerk, Fassade, Innenausbau) 1610 m3; Holzarten: Weisstanne, Eiche (Fassade), Fichte (Tragstruktur), Weisstanne (Innenverkleidungen, Einbaumöbel) Baukosten CHF 32 Mio. Grundstücksfläche nach SIA 416 159 460 m2 Gebäudegrundfläche nach SIA 416 2126 m2 Geschossfläche nach SIA 416 5730 m2 Gebäudevolumen nach SIA 416 24 002 m3 Bauzeit Juni 2016 bis Oktober 2018 Fotografin Seraina Wirz, Zürich

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Aufbau Dach Schulzimmer: Extensive Begrünung 80 mm Trennlage, Filtervlies Zwei Abdichtungen, 5 mm und 3 mm Wärmedämmung, Steinwolle 0,038 W/mK, im Gefälle 360–250 mm Wärmedämmung, Steinwolle 0,038 W/mK 160 mm Dampfbremse 5 mm Brettsperrholzplatte 60 mm Akustikdecke 170 mm Aufbau Dach Balkone: Kiesschicht Trennlage, Filtervlies Zwei Abdichtungen, 5 mm und 3 mm Wärmedämmung, Steinwolle 0,038 W/mK 30 mm Dampfbremse 5 mm Brettsperrholzplatte 180 mm Aufbau Aussenwand: Schalung vertikal 15 mm OSB-Platte 15 mm Holzständerbau 60 x 240 mm Mineralwolle 0,035 W/mK 240 mm MDF-Platte 16 mm Windpapier Hinterlüftung/Lattung 45 mm Holzverkleidung 20 mm Aufbau Dach Balkone: Holzrost 120/80 mm Bretteinlage, Schutz für Träger 40 mm Polymerlager 5 mm Träger 100 x 160 mm Aufbau Boden Schulzimmer OG: Kasein-Spachtelung 5 mm Unterlagsboden 70 mm Trennfolie Trittschalldämmung 30 mm Ausgleichsschicht Dämmung 35 mm Überbeton 100 mm Brettsperrholzplatte 60 mm Träger 160 x 600 mm Akustikdecke 170 mm

Detailschnitt

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Stapferhaus, Lenzburg Der Neubau für das Stapferhaus beim Bahnhof Lenzburg reagiert auf die Hetero­ genität des Standorts und schafft mit einer klaren kubischen Form einen neuen öffent­ lichen Ort. In enger Zusammenarbeit mit der Bauherrschaft entstand ein wandel­barer Holzbau, der gleichzeitig Bühne ist für die Ausstellungen und Verbindung zur Stadt. Die Bauaufgabe für das Stapferhaus in Lenzburg war eine besondere: Dieses greift mit seinen Ausstellungen relevante Themen unserer Zeit auf und macht diese und die Auseinandersetzung damit in vielfältiger Weise erlebbar. Von 1997 bis 2017 waren die Ausstellungen in einem Holzschuppen im Zeughausareal beheimatet. Dies machte möglich, den Bau jeweils den aktuellen Bedürfnissen entsprechend zu verändern: Man verlegte den

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Eingang in den ersten Stock, baute seitlich einen Raum an oder verlangte den Eintritt erst beim Ausgang. Diesen freien Umgang mit dem Raum wollten die Architekten auch im Neubau erhalten. Mit dem Neubau direkt beim Bahnhof Lenzburg erhält das Stapferhaus eine adäquate räumliche Präsenz: sowohl was die inhaltlichen Werte betrifft, die es zur Diskussion stellt, als auch für seine kulturelle Bedeutung mit nationaler Ausstrahlungskraft. Im städtischen Kontext schafft das neue Haus einen öffent­ lichen Ort, der den dispersen Bahnhofsbereich stärkt und attraktiver macht. In Anlehnung an den Typus Gewerbebau mit Werkhof, Bürobau und Werkhalle entwickelten die Architekten die drei programmatischen Komponenten Stapferbühne, Betriebshaus und Ausstellungshalle, die sich durch die gewählte Struktur

und das Material zu einer stark kubischen Einheit fügen. Die Stapferbühne wirkt als offene, bespielbare Pergola und ist zugleich Bindeglied zur Stadt. Sie soll für jede Ausstellung neu inszeniert werden und funktioniert in Verbindung mit dem Café auch als Begegnungsort. Das dreigeschossige, vertikal gerichtete Betriebshaus ist von der Ausstellungshalle räumlich abtrennbar und lässt eine weitgehend unabhängige Nutzung zu. Ebenso wandelbar ist die Ausstellungs­ halle, die sich aufgrund der freien und grosszügigen Tragstruktur ohne grossen Aufwand den jeweiligen Bedürfnissen anpassen lässt. Dank einem flexiblen Erschliessungssystem kann der Besucherfluss vielfältig über die Geschosse geführt werden. Der blauschwarze Holzbau weist mit seiner klar lesbaren Struktur auf die grossen Räume im Innern hin. Die innovative


Holzbautechnologie, verbunden mit einer duldsamen Holzkonstruktion in Bezug auf tech­ nische Bearbeitung und verschiedenste Ober­ flächenbehandlungen, ermöglicht eine Fülle an szenografischen Interventionen in den Innenräumen und macht selbst die Aussen­ hülle für Ausstellungszwecke bespielbar. Die Tragstruktur und die Bauteile über Terrain sowie das Treppenhaus und der Liftschacht sind in Holzbauweise ausgeführt. Die Aussenwandkonstruktion besteht aus einer ausgedämmten Holzrahmenbauweise und übernimmt mit integrierten Unterzügen und Stützen die Lastabtragung. Die Geschossdecken und das Dach im Betriebsgebäude sind als Rippenplatten konzipiert. Sie überspannen die rund 12 m Distanz zwischen den Aussenwänden. In der Ausstellungshalle ist für die Geschoss­ decke über dem Erdgeschoss und das Dach

eine tragende Mittelachse in Brettschichtholz ausgeführt, womit sich die Spannweiten zwischen den Aussenwänden auf 12 m und 15 m reduzieren liessen. Die Stabilisierung und Aussteifung des Gebäudes erfolgen über entsprechend ausgeführte Aussenwände und Kreuzverbände. Die Trennwände in Holzbauweise sind alle nichttragend. Die Fassade besteht aus einer horizontal und teils vertikal ausgerichteten Weisstannenschalung. Die einzelnen Fassadenriemen sind kesseldruck­ imprägniert und mit einer schwarz-bläulichen Lasur behandelt. Eine effiziente Wärmeer­ zeugung und eine gute Gebäudehülle halten die Betriebskosten niedrig.

Situation

Ort Bahnhofstrasse 49, 5600 Lenzburg Bauherrschaft Stiftung Stapferhaus Lenzburg, vertreten durch Buchhofer AG, Zürich Generalplaner pool Architekten, Zürich, und Takt Baumanagement AG, Zürich Architektur pool Architekten, Zürich Baumanagement Takt Baumanagement AG, Zürich Landschaftsarchitekt Studio Vulkan Landschaftsarchitektur GmbH, Zürich Bauingenieur dsp Ingenieure & Planer AG, Zürich Holzbau- und Brandschutzingenieur Makiol Wiederkehr AG, Beinwil am See HLKS-Planer Hans Abicht AG, Aarau Elektroplaner Bhend Elektroplan GmbH, Suhr Bühnen- und Medientechnikplaner Tokyoblue GmbH, Zürich Bauphysik Weber Energie und Bauphysik AG, Bern Holzbau Zaugg AG Rohrbach, Rohrbach Materialien Brettschichtholz 595 m3, Brettsperrholz 535 m3, Profilbretter für Massivholzböden in Eiche 535 m2 und in Tanne 1490 m2, Profilbretter für Fassade in druckimprägnierter Tanne 1650 m2 Baukosten BKP 1–9 CHF 16 Mio. inkl. Mwst. Baukosten Holzbau CHF 3,6 Mio. inkl. Mwst. Grundstücksfläche SIA 416 1854 m2 (Baurechtsfläche) Gebäudegrundfläche SIA 416 1188 m2 Geschossfläche SIA 416 4600 m2 Nettogeschossfläche SIA 416 2954 m2 Gebäudevolumen SIA 416 17 400 m3 Kubikmeterpreis (BKP 2) CHF 630.– Energiestandard Minergie-P-Eco (nicht zertifiziert) Bauzeit Februar 2017 bis Juli 2018 Fotograf Ralph Feiner, Malans

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Längsschnitt

Erdgeschoss

1. Obergeschoss

2. Obergeschoss

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Querschnitt

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Aufbau Bodendeckel: Bodenbelag Fichte/Tanne, massiv 40 mm Dreischichtplatte statisch auf Rippen geklebt 42 mm Rippen C24 e = 625 mm 60 x 216 mm Mineralwolle RD > 26 kg/m3, SP > 1000 °C 220 mm Dreischichtplatte statisch auf Rippen geklebt 27 mm

Detail Bodenaufbau

Bodenaufbau

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Sportzentrum Heuried, Zürich Die Dachstruktur aus Holz ist das inte­grative Element beim erneuerten Sport- und Freizeitzentrum Heuried in Zürich: Sie verbindet die neue Eishalle und die verschiedenen programmatischen Nutzungen im Innenraum und aussen zu einem Ganzen. Gleichzeitig wirkt das weitausladende Dach als Zeichen im ansonsten eher kleinteilig strukturierten Wohnquartier. Das Sport- und Freizeitzentrum Heuried wurde 1964 als eine der ersten und grössten Freizeitanlagen der Stadt Zürich von den Architekten Fritz Schwarz und Hans Litz erbaut. Die An­ lage bestand damals aus einem Freibad, einer offenen Kunsteisbahn, Fussball- und Tennisplätzen sowie einem Gemeinschafts­zentrum. Aufgrund veränderter Bedürfnisse und weil die Anlage betrieblich, gebäude­technisch und baulich an ihre Grenzen stiess, entschied

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man sich, diese umfassend zu sanieren und mit einer Eishalle zu ergänzen. Den 2012 durchgeführten Architekturwettbewerb entschieden EM2N Architekten zusammen mit Schnetzer Puskas Ingenieure und Balliana Schubert Landschaftsarchitekten für sich. Mit ihrem Entwurf schlugen sie für die Neukonzeption der Sportanlage eine starke Dachstruktur als integratives Element vor. Denn das nun notwendig gewordene Volumen führte einen völlig neuen Massstab in das Quartier ein, den die Architekten nicht herunterbrechen, sondern als neues städtebauliches Mass für den Ort etablieren wollten. Zentral dafür ist das topografisch modulierte Dach, das die verschiedenen Nutzungen im Innen- und Aussenraum programmatisch zusammenführt. Die massive Auskragung von über 16 m steigert die horizontale Dimension zusätz­lich und betont den Kontrast zu den angren-

zenden Wohnbauten gezielt, um das Sportzentrum Teil des landschaftlichen Massstabs der öffentlichen Anlage werden zu lassen. So entsteht ein Bereich, wo sich die verschie­ denen Massstabsebenen der Ortes und der Nutzung überlappen: Innen und aussen, Enge und Weite, Sommer und Winter über­ lagern sich in diesem mehrfach lesbaren Schnittstellenraum. Der Eingangsplatz vor dem Haus bildet den Auftakt zu einer topografisch inszenierten Erschliessungs- und Aufenthaltslandschaft. Diese verknüpft auf verschiedenen Ebenen die unterschiedlichen Gebäude- und Arealteile miteinander. Rampen, Treppen und Stege machen den Komplex im engen Zusammenspiel mit der Gartenanlage vielfältig erlebbar und suchen damit die reiche Tradition mo­ derner Freibäder in der Stadt Zürich weiterzuschreiben. Die Freibadanlage selbst wurde


Situation

sanft umgestaltet, die Liegeflächen sind maximiert und um eine Wasserspiellandschaft ergänzt. Die neuen Garderoben und das ganzjährig ge­öffnete Restaurant sind im Sportzentrum untergebracht. Die Sportanlage ist in Mischbauweise konzipiert. Aus dem massiv gestalteten Sockel­ geschoss, mit dem sich die unterschiedlichen Geländeniveaus elegant überwinden lassen, entwickelt sich ein Raster aus massiven Betonstützen mit einer Betonzwischendecke. Diese definiert inner- wie ausserhalb des Gebäudes ein komplexes Raumgefüge und zoniert gleichzeitig das Raumprogramm. Das weitgespannte Dach und die Aussenfassade dagegen sind als Holzbau konstruiert. Ein umlaufendes Fensterband im Obergeschoss lässt das Dach dramatisch schweben. Dieses ist durch den Kräfteverlauf der Träger landschaftlich moduliert, während die weitgehend geschlossene

Fassade des Erdgeschosses ein Kleid aus weiss und grau gestrichenen Holzlatten umhüllt. Durch die feingliedrige Massstäblichkeit verleiht diese dem grossen Volumen eine gewisse Leichtigkeit. Die gesamte Anlage wird im Abstand von rund 7 m von Brettschichtholzbindern überspannt. Die 34 m langen und bis zu 2,4 m hohen Träger lagern auf vorfabrizierten, im Erdgeschoss eingespannten Betonstützen, die die Konstruktion rahmenartig stabilisieren. Die Trägerdimen­ sionen über dem Eisfeld finden ihre Entsprechung in dem 16 m aus­kragenden Vordach über der Terrasse. Die Neigung der Dachoberfläche ist auf die statische Beanspruchung der Träger abgestimmt, so dass trotz grosser Spannweiten ein schlanker Dachrand in Erscheinung tritt. Die übrige Konstruktion ist in Skelett­bauweise mit Ortbetonflachdecken und vor­fabrizierten Stützen konzipiert. Zur

Erreichung wirtschaftlicher Spannweiten sind im Erdgeschoss und Untergeschoss zusätzlich Stützen und Tragwände vorhanden. Zur horizontalen Stabilisierung wurden ausgewählte Wände betoniert. Die Aussenwände sowie die Fassadenbekleidung wurden mit vorfabrizierten Wandelementen in Holzrahmen­bauweise erstellt und an den jeweiligen Betonstützen montiert.

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Schlitzrinne

Erdgeschoss

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Aufbau Dach: Fotovoltaik (bereichsweise) Extensive Begrünung 90 mm Kieswinkel alle 3 bis 4 m Speichermatte 40 mm Dachhaut, bituminös Wärmedämmung EPS 140 mm Dampfbremse/-sperre Verlegehilfe Trapezblech mit Dämmeinlage 160 mm Brettschichtholzträger 2600 mm Massivholzträger 240 mm Aufbau Fassade 1. OG: Fensterband, Holzfenster, Festverglasung, Zweifachglas Aussenliegender Sonnenschutz, Stoffstoren, zipgeführt Storenschienen, vertikal, Aluminium eloxiert Aufbau Fassade EG: Holzschalung vertikal, gestrichen 24 mm Einzellatten vorstehend vertikal 94 mm Lattung horizontal 40/60 mm Fassadenbahn, diffusionsoffen, farbig Mitteldichte Faserplatte 15 mm Ständerwerk C24 140 mm Dämmung Mineralfaser 200 mm OSB-Platte, Stösse luftdicht verklebt 15 mm Lattung horizontal 45 mm OSB-Platte, gestrichen, teilweise perforiert (Akustik) 15 mm

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Detailschnitt


Ort Wasserschöpfi 71, 8055 Zürich Bauherrschaft Immobilien Stadt Zürich, Grün Stadt Zürich; vertreten durch Stadt Zürich, Amt für Hochbauten Architektur EM2N Architekten AG, Zürich Landschaftsarchitektur Balliana Schubert Landschaftsarchitekten AG, Zürich Bauleitung b+p baurealisation AG, Zürich Bauingenieur Schnetzer Puskas Ingenieure AG, Zürich Holzbauingenieur Pirmin Jung Schweiz AG, Rain Bauphysik Bakus GmbH, Zürich Fassadenplanung GKP Fassadentechnik AG (Subplaner), Aadorf HLS-Planung Balzer Ingenieure AG, Winterthur Kälte-Planung Eistechnik BBP Ingenieurbüro AG, Luzern/ Leplan AG, Winterthur PV-Anlage, Elektroplanung Enerpeak AG, Dübendorf Signaletik Bivgrafik GmbH, Zürich Schliessplanung Sictech GmbH, Bergdietikon Gastroplanung Axet GmbH, Embrach Badewasserplanung robading, Zumikon/Kannewischer Ingenieurbüro AG, Cham Geologe/Geotechnik Gysi Leoni Mader AG, Zürich

Baumschutzbeauftragte Baumbüro, Dipl.-Ing. Antje Lichtenauer, Zürich Kunst am Bau Wiedemann Mettler, Zürich Holzbau Zaugg AG, Rohrbach Materialien Vollwandträger in Brettschichtholz GL28 für Primärtragwerk Dach 280 m2; Fassade/Schalung (Fichte/Tanne lasiert, Lärche naturbelassen) 1020 m2; Untersichten, Dachöffnungen/-ränder (Fichte/ Tanne lasiert, Lärche naturbelassen) 1900 m2; Brettschichtholz GL 24/28 total 550 m3; Label Schweizer Holz (89 %). Baukosten BKP 1–9 CHF 77,7 Mio. (inkl. Mwst.) Baukosten BKP 214 CHF 3,65 Mio. (inkl. Mwst.) Grundstücksfläche nach SIA 416 57 855 m2 Gebäudegrundfläche nach SIA 416 4719 m2 Geschossfläche nach SIA 416 9147 m2 Gebäudevolumen nach SIA 416 54 522 m3 Kubikmeterpreis (BKP 2) CHF 1126.– Bauzeit März 2015 bis Herbst 2017 (Eishalle) und Frühling 2018 (Badeanlagen) Fotograf Damian Poffet, Bern-Liebefeld

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Parlamentsgebäude Kanton Waadt, Lausanne Mitten im historischen Lausanner Altstadtquartier ‹La Cité› erhebt sich das neue Waadtländer Parlamentsgebäude mit seinem charakteristischen Dachaufbau in Form einer stumpfen Pyramide. Es sollte 15 Jahre dauern und eine leidenschaftliche Debatte rund um die Integration in der historischen Um­ gebung erfordern, bis das Gebäude als Verkörperung der kantonalen Demokratie wie Phönix aus der Asche emporsteigen konnte. Die Renovation des alten, 1803/1804 von Alexandre Perregaux realisierten Parlaments­ gebäudes stand kurz vor dem Abschluss, als es durch einen Grossbrand in der Nacht vom 13. auf den 14. Mai 2002 vollständig zerstört wurde. Dieses Drama, das zum Glück keine Menschenleben forderte, bedeutete das Ende einer Ära. Nun galt es, eine Lösung für den Wiederaufbau dieses symbolträchtigen Gebäudes zu finden. Unzählige Varianten wurden geprüft: von der Nachahmung des alten Baustils oder der Erhaltung der Gebäudehülle über das Hinzufügen zeitgenössischer Elemente oder den Erhalt der nach dem Brand übriggebliebenen Teile bis hin zum vollständigen Abriss der noch stehenden Mauern. Dazu kamen Überlegungen in Bezug auf die Waadtländer Verfassungsreform im Jahr 2003. Eine der Änderungen, die das Wiederaufbauprojekt

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direkt beeinflussten, war die Tatsache, dass der Grosse Rat neu aus 150 statt wie früher aus 180 Mitgliedern bestand. Doch trotz der vermin­derten Anzahl Abgeordneter benötigte man insgesamt mehr Arbeitsfläche als bisher. Wo bisher einem/einer Abgeordneten ein simpler Stuhl zur Verfügung stand, verfügt er/ sie neu über einen komplett ausgestatteten IT-Arbeitsplatz. Zudem erforderten die neuen feuer­polizeilichen Vorschriften grosszügiger dimensionierte Durchgänge als jene aus dem Jahr 1803, und das Energiegesetz sah mittelfristig die Abkehr von fossilen Brennstoffen vor. Insbesondere die offiziellen kantonalen Gebäude sollten bereits den Weg in die 2000-WattGesellschaft weisen. Unter Berücksich­tigung all dieser Überlegungen musste ein grösser dimensionierter Bau entstehen, der gleichzeitig aber einen sparsameren Umgang mit Ressourcen erlauben würde. Von 2007 bis 2009 führte man einen internationalen Architekturwett­ bewerb durch, für den man 33 renommierte Architekturbüros selektioniert hatte. Als Sieger mit dem Projekt ‹Rosebud› gingen die Architekturbüros Cube SA in Lausanne und Bonell i Gil in Barcelona hervor. Mit der Öffnung des Parlamentsgebäudes zur Rue Cité-Devant hin und der kühnen Dach­konstruktion für den Saal des Grossen Rates gelang es den Architekten, den Sitz der Waadtländer Legislative in die Sky-

line der Lausanner Altstadt einzubetten. Der klassizistische Giebel an der Nordfassade bei der Esplanade des Schlossplatzes, der dem Brand fast vollständig zum Opfer gefallen war, wurde restauriert und originalgetreu wiederhergestellt. Das Gleiche gilt für die angrenzende Eingangshalle mit ihren historischen Türen und dem erneuerten Kieselboden. Zudem förderten archäologische Untersuchungen ein Wandgemälde aus dem 14. Jahrhundert zu­tage, was weitere grössere Projektanpassungen erforderte. So erfolgt heute der Zugang zum Gebäude von der Strasse her. Ein zurückversetztes Panoramafenster erstreckt sich über die gesamte Fassade, geschützt von einem Betonrahmen, der bis auf Höhe der Fassadenlinie der Rue Cité-Devant reicht. Liegt dieser Schutzwall hinter einem, betritt man den riesigen Innenraum, bei dem ein Teil der Fassade aus dem Mittelalter stammt und zum ältesten Haus der Cité gehört – der Maison Charbon, der während der Wiederaufbauarbeiten bes­ ondere Beachtung geschenkt wurde. Es wird vermutet, dass die seltenen architektonischen Elemente des Hauses auf die Romanik zurückgehen. Hier im Erdgeschoss findet sich auch die Cafeteria mit Aussenbereich. Die impo­sante Metalltreppe mit Eichenstufen, die sich über die gesamte Breite des Eingangsbereichs zieht, führt nach oben in den Saal des Grossen Rates.


Dieser ist umgeben von einer begehbaren Galerie und wurde mit Ausnahme der tragenden Wände der Stahlbetonkuppel vollständig aus Holz erbaut. Der Boden besteht aus Eiche, die Wände wurden mit Birke verkleidet, und für die majestätische Dachkonstruktion in Form einer stumpfen Pyramide wurden Fichte und Weisstanne verwendet. Die Wahl dieser hellen und ruhigen Materialien passt perfekt zur Bedeutung dieses Ortes, dessen Ambiance vom erhebenden Panoramablick über Stadt und See zusätzlich geadelt wird. Für die Dachkonstruktion wurde im Labor für Holzkon­ struktionen (IBOIS) der EPFL geforscht. Das Dach mit seiner extremen 70°-Neigung ist fast 15 m hoch und besteht aus einer doppelten Faltwerkkonstruktion mit Schichtholzelementen. Die äussere Verkleidung bildet das Aussendach mit grossem Oberlicht. Der Raum zwischen der äusseren und der inneren Verkleidung wird für technische Zwecke genutzt und bildet zudem eine thermische Pufferzone, die im Winter den Wärmeverlust begrenzt und im Sommer eine zu starke Überhitzung verhindert. Die ganze Konstruktion wurde mit einheimischen Hölzern aus dem Kanton Waadt realisiert. Das Dach besteht aus Holz mit dem Label ‹Schweizer Holz›.

Ort Site Perregaux, Rue Cité-Devant 13, Lausanne Bauherrschaft Kanton Waadt, DGIP (Direction Générale des Immeubles et du Patrimoine) Architektur Atelier Cube SA, Lausanne, und Bonell i Gil, Barcelona Archäologie AAM Atelier d’Archéologie Médiévale SA, Moudon; Valentine Chaudet, Lausanne Bauingenieur/Holzbauingenieur Bureau d’études Yves Weinand, Liège Ingenieur HLKS AZ Ingénieurs Bulle SA, Bulle Akustik AAB J. Stryjenski und H. Monti SA, Carouge Signaletik ADN – Werner Jecker, Lausanne Kunst am Bau Anne-Julie Raccoursier, Lausanne Holzbau Atelier Volet SA, St-Légier-La Chiésaz (Zimmermannsarbeiten, Innenverkleidung); Copo SA, Le Mont-sur-Lausanne (Fenster); Ballenegger SA, Lausanne (Erneuerung Eingangstüren); Jecker Menuiserie Sàrl, Romanel (Schreinerarbeiten); Delta Türsysteme AG, Zürich (Türen); André SA, Yens (Bau Parlamentssaal) Materialien Eiche, Fichte, Weisstanne, Birke furniert für Akustikplatten; Label Schweizer Holz für die Dachkonstruktion Baukosten BKP 1–9 CHF 25,627 Mio. inkl. Mwst. Baukosten BKP 2 CHF 18,294 Mio. inkl. Mwst. Baukosten BKP 214 CHF 0,85 Mio. inkl. Mwst. Kubikmeterpreis SIA 416 CHF 1348.– inkl. Mwst. Grundstücksfläche nach SIA 416 3600 m2 Geschossfläche nach SIA 416 2786 m2 Hauptnutzfläche SIA 415 1189 m2 Gebäudevolumen nach SIA 416 14 753 m3 Bauzeit 2014 bis 2017 Fotografin Corinne Cuendet, Clarens Situation

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20 m

Schnitt

2. Obergeschoss

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Aufbau Steildach: Ziegel, mechanisch befestigt Vorgefertigtes Kastenelement: Lattung für Dachziegel 40/60 mm Konterlattung 8/6 mm Faserplatte als Unterdach 35 mm Dämmung, Mineralwolle 180 mm OSB-Platte 15 mm Brettsperrholzrahmen 200 mm Aufbau Flachdach: Rundkies Bituminöse Abdichtung, zweilagig Dämmung EPS, Gefälle 1,5 % Dampfbremse

Detailschnitt

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Fachliteratur HOLZ

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Holzmustersammlung Lignum Art.-Nr. 55002, 20 Holzmuster 12 x 7 cm in Holzbehälter mit Informationsbroschüre. Ahorn (Acer pseudoplatanus), Europa; Arve (Pinus cembra) Europa; Birke (Betula pendula), Europa; Birnbaum (Pyrus communis) gedämpft, Europa; Buche (Fagus sylvatica) gedämpft, Europa; Douglasie (Pseudotsuga menziesii), Europa; Edelkastanie (Castanea sativa), Europa; Eiche (Quercus robur), Europa; Esche (Fraxinus excelsior), Europa; Fichte (Picea abies), Europa; Föhre (Pinus sylvestris), Europa; Hagenbuche (Carpinus betulus), Europa; Hemlock (Tsuga heterophylla), Nordamerika; Kirschbaum (Prunus avium), Europa; Lärche (Larix decidua), Europa; Linde (Tilia platyphyllos), Europa; Nussbaum (Juglans regia), Europa; Pappel (Populus canescens), Europa; Tanne (Abies alba), Europa; Ulme (Ulmus glabra) gedämpft, Europa

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Holzbulletin, März 2020 Herausgeber Lignum, Holzwirtschaft Schweiz, Zürich

Qualitätskriterien für Holz und Holzwerkstoffe im Bau und Ausbau. Handelsgebräuche für die Schweiz, Ausgabe 2010 Art.-Nr. 15016, Überformat A4, 140 Seiten, Vierfachlochung


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