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Master | Thesissemester Master-Thesis
Inhaltliche Verantwortung
Prof. Axel Humpert / Prof. Tim Seidel
Moderation
Prof. Axel Humpert / Prof. Tim Seidel
Dozierende FHNW
Prof. Annette Helle
Prof. Axel Humpert / Prof. Tim Seidel
Prof. Ursula Hürzeler / Shadi Rahbaran
Prof. Friederike Kluge
Prof. Dominique Salathé
Assistenz
Anne Ulbricht
Experten
Gian Trachsler, Daniel Hoffmann Trachsler Hoffmann Architekten, Zürich
ECTS
21
Bewertung
Projektarbeit benotet
Form
Entwicklung eines architektonischen Projekts in begleitetem Selbststudium
Keeping What’s Good: Die ehemalige Gelatinefabrik Winterthur
Im Rahmen unseres aktuellen Jahresthemas ‹Constructive Futures –Keeping What’s Good› wollen wir uns auch in der Master-Thesis mit dem Erhalt und der Weiternutzung gebauter Strukturen beschäftigen. Von Materialrecycling über Bauteilwiederverwendung bis hin zu Umbau und Neuprogrammierung von Gebäuden oder Infrastrukturen möchten wir anhand der ehemaligen Gelatinefabrik in Winterthur Grüze entwerferische Strategien auf dem Weg zu einer zirkularen Baukultur erforschen.
Ausgangslage
Südlich des Bahnhofs WinterthurGrüze befindet sich das gleichnamige Quartier, eines der wichtigsten Entwicklungsgebiete Winterthurs, das bis heute stark durch seine Industrie und sein Gewerbe geprägt ist. Grüze und den unmittelbar angrenzenden Quartieren im Norden der Gleise wird in den kommenden Jahrzehnten ein grosser Wandel vorhergesagt. Es ist davon auszugehen, dass sich das Quartier um den Bahnhof bis ins Jahr 2030 zu einem zweiten Zentrum entwickeln wird. Östlich der Seenerstrasse sind bereits heute grosse Veränderungen sichtbar, zu denen auch der Volkspark Eulachpark mit den angrenzenden grossen Wohnbauten auf dem ehemaligen Industrieareal der Sulzer AG gehören. Aber auch die sich in Planung befindende QuerungGrüze, eine grosse Busbrücke, welche den Bahnhof Grüze zur zentralen ÖV-Drehscheibe für den östlichen Teil der Stadt werden lässt, deutet auf die hohe Bedeutung des Quartiers für die Entwicklung Winterthurs hin.
Im offiziellen Stadtentwicklungskonzept Winterthur 2040 gibt sich die Stadt eine räumliche Entwicklungsperspektive, in der das Gebiet Grüze Plus als einer von sechs Schwerpunkträumen definiert ist. Die Perspektive für dieses Gebiet baut vor allem auf den vorhandenen Strukturen und Qualitäten auf und verliert dabei die Entwicklungen in den Übergangsbereichen zu den angrenzenden Quartieren nicht aus den Augen. Der öffentliche Gestaltungsplan UmfeldGrüzefixiert schliesslich die Rahmenbedingungen für die Entwicklung des Bahnhofs Grüze zum künftig zweitwichtigsten Bahnhof
Blick über die Werkstrasse auf die KVA Winterthur.
Foto: BHSF Architekten Zürich
Winterthurs. Über den offiziellen Gestaltungsplanperimeter ist eine Nutzungsdurchmischung von Arbeiten (Gewerbe, Dienstleistung, Verkauf) und Wohnen vorgesehen. Diesem angekündigten und tatsächlichen Entwicklungsdruck und der damit verbundenen Bedeutung für die Entwicklung der gesamten Stadt ist auch die ehemalige Gelatinefabrik und das Areal auf dem sie steht ausgesetzt.
Aufgabe
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts entsteht um den Bahnhof Grüze ein Industriequartier. Den Anfang macht 1874 die Gelatinefabrik, in der Knochen und Schlachtabfälle gekocht wurden, um daraus das Grundmaterial für Leim, Nahrungsmittel und später für Filme zu gewinnen. Mit dem Hochkamin, der kleinen Fabrikanten-Villa und den heute nicht mehr existierenden Arbeiterhäusern südlich der St. Gallerstrasse bildete die Fabrik am Eulachufer ein für die Entwicklung des Quartiers bedeutendes Ensemble. Bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde in der Grüze Gelatine hergestellt, bevor die Produktion aufgrund stark veränderter makroökonomischer Rahmenbedingungen eingestellt werden musste. Die erfolgreichen ersten Jahrzehnte endeten bereits mit dem Ersten Weltkrieg. Danach wurde bis in die 1970er-Jahre durch stetige Anpassungen und Erneuerungen der Produktion und der Gebäude der Betrieb aufrechterhalten. Das Konglomerat der einzelnen Gebäudeteile aus den verschiedenen Phasen der Gelatinefabrik zeugt von diesem Prozess und ist in seiner heterogen gewachsenen Struktur ein typisches Beispiel für eine Industriearchitektur, die ihre Wurzeln bereits im 19. Jahrhundert hat. Das Areal der ehemaligen Gelatinefabrik befindet sich folgerichtig im Bundesinventar der schützenswerten Ortsbilder von nationaler Bedeutung. Das Ensemble an der St. Gallerstrasse, bestehend aus Pförtnerhaus, Teilen der Sichtbacksteinfassade der angrenzenden Bauten, Ausgiesshalle und Hochkamin, wird dabei lediglich für eine Unterschutzstellung empfohlen.
Da die Schutzwürdigkeit der bestehenden Objekte die baulichen Strukturen also noch nicht gesetzlich zementiert, bietet sich die ehemalige Gelatinefabrik an, um an einer neuralgischen Stelle im Stadtkörper Winterthurs im
Blick entlang der Eulach in Richtung Gleise.
Foto: BHSF Architekten Zürich