3 minute read
BERGHOFER-MÜHLE
TEXT: WALTER M. IBER
Ein Unternehmen als Kulturerbe
Schon im Mittelalter urkundlich erwähnt, befindet sich die heutige Berghofer-Mühle seit 1845 in Familienbesitz. In sechster Generation wird der Betrieb nun von drei Schwestern geführt.
In einem Urbar aus dem Jahr 1265 taucht sie erstmals auf, die an der Raab gelegene Mühle in Fehring. Es handelt sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um die Vorfahrin jenes Müllereibetriebes, der später lange Jahre zur Herrschaft Trautmannsdorf gehörte und in dessen Besitz gegen Mitte des 19. Jahrhunderts der aus Blumau stammende Johann Berghofer durch Heirat gelangte – er, der selbst Witwer war, hatte sich mit der Witwe des Vorbesitzers vermählt. Zum Betrieb zählten neben der Getreidemühle auch eine Ölpresse und ein Sägewerk.
PIONIER DER ELEKTRIFIZIERUNG
Über viele Generationen wird das Unternehmen seither von den Berghofers geführt. Einerseits musste die Familie in all den Jahren betriebliche Krisen bewältigen, andererseits durfte man auch viele Höhepunkte erleben. Zu Letzteren zählte fraglos die technische Pioniertat Johann Berghofers (II.), der 1906 eine durch Wasserkraft betriebene Eigenanlage zur Beleuchtung des Wohn-, Wirtschafts- und Betriebsgebäudes errichtete – die Elektrizität fand dadurch erstmals den Weg ins beschauliche Fehring.
Während des Ersten Weltkrieges dann der Schock: Aus unbekannten Gründen geriet die Mühle im September 1915 in Brand, das Schadensausmaß war enorm. Den Wiederaufbau erkannte die Familie als Chance, indem sie weitere Modernisierungsschritte setzte – besonders in Gestalt jener Turbinenanlage, die an dieser Stelle der alten Wasserräder trat und die nun, über die Mühle hinaus, auch den Ort Fehring mit Strom versorgte. Der Innovationsgeist blieb ungebrochen: 1920 wurde die erste hydraulische Presse in die Ölmühle eingebaut.
KRIEG, ZERSTÖRUNG, WIEDERAUFBAU
Von Weltwirtschaftskrise und Zweitem Weltkrieg ohnehin arg gebeutelt, folgte für den Traditionsbetrieb bei Kriegsende 1945 der absolute Tiefschlag: Deutsche Einheiten sprengten die Brücke über die Raab, zerstörten Sägewerk und Ölmühle und setzten die Mühle in Brand – nichts sollte der vorrückenden Sowjetarmee in die Hände fallen. Auch dieses Mal gab man nicht auf: Die Wiedereröffnung im April 1949 wurde in Anwesenheit von Landeshauptmann Josef Krainer senior feierlich begangen. Die gesamte Mühle ging schließlich 1952 wieder in Betrieb.
DREI SCHWESTERN STARTEN DURCH
Ab 1968 führte Erwin Berghofer in fünfter Generation die Mühle, und das über mehrere Jahrzehnte. Als durch den EU-Beitritt das Mühlenkontingent fiel und die kleinen Mühlen nach und nach von Industriemühlen verdrängt wurden, stand die Familie vor der schwierigen Frage: Sollte der Betrieb weitergeführt werden oder nicht? Man entschied sich für die Weiterführung. Erwins Töchter Diana, Liane und Isabella stiegen ab 1999 mit ein, 2011 schied der Vater aus dem Unternehmen aus und die drei Schwestern gründeten die Berghofer-Mühle GmbH. Mit dem Zugang, Müllertradition und Müllerhandwerk als immaterielles Kulturerbe zu vermitteln, richteten sie den Betrieb neu aus: Neben Produktion und Verkauf – zu den Kunden zählen kleinere Bäckereien, Buschenschänken und Direktvermarkter aus der Region – öffneten sie die Tore für Besucher und gestalteten den Betrieb zur „Erlebnismühle“ um. Das Engagement wurde belohnt: Die Berghofer-Mühle, die 2020 ihr 175-jähriges Bestehen feierte, wurde mit mehreren Wirtschafts- und Innovationspreisen ausgezeichnet, darunter mit dem Innovationspreis der Steirischen Vulkanlandes (2014 und 2017) und mit dem Wirtschaftspreis „Primus“ (2018).
TIMELINE
1265
Erste urkundliche Erwähnung der Fehringer Mühle
1845
Die Mühle kommt in den Besitz der Familie Berghofer
1906
Johann Berghofer (zweite Generation) errichtet eine Beleuchtungsanlage für seinen Betrieb – damit gibt es in Fehring erstmals elektrischen Strom
1915
Die Mühle wird durch einen Brand zerstört
Drei Schwestern – ein Ziel: Diana, Liane und Isabella Berghofer (Foto unten) sind in die Fußstapfen ihrer Vorfahren getreten und halten mit viel Einsatz die traditionsreiche Mühle am Laufen.
1945
Abermalige Zerstörung bei Kriegsende
1999
Diana, Liane und Isabella Berghofer (sechste Generation) steigen neben Vater Erwin in den Betrieb ein
2011
Alleinige Unternehmensführung durch die drei Berghofer-Schwestern – Gründung der Berghofer-Mühle GmbH