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VA ERZBERG
TEXT: WALTER M. IBER, SANDRA TURNER
Der älteste Industriebetrieb der Steiermark
Der Erzberg, auch „steirischer Brotlaib“ oder einfach nur „der Berg“ genannt, blickt auf eine außerordentlich lange Geschichte zurück. Heute ist die VA Erzberg GmbH das modernste Tagbau-Unternehmen Europas und lockt mit dem „Abenteuer Erzberg“ viele Touristen an.
Wer heute beim „Abenteuer Erzberg“ eine Erlebnistour mit dem „Hauly“ macht, befindet sich auf äußerst geschichtsträchtigem Boden: Bis in die Bronzezeit reichen die Wurzeln der Erzgewinnung in der Region zurück, bis ins Mittelalter jene des heutigen Erzbergwerkes. Ab dem 17. Jahrhundert wurde der Abbau von der Innerberger Hauptgewerkschaft, dem damals größten Eisenproduzenten der Welt, durchgeführt. In den 1880er-Jahren erfolgte die Übernahme durch die Österreichisch-Alpine Montangesellschaft. Einen gewaltigen Aufschwung brachte in dieser Periode das Eisenbahnwesen, dessen Ausbau auch in der Steiermark um sich griff.
DIE PYRAMIDE ENTSTEHT
Die markante Pyramidenform des Erzbergs bildete sich ab 1890 mit der Einführung des stufenförmigen Tagebaus heraus. Zu dramatischen Entwicklungen führte indes das 20. Jahrhundert: Mit Ausbruch des Ersten Weltkrieges im Jahr 1914 musste ein Großteil der Arbeiter einrücken und aufgrund der schlechten Ernährungslage kam es gegen Kriegsende zu Streiks. Nach 1918 folgten zunächst soziale Errungenschaften wie Urlaub, Arbeitslosenversicherung und die lang erkämpfte Achtstundenschicht. Ebenso kam es zu technischen Innovationen: etwa durch den „Schrägaufzug Hugo Stinnes“ – benannt nach einem der damaligen Hauptaktionäre –, der die Arbeiter den Berg hinauf an ihren Arbeitsort brachte.
Die Weltwirtschaftskrise der 1930er-Jahre traf auch den „steirischen Brotlaib“, den so wichtigen Arbeitgeber, mit voller Wucht. Die Mehrheitsanteile fielen an die Düsseldorfer Vereinigten Stahlwerke – was bereits manche politische Entwicklung vorwegnahm. Denn die Gründung der „Unabhängigen Gewerkschaft“ des Steirischen Heimatschutzes hatte betriebsintern einen massiven Rechtsruck bewirkt, nun erfolgte die Annährung an den Nationalsozialismus. Der „Anschluss“ Österreichs an Hitlerdeutschland im Jahr 1938 hatte schließlich die Eingliederung in die Reichswerke Hermann Göring zur Folge.
NEUE GESCHÄFTSFELDER
Mit dem Ende von Rüstungsproduktion und Zweitem Weltkrieg blieben die Hochöfen zunächst kalt. Dadurch lag auch der Erzberg brach. Mit Verstaatlichung und Marshallplanhilfen gelang die Revitalisierung, der „Arbeitsplatz Erzberg“ war in den ersten Nachkriegsjahrzehnten heiß begehrt – ab den späten 1950er-Jahren waren konstant über 4.000 Personen beschäftigt. Das änderte sich, als der Erzberg, inzwischen Teil der VÖEST-Alpine, infolge der Wirtschaftskrisen der 1970er-Jahre selbst in die Krise schlitterte und dem Preisdruck internationaler Mitbewerber kaum noch standhalten konnte. Der Abbau schien nicht mehr rentabel, sodass in den 1990er-Jahren die gänzliche Einstellung des Bergbaus im Raum stand. Schon zuvor hatte man damit begonnen, sich auf externe Dienstleistungen im Bereich der Montantechnik zu spezialisieren und sich für den Tourismus zu öffnen. Auch als Sportstätte, zum Beispiel für das berüchtigte „Erzbergrodeo“, ist „der Berg“ heute in aller Munde. Erz wird freilich immer noch abgebaut: Rund zwölf Millionen Tonnen Gestein sprengt der heutige Betreiber, die VA Erzberg GmbH, jährlich aus dem Berg. Hauptabnehmer des daraus gewonnenen Feinerzes: die voestalpine-Werke in Linz und Donawitz. 230 Mitarbeiter beschäftigt das modern ausgerichtete Unternehmen derzeit im Bergbau, während es in seinem Schaubergwerk pro Jahr 50.000 Touristen zum „Abenteuer Erzberg“ begrüßen darf.
TIMELINE
1625
Der Abbau am Erzberg fällt in die Zuständigkeit der Innerberger Hauptgewerkschaft
1881
Gründung der Österreichisch-Alpine nMontangesellschaft (ÖAMG), in der die Innerberger Hauptgewerkschaft aufgeht
1921
Beteiligung der deutschen Stinnes-Gruppe
1938
Damals wie heute ein Anziehungspunkt in der Steiermark. Oben rechts: Die Geschäftsführer Josef Pappenreiter (l.) und Christian Treml
1973
ÖAMG fusioniert mit der VÖEST zur VOEST-ALPINE
1988
Eröffnung Schaubergwerk. VOEST-ALPINE Erzberg Ges.m.b.H. wird durch Ausgliederung von der VOEST-ALPINE Stahl Linz gegründet
2004
Erzberg Privatstiftung wird Eigentümerin der VA Erzberg GmbH. Namensänderung der VOESTALPINE Erzberg Ges.m.b.H. in VA Erzberg GmbH