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DAS GEISTERHOTEL

SPEED KILLS. Oben das fast fertige Resort. Rechts oben die gerodete Fläche (August 2021). Rechts unten erste Baukörper (Februar 2022)

Auf das Hotel vergessen?

Sonnenalpe-Resort: Am Nassfeld wird gerätselt, ob Riedergarten-Chef Herbert Waldner das geplante Hotel realisieren wird oder nicht. Der Naturschutzbeirat sagt, auf das Hotel sei im Baubescheid „vergessen“ worden. Der MONAT bekam Einblick in vertrauliche Unterlagen.

Text Franz Miklautz Fotos Manfred Gnas (3), KK, Riedergarten

Das Erste, was man sieht, wenn man von der italienischen Seite aufs Nassfeld kommt, sind: Baukräne. Als zweites sticht einem die gigantische Baustelle ins Auge, auf der die Kräne ihre Lasten schwingen. Hier entsteht das „Almresort Sonnenalpe“ der Firma Riedergarten. Auf einer Plakattafel wird geworben: „Ferienimmobilien zu verkaufen“. 40 bis 98 Quadratmeter werden feilgeboten. Auf der Webseite des Unternehmens stehen die Preise dazu: Die knapp 100 Quadratmeter gibt es um 809.000 Euro. Wer‘s nicht so dick hat, kann sich noch 81 Quadratmeter sichern. Die gibt es schon um saloppe 600.000 Mücken.

Das Bauprojekt ist ob seiner schieren Größe Tagesgespräch auf dem Nassfeld. Die fast fertigen Kubaturen, auch noch auf einer Anhöhe gebaut, sprengen jede Ansichtskarte. Sie ragen drei- bis fünfgeschossig aus dem Boden. Zwischen den einzelnen Gebäuden könnte man schon fast von Häuserschluchten sprechen. Die Begri e Understatement oder Bescheidenheit werden es wohl nicht in den Markenkern des Almresorts scha en. Riedergarten investiert mit Partner Windhager eigenen Angaben zufolge über 80 Millionen Euro ins Resort. Kürzlich erklärte Riedergarten-Chef Herbert Waldner, das Resort solle schon heuer im Herbst erö nen.

Verwaltungsgericht. Aber nicht jeder hat mit dem Projekt seine Freude. Vor allem nicht der Kärntner Naturschutzbeirat, dem hierzulande auch die Rolle des Umweltanwalts zukommt. Der hat nämlich Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht eingebracht. Nicht gegen das Projekt selbst, sondern gegen einen Bescheid der Kärntner Landesregierung, mit dem ent-

schieden wurde, dass für das Vorhaben „keine Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) besteht“. Der Antrag auf Feststellung einer UVP war vom Naturschutzbeirat im September 2021 eingebracht worden. Für das Feststellungsverfahren hätte die dafür zuständige Abteilung 7 beim Land Kärnten sechs Wochen Zeit gehabt. Der Bescheid kam erst am 19. April 2022. Geworden sind daraus also sieben Monate - in denen weitergebaut werden durfte.

„Widmungswidrigkeit“. Der Naturschutzbeirat ist, das hat er schriftlich kundgetan, der Meinung, „dass die von der Bezirkshauptmannschaft Hermagor erteilte Baubewilligung ganz wesentlich vom Ergebnis des Widmungsverfahrens abweicht“. Er geht sogar noch weiter: Es „wurde auf die zentrale Komponente des zur Widmung eingereichten Vorhabens, nämlich das Hotel ,vergessen‘“, schreibt er in einer Aussendung. Weshalb der Naturschutzbeirat die Abteilung 7 aufgefordert habe, „den Bescheid wegen der o enkundigen Widmungswidrigkeit zu beheben“.

Dem MONAT ist es gelungen, sowohl den Flächenwidmungs-Bescheid des Landes Kärnten als auch den Baubescheid der BH Hermagor einzusehen. Ergebnis: Die beiden Dokumente weichen streckenweise tatsächlich voneinander ab. Ist im Landesbescheid eingangs noch von einem „Hotel Alm Resort Nassfeld-Treßdorfer Alpe“ die Rede, spricht der BH-Baubescheid in der Einbegleitung nur mehr von der „Errichtung einer Almresort – Ferienanlage (Chalets und Appartmenthäuser)“ - das Wort „Hotel“ kommt in dieser Passage nicht vor.

Verwirrung. Es taucht aber an anderer Stelle wieder auf. Etwa wenn es um die Widmung geht. Hier wird von „gewerblichen Almhütten sowie Hotel“ gesprochen. Eine Seite weiter unter „Art der Nutzung“ verschwindet es abermals. Hier heißt es zunächst: „Gemäß Baubeschreibung ist der Bebauungsbereich I für die Errichtung eines gewerblich betriebenen Chaletdorfes samt dazugehörigen baulichen Anlagen vorgesehen“ – kein Hotel. Im darau olgenden Satz steht dann jedoch wieder, dass die Summe der maximal zulässigen Apartmentbetten höchstens 30 Prozent der „gewerblichen Hotel- bzw. Chaletbetten betragen darf“.

Eingereicht wurde jedenfalls ein Hotel. Und zwar mit folgenden Eckdaten: 47 Zimmer mit 156 Betten, Spa-Bereich mit 300 Quadratmetern und ein Restaurant mit Terrasse für 600 Personen. Laut Widmungsbescheid des Landes gibt es in dem als „Zentralgebäude“ titulierten Hotel auch eine Rezeption. Dem MONAT liegen die Einreichpläne vor. Doch die muss Riedergarten-Chef Waldner o enbar nicht oder nicht zur Gänze erfüllen. Zumindest nicht, wenn es nach der BH Hermagor geht. Die ließ sich zumindest entlocken, dass ein Hotel unter genauer Berücksichtigung der im Einreichplan genannten Eckdaten nicht gebaut werden müsse. Ob überhaupt ein Hotel errichtet werden muss, dazu schweigt die BH Hermagor trotz mehrmaliger Anfrage beharrlich. Und Herbert Waldner? Der sagt, dass „wir errichten und betreiben wie genehmigt“. Damit hielte sich Waldner an die Vorgaben. Und er wird damit Recht haben.

Auflösung. Klarheit in die Verwirrung um die beiden Bescheide könnte die Verordnung der Gemeinde Hermagor bringen. Dort sind unter dem Punkt „Art der Nutzung“ unmissverständlich ein „gewerblich betriebenes Hotel und ein gewerblich betriebenes Chaletdorf“ festgelegt. Auf diesem Areal, dem bereits erwähnten Bebauungsbereich I, „sind keine Freizeitwohnsitzbetten zulässig“. Im Bebauungsbereich II liegen die Apartmenthäuser, von denen Riedergarten Einheiten verkaufen darf. 82 Stück werden auf der Webseite des Unternehmens potenziellen Interessenten angeboten.

Ein Grund für die abgelehnte UVP-Prüfung war o enbar, dass die gewerbliche Bettenanzahl des Projektes unter 500 blieb. Das jedoch wird vom Naturschutzbeirat bezweifelt. O ziell handle es sich um 489 Betten. Jedoch: „In diese Zahl wurden die 55 als Schlafgelegenheit nutzbaren Sofas nicht eingerechnet. Es ist daher von insgesamt 544 gewerblich genutzten Betten auszugehen.“ Was eine UVP-Prüfung auslösen würde. So der Naturschutzbeirat.

Das Bundesverwaltungsgericht bestätigt den Eingang der Beschwerde. In Windeseile sei mit einer Entscheidung der Richterin, ob der Bescheid der Landesregierung aufzuheben ist, aber nicht zu rechnen, teilt die dortige Pressestelle mit. Eine Aufhebung ist aber mehr als unwahrscheinlich. Die Ironie an der Sache wäre sonst nämlich, dass einem fertig gebauten Resort eine UVP ins Haus stünde. In Österreich undenkbar.

Wir errichten und betreiben wie genehmigt.

Riedergarten-Chef Herbert Waldner

Worüber aber nachgedacht werden darf: Warum die Baubehörde beim Land Kärnten sieben Monate anstatt sechs Wochen für ein UVP-Feststellungsverfahren brauchte, während am Nassfeld die Baukörper wie Pilze aus dem Boden schossen?

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