ora_2013-02_final_06_01 19.06.13 09:55 Seite 1 mdm Verlag • Immigrather Straße 74 • 42799 Leichlingen • Postvertriebsstück DPAG • Entgelt bezahlt • G 47999
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2013
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OSTEOPOROSE & RHEUMA AKTUELL
OSTEOLOGIE Radiofrequenzsakroplastie zur Versorgung einer einseitigen Denis 1 Insuffizienzfraktur
mdm Verlag
OSTEOPOROSE Nahrungsergänzungsmittel zur Prävention und Therapie der Osteoporose?
mdm Verlag für medizinische Publikationen
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U2 Frei Hรถppner
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INHALT
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Ch. Günther
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2013 OSTEOPOROSE & RHEUMA AKTUELL
Editorial OSTEOLOGIE
U. Lange et al.
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Einfluss einer seriellen niedrig-dosierten RadonstollenHyperthermie auf zentrale Zytokine des Knochenmetabolismus, Schmerzen und Krankheitsaktivität bei ankylosierender Spondylitis
R. Andresen et al.
16
Radiofrequenzsakroplastie zur Versorgung einer einseitigen Denis 1 Insuffizienzfraktur OSTEOPOROSE
R. Gärtner
20
Nahrungsergänzungsmittel zur Prävention und Therapie der Osteoporose? RHEUMATOIDEN ARTHRITIS
M. Freyer
24
10 Jahre erfolgreicher Einsatz von Adalimumab (Humira®)
28
AKTUELL DVO-PATIENTENTAG OSTEOLOGIE 2013
A. Klarner et al.
35
Bewegungstherapie bei Osteoporose
M. Pfeifer
37
Orthesenversorgung bei Osteoporose
P. Clarenz
42
Die konservative Therapie des osteoporotischen Wirbelkörperbruches
K. Abendroth
45
Oma erklärt dem Enkel Fritzchen ihre Osteoporose
Ch. Günther
48
Parkinson und Osteoporose
W. Albrich
52
Was spricht für, was gegen eine Hormonbehandlung bei Osteoporose?
A. Roth
56
Gelenkoperationen an der Hüfte im Alter und Osteoporose
58
ABONNEMENT/IMPRESSUM
Osteoporose & Rheuma aktuell 2 | 2013
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Frei Hรถppner
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Osteoporose & Rheuma aktuell 2 | 2013
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EDITORIAL Liebe Leserinnen, liebe Leser, „…es tut sich was im Wald…“, im Osteoporosewald, denn der Frühling kommt, und kaum ist der Kongress “Osteologie 2013“ in Weimar beendet, ist er auch schon Geschichte und alle Augen schauen bereits gen “Osteologie 2014“, die vom 12.-15. März 2014 unter der Präsidentschaft von Prof. Dr. med. Barbara Obermayer-Pietsch (DAdorW) und Prof. Dr. med. Matthias Schieker (DGU) im Gasteig in München stattfinden wird. Weimar war ein großer Erfolg, der nicht nur durch die ca. 1400 Teilnehmer am Ärztekongress und die knapp 400 Teilnehmer am Patiententag zu beziffern ist, denn es wurde vor allem inhaltlich etwas bewegt. So wurde das aktuelle Update der DVO-Leitlinien vorgestellt, über die wir dann ausführlich berichten werden, wenn sie im Internet diskutiert und dann verabschiedet wurden, weshalb ich Sie alle bitte, sich mit Kommentaren an dieser Diskussion zu beteiligen, um die Endfassung so wissenschaftlich wie nötig und so praktikabel wie möglich zu machen. Ich gebe zu, dass mich die Umstellung vom bisherigen “10-Jahres-Frakturrisiko“ auf ein “1-Jahres-Frakturrisiko“ und die im Moment sehr “mathematisch“ erscheinende Risikoabschätzung unter Einbeziehung von noch mehr Risikofaktoren noch nicht den Vorteil dieses Updates für eine bessere Behandlung der Osteoporose-Patienten erkennen, aber trotzdem hoffen lässt, dass sich dies nach der hoffentlich bald erfolgenden Veröffentlichung im Netz ändern wird und ich dann durch die Verständlichmachung des “physikalisch-mathematisch“ evozierten Zahlenwustes meinen “medizinisch-ärztlichen“ Seelenfrieden wiederfinden kann. Ungeachtet dessen darf man der Leitlinienkommission jetzt schon Dank sagen, hat sie doch vom 1.1.2009 bis zum 31.12.2012 aus 8.486 Publikationen 2.807 relevante ausgewählt und mit den daraus extrahierbaren Erkenntnissen die Leitlinien “upgedated“. Einigen Unkenrufen zum Trotz ist auch in diesem Update 2013 die DEXA-Messung (noch) als Risiko-Tool enthalten, zumal – „…es tut sich was…“ – der “Gemeinsame Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen (G-BA)“ auf seiner Sitzung am 21. Februar 2013 beschlossen hat, dass zukünftig die Knochendichtemessung bei weiteren Indikationen Kassenleistung werden soll, und die Zeit, dass man sich erst etwas brechen muss, bevor der Kostenträger für den Versicherten in die Tasche greift, vorbei ist. Lange hat es gedauert, doch was lange dauert, wird – bekanntlicherweise – oft auch gut. Es bleibt nämlich zu hoffen, dass die Messung von den Kassen auch in einer Höhe honoriert wird, die es den ausführenden Ärzten lohnend erscheinen lässt, diese Kassenleistung zu erbringen. In Weimar wurde auch im Vorfeld des Patiententages das DVO-Patientenboard gegründet, in dem alle führenden Patientenorganisationen zukünftig quasi vereint an einem “Runden Tisch“ gemeinsam um eine bessere Versorgung unserer Osteoporosepatienten, aber auch von Patienten mit anderen, selteneren Knochenerkrankungen – z.B. Hypophosphatasie – ringen und auch den Patiententag zur “Osteologie 2014“ in München gemeinsam gestalten werden – hoffentlich dann auch mit den Patientenvertretern aus Österreich und der Schweiz, die bisher – warum auch immer – noch nicht den Weg an diesen gemeinsamen Tisch gefunden haben, denn nur “Gemeinsam sind wir stark“ – wie es im “Lied für Weimar“ begeistert von allen Teilnehmern, begleitet von der Brass Band Leipzig, mitgesungen wurde. Besonders hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang, daß der mdm Verlag alle Patientenbeiträge in zwei Sonderteilen der Hefte 1 und 2 der "Osteoporose & Rheuma aktuell" publiziert und allen Selbsthilfegruppen und auch dem DVO-Büro elektronisch zur Verfügung stellen wird – ein einmaliger Vorgang, für den ich mich auch als DVO-Patientenbeauftragter beim Verlag bedanken möchte. Was hat mich sonst noch bewegt? Wenn ich sonst an dieser Stelle immer sehr kritisch mit unseren politischen Mandatsträgern ins Gericht gegangen bin, möchte ich an dieser Stelle eines Politikers gedenken, der für mich das verkörpert hat, was einen vorbildlichen Politiker auszeichnen sollte: Ehrlichkeit, Geradlinigkeit, Fachkompetenz, Volksverbundenheit, Zuverlässigkeit, Bodenständigkeit, Aufrichtigkeit, Kritikfähigkeit, Herzlichkeit, Bürgernähe und unbedingte Glaubhaftigkeit. All das zeichnete den am 23. März 1949 in Passau geborenen und am 12. Mai 2013 in Thyrnau plötzlich und für alle unerwartet verstorbenen Parlamentarischen Staatssekretär und Träger des Bundesverdienstkreuzes am Bande Dr. jur. Max Josef Stadler aus, der in unserem Passau in allen Bevölkerungsschichten und allen Parteien höchstes Ansehen genoß. Wenn Max Stadlers vorbildhaftes Lebenswerk aber dazu dient, alle Politiker an ihre eigentliche Mission zu erinnern – unserem Volk ohne Wenn und Aber zu dienen –, dann ist sein viel zu früher Tod mit einer ihm gebührenden Botschaft verbunden. Und eines anderen wunderbaren Menschen möchte ich gedenken, der über 20 Jahre die Öffentlichkeitsarbeit des Deutschen Zentrums für Osteoporoseprävention, -Therapie und -Rehabilitation in Bad Füssing mit seiner fotografischen Begleitung sehr wirksam und einprägsam unterstützte und auch für diese Zeitschrift unzählige Abbildungen beisteuerte, so dass mir der am 25. Februar 1948 geborene und ebenfalls am 12. Mai 2013 im niederbayrischen Hengersberg verstorbene Dipl. Ing. (FH) Josef Jakob zu einem lieben Freund geworden ist, der auch mit seiner Verbundenheit zu meiner erzgebirgischen Heimat auf ewig einen festen Platz in meinem Herzen haben wird. Der Bitte, ihm am offenen Grab das 1903 vom erzgebirgischen Volksdichter und Sänger Anton Günther geschaffene “Feierobnd-Lied“ mit der Trompete zu spielen, bin ich gerne – aber schweren und klopfenden Herzens – nachgekommen, heißt es doch dort: Gar manichs Harz hot ausgeschlogn,/ vorbei is Sorg on Müh,/ on übern Grob ganz sachte zieht/ e Rauschen drüber hi./ ‘s is Feierobnd, ’s is Feierobnd./ Es Togwark is vullbracht,/ ’s gieht alles seiner Haamit zu,/ ganz sachte schleicht de Nacht. Damit schließt sich ein Kreis, da ich all meine Osteoporose-Vorträge bei größeren Ereignissen – wie dem Patiententag in Weimar – mit diesem Lied beschließe, ist es doch ein Lied, das sehr viele Menschen kennen und ihnen aus dem Herzen spricht und ans Herz geht. Das immer wieder zu erleben, ist mir stets ein Geschenk, zeigt es mir doch, dass der wahre Wert eines Menschen – auch in einer leider vom Kapital regierten Welt – nicht in der Höhe seines Bankkontos, nicht in der Anzahl seiner Immobilien und nicht in der Größe und Anzahl seiner Autos zu sehen ist, sondern in dem, was er für seinen Nächsten denkt, fühlt und tut und in diesem hinterlässt. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen allen einen blumenreichen und sonnigen Frühling.
Dr. med. Christian Günther Chefredakteur "Osteoporose & Rheuma aktuell"
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OSTEOLOGIE
Univ.-Prof. Dr. med. Uwe Lange Kerckhoff-Klinik Abteilung Rheumatologie, Klinische Immunologie, Osteologie, Physikalische Medizin Benekestr. 2-8 D-61231 Bad Nauheim
Einfluss einer seriellen niedrig-dosierten Radonstollen-Hyperthermie auf zentrale Zytokine des Knochenmetabolismus, Schmerzen und Krankheitsaktivität bei ankylosierender Spondylitis Eine Prospektivstudie
Nicolai Neumann1, Bernhard Kürten2, Ulf Müller-Ladner3, Uwe Lange1 1 Professur für Internistische Rheumatologie, Osteologie, Physikalische Medizin, Justus-Liebig-Universität Gießen; Kerckhoff-Klinik, Bad Nauheim 2 Kurhaus Hanusch, Bad Hofgastein (Österreich) 3 Lehrstuhl Innere Medizin/SP Rheumatologie, Justus-Liebig-Universität Gießen; Kerckhoff-Klinik, Bad Nauheim
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Zusammenfassung Einleitung: Eine sekundäre Osteoporose stellt eine häufige und komplizierende Begleiterkrankung bei Patienten mit ankylosierender Spondylitis dar. Die Abnahme der Knochendichte ist Ausdruck eines zu Gunsten des Knochenabbaus verschobenen Gleichgewichts von osteokatabolen und osteoanabolen knochenphysiologischen Stoffwechselprozessen, die durch diverse Faktoren beeinflusst werden. Fragestellung/Methodik: Bei Patienten mit gesicherter ankylosierender Spondylitis (AS) im chronischen Stadium (n = 24, Altersdurchschnitt 58 Jahre) und einer altersvergleichbaren Patientengruppe mit Osteoarthrose (OA, n = 24) wurde prospektiv der Einfluss einer seriellen Radonstollen-Hyperthermie (12 Anwendungen in 3 Wochen) auf folgende Outcomeparameter untersucht: Schmerzen (VAS), Aktivitätskriterien (BASDAI, (RANKL) und Tumornekrosefaktor α (TNF-α) sowie auf den RANKL/OPG-Quotienten als Marker zur
BAS-G), die Serumspiegel der Zytokine Osteoprotegerin (OPG), receptor activator of NF kappa- B ligand
Quantifizierung des Knochenmetabolismus. Die Messungen erfolgten vor und nach serieller Radonstollen-Hyperthermie und eine erneute Analyse der Schmerzen und der Aktivitätskriterien 3 Monate nach der seriellen Behandlung. Die Medikation in beiden Gruppen umfasste lediglich eine bedarfsabhängige Einnahme nicht-steroidaler Antiphlogistika (NSAR). Eine TNF-Hemmer-Therapie sowie Medikation mit möglichem Einfluss auf den Knochenstoffwechsel bestand nicht. Ergebnisse: Nach der seriellen Radonstollen-Hyperthermie zeigte sich bei den AS-Patienten eine signifikante Schmerzabnahme, anhaltend bis zu 3 Monate, während die OA-Patienten erst nach 3 Monaten eine signifikante Schmerzverbesserung zum Ausgangswert zeigten. Bei den AS-Patienten war ein tendenzieller, bei den OA-Patienten ein signifikanter Abfall der TNF-α-Spiegel (p < 0,0005) nach der Therapie objektivierbar. In beiden Gruppen kam es zu einem signifikanten Abfall von RANKL (AS: p < 0,0005; OA: p < 0,004). Dagegen zeigte sich nur in der AS-Gruppe ein signifikanter Anstieg des OPG (p < 0,0005) und ein signifikanter Rückgang des RANKL/OPG Quotienten (p < 0,005). Schlussfolgerung: Die serielle Radonstollen-Hyperthermie bewirkte bei Patienten mit chronischer AS eine mittelfristig anhaltende Schmerzlinderung, einen Anstieg der knochenanabolen und einen Rückgang der knochenka-
tabolen Zytokine, was der molekularen Grundlage für eine Verminderung des osteoklastären Knochenabbaus im Rahmen der entzündlich bedingten sekundären Osteoporose entspricht. Somit kommt der Radonstollen-Hyperthermie ein wichtiger Stellenwert im multimodalen Therapiekonzept der AS zu. Schlüsselwörter: ankylosierende Spondylitis, serielle Radonstollentherapie, Zytokine, TNF-α, Osteoprotegerin, receptor activator of NF kappa- B ligand
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Das menschliche Skelett stellt ein hochaktives Organ dar,
druck eines zu Gunsten des Knochenabbaus verschobenen
das einem kontinuierlichen Umbauprozess unterliegt. Auf
Gleichgewichts von osteokatabolen und osteoanabolen
zellulärer Ebene erfolgt dieser Umbau mittels eines komple-
pathophysiologischen Stoffwechselprozessen, die durch
xen, streng regulierten Prozesses mit Resorptions- und For-
diverse Faktoren beeinflusst werden.
mationsschritten durch knochenresorbierende Osteoklasten und knochenbildende Osteoblasten. Die Aktivität dieser Zel-
Patienten mit einer AS profitieren überzufällig häufig sehr
len ist dabei eng aneinander gekoppelt, und schon kleinste
gut von seriellen Radonstollenbehandlungen [9-11]. In
Veränderungen dieser Balance führen zu funktionellen und
einer anderen Studie konnte bereits nachgewiesen werden,
strukturellen Veränderungen des Knochens mit erhöhter
dass bei AS mittels serieller milder Ganzkörperhyperthermie
Fragilität.
im Überwärmungsbad eine signifikante Abnahme der Serumspiegel der proentzündlichen Zytokine TNF-a, Inter-
RANKL (receptor activator of NF-kappa-B ligand) ist ein Protein
leukin (IL)-1b und IL-6 auf ca. 40-50% der Ausgangsspiegel
aus der Tumornekrosefaktor-Familie, das wesentlich am
bis zu 24 Stunden nach der letzten Applikation zu erzielen
Knochenauf- und -abbau beteiligt ist [1-4]. RANKL wird u.a.
ist [12]. Mithin wurde für die vorliegende Studie die Hypo-
durch Osteoblasten sezerniert, bindet an seinen Rezeptor
these aufgestellt, dass durch die im Radonstollen vorherr-
RANK auf Osteoklasten und monozytären Osteoklastenvor-
schende natürliche Hyperthermie in Zusammenwirkung mit
läuferzellen und stimuliert somit den osteoklastären Kno-
dem radonhaltigen, feuchten Klima bei AS-Patienten eine
chenabbau. RANKL kann durch Osteoprotegerin (OPG), das
günstige Beeinflussung der zentralen Zytokine des Entzün-
ebenfalls durch Osteoblasten sezerniert wird, antagonisiert
dungsgeschehens und des Knochenstoffwechsels erzielt wer-
werden. OPG ist ein sog. Decoy-Rezeptor für RANKL und
den kann, neben einer Schmerzminderung und Abnahme
bewirkt somit eine Hemmung der Osteoklastendifferenzie-
der Krankheitsaktivität.
rung und des Knochenabbaus [1-4]. Das RANK/RANKL/ OPG-System kann bei einer Reihe von Erkrankungen gestört
Bei Durchsicht der internationalen Literatur finden sich zur
sein und ist daher von großem medizinischem Interesse.
seriellen Radonstollenbehandlung keine Studien, die sich
Mit Denosumab steht inzwischen ein monoklonaler Anti-
bei AS mit molekularen physikalischen Aspekten beschäftigt
körper gegen RANKL zur Verfügung, der bei Krankheiten
haben. Folgende Fragestellungen wurden daher unter der
mit erhöhter osteoklastärer Aktivität (z.B. postmenopausale
seriellen Radonstollen-Hyperthermie-Behandlung bei
Osteoporose, rheumatoide Arthritis) eingesetzt werden kann.
Patienten mit AS im Vergleich zu einer altersvergleichbaren
Neben der postmenopausalen Osteoporose spielt das
1. Lässt sich eine Schmerzabnahme durch die Anwen-
Kontrolle (Arthrosepatienten) untersucht:
RANK/RANKL/OPG-System auch bei der sekundären Osteo-
dungen objektivieren? Falls ja, wie lange hält diese an?
porose im Rahmen entzündlich-rheumatischer Erkrankun-
2. Bewirken die Anwendungen eine Abnahme von Akti-
gen eine zentrale Rolle. Proentzündliche Zytokine wie der
vitätskriterien (BASDAI – Bath Ankylosing Spondylitis
Tumornekrosefaktor a (TNF-a) und Interleukin 1 (IL-1) sti-
Disease Activity Index und BAS-G – Bath Ankylosing
mulieren die Freisetzung von RANKL aus Osteoblasten, Osteoklasten und anderen Zellen [5-6]. Bei Patienten mit
Spondylitis Patient Global Score)?
3. Lassen sich Änderungen von zentralen Zytokinen des
ankylosierender Spondylitis (AS) stellt eine sekundäre
Knochenstoffwechsels (Osteoprotegerin – OPG, receptor
Osteoporose eine häufige und komplizierende Begleiterkran-
activator of NF-kappa-B ligand – RANKL) und vom proin-
kung dar [7, 8]. Die Abnahme der Knochendichte ist Aus-
flammatorischen Zytokin TNF-a objektivieren?
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Weitere Patientencharakteristika Parameter
AS-Patienten (n = 24)
OA-Patienten (n = 24)
Größe (cm)
172,5 ± 8,6
174,0 ± 8,8
Gewicht (kg)
78,2 ± 14,2
72,7 ± 14,1
26,4 ± 5,3
23,8 ± 3,0
Body Mass Index (BMI)
Die Werte sind als Mittelwert und Standardabweichung (MW ± SD) angegeben.
Tab. 1: Weitere Patientencharakteristika.
Methodik
Jeweils vor Beginn und nach Ende der seriellen Therapie sowie nach 3 Monaten erfolgte bei den AS-Patienten und
Untersucht wurde prospektiv der Einfluss einer seriellen
der OA-Kontrolle eine Erfassung der Schmerzen mittels
Radonstollen-Hyperthermie im Radonstollen Bad Gastein-
visueller Analogskala (VAS: 0-10; 0 = keine Schmerzen, 10 =
Böckstein, Österreich, der eine Lufttemperatur von 37,5-
stärkste Schmerzen). Ebenso wurden bei den AS-Patienten
41,5°C, eine Luftfeuchte von 70-100% und eine Radonkon-
zu den gleichen Zeitpunkten der „Bath Ankylosing Spondy-
zentration von ca. 44 kBq/m³ aufweist. Die serielle Therapie
litis Disease Activity Index” (BASDAI) und der „Bath Anky-
bestand aus 12 Anwendungen in 3 Wochen mit je 60 Minu-
losing Spondylitis Patient Global Score“ (BAS-G) erhoben.
ten Aufenthalt im Therapiebereich des Stollens in Badeklei-
Alle verwendeten Testbögen wurden unter dem Titel „Medal
dung in liegender oder sitzender Position. Die Einschlusskri-
Rheumatologie“ von J.G. Kuipers (2006) herausgegeben und
terien für die Studienteilnahme umfassten ein Alter über 18
stellen internationale etablierte Items dar.
Jahre, gesicherte AS nach den modifizierten New York Kriterien, subakutes oder chronisches Stadium ohne klinische
Ferner wurde bei allen Patienten eine Bestimmung der
und humorale Entzündungsaktivität, Aufenthalt in Bad
Serumspiegel der Zytokine RANKL, OPG und TNF-a mittels
Gastein-Böckstein im Rahmen eines Kururlaubs ohne struk-
venöser Blutentnahme durchgeführt. Als Marker zur Quan-
turierte Rehabilitationsmaßnahmen. Eingeschlossen wurden
tifizierung des Knochenmetabolismus wurde aus den gemes-
24 AS-Patienten (Durchschnittsalter 58 Jahre, durchschnitt-
senen Werten der RANKL/OPG Quotient berechnet. Die
liche Krankheitsdauer 8,9 Jahre) und eine altersvergleichba-
Blutproben wurden direkt nach der Abnahme zentrifugiert
re Gruppe von Patienten mit Osteoarthrose (OA, n = 24).
und anschließend bis zur laborchemischen Bestimmung bei
Die Medikation in beiden Gruppen umfasste lediglich eine
-20°C tiefgefroren.
bedarfsabhängige Einnahme nicht-steroidaler Antiphlogistika (NSAR; 12/24 AS-Patienten und 14/24 OA-Patienten
Die laborchemischen Analysen erfolgten mittels ELISA
gaben eine Bedarfsmedikation mit Ibuprofen oder Diclofe-
gemäß der jeweiligen Produktinformation des Herstellers.
nac an), während die Anwendung einer TNF-Hemmer-The-
Verwendet wurden das Human sRANKL (total) ELISA Kit
rapie oder einer Medikation mit möglichem Einfluss auf
(PromoKine®, PromoCell GmbH, Heidelberg, Germany;
den Knochenstoffwechsel explizit ausgeschlossen wurde.
Messbereich > 13.000 pg/ml), das Human Osteoprotegerin
Weitere Charakteristika der Patientengruppen enthält Tabel-
ELISA Kit (RayBio®, Ray Biotech, Inc. Norcross GA, USA;
le 1. Vor Studieneinschluss wurde von allen Patienten der
Meßssereich > 1,8 pg/ml) und das Human TNF-a ELISA Kit
AS- und OA-Gruppe ein schriftliches Einverständnis einge-
(RayBiotech, Inc. Norcross GA, USA; Messbereich > 1
holt. Die Studie erfolgte mit Zustimmung der Ethikkommis-
pg/ml).
sion der Medizinischen Fakultät der Universität Gießen.
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Verlauf des VAS bei AS-Patienten und OA-Kontrollen
Verlauf des BASDAI bei AS-Patienten
Abb. 1: Verlauf des VAS bei AS-Patienten und OA-Kontrollen.
Abb. 2: Verlauf des BASDAI bei AS-Patienten.
Bei der statistischen Auswertung der Daten erfolgte die des-
Die Abbildungen werden im Boxplot dargestellt: die Box
kriptive Darstellung der metrisch skalierten Parameter tabel-
entspricht dem Bereich, in dem 25%-75% der Daten liegen,
larisch mit Angabe des arithmetischen Mittelwertes und der
in der Box ist der Median dargestellt, die Länge der Box ent-
Standardabweichung. Die Daten wurden mit Normal Q-Q
spricht dem Interquartilsabstand, ° milde Ausreißer, * extre-
Plots und dem Shapiro-Wilk-Test auf Normalverteilung
me Ausreißer.
überprüft. Die Überprüfung ergab in der Regel einen Widerspruch zur Hypothese der Normalverteilungsannahme.
Ergebnisse
Sämtliche Vergleiche zwischen den zwei Gruppen wurden daher mit dem nicht-parametrischen Mann-Whitney U-Test durchgeführt. Um die Veränderungen im zeitlichen Verlauf
1. Schmerzen, Krankheitsaktivität, allgemeiner Gesundheitszustand
zwischen Beginn und Ende der seriellen Therapie zu beurteilen, wurden für jeden Parameter die entsprechenden Dif-
In der subjektiven Einschätzung ihrer Schmerzen mittels
ferenzen berechnet. Mit dem Mann-Whitney U-Test wurde
visueller Analog-Skala (VAS; s. Abb. 1) zeigte die AS-Gruppe
für diese Differenzen als Maß für die Veränderung auf
bereits von baseline zum Zeitpunkt nach der seriellen
Unterschiede zwischen den Gruppen getestet. Für Verglei-
Radonstollen-Hyperthermie eine signifikante Verbesserung
che zwischen zwei Zeitpunkten innerhalb einer Gruppe
(p < 0,005), welche sich bei der Nachbefragung nach 3
wurde der nicht-parametrische Wilcoxon-Test verwendet.
Monaten immer noch bestätigte (p < 0,005). Die OA-Kontrollgruppe zeigte hingegen erst nach 3 Monaten eine signi-
Aufgrund von multiplen Vergleichen wurde das Signifikanz-
fikante Schmerzlinderung (p < 0,003).
niveau in Abhängigkeit der Anzahl von Messzeitpunkten eines Parameters nach Bonferronie korrigiert. Lagen drei
Bei der Erfassung der Krankheitsaktivität (s. Abb. 2) mittels
Messzeitpunkte vor, wurde das Signifikanzniveau des jewei-
BASDAI-Fragebogen zeigte sich am Ende der Therapie eine
ligen Tests mit drei multipliziert. Entsprechend wurde bei
signifikante Verbesserung von 4,51 Punkten auf 3,52 Punkte
nur zwei Messzeitpunkten verfahren. Das multiple Alpha-
(p < 0,003). Diese anhaltende Verbesserung konnte ebenfalls
Niveau der Studie liegt somit bei p = 0,05. Die Auswertung
nach 3 Monaten in der Nachbefragung objektiviert werden
erfolgte mit dem Programm R für Windows Version 2.80.
(3,34 Punkte; p < 0,003).
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Verlauf des BAS-G bei AS-Patienten
TNF-α Serumspiegel bei AS-Patienten und OA-Kontrollen vor und nach serieller Radonstollentherapie
Abb. 3: Verlauf des BAS-G bei AS-Patienten.
Abb. 4: TNF-α Serumspiegel bei AS-Patienten und OA-Kontrollen vor und nach serieller Radonstollentherapie.
Bei der Erfassung des allgemeinen Gesundheitszustandes der
Diskussion
Patienten mittels des BAS-G-Fragebogens (s. Abb. 3) zeigte sich nach Ende der Therapie eine tendenzielle Verbesserung
In der durchgeführten Studie zeigte sich bei den AS-Patien-
von 5,39 auf 4,69 Punkte (p < 0,046), eine signifikante Ver-
ten bezüglich der Schmerzen – gemessen mittels VAS – eine
besserung war hingegen nach 3 Monaten mit 3,83 Punkten
signifikante Verbesserung direkt nach der seriellen Therapie
eruierbar (p < 0,005).
bei einer tendenziellen Verbesserung in der Kontrollgruppe. Nach 3 Monaten lag dann in beiden Gruppen eine signifi-
2. Molekulare Marker-Zytokine
kante und anhaltende Verbesserung gegenüber dem Ausgangszustand vor. Somit führte die serielle Radonstollen-
Bei den AS-Patienten zeigte sich nach der seriellen Radon-
Hyperthermie zu einer mittelfristigen Schmerzlinderung bis
stollen-Hyperthermie ein tendenzieller, bei den OA-Kontrol-
zu 3 Monaten.
len ein signifikanter Abfall der TNF-a Serumspiegel im Vergleich zu den jeweiligen Ausgangswerten (p < 0,0005, s.
Passend hierzu zeigte der "Bath Ankylosing Spondylitis Dise-
Abb. 4).
ase Activity Index" (BASDAI) – zur Messung der Krankheitsaktivität – direkt nach der Therapie eine signifikante Abnah-
In beiden Gruppen kam es zu einem signifikanten Abfall
me mit einer weiteren Verbesserung nach 3 Monaten.
von RANKL (AS: p < 0,0005; OA-Kontrollen: p < 0,004, s. Tab. 2). Im Gegensatz dazu zeigten nur in der AS-Gruppe
Im "Bath Ankylosing Spondylitis Patient Global Score" (BAS-
die OPG-Spiegel (p < 0,0005) einen signifikanten Anstieg
G) – zur Beurteilung des allgemeinen Gesundheitszustandes
und passend dazu der RANKL/OPG Quotient einen signifi-
der AS-Patienten – ergab sich direkt nach Therapie eine ten-
kanten Abfall (p < 0,005), nicht hingegen in der OA-Kon-
denzielle, nach 3 Monaten eine signifikante Verbesserung
trollgruppe (s. Tab. 2, Abb. 5).
im Vergleich zum Ausgangsbefund. Bei Patienten mit AS stellt eine sekundäre Osteoporose eine häufige Begleiterkrankung dar. Das RANK/RANKL/OPGSystem gilt als zentraler Regulator der Knochenresorption,
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RANKL/OPG-Quotient bei AS-Patienten und OA-Kontrollen vor und nach serieller Radonstollentherapie
Abb. 5: RANKL/OPG-Quotient bei AS-Patienten und OA-Kontrollen vor und nach serieller Radonstollentherapie.
bestehend aus dem Mitglied der TNF-Familie RANKL, sei-
alter eine Zunahme der Knochenmasse infolge eines Man-
nem Rezeptor RANK auf Osteoklasten und osteoklastären
gels an funktionsfähigen Osteoklasten [15]. RANKL spielt
Vorläuferzellen und seinem löslichen Rezeptorantagonisten
bei entzündlich-rheumatischen Erkrankungen als osteoim-
OPG [2-4]. RANKL fördert die Knochenresorption durch
munologisches Bindeglied eine zentrale Rolle und wird von
Steigerung der Anzahl und Aktivität der Osteoklasten über
aktivierten T-Zellen produziert. In tierexperimentellen Stu-
die Aktivierung seines membranständigen Rezeptors RANK
dien der rheumatoiden Arthritis und der Spondylarthropa-
und Induktion der Osteoklastogenese durch Interaktion mit
thien zeigte sich eine T-Zell-induzierte Osteodestruktion
RANK auf monozytären Osteoklastenvorläuferzellen. Dieser
durch RANKL Sekretion sowie eine Erhöhung des
Prozess kann durch den löslichen RANKL-Antagonisten
RANKL/OPG-Quotienten [16]. Bei der rheumatoiden Arthri-
OPG gehemmt werden. Bei verschiedenen metabolischen
tis kommt es aufgrund der überschießenden RANKL-Expres-
Knochenerkrankungen mit Dysbalance des RANKL/RANK/
sion durch T-Zellen und auch durch ortsständige synoviale
OPG-Systems ist der RANKL/OPG-Quotient als Surrogatmar-
Zellen nach Aktivierung von osteoklastären Zellen zur Kno-
ker für die Störung entweder lokal oder systemisch meist
chendestruktion, die sich als periartikuläre Osteoporose und
deutlich erhöht oder erniedrigt. Beispiele für Erkrankungen
schließlich – in Zusammenwirkung mit anderen Mechanis-
mit einem vermehrten Osteokatabolismus und entsprechen-
men – auch als Erosionen des subchondralen Knochens
der Erhöhung des RANKL/OPG-Quotienten sind die post-
manifestiert [17, 18]. Im Rahmen der systemischen Aktivie-
menopausale Osteoporose, die Glukokortikoid-induzierte
rung des Immunsystems mit RANKL-Expression kann darü-
Osteoporose und die rheumatoide Arthritis [13].
ber hinaus auch eine sekundäre systemische Osteoporose entstehen.
Der Nachweis der Bedeutung des RANKL/RANK/OPGSystems im Rahmen der Pathogenese chronisch-entzünd-
Bei der AS ist eine sekundäre systemische Osteoporose oder
licher und maligner Knochenerkrankungen erfolgte
Osteopenie ebenfalls ein häufiges Phänomen. Die Knochen-
zunächst über präklinische Tiermodelle. OPG-defiziente
dichte ist dabei negativ mit den klinischen Aktivitätsindices
Mäuse entwickeln eine Osteoporose mit häufigen Spontan-
wie z.B. dem Bath ankylosing spondylitis activity index
frakturen [14], OPG-transgene Mäuse zeigen hingegen einen
(BASDAI) und den systemischen Entzündungsparametern
osteopetrotischen Phänotyp und mit zunehmenden Lebens-
Blutkörperchensenkungsgeschwindigkeit (BSG) sowie C-
12
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Serumspiegel von Osteoprotegerin (OPG) und receptor activator of NF kappa-B ligand (RANKL) vor und nach serieller Radonstollentherapie bei AS-Patienten und OA-Kontrollen Parameter
AS- Patienten (n = 24) vor Therapie
nach Therapie
vor Therapie
nach Therapie
291 ± 49
341 ± 64 *
319 ± 64
331 ± 84
113.226 ± 10.733
54.884 ± 7.757 #
205.278 ± 22.789
113.668 ± 9.261 °
OPG [pg/ml] RANKL [pg/ml]
OA-Patienten (n = 24)
*, # p < 0,0005 (signifikanter Anstieg gegenüber dem Ausgangswert), Wilcoxon-Test ° p < 0,004 (signifikanter Rückgang gegenüber dem Ausgangswert), Wilcoxon-Test Die p-Werte sind adjustiert, d.h. das Signifikanzniveau wurde der Anzahl der Tests innerhalb eines Parameters angepasst. Es ergaben sich keine signifikanten Unterschiede beim Mann-Whitney U-Test auf Gruppenunterschiede.
Tab. 2: Serumspiegel von Osteoprotegerin (OPG) und receptor activator of NF kappa-B ligand (RANKL) vor und nach serieller Radonstollentherapie bei AS-Patienten und OA-Kontrollen.
reaktives Protein (CRP) korreliert [19]. Von besonderem
serielle Radonstollen-Hyperthermie die systemische RANKL-
Interesse ist, dass in einer aktuellen Studie gezeigt werden
Sekretion u.a. der T-Zellen reduziert. Im Einklang damit
konnte, dass die RANKL-Serumspiegel und der RANKL/OPG
könnte auch der Rückgang der TNF-a Serumspiegel in den
Quotient bei AS-Patienten mit verminderter Knochendichte
untersuchten Patientenkollektiven durch eine verminderte
und radiographischen Zeichen einer aktiven Entzündung
Expression durch T-Zellen und andere Immunzellen resultie-
signifikant erhöht sind [19].
ren.
In der vorliegenden Studie konnte durch serielle Radonstol-
Zusammenfassend stellt die serielle Radonstollen-Hyperther-
lentherapie bei Patienten mit AS ein signifikanter Abfall des
mie im Rahmen der multimodalen Therapie der AS ein
systemischen RANKL-Spiegels bei gleichzeitig signifikantem
interessantes Physiotherapeutikum dar, das aufgrund der
Anstieg des systemischen OPG-Spiegels und passend dazu
dargestellten Ergebnisse künftig einen höheren Stellenwert
ein signifikanter Rückgang des RANKL/OPG Quotienten bei
in der Therapie erhalten könnte. Nach unserer Kenntnis
tendenziellem Abfall von TNF-a nachgewiesen werden. Im
handelt es sich um die erste Studie zu dieser Thematik, die
Gegensatz dazu fand sich in der Kontrollgruppe von OA-
einen Einblick in die Wirkung serieller Radonstollentherapie
Patienten zwar ein signifikantes Absinken der Spiegel von
auf zentrale Botenstoffe des Entzündungsprozesses und des
TNF-a und RANKL, nicht jedoch eine Änderung des OPG-
Knochenmetabolismus vermittelt. Eine nachhaltige Modula-
Spiegels und des RANKL/OPG Quotienten.
tion dieses zentralen Regulationssystems bei entzündlichrheumatischen und degenerativen Erkrankungen durch
Die beobachteten Veränderungen stellen die molekulare
Physiotherapeutika in Analogie zu den so genannten Biolo-
Grundlage für eine Verminderung des osteoklastären Kno-
gika, jedoch ohne weitere medikamentöse Therapie wäre
chenabbaus im Rahmen der entzündlich bedingten sekun-
ein wichtiger Fortschritt in der Behandlung chronischer
dären Osteoporose bei AS dar und legen die Schlussfolge-
rheumatischer Erkrankungen und bietet zudem für die
rung nahe, dass eine serielle Radonstollen-Hyperthermie
Zukunft ein großes, faszinierendes Forschungsfeld auf dem
geeignet sein könnte, das Risiko für eine sekundäre Osteo-
Gebiet der molekularen physikalischen Medizin.
■
porose bei AS-Patienten günstig zu beeinflussen. Die gewonnenen Resultate lassen die Hypothese diskutieren, dass eine
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13
ora_2013-02_final_06_01 19.06.13 09:55 Seite 14
L i t er a t u r
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Frei Hรถppner
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OSTEOLOGIE Prof. Dr. med. habil. Reimer Andresen Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie/Neuroradiologie Westküstenklinikum Heide, Akademisches Lehrkrankenhaus der Universitäten Kiel, Lübeck und Hamburg Esmarchstraße 50 25746 Heide
Radiofrequenzsakroplastie zur Versorgung einer einseitigen Denis 1 Insuffizienzfraktur Ein Fallbericht R. Andresen, C.W. Lüdtke, P. Kamusella Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie/Neuroradiologie, Westküstenklinikum Heide Bei älteren Patienten mit einer Osteoporose sollte bei plötzlich auftretenden tiefsitzenden Kreuzschmerzen an das mögliche Vorhandensein einer Insuffizienzfraktur im Os sacrum differentialdiagnostisch gedacht werden [1, 2]. Diese Frakturen werden bei einem meist vertikalen Verlauf in eine transalare (Typ 1), transforaminale (Typ 2) und zentrale Frakturverlaufszone (Typ 3) eingeteilt [3, 4]. Die Frakturen können uni- oder bilateral auftreten, wobei letztere über horizontale Ausläufer in Höhe der ersten Sakralwirbel miteinander verbunden sein können. Am häufigsten findet sich bei Insuffizienzfrakturen eine Typ 1 Frakturzone. Diese kann mit stärksten invalidisierenden tiefen Kreuzschmerzen einhergehen, wobei neurologische Ausfälle hierzu nicht passen [2].
Die Standardtherapie der sakralen Insuffizienzfrakturen ist bisher eine konservative Behandlung mit Bettruhe und adjuvanter medikamentöser Schmerztherapie gefolgt von Mobilisierung im Gehwagen oder an Unterarmgehstützen mit schmerzadaptierter Belastung [5]. Problematisch bei der konservativen Therapie ist das erhöhte Risiko von Komplikationen wie tiefen Venenthrombosen, konsekutiven Lungenarterienembolien, Pneumonien, Dekubitalgeschwüren, Depressionen, des weiteren kommt es durch die Immobilisierung zu einem weiteren Muskel- und Knochenabbau [6]. Die Ausbildung einer Pseudarthrose mit persistierenden Beschwerden ist ein weiteres Problem des konservativen Vorgehens [6]. Als chirurgische Behandlungsoption steht die Osteosynthese in unterschiedlichen Techniken zur Verfü-
16
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Abb. 1: Bei a) Darstellung einer Denis 1 Frakturzone des Os sacrum rechts im axialen CT-Schnittbild. Bei b) Präperation der Frakturzone mit dem flexiblen Osteotom. Bei c) instrumentell gesteuerte Zementeinbringung. Bei d) im axialen CT-Schnittbild und e) in der coronaren Reformation Darstellung der Zementplombe in der Frakturzone. Unter Berücksichtigung beider Schnittebenen kann eine Zementleckage ausgeschlossen werden.
gung. Aufgrund der stark rarefizierten Knochenstruktur las-
Ballonsakroplastie wurde später in einer Leichenstudie [12]
sen sich stabile Verhältnisse nicht immer herstellen. Die eta-
sowie eigenen klinischen Studie bestätigt [4]. Inwieweit die
blierteste Methode ist die perkutane, transiliakale Verschrau-
Zementaugmentation mittels Radiofrequenz-Sakroplastie
bung [7].
möglich ist, wird nachfolgend in einem Fallbericht beschrieben.
Als alternative minimalinvasive Behandlungsform bietet sich die Einbringung von Zement über Hohlnadeln analog
Falldarstellung, Methode und Ergebnis
der Vertebroplastie an [8]. Eine rasche und weitestgehende Schmerzreduktion konnte mit dem neuen Verfahren nach-
Bei einer 65 Jahre alten Frau zeigte sich nach einem Sturz in
gewiesen werden, wobei als Komplikation nicht immer
häuslicher Umgebung im CT eine Denis 1 Frakturzone im
symptomlose Leckagen möglich sind [9, 10]. Die Sakro-
Os sacrum rechts (s. Abb. 1a). Aufgrund stärkster immobili-
plastie mit einer Ballonaugmentation, in Analogie zur
sierender Kreuzschmerzen erfolgte die klinische Aufnahme.
Kyphoplastie, wurde erstmals von Deen und Nottmeier bei
Eine zusätzlich diagnostizierte klinisch manifeste Osteopo-
drei Patienten durchgeführt [11]. Die sichere CT-gesteuerte
rose mit abgeheilter distaler Radiusfraktur, mehreren älteren
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17
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Schmerzen (VAS)
10 9 8 7 6 5
der hochvisköse, per Radiofrequenz aktivierte Polymethyl4
methacrylat(PMMA)-Zement (ER2 Bone Cement der Firma
3
DFine), durch eine eingewechselte Schraubkanüle, in die
2
präperierte Frakturzone eingebracht (s. Abb. 1c). Bei diskon-
1
tinuierlicher und instrumentell gesteuerter Befüllung mit 1,3 ml/min (STABILIT® Vertebral Augmentation System –
0 Prä OP
2. Tag post OP
Radiofrequenz-Kyphoplastie der Firma DFine) ergibt sich unter CT-Kontrolle eine gute Zementfüllung in longitudina-
Abb. 2: Darstellung der Schmerzen nach Visueller Analogskala (VAS). Bereits 2 Tage nach Intervention zeigt sich ein deutlicher Rückgang der Schmerzen von 9 auf 2 Scorepunkte.
ler Richtung zum Frakturverlauf und Verzahnung mit dem vitalen Knochen. Insgesamt werden 7 ml PMMA-Zement augmentiert. Eine Zementleckage aus der Frakturzone in Richtung Neuroforamina, der Eingeweidefläche des Os sacrum oder der Iliosakralfuge entwickelte sich nicht (s. Abb. 1d und 1e). Die Schmerzintensität reduzierte sich von
Sinterungsfrakturen im konventionellen Röntgen der Brust-
9 Scorepunkten präinterventionem auf 2 Scorepunkte am 2.
und Lendenwirbelsäule sowie einem mittleren Knochenmi-
Tag postinterventionem, bestimmt mittels visueller Analog-
neralgehalt von 55,2 mg/ml (gemessen im QCT) wurde ent-
skala (VAS, s. Abb. 2). Durch den Wegfall der invalidisieren-
sprechend den DVO-Leitlinien [13] medikamentös behan-
den Schmerzen konnte die Patientin am 4. postoperativen
delt. Frische Sinterungsfrakturen konnten am Achsenskelett
Tag wieder voll remobilisiert in ihre häusliche Umgebung
mittels MRT ausgeschlossen werden.
entlassen werden.
Eine zunächst durchgeführte konservative Behandlung über
Diskussion
einen Zeitraum von 3 Wochen, brachte keine zufriedenstellende Reduktion der starken, invalidisierenden Schmerzen.
Die konservative Therapie von Os sacrum Insuffizienzfrak-
Die Indikation zur Intervention erfolgte nach einer zuvor
turen mit Ruhigstellung, medikamentöser Schmerz- und
durchgeführten interdiziplinären Fallkonferenz mit Geria-
Osteoporosetherapie erhöht durch die Immobilisierung wei-
tern/Internisten, Orthopäden/Unfallchirurgen, Neurochirur-
tere Komorbiditäten und bringt häufig erst langfristig eine
gen und interventionell tätigen Radiologen. Nach entspre-
klinische Besserung [5, 14]. Da eine schnelle analgetische
chender Aufklärung erfolgte am nächsten Tag die Interven-
Wirkung mit positivem Effekt auf die Mobilität und Akti-
tion in Intubationsnarkose und anästhesiologischer Über-
vitäten des täglichen Lebens nach Sakroplastie mehrfach
wachung. Routinemäßig erfolgte die Gabe einer single-shot
gezeigt werden konnte [4, 8, 9, 11, 15], sollte diese Thera-
Antibiose (Cefazolin 2g i.v.) unmittelbar vor der Interven-
pieoption nach einem frustranen konservativen Therapie-
tion. Unter sterilen Kautelen wurde dann CT-gesteuert mit
versuch mit weiterhin bestehenden invalidisierenden
einer Jamshidi-Nadel die Denis 1 Frakturzone im Os sacrum
Schmerzen durchgeführt werden. Hier kommt die Zement-
rechts von dorsal über die kurze Achse [4] sondiert. Nach
augmentation analog der Vertebroplastie [8-10] oder der
Entfernen der Innennadel wird über die liegende Hohlnadel
Ballonkyphoplastie [4, 9, 11, 15] infrage. Die klinisch größe-
mit einem flexiblen Osteotom der spongiöse Raum in der
re Erfahrung besteht in der Zementeinbringung über eine
Frakturzone erweitert und damit ein Hohlraum für die
eingebrachte Hohlnadel entsprechend der Vertebroplastie,
Zementfüllung präpariert (s. Abb. 1b). Anschließend wird
wobei hier, wie in der Versorgung von Wirbelkörperfraktu-
18
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ren, höhere Zementleckagen auftreten [9, 10]. Durch die Verwendung eines Ballonkatheters lässt sich zentral ein Hohlraum für die Zementeinbringung schaffen, wobei eine
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rekonstruktion mit der hochviskösen Zementeinbringung
et al. Treatment of Denis 1, 2 and 3
DVO Guideline 2009 for Prevention,
mittels Radiofrequenz-Kyphoplastie wurde dieses von uns
insufficiency fracture zones of the os
Diagnosis and Therapy of Osteoporo-
bei einer Os sacrum Fraktur durchgeführt. Die radiofre-
sacrum. Individual approaches adap-
sis in Adults. Osteol. 2011; 20 (1):
quenzgesteuerte Zementeinbringung ließ sich technisch gut
ted to the course of the fracture in
55-74.
durchführen, die Denis 1 Frakturzone wurde in Längsrich-
CT-assisted balloon sacroplasty.
14.
tung von zentral nach peripher mit einer 7ml Zementplom-
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Andresen R, Radmer S, Görmez M et
be aufgefüllt, ohne dass sich eine Zementleckage entwickel-
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te. Am 2. Tag nach der Intervention fand sich ein überzeu-
Babayev M, Lachmann E, Nagler W.
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gender Schmerzrückgang von 9 auf 2 Scorepunkte auf der
The controversy surrounding sacral
ren des Os sacrum. Osteol. 2013;
VAS, welches am 4. Tag nach der Intervention eine volle
insufficiency fractures: to ambulate
22 / Suppl. 1: 37.
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reduction and percutaneous skeletal
novel vertebral augmentation system.
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Osteoporose & Rheuma aktuell 2 | 2013
19
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OSTEOPOROSE Prof. Dr. Roland Gärtner Medizinische Klinik IV der LMU Ziemssenstr. 1 80336 München
Nahrungsergänzungsmittel zur Prävention und Therapie der Osteoporose? Der Markt mit Nahrungsergänzungsmittel ist groß und ständig wachsend, der Umsatz beträgt derzeit etwa 6 Milliarden Euro pro Jahr in Europa. Jeder Dritte Deutsche schluckt Nahrungsergänzungsmittel. Ist das notwendig? Dient es tatsächlich dem Menschen oder eher der Industrie?
Hersteller und auch einige Experten propagieren die Notwendigkeit, Nahrungsergänzungsmittel einzunehmen, und zwar deshalb, weil diese unser Wohlbefinden verbessern sollen, aber auch bei bestimmten Erkrankungen unterstützend oder gar kausal helfen können. Nahrungsergänzungsmittel werden daher nicht nur in Drogerien und Großmärkten, sondern auch in Apotheken angeboten. Sie werden als Pillen, Kapseln oder Tabletten angeboten und sind den Arzneimitteln zum Verwechseln ähnlich. Das unterstellt, dass diese Nahrungsergänzungsmittel tatsächlich sinnvoll zur Prophylaxe und Therapie von Krankheiten sind. Nahrungsergänzungsmittel sind rechtlich aber Nahrungsmittel und unterliegen deshalb nicht dem Arzneimittel-, sondern dem Lebensmittelrecht. Es wird somit auch nicht – im Gegensatz zum Arzneimittel – gefordert, dass eine bestimmte Wirkung tatsächlich nachgewiesen wird. Zudem ist nicht gewährleistet, dass die Angaben der Hersteller auch richtig sind, denn es gibt keine Kontrollen. Oft werden die genauen Inhaltsstoffe auch nicht angegeben, obgleich sie seit einigen Jahren deklariert werden sollten [1].
20
Osteoporose & Rheuma aktuell 2 | 2013
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Der Begriff "Nahrungsergänzung" unterstellt, dass unsere
benötigt. Bei Personen, die sich einseitig ernähren, wie z.B.
tägliche Nahrung nicht ausreichend Vitamine, essentielle
Veganern oder Vegetariern, können jedoch Mangelerschei-
Aminosäuren und Mineralstoffe enthält und daher notwen-
nungen auftreten und Nahrungsergänzungen können mög-
digerweise Pillen mit den entsprechenden "fehlenden" Sub-
licherweise sinnvoll sein. Auch Menschen mit Magen-Darm-
stanzen zuführt werden müssen. Es wird auch unterstellt,
erkrankungen können manchmal nicht alle Vitamine auf-
dass die heutigen Lebensmittel weniger Spurenelemente
nehmen, aber da ist es sinnvoll, diese gezielt mit Arzneimit-
und Vitamine enthalten als früher, bedingt durch die inten-
teln zu substituieren. In den Apotheken, insbesondere Frau-
sive Landwirtschaft und weitere industrielle Verarbeitung
enzeitschriften und im Internet wird viel geworben für die
der Lebensmittel. Dies ist allerdings nicht belegt. Durch die
Nahrungsergänzungsmittel, und vorwiegend für postmeno-
Vielfalt der angebotenen Lebensmittel und auch die meist
pausale Frauen als wichtige Ergänzung propagiert.
eher zu hohe Nahrungszufuhr ist auch eine ausreichende Zufuhr an Spurenelementen und Vitaminen gewährleistet – mit wenigen Ausnahmen. Tatsächlich zu wenig in unserer
Nahrungsergänzung zur Prophylaxe der Osteoporose
Nahrung sind Jod, Folsäure, Selen und vor allem Vitamin D. Letzteres kann nur zu etwa 20% des Bedarfes mit der nor-
Für die Osteoporose-Prophylaxe und auch Therapie allein
malen Ernährung aufgenommen werden, die übrigen 80%
werden über 150 verschiedene Nahrungsergänzungsmittel
müssen durch Sonnenexposition in der Haut synthetisiert
angeboten, mit den unterschiedlichsten Zusammensetzun-
werden.
gen. Alle werben damit, ganz besonders gut zu helfen, und vor allem "natürlich" im Gegensatz zu den Arzneien zu sein.
Die Natur hat es eingerichtet, dass unsere Nahrung, soweit
Vitamine und Spurenelemente sind aber natürliche Substan-
sie nicht einseitig ist, alles enthält, was der Organismus
zen. Der Vorteil der Arzneimittel ist, dass die Konzentratio-
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nen, die notwendig zur Ergänzung des täglichen Bedarfes
Kalzium die Magensäure notwendig ist, und insbesondere
sind, klar definiert sind und deren Wirksamkeit auch wis-
bei älteren Personen und solchen, die Säureblocker einneh-
senschaftlich belegt sein muss. Allein aus der Vielzahl der
men, wird das Kalzium aus der Nahrung nicht ausreichend
Nahrungsergänzungsmittel lässt sich ableiten, dass es
aufgenommen, denn dies enthält meist Kalziumkarbonat,
unmöglich ist, alle diese Kombinationspräparate auf ihre
das nur in Säure löslich ist, und nur die Kalziumionen wer-
Wirksamkeit hin zu überprüfen. Vor allem zur Osteoporose-
den resorbiert [6]. Auch die meisten preisgünstigen Präpara-
Therapie sollten daher auch keine Nahrungsergänzungsprä-
te enthalten Kalziumkarbonat. Diese Patienten sollten dann
parate verwendet werden.
entweder Kalziumcitrat, -folinat, -lactat oder -gluconat einnehmen, die als Arzneien erhältlich sind, in einer Dosie-
Wie oben ausgeführt, enthalten die meisten Nahrungser-
rung von etwa 500 mg bis 1.000 mg Kalzium, da diese Kalzi-
gänzungsmittel eine Vielzahl an Substanzen, die tatsächlich
umsalze im Gegensatz zum Kalziumkarbonat auch ohne
für den Knochen sinnvoll sind, wie Vitamin D, Vitamin K,
Magensäure löslich sind und resorbiert werden können.
verschiedene Kalziumsalze, Selen, Magnesium, Zink, Stron-
Einige der Nahrungsergänzungen- die zur Osteoporose-
tium, B-Vitamine, Molybdän, Vitamin C und Antioxidan-
Prophylaxe oder -Therapie angeboten werden, enthalten
tien, allerdings in meist niedriger Konzentration, vergleich-
diese Kalziumsalze, meist aber wiederum in niedrigen, oft
bar mit denen, wie sie auch in einer ausgewogenen Nah-
homöopatischen Konzentrationen. Besser ist es daher, in
rung vorhanden sind [1]. Besser ist es also, nur die Substan-
diesen Fällen die angebotenen Arzneien einzunehmen.
zen zuzuführen, die wir mit der ausgewogenen Ernährung nicht ausreichend zuführen können.
Das Vitamin K ist für den Kalziumeinbau in den Knochen notwendig [2], es findet sich vorwiegend im grünen Gemü-
Hierzu gehört das Vitamin D, das streng genommen eigent-
se und Salat, dies gehört zur normalen gesunden Ernäh-
lich kein Vitamin ist, da es vom Körper in der Haut durch
rung. Nur wenn dies nicht gewährleistet ist, sollte es
Sonnenbestrahlung synthetisiert werden kann. Da die meis-
gesondert zugeführt werden, in einer Dosierung von etwa
ten Menschen in Deutschland, insbesondere die älteren
70 µg K2 pro Tag. Vorsicht allerdings ist geboten bei Marcu-
Menschen, wenig Sonnenstrahlen abbekommen, ist eine
mar-Patienten, denn Marcumar ist ein Gegenspieler von
Substitution erforderlich. Allerdings enthalten die meist
Vitamin K und eine erhöhte Zufuhr von Vitamin K kann
überteuerten Nahrungsmittelergänzungen zuwenig an die-
die Blutgerinnung, also den INR- oder Quick-Wert, bei die-
sem Vitamin und unnötige zusätzliche Substanzen. Zum
sen Patienten verändern. Diese Patienten sollten kein Vita-
Beispiel werden auch verschiedene Kalziumsalze, Kollagen,
min K zuführen, sondern nur ausreichend Vitamin D.
Aminosäuren und Vitamin K mit beigemengt. Es sollten nach den Leitlinien etwa 800-2.000 U Vitamin D – je nach
Vitamin-B12-Mangel gilt auch als ein Risikofaktor für eine
Alter, Sonnenexposition und Ausgangs-Serumspiegel – bei
postmenopausale Osteoporose. Die Ursache ist nicht ein-
Osteoporose zugeführt und die Blutspiegel unter der Substi-
deutig geklärt, diskutiert wird ein damit einhergehendes
tution gemessen werden, um im optimalen Bereich von
erhöhtes Homocystein, das die Durchblutung des Knochens
etwa 30-40 ng/ml zu liegen [3].
verschlechtern kann [5]. Ein Vitamin-B12-Mangel tritt aber außer bei Vegetariern und Veganern bei normaler Ernäh-
Kalzium: Eine ausgewogene, Kalzium-reiche Ernährung ist
rung nur dann auf, wenn eine Typ-A-Gastritis vorliegt, oder
meist ausreichend, nur nicht bei Veganern oder bei Lactose-
nach Magenresektion. Es kann spekuliert werden, dass die
Intoleranz. Oft wird nicht bedacht, dass zur Aufnahme von
Anazidität, die mit einer Typ-A-Gastritis einhergeht, zu
22
Osteoporose & Rheuma aktuell 2 | 2013
ora_2013-02_final_06_01 19.06.13 09:55 Seite 23
L i t er a t u r 1. www.bfr.bund.de/de/gesundheitliche_bewertung_von_nahrungsergaenzungsmitteln-945 2. Ahmadieh H, Arabi A. Vitamins and bone health: beyond calcium and vitamin D. Nutr Rev. 2011;69:58498
einer verminderten Kalziumresorption und damit erhöhtem
3.
Osteoporoserisiko beiträgt. Wird ein Vitamin-B12-Mangel
DVO-Leitlinie 2009 zur Prophylaxe,
nachgewiesen, sollte also eine Typ-A-Gastritis ausgeschlos-
Diagnostik und Therapie der Osteo-
sen und Vitamin B12 substituiert werden. Liegt sie aber vor,
porose beim Erwachsenen. Osteolo-
sollte Vitamin B12 parenteral verabreicht werden, da es
gie 4/2009
nicht resorbiert wird. Außerdem sollten lösliche Kalziumsal-
4.
ze gegeben werden (wie oben ausgeführt). Veganer und
Hoeg A, Gogakos A, Murphy E,
Vegetarier können Vitamin B12 oral zu sich nehmen. Der
Mueller S, Köhrle J, Reid DM, Glüer
Bedarf beträgt etwa 1µg pro Tag.
CC, Felsenberg D, Roux C, Eastell R, Schomburg L, Williams GR. Bone
Selen ist ein essentielles Spurenelement, das als bisher ein-
turnover and bone mineral density
zig bekanntes proteogenomisch, also reguliert durch 25
are independently related to sele-
bekannte Gene in Selenoenzyme eingebaut wird. Diese sind
nium status in healthy euthyroid
für zahlreiche Funktionen im Körper und auch, wie in den
postmenopausal women. J Clin End-
letzten Jahren zunehmend erforscht wurde, für den gesun-
ocrinol Metab. 2012 ;97:4061-70
den Knochenstoffwechsel erforderlich. Sie reduzieren Ent-
5.
zündungsmediatoren, die einen Knochenabbau fördern.
O'Leary F, Samman S. Vitamin B12
Außerdem wirken sie antioxidativ, Selenoenzyme können
in health and disease. Nutrients.
Sauerstoffradikale abbauen, die den Knochenstoffwechsel
2010;2:299-316
negativ beeinflussen. In einer kürzlich veröffentlichten Stu-
6.
die konnte gezeigt werden, dass ein höherer Selengehalt mit
Yang YX. Chronic proton pump inihi-
einer erhöhten Knochendichte einhergeht [4]. Im Mittel
bitor therapy and calcium metabo-
sind nur etwa zwischen 30 und 60 µg in der normalen
lism. Curr Gastroenterol Rep. 2012
Ernährung in Deutschland vorhanden, und eine Substitu-
Dec;14(6):473-9
tion von etwa 100 µg Selen pro Tag wären sinnvoll. Vitamin A und C sowie die übrigen oben genannten Substanzen [2] sind ausreichend in der ausgewogenen Nahrung vorhanden und müssen nicht zusätzlich als Nahrungsergänzung zugeführt werden.
■
Osteoporose & Rheuma aktuell 2 | 2013
23
ora_2013-02_final_06_01 19.06.13 09:55 Seite 24
RHEUMATOIDEN ARTHRITIS M. Freyer, München
10 Jahre erfolgreicher Einsatz von Adalimumab (Humira®) Ein Biologikum feiert Geburtstag Biologika wie der TNF-Inhibitor Adalimumab sind aus der Therapie der rheumatoiden Arthritis nicht mehr wegzudenken und haben die Therapie entzündlicher Immunerkrankungen revolutioniert. Die über zehn Jahre fortgeführten Zulassungsstudien belegen neben hoher Wirksamkeit ein gutes Sicherheitsprofil.
Wenn Rheumatologen wie Prof. Ulf Müller-Ladner aus Bad
TNF-Inhibitoren. Adalimumab ist inzwischen in einem brei-
Nauheim heute Bilder von Patienten mit stark deformierten
ten Feld verschiedener Indikationen zugelassen, deren ent-
Gelenken zeigen, können sie dazu ergänzen „aber so etwas
zündliche Pathogenese durch die Hemmung von TNF-alpha
sieht man inzwischen nur noch ganz selten“ [1]. Nach
eingedämmt werden kann, wie rheumatoide Arthritis, Psori-
ersten Studien mit dem TNF-Inhibitor Adalimumab zur
asis Arthritis, Ankylosierende Spondylitis, axiale Spondylo-
Behandlung von Rheumatoider Arthritis (RA) im Jahr 1997
arthritis, Plaque-Psoriasis, Morbus Crohn, Colitis ulcerosa
wurde der erste vollständig humane Antikörper gegen TNF-
und Psoriasis. Zuletzt folgte die Zulassung für die polyarti-
alpha 2003 in Deutschland zugelassen. Heute ist Adalimum-
kuläre juvenile idiopathische Arthritis (pJIA) bei Kindern
ab eines der am umfassendsten untersuchten Biologika, mit
und Jugendlichen im Alter von 2 bis 17 Jahren [4]. Neben
dem weltweit 670.000 Patienten mit chronischen entzünd-
der Wirksamkeit bestätigen die Daten aus insgesamt 71 kli-
lichen Erkrankungen behandelt wurden – davon über
nischen Studien zu sechs Indikationen das gute Sicherheits-
40.000 in Deutschland [2]. Vor Kurzem wurden Studienda-
profil von Adalimumab [5]: Auch bei Patienten, die in offe-
ten zur Wirksamkeit und Sicherheit aus zehn Jahren Beob-
nen Fortsetzungsphasen zehn Jahre beobachtet wurden, tra-
achtungszeit vorgestellt [3]. Sie belegen, dass unter der The-
ten keine neuen sicherheitsrelevanten Ereignisse auf. Die
rapie mit Adalimumab eine vollständige Remission unter
generelle Sterblichkeit entsprach der einer alters- und
klinischen, funktionellen und radiologischen Gesichtspunk-
geschlechtsadaptierten Allgemeinbevölkerung [5].
ten erreicht und über zehn Jahre aufrechterhalten werden kann [3].
Leitliniengemäße Therapie
Aus der Forschung in die Praxis
In der Basistherapie der RA werden heute, gemäß den aktuellen S1-Leitlinien, krankheitsmodifizierende Wirkstoffe
Am Forschungs- und Produktionsstandort von AbbVie in
(DMARDs) wie Methotrexat (MTX) eingesetzt. Bei Patienten,
Ludwigshafen, kann man rückblickend den Bogen spannen
die auf diese Basistherapeutika unzureichend ansprechen,
von der ersten Idee bis zum heutigen Routineeinsatz von
wird der Einsatz eines Biologikums wie Adalimumab emp-
24
Osteoporose & Rheuma aktuell 2 | 2013
(Quelle: modifiziert nach Keystone EC et al., Ann Rheum Dis 2012; 71 (Suppl 3): 513; Keystone EC et al., EULAR Congress 2012 in Berlin, Germany (poster SAT0127)
ora_2013-02_final_06_01 19.06.13 09:55 Seite 25
Abb. 1 [3,9]: Anteil der RA-Patienten in klinischer Remission unter Adalimumab (erweiterte Zulassungsstudie DEO19).
fohlen [6]. „Der Einsatz von TNF-Inhibitoren hat die Thera-
Prozent wiesen eine normale Funktionsfähigkeit ihrer
pie der RA revolutioniert und wird auch in Zukunft einen
Gelenke auf (HAQ < 0,5) und 51 Prozent der Patienten, die
hohen Stellenwert einnehmen“, erklärte Müller-Ladner.
von Anfang an mit 40 mg Adalimumab plus MTX behan-
Während mit MTX bei einem Viertel der RA-Patienten ein
delt wurden, zeigten radiologisch keine Progression (ΔmTSS
ACR70-Ansprechen beobachtet werden kann, erreicht fast
≤ 0,5, s. Abb. 2) [9].
die Hälfte der RA-Patienten dieses Therapieziel mit einer Kombinationstherapie aus Adalimumab plus MTX [7, 8].
27,6 Prozent dieser Patienten erfüllten alle drei Kriterien und befanden sich somit in vollständiger Remission. Die
Adalimumab in der RA-Therapie: Wirksamkeit in allen Aspekten
Tatsache, dass 80 von anfangs 207 Patienten, die durchgängig mit 40 mg Adalimumab plus MTX behandelt wurden, die Studie nach zehn Jahren abschlossen, weist auf die gute
Das generelle Therapieziel bei der RA ist laut S1-Leitlinie die
Verträglichkeit und Wirksamkeit von Humira® hin
klinische Remission, bzw. für die fortgeschrittene RA alter-
[3,9].Müller-Ladner betonte, dass die Sicherheitsdaten auch
nativ eine möglichst niedrige Krankheitsaktivität [6]. Weite-
die Bedenken, durch Eindämmung eines Faktors im
re Ziele sind der Funktionserhalt der Gelenke und eine mög-
Immunsystem womöglich die Tumorgenese zu fördern, aus
lichst niedrige radiologische Progression. „Auf alle drei
dem Weg räumen konnten. In der umfassenden Langzeit-
Aspekte hat Adalimumab einen positiven Einfluss“, berich-
Sicherheitsdatenbank mit etwa 24.000 Patienten traten auch
tete Prof. Dr. Klaus Krüger, München. Er stellte 10-Jahres-
seltene Nebenwirkungen nicht häufiger auf [5].
Daten zu Adalimumab vor. Ausgewertet wurden dabei die Ergebnisse der Zulassungsstudie DE019, die im vergangenen
„Die umfangreichen, positiven Studienerfahrungen spiegeln
Jahr nach zehn Jahren abgeschlossen wurde und damit zu
sich auch in der klinischen Praxis wider“, erklärte Prof. Krü-
den längsten bei RA durchgeführten Studien gehört [3,9].
ger. „Ich beobachte, wie schnell Patienten in der Regel von
Bei Studienende befanden sich 59 Prozent der Studienteil-
der Wirksamkeit profitieren.“ Damit ermöglicht Adalimum-
nehmer in klinischer Remission (DAS28 < 2,6, s. Abb. 1). 46
ab Betroffenen, trotz ihrer schweren Erkrankung aktiv am
Osteoporose & Rheuma aktuell 2 | 2013
25
(Quelle: modifiziert nach Keystone EC et al., Ann Rheum Dis 2012; 71 (Suppl 3): 513; Keystone EC et al., EULAR Congress 2012 in Berlin, Germany (poster SAT0127)
ora_2013-02_final_06_01 19.06.13 09:55 Seite 26
Abb. 2 [3,9]: Anteil der Patienten ohne radiologische Progression (erweiterte Zulassungsstudie DEO19.
Leben teilzuhaben. Obwohl die verfügbaren Therapien die Lebensqualität deutlich verbessern können, erreichen sie noch nicht alle RA-Patienten: Krüger schätzt, dass nur die Hälfte der Patienten, die sie eigentlich brauchen würden, auch Biologika erhalten.
Literatur
Innovationen und künftige Zulassungen
1.
6.
Pressegespräch „10 Jahre Humira –
http://dgrh.de/fileadmin/media/ Pra-
Innovation steht heute bei Adalimumab im Fokus. Das
Eine Forschungsreise durch die RA-
xis___Klinik/Leitlinien/2012/leitli-
Spritzensystem wird stetig verbessert, so dass Patienten mit
Therapie“ in Ludwigshafen,
nie_s1__medikamentoese_thera-
eingeschränkter Beweglichkeit der Hände die Spritze einfach
15.05.2013, veranstaltet von Abb-
pie_ra.pdf
anwenden können. Ein Pen zur Selbstapplikation wurde
Vie Deutschland
7.
2007 eingeführt. Die Spritzennadel wurde zur angenehme-
2.
Breedveld FC et al. Arthritis Rheum
ren Anwendung noch dünnner - bei gleich bleibendem
AbbVie, data on file
2006; 54 (1): 26-37.
Innenvolumen. Dr. Stefan Simianer, Medical Director von
3.
8.
AbbVie in Deutschland, kündigte an, dass Adalimumab
Keystone EC et al., Ann Rheum Dis
Lie E et al. Ann Rheum Dis 2011 70
noch in diesem Jahr zur Lagerung für bis zu 14 Tage bei
2012; 71 (Suppl 3): 513
(13): 2103-2110.
Raumtemperatur verfügbar sein sollte. Mit klinischen Stu-
4.
9.
dien werde zudem an einer Erweiterung der Zulassung für
Kingsbury D et al., Ann Rheum Dis
Keystone EC et al., EULAR Congress
den Einsatz von Adalimumab bei Indikationen wie periphe-
2012; 71 (Suppl3): 428
2012 in Berlin, Germany (poster
re Spondyloarthritis und Uveitis gearbeitet.
5.
SAT0127)
■
Burmester GR et al., Ann Rheum Dis 2012; 72 (4): 517-524
26
Osteoporose & Rheuma aktuell 2 | 2013
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Frei Herr Hรถppner
Osteoporose & Rheuma aktuell 2 | 2013
27
ora_2013-02_final_06_01 19.06.13 09:55 Seite 28
AKTUELL
Klinische Evidenzdaten zur Wirksamkeit einer neuartigen arzneistofffreien Arthrosetherapie veröffentlicht Anfang April wurden in Rheumatology, der offiziellen Fachzeitschrift der britischen Gesellschaft für Rheumatologie (British Society for Rheumatology), zentrale Phase-III-Studiendaten veröffentlicht, die die Wirksamkeit einer arzneimittelfreien Arthrosetherapie (Flexiseq®-Gel, Fa. Pro Bono Bio) belegen [1]. Die Veröffentlichung ist ein weiterer Meilenstein für die auf der Sequessome™-Technologie basierende Arthrosetherapie, nachdem diese bereits im Januar 2013 den Innovationspreis des Bundesverbandes Deutscher Apotheker e.V. (BVDA) erhalten hatte.
Die Zeitschrift berichtet, dass Flexiseq® (TDT 064) [2], das in der Studie als Kontrollarm eingesetzt wurde, gleich gut wirkte wie das orale NSAR Celecoxib (das als aktiver Vergleichsarm diente) und von den Patienten besser vertragen wurde. Diese Ergebnisse lassen Arthrosepatienten wieder hoffen, vor allem diejenigen Patienten, die durch die bekannten Nebenwirkungen auf den Magen-Darm-Trakt und das HerzKreislauf-System gefährdet sind, die mit den häufig verschriebenen Schmerzmitteln (NSAR) wie Celecoxib und Diclofenac verbunden sind. Professor Philip Conaghan, Leeds, Hauptautor der internationalen Studie, sagte: „Die meisten Arthrosepatienten leben mit chronischen Schmerzen, die sie bei den täglichen Aktivitäten beeinträchtigen. Viele können die üblichen oralen Schmerzmittel entweder nicht einnehmen oder vertragen sie aufgrund von Nebenwirkungen nicht. Daher besteht ein riesiger ungedeckter Bedarf an wirksamen und sicheren Schmerzmitteln für Arthrose. Diese neue Studie ist deshalb
28
Osteoporose & Rheuma aktuell 2 | 2013
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von Interesse, weil sie nahelegt, dass eine innovative topi-
fördernde Wirkung wie orales Celecoxib. Da TDT 064 kein
sche Therapie, die kein topisches Antirheumatikum enthält,
NSAR (oder sonstige pharmakologische Wirkstoffe) enthält,
Arthroseschmerzen lindern (und die Mobilität verbessern)
sind Nebenwirkungen sehr selten und es kommt nicht zu
helfen könnte.“
Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten. So können die vielen älteren Arthrosepatienten mit kardiovaskulären
Interessanterweise wurde diese 12-wöchige klinische Studie
Problemen, bei denen die Verwendung von NSAR kontrain-
zunächst als Misserfolg eingeschätzt, denn das Prüfpräparat
diziert ist, ohne großes Risiko behandelt werden.“
IDEA-033 (Ketoprofen in einem Träger) zeigte zwar eine gute Wirksamkeit, aber keinen statistisch signifikanten Nut-
Das arzneistofffreie Gel behandelt Arthrose mit einem hoch-
zen im Vergleich zu dem topischen Kontrollpräparat, das
modernen, physikalischen Wirkmechanismus. Das Mittel
damals als TDT 064 bezeichnet wurde. Langfristig hat sich
setzt statt pharmazeutischer Wirkstoffe die Sequessome™-
dies allerdings nicht als Nachteil erwiesen, da TDT 064, des-
Technologie ein, um die Ursache für die Arthrosesymptome
sen eigene therapeutische Wirkung beobachtet wurde und
anzugehen, und lindert Schmerzen mit einer Celecoxib ver-
das seine Gleichwertigkeit sowohl gegenüber oralem Celeco-
gleichbaren Wirksamkeit, wie in dem Beitrag in der Fach-
xib als auch dem Prüfpräparat gezeigt hatte, als das arznei-
zeitschrift Rheumatology dargestellt. Die Sequessome™-
stofffreie Gel auf den Markt gebracht wurde.
Technologie basiert auf der Verwendung kleinster Vesikel. Nach der oberflächlichen Anwendung des Gels dringen
Am Ende des 12-wöchigen Studienzeitraums ergab sich bei
diese durch die Haut und verschiedene Gewebe bis in das
den 238 Patienten, die zweimal täglich TDT 064 (Flexiseq®)
Zielgelenk. Dort lagern sie sich am geschädigten Knorpel an
angewendet hatten, eine mittlere Schmerzreduktion von
und bilden einen Schmierfilm. Ein wesentlicher Vorteil ist,
39,8% auf der WOMAC3-Skala, und die Behandlung war
dass es aufgrund dieses gezielten, physikalischen Wirkme-
oralem Placebo statistisch überlegen und oralem Celecoxib
chanismus keine Arzneimittelwechselwirkungen gibt, da es
gleichwertig. Bei den 234 Patienten, die orales Celecoxib
sich nicht um ein Arzneimittel handelt und somit auch von
einnahmen, kam es zu einer mittleren Reduktion von
Patienten, die viele Medikamente für andere Erkrankungen
40,4% (was ebenfalls oralem Placebo überlegen war). Ähnli-
einnehmen, verwendet werden kann, ohne deren medika-
che Verbesserungen wurden für Gelenkfunktion und Steifig-
mentöse Last zu erhöhen. Das arzneistofffreie Gel ist auch
keit berichtet. Wie bei einer nicht systemischen Therapie zu
eine willkommene Therapieoption für Patienten, bei denen
erwarten, wurde TDT 064 gut vertragen; die meisten uner-
ein erhöhtes Risiko für die mit NSAR verbundenen häufigen
wünschten Nebenwirkungen waren leichte bis mäßige loka-
Nebenwirkungen besteht, wie etwa Patienten mit Bluthoch-
le Hautirritationen. Im Celecoxib-Arm betrafen die meisten
druck und/oder Magenerkrankungen.
unerwünschten Nebenwirkungen den Magen, wie dies bei einem oralen NSAR zu erwarten war.
Das Gel ist in Deutschland und Malaysia bereits erhältlich (in Apotheken und Kliniken) und ist ein CE-zertifiziertes
Dr. Wolfgang Bolten, Frankfurt, einer der an der Studie
Medizinprodukt der Klasse IIa. Der Hersteller beabsichtigt,
beteiligten Ko-Autoren, betonte die Bedeutung der Studien-
das Produkt im weiteren Verlauf dieses Jahres weiteren
ergebnisse für die Gruppe der Herz-Kreislauf-Patienten, die
Märkten zugänglich zu machen.
■
zudem an Arthrose leiden und durch NSAR-bedingte Nebenwirkungen gefährdet sind: „Für topisches TDT 064 zeigte
[Quelle: Media Concept GmbH]
die Studie die gleiche schmerzlindernde und beweglichkeits-
Osteoporose & Rheuma aktuell 2 | 2013
29
ora_2013-02_final_06_01 19.06.13 09:55 Seite 30
(Foto: Ch. Günther)
AKTUELL
Weimar "BACHte" gegen die Volkskrankheit Osteoporose am DVO-Patientenboard Im Rahmen des Osteologiekongresses "OSTEOLOGIE 2013" in Weimar fand am 9.3.2013 von 10.00 Uhr bis 16.00 Uhr der Patiententag statt, der von den beiden DVO-Patientenbeauftragten Prof. Walter Faßbender und Dr. Christian Günther in enger kollegialer Kooperation mit den Kongresspräsidenten – Frau PD Dr. Gabriele Lehmann und Herrn PD Dr. Andreas Roth – konzeptionell vorbereitet und mit Unterstützung der beiden Schirmherren – Skisprung-Olympiasieger Jens Weißflog aus dem erzgebirgischen Oberwiesenthal und Starkoch Alfons Schuhbeck aus Bayerns Metropole München – sowie der organisatorischen Flankierung durch das OSTAK-Büro zu einem vollen Erfolg wurde.
30
Osteoporose & Rheuma aktuell 2 | 2013
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Das neugegründete DVO-Patientenboard (v.l.n.r.).: Prof. Dr. Walter Fassbender (DVO-Patientenbeauftragter), Birgit Eichner (Bundesselbsthilfeverband für Osteoporose), Dr. Christian Günther (DVO-Patientenbeauftragter), Karin Mertel (Netzwerk Osteoporose), Rita Stichling (OsteoporoseSelbsthilfegruppen Dachverband), Dr. Jochen Werle (Kuratorium Knochengesundheit), Luise Schulte (Bundesselbsthilfeverband Gesunde Knochen); vorn: Gerald Brandt (Hypophosphatasie Deutschland e.V.).
Als "Beweis" hierfür soll zunächst eine Teilnehmerin – Frau
man das Gehörte doch besser abrufen und erworbenes Wissen
Marlies Roßmann aus Sondershausen, langjährige und mit
anwenden.
dem Bundesverdienstorden ausgezeichnete OsteoporoseSelbsthilfe-Gruppenleiterin – zu Wort kommen:
Vollauf begeistert waren die Mitglieder unserer SHG auch vom musikalischem Programm mit dem Eingangslied "Jesus bleibet
„Ich grüße Dich im Namen der Mitglieder unserer SHG, die mit
meine Freude" von J.S. Bach und Deinem von Dir speziell für die-
in Weimar waren, recht herzlich und soll Dir Dank sagen für
sen Tag geschaffenen Song "Ein Lied für Weimar – gemeinsam
dieses hervorragende Erlebnis! Auf unserer Heimfahrt hättest Du
sind wir stark!" zusammen mit der fantastischen Brass Band
an ihren begeisterten, anerkennenden Worten über diese höchst
Leipzig und von den beiden tollen Workshops. Und auch die
gelungene, interessante Veranstaltung Deine helle Freude gehabt !
parallel zu den beiden Workshops "Bewegung" und "Ernährung"
Dass so hochkarätige Referenten ihre Vorträge in patientengerech-
angebotenen Sprechstunden "Frag den Experten" mit Prof. Fass-
ter, verständlicher Form rüberbrachten, fanden meine Frauen
bender, Dr. Schöffel und Dr. Scharla wurden sehr gut angenom-
besonders wertvoll, auch dass sie sich in "Osteoporose & Rheuma
men und fanden höchstes Lob.
aktuell" zu Hause noch einmal mit den Themen beschäftigen Beim abschließenden gemeinsamen Singen des "Feierabendliedes"
(Foto: Hardi Hauk)
können. Das war eine sehr durchdachte Idee von Dir, so kann
Osteoporose & Rheuma aktuell 2 | 2013
31
(Foto: Hardi Hauk)
ora_2013-02_final_06_01 19.06.13 09:55 Seite 32
lich, präzise und im Zeitlimit. Wir konnten viel umsetzbares Wissen mit nach Hause nehmen. Sehr gut aber war nicht nur die (Foto: Hardi Hauk)
fachliche Übermittlung, sondern der super organisierte Ablauf der Veranstaltung. Dafür gebührt Dr. Günther Dank und Anerkennung. Ich denke, ich habe diese Zeilen im Namen vieler Teilnehmer geschrieben.“
sah ich manche Träne der Rührung in ihren Augen, das war sehr bewegend! Lieber Christian, Du kannst über das einmalige, hervorragende Gelingen dieser Veranstaltung sehr, sehr stolz sein und Dich an dem großartigen Erfolg freuen, weil Du es Deiner einmaligen Art spürbar mit Herzblut konzipiert und gestaltet hast. Ich bin gewiss, dass jeder Teilnehmer dieses Patiententages dies wie meine Leute empfunden hat. Die stehenden Ovationen zum Schluss haben dies ja deutlich gemacht!“ Einen ähnlichen Tenor hat auch die Wortmeldung von Frau
„Nach Warten im Regen (…) wurden wir im Laufe des Patiententages mehr als entschädigt. Schon die Begrüßung durch Herrn Dr. Günther war so herzlich und vielversprechend, eben wie Gruppenleiter/Patienten und Arzt in einem Boot. Auch die ärztlichen Referenten mit ihren Vorträgen waren fachlich verständ-
32
Osteoporose & Rheuma aktuell 2 | 2013
(Foto: Ch. Günther)
Irene Lange aus 21244 Buchholz:
(Fotos: Ch. Günther)
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Die Aussagen dieser beiden (und vieler anderer) Teilnehmer
rern des Patiententages gesichtet wurde und ihm so ent-
sind höchst erfreulich und sicherlich nicht durch die schö-
ging, dass der Einführungsvortrag "Volkskrankheit Osteopo-
nen Präsente beeinflusst, die von den beiden Schirmherren
rose – nicht nur eine Knochenkrankheit!“ gerade die bio-
gestiftet wurden – Wochenendaufenthalte im Jens-Weißflog-
psycho-soziale Komplexität der Erkrankung herausstellte
Appartement-Hotel in Oberwiesenthal und handsignierte
und die Vorträge – bis auf zwei Ausnahmen – alle 15 Minu-
Kochbücher vom großen Starkoch mit entsprechenden
ten dauerten. Leider wurde auch kein lokaler Pressevertreter
Schubeckschen Gewürzmischungen. Dass Meister Schubeck
gesichtet, aber lieber nicht präsent sein und nichts berich-
seine aktive Teilnahmen am Patiententag 2014 in München
ten als nicht präsent zu sein und Falsches darzustellen.
in Aussicht gestellt hat, freute die Teilnehmer genauso wie die "Osteoporose-Schnupper-Angebote“ für Einzelreisende
Dr. Günther und Prof. Faßbender dankten abschließend
und für Gruppen in Jens Weißflogs Hotel am Fuße des Fich-
allen Beteiligten inkl. Sponsoren und äußerten die Hoff-
telberges.
nung, dass der Patiententag 2014 in München vor dem Hintergrund des in den Morgenstunden (8.15-9.45 Uhr) des
Vor den Einschätzungen dieser Augen- und Ohrenzeugen
Patiententages gegründeten DVO-Patientenboards unter
relativiert sich die Einschätzung des Autors des Editorials
aktiver Mitbeteiligung der im Board vertretenen Organisa-
des Heftes 1/2013 des "Mobilen Leben", dass „als logische
tionen ein ähnlicher Erfolg beschieden sein wird, zumal
Konsequenz dieser technokratischen Sichtweise in der Medizin die
dann negative Begleiterscheinungen wie das verspätete Ein-
Osteoporose primär als Knochenkrankheit gesehen wird mit ihren
lassen der im Regen wartenden Zuhörer und ein sehr rüdes
diagnostischen und therapeutischen Leitlinienstandards. Dieser
Vorgehen des Security-Personals der Vergangenheit angehö-
Eindruck drängt sich mir auf, wenn man die Themen des Patien-
ren sollten.
■
tentages im Rahmen des Osteologiekongresses (...) in Weimar betrachtet. Sicher, die Themen wurden von international aner-
(mdm)
kannten Referenten des Dachverbandes Osteologie (DVO) in anschaulicher Weise im 10-Minuten-Takt präsentiert. Und die beiden DVO-Patientenbeauftragten Prof. Dr. Walter Josef Fassbender und vor allem Dr. Christian Günther haben sich mit viel Herzblut engagiert, Die Rückmeldung der Teilnehmer ist entsprechend sehr positiv“ – zumal der Autor nicht unter den ZuhöOsteoporose & Rheuma aktuell 2 | 2013
33
ora_2013-02_final_06_01 19.06.13 09:55 Seite 34
D V O - P A T I E N T E N TA G
"Volkskrankheit Osteoporose – nicht nur eine Knochenkrankheit. Kann uns Johann Sebastian Bach helfen?" 2. Sonderteil zum DVO-Patiententag beim Kongress »Osteologie 2013« Samstag, 9. März 2013 10.00 - 16.00 Uhr Seminargebäude congress centrum – neue weimarhalle UNESCO-Platz 1 • 99423 Weimar
Unsere Schirmherren
Jens Weißflog
Alfons Schuhbeck
ora_2013-02_final_06_01 19.06.13 09:55 Seite 35
DVO-PATIENTENTAG OSTEOLOGIE 2013 Dr. Andreas Klarner m&i Fachklinik Herzogenaurach In der Reuth 1 91074 Herzogenaurach
Bewegungstherapie bei Osteoporose Dr. med. Andreas Klarner, Prof. Dr. med. Bernd Kladny, Diplom-Sportwissenschaftlerin Daniela Rothe Die Osteoporose ist als eine mit fortschreitendem Lebensalter sich entwickelnde Erkrankung des Skeletts definiert, bei welcher der zunehmende Knochenschwund die Knochen weniger belastbar und somit anfälliger für Knochenbrüche werden lässt. Die Zahl der Osteoporosepatienten in Deutschland steigt
ningsprogramme zur Verfügung. Diese sind in ihrer Wirk-
auch aufgrund der demographischen Entwicklung, d.h. der
samkeit auch wissenschaftlich belegt. Besonders gute Ergeb-
stetig älter werdenden Bevölkerung, an. Gegenwärtig wird
nisse werden hierbei durch Krafttraining an Geräten, wie sie
angenommen, dass fast 10 Millionen Menschen (Frauen
z.B. in Fitness-Studios oder Sportvereinen zur Verfügung ste-
und Männer im Verhältnis 4:1) in Deutschland davon
hen, erzielt. Dieses soll nach Erkenntnissen der Sportwissen-
betroffen sind. Betont werden muss, dass es sich bei der
schaft 2-3 Mal pro Woche mit Belastungen von ca. 60-80%
Osteoporose um keine harmlose Gesundheitsstörung han-
der Maximalkraft durchgeführt werden.
delt, sondern um eine Krankheit, welche von der WHO in eine Reihe mit den allgemein bekannten und als schwerwie-
Als günstig haben sich auch Trainingsumfänge erwiesen, in
gend eingestuften Krankheitsbildern wie koronare Herzer-
denen die Hauptmuskelgruppen des Körpers höherer
krankung, Schlaganfall oder auch Krebserkrankungen
Beschleunigung ausgesetzt sind (z.B. Schnellkrafttraining
gestellt wird.
oder auch Ballsportarten wie Tennis). Zu berücksichtigen ist hierbei jedoch, dass bei schon bestehender Osteoporose
Neben den vor allem das Sozialsystem belastenden Kosten-
oder bei Personen, welche weniger trainiert sind, zunächst
aspekten sind besonders die Patienten-Einzelschicksale in
ein Krafttraining mit langsamer Übungsausführung und nie-
den Vordergrund zu stellen; ein nicht unerheblicher Anteil
drigen Gewichten ausreichend ist. Wichtig ist, die Trai-
der an Osteoporose Erkrankten, welche einen hüftgelenks-
ningsinhalte langsam dem Leistungsniveau der Probanden
nahen Bruch oder einen Wirbelkörperbruch erleiden, ster-
anzupassen.
ben innerhalb eines Jahres aufgrund der durch den Bruch bedingten Immobilisierung; ein anderer, nicht unwesent-
Ein weiteres Ziel der Osteoporoseprävention und -therapie
licher Anteil ist nicht in der Lage, in sein bisheriges soziales
ist eine adäquate Sturzprophylaxe, also das Verhindern von
Umfeld zurückzukehren.
Stürzen und deren Folgen, da bei Osteoporosepatienten schon kleinere “Bagatell-Stürze“ zu schweren Verletzungen
Es ist eine absolute Notwendigkeit im Sinne der Prävention,
führen können. Verschiedene Programme wurden unter-
alle Maßnahmen zu ergreifen, die eine Osteoporose verhin-
sucht, um das Sturzrisiko zu senken. Auch hier ist Krafttrai-
dern. Als einfach zu realisierende und kostengünstige Mög-
ning wirksam, aber auch niedrig intensive Übungen, welche
lichkeit stehen hier nicht nur in der Prävention, sondern
besonders das Gleichgewicht und die Körperwahrnehmung
auch in der Therapie der Osteoporose Bewegungs- und Trai-
schulen, wie z.B. Tai Chi.
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Problematisch ist, dass bei der älteren Bevölkerungsschicht
de Herzleistungsfähigkeit den Aufbau von Muskulatur und
die Akzeptanz für intensitätsbetonte Programme gering ist
letztendlich des Knochens verbessert). Durch weitere Stu-
und entsprechende körperlich beanspruchende und zeitlich
dien konnte nachgewiesen werden, dass ein Training in der
intensive Programme bei zugleich eingeschränkter physi-
Gruppe bessere Effekte erzielte als ein allein zuhause durch-
scher Leistungsfähigkeit sowie zusätzlich bestehenden
geführtes Trainingsprogramm. Begründend sind hier diverse
Erkrankungen oft nicht realisierbar sind. Aus diesem Grun-
gruppendynamische Aspekte, aber auch die Möglichkeit,
de wurden in den letzten Jahren verschiedene alternative
eine entsprechende Trainingsgruppe fachkundig, z.B. durch
Trainingsmethoden (z.B. Ganzkörpervibrationstraining,
einen Übungsleiter, beraten und unterstützen zu lassen.
Elektromyostimulation) untersucht. Hier konnte in verschiedenen Studien gezeigt werden, dass sowohl die Maxi-
Wichtig ist, dass jeder Proband sich zunächst realistische
malkraft gesteigert, als auch ein weiterer Knochenabbau ver-
Ziele steckt und selbige nach einem bestimmten Zeitinter-
hindert, sogar neue Knochensubstanz aufgebaut und das
vall überprüft und ggf. anpasst. Das realistische Einschätzen
Sturzrisiko reduziert werden konnten.
und Erreichen von Zielen ist Grundlage jedes erfolgversprechenden Trainings. Von größter Wichtigkeit ist es jedoch,
In den wenigen vorhandenen Trainings-Langzeitstudien,
möglichst frühzeitig mit entsprechenden Übungsprogram-
haben sich letztendlich Kombinationstrainingsprogramme
men zu beginnen und diese möglichst lang und regelmäßig
bewährt, welche Kraft, Gleichgewicht und Beweglichkeit
durchzuführen. Sie stärken damit nicht nur Ihre Knochen
trainierten, aber auch den Aspekt eines Ausdauertrainings
und Muskeln, sondern fördern auch Ihr Herz-Kreislauf-
mit einbezogen (unter der Vorstellung, dass eine ausreichen-
System und verbessern somit Ihre Lebensqualität.
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DVO-PATIENTENTAG OSTEOLOGIE 2013 Dr. med. Michael Pfeifer Institut für Klinische Osteologie Am Hylligen Born 7 31812 Bad Pyrmont
Orthesenversorgung bei Osteoporose Die Rückenorthesen Spinomed® und Spinomed active® verbessern Körperhaltung, Rumpfmuskelkraft und erhöhen dadurch die Lebensqualität von Frauen mit postmenopausaler Osteoporose und starken Schmerzen nach frischen oder älteren Knochenbrüchen der Wirbelkörper.
Bei Osteoporose-Patienten mit Brüchen einzelner Wirbelkörper wird durch eine Behandlung mit der Rückenorthese Spinomed® active die Rumpfmuskulatur signifikant gekräftigt. Die Patienten haben dadurch weniger Schmerzen, die Körperhaltung wird verbessert und sie gewinnen insgesamt an Lebensqualität. Besonders Frauen ab dem 50. Lebensjahr sind mit dem Eintritt in die Wechseljahre gefährdet, an Osteoporose zu erkranken. Wirbelkörperfrakturen, Größenverlust und Kyphosebildung (Rundrücken) sind die Folge. Schätzungsweise ist jede dritte Frau von dieser Erkrankung bedroht, die man noch bis vor einigen Jahren einfach als typische Alterserscheinung mit der Entwicklung des so genannten "Witwenbuckels" als "unbehandelbar" ignorierte (s. Abb. 1) – und dies, obwohl es dadurch zu sehr starken Schmerzen und eingeschränkter Beweglichkeit kommen kann. Erste Behandlungsversuche bestanden darin, dass man durch starre Korsette, die nach Gipsabdruck angefertigt wurde, den Rücken komplett ruhig stellte und sich dadurch die Patienten oft keinen Millimeter mehr bewegen konnten (s. Abb. 2). Gerade diese Einschränkung wiederum führt zu weiterem intensivem Muskelabbau. Die innovativen Rückenorthesen Spinomed® und Spinomed® active unterstützen nach-
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Osteoporose: Knochen- und Muskelschwund treten zusammen auf
Abb. 1: Osteoporose: Knochen- und Muskelschwund treten zusammen auf.
Starre Korsette führen zur kompletten Ruhigstellung mit nachfolgendem Muskelschwund und Atembeschwerden
Abb. 2: Starre Korsette führen zur kompletten Ruhigstellung mit nachfolgendem Muskelschwund und Atembeschwerden.
(Pollähne W, Pfeifer M, Minne HW. [eds.] Osteoporose, Urban & Vogel,
(Pollähne W, Pfeifer M, Minne HW. [eds.] Osteoporose, Urban & Vogel,
Munich 2003;29-31)
Munich 2003;29-31)
haltig den Wiederaufbau der Rumpfmuskulatur (s. Abb. 3). Sie wurden von der Firma medi GmbH & Co. KG (Bayreuth)
“Spinomed“
“Spinomed active“
in Zusammenarbeit mit den Ärzten der Klinik “Der Fürstenhof” in Bad Pyrmont unter der Leitung von Prof. Dr. Helmut W. Minne speziell zur Behandlung von Patienten mit akuten und chronischen Beschwerden nach Wirbelkörperfrakturen bei Osteoporose entwickelt.
Muskelaufbau durch Biofeedback Die Ergebnisse zweier klinischer Studien zur Wirkung von Spinomed® und Spinomed® active wurden in der internationalen wissenschaftlichen Fachzeitschrift der amerikanischen Gesellschaft für Physikalische Medizin und Rehabilitation veröffentlicht. Die Rückenorthesen Spinomed® und Spinomed® active bewirken durch Biofeedback eine Art isometrisches Training. Biofeedback bedeutet wörtlich übersetzt “biologische Rückkopplung“: körperliche Funktionen, die der Mensch nicht oder nur schwer mit seinen Sinnesorganen wahrnehmen kann, werden durch elektrische oder mechanische Reize rückgemeldet und damit ins Bewusstsein gerufen. Das Spinomed® Konzept nutzt Biofeedback-Mechanismen, um die Träger ständig an eine aufrechte Haltung zu erinnern. Diese Haltung wird dann aktiv eingenommen.
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Abb. 3: Spinomed® und Spinomed® active.
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Kraft der Rückenstrecker (N) nach Intervention mit Spinomed und Spinomed active
Kyphosewinkel (°) nach Intervention mit Spinomed und Spinomed active
Abb. 4: Kraft der Rückenstrecker (N) nach Intervention mit Spinomed® und Spinomed® active.
Abb. 5: Kyphosewinkel (°) nach Intervention mit Spinomed® und Spinomed® active.
(Pfeifer M et al. Am J Phys Med Rehabil 2011;90:805-815
(Pfeifer M et al. Am J Phys Med Rehabil 2011;90:805-815)
Standgleichgewicht (mm) nach Intervention mit Spinomed und Spinomed active
Limitationen im Alltag (Score) nach Intervention mit Spinomed und Spinomed active
Abb. 6: Standgleichgewicht (mm) nach Intervention mit Spinomed® und Spinomed® active.
Abb. 7: Limitationen im Alltag (Score) nach Intervention mit Spinomed® und Spinomed® active.
(Pfeifer M et al. Am J Phys Med Rehabil 2011;90:805-815)
(Pfeifer M et al. Am J Phys Med Rehabil 2011;90:805-815
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Vorbeugung von Hüftfrakturen: Wird der Hüftprotektor regelmäßig getragen?
Abb. 8: Vorbeugung von Hüftfrakturen: Wird der Hüftprotektor regelmäßig getragen? (Kannus P, Parkkari J, Niemi S et al. N E ngl J Med 2000;343:1506-1513)
Hierdurch entsteht unbewusst ein Trainingseffekt mit ste-
Mehr Standsicherheit – weniger Frakturen
tem Wechsel von Muskelanspannung und Entspannung. Neben Bauch- und Rückenmuskulatur hat sich durch das In beiden Studien konnte nachgewiesen werden, dass Spi-
Tragen der Rückenorthesen Spinomed® und Spinomed® acti-
nomed® und Spinomed® active die gesamte Rumpfmuskula-
ve auch das Standgleichgewicht deutlich verbessert (s. Abb.
tur aktivieren und kräftigen: Insbesondere Rücken- und
6). Das Standgleichgewicht ist gerade bei Patienten mit
Bauchmuskelkraft nahmen bei den Studienteilnehmerinnen
Osteoporose und ihrem nach vorne geneigten Oberkörper
signifikant zu (s. Abb. 4). Damit helfen die Rückenorthesen
deutlich beeinträchtigt und führt zu einem erhöhten Sturz-
Spinomed und Spinomed active, den für Osteoporose typi-
und Knochenbruchrisiko bei diesen Patienten. Dadurch
schen Teufelskreis aus Muskelabbau und weiterem Knochen-
erlaubt die Kombination dieser Faktoren – verbesserte Kör-
abbau zu durchbrechen. Auch die anderen untersuchten
perhaltung mit mehr Standsicherheit – den Rückschluss,
Parameter zeigten deutliche Ergebnisse: Die Patientinnen
dass auch das Sturzrisiko verringert wird. Stürze vermeiden
berichteten von einem Rückgang der Schmerzen, ihre Kör-
heißt bei Osteoporose weiteren Frakturen vorbeugen. Durch
perhaltung wurde verbessert, wodurch es zu einer Größen-
zunehmende Sicherheit im Alltag werden tägliche Verrich-
zunahme und einer Abnahme der Kyphose kam (s. Abb. 5).
tungen wieder möglich und die aktive Teilnahme am sozia-
Die Patientinnen sowohl der Spinomed - als auch der Spi-
len Leben gefördert (s. Abb. 7).
®
®
®
nomed®-active-Studien hatten ein Durchschnittsalter von etwa 70 Jahren und im Schnitt bereits 2 Wirbelkörperbrüche
Die Rückenorthesen Spinomed® und Spinomed® active wer-
erlitten.
den individuell durch einen Orthopädietechniker an Körpermaße und Rückenkrümmung der Patienten angepasst. Beide Modelle sind relativ einfach anzuziehen und werden entweder ober oder unter der Kleidung getragen und sind damit teilweise völlig unsichtbar. Dadurch wird eine hohe Akzeptanz mit gleichzeitig hoher Wirksamkeit erreicht.
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Spinomed® und Spinomed® active als Weiterentwicklung der innovativen Osteoporose-Therapie
genannt, der nicht nur eingenäht in Unterwäsche, sondern mittlerweile über Saugnäpfe direkt über dem großen Rollhügel angebracht werden und damit der Entwicklung von Hüftfrakturen wirksam vorbeugen kann (s. Abb. 8). Aller-
Das Konzept der Rückenorthese Spinomed® mit Gurtsystem,
dings gilt auch hier: Der Hüftprotektor kann nur funktio-
die über der Kleidung getragen wird, stellt zusammen mit
nieren, wenn er auch getragen wird.
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der Spinomed active, bei der das Gurtsystem über textile ®
Zugelemente in einen Orthesenträger integriert ist und wie ein Body diskret unter der Kleidung getragen werden kann, einen echten Fortschritt gegenüber den früher eingesetzten, völlig starren Rumpforthesen dar. Diese starren Korsette, bei denen sich die Patienten nicht nur kaum bewegen konnten, sondern auch erheblich eingeschränkt in ihrer Atmung waren, wurden erstens von den Patienten nicht getragen und hatten zweitens erhebliche Nachteile, da sie den Muskelschwund des Rumpfes bei Osteoporose weiter begünstigten. Die Ergebnisse der aktuellen Studien bestätigen, dass es gelungen ist, das Biofeedback-Prinzip der Spinomed® erfolgreich auch auf die Spinomed® active zu übertragen: In allen untersuchten Parametern wurden nach zwölf Monaten Ergebnisse erreicht, die mit denen der Spinomed® vergleichbar sind. Die Spinomed active® stellt demzufolge für die Therapie der Osteoporose eine Ergänzung und zugleich eine Weiterentwicklung der bewährten Spinomed® dar. In der Diskussion betont das Team der Wissenschaftler aus Bad Pyrmont den hohen Tragekomfort der Orthese und sieht darin einen Vorteil für die Langzeitversorgung von Patientinnen mit chronischen Beschwerden bei osteoporosebedingten Wirbelkörperfrakturen. Zum Nachweis der Wirksamkeit werden mittlerweile nicht nur bei der Entwicklung neuer Medikamente, sondern auch bei allen Hilfsmitteln klinische Studien erforderlich, die auch klar zeigen können, dass das eingesetzte Hilfsmittel auch die erwartete Wirkung zeigt. Als weiteres Beispiel für dieses Prinzip sei hier nur der so genannte Hüftprotektor
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DVO-PATIENTENTAG OSTEOLOGIE 2013 Dr. med. Peter Clarenz FA für Orthopädie, Osteologe (DVO) Orthopädische Gemeinschaftspraxis Hauzenberg Ambulantes osteologisches Schwerpunktzentrum (DVO) Eckmühlstraße 7 D-94051 Hauzenberg
Die konservative Therapie des osteoporotischen Wirbelkörperbruches Der osteoporostische Wirbelkörperbruch ist eine Verformung oder Bruch eines Wirbelkörpers, spontan oder bereits bei geringer Krafteinwirkung infolge einer für die Osteoporose spezifisch veränderten Knochenqualität (Architektur) und Knochenmasse.
70% der Wirbelbrüche werden nicht zeitnah zum Ereignis diagnostiziert. Meist wird das Schmerzgeschehen zunächst als “Hexenschuss“ beurteilt, die Patienten suchen die Praxis häufig wegen länger bestehender WS-Beschwerden auf. Gelegentlich wird ein Verheben oder ein leichtes Sturzereignis angegeben, das in seiner Auswirkung zunächst nicht beachtet wurde. Diesen Beschwerden liegt die typische osteoporotische Deck- und Grundplattenimpression, bzw. Keilbruch, spontan oder nach Stauchungs- oder Beugebelastung der Wirbelsäule zugrunde (s. Abb. 1). Nur bei ca 30% der Patienten mit Wirbelkörperbrüchen werden diese unmittelbar nach dem Schmerzereignis diagnostiziert. Als Faustregel kann gelten: Je höher die Krafteinwirkung, um so höher das Risiko einer Instabilität des Wirbelkörpers. Gleichzeitig ist die Verformung abhängig von der lokalen Knochensituation, d.h. je stärker die Osteoporose ausgeprägt ist, um so geringer ist die für die Verformung des Wirbels erforderliche Krafteinwirkung! Die geklagten Wirbelsäulenbeschwerden sind in typischer Weise abzuklären durch Erhebung der Vorgeschichte, Untersuchung des Patienten, Labor und radiologische Diagnostik. Abb. 1: Typische Wirbelkörperfraktur bei Osteoporose.
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WK-Frakturklassifikation nach Magerl Osteoporose
A1 Impaktionsbrüche
A1.1 Deckplattenimpression A1.2 Keilbruch A1.3 WK-Impaktion
A2 Spaltbrüche
A2.1 sagittaler Spaltbruch A2.2 frontaler Spaltbruch A2.3 Kneifzangenfraktur
A3 Berstungsbrüche
A3.1 inkompl. Berstungsbruch A3.2 Berstungsspaltbruch A3.3 kopl. Berstungsbruch
Abb. 2: Der typische "osteoporotische Kompressionsbruch" entspricht A1 nach Magerl. (A2-A3-B-C: = Instabile Frakturen!)
B Distraktionsverletzungen Knochendichte
C Rotationsverletzungen
Kraft
Ist durch die Röntgenuntersuchung der Wirbelbruch dia-
Der spontane Wirbelkörperbruch ist Symptom einer System-
gnostiziert, steht die Risikobeurteilung des Patienten von
erkrankung, diese kann eine Osteoporose, aber auch eine
Seiten des Frakturtyps hinsichtlich der Frakturstabilität im
anderweitige Knochenerkrankung bzw. ein lokaler Knochen-
Vordergrund für die Entscheidung über konservatives oder
prozess sein. Parallel zur Frakturversorgung sollte daher die
erforderliches operatives Vorgehen. Die typische osteoporo-
Differentialdiagnostik entsprechend der DVO-Leitlinien
tische Wirbelkörperfraktur entspricht einer Kompression des
durchgeführt werden und ggf. weitere fachspezifische Abklä-
Wirbels oder einer Impression seiner Deck-oder Grundplat-
rung erfolgen.
ten. Das Ausmaß der Verformung entspricht der lokalen Knochensituation im Verhältnis zur einwirkenden Kraft. Die
Konservative Therapie
Ursache des Wirbelbruches, mit oder ohne Sturzereignis, ist in die Therapieentscheidung mit einzubeziehen, da Verlauf
Der typische “osteoporotische” Wirbelkörperbruch kann im
und Prognose eines verletzungsbedingten Wirbelbruchs sich
allgemeinen konservativ in der Praxis ambulant behandelt
völlig von der typischen osteoporotischen WK-Kompression
werden. Nach Aufklärung des Patienten über das Krank-
unterscheiden können (s. Abb. 2).
heitsgeschehen erfolgt eine schmerzangepasste Mobilisierung unter konsequenter Schmerzmittel-Medikation und
Daher ist für den Arzt die Information durch den Patienten
Verwendung von Unterarmgehstöcken. Die Patienten wer-
zu seiner Vorgeschichte von wesentlicher Bedeutung. Vor
den mit einer hohen Rückenorthese (z.B. Typ Spinomed)
allem die Wirbelkörperbrüche nach Sturzereignissen bergen
versorgt. Diese wird in den ersten 6 Wochen ganztägig
die Gefahr einer Instabilität und zunehmenden Verformung
getragen, dann unter dem Gesichtspunkt der nachgewiese-
des Wirbelkörpers in sich. Eine Beinlähmung (Wurzelkom-
nen Rückenstrecker-Aktivierung stundenweise und bei
pressionssymptomatik), Rückenmarksymptomatik und
besonderer Belastungssituation (Haushalt etc.). Zu beachten
nächtlich ausgeprägt verstärkte Beschwerden sind im Rah-
ist bei der orthetischen Versorgung die korrekte Anpassung
men der typischen osteoporotischen Fraktur ungewöhnlich
der Orthese durch den Techniker und Kontrolle der Pass-
und müssen immer den Verdacht auf ein anderweitiges
form durch den Arzt. Die Orthese ist vor allem auch für die
Krankheitsgeschehen lenken.
Patientengruppe von Bedeutung, die aufgrund einer schwe-
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Die konservative Therapie der osteoporotischen Wirbelkörperfraktur
I. Medikation Schmerzmedikation Knochenstoffwechselaktive Medikation n. Leitlinie DVO
II. Krankengymnastik schmerzangepasste Mobilisierung mit Orthese und dosierte Muskelaktivierung, später Koordinationstraining, Sturzvermeidungstraining
III. Operative Maßnahmen, Kypho-/Vertebroplastik nach Leitlinie 2009 bei erfolgloser konservativer Therapie der osteoporotischen WK-Fraktur von 3 Wochen, nach Ausschluss degenerativ bedingter Symptomatik und interdisziplinärer Beurteilung
Abb. 3: Die konservative Therapie der osteoporotischen Wirblkörperfraktur.
ren Osteoporose ein hohes Risiko für Nachfolgefrakturen
Die Röntgenkontrollen der Fraktur orientieren sich an
zeigen.
unfallchirurgischen Gesichtspunkten. Sie werden 1, 3, 6 Wochen nach Erstdiagnose bzw. unter Berücksichtigung des
Nachdem eine Knochenstoffwechseltherapie frühestens
klinischen Befundes durchgeführt, um das therapeutische
nach 6 Monaten sicher zur Wirkung kommt, sind Osteopo-
Vorgehen kritisch zu überprüfen und den Zeitpunkt für eine
rose-Patienten mit Wirbelkörperbruch letztlich zunächst
Änderung des Therapieregimes hin zu ggf. erforderlichen
unverändert einem Bruchrisiko ausgesetzt. Die Wirbelsäule
operativen Maßnahmen nicht zu übersehen (s. Abb. 3).
erfährt nach dem Wirbelkörperbruch eine veränderte Krafteinleitung mit Auswirkung auf die Einzelsegmente, die
Fazit
Gesamtstatik und das Muskel-Bandsystem. Im Gegensatz zum typischen jungen Patienten mit verletzungsbedingtem
Für eine erfolgreiche konservative Therapie des osteoporoti-
Wirbelbruch endet die Betreuung des Patienten nicht mit
schen Wirbelbruchs ist die kritische Auseinandersetzung mit
Abschluss der Knochenbruchbehandlung, sondern es ist im
der Ursache des Wirbelbruches, der Risikobeurteilung hin-
weiteren eine langfristige osteologische Betreuung der
sichtlich Frakturstabilität, eines System- oder eines lokalen
Grunderkrankung Osteoporose erforderlich.
anderweitigen Krankheitsgeschehens erforderlich. Durch eine konsequente Schmerzmedikation, Anwendung einer
Nach Einleitung der Frakturbehandlung wird mit einer spe-
Rückenorthese, situationsangepasste Physiotherapie und
zifischen knochenstoffwechselaktiven Therapie nach DVO-
Einleitung einer spezifischen Osteoporose-Therapie lässt
Leitlinien begonnen. Sind die akuten Beschwerden abge-
sich die Mehrzahl der betroffenen Patienten erfolgreich
klungen, wird frühzeitig eine dosiert muskelaktivierende,
konservativ ambulant behandeln.
stabilisierende Physiotherapie eingesetzt. Hierbei ist auf eine strenge Vermeidung von Beuge- bzw. Stauchungsbelastung der Wirbelsäule zu achten. Im weiteren wird der Schwerpunkt auf Koordinationstraining, Sturzvermeidung und Muskeltraining unter Haltungskorrektur gelegt.
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DVO-PATIENTENTAG OSTEOLOGIE 2013 Dr. Klaus Abendroth Drewes-Straße 6 07749 Jena
Oma erklärt dem Enkel Fritzchen ihre Osteoporose Eine Krankheit wird vom Patienten empfunden, vom Arzt erkannt und entsprechend dem neuesten Stand der Wissenschaft behandelt. Der Erfolg dieser Bemühungen hängt in der Regel vom eingesetzten Behandlungsprinzip, aber auch von der aktiven Mithilfe des Erkrankten ab.
Der Patient kann aber sowohl die Untersuchungen als auch
Na Oma, was bedeuten denn die vielen Löcher für
die Maßnahmen zur Behandlung nur sinnvoll unterstützen,
deinen Knochen?
wenn er die Prinzipien, die dabei eingesetzt werden, versteht. Um dieses Verständnis etwas zu unterstützen, lasse
Durch die vermehrten Löcher – die Osteoporose – wird der
ich die Oma im Dialog ihrem Enkel die Osteoporose mit
Knochen dünner und brüchiger, dadurch verändern sich
einfachen Beschreibungen erklären – in der Hoffnung, dass
vor allem 4 Dinge:
Sie als Patient dadurch unsere ärztlichen Bemühungen bes-
(1) Man wird kleiner und krumm und es schmerzt der
ser verstehen und unterstützen können.
Rücken,
(2) es werden Buckel und Bauch durch die Veränderungen der Wirbelsäule deutlich, (3) es kommt zu Knochenbrüchen (Wirbelkörper, SchenkelOma, warum bist Du so krumm?
hals, Oberarm und Unterarm z.B.), (4) Herz und Lunge haben es schwerer durch den eingeeng-
Das ist meine Osteoporose, die mich so krumm macht
ten Brustkorb.
Oma, was ist denn nun eine Osteo…dingsbums? Die Ärzte sagen zu Knochen Os und zu den Löchern poros. Meine Osteoporose bildet also einen Knochen-Schwund durch mehr Löcher.
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Oma, wer oder was macht die Knochen porös/löchrig
Das Fress-Monster (Osteoklast /Knochen-Abbau-Zelle) ist
und kaputt?
wie eine Krake, sitzt abgeschlossen auf dem Knochen und löst den Knochen darunter durch Säure und Enzyme auf.
Unser Knochen lebt! Zellen erneuern und stabilisieren ihn ständig. Drei Helfer für einen gesunden Knochen sind dazu notwendig:
Zu viele Fress-Monster führen zum Knochenschwund, der Osteoporose, die Knochen-Struktur wird dünner, z.T. aufge Die Knochenabbauzellen (Osteoklasten) – wir nennen sie
löst und bricht!
mal “Fress-Monster“,
die Knochenaufbauzellen (Osteoblasten) – die “fleißigen Bienchen“,
das Netzwerk der Knochenzellen (Osteozyten) – die “Regel-Mafia“. Der gesunde Knochen funktioniert, indem 1. Die “Fress-Monster” (Osteoklasten) den alten/instabilen Knochen abbauen und die “Baustelle” an die fleißigen Bienchen übergeben;
Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es denn für
2. die “fleißigen Bienchen” (Osteoblasten) reparieren oder
deine Osteoporose?
bauen den neuen Knochen auf. Was wann und wo geschieht, entscheidet
1. Was tun gegen zu viele Fress-Monster, Oma?
3. die “Regel-Mafia” (Osteozyten). a) Das Fress-Monster vergiftet sich und stirbt durch Bisphosphonate (Alendronat, Risedronat, Ibandronat, Zoledronat), die auf dem Knochen abgelagert und von den FressMons-tern beim Abbau aufgenommen werden. Sie sterben dann daran. Dadurch wird der Knochenabbau gebremst, der Anbau erhält ein leichtes Übergewicht, der Knochen wird wieder stabiler.
Das funktioniert ja prima, aber was passiert nun bei deiner Osteoporose, Oma? Bei der Osteoporose
b) Blockade von Aktivität und Nachwuchs von Fress-
(1) übertreiben es die Fressmonster oder
Monstern. Denosumab – als subcutane Spritzen-Behandlung
(2) sind die Bienchen nicht fleißig oder
alle 6 Monate – blockiert den Botenstoff und damit den
(3) die Regel-Mafia regelt schlecht.
Nachschub an Fress-Monstern. Der Knochen wird nicht so
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intensiv abgebaut und damit über den normalen Anbau sta-
auch mehr Baumaterial – deshalb so viel Milch und Käse,
bilisiert.
Sonne und Vitamin D. 3. Und was ist mit der Regel-Mafia oder dem Knochenzellen-Netzwerk? Das genetische Gedächtnis der Regel-Mafia stammt aus der Entwicklung des Menschen von Nomaden als Jäger & Sammler über den Ackerbauern, die zum Nahrungserwerb
c) Blockade eines Werkzeugs der Fress-Monster. Eine neue
laufen und körperlich arbeiten mussten. An dieses
Behandlung durch Blockade des Abbaus des Knochen-
“Gedächtnis“ muss der heutige “Sitzmensch“ sich anpassen.
Gerüstes (Kollagen). Wirkstoff: Kathepsin-Antikörper Odanacatib. Das Fress-Monster bleibt am Leben, kann den Kno-
Die Regel-Mafia – Das Knochenzellen-Netzwerk – besteht
chen nicht mehr abbauen, aber die fleißigen Bienchen
aus sehr vielen Zellen, die überall und in jedem Knochen
informieren und zum Anbau stimulieren.
verteilt sind. Durch ihre Zellfortsätze sind sie miteinander und mit den anderen Geweben des Körpers verbunden. Dieses gesamte System reagiert auf Druck, Stauchungen, Stöße und Verformungen und entscheidet, ob der Knochen verstärkt werden kann oder ob er umgebaut werden muss. Ist der Knochen nicht mehr ganz stabil, lockt die RegelMafia entweder das Fress-Monster an die Schwachstelle für
2. Wie kannst Du die Bienchen fleißiger machen,
die Knochen-Reparatur oder die fleißigen Bienchen an die
Oma?
Schwachstelle, um den Knochen zu verstärken.
Früher wurde mit Fluor behandelt. Heute kann für 2 Jahre
Bis es für das System der Regel-Mafia Tabletten oder Spritzen
eine tägliche Spritze mithelfen oder für längere Zeit (3-5
gibt, muss ich arbeiten, meine Gymnastik machen, Treppen
Jahre) gibt es ein täglich abends einzunehmendes Pulver aus
gehen und laufen. Das mache ich natürlich am liebsten in
Strontiumranelat. Die fleißigen Bienchen brauchen aber
meiner Osteoporose-Selbsthilfegruppe.
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DVO-PATIENTENTAG OSTEOLOGIE 2013 Dr. med. Christian Günther
Dr. med. Christian Oehlwein
Ltd. Arzt der Osteologischen
Facharzt für Neurologie
Abteilungen
und Psychiatrie
Orthopädische Fachklinik,
Lasurstr. 27
Schwarzach sowie
07551 Gera
Asklepios Klinik St. Wolfgang, Bad Griesbach
Parkinson und Osteoporose Im Jahr 1817 schrieb Sir James Parkinson als Member of the Royal College of Surgeons “An Essay On The Shaking Palsy” (“Eine Abhandlung über die Schüttellähmung“, s. Abb. 1) und stellte dabei Erörterungen über die Ursachen des später nach ihm benannten Morbus Parkinson dar, dessen Hauptsymptome Bradykinese, Rigor, Tremor und posturale Instabilität sind (s. Abb. 2).
68 Jahre später – im Jahre 1885 – gebrauchte der Innsbruk-
AN ESSAY ON THE SHAKING PALSY
ker Arzt Gustav Pommer erstmals den Terminus „Osteoporose“. Inzwischen sind beide Erkrankungen zu Volkskrank-
BY JAMES PARKINSON Member Of The Royal College Of Surgeons
heiten geworden mit etwa acht Millionen OsteoporosePatienten und 300 000 Parkinson-Patienten in Deutschland. Ein Zusammenhang zwischen beiden Krankheiten wird bis-
LONDON PRINTED BY WHITTINGHAM AND ROWLAND Garswell Street FOR SHERWOOD, NEELY, AND JONES PATERNOSTER ROW 1817
her aber kaum angedacht. So findet sich im osteologischen Standardwerk „Osteoporosis“ von Robert Marcus, David Feldman und Jennifer Kelsey keinerlei Hinweis auf einen solchen, wiewohl der nicht mehr lebende Papst Johannes Paul II (s. Abb. 3) das eindrucksvollste Beispiel für die Koinzidenz beider Erkrankungen ist, denn er er litt an einem schweren Morbus Parkinson und bekam zwei Schenkelhalsbrüche bei Osteoporose.
Abb. 1: “An Essay On The Shaking Palsy” (“Eine Abhandlung über die Schüttellähmung”).
Auch andere Prominente, wie die Boxlegende Muhammad Ali (s. Abb. 4), der ehemalige Bürgermeister von Stuttgart Manfred Rommel, der Startenor Peter Hoffmann und in jüngster Zeit der beliebte und berühmte Schauspieler Ottfried Fischer sind an Morbus Parkinson erkrankt; ob sie auch Osteoporose haben, entzieht sich unserer Kenntnis. Wenn man in der deutschen Fachliteratur nach dem gemeinsamen Auftreten von IPS und Osteoporose sucht, muss man bis ins Jahr 1978 zurückgehen, in dem Balzereit bei nur 4,8% von 96 Parkinson-Patienten auch eine Osteoporose fand. Deshalb wollten wir das gleichzeitige Auftreten einer Osteoporose bei IPS-Patienten überprüfen.
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Patienten und Methodik Wir untersuchten insgesamt 22 IPS-Patienten (5 Frauen; 17 Männer) vorwiegend der Parkinson-Selbsthilfegruppe Passau (Leitung: Karl Zinger) und des Parkinson-Landesverbandes Thüringen (Leitung: Klaus Möller †) mit einem Durchschnittsalter von 65.6 Jahren (57-73 Jahre) und einer durchschnittlichen IPS-Krankheitsdauer von 7.8 Jahren (3-21 Jahre; Frauen 6.4 Jahre, Männer 8.7 Jahre) und bestimmten die Knochendichte an der LWS und der Hüfte mit den Dexa-Geräten „DPX-IQ“ bzw. „Prodigy” der Firma Lunar. Die Bewertung erfolgte nach dem T-score der WHO-Definition der Osteoporose. Wegen der kleinen Zahlen erfolgte keine statistische Absicherung der Ergebnisse (s. Tab. 1, Abb. 5a und 5b).
Ergebnisse (s. Tab. 1 u. 2, Abb. 6a-c) 17 von 22 IPS-Patienten (77,3%) wiesen eine Osteopenie (Penie) bzw. Osteoporose (OPO) auf, wobei bereits 4 Patienten Hüft- bzw. Wirbelkörperfrakturen (18,2%) erlitten hatten. Der Anteil erniedrigter Knochendichtewerte (Penie oder OPO) lag bei Frauen mit 100% über dem der Männer mit 70,6%. Bei den IPS-Patienten (n = 22) überwiegen die ernie-
Abb. 2: Kardinalsymptome des Morbus Parkinson.
drigten Werte (Penie oder OPO) an der LWS 72,7% gegenüber der Hüfte (45,5%). Bei den Frauen ist dieses Verhältnis (100% zu 40%, Cave kleine Zahl) noch deutlicher als bei den Männern (64,7% zu 47,1%). Der Anteil von Osteoporosen liegt bei den IPS-Patienten bei 36,4%, wobei er bei den Frauen mit 80% über den der Männer mit 23,5% liegt (s. Abb. 6a-c).
Diskussion Der hohe Anteil erniedrigter Knochendichtewerte (77,3%) in unserer Untersuchung deckt sich mit der spärlichen internationalen Literatur*, in der z.T. auch ein Zusammen-
Abb.3: Papst Johannes Paul II.
hang zwischen dem Erkrankungsstadium des IPS und der Knochendichteminderung gesehen wird (Ishizaki et al. 1993, Taggart et al. 1995, Kao et al. 1994, Yamada et al. 1995, Wood et al. 2004). Als Ursache für diese erniedrigten Knochendichtewerte werden nicht ganz einheitlich ein Vitamin-D- und/oder Vitamin-K-Mangel und ein durch die Parkinson-Medikation bedingter erhöhter Homocystein-Spiegel diskutiert (Sato und Kaji et al 2002, Sato und Honda et al. 2002, Sato und Iwamoto et al 2005).
Abb.4: Muhammad Ali.
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Tab. 1: Patientendaten und Knochendichte â&#x20AC;&#x201C; Einzelbewertung der IPS-Patienten (n = 22).
Tab. 2: Knochendichte â&#x20AC;&#x201C; Bewertung (kumulativ) der IPS-Patienten (n = 22) nach WHO-Definition der Osteoporose (T-score).
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Abb. 5a: Pat. Nr. 22, DEXA LWS.
Abb. 5b: Pat. Nr. 22, DEXA Hüfte.
Abb. 6a-c
Die bei unseren IPS-Patienten beobachtete Frakturrate von
schließlich kostenloser Knochendichtemessung und eines
18.2% liegt unter den 27%, die Johnell et al. (1992)
gründlichen Sturzrisiko-Assessments unterzogen werden
beschrieben und bezogen das weniger auf die erniedrigte
sollte. Deshalb sollten Neurologen – in deren Händen die
Knochendichte als auf das vermehrte Auftreten von Stürzen,
Betreuung von Parkinson-Patienten liegt – auch an Osteo-
was auch Fink et al. (2005) in der „The Osteoporotic Fractu-
porose denken. Außerdem sollten Osteoporose-Selbsthilfe-
res in Men Study“ fanden. Wir führten wegen der geringen
gruppen auf Parkinsonpatienten zugehen, um sie auf ihre
Fallzahl zunächst noch keine Korrelation unserer Messer-
Doppelgefährdung – Parkinson + Osteoporose – aufmerksam
gebnisse zum Erkrankungsstadium nach Hoehn und Yahr,
zu machen und ihnen Wege zu Hilfe und Selbsthilfe aufzu-
zur Erkrankungsdauer, zum Vitamin-D-, Vitamin-K und
zeigen.
Homocystein-Spiegel oder zur Sturzhäufigkeit durch. Wir werden diese Studie zusammen mit der Deutschen Par-
Schlussfolgerung
kinson-Vereinigung fortführen und auf eine breitere Basis stellen und heißen alle recht herzlich willkommen, die hier
Der Zusammenhang zwischen IPS und Osteoporose wird
mitarbeiten wollen.
bisher weltweit unterschätzt. Vor dem Hintergrund unserer Ergebnisse haben möglicherweise von den 300.000
Inzwischen haben wir unsere Studie auf über 200 Patienten
geschätzten Parkinson-Patienten in Deutschland über
erweitert einschl. ausführlicher Laboruntersuchungen und
200.000 gleichzeitig eine Osteoporose. Daraus erwächst
werden zu gegebenem Zeitpunkt darüber berichten.
■
dringlicher Handlungsbedarf mit der Notwendigkeit, dass jeder Parkinson-Patient einer osteologischen Diagnostik ein-
(*Literatur kann beim Verfasser angefordert werden)
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DVO-PATIENTENTAG OSTEOLOGIE 2013 Prof. Dr. Werner Albrich Frauenärzte Fünf Höfe Salvatorstr. 3 80333 München
Was spricht für, was gegen eine Hormonbehandlung bei Osteoporose? Der Zusammenhang zwischen Knochen und Hormonen ist seit langem bekannt. Unter dem Einfluss der Sexualhormone, insbesondere der Östrogene, erreicht die Knochendichte in der fruchtbaren Lebensphase um das 30. Lebensjahr ihren Höhepunkt. Der Abfall der Östrogenspiegel nach den Wechseljahren führt nicht nur zu einem kontinuierlichen Abbau der Knochenmasse (s. Abb. 1), sondern auch zu einem Verlust an Knochenbälkchen, deren intakte Gitterstruktur für die Festigkeit und Elastizität des Knochens maßgeblich ist.
Das Vollbild der “postmenopausalen Osteoporose“ führt zu
Vor 100 Jahren lag die durchschnittliche Lebenserwartung
einer Minderung der Körpergröße und vermehrten Kno-
bei etwa 43 Jahren, sodass viele Frauen die Hormonmangel-
chenbrüchen. Der günstige Effekt der Hormonbehandlung
phase nicht einmal erreichten. Bei der heutigen Lebenser-
auf die Knochenstruktur und -festigkeit in der Hormonman-
wartung von über 80 Jahren leben Frauen etwa 30 Jahre in
gelphase ist seit vielen Jahren bekannt. Nach dem Abbruch
der Hormonmangelphase. Die fehlende Östrogenbildung
einer großen Studie in den USA 2002 bzw. 2004 (WHI-Stu-
führt, individuell verschieden, zu teilweise erheblichen Ein-
die, siehe unten) mit angeblich erhöhten Risiken für Herz-
bußen der Lebensqualität: In der frühen Phase stehen
infarkte und Brustkrebs ist die Hormonersatztherapie in Ver-
psycho-vegetative Beschwerden wie Hitzewallungen,
ruf geraten. Dementsprechend ist auch die Verordnung von
Schweißausbrüche, Schlafstörungen, depressive Verstim-
Hormonpräparaten massiv zurückgegangen. Nach Vorliegen
mungen, Reizbarkeit und verminderte körperliche, seelische
neuer Studienergebnisse erfährt die Hormonersatztherapie
und psychische Belastbarkeit im Vordergrund. Etwa 1/3 aller
derzeit wieder eine Renaissance. Das Für und Wider dieser
Frauen leidet massiv an diesen Wechseljahrsbeschwerden,
Behandlung soll erörtert werden.
1/3 nur mäßig und 1/3 ist mehr oder weniger beschwerdefrei. Unter den Langzeitfolgen des Hormondefizits ist die
Geschlechtsspezifische Unterschiede der Osteoporoseerkrankung
Osteoporose die am schwersten wiegende und bekannteste. Dass auch vermehrte Herz-Kreislauferkrankungen und Stoffwechselstörungen mit erhöhtem Diabetes-Risiko Folgen des
Frauen erkranken aus mehreren Gründen häufiger an
Hormonmangels sind, ist zwar weniger bekannt, aber oft
Osteoporose als Männer: Wegen des früheren Erlöschens der
ebenfalls schicksalhaft.
Sexualhormonbildung in den Eierstöcken tritt der Knochenmasseverlust bei Frauen früher auf als bei Männern. Hinzu
Behandlung nach dem Ursachenprinzip:
kommt, dass wegen der geringeren Lebenserwartung Männer ihre ohnehin später auftretende Osteoporose oft gar
Grundlage der medikamentösen Behandlung klimakteri-
nicht mehr erleben.
scher Beschwerden ist der Ausgleich des Hormonmangels. Analog geht man bei einer Schilddrüsenunterfunktion und
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Abb. 1: Die Entwicklung der Knochendichte im Verlauf des Lebens verdeutlicht den Einfluss der Sexualhormone: Die Knochenmasse wird in der Pubertät mit der beginnenden Hormonsekretion aufgebaut und sinkt mit dem Hormonabfall nach der Menopause. Um diese Zeit sollte auch die knochenerhaltende Hormonbehandlung begonnen werden.
bei einem Insulin-Mangel-Diabetes vor und verabreicht
den in Europa gebräuchlichen Hormonpräparaten, wurden
Schilddrüsenhormone bzw. Insulin. Während man bei
in der amerikanischen Studie tierische Östrogenpräparate
Schilddrüsenhormonmangel und Diabetes einen vollen
und synthetische Gelbkörperhormone mit ungünstigen
Hormonausgleich anstrebt, genügen zur Behandlung der
Stoffwechselwirkungen in viel zu hoher Dosierung einge-
vegetativen Hormonmangelerscheinungen sehr niedrige
setzt.
Dosierungen von Östrogenen. Verwendet man über die Haut resorbierbares Östrogengel Bei Frauen ohne Gebärmutter sollte im Regelfall auf die
und natürliches Gelbkörperhormon in jeweils niedrigst
Gabe von Gelbkörperhormonen verzichtet werden, da diese
erforderlicher Dosis, erreicht man neben Beschwerdefreiheit
die Nebenwirkungsrate erhöhen können.
hinsichtlich klimakterischer Beschwerden auch eine Senkung des Risikos, einen Herzinfarkt zu erleiden oder an Dia-
Risiken und Nutzen der Hormonersatztherapie
betes zu erkranken. Bezüglich des Brustkrebsrisikos kann auf der Grundlage zahlreicher Studien festgestellt werden, dass
Die häufig zitierte und von den Medien oft auch missinter-
eine alleinige Östrogenbehandlung das Risiko an Brustkrebs
pretierte, 2002 veröffentlichte WHI-Studie ergab, dass die
zu erkranken sogar um etwa 30% reduziert. Neuerdings
Zugabe von synthetischen Gelbkörperhormonen tatsächlich
geraten eher die Gelbkörperhormone in den Fokus der
die Risiken für Brustkrebserkrankungen und Herzinfarkte
Brustkrebsentstehung, besonders wenn synthetische Präpa-
erhöhte, vor allem, wenn mit der Hormonersatztherapie erst
rate angewandt werden. Selbst wenn möglicherweise bei
in einer späteren Lebensphase jenseits des 60. Lebensjahres
Frauen unter Hormonen Brustkrebs häufiger diagnostiziert
begonnen wurde. Ein wichtiger Kritikpunkt dieser vielzitier-
wird, so zeigte sich ein scheinbares Paradoxon: Frauen, die
ten Untersuchung betrifft die Auswahl der Frauen für diese
unter einer Hormonbehandlung an Brustkrebs erkranken,
Studie: Sie durften keine klimakterischen Beschwerden
sterben seltener daran als Frauen, die vorher keine Hormone
haben und wiesen in mehr als 50% zum Teil erhebliche
genommen hatten. Die Erklärung für diese widersprüchliche
Gesundheitsrisiken wie Rauchen, Übergewicht, Zucker-
Beobachtung liegt einerseits in der Tatsache, dass Frauen,
krankheit, Bluthochdruck und andere auf. Im Vergleich zu
die Hormone nehmen, häufiger zu Brustuntersuchungen
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ihrem Krebsleiden als Frauen nach vorausgegangener Hor-
10%
monbehandlung. 0%
Ein weiterer, zu wenig beachteter günstiger Nebeneffekt der
-10%
Hormonbehandlung besteht in einer etwa 40-prozentigen
-20% -30%
Senkung des Risikos, an einem bösartigen Tumor des Dick-
-23% CI: 0,69-0,86 -34% CI: 0,45-0,98
-40%
-34% CI: 0,44-0,98
wie Reizblase, Blasenschwäche und trockene Scheide werden durch eine Hormonbehandlung positiv beeinflusst.
-50% -60%
darmes zu erkranken. Auch andere sehr lästige Beschwerden
Reduktion der Gesamtfrakturrate
Reduktion von OberReduktion klinischer schenkelhalsfrakturen Frakturen der Lendenwirbelsäule
Abb. 2: Unter Hormongabe sank die Gesamtfrakturrate um 23% und die Rate an den schwerer wiegenden Wirbelkörperund Oberschenkelhalsfrakturen sogar um 34%. (WHI-Daten in Anlehnung an Burger, Climacteric 7, Suppl. 1, 2004)
Wie sich im Zuge der erwähnten Niedrigdosisbehandlung inzwischen gezeigt hat, genügen auch für den Erhalt der Knochenmasse diese sehr niedrigen Östrogendosierungen. Östrogene erhalten durch ihren natürlichen Wirkmechanismus die normale Bälkchenstruktur und damit die Knochenfestigkeit und -elastizität. Konsequenterweise bedürfen nach den Leitlinien des Dachverbandes Osteologie (DVO) Frauen, die Hormone einnehmen, auch keiner weiteren Osteoporosebehandlung. Tatsächlich ist eine früh begonne-
gehen und deshalb eventuell mehr Tumore früher entdeckt
ne Hormonbehandlung nachweislich präventiv wirksam
werden. Andererseits entstehen unter der Hormonbehand-
und kann spätere Frakturen an Oberschenkel und an der
lung eher prognostisch günstigere (hormonrezeptor-positi-
Wirbelsäule in bis zu 34% verhindern (s. Abb. 2).
ve) Geschwülste. Frauen, die ohne vorherige Hormonbehandlung an Brustkrebs erkranken, haben häufiger prognos-
Für alle anderen präventiven Empfehlungen wie Ernäh-
tisch ungünstigere (hormonrezeptor-negative) Tumore.
rungs- und Bewegungsempfehlungen, die natürlich auch
Demzufolge sterben diese Frauen etwa doppelt so häufig an
eine Hormonbehandlung begleiten sollten, kann bei alleini-
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ger Anwendung ein derart ausgeprägter Effekt nicht belegt
ter Frauen bekommen.
werden. Der einzigartige Vorteil der Hormonbehandlung liegt in der Östrogene erhalten darüber hinaus auch die Muskelstärke
Möglichkeit, die Entstehung einer Osteoporose bei frühem
und verbessern die Nerv-Muskel-Koordination: Die Einwir-
Behandlungsbeginn durch den Erhalt der normalen Kno-
kung einer kräftigen Muskulatur auf den Knochen ist ein
chenstruktur zu verhindern. Wird die Therapie früh in nie-
wesentlicher Stimulus für die Auf- und Umbauvorgänge, die
driger Dosis begonnen, kann sie über Jahre nahezu risikofrei
die natürliche Knochenarchitektur und -festigkeit erhalten.
fortgeführt werden. Ein späterer Behandlungsbeginn bei
Eine gute Nerv-Muskel-Koordination reduziert darüber hin-
bereits bestehender Osteoporose ist dagegen weitaus weni-
aus das Sturzrisiko und vermindert auch auf diese Weise die
ger wirksam und darüber hinaus auch mit höheren Risiken
Zahl von Knochenbrüchen.
und Nebenwirkungen behaftet.
Ein zu später Beginn der Hormonersatztherapie, etwa jen-
Es ist an der Zeit, auch bei der Osteoporose der Prävention
seits des 60. Lebensjahres, erhöht dagegen die Risiken vor
gegenüber der “Reparaturbehandlung“ größere Beachtung
allem für Herzinfarkte, Thrombosen und Schlaganfälle. Da
zu schenken, zumal mit der niedrig dosierten Hormonbe-
andererseits eine Osteoporose oft erst in dieser Lebensphase
handlung eine sehr verträgliche und wirksame Therapieop-
auftritt bzw. erkannt wird, kommt die Behandlung mit
tion besteht. Auch die zahlreichen günstigen Nebeneffekte
Östrogenen dann wohl auch nur noch in Ausnahmefällen
wurden erwähnt.
■
in Betracht.
Schlussfolgerungen und Zusammenfassung Auch wenn in der gebotenen Kürze dieses Beitrags nicht alle Aspekte der Hormonbehandlung dargelegt werden konnten, sollten Östrogene wieder den ihnen gebührenden Stellenwert bei der Beratung und Betreuung osteoporosegefährde- Anzeige -
Ensinger
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DVO-PATIENTENTAG OSTEOLOGIE 2013 Prof. Dr. Andreas Roth Lehrstuhl für Orthopädie der Friedrich-Schiller-Universität Jena am Waldkrankenhaus "Rudolf Elle" GmbH Klosterlausnitzer Str. 81 07607 Eisenberg
Gelenkoperationen an der Hüfte im Alter und Osteoporose Eines der wichtigsten osteologischen Krankheitsbilder an der Hüfte im Rahmen einer chirurgischen Versorgung des Knochens stellt die Schenkelhalsfraktur dar. Der Orthopäde und Unfallchirurg unterscheidet in Abhängigkeit vom Ort des Bruches unterschiedliche Typen. In Abhängigkeit davon und ob bereits ein Gelenkverschleiß vorliegt, wird über die Art der operativen Versorgung entschieden, d.h. die Versorgung von Schenkelhalsfrakturen folgt klar definierten Prinzipien.
Ist der Schenkelhals gelenkfern gebrochen, finden sog.
Leitlinien für Prophylaxe, Diagnostik und Therapie der
Osteosynthesen wie der Gammanagel und die Dynamische
Osteoporose, wonach Frakturanamnesen immer eine Indika-
Hüftschraube (DHS) Anwendung. Brüche, die sehr nahe am
tion zur Basisdiagnostik darstellen (DVO 2009).
Gelenk liegen, werden beim jüngeren Menschen vorzugsweise gelenkerhaltend operiert. Hier kommen beispielsweise
Bei Patienten mit Coxarthrose, die zur Versorgung der Hüfte
Schrauben zur Anwendung. Beim älteren Menschen wird
mit einem Kunstgelenk (Endoprothese) anstehen, können
aufgrund der vorliegenden Osteoporose und wegen des
bei stationärer Aufnahme Befunde zu einer bekannten
höheren Risikos eines Absterbens des Hüftkopfes in diesen
Osteoporose beigebracht werden, da es sich um einen plan-
Fällen das Einsetzen einer Hüfttotalendoprothese oder einer
baren Eingriff handelt. Besteht der Verdacht auf eine Osteo-
Hemiendoprothese bevorzugt (sog. Duokopfprothese, bei
porose, so ist nach Risikofaktoren wie Rheumatoide Arthri-
der keine künstliche Pfanne eingesetzt werden muss).
tis, Kortison-Therapie, onkologische Patienten, Nierentrans-
Kunstgelenke kommen auch bei vorbestehendem Gelenk-
plantation, Antiepileptika, Antidepressiva sowie Magen-
verschleiß (Coxarthrose) und fehlgeschlagenen Osteosyn-
Darm-Erkrankungen und Operationen des Magen-Darm-
thesen zum Einsatz. Damit wird eine rasche Mobilisation
Traktes zu fragen. Laborchemisch sind CRP, Leukos, BSG,
des Patienten ermöglicht und weiteren Operationen und
TSH, T3, T4, ASAT, ALAT, Kreatinin und 25-(OH)-Vitamin D
begleitenden Komplikationen vorgebeugt.
zu bestimmen. Gegebenenfalls auch die Gamma-GT, die alkalische Phosphatase, Calciumphosphat und eine Eiweiß-
Bei der Einweisung von Patienten mit Schenkelhalsfraktu-
Elektrophorese. Bei Vorliegen einer Osteoporose ist die
ren oder Komplikationen wie periprothetische Frakturen
Kommunikation zwischen Krankenhaus und niedergelasse-
handelt es sich um Notfälle, so dass in der Regel vorbeste-
nem Arzt besonders wichtig.
hende Daten über eine vorliegende Osteoporose, Ergebnisse von DXA-Messungen oder bisherige Therapien nicht sofort
Der Erfolg eines Implantats hängt von einer perfekten chir-
zur Verfügung stehen. Hier ist es in jedem Fall nötig, dass
urgischen Technik, einer korrekten und stabilen Implantat-
die entsprechende Diagnostik entweder während des statio-
fixierung und einer optimalen Operationsplanung ab. Letz-
nären Aufenthaltes oder aber nach dem stationären Aufent-
tere sollte die Knochenqualität des Patienten in Betracht
halt erfolgt. Dies geht konform mit den Forderungen der
ziehen, um das korrekte Implantat-Design und die Fixa-
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Abb. 1: “Cutting out“ nach Osteosynthese einer pertrochanteren Schenkelhalsfraktur mittels Gammanagel.
Abb. 2: Pseudarthrose und Versagen einer Schraubenosteosynthese nach Versorgung einer medialen Schenkelhalsfraktur mittels Schrauben.
tionsart zu wählen. Dabei spielen für das operative Vorge-
Hüftkopf befindliche Schraube durch den weichen Knochen
hen die individuellen anatomischen Gegebenheiten und die
und überschreitet die Gelenkgrenze, wodurch Schmerzen
Knochenqualität eine wichtige Rolle. Hinsichtlich einer
und Funktionsbehinderungen auftreten. Hier muss dann
endoprothetischen Versorgung bei Coxarthrose können
ein Kunstgelenk eingesetzt werden. Bei Versorgung mit
unterschiedliche Wege verfolgt werden, um eine adäquate
Duokopfprothese wandert der künstliche Kopf in seltenen
Fixation des Implantates zu erreichen. In Nordeuropa bei-
Fällen durch den Knochen bis ins kleine Becken, so dass die
spielsweise bevorzugen die Chirurgen zementierte Implanta-
Versorgung mit einer Kunstpfanne nötig wird. Probleme bei
te, während amerikanische und mitteleuropäische Orthopä-
einer zunehmenden Zahl von Versorgungen mit Kunstge-
den in der Regel zementfreie Systeme benutzen, die ein
lenken auch im hohen Alter können vereinzelte Brüche um
direktes Einwachsen der Implantate in den Knochen ermög-
liegende Kunstgelenke nach Sturz darstellen, die spezielle
lichen. Beide Systeme funktionieren hervorragend.
Versorgungsstrategien erfordern.
Ältere Patienten weisen häufig Veränderungen im Knochen-
Die Rolle, welche osteologische Medikamente für die
gewebe auf, die mit einem erhöhten Frakturrisiko einherge-
Behandlung einer Osteoporose während des Einwachspro-
hen und Probleme bei der Erhaltung der Stabilität des
zesses von zementfreien Endoprothesen spielen, ist derzeit
Implantates verursachen können. Der osteoporotische Kno-
nicht eindeutig verstanden und wird noch untersucht. Bei
chen ist durch eine Verminderung der Knochenmasse, die
geplanter Versorgung des Hüftgelenkes mit einem Kunstge-
Reduktion der Zahl der Spongiosabälkchen und durch eine
lenk ist eine Pausierung von Bisphosphonaten problemlos
erhöhte Porosität des sog. kortikalen Knochens gekenn-
möglich, jedoch nicht zwingend erforderlich. Eine Pausie-
zeichnet. Die damit einhergehende vermehrte Brüchigkeit
rung vom Denosumab ist nicht nötig, ebenfalls nicht die
der Knochen beinhaltet grundsätzlich ein höheres Risiko
Pausierung von Vitamin D und Calcium (außer am OP-Tag).
von Knochenbrüchen vor allem während der Operation, was vom Operateur bei jeder Form der Operation an der
Zusammenfassend lässt sich formulieren: Bei Schenkelhals-
Hüfte unbedingt beachtet werden muss, um Komplikatio-
brüchen muss grundsätzlich an die Osteoporose gedacht
nen zu vermeiden.
werden, in diesen Fällen sollte immer eine osteologische Abklärung und Versorgung erfolgen. Der geplante Gelenker-
Das Versagen einer Osteosynthese stellt ein nicht zu unter-
satz der Hüfte bei Gelenkverschleiß ist ein Eingriff, der bei
schätzendes Problem bei Patienten mit Osteoporose dar, das
unterschiedlichen Ausgangssituationen immer die Möglich-
leider nicht immer vermieden werden kann. Zu dieser Kom-
keit des Vorliegens einer begleitenden Osteoporose beinhal-
plikation zählen das sog. “cutting out“ (s. Abb. 1), die Hüft-
tet. Wenn keine Osteoporose bekannt ist, sich aber Hin-
kopfnekrose und die Pseudarthrose (fehlende Heilung des
weise darauf finden, sollte eine entsprechende Diagnostik
Bruches) (s. Abb. 2). Beim “cutting out“ wandert die im
angestrebt werden.
■
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