fizzz #07/08-24 Preview

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FOOD HIPSTER

Warnung: Nicht mit Heißhunger lesen!

ERFOLGSKONZEPTE

Ideen und Angebote, die jetzt funktionieren

TEQUILA

Der Aufsteiger unter Dampf

Scout

aus

Nou7, Hamburg; Tokygon, Frankfurt a. M.; Monsieur Macaron, Münster

UPDATE

18 Food-Hipster

Sechs neue Street- und Soulfoodkonzepte aus Berlin und ihre Signature Dishes.

22 Der Mate-Spritz-Kult

Junge Gastronomen stricken um die Mischung aus Mate und Sekt ein ganzes Business.

Business

26 Was jetzt funktioniert

Gastronomen und Berater und ihre Tipps für die Erfolgsfaktoren in unsicheren Zeiten.

Close

32 Frieda Lekscha, Borkum

Frieda Lekscha sorgt auf der ostfriesischen Urlaubsinsel für junge Vibes.

STYLE

36 Möbel-News

Neue Indoor-Kollektionen für die zweite Jahreshälfte.

Facts

38 Tequila-Know-how

Insights zur Tequila-Produktion & News.

46 Gin-Drinks

Neue Rezeptanregungen für Wacholderfans.

48 American Whiskey

Ein Deepdive in die Vielfalt der amerikanischen Whiskykultur.

52 Biertrends

Von alkoholfrei über Helles bis Importbieren.

58 Bar-Filler

Die Filler-Anbieter wandeln sich zu umfassenden Problemlösern.

62 Eistee

Neues vom flüssigen Sommer-Hit.

64 Best of ISW 2024

Die besten Aperitifs, Vermouths und alkoholfreien Alternativen aus dem ISW 2024.

Kleine Läden und schmales Sortiment, dafür spitze in der Qualität und stark im Auftritt – live wie auf Social Media: So präsentieren sich diese 6 neuen Street- und Soulfoodkonzepte aus Berlin.

Text: Jan-Peter Wulf

FLEISCHBÄLLCHEN-FINESSE BEI „MÖLLERS KÖTTBULLAR“

Erstens: Korrekt werden sie „Schöttbüllar“ ausgesprochen. Zweitens: Sie können wirklich besser schmecken als in der Möbelhauskette. Die schwedischen Fleischbällchen in Perfektion zu präsentieren, ist Henrik Möllers Mission. Früher leitete er in Berlin den Club „Golden Gate“, nun hat er mit „Möllers Köttbullar“ bereits zwei Imbiss-Restaurants in der Stadt eröffnet, zunächst am Schlesischen Tor in Kreuzberg und im Herbst vergangenen Jahres auch im Prenzlauer Berg, dort auf größerer Fläche. Im modernen Tiefkühlhaus, das er vom Vormieter übernehmen konnte, lagern u.a. die nach eigenem Rezept von der renommierten Bäuerlichen Erzeugergemeinschaft Schwäbisch Hall hergestellten Fleischbällchen sowie die vegane Alternative aus Erbsenprotein-Schnetzel, Flohsamenschalen und Gewürzen. Dazu gibt es u.a. Kartoffelstampf, Pommes, Rahmsauce, Gurkensalat und natürlich Preiselbeeren. Schmales Sortiment, tiefe Analyse: Möller hat eine Foodmap gestalten lassen, mit der er transparent machen will, woher die Zutaten für seine Produkte stammen. Dies sei den Gästen mit einer Illustration deutlich einfacher zu kommunizieren als in textlicher Form, erklärt er uns. Die Foodmap informiert z.B. darüber, dass die Kartoffeln für die Fritten von Demeter-Betrieben aus Niedersachsen stammen, die Kartoffeln für den Stampf hingegen aus Eppingen in Baden-Württemberg. Und die Bio-Preiselbeeren kommen tatsächlich aus Schweden, nicht aus China wie in den allermeisten Fällen. Geplant ist ein Rollout des Konzepts über die Stadt hinaus – da hilft es sicher,

dass die Möbelhauskette die Bällchen im ganzen Lande bekannt gemacht hat. www.koettbullar.com

KOLBENKULT IM „AMAIZE“

Mais gibt’s an Wochenmarktständen oder als Beilage in amerikanischen Schnellrestaurants. Doch als Protagonisten eines Gastrokonzepts sind die gelben Kolben rar. Aurora Haliti und Dilara Türk leisten mit ihrem „Amaize“ im Kreuzberger Bergmannkiez mutmaßlich sogar Deutschlands erstes MaisRestaurant folglich echte Pionierinnenarbeit. In ihrer kleinen Location, die sie im Dezember 2023 eröffneten, verkaufen sie die Feldfrucht in vielen Variationen: als Maiskörner im Becher zum Löffeln, als frisch zubereitete Kolben, als geviertelte, knusprige „Amaize Corn Ribs“ (Bestseller-Produkt), die ebenso lecker sind wie die frittierten „Corn Chips“ und die mit Mozzarella gefüllten Maispuffer. Dazu werden verschiedene Saucen gereicht, von der Sriracha-Mayonnaise über Guacamole bis zum Trüffelöl, ferner Toppings à la Feta, Chilischoten oder Tomaten-Salsa. Wer Lust auf Fleisch hat: Neu im Sortiment sind knusprig frittierte Stücke vom Maishähnchen. Und während viele Streetfood-Konzepte mit einem Marktstand begannen und sich zum Restaurant weiterentwickelt haben, geht „Amaize“ den umgekehrten Weg: Mit einem eigenen Foodtruck bespielt man nun auch Märkte, Feste, Caterings und Events. Die Mais-Mission will man perspektivisch auch an weitere feste Standorte und in andere Städte bringen. www.amaize.online

FETTFINGER-FESTIVAL BEI „MUNCHIES“

„Munchies“ heißt Heißhunger, und wer den verspürt, ist in der Schenkendorfstraße goldrichtig. Der klitzekleine, in knalligem Rot-Weiß-Kontrast eingerichtete Laden (wie „Amaize“ im Bergmannkiez angesiedelt) hat sich schnell zur In-Adresse entwickelt – längere Schlangen sind keine Seltenheit. Wozu auch viele, viele Stories, Reels und Posts auf Instagram und TikTok beigetragen haben dürften. Die Frage, ob es lieber die Tacos oder die Sandwiches sein dürfen, sollte man am besten mit „Beides!“ beantworten. Die mexikanischen Teigtaschen gibt es in den Varianten Veggie und Birria Beef, zartes Rindfleisch in landestypischer, würziger Sauce, die Sandwiches u.a. als Melt, was sie quasi zu einem Burger macht, oder als Fried-Chicken-Version mit Nashville Hot Honey (Honig mit geräucherter Paprika, Cayenne-Pfeffer und weiteren Gewürzen). Unbedingt dazu bestellen: die „Tater Tots“, geriebene, zylindrisch geformte und frittierte Kartoffeln,

eine in den USA weit verbreitete, bei uns noch unbekannte Alternative zwischen Fritte und Krokette. Eine Sache sollte man von vornherein verwerfen: den Versuch, sich keine fettigen Finger zu holen, während man die Gerichte von „Munchies“ vor dem Laden oder anderswo (drinnen ist kein Platz) verputzt. Es ist vergeblich. Bitte nicht an den Servietten sparen! www.instagram.com/munchies.foodco

PFLANZENBASIERTE PERFEKTION BEI „DOEN DOEN“

Döner Kebab ohne Fleisch: Auf dieses Thema setzen immer mehr Imbisse und bieten vegetarisch-vegane Varianten an. Doch so richtig konnte (uns jedenfalls) bislang kein Produkt überzeugen – bis wir zu „Doen Doen“ nach Friedrichshain kamen. Der moderne, 2023 eröffnete Laden setzt zu 100 Prozent auf vegane Zutaten, und der Fleischersatz kommt vom Partner „Planted“ aus der Schweiz. Das mit Millionenfinanzierungen ausgestattete Startup setzt, anders als viele Mitbewerber, auf pflanzlichen Purismus und Produkte ohne Pülverchen à la Geschmacksverstärker oder Bindemittel. Vor allem aus Erbsenproteinen stellt man die Produkte her, die vom „Planted Kebap“ bis zum Premiumprodukt vegane Hühnerbrust reichen, die sogar Tim Raue in seinem Zwei-Sterne-Restaurant einsetzt. Bei „Doen Doen“ kommt die pflanzliche Alternative „planted kebap chicken“ zusammen mit viel Gemüse, Salat und hausgemachten Saucen ins Brot. Und ganz hervorragend dazu schmeckt das seidige, leicht nussige Ayran mit Hafermilch von Oatly, trotz deutlich höherem Preis im Vergleich zur Standardversion. Hinter „Doen Doen“ steht Abdullah Budik, der den ersten Imbiss in seiner Heimatstadt Stuttgart eröffnet hat, wo er auch die Bars „Transit/Bergamo“ und „Bergamo“ betreibt.

www.doendoen.de

SUS(H)STAINABLE BEI

„FRIENDLY FISH“

Nicht, dass es nicht bereits viele Konzepte in der Stadt geben würde, die auf Sushi setzen – und das, wie auch das neue „Friendly Fish“, mit Spezialisierung auf Delivery und Takeaway. Aber, und darauf soll das „Friendly“ hindeuten: Nachhaltigkeit sowie ein verantwortungsvoller Umgang mit den natürlichen Ressourcen – und Fischen als Lebewesen – hat man sich hier auf die Fahnen geschrieben, womit man (leider) noch ein Alleinstellungsmerkmal hat. So arbeitet man ausschließlich mit Lieferanten und Fischereien zusammen, die sich für den Schutz der Meere einsetzen und Fisch traditionell mit Haken und Leine fangen. Der

Henrik Möller hat ein Herz für Fleischbällchen.

Mate gemischt mit Sekt: Klingt nicht unbedingt nach hoher Mixkunst, doch in der Einfachheit liegt das Erfolgsgeheimnis des prickelnd-herben Wachmachers, der dank des Spritz-Trends auch außerhalb der Clubszene zunehmend heimisch wird. Junge Gastronomen stricken um den Crowdpleaser herum sogar ein ganzes Business und machen den Mate Spritz zu „Everybody’s Darling“.

Text: Annika Schönstädt

Zufall oder Vorbestimmung? Als Club-Mate im Jahr 1924 erstmals auf den Markt kam, wurde der koffeinhaltige Eistee aus Blättern des südamerikanischen Mate-Strauchs zunächst unter dem Namen Sekt Bronte verkauft. Die Umbenennung erfolgte in den 1990er-Jahren mit der Übernahme durch die Brauerei Loscher, doch nur kurze Zeit später erlebte die Verbindung zwischen Sekt und Mate eine Wiederauferstehung. Dieses Mal als Drink, dessen Erfolg untrennbar mit der Kultwerdung der Hacker- und Hipsterbrause verbunden ist. Koffein zum Wachbleiben, Alkohol und Perlage für den Kreislauf: Sekt Mate wurde das Getränk der Wahl für alle, die mehr vorhaben, und ist längst ein moderner Klassiker.

Die anhaltende Beliebtheit des Mixgetränkes machen sich große Marken zunutze, um ihr Produkt zu bewerben. Kleine Produzentinnen und Produzenten hingegen setzten zuletzt auf fertige Mischungen, die sich die lokale Szeneverbundenheit zunutze machen. Auf der Webseite von Mumm Sekt beispielsweise findet sich ein Rezept für einen Soul Mate. Ein klassischer Sekt Mate im Verhältnis 1:1, der den süßlich-bitteren Geschmack der Limonade wahlweise mit einem trockenen oder fruchtigen Schaumwein kombiniert. Red Bull featured seine Organics-Linie mit einem Mate Spritz, für den 10 cl Prosecco in einem Weinglas mit der hauseigenen Version aufgegossen und dann mit Minze garniert werden. „Der hohe Koffeininhalt der Mate und prickelnder Sekt ergeben einen sehr lässigen Drink mit wenig Alkohol, der wie ein Espresso Martini wach macht und einen guten Start in den Abend oder die Nacht verspricht“, sagt Sigrid Bachert, Geschäftsführerin von Thomas Henry, über den Einsatz von Mate Mate aus dem eigenen Portfolio.

„DER GLAMOURÖSE TOUCH“

Sekt mit Mate sei ein „Lebensgefühl in der Flasche“, findet Felix von Einem, der gemeinsam mit drei Geschäftspartnern seit Anfang 2023 den fertig gemixten Mate Spritz in die Flasche bringt. Hervorgegangen ist die Unternehmung in Köln aus der Freundschaft der Band Bukahara mit den Gründern der Surf Community „surft. kologne“. Gemeinsame Partys, WG-Abende, Raves, im Backstage-Bereich – Sekt Mate sei immer der favorisierte Drink gewesen. „Zum Daydrinking, für den Start in den Abend oder für die Momente in der Nacht, wenn es eigentlich schon Zeit ist, nach Hause zu gehen“, so Tour-Manager von Einem. Sekt Mate sei eine stilvolle Alternative zu Wodka Energy: „Das Knallen des Sektkorkens sorgt für den glamourösen Touch.“

Gemixt wurde zu diesen Gelegenheiten, was an Mate und Sekt gerade da war, so Felix von Einem. Der Drink sei unkompliziert, entscheidender als bestimmte Marken seien das Koffein und der SektSchwipps. Weil die Hausmischung aufgrund der Schaumbildung immer mit viel Schankverlust einherging, überlegte er mit seinen Co-Gründern, wie eine professionelle Lösung aussehen könnte. „Wir wollten eine Mischung mit einer gewissen Süße, süffig, nicht zu kantig, ein Everybody’s Darling“, so von Einem über die Testphase. „Trotzdem mit einer intensiven Mate-Note, nicht zu limonadig, nicht zu sauer.“ Gefunden wurde diese Kombination in einer Mischung aus deutschem Qualitätswein und einer Mate-Limonade, die mit Wasser aus einer Quelle bei Köln in Handarbeit zu Mate Spritz wird und in Kooperation mit einer Lohnabfüllung den Weg in blau-gelbrosa gelabelte Flaschen findet.

„ES

GEHT UMS GEFÜHL“

Bar „Spritz“ am Kölner Barbarossaplatz: Mate Spritz aus der Flasche und vom Fass.

Fertig gemixter Mate Spritz aus Köln vom Team der Bar „Spritz“ (auch unten).

Den Mate Spritz von Felix von Einem und seinem Team gibt es aber nicht nur in der Flasche bei Partys und Musikveranstaltungen im Raum Köln, sondern seit Sommer 2023 auch vom Fass mit einem Hauch Limette in der eigenen Bar „Spritz“ am Barbarossaplatz, im Süden der Stadt. Die Nachfrage sei groß und allein von Kölsch übertroffen. „Bei uns wird das viel bestellt. Sogar meine Mutter ist Fan“, sagt von Einem. Dass Sekt Mate in einer Bar so prominent platziert wird, ist aber eher eine Seltenheit. Ebenso wie der artverwandte Wodka Energy erfreut sich der Drink bei Bartendern nicht immer allzu großer Beliebtheit. In den in der Branche renommierten Difford’s Guide „für anspruchsvolle Trinker“, der jährlich die Top 100 der angesagtesten Cocktails kürt, hat es die Kombination als Spritz Maté mit Mate, Prosecco, Sodawasser und bittersüßem Orangen-Aperitif immerhin in Form eines Community-Rezepts geschafft.

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DAS LÄUFT!

Welche gastronomischen Konzepte und Angebote funktionieren aktuell am besten? Gastronomen und Berater geben Tipps.

Interviews: Barbara Becker

„ENTSCHEIDEND SIND POSITIONIERUNG UND KOMMUNIKATION.“

TIM PLASSE

GASTRONOM UND CONSULTANT

„Es gibt eine klare Entwicklung hin zu sehr fokussierten, produktbezogenen Konzepten im Fast-Casual-Format. Der Grund liegt in den weniger komplexen und daher effizienteren operativen Strukturen und somit einem höheren Profit. Das zeigen Formate wie Frittenwerk, Madame Croissant oder auch Mangal Döner. Im Beverage-Bereich scheint die Nachfrage nach Cafés immer größer zu werden. Sehr instagramable Looks mit hippen Produkten wie Cruffins oder Burnt Cheesecake sind im Trend. Das unendliche Thema Wein ist noch lange nicht ausgereizt. Immer mehr Weinbars eignen sich als Casual After-WorkTreffpunkte. Ihr Vorteil: Leichtere Getränke als Cocktails und unkomplizierter als ein Dinner-Date.

Zwei Faktoren sind heutzutage entscheidend: Positionierung und Kommunikation. Bei der Positionierung ist eine Entwicklung zu Premium erkennbar – quer durch alle Segmente und Produktgruppen, ob Pommes, Döner, Pizza oder Burger. Gäste gehen seltener in die Gastronomie. Wenn aber gegessen wird, muss es einen Mehrwert bieten und etwas Besonderes sein. Bei der Kommunikation hat die Bedeutung von Online-Marketing und Marke weiter zugenommen. Hier macht die Kooperation und Zusammenarbeit mit Content Creators den Unterscheid: Mit der Fanbase können plötzlich Hypes rund um F&B-Konzepte entstehen, wie bei Goldies Burger oder den von der Plattform Lanch gelaunchten Marken Happy Slice und Loco Chicken.“

„DIE GÄSTE WÜNSCHEN SICH ENTERTAINMENT.“

SWEN SCHMIDT MEHRFACHGASTRONOM BLISS GROUP

„Wir beobachten den Markt und seine Trends grundsätzlich genau und sehen die Tendenz in der hochpreisigen Gastronomie dahingehend, dass nur reines Essen gehen immer weniger gefragt ist. Die Gäste erwarten bei höheren Preisen auch immer etwas Entertainment. Formate wie unsere Stories Pop-Up-Kitchen, die genau so etwas bieten, laufen dann aber sehr gut.

Außerdem muss man das Restaurantkonzept immer mal wieder nachjustieren, wenn man am Puls der Zeit bleiben will. Wir sind jetzt im neunten Jahr mit unserem Restaurant & Bar NEO in Heidelberg und positionieren uns regelmäßig neu, testen Verschiedenes gerne mal aus. Outdoor Essen und Trinken zum Beispiel wünschen sich die meisten Gäste nicht erst seit der Pandemie – deshalb haben wir einen riesigen Garten mit Lounge-Area hinzugebaut. Auch ist das Thema Healthy oder Functional Food ein wichtiges. Essen muss nicht mehr nur schmecken, sondern sollte auch gesund sein. Gewisse LifestyleProdukte dürfen da nicht fehlen.

„BUNDLES AUS SPEISEN UND GETRÄNKEN WERDEN NACHGEFRAGT.“

TORSTEN PETERSEN VORSTAND CONCEPT FAMILY

„Derzeit beobachten wir, dass neue gastronomische Konzepte sowie Konzepte mit Fokus auf gesunde Küche besonders gut bei den Gästen ankommen. Ein herausragender Trend ist dabei die Küche des östlichen Mittelmeers, die Levante-Küche. Auch die asiatische FusionKüche erfreut sich weiterhin großer Beliebtheit. Nach wie vor ist auch die deutsche Küche sehr gefragt, wobei wir hier einen zunehmenden Trend zu vegetarischen und veganen Angeboten beobachten.

Ein weiteres erfolgreiches Konzept ist die Kombination von Gastronomie und Freizeitaktivitäten, wie beispielsweise bei Konzepten, die Entertainment, Sport und Gastronomie kombinieren. Dabei wird gutes Essen und Trinken mit spielerischen Elementen verbunden, was besonders Familien und jüngere Gäste anspricht. Auch bei Frühstück und Brunch erleben wir einen Boom, da immer mehr Menschen diese Mahlzeiten als entspannte, soziale Events schätzen.

Seit der Pandemie hat sich das Nachfrageverhalten der Gäste allgemein verschlechtert. Es gibt nur wenige Ausnahmen, wo es nicht auffällig ist. Grundsätzlich merken wir im Daily Business deshalb, dass man das Angebot „kleinpreisiger“ beziehungsweise das Preisgefüge breiter aufstellen muss, um Gäste nicht zu verlieren.“

Die Gäste haben heutzutage hohe Anforderungen an das Preis-Leistungs-Verhältnis. Es wird zunehmend nach Bundles aus Speisen und Getränken gefragt. Vegetarische und vegane Optionen stehen ebenfalls hoch im Kurs. Gäste legen großen Wert auf gesunde Produkte und eine Ernährung, die ihre gesundheitlichen Bedürfnisse und ethischen Überzeugungen widerspiegelt. Ein weiterer bedeutender Trend ist das wachsende Bewusstsein für alkoholreduzierte oder alkoholfreie Getränke. Immer mehr Menschen suchen nach Alternativen zu herkömmlichen alkoholischen Getränken, sei es aus gesundheitlichen Gründen oder aufgrund eines veränderten Lebensstils.“

Frieda Lekscha alias Geeske in ihrem Borkumer Strandrestaurant, in dem die selbstentwickelte GetränkeRange „Mointz“ zu den Bestsellern gehört.

REIF FÜR DIE INSEL

Einst Urlaubsort, dann Sehnsuchtsort, jetzt Arbeitsort: Frieda Lekscha hat auf Borkum ihren ganz eigenen Weg gefunden, sich selbst, die Urlauber und die Insulaner gleichermaßen glücklich zu machen.

Auf Borkum ist sie die Geeske: Dabei heißt sie eigentlich Frieda – noch eigentlicher Friederike, aber das erfährt nur, wer auf der Website von „Geeske & der swarte Roelf“ ins Impressum schaut. Doch egal, ob unter ihrem friesischen Alias oder unter ihrem Geburtsnamen – Frieda Lekscha und das nach einer Piratenlegende benannte Restaurant an der Promenade des Borkumer Weststrands gehören seit fünf Jahren zum gastronomischen Inventar der ostfriesischen Insel. Die Location – atmosphärisch eingerichtet mit Vintagemöbeln und maritimen Erinnerungsstücken aus dem Borkumer Heimatmuseum – ist ein Traum: in der historischen Wandelhalle direkt am Musikpavillon, die XXL-Fenster mit Blick auf die berühmte Seehundsandbank, dahinter die endlose Nordsee. Hier kommt wirklich jeder Borkum-Urlauber vorbei, die Restaurants reihen sich aneinander, die Flanierenden haben die Auswahl. An warmen Sommertagen ist jeder Platz besetzt.

Für Frieda ein Sehnsuchtsort, den sie bereits ihr ganzes Leben lang kennt und liebt. „Schon als Kind habe ich jeden Sommer drei Wochen mit meinen Eltern auf Borkum verbracht“, erzählt die 33-Jährige beim Sundowner auf der Terrasse. Aufgewachsen im nordrhein-westfälischen Remscheid, war der Inselurlaub in Ostfriesland, rund vier Autostunden vom Fähranleger in Emden entfernt, eine Frage der Tradition: „Bei uns gibt es nicht nur die Rivalität zwischen Schalke und dem BVB, sondern auch zwischen den Familien, die seit Generationen nach Borkum reisten, und denjeni-

gen, die es jedes Jahr nach Norderney zog. Ein Besuch auf der jeweils anderen Insel kam nicht in Frage.“

DRUCK AUF DEM KESSEL

Auch Frieda hat Borkum nie losgelassen, wurde zur zweiten Heimat mit großem Freundeskreis, den sie auch während des Studiums des Tourismus-, Hotel- und Eventmanagements in Iserlohn regelmäßig besuchte. Später führten sie ihre gastronomischen Wanderjahre je nach Saison auch nach Spanien, in die Schweiz zum Après-Ski oder auf das Oktoberfest. „Es zieht mich meistens dorthin, wo viele Leute gemeinsam Spaß haben. Wenn Druck auf dem Kessel ist, laufe ich zu Hochform auf. Ich liebe es, zu improvisieren. Und irgendein Problem gibt es immer zu lösen“, beschreibt die Unternehmerin sich selbst. „Dann gehe ich abends glücklich ins Bett.“

Bis mitten in ihren turbulenten Alltag der Anruf eines Freundes platzte, der ihr von der freiwerdenden Gastronomiefläche an der Borkumer Promenade erzählte. Die Stadt als Verpächterin wünsche sich ein junges Konzept, das nachwachsende Urlaubergenerationen ansprechen und diese an die Insel binden solle. Ob sie nicht Lust habe…? Sie hatte – trotz einiger Zweifel: Kann ich das? Ist das nicht zu groß? „Aber ich mag Wettbewerb, schrieb also ein Konzept und bewarb mich ohne Erwartungen“, blickt sie zurück. Als dann im Januar 2019 völlig überraschend die Zusage kam, >

COOK IT!

Die Methode des Agavenkochens – hier im Autoklav – hat großen Einfluss auf das aromatische Endergebnis beim Tequila.

Das „Kochen“ der Agavenherzen ist der vielleicht wichtigste Aromageber bei der Tequila-Produktion . Dennoch kommt dem Schritt häufig wenig Beachtung zu. Wir werfen einen genauen Blick auf die unterschiedlichen Varianten und ihre stilprägenden Unterschiede.

Text: Helmut Barro

Es ist ein Spannungsfeld, das bei allen Spirituosengattungen besteht, und bei den meisten Genussmitteln – die Entscheidung, ob man als Hersteller traditionell arbeitet, oder sich von den Segnungen der modernen Technik helfen lässt. Handarbeit oder Maschine? Zeitinvestition oder Effizienz? Altes Wissen oder neue Inspiration? Wie immer gibt es für jede Position gute Argumente. Kaum eine Spirituose ist dabei allerdings gerade dermaßen unter Erklärungsdruck wie Tequila – die Fronten zwischen ultraorthodoxen Produzenten, die so arbeiten wie vor 300 Jahren, und den die Moderne annehmenden Vollindustrialisierten, sind hart und übertragen sich auch auf Konsumenten und Kenner. Um jedem zu ermöglichen, sich selbst ein Bild zu machen, picken wir uns heute einen Aspekt der Tequila-Herstellung heraus, der oft unterrepräsentiert bleibt, aber für das endgültige Geschmacksbild nach der Qualität der Agavenpflanze selbst einer der wichtigsten ist: das „Kochen“.

Um zu klären, warum wir das Wort in Anführungszeichen setzen, müssen wir ein paar chemische Grundbegriffe einführen. Aber keine Angst, es hält sich in Grenzen. Bei vielen Spirituosen ist das Basismaterial einfach verarbeitbar, es bietet direkt Zuckerformen an, die in der Fermentation von Hefen zu Alkohol verarbeitet werden können. Die Agave ist da komplizierter – ihre Zucker sind in langen Polysaccharid-Ketten wie Inulin gebunden, die zunächst in Monosaccharide wie Fructose und Glucose aufgebrochen werden müssen. Der Prozess nennt sich im Fachsprech Saccharifikation oder Verzuckerung, und geschieht meist durch Hydrolyse. Der einfachste Weg, diese Hydrolyse durchzuführen, ist das Erhitzen der Frucht; im Tequila wird dieser Schritt eben „Kochen“ genannt, man wird sehen, warum. Hier führen wir wieder die Spannung zwischen Tradition und Industrialisierung an und blicken auf vier Arten, wie dieser Vorgang aktuell bei Produzenten durchgeführt wird.

VON RAUCHIG ZU ERDIG

Wir beginnen bei der einfachsten, rudimentärsten Technik – dem Erdofen, in manchen Regionen Mexikos „barranco“ genannt. Er wird für Tequila heutzutage nur noch sehr selten eingesetzt, ist aber zum Beispiel für Mezcal auch heute das unbestrittene Mittel der Wahl. Die Agavenherzen werden dabei zusammen mit erhitzten Steinen und Holz- oder Holzkohlefeuer in einem Erdloch vergraben, so dass ein Hügel entsteht. Zwischenschichten aus feuchten Agavefibern, Bananenbaumblättern oder Stoff verhindern das Anbrennen und die Kontamination mit Erde. Bis zu einer Woche rösten die Agaven darin vor sich hin. Die Nachteile sind klar – so ein Konstrukt ist sehr arbeitsaufwändig, es erfordert harte, manuelle Arbeit, die Wartezeit ist lang und das ganze Vorgehen nicht wirklich CO2-freundlich. Dafür bekommt man Aromen, die aus dem Röstfeuer übertragen werden − die Agaven erhalten einen dezidiert rauchigen Ton, der für Tequila nicht unbedingt erwartbar ist. Siembra Valles Ancestral ist einer der wenigen modernen Tequilas, die sich dieser Methode bedienen.

Die erste Modernisierung dieser Technik ist seit Anfang des 20. Jahrhunderts der Steinofen, bezeichnet als Horno. Hier verändert sich nicht nur die Position, sondern auch die Art des Erhitzens – statt einer Röstung wird nun mit heißem Dampf gearbeitet, die Agavenherzen werden also eigentlich eher gedämpft, doch der Begriff des >

Ein (leicht abstraktes)

nach KI-Vorstellungen:

Whiskey-Idyll
American Whiskey im Aufbruch zwischen Tradition und Moderne.

American Whiskey

bietet die traditionell größte Vielfalt an verschiedenen Spielarten –und entwickelt sich dennoch stetig weiter.

Text: Tim Allgaier

Ganze 35 verschiedene offizielle Kategorien von Whiskey gibt es in den USA. Die allermeisten davon spielen bei uns keine besondere Rolle: Oder haben Sie schon einmal „Blended Corn Whiskey“ oder „Light Whiskey“ im Spirituosenregal gesehen? Eine größere Rolle spielt da in der Klassifikation des „Alcohol and Tobacco Tax and Trade Bureau“ (TTB) schon das unscheinbare Wörtchen „straight“, das für alle Whisky-Spielarten mindestens zwei Jahre Reifung vorsieht – bis auf die Ausnahme des „Straight Corn Whisky“ sind dabei auch immer neue Eichenfässer vorgeschrieben. In der Realität sind die Produkte, die wir trinken, in aller Regel älter, denn in der EU beträgt das Mindestalter drei Jahre, um als Whisk(e)y verkauft zu werden.

Es zeigt aber, welche Vielfalt das amerikanische Recht für Whiskey und die diversen charakteristischen Getreidesorten wie Roggen für Rye Whiskey oder Mais für Bourbon kennt, und wie schwer es sein kann, da als unbedarfter Verbraucher durchzublicken. Hypothetisches Beispiel: Eine in den USA verkaufte Flasche, die keine weiteren Informationen als das Wort „Bourbon“ preisgibt, könnte auch ein Destillat beinhalten, das nur einen Tag im Fass gelegen hat. Bourbon ohne den Zusatz „straight“ findet man daher bei uns de facto gar nicht. Bald dürfte sogar eine 36. Kategorie hinzukommen, die bereits jetzt – ohne jegliche Nennung im Kategorienkatalog – eine größere Rolle spielt als die meisten anderen, doch dazu später mehr.

TRINKKULTUR AUCH JENSEITS DES TEICHS

American Whiskey ist schon immer eine der wichtigen Größen für die Bar und hat die Cocktailkultur entscheidend geprägt. Der roggenlastige Rye Whiskey, wie er auch in Kanada beheimatet ist, steht für die Ursprünge der Trinkkultur und ist Bestandteil unzähliger Cocktailklassiker wie Manhattan, Sazerac oder Vieux Carré. Der „distinguiertere“ Bourbon wurde erst etwas später en vogue, reihte sich aber in der Gunst der Bartender nahtlos ein. Dass das heute noch genauso gilt, zeigt sich etwa daran, dass sich auf dem diesjährigen „Bar Symposium Cologne“ ein Tasting Panel der American Whiskey-Vielfalt widmete und für neue Inspiration bei der wissbegierigen Barcommunity sorgte.

Teil der Verkostung waren auch „American Whiskey-artige“ Produkte von Brennereien aus Europa, die sich vom amerikanischen Stil inspirieren ließen und besonders hinter den Tresen des Landes viele Fürsprecher für ihre Machart fanden. Exemplarisch zu nennen sind hier etwa die Spreewälder Marke Stork Club, die kürzlich mit dem „House of Rye“ ein Brand Home in der Hauptstadt samt Mini-Destille und Fasslager eröffnete, oder die finnische Marke Kyrö, die mit ihrer neuen Core Range ein spannendes Portfolio für die Gastro bereitstellt (siehe auch unsere „Whisky Worldwide“-Story in fizzz #05). Auffällig ist, dass beide sich voll und ganz dem Roggen als Rohstoff und somit der uralten Tradition des American Whiskey verschrieben haben. Gerade dieser Fokus auf regionales Getreide und eine eigene Identität, gepaart mit kosmopolitischem Spirit, dient als gutes Argument für die EU-Brenner, deren Qualität sich nicht hinter der aus den USA zu verstecken braucht.

MEIN NAME IST BOND: BOTTLED-IN-BOND

Doch nicht nur bei uns, auch im Heimatland selbst, liegt der Roggen im Trend und findet wieder mehr Fans und Brennereien, die stärker auf Rye und generell traditionelle Macharten setzen. Auf mehr und mehr Premium-Produkten findet man mittlerweile auch den Zusatz

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