HAFERKATER
Warum die Investoren raus müssen
BAR-SPECIAL BERLIN
Die besten neuen Cocktail-Spots
WODKA
Charaktervolles Wässerchen
HAFERKATER
Warum die Investoren raus müssen
Die besten neuen Cocktail-Spots
WODKA
Charaktervolles Wässerchen
08 Shortcuts
10 Citycheck
Neueröffnungen aus Leipzig
12 Opening authentikka, Hamburg; Glorious Bastards, Konstanz
14 Bar-Special Berlin
Ob zum Bar Convent Berlin oder beim individuellen Inspirationstrip: Wir präsentieren die besten neuen Bartipps aus der Hauptstadt.
20 BCB Preview
Ausgewählte Highlights des diesjährigen Gipfeltreffens der Bar- und Spirituosenszene.
24 Sip the City!
Wie Lennart Geist in seiner Karlsruher Bar „The Door“ Regionalität und Nachhaltigkeit umsetzt.
26 Der Haferkater-Weg
Investoren raus, Verantwortungseigentum rein.
up
28 Philipp Fröhlich, München
Eine Erfolgsgeschichte rund um Daydrinking, Aperitif-Künste, Niveau und Gastfreundschaft.
32 Rum an der Bar
Beliebt von der Sparten-Bar bis zum High-Volume-Club. Plus: Rum-News.
36 Weinbrand & Brandy
Neuigkeiten von den geistreichen Trauben.
40 Wodka
Wodka als Genussgetränk – darauf kommt’s an.
46 Energy-Drinks
Ein Markt mit starken Brands und variantenreichem Angebot.
48 Spülmaschinen
Ein Update mit vielen technischen Innovationen.
50 Best of ISW 2024
Die besten Rums aus dem ISW 2024.
Ob zum Bar Convent Berlin oder beim individuellen Inspirationstrip in die Hauptstadt: Diese Locations – neu oder neu inszeniert – können wir kühlstens empfehlen. Text: Jan-Peter Wulf
Mehr Speakeasy geht fast nicht: Wer ins „Himitsu“ will, muss erstmal ins Einkaufszentrum „The Playce“ am Potsdamer Platz gehen, dann hinein in die Foodhall „Manifesto“ und dann … tja, wohin dann? Kleiner Tipp: auf Manga-Bilder und eine rote Lampe achten! Und vorher reservieren, denn sonst könnte es bei nur 25 Plätzen schwierig werden mit dem Einlass. Gastgeber Diego Aspra (siehe Bild oben), zuvor Barchef in der „Bar Franzotti“, ist als Mexikaner natürlich Agaven-Fan und -Kenner und es gibt auch den einen oder anderen Tequila und Mezcal hier, doch der Schwerpunkt liegt auf Japan. So finden sich auf der Karte Mizuwari-Highballs und Cocktails, die in Kame-Tontöpfen lagern und reifen. Die hohen Gefäße wurden eigens aus Okinawa herbei geschifft. Geheimtipp: Sollte jemand partout keinen Drink auf der Karte finden (oder alles schon kennen): Es gibt auf Anfrage eine zweite Karte. Aber von uns haben Sie die Info nicht! www.instagram.com/himitsu.speakeasy
Seit diesem Jahr wird die „Lang Bar“ im Berliner Waldorf Astoria von Stilian Laufer betrieben, der wahrlich kein Unbekannter im Gastro-Business der Stadt ist: die „Lützow Bar“, die „Vesper Bar“, die Leitung des ehemaligen Clubs „40seconds“ und die Mitentwicklung des Konzepts für dessen Nachfolger, das heutige Sternerestaurant „Golvet“, das ehemalige Restaurant „MQ“ – Laufer hat seine Spuren in Berlin hinterlassen. Auf der neuen Karte der „Lang Bar“ finden sich neben unkomplizierten Klassikern vom Pornstar Martini über den Anti-Stress Negroni bis zum Oaxaca Old Fashioned mit Mezcal und Tequila auch diverse Spritz-Varianten. Auch bestellbar: ganze Flaschen mit Fillern oder – Caramba – ein „Papi Board“ mit fünf Tequilas mit Chilis und Limetten. Laufer gab zum Start der diesjährigen Außensaison auch der Dachterrasse neuen Schwung, als „Serenity Rooftop“ in Kooperation mit einer Champagnermarke und DJ-Sets am Wochenende. www.instagram.com/langbar_berlin
... Verantwortungseigentum rein. Das Gastronomie-Unternehmen Haferkater geht einen in der deutschen Gastronomie bislang beispiellosen Weg und gehört sich fortan wieder selbst.
Interview: Jan-Peter Wulf
27 Standorte, davon 9 Eigenbetriebe und 18 im Franchise, 120 eigene Mitarbeitende und insgesamt ca. 270 Beschäftigte, ein Umsatz von 11,3 Millionen Euro und eine Prognose von 17 Millionen für 2025: Bei Haferkater aus Berlin stehen die Zeichen auf Wachstum.
Und was machen die Gründer Anna Schubert, Leandro Burguete und Levin Siert? Kaufen den Investoren die Anteile wieder ab und übertragen ihr Unternehmen ins Verantwortungseigentum, was einen zukünftigen Firmenverkauf unmöglich macht. Wir sprachen mit Gründerin und Geschäftsführerin Anna Schubert über diesen ungewöhnlichen Schritt und was dieser für das Unternehmen bedeutet.
Anna, wie kam es dazu, dass Ihr Euch für das Verantwortungseigentum entschieden habt? Anna Schubert: Es ist gelebte Konsequenz: Mit Haferkater wollen wir ein Unternehmen aufbauen, das Gastronomie anders denkt und nachhaltiger arbeitet. Mit der Zeit wurde uns bewusst, dass dieses Ziel ehrlicherweise nicht vereinbar ist mit einem Verkauf des Unternehmens. Wir können nicht den Eindruck vermitteln, dass wir alle zusammen an einem Strang ziehen und gleichzeitig aus persönlichen finanziellen Interessen die Firma und die Menschen, die darin arbeiten, an Dritte veräußern. Verantwortungseigentum ermöglicht uns also einerseits, die Werte von
Haferkater langfristig zu sichern, indem das Unternehmen unverkäuflich wird, und andererseits bleibt dadurch das Unternehmen bei den Menschen, die es aufgebaut haben. Im Verantwortungseigentum kann die Mehrheit der Stimmrechte nur von Menschen gehalten werden, die im Unternehmen arbeiten.
Ich stelle mir das im wahrsten Sinne des Wortes spannend vor: Da hat man zwei Investoren im Boot, die zusammen immerhin mit einem knappen Drittel beteiligt sind bzw. waren, Katjes Greenfood mit 25%, Zentis Ventures mit 6%, und denen sagt Ihr dann: Wir wollen, dass ihr raus geht.
Anna Schubert: Es war ja kein Geschenk. Sie haben mit uns gutes Geld verdient. Katjes etwa ist schon zu einer sehr frühen Phase eingestiegen, seitdem hat sich Haferkater sehr entwickelt. Wir sind in regelmäßigem Austausch, sie waren bei uns im Beirat, es war wahrscheinlich keine große Überraschung für sie, dass wir unsere Werte sichern wollen. Schließlich ist das Prinzip der Nachhaltigkeit schon immer einer unserer Grundpfeiler gewesen. Aber je größer die Firma und je bes-
ser die Bewertung wird, desto schwieriger wird es, Investoren auszulösen. Deswegen war es für uns nun der richtige Zeitpunkt, sodass es noch bezahlbar ist.
Ihr kauft eure Investoren mit 3,5 Millionen Euro raus. Und veranschlagt 1,5 Millionen für Wachstum und kommende Standorte. Das Geld dafür kommt zum einen aus der Crowd, jeder konnte in Haferkater investieren und erhält, wenn alles gut läuft, nach sieben Jahren Laufzeit 8,5% Zinsen. Damit habt ihr 3,5 Millionen Euro eingesammelt. 1,5 weitere Millionen kommen von Investoren aus der Gruppe „Purpose Ventures“. Wer sind sie und was unterscheidet sie von herkömmlichen Investoren?
Anna Schubert: Es sind Einzelpersonen oder kleinere Firmen, die Unternehmen stärken wollen, die ins Verantwortungseigentum gehen. Was sie aus dem Unternehmen rausholen können, ist gedeckelt, und es darf auch nur Geld aus dem Gewinn ausgelöst werden.
Und was bekommt ihr als Gründer?
Anna Schubert: Eine Gründerkompensation, die allerdings ebenfalls gedeckelt ist und auch erst nach den Purpose-Investoren aus-
gezahlt wird. Es kann also sein, dass wir in einigen Jahren etwas bekommen, vielleicht aber auch nicht.
Ihr seid ja ein systemgastronomischer Franchisebetrieb. Wie geht das denn mit dem neuen Modell zusammen?
Anna Schubert: Das Verantwortungseigentum betrifft nur die Haferkater GmbH. Die Franchisebetriebe haben ihre eigenen Firmenstatuten. Das ist kartellrechtlich geregelt, wir können uns da gar nicht einmischen. Allerdings haben wir den Franchisepartner:innen unser komplexes Finanzierungsvorhaben nahegebracht und erklärt, warum wir das alles machen. Und sie finden es toll! Die Crowdfunding-Kampagne wurde in hohem Maße über die Stores getragen, indem sie mit Plakaten, Stickern und Flyern dazu aufgerufen haben, in Haferkater zu investieren.
Eure Franchisepartner stehen also dahinter.
Anna Schubert: Ja. Sowohl für die Teams als auch für die Franchisepartner:innen ist es gut zu wissen, dass wir Haferkater nicht nächstes Jahr an irgendwen verkaufen. Es gibt ihnen eine relative Sicherheit, dass es konstant so weiterläuft wie jetzt. Wenn ein Franchisesystem verkauft wird, dann erwartet der Käufer signifikante Ertragssteigerungen und diese gehen in der Regel zulasten der Franchisepartner:innen: Die Gebühren steigen oder die Partner:innen werden dazu gebracht, Filialen zu eröffnen, die ein höheres Risiko bergen. Wir erhalten durch das Verantwortungseigentum den Ist-Zustand. Das, wofür wir tagtäglich arbeiten.
Ist es auch eine Qualitätssicherung für den Gast? Durch Vervielfältigung oder gar Verkauf verändert sich die Qualität mitunter ja schon.
Anna Schubert: Verantwortungseigentum sichert, dass niemand Haferkater kaufen kann, der dann sagt: Die Qualität ist mir egal, solange die Gäste dafür zahlen und wiederkommen. Wie erwähnt führt der Verkauf eines Unternehmens zu höheren Renditeerwartungen und der schnellste Weg dahin ist: Preise oder Gebühren hoch, Wareneinsatz runter. In der neuen Unternehmensform von Haferkater gibt es keine Gesellschafter mehr, die persönlich reicher werden, wenn das Unter-
Das Haferkater-Trio Leandro Burguete, Levin Siert und Anna Schubert
WAS IST VERANTWORTUNGSEIGENTUM?
Bei diesem Unternehmensmodell liegen die Kontrolle und die Gewinne eines Unternehmens in den Händen von Personen, die langfristig am Wohl des Unternehmens und dessen gesellschaftlicher Wirkung interessiert sind, statt – wie bei herkömmlichen Eigentums- und Kapitalbeteiligungsmodellen – Gewinne zu maximieren bzw. Renditeziele zu verfolgen. Verantwortungseigentümer sind häufig stärker an der Mission und den (u.a. ökologischen und sozialen) Werten des Unternehmens ausgerichtet, was einer konsistenten Unternehmensführung und -kultur zuträglich ist. Große Unternehmen wie Zeiss, Bosch oder ZF Friedrichshafen befinden sich schon seit Jahrzehnten in Verantwortungseigentum, ebenso die Outdoor-Marke Patagonia, der Bio-Lebensmittelhändler Alnatura oder der Kondom-Hersteller Einhorn. In Deutschland ist die Stiftung Verantwortungseigentum die zentrale Orientierungshilfe für Unternehmen, die diesen Weg gehen wollen. Stand heute sind es bereits rund 250, die sich für dieses Modell entschieden haben.
www.stiftung-verantwortungseigentum.de
nehmen mehr Gewinne erreicht. Dadurch gehen wir das Problem an der Wurzel an: Wir nehmen Haferkater einfach den Grund, so vorzugehen.
Aber was ändert, was tut ihr jetzt eigentlich, wenn Haferkater ins Verantwortungseigentum übergeht?
Anna Schubert: Das fragen wir uns auch (lacht). Dadurch, dass es ein Stiftungsmodell ist, welches du dir ein Stück weit selbst baust, ist vieles möglich. Das regelt man alles über die Statuten und den Gesellschaftervertrag. Es gibt zwar Rahmenbedingungen, zum Beispiel müssen 51% der Verantwortungseigentümer aus dem Unternehmen kommen. Doch gleichzeitig ist es erwünscht, Externe reinzuholen. Theoretisch kann sich jeder bewerben, der Lust hat, sich in Haferkater einzubringen. In diesem Zuge beschäftigen wir uns gerade mit Fragen wie: Setzen wir eine Wahlperiode ein? Jährlich, alle drei Jahre, alle fünf? Wer entscheidet darüber, wer reinkommt und wer rausgeht? Wir wollen auf jeden Fall dazu motivieren, Verantwortung für Haferkater mitzutragen. i Mehr Informationen: www.haferkater.com
Der harte Alkohol hat schon mal bessere Zeiten gesehen. Philipp Fröhlich hat mit „Trisoux“ und „Cœur“ zwei Bars in München geschaffen, in denen sich hohe Mixkunst an die Ansprüche der Zeit anpasst. Der simple Trick: Niveau und Gastfreundschaft.
An der Bar zeigen sich gerade zwei Trends sehr deutlich. Einer ist sehr branchenspezifisch, Der andere sehr allgemein-gesellschaftlich; wahrscheinlich hängen auch beide zusammen. Einmal wird grundsätzlich immer weniger Alkohol getrunken und insbesondere der übermäßige Konsum in der Gastronomie kommt mehr und mehr aus der Mode, selbst in Bayern. Zweitens ist die Barbranche dabei, sich zu öffnen und verwandte Gastro-Typen in ihre Konzepte einzuweben. Auf eine Phase, während der – zugespitzt – alles außer harten Spirituosen und doppelt gefrostetem Eis im Kitsch- und Café-Verdacht stand, folgt derzeit eine Welle kreativer Gastrobar-Konzepte. Und auch verschlossene Türen und Klingeln werden immer seltener.
In diesem Zeitgeist muss man auch das „Cœur“ auffassen, das Philipp Fröhlich Ende 2023 in der Münchner Maxvorstadt eröffnete. Mit den
Pastelltönen, der großen Fensterfassade, der stylischen Espressomaschine, dem Kuchenangebot auf dem Tresen und dem jungen, herzlichen Personal wirkt die Tagesbar so einladend, dass man im ersten Moment nicht unbedingt erwartet, hier versiert Gemixtes zu bekommen. Zumindest nicht, wenn man sich in der Vergangenheit daran gewöhnt hat, dass es die besten Cocktails dort gibt, wo es außer Cocktails eigentlich nichts gibt.
Und mit so einem Laden, in dem es außer Cocktails fast nichts gibt, hat Philipp Fröhlich auch mal angefangen. Seit 2017 ist er Chef des „Trisoux“, das längst zu den besten Bars der Landeshauptstadt gehört. Wie viele Barkeeper fand auch Philipp Fröhlich den Einstieg in die Mixologie eher über die Kneipenszene als über die hochwertige Gastronomie. „Ich bin zum Studium nach München gekommen und habe
Hellwach, vielseitig und gefragt wie nie: Hochwertige Rums präsentieren sich als aufstrebende Kategorie in der Bar- und sogar Clubkultur, die den Allrounder auf jeweils individuelle Weise pflegt und auf den Tresen hebt.
Text: Mia Bavandi, Fotos (Rum Trader): Ben Fuchs
Neben Mai Tai oder einer Piña Colada zählt der Daiquiri Cocktail wohl zu den bekanntesten Drinks auf Rum-Basis. In seiner einfachen Ausspielung basiert der erfrischende kubanische Drink auf weißem Rum. „Wäre auch ein Daiquiri mit Rhum Agricole möglich?“, ist eine Frage, die Simon Bach schon öfter gehört hat. „Das Interesse an und die Kenntnisse über Rum sind gestiegen“, sagt der Inhaber der Kölner „Woods Bar“, die als klassisch ausgerichtete Cocktailbar nicht für die teuersten Rums und Spirituosen bekannt sein will.
„Wir agieren bodenständig und wollen mit unserem Drink-Angebot für alle Gäste – vom Chemiker bis zur alten Dame aus dem Dorf – greifbar sein“, schildert er. Aus eigener Passion fokussieren Bach und sein Team das Zuckerrohr-Destillat im „Woods“. Rund 400 Rums umfasst das im Lager befindliche Portfolio aus diversen Qualitäten, von weiß bis braun, ungelagert bis gelagert, esterreich bis klassisch-leicht, Single-Cask-Abfüllungen, Melasse- oder Rhum Agricole.
„Ungelagerte Rums aus Zuckerrohrsaft bilden für uns den spannendsten Bereich, den wir gerne in Drinks einsetzen, die mittlerweile auch unter Gästen in Schwung geraten sind“, erzählt er. In der stets mit 21 Signature Drinks versehenen Barkarte gibt es sechs Cocktails auf Rum-Basis. Gearbeitet wird allerdings nur mit non-flavouredProdukten. „Natürlich sticht die eine oder andere flavoured Qualität aus dem Gros heraus, aber wir würden sie bei uns in der Kreation nicht zum Thema machen“, erklärt Bach, der als geschäftsführender Gesellschafter auch aktiv in der Bar mitwirkt. Zu vielfältig zeigen sich Aromen und Geschmäcker der Rums in ihrer bloßen Beschaffenheit. Jeder Gast dürfe sich der Beratung zur Drink-Auswahl sicher sein, doch manchmal passe auch der klassische Daiquiri, der bei Gästen des „Woods“ so unvergessen bleibt wie der wiederentdeckte Neo-Klassiker Old Cuban. Zu den Bestsellern der kleinen Cocktailbar mit rund 22 Plätzen und „lieber 22 glücklichen als 30 unglücklichen Gästen“ zählt ein Drink na-
mens „Dschungelbuch“. Darin vermählen sich zweierlei Rums aus Zuckerrohrsaftbasis wie aus Melasse. „Ein Twist auf den Mai Tai, nicht kompliziert, ausgewogen und doch komplex“, sagt Bach, der das kreative Spiel mit den sich in hochwertigen Rums widerspiegelnden Terroirs schätzt und an Gäste weitergeben will.
Eine Hochburg exzellenter und ausgewählter Rum-Editionen findet sich in Sahand Zamanis Bar „Rum Trader“ in Berlin. Die Bar zählt zu den ältesten Cocktailbars Berlins und ist seit ihrer Gründung 1976 durch Hans Schröder auf Rum spezialisiert. „Damals war Rum eine exotische Rarität und hier kaum verfügbar“, überliefert Zamani. 2020 hat er die Bar mit nur zwölf Sitzplätzen von Schröders Nachfolger Gregor Scholl übernommen und diese mit der Erweiterung um eine Terrasse auch im Außenbereich etabliert. Gemeinsam mit seiner Partnerin Charlotte Fedtke hievt er die Geschichte des Hauses in eine neue Ära, ohne das Wesentliche aus den Augen zu verlieren. „Außer einer Flasche Vodka für den Vesper Cocktail, gibt es nur Rum, einige ausgesuchte Brände, Champagner und acht Gins, die es schon vor Jahren gab“, schildern Zamani und Fedtke. Ansonsten zählen Rum-Raritäten, Special Cask-Finished-Editions, Klassiker, Rhum Agricole, in Geschmack und Stärke unterschiedliche Qualitäten aus Haiti, Jamaica, Trinidad, Guatemala, Mauritius oder Indien zu den BarProtagonisten.
Die Inspiration dazu gewinnen sie auf Reise, ergänzend durch den Vertrag mit zwei langjährigen Distributoren und sogar durch Gastgeschenke. „Wir sehen das Potenzial in ganz bestimmten Rums, nicht in Marken, und wir haben das Glück, besondere Sachen zu bekommen und Gästen anbieten zu können“, so Zamani. Auch im „Rum Trader“ sieht man das steigende Interesse von Stammgästen wie auch Touristen
Das von Spirituosen-Aficionados teils belächelte „Wässerchen“ hat durchaus das Zeug zum Genussgetränk. Man muss nur die Fühler ausstrecken und seine Sinne schulen.
Wodka ist eine Spirituose, die zwei Gesichter hat. Nur wenige nennen sie als erste, wenn man fragt, was man gerne so trinkt – da fühlt man sich auch mit viel Selbstbewusstsein schnell mit Folgefragen bezüglich Effekttrinken bedrängt. Man assoziiert das Genusstrinken eben eher mit anderen Kategorien, Whisky im Besonderen, Rum im weiteren und vielleicht sogar Tequila im modernen Umfeld. Dennoch wird Wodka weit und breit im großen Maßstab konsumiert, und zwar nicht nur in den niedrigen Qualitätsstufen. Die Tradition gerade in slawischen Ländern ist dazu lang und tief. Was müssen wir lernen, wenn wir Wodka so würdigen wollen, wie wir das selbstverständlich mit anderen Spirituosen auch tun?
Das große Vorurteil, das wir direkt zu Beginn aufklären sollten, ist wahrscheinlich Hindernis Nummer 1. Ein guter Wodka muss nicht neutral sein, und war es ursprünglich auch nicht. Der Wunsch nach Neutralität stammt aus den USA der 1950er Jahre, in denen Cocktailpartys in Mode kamen und man für den täglichen, nicht unerheblichen Alkoholkonsum etwas suchte, von dem man auch gewisse Mengen trinken konnte, ohne beispielsweise durch Atemgeruch aufzufallen. Die alten amerikanischen Marken wie Smirnoff bewarben ihre Produkte offensiv genau damit. Diese Sichtweise wurde schließlich auch kodifiziert in den US-amerikanischen Richtlinien der TTB-Behörde, bei denen bis heute Wodka in der Kategorie „neutral spirit“ einsortiert ist. Die Marktmacht der amerikanischen Konzerne brachte das Konzept des neutralen Wodkas schließlich auch nach Europa. Viele der bekanntesten Produkte auch in Deutschland, Österreich und der Schweiz orientieren sich immer noch daran.
Wir wollen uns hier aber explizit den Wodkas widmen, die es als aromatische Spirituose durchaus verdient haben, in den Gläsern der Genießer zu landen. Das Marketing von Wodka hat das Problem, dass man eben nicht wie bei anderen Spirituosen mit langen Reifungszeiten, traditionellen Brennverfahren oder einem besonderen Terroir werben kann. Und so greifen auch die, die es besser wissen müssten, immer noch zur Erwähnung der inzwischen fast lächerlich gewordenen Dutzenden oder gar Hunderten von Brennvorgängen, und der Filtrierung mittels esoterischer Materialien. Gewiss haben viele der Filtrationen auch ihren Sinn, oxidative Vorgänge entfernen unerwünschte Eindrücke zu einem gewissen Grad, doch, so ehrlich muss jeder Hersteller sein, letztlich versucht man damit