Games und Business 02/2023

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• Prävention: Mehr Austausch erwünscht Das Unternehmermagazin für die Automatenwirtschaft www.gamesundbusiness.de 15. Januar bis 15. Februar 2023 02 74. Jahrgang Abstände Verstoß gegen Verfassung BA  Fit für neue  Mitarbeiter ICE Business  wieder live Online-Gaming Spielbanken in Sachsen am Start  Generation Y »Et kütt, wie et kütt«
Vernetzung Mehr als Management

Keine Steuererhöhungen!

So etwas kommt selten vor. Eine Steuer wird abgeschafft und Unternehmer bekommen Geld zurück, das sie zuvor an den Staat gezahlt haben. Im konkreten Fall können sich Betreiber von Sportwettbüros freuen. Sie erhalten Geld wieder, das sie in Form einer sogenannten „Wettbürosteuer“ zuvor an Kommunen gezahlt hatten. Das Bundesverwaltungsgericht hat diese erst seit dem Jahr 2014 erhobene Steuer gekippt. Wir berichten in dieser Ausgabe in unserer Rubrik winBiz ausführlich darüber. Rechtsanwalt Dr. Lennart Brüggemann erklärt, was die Betreiber von Sportwettbüros jetzt tun müssen. Sehnsüchtig werden etliche Spielhallenbetreiber auf dieses Urteil schauen. In vielen Städten und Gemeinden quer über Deutschland verteilt ächzen sie unter Vergnügungssteuersätzen, die es in sich haben. Dem Drang der Kommunen, immer weiter an dieser einen Steuerschraube zu drehen, scheinen derzeit keine Grenzen gesetzt zu sein. Dabei befinden sich die Aufstellunternehmer in einer besonders misslichen Lage. Sie leiden – wie andere Unternehmer auch – unter den deutlich gestiegenen Energiekosten, während die Spielpreise staatlich festgesetzt sind. Sie können die Mehrkosten also nicht weitergeben. Wenn dazu noch eine immer höhere Steuerbelastung kommt, werden sie quasi von zwei Seiten in die Zange genommen.

Die Kommunen dürfen deshalb die Steuern nicht noch weiter erhöhen! Schon in ihrem eigenen Interesse. Wenn Aufstellunternehmen nicht mehr wirtschaftlich betrieben werden können und schließen müssen, ist niemandem gedient. Am allerwenigsten dem Spielerschutz, nach dem Politiker und Behörden immer wieder gerne rufen. Wenn legale Spielhallen mit ihren strengen Zutrittskontrollen, dem geschulten Personal und den begrenzten Verlustmöglichkeiten schließen müssen, wandern die Spielgäste in die Illegalität ab. Wer den Spielerschutz fördern will, muss die wirtschaftliche Existenz legaler Spielhallen erhalten.

»Wer den Spielerschutz fördern will, muss die wirtschaftliche Existenz legaler Spielhallen erhalten.«
Februar 2023 Aufschlag
Steffen Hanak, stellv. Chefredakteur hanak@gamesundbusiness.de gamesundbusiness.de · Soziale Medien

Mindestabstände verfassungswidrig

Sind Mindestabstandsgebote verfassungsgemäß? Professor Bernd J. Hartmann von der Universität Osnabrück hat sich mit einem ausführlichen Gutachten mit dieser Frage befasst. Er kommt zu einem klaren Urteil: Mindestabstände sind verfassungswidrig. Wir baten Professor Florian Heinze um eine Analyse aus Branchensicht. 28

»Das meiste rausholen«

Auch in der Automatenbranche gestaltet sich die Personalgewinnung schwierig. Wie sie sich optimieren lässt, um mehr Erfolg zu haben, wurde im ersten Modul des Online-Seminars „Top-Arbeitgeber Spielhalle“ des Bundesverbands Automatenunternehmer besprochen. Referentin war Michèle Grünewald, die für die Personalentwicklung bei der Löwen Gruppe zuständig ist.

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Eine globale Erfahrung

Nach der Pandemie findet die internationale Gaming-Messe ICE zum ersten Mal wieder zu regulären Bedingungen statt und games & business ist dabei. Die Messe in London ist so international wie nie und deckt sowohl terrestrisches Spiel wie auch Online-Gaming ab. Laut Veranstalter wurden schon vor Messebeginn Rekorde gebrochen.

12 Februar 2023 Inhalt Highlights dieser Ausgabe
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Prof. Florian Heinze Michèle Grünewald
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Vernetzung: Mehr als Management

Vernetzungstechnologie ist inzwischen deutlich mehr als nur Geräte-Management zur Optimierung von Umsatz und Gewinn. Vernetzung macht für den Spielgast die Zeit in der Spielhalle komfortabler, erleichtert es deutlich, das Sozialkonzept zu leben und mit den Anforderungen zur Dokumentation von Spielerschutz und Steuer besser fertig zu werden. Und nicht zuletzt muss vernetzt sein, wer die digitale Herausforderung des Online-Wettbewerbs terrestrisch annehmen will. games & business gibt den Überblick über das, was möglich ist.

»Et kütt, wie et kütt«

Junge Unternehmer in der Automatenbranche, bereit, den Familienbetrieb zu führen und in der Verbändelandschaft aktiv. Wie erleben sie als Angehörige der Generation Y den Branchenalltag und was wollen sie ändern? Hanna Eßer von Doppel-Joker aus Grevenbroich hat mit uns darüber gesprochen.

»Wir schaffen das auch«

Als erster staatlicher Akteur gehen die Sächsischen Spielbanken mit einem Angebot an virtuellen Automatenspielen an den Start. CEO Frank Schwarz will zeigen, dass nicht nur privatwirtschaftliche Unternehmen in diesem Bereich Erfolg haben können. games & business war bei der Pressekonferenz zum Start des Online-Angebots der Sächsischen Spielbanken dabei.

13 Februar 2023 Inhalt Highlights dieser Ausgabe
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Hanna Eßer

Vernetzung Mehr als Management

Vernetzungstechnologie ist inzwischen deutlich mehr als nur Geräte-Management zur Optimierung von Umsatz und Gewinn. Vernetzung macht für den Spielgast die Zeit in der Spielhalle komfortabler, erleichtert es deutlich, das Sozialkonzept zu leben und mit den Anforderungen zur Dokumentation von Spielerschutz und Steuer besser fertig zu werden. Und nicht zuletzt muss vernetzt sein, wer die digitale Herausforderung des Online-Wettbewerbs terrestrisch annehmen will. games & business gibt den Überblick über das, was möglich ist.

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34 Februar 2023 Vernetzung

Digitalisierung und Vernetzung sind ganz großen Themen der Gegenwart. Ohne sie geht praktisch nichts mehr, wird uns allen gesagt. Wer sie nicht betreibt, wird abgehängt – ist es vielleicht schon. Und wer sie nicht vorzeigen kann, wird belächelt. Die deutschen Gesundheitsämter, deren Fax-Kultur in der Pandemie öffentlich wurde, sind ein gutes Beispiel dafür.

Wie sieht es damit in der Automatenbranche aus? Alles auf digital kann man da den Eindruck bekommen, wenn man sich so durch die Veröffentlichungen der Hersteller liest. Anders geht das alles gar nicht mehr. Schließlich bieten wir zwar terrestrisches, aber technisch natürlich digitales Spiel. Da geht ohne vernetztes, digitales Management nichts mehr. Allerdings: In einem kürzlichen Gespräch in einer der Konzernzentralen fiel auch der Satz, dass man auf Rundfaxe mit Einladungen zu Veranstaltungen durchaus noch eine beträchtliche Resonanz kriegen würde. Es ist also offenbar längst nicht noch nicht alles Mail, Vernetzung und Remote Control. Der Standort Deutschland hat insgesamt Nachholbedarf.

Hoher Status

Der ist in der Automatenbranche aber bei Weitem nicht so dramatisch wie anderswo. Gerade in Spielhallen ist der Vernetzungsstatus relativ hoch. Die Hersteller der entsprechenden Systeme haben es verstanden, sehr praxistaugliche Systeme zu entwickeln, die ein ausgesprochen kompetentes Management-Netz über ein Unternehmen werfen kann – wenn man es denn will. In Zeiten von weniger Standorten und illegaler Konkurrenz ist es wichtig, immer die beste aller Spiel-Möglichkeiten vor Ort zu haben. Wer da den Durchblick bis runter auf die Geräteplatzierung hat, ist klar im Vorteil.

Dazu kommt, dass das Angebot einer komfortablen Gerätefreischaltung ebenfalls nicht ohne Vernetzung zumindest in der Spielstätte auskommt. Wer dem Spielgast ein möglichst autonomes Spielerlebnis bieten will, kommt nicht um die Vernetzung in der Halle herum. Es spricht also alles für den digitalen Weg, wobei die Steigerung von Effizienz und Einsparung von Kosten natürlich an erster Stelle stehen – wie überall. Sie sind einer der Treiber der Vernetzung – wo sie denn noch nicht eingeführt ist. Allerdings kommt hier in jüngster Zeit ein weiterer Faktor dazu. In die Vernetzungstechnologie werden inzwischen Funktionen eingebaut, die ohne Vernetzung nicht zu haben sind. Und manchmal spielt für die Freischaltung von Features auch die ex-

klusive Anbindung an einen Anbieter eine Rolle. Hier entsteht ein neues Wettbewerbselement, das allerdings einem zentralen Kundenwunsch widerspricht – die weitestgehende Kompatibilität der einzelnen Systeme. Mal sehen, wohin hier die Reise geht.

Große Distanzen

Die Spielgeräteaufstellung in der Gastronomie ist naturgemäß dezentral. Vernetzung würde für sie daher sehr viel Sinn machen. So manchen Weg könnte man sich sparen oder besser planen, wenn man immer vorher wüsste, was vor Ort los ist. Die Umsatzsituation steht dem allerdings häufig entgegen. Auch die technische Infrastruktur ist nicht immer optimal. Auf der anderen Seite ist da aber OASIS, das ohne Vernetzung nicht zu machen ist. Deswegen ist das Spielersperrsystem einer der Treiber der Vernetzungsentwicklung für das Gastronomiegeschäft. Das Netzwerk in die Kneipe wird sich lohnen, auch wenn das nicht alle jetzt schon wahrhaben wollen.

Schulung, Schutz und Steuer

Vernetzung ist ohne Zweifel auch das Mittel, um dem ständig wachsenden Aufwand für Dokumentation für Sozialkonzept und zunehmend auch Zertifizierung Herr zu werden. Das mit dem Sozialkonzept unmittelbar verbundene System von Dienstanweisungen und Berichtswesen ist ohne eine durchdachte Digitalisierung nur sehr schwer zu bewältigen. Dass das alles auch noch gespeichert werden muss – am besten zentral – macht die Dinge nicht einfacher. Das führt außerdem dazu, dass sich die digitale Lösung für das Leben mit dem Sozialkonzept und der Zertifizierung immer mehr in Richtung Qualitätsmanager entwickelt. Und der wiederum macht vor allem im Netzwerk Sinn. Denn irgendwo müssen die Daten alle zusammen laufen. Last but not least ist da die Steuer. Die Steuerdaten werden von modernen Geldspielgeräten ohnehin automatisch elektronisch erfasst. Deren externe Speicherung ist eine zusätzliche Sicherheit und erhöht außerdem den Komfort für die Kontrolle. Alles zentral gespeichert zu haben – was natürlich via Vernetzung am Besten ist – ist auch die beste Lösung, wenn das Finanzamt sich die Sache ansehen will.

Nicht zurückbleiben

Steuerdaten

Klassisches Gerätemanagement, die Einsparung von Zeit und Kosten und zunehmend die Sicherung der Qualität in den Unternehmen sind alles gute Gründe, über eine Vernetzung nachzudenken oder sie auszubauen. Zertifizierung, Schulungen, Ausbildung und natürlich der Spielerschutz mit seinen zahlreichen Anforderungen sind inzwischen ebenfalls Vernetzungsbereiche. Und eines kommt immer mehr dazu: Für eine Branche mit einem terrestrischen Angebot ist es zentral, die Herausforderungen der Digitalisierung konzentriert anzunehmen. Denn der digitale Wettbewerb ist in dieser Hinsicht schon von Haus aus ein paar Schritte weiter. Da darf man nicht zurückbleiben. >>

Wer mit den steigenden Anforderungen und dem digitalen Wettbewerb mithalten will, kommt um die Vernetzung nicht herum, denkt Stefan Dreizehnter

Foto(s): ©peterschreiber.media –stock.adobe.com
D 35 Februar 2023 Vernetzung Foto(s): ©peterschreiber.media –stock.adobe.com
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Abstandsgebote  Neues Gutachten mit klarem Urteil

Mindestabstände verfassungswidrig

Sind Mindestabstandsgebote verfassungsgemäß?

Professor Dr. Bernd J. Hartmann von der Universität Osnabrück hat sich mit einem ausführlichen Gutachten mit dieser Frage befasst. Wir baten Professor Dr. Florian Heinze um eine Analyse aus Branchensicht.

Zur Frage, ob (und unter welchen Voraussetzungen) ein Spieler nach dem Verlassen einer Spielhalle abkühle, gebe es „nicht eine Untersuchung“.

»Die Spielhallen beschränkenden Regelungen begründen eine „Eingriffskumulation in die Berufsfreiheit“, also einen sogenannten „additiven Grundrechtseingriff.«

Unions- noch mit Verfassungsrecht verdie

indestabstandsgebote zwischen Spielhallen beschäftigen Spielhallenbetreiber, Behörden und Gerichte seit rund zehn Jahren. Professor Dr. Bernd J. Hartmann, LL.L. Virginia, Inhaber des Lehrstuhls für Öffentliches Recht, Wirtschaftsrecht und Verwaltungswissenschaften der Universität Osnabrück, hat sich nun mit einem ausführlichen und die Rechtslage umfassend analysierenden Gutachten der Beantwortung dieser Frage gewidmet (Studientitel siehe Kasten) und gelangt zu dem – wenig überraschenden, aber überzeugenden – Ergebnis, dass die im GlüStV 2021 beibehaltenen Abstandsvorgaben weder mit Unions- noch mit Verfassungsrecht vereinbar seien. Dieser Beitrag stellt die wichtigsten Thesen dieses Gutachtens dar.

1. Fehlende empirische Nachweise der Zielerreichung

Mit den Regelungen zu Mindestabständen verfolgen die vertragsschließenden Länder gemeinsam im GlüStV 2021 und jeweils für sich in ihren spielhallenbezogenen Länderregelungen das Ziel, durch die mit Abstandsvorgaben herbeigeführte Verfügbarkeitsbeschränkung und Ballungsvermeidung sowie durch einen „Abkühlungseffekt“ einen Beitrag zur Suchtprävention zu leisten.

Hartmann/Schaaf weisen in ihrem Gutachten darauf hin, dass ein kausaler Zusammenhang zwischen Verfügbarkeitsbeschränkung und Verringerung des pathologischen Spielverhaltens bis heute empirisch nicht nachgewiesen sei. Studien mit Bezug auf Deutschland fehlten. Es existierten unterschiedliche The-

sen zum Bestehen (bzw. zum Nichtbestehen) eines solchen Ursachenzusammenhangs, von denen keine abschließend belegt sei. Es herrsche „Unklarheit in der Forschung“.

Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit von Mindestabstandsgeboten folge daraus zweierlei. Im Rahmen der (nationalen) verfassungsrechtlichen Rechtfertigung habe der Gesetzgeber mit Blick auf den behaupteten Zusammenhang zwischen Verfügbarkeitsverringerung und Abkühlungseffekt auf der einen Seite sowie Verringerung des pathologischen Spielverhaltens auf der anderen Seite einen Beurteilungsspielraum, so dass in Anwendung des (nationalen) Verfassungsrechts der Gesetzgeber die unklare Studienlage seiner gesetzgeberischen Regulierung habe zugrunde legen dürfen. Das Unionsrecht dagegen gebe dem Gesetzgeber die „Beweislast“ auf, den behaupteten Zusammenhang zu belegen. Diesen unionsrechtlich geforderten Nachweis könne der Gesetzgeber „nach derzeitiger Studienlage nicht antreten“. Es lägen im Hinblick auf das Verfügbarkeitsargument „bloß bestrittene, nicht hinreichend auf die hiesigen Verhältnisse bezogene Studien aus dem Ausland vor“. Nachdem eine Abkühlungsgewährleistung „durch keine Studie belegt“ sei, könne der Gesetzgeber seine unionsrechtliche Nachweispflicht keinesfalls erbringen. Schon deshalb er-

keinesfalls erbringen. Schon deshalb er- in der Forschung“.

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Univ.-Professor Dr. Bernd J. Hartmann, LL.M. (Virginia) wirft mit seiner neuen Studie zu Mindesabstandsgeboten zwischen Spielhallen ein neues Licht auf die verfassungsrechtliche Bewertung des Sachverhalts. Professor Hartmann ist Geschäftsführender Direktor des Instituts für Staats-, Verwaltungs- und Wirtschaftsrecht (ISVWR) und Inhaber des Lehrstuhls für öffentliches Recht, Wirtschaftsrecht und Verwaltungswissenschaften an der Universität Osnabrück.

Studie: Hartmann/Schaaf, „Mindestabstandsgebote zwischen Spielhallen in Zeiten virtuellen Automatenspiels, verpflichtender Einlasskontrolle und zertifizierter Akkreditierung“, in: NVwZ 2022, 1.241 ff.

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28 Februar 2023 Fokus
Prof. Dr. Florian Heinze
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wiesen sich die Vorgaben zu Mindestabständen mindestens als unionsrechtswidrig.

2. Verfassungsrechtliche Auswirkungen der Zulassung des virtuellen Automatenspiels

Der Gesetzgeber könne daher auch dem Gleichheitssatz nur dadurch entsprechen, dass er das terrestrische Automatenspiel quantitativ liberalisiere, konkret also die Mindestabstände zwischen Spielhallen mindestens verkürze.

3. „OASIS“ führt zur verfassungswidrigen Überregulierung

Der GlüStV 2021 sieht nun – anders als der (alte) GlüStV 2012 – erstmal auch eine Verpflichtung von Spielhallenbetreibern vor, Zutrittskontrollen einzurichten und sich an ein bundesweites und spielformübergreifendes Sperrsystem anzuschließen (OASIS). Das Sperrsystem – so Hartmann/Schaaf – wirke als „physische und soziale Verfügbarkeitsbeschränkung des Automatenspiels“ und begründe im Zusammenwirken mit den anderen den Betrieb von Spielhallen beschränkenden Regelungen eine „Eingriffskumulation in die Berufsfreiheit“, also einen sogenannten „additiven Grundrechtseingriff“.

»Die juristische Diskussion erhält – auch dank der umfassenden unions- und verfassungsrechtlichen Bewertung von Hartmann/Schaaf – eine neue Dynamik.«

zessionen begrenzte Anwendungsbereich des § 29 Abs. 4 GlüStV 2021 Einzelspielhallen in Abstandskonkurrenz ohne sachlichen Grund benachteiligt. Die Landesgesetzgeber dürften sich aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht darauf beschränken, eine befristete Zulassung zertifizierter Verbundspielhallen zu ermöglichen. Diese Regelung müsse auch auf Einzelspielhallen in Abstandskonkurrenz erstreckt werden.

spiels ist. Hartmann/Schaaf machen in

„Mindestabstandsgebote die erklärten fortsetzen, also „auf dem Weg in die

Mit dem GlüStV 2021 wurde das virtuelle Automatenspiel zugelassen, das eine „Nachbildung“ (§ 3 Abs. 1 a 1 GlüStV 2021) des terrestrischen Automatenspiels ist. Hartmann/Schaaf machen in ihrem Gutachten deutlich, dass spätestens mit dieser inzwischen erfolgten Zulassung des virtuellen Automatenspiels „Mindestabstandsgebote die erklärten Ziele verfehlen“. Jeder Spieler könne nach dem Verlassen der Spielhalle das Automatenspiel unbeschränkt virtuell fortsetzen, also „auf dem Weg in die nächste Spielhalle ohne Pause weiterspielen“. So kühle der Spieler aber nicht ab. Im Übrigen könne der Zugriff auf das virtuelle Automatenspiel schon tatsächlich einer quantitativen Beschränkung vergleichbar dem Mindestabstandsgebot nicht unterworfen werden, so dass auch die mit Mindestabständen bezweckte Verringerung der Verfügbarkeit des Angebots nicht erreicht werde.

In Zeiten des virtuellen Automatenspiels ließen sich – so Hartmann/Schaaf weiter – Mindestabstände zwischen Spielhallen daher mit diesen Zwecken nicht mehr rechtfertigen. „Virtualität kennt keine räumlichen Entfernungen.“

ringerung seit dem 1. Juli 2021 unver-

Der Gesetzgeber muss berufsbeschränkende Schutzmaßnahmen miteinander abwägen, denn sie verhalten sich insoweit wie korrespondierende Röhren. Der durch OASIS gesteigerte Spielerschutz habe also Folgen für die Mindestabstandsgebote: Diese seien nicht mehr angemessen und ohne Verringerung seit dem 1. Juli 2021 unverhältnismäßig und verfassungswidrig geworden.

4. Verfassungsrechtliche Auswirkung der akkreditierten Zertifizierung auf das Mindestabstandsgebot

Mit § 29 Abs. 4 GlüStV 2021 haben die Länder die Möglichkeit geschaffen, unter näher geregelten Voraussetzungen Ausnahmen vom Verbundverbot für Spielhallen vorzusehen. Sofern Mehrfachspielhallen unter anderem von einer akkreditierten Prüforganisation zertifiziert sind, können für Bestandsspielhallen befristete Ausnahmen von dem Verbot zugelassen werden, mehrere Spielhallen in einem Gebäude oder einem Gebäudekomplex zu betreiben. Dazu müssen die Spielhallen bestimmte und über die gesetzlichen Vorgaben hinausgehende Anforderungen an den Spielerschutz erfüllen.

Hartmann/Schaaf analysieren, warum der enge und auf Mehrfachkon-

Die Schaffung einer Zertifizierungsnotwendigkeit auch von Einzelspielhallen in einem Abstandskonflikt sei gegenüber der Versagung einer Spielhallenerlaubnis das mildere und vom Gesetzgeber vorzusehende Mittel. Durch die Zertifizierung steigere ein Spielhallenbetreiber das Schutzniveau für seine Spielgäste. Dementsprechend kürzer müsse der Mindestabstand ausfallen.

Die Vorgabe des GlüStV zur Einhaltung von Mindestabständen zwischen Spielhallen wirft seit jeher komplexe verfassungsrechtliche Fragestellungen auf, die von den Gerichten während der Geltungsdauer des (alten) GlüStV 2012 stets zu Ungunsten der Spielhallenbetreiber beantwortet worden sind.

Mit den veränderten rechtlichen Rahmenbedingungen des GlüStV 2021 erhält die juristische Diskussion – auch dank der umfassenden unions- und verfassungsrechtlichen Bewertung von Hartmann/Schaaf – eine neue Dynamik: „Mindestabstände sind verfassungswidrig und nicht mehr zeitgemäß“. Es bleibt zu hoffen, dass vor allem die weiter mit diesen Fragestellungen befassten Gerichte künftig nicht nur alte Antworten wiedergeben, sondern die aktuellen Rechtsfragen neu überdenken.

| Prof. Dr. Florian Heinze |

5. Fazit
29 Februar 2023 Fokus
Unser Autor Prof. Dr. Florian Heinze ist Rechtsanwalt und langjähriger Justiziar des Niedersächsischen Automaten-Verbands und des Nordwestdeutschen Automatenverbands. Er hofft, dass das Gutachten von Prof. Hartmann den Anstoß liefert, die aktuellen Rechtsfragen neu zu überdenken. Prof. Dr. Florian Heinze
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müsse der Mindestabstand ausfallen.

Sächsische Spielbanken  Neues Online-Angebot

»Wir schaffen das auch«

Als erster staatlicher Akteur gehen die Sächsischen Spielbanken mit einem Angebot an virtuellen Automatenspielen an den Start. CEO Frank Schwarz will zeigen, dass nicht nur privatwirtschaftliche Unternehmen in diesem Bereich Erfolg haben können.

Frank Schwarz (M.), CEO Sächsische Spielbanken und gleichzeitig Chef von Sachsenlotto, Kurt Böhm (l.), Head of Online Casino Operations, und Hendrik Hupfer, Legal Advisor & Responsible Gaming Officer, verkündeten stolz, dass das erste legale staatliche Angebot an virtuellen Automatenspielen aus Sachsen kommt.

tenspiele auf Bundesebene und OnlineCasino-Spiele (Roulette, Black Jack usw.) auf Landesebene. Auch letzteren Bereich finden die Sächsischen Spielbanken grundsätzlich „sehr interessant“, hier müsse man aber noch auf das fertige sächsische Gesetz warten.

Keine Angst vor ‚Kannibalisierung‘ Dass stationäre Casino-Angebote in Sachsen und virtuelle Automatenspiele sich ‚kannibalisieren‘ könnten, fürchtet Schwarz nicht. Obwohl er es aufgrund der noch stärkeren Vergleichbarkeit der beiden Sparten in Sachsen eigentlich mehr als andere Spielbanken-Chefs

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müsste: Die drei Dependancen in Leipzig, Dresden und Chemnitz bieten nämlich ausschließlich Automatenspiele an. Das sogenannte ‚Große Spiel‘ gehört in den Spielbanken in Sachsen seit 1999 nicht mehr zum Programm. Schwarz ist überzeugt: Der deutsche Markt für virtuelle Automatenspiele bilde einen eigenen und sehr potenten Markt. „In diesem Markt sind im vergangenen Jahr circa zehn Millarden Euro eingesetzt worden, was sich auf Basis der gezahlten Einsatzsteuer berechnen lässt.“

„Kaum vorhandene Überlappung“

Es war wohl die Überraschung im deutschen Glücksspielmarkt in den letzten Monaten. Als im November 2022 die White List für erlaubte Anbieter von virtuellen Automatenspielen aktualisiert wurde, stand da plötzlich ein Name darauf, mit dem die wenigsten gerechnet hätten: die Sächsischen Spielbanken. Mit der entsprechenden Domain diespielbank.de steigt damit zum ersten Mal ein staatlicher Anbieter in den Markt für virtuelle Automatenspiele ein und begibt sich in Konkurrenz mit – ebenfalls lizenzierten – privatwirtschaftlichen Platzhirschen wie Gauselmann und Novomatic, die auf internationaler Ebene aber bereits auf eine lange Erfahrung mit diesen Spielen zurückblicken.

Andere Kundenbedürfnisse

Warum die Sächsischen Spielbanken diesen Schritt gegangen sind, erklärten

banken und gleichzeitig Chef von Sach-

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Frank Schwarz, CEO Sächsische Spielbanken und gleichzeitig Chef von Sachsenlotto, Kurt Böhm, Head of Online Casino Operations, und Hendrik Hupfer, Legal Advisor & Responsible Gaming Officer, im Rahmen einer Pressekonferenz am 17. Januar in Leipzig. „Glücksspiel ist eine Grundkonstante in der Menschheitsgeschichte, aber die Formen des Glücksspiels verändern sich permanent“, skizzierte Schwarz eine Dynamik, die auch im heutigen Glücksspielmarkt zu erkennen sei. „Der Glücksspielmarkt entwickelt sich und mit ihm die Kundenbedürfnisse. Die heutigen Spieler wünschen sich vielfältige Spielzugänge, natürlich auch online. Der neue Glücksspielstaatsvertrag hat darauf reagiert –und wir knüpfen mit unserem Angebot an das veränderte Kundeninteresse an.“ Der neue Glücksspielstaatsvertrag legalisiert zum ersten Mal virtuelle Automa-

Als Hauptargument gegen eine mögliche Kannibalisierung zwischen stationären und Online-Angeboten führte Schwarz die „kaum vorhandene Überlappung bei Kundengruppen“ an. „Menschen, die in ein stationäres Casino gehen, suchen nach sozialer Gemeinschaft und nach Austausch, OnlineSpieler eher nach kurzfristigem Entertainment.“ Vor diesem Hintergrund soll letztlich auch in Sachsen, „das stationäre und das Online-Geschäft unabhängig voneinander betrieben werden“.

Rückhalt aus der Politik

Staatliche Glücksspielanbieter sind auf den Rückhalt aus der Politik zwingend angewiesen. Das ist auch bei den Sächsischen Spielbanken nicht anders, die dem Freistaat Sachsen gehören. Schwarz zufolge hätte die Landespolitik die Pläne seines Unternehmens in Bezug auf vir-

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Einsatzsteuer berechnen lässt.“

tuelle Automatenspiele stets unterstützt. „Man muss bedenken, dass Glücksspiel eine Materie ist, mit der Politiker nicht jeden Tag konfrontiert sind. Dennoch kam es nie zu einer Situation, in der es hieß: ‚Das wollen wir nicht haben‘.“ Als Argumente hätten bei der Politik neben dem gesetzlichen Kanalisierungsauftrag auch die Förderung digitaler Innovation verfangen. Aber natürlich auch die wirtschaftliche Dimension, die Schwarz nicht herunterspielen wollte: „Die Gewinne aus dem virtuellen Automatenspiel gehören dem Eigentümer, also dem Land Sachsen. Sie fließen in den Staatshaushalt und kommen damit dem Gemeinwesen zugute.“

Breites Spiele-Portfolio

Auf Einzelheiten der neuen Plattform die-spielbank.de ging Kurt Böhm, Head of Online Casino Operations, ein. Auf die Frage hin, wann das Angebot zugänglich sei, antwortete dieser in Anlehnung an Günter Schabowski: „ab sofort, unverzüglich!“ Darauf sei man „sehr stolz“. Immerhin habe die Plattform eine „lange und intensive Aufbauphase“ hinter sich, die bereits Mitte des Jahres 2021 begonnen habe. In diesem Zusammenhang dankte Böhm noch einmal den erfahrenen Partnern, die den Aufbau der Plattform unterstützt haben: Dabei handelt es sich um Löwen Entertainment und den iGaming-Softwarespezialisten von Alteatec.

Gegen die (legale) Konkurrenz punkten wollen die Sächsischen Spielbanken mit dem „aktuell größten legalen Spielangebot im Markt“, so Böhm. Zum Start

von die-spielbank.de könnten sich Spieler auf über 339 Spiele freuen, darunter Klassiker wie „Book of Ra“ und Spieleneuheiten wie „Megaways“. Beantragt wurden bei der Gemeinsamen Glücksspielbehörde der Länder (GGL) über 600 Spiele, die nach und nach freigeschaltet werden sollen. Hintergrund ist hier, dass die GGL jedes einzelne Spiel vor Veröffentlichung prüfen muss. Auch für die Zukunft deutete Böhm eine ständige Weiterentwicklung des Spiele-Portfolios

»Der Glücksspielmarkt entwickelt sich und mit ihm die Kundenbedürfnisse. Die heutigen Spieler wünschen sich vielfältige Spielzugänge, natürlich auch online. Der neue Glücksspielstaatsvertrag hat darauf reagiert – und wir knüpfen mit unserem Angebot an das veränderte Kundeninteresse an.«

an: „Die Erfahrungswerte zeigen, dass Kunden eine große Produktauswahl und Abwechslung schätzen.“

Fokus auf Spielerschutz

Als staatlicher Anbieter sehen die Sächsischen Spielbanken eine ihrer Hauptstärken im Bereich des Spielerschutzes. Auf die konkreten Spielerschutzmaßnahmen im Zusammenhang mit der neuen Plattform die-spielbank.de ging Hendrik Hupfer, Legal Advisor & Responsible Gaming Officer, ein.

Da im Internet die „soziale Kontrolle“ fehle, stellten die Sächsischen Spielbanken den Spielerschutz unter anderem

durch den Einsatz einer auf künstlicher Intelligenz (KI) basierenden Software sicher. „Diese ermöglicht es, Parameter, die für ein problematisches Spielverhalten sprechen, zu identifizieren und auffällig gewordene Spieler in der Folge wertschätzend auf ihr eventuelles Problem hinzuweisen“, erklärte Hupfer. Sollte sich dieses verstärken, könne es auch zur bundesweiten Sperre kommen. Als zusätzlichen Mechanismus gebe es auf der Spieloberfläche auch einen auffälligen Button, über den Spieler „unkompliziert“ eine 24-stündige Sofortsperre auslösen können. „Darüber hinaus können Nutzerinnen und Nutzer von die-spielbank.de das vom Gesetz vorgegebene Einzahlungslimit von 1.000 Euro reduzieren und weitere Limits für ihre Spieleinsätze oder Verluste festlegen.“

Eine neue Ära

Man darf gespannt sein, wie sich die Sächsischen Spielbanken im Vergleich zu ihrer privatwirtschaftlichen Konkurrenz in Zukunft schlagen werden. Dass sie mit ihrem Angebot eine neue Ära eingeleitet haben, darüber sind sie sich in Sachsen allerdings schon heute sicher. Schwarz: „Die Zeiten, in denen virtuelle Automatenspiele nur in Schleswig-Holstein angeboten werden konnten, sind endgültig vorbei.“ Und an die Konkurrenz gerichtet: „Wir haben den Ehrgeiz zu zeigen, dass staatliche Anbieter das auch schaffen können.“ | sf |

CEO Sächsische Spielbanken
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Die Sächsischen Spielbanken wollen mit dem „aktuell größten legalen Spielangebot im Markt“ auftrumpfen. Zum Start von die-spielbank.de könnten sich Spieler auf über 339 Spiele freuen.
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dem Land Sachsen. Sie fließen in den Staatshaushalt und kommen damit dem auslösen können. „Darüber
gegebene Einzahlungslimit Hier die
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