LEADER April 2021

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Wirtschaft

«Ihr seid alle super» hilft dem Einzelnen wenig Zwar ist die nationale Impfkampagne angelaufen, doch ein Alltag, wie ihn die Bevölkerung zuvor kannte, ist immer noch in weiter Ferne. Paula Kunze, Oberpsychologin im Psychiatrischen Zentrum AR, weiss, wie Arbeitgeber ihre Mitarbeiter unterstützen können, um die psychischen Folgen der Krise so gering wie möglich zu halten.

Der letzte Restaurantbesuch von Paula Kunze ist eine gefühlte Ewigkeit her. Das war im letzten Herbst, irgendwo im Vorarlberg, als sie mit einem Freund im Schatten einer Kastanie sass. Das Tagesmenü wird sie wohl nie mehr vergessen: Schweinebraten, gegrillter Tintenfisch und eine frittierte Garnele. «Ich dachte, der Koch ist entweder sehr mutig, verrückt oder genial», lacht Kunze. «Das Essen war einfach unglaublich!»

«Es ist eine Führungsaufgabe, das Wir-Gefühl zu stärken.» Therapie schwierig während Pandemie Trotz angelaufener Impfkampagne sind solche und andere Freizeitaktivitäten nach wie vor in weiter Ferne. Viele Menschen sind deswegen zunehmend frustriert. Dies stellt Paula Kunze auch in ihrer täglichen Arbeit als Oberpsychologin am Psychiatrischen Zentrum AR fest – aber auch bei sich selbst: «Ein Jahr Corona geht an niemandem spurlos vorbei.» So betreibe sie bspw. seit fast 30 Jahren einen Budosport, das Training ist aktuell ausgesetzt und Alternativen wie Schneeschuhlaufen oder Wandern hätten nicht denselben ausgleichenden Effekt, da eben die soziale Komponente wegfalle. Die Corona-Massnahmen erschweren auch die tägliche Arbeit im Psychiatrischen Zentrum AR. Wegen der Maskenpflicht sieht man das Gesicht des Mitarbeiters nicht. «Auch für die Patienten ist es schwer, den Gesichtsausdruck zu lesen – und das macht es schwierig, Vertrauen aufzubauen», stellt Kunze fest. Auch der Händedruck fehle, der bereits erste Informationen ermögliche: Sind die Hände kalt, feucht, ist der Händedruck kräftig etc. «Das fehlt alles und lässt sich nicht einfach ersetzen.» Die Folge der Corona-Massnahmen zeigt sich für Kunze auch in der Symptomatik: «Einsamkeit ist ein ganz grosses Thema bei unseren Patienten.» Aufgrund der aktuellen CoronaLEADER | April 2021

Massnahmen funktionieren auch die üblichen Empfehlungen nicht, wie etwa Sport zu betreiben, Freunde zu treffen, ins Kino zu gehen. «In dieser schwierigen Ausgangslage versuchen wir, bei der Behandlung den Fokus darauf zu legen, was möglich ist – und auch vermehrt auf Online-Angebote hinzuweisen», sagt Kunze. Es sei schon ein Paradox: «Wir brauchen soziale Kontakte, um gesund zu sein oder zu werden – aber genau diese sind derzeit stark eingeschränkt.» Flexibilität das A und O Im Umgang mit der Corona-Krise ist es entscheidend, wie die Situation vor der Krise war. Ob jemand ein funktionierendes soziales Umfeld hat, einen Job und vor allem, wie jemand generell mit Stress umgeht. «Je flexibler jemand ist und je mehr Ressourcen er hat, desto leichter fällt es, sich Veränderungen anzupassen und kurzzeitig bspw. Alternativen zu bisherigen Aktivitäten zu finden», sagt Kunze. Wichtig sei auch die innere Haltung, um die man sich bemühen könne. «Kann ich Aspekte finden an meiner persönlichen Situation, die gut sind?» Dies werde auch in der Psychotherapie geübt. «Lebe ich gefühlsmässig in einer Welt, die uns immer nur bestraft, oder ist die rote Ampel rot, weil ich es immer eilig habe und gestresst bin – und nutze ich nun die Zeit, um mal durchzuatmen und bei Grün ruhig weiter zu gehen?», gibt die Oberpsychologin ein Beispiel. «Es geht darum, wie ich damit umgehe, was mir begegnet.» Dies gelte insbesondere auch beim Thema Einsamkeit infolge eingeschränkter sozialer Kontakte und Aktivitäten: «Ganz wichtig ist, das Gefühl ‹ich fühle mich einsam› anzuerkennen», so Kunze. Und dann zu schauen, ob man etwas am Fakt ändern könne – etwa mithilfe von Telefon, Internet, Videochat, Brief, E-Mail. «Man kann sich auch virtuell zum Mittag- oder Abendessen verabreden», schlägt Paula Kunze vor. «Als ich krank war, hat mir eine Kollegin das Mittagessen ins Milchkästchen gelegt, und wir haben dann per Videoanruf zusammen gegessen.» Einsamkeit gehe oft mit dem Gefühl einher «Keiner mag mich, niemand hat an mich gedacht!». Das gelte es zu hinter-


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