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Was bedeutet Spielen denn eigentlich?
»Spiel« stammt aus dem Althochdeutschen »spil« und bedeutet »Tanzbewegung«. Wichtig dabei: Spielen ist gemäß dieser Definition eine Tätigkeit, welche zum Vergnügen, zur Entspannung und allein aus Freude an ihrer Ausübung erfolgt. Falls jemand diese Art von Spiel im Beruf spürt, würde man wohl davon sprechen, dass diese Person ihr Hobby zum Beruf gemacht hat.
Ein weiterer wichtiger Punkt: Spielen als Beschäftigung findet als Auseinandersetzung in Gemeinschaft mit anderen statt. So ist es zu erklären, dass nicht nur die kognitive Entwicklung und die motorischen Fähigkeiten, sondern auch die Sozialkompetenz eines Menschen durch Spielen passiert. Das gilt im Übrigen für zahlreiche Tierarten ebenso. Deshalb nehmen Spiele in der Pädagogik eine zentrale Rolle ein. Die Absicht dahinter scheint klar: Vordefinierte Handlungsabläufe, die Spielregeln – seien sie vorgegeben oder durch die Teilnehmenden selbst definiert –, führen dazu, gemeinschaftlich zu handeln.
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Das heißt: Wer spielt, wird auf einer Welle mitgetragen. Wir geben der linken Hirnhälfte Raum zum Atmen. Auf diese Weise werden wir kooperativer. Das hat einen wahnsinnig positiven Nebeneffekt: Man verliert kaum je das Gesicht und es gibt ergo keine Situationen, die unnötige Konflikte provozieren. Dazu ein Beispiel aus der Politik: Nehmen wir an, eine Partei publiziert für eine bestimmte Kampagne ein Argumentarium. Da du der Partei vertraust, gehst du davon aus, dass die Fakten darin auch stimmen. Nun stell dir vor, eines von insgesamt zehn Argumenten ist trotzdem falsch – ja, das kommt vor. Die Partei würde diesen »Fauxpas«niemals zugeben, denn 80 % des Inhalts sind ja schliesslich korrekt. Die Partei denkt sich: Wieso die 20 % »Falschinformation« zugeben und dabei das Risiko eingehen, das Gesicht zu verlieren? (Von kooperativem Agieren kann hier keine Rede sein.)
Huizinga nimmt für die Definition Spiel und Spielen eine kulturanthropologische Haltung ein: »Das Spiel ist eine freiwillige Handlung oder Beschäftigung, die innerhalb gewisser Grenzen von Zeit und Raum nach freiwillig angenommenen, aber unbedingt bindenden Regeln verrichtet wird, ihr Ziel in sich selbst hat und begleitet wird von einem Gefühl der Spannung, Freude und einem Bewusstsein des ›Andersseins‹ als das ›gewöhnliche Leben‹.« Konkret will er damit sagen, dass jedes Spiel nur innerhalb seines Spielraums zählt (es kann sich auch um einen fiktiven Ort handeln), welcher im Voraus definiert worden ist, und in dem besondere Regeln gelten. Darüber hinaus versteht Huizinga das Spiel als unproduktive Handlung, das klar vom Alltag getrennt stattfindet.
Um es weniger wissenschaftlich darzustellen: Laut Huizinga spielen wir erst, wenn wir uns bewusst entscheiden zu spielen. Nehmen wir also an, du möchtest eine Runde Karten spielen. Erst durch den Entscheid und das Einverständnis aller Teilnehmenden hast du einen Spielraum erschaffen. Fehlt nach Huizinga also nur noch das Festlegen der Regeln. Gerade beim Kartenspielen ist es wichtig, die Punkteverteilung vor Beginn des Spiels zu regeln, damit auch alle vom gleichen Standpunkt ausgehen. Nehmen wir als Beispiel das Schweizer Kartenspiel »Jassen«: Während ziemlich einheitlich Rot einfach und Schwarz doppelt gilt, beginnt beim »Obenabe« und »Undenufe« schon mal die Diskussion, ob dreifach oder vierfach. Wie ist es beim Slalom? Wollen wir diesen überhaupt ins Spiel integrieren?
In der Wissenschaft legt Huizingas Betrachtungsweise die Grundlage für verschiedene Auseinandersetzungen zwischen dem Phänomen Spiel und der damit verbundenen Virtualität. Einige Sprachtheoretiker, insbesondere solche der neueren Spielforschung, kritisieren seine Aussage, und auch ich habe diesbezüglich eine andere Betrachtungsweise.