Ausgabe 9, Mai 2011
NEUES AUS BERLIN MITTE
CATCH ME DEUTSCH + ENGLISH
THEATER-SPECIAL: BERLIN IM LAMPENFIEBER DIE UNGEWÖHNLICHSTEN THEATER DER STADT INTERVIEW MIT LARS EIDINGER Mittes Monatsheft!
Editorial
MITTE INS HERZ Deutsches Theater, Schaubühne, Volksbühne oder Maxim Gorki Theater – die Liste der renommierten Spielstätten in Berlin, deren Ruf weit über die Stadtgrenzen hinaus ausstrahlt, ist lang. Zugleich wächst eine hochaktive Theater-Subkultur heran, die mit ungewöhnlichen Inszenierungen, ausgefallenen Orten oder bemerkenswerten Besetzungen aufwartet. Wir besuchten für euch den Berliner Stückemarkt, Sprungbrett in die Theaterkarriere vieler junger Autoren und seit 1978 fester Bestandteil des Berliner Theatertreffens. In unserer Reihe Berliner Gesichter erklärt die Souffleuse des Theaters an der Parkaue, wie wichtig Feinfühligkeit in ihrem Job ist und warum die Schauspieler sie manchmal als Buchstabenpolizistin titulieren. Lars Eidinger sprach mit uns über den Konflikt des modernen Mannes und über das Luxusproblem, den Hamlet gespielt zu haben. Ob er Spaß bei der Fotosession hatte? Entscheidet selbst! Außerdem zeigen wir euch Berlins ungewöhnlichste Theater, wie zum Beispiel das Dokutheater im Bunker tief unter der Erde oder einen Jugendknast, in dem Delinquenten in professionell inszenierten Stücken zu sehen sind. Die Mitte-Muttis reiften bei Besuchen des Theaters an der Parkaue und des GRIPS Theaters zu der Erkenntnis, dass sich dortige Aufführungen durchaus als Therapie für Mädchen mit Pink-Syndrom oder dem Berufswunsch Prinzessin eignen. Viel Spaß dabei! Eure MitteSchön-Redaktion
JUDITH BUSCH Von Würzburg über München nach Berlin, und endlich angekommen, lebt Judith zusammen mit zwei liebenswerten Vierbeinern in Schöneberg – ja, genau da, wo sich kaum jemand hin verirrt. Finden kann man Frauchen & Co vorwiegend draußen – auf grünen Wiesen, in geschlossenen Fabriken und auf verbotenen Wegen. Seit über zwei Jahren ist sie als Redakteurin und Social Media Managerin tätig und betreut nebst einigen anderen Projekten seit Anfang März MitteSchön auf Facebook. Besucht sie doch mal: facebook.com/mitteschoen
PAUL SCHLOSSER In Wiesbaden gedeiht Pauls Leidenschaft und journalistische Hingabe für die Mode, bevor er vor zwei Jahren hessische Heimatfilmidylle gegen Spree-Metropole tauscht. Während sich Paul für das Styling der okkulten Fotostrecke im vergangenen Heft auf ein Tänzchen mit invozierten Geistern eingelassen hat, wagte er sich nun in die muffigen Katakomben eines ehemaligen DDR-Kostümfundus irgendwo tief unter der Erde im Südosten Berlins. Ein furchtloser Kerl! cargocollective.com/sameoldjokes
KATHARINA GEIßLER Alle haben ihr abgeraten, nach dem Studium nach Berlin zu ziehen, getan hat sie es trotzdem – oder gerade deswegen. In der Nähe von Leipzig aufgewachsen, ging sie nach dem Abitur nach Stuttgart, um Literaturwissenschaft und Geschichte zu studieren. Direkt nach Abgabe ihrer Magisterarbeit zog sie in die Stadt ihres Herzens, mit der sie sich von klein auf durch familiäre Bande verbunden fühlt – und wird ihr nicht so schnell den Rücken kehren. Im April hat sie ein Praktikum in der Redaktion von MitteSchön angefangen. Hier kann sie nicht nur ihre Begeisterung für Theater, Film, Kunst und Musik mit ihrem Händchen fürs Schreiben verbinden, sondern auch die Hauptstadt erkunden und besser kennenlernen.
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4 Impressum
MITTESCHÖN NO 9
HERAUSGEBER
Toni Kappesz VERÖFFENTLICHUNG
Vollstrudel GmbH Schröderstr. 12 10115 Berlin, Germany PROJEKT MANAGER
Anne Kammerzelt (anne@mitteschoen.com) PROJEKT MANAGER ONLINE
André Uhl (andre@mitteschoen.com) ARTDIREKTION
Dörte Lange (doerte@mitteschoen.com) GRAFIKDESIGN
Evelyn Hahn (evelyn@mitteschoen.com) REDAKTION
Anne Kammerzelt (anne@mitteschoen.com) André Uhl (andre@mitteschoen.com) PRESSE
Pelén Boramir (pelen@mitteschoen.com) REDAKTEURE
Eugen Bräunig, Paul Schlosser, Bettina Schuler, Tina Fraas, Björn Lüdtke, Martin Steinmetz, Oliver Janik, Jesi Khadivi FOTOGRAFEN
Eugen Bräunig, Björn Lüdtke, Paul Schlosser, Joachim Zimmermann, Florian Braun ÜBERSETZUNG
Nicholas Tedeschi (nicted@web.de), Moritz Estermann ANZEIGENVERMARKTUNG
media@mitteschoen.com WEBSEITE
www.mitteschoen.com DRUCK
Henke Pressedruck COVERFOTO:
Lars Eidinger, fotografiert von Florian Braun.
Inhaltsverzeichnis
INHALT / CONTENT 6
VERANSTALTUNGSTIPPS Event Recommendations
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MITTESCHÖN LIEBLINGSSTÜCKE MitteSchön Favourite Pieces
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GLÜCKSTAG O Happy Day
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THEATER, TOP SECRET... Theater, top secret…
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BERLINS UNGEWÖHNLICHSTE THEATER Berlin’s most unusual theaters
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BERLINER ILLUSTRATOREN: SEBASTIAN BLINDE Berlin Illustrators: Sebastian Blinde
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INTERVIEW: LARS EIDINGER Interview: Lars Eidinger
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MISSSTÄNDE UND ANDERE BELANGLOSIGKEITEN
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DRESS TO IMPRESS
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10 FRAGEN AN NORA VON WALDSTÄTTEN
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WIR MITTE-MUTTIS We Mitte Mums
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KUNSTTIPPS VON EYEOUT EYEOUT Art Events
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BERLINER GESICHTER: JUTTA RUTZ, SOUFFLEUSE Berlin Faces: Jutta Rutz, prompter
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ENGLISCHE ÜBERSETZUNGEN English Translations
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MITTESCHÖN ONLINE UND VERLOSUNG Mitteschön Online and Give Away
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STADTPLAN City Map
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Foto: Bettina Stöß
Fotos: Enrico Nawrath
6 Veranstaltungstipps von Tina Fraas, Translations P. 40
ROCCO UND SEINE BRÜDER
OZ – THE WONDERFUL WIZARD
Theaterstück Eintritt: 10 – 32 € 5. Mai Premiere, 9. und 27. Mai
Ballett Eintritt: 9 – 42 € 30. Mai, 19:30 Uhr, ab 10 Jahren
Viscontis preisgekrönter Klassiker Rocco und seine Brüder, unvergessen in der Hauptrolle Alain Delon, entstand 1960. Die Bühnenadaption ließ immerhin 48 Jahre auf sich warten und wurde 2008 in Bochum uraufgeführt. Jetzt endlich kommt Rocco mitsamt seinen Brüdern nach Berlin, und zwar ans Maxim Gorki Theater. Rosaria Parondi folgt mit ihren Söhnen Rocco, Simone und Ciro ihrem ältesten Sprössling Vincenzo nach Mailand, um der sizilianischen Armut zu entfliehen. Als sich Simone in Nadia verliebt, die aber an Rocco interessiert ist, verfällt Simone dem Alkohol, und die Brüder werden zu unerbittlichen Feinden, was in einer Tragödie endet. Inszeniert wird das Stück von Antú Romero Nunes. Das Nachwuchstalent beendete seine Ausbildung an der Ernst Busch Schule erst 2009 mit seiner Diplominszenierung Der Geisterseher. Nach Regieausflügen zum Thalia Theater und dem Schauspiel Frankfurt ist er seit der Spielzeit 2010/11 jüngster Hausregisseur am Maxim Gorki Theater.
Das im wahrsten Sinne des Wortes bezaubernde Kinderbuch Der Zauberer von Oz von L. Frank Baum erschien bereits im Jahr 1900. Der gleichnamige Film mit der wundervollen Judy Garland ist immer wieder eine schöne Abwechslung im Weihnachtsprogramm. Jetzt hat sich das Staatsballett Berlin der Geschichte angenommen und gastiert damit in der Komischen Oper Berlin. Choreographiert wurde das Stück von Giorgio Madia, der schon mehrfach international ausgezeichnet wurde – das Ergebnis ist ein bezaubernder, wundervoller Theaterabend für die ganze Familie! OZ – THE WONDERFUL WIZARD Tanzstück von Giorgio Madia Musik von Dmitri Schostakowitsch Komische Oper Berlin Behrenstraße 55-57 Tickets: 030 – 20 60 92 630 www.komische-oper-berlin.de
THE RIFLES AKUSTIK Britpop Indie Rock Eintritt: VVK ab 16 € 19. Mai, 21 Uhr Inmitten von 250.000 Fans bei einem Oasis Konzert 1996, waren Luke Crowther, Sänger, und Joel Stoker, Gitarrist, so beeindruckt und inspiriert, dass sie sich kurzerhand entschlossen, selbst eine Band zu gründen. Die beiden gebürtigen Londoner Jungs finden Bassist Rob Pyne in Walthamstow, und Schlagzeuger Grant Marsh entdecken sie bei seinem Clubabend in Ostlondon. Und schon gab es eine neue „The“ Band, nämlich The Rifles. Im Jahr 2004 gab es dann den ersten Auftritt, gefolgt vom ersten Album. Erklärte Fans der Rifles, sind Graham Coxen (Blur) und Paul Weller, der als Britpop-Veteran auch schon mal auf den Nachwuchs verweist und manchmal mit auf der Bühne steht. Über mangelnde Fans und Supporter können sich The Rifles ohnehin nicht beschweren: „Da war so ein 19-jähriger, der zog sein T-Shirt hoch und zeigte mir ein Tattoo, das er gerade hatte machen lassen: Da stand The Rifles und quer über seinem Rücken war eine Gitarre…“, berichtete Luke Crowther. Nach ihrem sehr erfolgreichen dritten Album The great Escape, kommen die Londoner jetzt mit ihrer Akustik Tour zu uns.
Maxim Gorki Theater Berlin
Postbahnhof
Am Festungsgraben 2
Straße der Pariser Kommune 8
Tickets: 030 – 20 22 11 15
www.postbahnhof.de
www.gorki.de
Veranstaltungstipps von Tina Fraas, Translations P. 40 7
SVEN REGENER MEINE JAHRE MIT HAMBURG HEINER
BRANDT BRAUER FRICK ENSEMBLE
WENN DER VORHANG FÄLLT
Lesung Eintritt: VVK 18,50 € 13 Mai, 20 Uhr
Instrumentalisierter Techno Eintritt: ab 27,20 € 5. Mai, 21 Uhr
Ausstellung Eintritt frei 18. März – 30. Mai
Bei Sven Regener ist es ja schwierig zu sagen, was er denn jetzt ist: schreibender Musiker oder musizierender Schreiberling. Auf Wunsch seiner Plattenfirma bloggte Regener erstmals 2005 einige Tage vor dem Start der neuen Element of Crime Platte. Über die Jahre hinweg wurde er immer wieder gefragt, ob er nicht bloggen wolle, und so bloggte er sich durch die virtuelle Welt vom Spiegel über die taz bis zum österreichischen Standard. Schon beim ersten Blog war, wie er sagte, nach ein paar Tagen die Luft raus, und damit es dem Leser nicht zu langweilig wurde, erfand er einen imaginären Freund: Hamburg Heiner (HH). Und immer wenn’s nichts mehr zu sagen gab, rief der HH an. Die Dialoge mit dem fiktiven Heiner sind oft zum Schreien komisch und versüßen die gesammelten Einträge Regeners, die sich um Pressetermine, Touren oder Reisen drehen. Die gesammelten Blogeinträge sind jetzt als Buch erschienen, und Herr Regener geht auf Lesereise – ohne Hamburg Heiner. Für Fans und solche, die es werden wollen.
Die musikalische Vergangenheit mit der Gegenwart vereinen, dachten sich die drei Herren vom Brandt Brauer Frick Ensemble, als sie sich als Band zusammenschlossen. Die Vergangenheit bestand wohl aus viel Klavierunterricht, massig Tonleitern und – im Fall des jungen Brandts – Schlagzeug üben. Wenn man diese Instrumente dann schon beherrscht, warum das Können nicht nutzen, um zeitgemäße Techno-Mucke zu machen! Gesagt, getan – und heraus kam ein vielbeachtetes Debüt-Album mit dem Titel You make me real. Auch international feierte das Trio ein sehr erfolgreiches Jahr 2010. Für ihre anstehende Live Tournee hat sich das Ensemble um zehn Berufsmusiker erweitert und überzeugt nun mit seiner orchestralen Technosymbiose das Publikum. Und welche Location könnte dafür besser geeignet sein als das Berghain?
Margarita Broich ist schon hunderte Bühnentode gestorben. Sie spielte unter anderem unter Christoph Schlingensief, Claus Peyman, Robert Wilson und Heiner Müller. Die Schauspielerin weiß um die Intensität, mit der man eine andere Rolle verkörpert, sich fast ganz in ihr auflöst. Wenn der Vorhang fällt, der Saal sich leert, die Schauspieler wieder zu sich selbst zurückkehren – das hat etwas sehr Intimes. Diese flüchtigen Momente, in denen dem Schauspieler noch die Rolle ins Gesicht geschrieben steht, hält Broich fotografisch fest. Angefangen hat sie mit einem Selbstportrait nach einer Aufführung von Schlingensiefs Rosebud, auf dem sie mit starrem Blick und blutverschmiertem Gesicht in die Kamera starrt. Jetzt sind im Martin Gropius Bau über 60 ihrer Fotografien zu sehen, unter anderem von Ben Becker, Kate Winslet, Veronika Ferres, Klaus Maria Brandauer und Thomas Quasthoff.
Berghain, Panorama Bar Am Wriezener Bahnhof
Martin-Gropius-Bau
www.berghain.de
Niederkirchnerstraße 7 www.berliner-festspiele.de
Babylon Mitte
Öffnungszeiten: Mi bis Mo, 10 – 20 Uhr
Rosa-Luxemburg-Straße 30
Di geschlossen
Tickets: 030 – 24 25 969 (ab 17 Uhr) www.babylonberlin.de
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MITTESCHÖN LIEBLINGSSTÜCKE Texte Paul Schlosser
KEINE ALTEN K(L)AMELLEN Ist: ein farblich passender Schuh zum ersten Softeis im Frühling Kann: gut zur Lieblingsjeans oder schicker Abendgarderobe aussehen Kostet: 260 € Dass sich Kaviar gut zum Schampus, randvoll auf dem Perlmuttlöffel oder zur Faltenvorsorge im Gesicht macht, ist nicht neu. Dass sich die Königsspeise jedoch auch gut für Füße eignet, war uns bisher nicht bekannt. Während sich die einen ein halbes Vermögen in den Mund schieben, können andere nun in weitaus länger anhaltende Freuden investieren – Kaviar Gauche und der Schuh-Riese Görtz machen erneut gemeinsame Sache und präsentieren insgesamt elf neue Modelle, die sich nicht vor dem überwiegend internationalen Sortiment des großen Unternehmens zu verstecken brauchen. Die jungen Designerinnen des Berliner Modelabels zeigen ihr Talent gewohnt mit einer innovativen Mischung aus Luxus und Avantgarde. Besonders auffällig ist das für Kaviar Gauche recht untypische Farbspektrum der begehrenswerten Heels. Passend zur Saison sehen wir viele Pastelltöne, offene Formen und die in ihren Kollektionen immer wiederkehrenden Lamellen, während im Winter noch überwiegend Schwarz und Nieten dominierten. These heels are made for walking! www.Goertz.de
SPECTACULAR SPECTACLES Ist: ein natürlicher Blickfang Kann: deine Nase zieren Kostet: auf Anfrage Wenn es um das Erfurter Label Herrlicht geht, das sich dem Design von Holzbrillen verschrieben hat, hätten wir gern so ein edles Brett vorm Kopf. Bislang ist diese Rahmengestaltung aus Holz, das man idealerweise bereits in einer breiten Palette an Farbtönen und Maserungen vorfindet, noch eher eine Randerscheinung auf dem Brillenmarkt. Demnach staunte ich nicht schlecht, als ich mich in der Brillenschneiderei Yves in der Gormannstraße von der Flexibilität und Leichtigkeit dieser Gestelle überzeugen konnte. Gerade mal bis zu 10 Gramm wiegt so eine Brille und lässt sich verblüffend angenehm auf dem Nasenrücken tragen. Die Modelle des Designers Alexander Licht sind absolut frei von Kunststoff oder Metall. Selbst die Bügelscharniere bestehen aus Schicht-Holz und die Kolorierung entspricht den natürlichen Farbtönen der verwendeten Hölzer und reicht von hellem Beige über warmes Rot bis zu harmonischen Brauntönen und tiefem Schwarz, welches aus fossilen Holzstämmen gewonnen wird. Brillenschneiderei Yves in der Gormannstraße 8 in Mitte, www.brillenschneiderei.de
Mitte Streets
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IT WAS ACCEPTABLE IN THE 90’S Ist: aber auch außerhalb der 90er tragbar Kann: dich andere überragen lassen Kostet: 154 € Neulich fragte mich ein Taxifahrer, ob PRADA der englische Begriff für Bruder sei. NADA, leider falsch. Den boshaften Stiefbruder des unangefochtenen Trendschuhs dieser Saison aus dem Hause Miucca Prada habe ich im amerikanischen Online Store Assembly NY dennoch ausfindig machen können. Das Creeper-ähnliche Modell von Cominando ist, wie sein italienisches Vorbild, ein Hybrid aus Derbyschuh und dicker, riffeliger Schaumstoffsohle, wie man sie sonst nur von Sneakern oder Flip Flops kennt. Ob nun aus geknüpftem Hanf, Krepp, gezackt, in Knallfarben, die jeweils zum Farbrausch der Frühjahrskleidung korrespondieren, oder mit Plateau – klassisches Schuhwerk wie Budapester oder Oxfords werden in diesem Sommer mit unkonventioneller Sohle gepaart! www.Assemblynewyork.com
WELCOME TO THE JUNGLE Ist: ein Bettbezug für Kids Kann: kleine Entdecker warm halten Kostet: 72,80 € Bei jedem Besuch des Berliner Marimekko Flagship Stores habe ich binnen Sekunden mit Schweißausbrüchen, Schwindel und Ohnmachtsgefühl zu kämpfen und befinde mich schneller wieder auf der Alten Schönhauser Straße, als mir meine Begleitung von den niedlichen Untersetzern und Kissenbezügen vorschwärmen kann. Ob nun Kleidung, Gummistiefel, Clogs, Regenmäntel, Mousepads, Geschirr, Schnuller oder NordicWalking-Stöcke, es gibt offenbar nichts, auf das man die knalligen Muster nicht drucken könnte. Beim gemütlichen Surfen vorm heimischen Computermonitor lass ich mir das dann schon eher gefallen. Und wenn man auch in meinen eigenen vier Wänden wohl nie ein Dekokisschen mit dem populären Mohnblütendruck finden wird, muss ich gestehen, dass ich die Kinderbettwäsche aus 100 % Baumwolle mit geschlechtsneutralem Dschungelprint sogar ziemlich cool finde. Den Bezug, der komplett ohne schädliche Chemikalien hergestellt wird, gibt es außerdem mit romantischen oder gewohnt dekorativen Retro-Drucken und klaren geometrischen Mustern. Marimekko, Alte Schönhauser Straße 42, 10119 Berlin, www.marimekko.com
OH, JEREMY Ist: nicht das, was es zu sein scheint Kann: Lippenstift, Handy und goldene Kreditkarte beherbergen Kostet: 365 € Eine Clutch wie diese zu besitzen sollte eigentlich im Fashion Grundgesetz festgelegt werden, denn wie sonst soll man bitteschön zu einem eleganten abendlichen Dinner erscheinen? Mit einer überdimensionalen Tüte, schlimmstenfalls noch ausgebeult von Einkäufen, etwa? In Zeiten der XXL-Handtaschen, die vom Volumen dem Reisegepäck Konkurrenz machen, bildet die Panties-Clutch von Jeremy Scott also ein feines Gegenstück. Der amerikanische Designer nimmt der Mode gerne mal das Elitäre und verpasst ihr eine ordentliche Prise Humor. Anders als andere Handtaschen, die beim Opernbesuch oder dem schicken Abendessen zwischen Oberkörper und Unterarm geklemmt lediglich als dezentes Accessoire dienen, ist die garantiert blütenreine Lederbuxe ein wahrer Blickfang. Ob sich die Clutch in puristischem Design jedoch genauso gut auf dem Tisch beim Edel-Italiener macht, müsste wohl erst auf eigene Faust rausgefunden werden. www.colette.fr
10 Gl端ckstag
Olga & Marck im Happy Shop
Glückstag
MEHR ALS EINE MITTESCHNITTE Text Eugen Bräunig
Bilder Joachim Zimmermann
Toast und Wasser, Coffee-to-go, Frozen Joghurt, Walnuss-Focaccia, Veggie-Burger. Es ist gerade mal kurz nach neun, als ich mich von der Brunnenstraße auf den Weg zum „Keyser Soze“ begebe. Das Café ist direkt auf der Tucholskystraße. Gleich schräg gegenüber von der Wunderkindfiliale, die gerade dicht gemacht hat. Als unser Fotograf Joachim und ich hier eintreffen, ist der Laden noch so gut wie leer. Für uns gibt's jedenfalls erstmal Toast, Kaffee und Wasser. Kurz darauf brechen wir auf, um Mittes historisches Viertel sozusagen per Zufallsmodus zu erkunden. Für alle, die es ganz genau wissen wollen: Wir nehmen euch mit auf einen Rundgang durch die Spandauer Vorstadt sowie das angrenzende Scheunenviertel östlich der Rosenthaler Straße.
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12 Glückstag
Keyser Soze
Keyser Soze Tucholskystr. 33 www.keyser-soze.de KW Institute for Contemporary Art Auguststr. 69 www.kw-berlin.com me Collectors Room Auguststr. 68 www.me-berlin.com Galerie Eigen + Art Auguststr. 26 www.cgi.art-art.com Cruba by Mira Becker Auguststr. 28 www.cruba-mirabecker.com Sophienclub Sophienstr. 6 www.sophienclub.com Cantamaggio Alte Schönhauser Str. 4 www.cantamaggio.de Mädchenitaliener Alte Schönhauser Str. 12 YamYam Alte Schönhauser Str. 6 www.yamyam-berlin.de
Manfred
Zunächst beschließen wir, einfach der Auguststraße, d.h. Berlins Galerienmeile, ein Stückchen zu folgen. Wir kommen vorbei an dem KW, dem wie ausgestorben wirkenden me Collector's Room sowie der Galerie Eigen + Art, die u. a. namhafte Künstler wie Martin Eder und Neo Rauch vertritt. Cruba – das Geschäft der Modedesignerin Mira Becker – ist um diese Zeit noch geschlossen. Während ich noch einen verstohlenen Blick in die Auslage werfe, hat Joachim ein weißes Kätzchen in der Sonne vor der Bäckerei gegenüber entdeckt. Anziehungspunkte für Mensch und Tier gleichermaßen sind an diesem Morgen offensichtlich nur die besonders sonnigen Fleckchen in Mitte. Wir biegen ab in die Sophienstraße. Da kommen uns auch schon zwei, drei interessante junge Leutchen entgegen. Die lassen wir jedoch gleich wieder aus den Augen, als wir ein paar Meter weiter einen ziemlich coolen älteren Herrn mit einem Kanister Motorenöl erspähen. Gut gelaunt stellt sich uns dieser wenig später als Manfred Wisselinck vor. Wir treffen ihn vor seiner Wohnung an, die sich gleich schräg gegenüber vom Sophienclub befindet. Obwohl Herr Wisselinck gerade auf dem Weg zur Reha ist, nimmt er sich ein paar Minuten für uns Zeit. Einige gute Italiener gebe es hier in der Gegend, z. B. auf der Alten Schönhauser. Im Sophienclub sei er auch schon einmal gewesen. Allerdings findet Herr Wisselinck die Getränke dort zu teuer. Außerdem meint er: „Schreiben Sie sich mal meine Meinung zum Coffee-to-go auf. Das kann ja wohl so nicht im Sinne der Umwelt sein. Das hat dermaßen zugenommen... und überall stehen die Becher herum!“ Den Kiez findet er trotzdem „schon ein bisschen lieblich“. Seine Kinder leben in Amerika, erzählt er uns weiter. Bei ihren Besuchen würden die sich natürlich auch über die Einkaufsmög-
Yoli
lichkeiten in der Gegend freuen. Wir laufen weiter die Straße hinunter, überqueren die Rosenthaler Straße und gehen vorbei an einem weiteren Hotspot: dem wie immer gut besuchten Café Caras. Die Neue Schönhauser geht in die Alte über und noch bevor wir die hier ansässigen Restaurants Mädchenitaliener und Cantamaggio erreicht haben, treffen wir die Kaviar Gauche-Mitarbeiterin Steffi, 21. Sie ist bepackt mit Klamotten und auf der Suche nach dem grünen Mercedes ihrer Chefin. Während wir sie ein Stückchen bei der Suche begleiten, schwärmt sie uns vor, wie toll doch dieser Frozen JoghurtLaden auf der Münzstraße sei. Yoli heißt der. In den vergangenen Monaten hat Steffi hier einmal das ganze Spektrum an Joghurt-Toppings durchprobiert – von Ananas über Brownie, Granatapfel und Himbeer bis hin zu Oreo, Smarties und Zitronentarte. Den Mercedes müssen wir unterwegs irgendwie übersehen haben. Am Café Hauser beschließen wir, doch lieber wieder umzukehren. „Die haben übrigens ein Wahnsinns-WalnussFocaccia“, meint Steffi noch. Den Wagen finden wir schließlich doch unmittelbar vor dem Cantamaggio... Aber Restaurants wie dieses machen in Mitte gern erst gegen 18 oder 19 Uhr auf. So auch in diesem Fall. Steffi muss jetzt wieder zurück in den Laden. Und in anderthalb Wochen sogar wieder zurück nach Düsseldorf, wo sie Mode und Designmanagement studiert. Wir hingegen dürfen uns an dieser Stelle eine kleine Pause gönnen. Auf der anderen Straßenseite ist ein sonniger Platz mit Spielplatz, Bäumen und Sitzgelegenheiten. Wir blicken auf das Café Blaues Band. Hier scheint so ziemlich die gesamte Crew des Starstyling Stores (Mulackstraße) zum späten Frühstück versammelt zu sein. Ein schönes Bild. Die Sonne strahlt, und vor dem korea-
Gl端ckstag
Keyser Soze
Steffi
Steven
Sophienclub
YamYam
Katze
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Blaues Band
Platoon
Rianna in Berlin
Fine
*Lil* Shop
nischen Restaurant YamYam schließt gerade ein Mädchen ihr Fahrrad an. Wieder etwas gestärkt gehen wir hinüber und sprechen sie an. Fine, 23, studiert Anthropologie und jobbt im YamYam. Sie hat gleich eine ganze Reihe guter Tipps für uns: Die Agentur Platoon, vorn am Rosa-Luxemburg-Platz. „Die fördern lokale Künstler und auch so Guerilla-Aktionen“, erzählt Fine, während Joachim sie vor einer der letzten großen Freiflächen dieser Gegend fotografiert. Als nächstes nennt sie den Made in Berlin an der Ecke zur Münzstraße.. Inzwischen haben wir so viele tolle Empfehlungen erhalten, dass wir erstmal kurz beratschlagen müssen, wo es denn nun eigentlich als nächstes hingehen soll. Wir entschließen uns, erstmal die kleine Max-Beer-Straße hinunterzulaufen, um anschließend den Frozen Joghurt Laden Yoli anzusteuern. Dort angekommen erfahren wir wieder einmal, dass Mitte eben doch erst 13 Uhr aus seinem Dornröschenschlaf zu erwachen pflegt. Der Laden ist noch geschlossen, und während wir noch grübeln, wie es denn nun weitergehen soll, kommt ein irgendwie total sympathisch und heiter wirkender Typ mit längeren Haaren auf uns zu. Wenn man einmal so drin ist, wildfremde Menschen anzuquatschen, fällt das irgendwann gar nicht mehr so schwer. Und so erfahren wir auch von diesem Kandidaten gleich darauf, dass er Sebastian heißt, 35 Jahre alt ist und ebenfalls als Journalist tätig ist. Jedoch ist er nur für ein paar Tage in der Stadt, um hier eine Radio-Dokumentation über Rosa Luxemburg zu machen. Sebastian mag das Kaffeemitte. Egal was die Leute sagen. Seine Begründung dafür ist überzeugend: Da sei irgendwann mal so ein sich küssendes Paar gewesen, das er dort an einem Wintertag durch die Fenster gesehen habe. Und jetzt müsse er immer an die beiden denken, wenn er selbst mal auf
ein Tässchen im Kaffeemitte sitzt. Was Sebastian offen bedauert, ist der seit Neustem fehlende Comicladen neben dem Café. Und tatsächlich: Als wir wenig später am Kaffeemitte vorbeikommen, sind die Räume vom Groben Unfug nebenan bereits leer gezogen. An Sebastian kann es nicht gelegen haben. Er beteuerte, hier immer mit vollen Händen herausgegangen zu sein! Wir beschließen, einfach die Weinmeisterstraße noch bis zum Ende zu laufen, um anschließend in die Gipsstraße einzubiegen. Das stellt sich als eine gute Idee heraus. Denn tatsächlich treffen wir mit der isländischen Künstlerin Gutdny Gutdmundsdóttir auch hier wieder auf einen weiteren aufgeschlossenen Kiezbewohner. Auf dem begrünten Platz vor einem Geschäft namens Urban Speed sowie der JR Ledermanufaktur erzählt sie uns von ihrem Studium an der HFBK in Hamburg, ihren Zeichnungen und Skulpturen. Natürlich hat sie auch auf Anhieb einige Empfehlungen für uns parat: Das Hackbart Café und auch ein Restaurant namens The Barn gefallen ihr sehr gut. Dann hat sie noch einen sichtlichen Geistesblitz. Da gebe es so einen Laden namens Rianna in Berlin gleich um die Ecke, auf der Großen Hamburger Straße. Da sollen wir unbedingt hingehen. Gesagt, getan. Und schon sind wir da. Etwa zeitgleich mit uns trifft auch Rianna selbst ein. Die Besitzerin dieses knallbunten und todschicken Ladens fängt sogleich mit Begeisterung an, uns ihre Geschichte zu erzählen. Zwanzig Jahre lang hat sie den Laden nämlich in Athen geführt. Der Umzug nach Berlin ist jetzt zwei Jahre her. Sie meint, so etwas wie ihren eklektischen Mix habe es in Berlin so vorher eben noch nicht gegeben: zum einen hochwertigste Second Hand Ware, sogar Haute Couture wie einzelne Teile von Jean Paul Gaultier aus dem Vorjahr. Hinzu kommen ihre selbst entworfenen Taschenkollektio-
Glückstag
Steven Mills
The Barn
nen und natürlich die Neuware einiger selten bis gar nicht in Deutschland vertriebenen Labels wie zum Beispiel Just In Case. Da wir es mit einer echten Insiderin zu tun haben, kann Rianna sogleich ein neues Fähnchen in unsere Modelandkarte stecken. Denn mit den Worten „Ich würde nirgendwo anders einkaufen“ schickt sie uns zielsicher in den Happy Shop. Dieser wurde gerade erst Anfang Jahres auf der Torstraße eröffnet. Auf dem Weg dorthin schauen wir nun noch einmal im Yoli vorbei. Der Laden hat inzwischen geöffnet, sodass wir uns selbst ein Bild von deren Leckereien machen können. Im Happy Shop angekommen, überrumpeln wir die Stylistin Olga, 25, und den Creative Director Marck, 26, gleich mit einer ganzen Menge Fragen und Fotos. Doch die beiden sind stolz wie Oscar über ihr verspieltes Ladenkonzept und führen uns bereitwillig die von der Decke abgehängten, verstellbaren Kleiderbügelaufhängungen vor. Mir fehlen die Worte, um dieses ungewöhnliche Interior Design so richtig auf den Punkt zu beschreiben. Zu den vertretenen Labels zählen Topshop, Meadham Kirchhoff, Hannes Roether, Camilla Skovgaard sowie Minä Perhonen. Als wir erneut um eine Empfehlung bitten, fällt wie aus der Pistole geschossen der Name *Lil* Shop. Die beiden verabschieden uns freundlich, und wir machen uns wieder auf den Weg. Nur wenige Schritte weiter fällt uns eine neue größere Niederlassung des Comicladens Grober Unfug auf. Das war der, den Sebastian ja an der Weinmeisterstraße so vermisst hatte. Hier an der Ecke Torstraße/Christinenstraße läuft uns nur Augenblicke später auch der bislang bunteste Vogel unserer heutigen Tour über den Weg: Steven, 27, in Begleitung seines winzigen Jack-Russels, der den Namen Max trägt. Der angehende Sozial-
Gutdny
pädagoge vermisst den Kickerladen, „den se jetzt zugemacht haben“. Aber in den Weinbergspark geht er nach wie vor gern. Und zum Piercen ins Classic Tattoo am Rosa-Luxemburg-Platz. Tattoos hingegen seien ihm dort zu teuer. Verständlich nach dem Medienrummel, den der Laden in der letzten Zeit bekommen hat.
Yoli Frozen Yoghurt
Im *Lil* Shop schließlich angekommen, treffen wir auf den New Yorker Personal Shopper Steven Mills, der hier gerade die Vertretung macht. Er gehe gern ins Oliv auf der Münzstraße. Aber Geschäfte? Steven ist bisher noch nicht so begeistert von Berlins Stores und Boutiquen. Doch am Ende nennt er uns mit Firmament, Soto, Ulf Haines und dem Civilist Store sogar eine ganze Reihe bemerkenswerter Modegeschäfte. Es ist ein nettes Gespräch, und während Joa und Steven noch ein Foto vor dem Laden machen, lerne ich auch die Besitzerin und Namensgeberin Lil einmal persönlich kennen. Für alle Anhänger des japanischen Modeschöpfers Jun'ya Watanabe: Ihr Laden führt nahezu ausschließlich das Label Comme des Garçons.
Made in Berlin
Münzstr. 11 www.yoli-berlin.de Platoon Agency Alte Schönhauser Str. 3 www.platoon.org
Neue Schönhauser Str. 19, www.kleidermarkt.de Starstyling Mulackstr. 4 www.starstyling.net Rianna in Berlin Große Hamburger Str. 25 www.riannainberlin.com Happy Shop Torstr. 67 www.happyshop-berlin.com Lil*Shop
Da wir uns auf der Brunnenstraße befinden, bin ich auch nur noch einen Katzensprung von zu Hause entfernt. Joa und ich können noch ein paar Schritte gemeinsam laufen. Erst vorne an der Ecke zur Veteranenstraße trennen sich unsere Wege. Vorerst, versteht sich!
Brunnenstr. 184 www.lil-shop.com Civilist Store Brunnenstr. 13 www.civilistberlin.com Soto Berlin Torstr. 72 www.facebook.com/sotoberlin Firmament powered by The Glade Linienstr. 40 www.am-firmament.com
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Text Martin Steinmetz
Translation P. 41 © Benjamin Krieg
© Sascha Kokot © Kuba Bakowski
© Alessandro Della Bella
© H.U.Bauer
© Remo Eisner
© Bettina Knoth
16 Mitte Streets
THEATER, TOP SECRET...
Mitte Streets
Ähnlich wie Geheimakten werden die Stücke junger Autoren beim „Stückemarkt“ behandelt: Die Namen der Schreiber werden auf dem Cover geschwärzt, bevor ihre Texte auf den Tischen der Jurymitglieder landen, die dann ihre Favoriten auswählen. Jedes Jahr ist der „Berliner Stückemarkt“ Showcase und Talentschmiede zugleich – für viele Teilnehmer geht es danach schnell nach oben und sie sind bald schon kein Geheimtipp mehr. „Unser Hauptanliegen ist, dass die Autoren nachhaltig gefördert und dass sie vor allem auch gespielt werden“, sagt Yvonne Büdenhölzer, Leiterin des Stückemarktes. Oft werden Autoren von Intendanten und Theatermachern im ganzen Land angeworben, auch von Bühnen in Österreich und der Schweiz. Nicht die Biografie der Autoren sei für die Jury entscheidend, sondern die Kraft ihrer Texte, sagen die Macher des Wettbewerbs, der seit 1978 fester Bestandteil des Berliner Theatertreffens ist. Dieses Jahr lassen renommierte Dramaturgen und Schauspieler fünf von 350 eingereichten Stücken in szenischen Lesungen vor dem Publikum lebendig werden. Wenn im Saal das Licht gedimmt wird und die Schauspieler mit der Lesung beginnen, geht es doch anders zu als im regulären Theater, sehr viel organischer und direkter. Denn das ist schließlich das Konzept. „Für uns ist das oft eine Mutfrage. Wenn ein Theater sagt, wir führen ein Stück auf, dann ist das meist ein langer Prozess. Beim Stückemarkt ist es so, dass wir das Stück gut finden und es deshalb auch in Szene setzen möchten“, sagt die 34-jährige Theatermacherin. Als nächstes wird nach Regisseuren und Schauspielern Ausschau gehalten, die involviert werden könnten. „Wir bauen uns sozusagen ausgehend vom Stück das Szenario drum herum“, sagt die Leiterin. Ein Sprungbrett, das oft die Welt bedeutet. Das Konzept scheint zu fruchten, denn immer länger wird die Liste derer, für die der Stückemarkt ein Sprungbrett in die Theaterkarriere ist. Manche Autoren werden nicht nur gespielt, sondern auch als Hausautoren an renommierten Bühnen engagiert, wie etwa Phillip Löhle, der 2007 mit Gospodin beim Stückemarkt dabei war und nun fest für das Maxim Gorki Theater arbeitet. Andere Erfolgsgeschichten sind unter anderem die von Anja Hilling und Oliver Kluck, die seit einiger Zeit die junge deutsche Theaterlandschaft mitgestalten. Es ist eine sehr bunte Mischung aus Stücken, die dieses Jahr in den Lesungen präsentiert werden – die Bühnenstücke sind formal, ästhetisch aber auch inhaltlich sehr unterschiedlich. Dimitrij Gawrisch aus Kiew erzählt in Brachland beispielsweise vom Schicksal zweier junger Männer, die aus einem osteuropäischen Land nach Deutschland kommen,
hier illegal leben und versuchen, Arbeit zu finden. Es ist ein Konfliktstück mit gesellschaftlicher Relevanz. In foreign angst beschreibt Konradin Kunze eine Art Psychothriller im Kopf der Hauptfigur, die in ein Kriegsgebiet reist. Viele seiner Erfahrungen hält der Protagonist mit seiner Videokamera fest. Spannend ist das Stück vor allem, weil im Verlauf der Geschichte unklar bleibt, ob das Beschriebene Realität oder Hirngespinst ist. Eine Familie, die daran zerbricht, dass ihre Mitglieder sich nicht gegenseitig helfen, aber eigentlich aufeinander angewiesen sind, ist außerdem Thema. Die Geschichte nimmt Mario Salazar als Gerüst für sein Stück Alles Gold was glänzt, bei dem der Leser oft nicht weiß, ob er lachen oder weinen soll. Der 30-jährige Salazar wuchs in Prenzlauer Berg auf, lebte in Frankreich und Argentinien. Zur Spielzeit 2008/2009 arbeitete er als Hospitant bei der Aufführung von Rummelplatz am Gorki-Theater, inszeniert von Armin Petras. Zu dem Zeitpunkt wurde er richtig von der Theaterwelt gepackt, sagt er mit breitem Grinsen. „Das Schöne am Theater und das Schöne am Stückemarkt ist, dass man den Text sehen darf“, sagt Salazar. „Wenn der Text im Buch und ganz für sich bleibt, hat das natürlich auch seinen Reiz, weil man seine eigenen Gedanken dazu entwickelt. Trotzdem finde ich es immer wieder spannend, wenn man die Bilder aus seinem Kopf in Bewegung bringen kann.“ So 08. Mai, 19:30 Uhr, BRACHLAND von Dmitrij Gawrisch, 9 Euro, Szenische Einrichtung Stephan Kimmig, Mi 11. Mai, 18:30 Uhr, FOREIGN ANGST von Konradin Kunze , 9 Euro, Szenische Einrichtung Friederike Heller, Do 19. Mai, 21:00 Uhr, ALLES GOLD WAS GLÄNZT von Mario Salazar, 9 Euro, Szenische Einrichtung Florian Fiedler. Weitere Informationen zum gesamten Spielplan des Stückemarkts sowie zum Programm des Theatertreffens mit Public Viewings unter www.theatertreffen-berlin.de oder unter 030 – 25 48 91 00.
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BERLINS UNGEWÖHNLICHSTE THEATER Text und Fotos Björn Lüdtke
Translation P. 41
Ins Theater gehen kann jeder. Hinsetzen, Vorhang auf, zuschauen, Vorhang zu. Aber es gibt auch ungewöhnlichere Orte, an denen geschauspielert, gesungen oder getanzt wird. Die abgefahrensten Berlins haben wir für euch rausgesucht.
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Gefängnistheater, Foto: Thomas Aurin
Dokutheater im Bunker Marina Schubarth, Regisseurin des Dokumentartheater Berlin, befasst sich vor allem mit den Schrecken des Zweiten Weltkriegs oder Katastrophen wie der von Tschernobyl. Um den Zuschauer direkt in die Geschichten mit einzubeziehen, wählt sie Bunker als Spielort. Das Stück OST-Arbeiter beispielsweise handelt von Zwangsarbeitern – da liegt es nahe, den Bunker am Blochplatz im Wedding als Bühne zu wählen, der tatsächlich von Kriegsgefangenen gebaut wurde. In den achtziger Jahren wurde er zum Luftschutzbunker umfunktioniert – die perfekte Kulisse für das Stück Und der Name des Sterns heißt Tschernobyl –, denn Schubarth findet, er erinnere ganz an das Innere eines Reaktors. Ein Thema, das vor den aktuellen Geschehnissen in Japan ganz neue Bedeutung gewinnt. Auf die Frage, ob es sie nicht bedrückt, an einem solchen Ort zu arbeiten, antwortet Schubarth: „Meine Darsteller sind etwas ganz Besonderes. Trotz der schweren Themen lachen wir oft, und die Atmosphäre, die die Darsteller kreieren, macht sogar die kalten Bunkerräumlichkeiten warm. So ist es mir eine Freude, zu meiner Arbeit zu gehen. Trotzdem ist es unheimlich, wenn man alleine im Bunker ist.“ Die Zuschauer seien vom Spielort unter der Erde fasziniert. „Doch dann, glaube ich, sind alle sehr froh, dass sie wieder in ein freies, bombenloses Leben hochsteigen können. Das ist auch mein Regiewunsch.
Das Helmi Puppentheater
Ich wünsche mir, dass die Menschen verstehen, dass der Krieg nur eines tut, er nimmt alles, zerstört alles. Und wenn man dann die Bunkertüre wieder von außen schließt, wünsche ich mir, dass man aufatmet und glücklich ist, dass man in dieser Zeit in friedlichen Verhältnissen lebt, die man versuchen sollte zu bewahren.“
Theater im Jugendknast Es gibt nicht viele Justizvollzugsanstalten auf der Welt, deren Insassen Theater spielen dürfen. Da gibt es zum einen die Proben mit dem Theaterteam aus Regisseur, Produktionsleitung oder Bühnenbild. Zum anderen werden die einstudierten Stücke einem Publikum gezeigt, das von der anderen Seite der Gefängnismauern kommt. Das bedeutet für die Gefängnisleitung ein gewisses Sicherheitsrisiko und vor allem zusätzliche Arbeit. Doch davor scheut man sich in der Jugendstrafanstalt in Tegel nicht, und siehe da, das klappt ganz prima. Selbst wenn die Laienschauspieler mit langen Holzstöcken und Axt-Attrappen auf der Bühne hantieren, hat man als Zuschauer zu keiner Sekunde das Gefühl, nicht sicher zu sein. Und das, obwohl es keine Trennung zwischen Bühne und Zuschauern gibt. Auch das Sicherheitspersonal ist kaum bemerkbar. Die Stücke sind professionell inszeniert, die Darsteller bekommen Sprech- und Schauspielunterricht. Gut ist auch, dass man darauf verzichtet, den pädagogischen
oder moralischen Zeigefinger zu erheben. Schon nach kurzer Zeit vergisst man, dass man sich im Gefängnis befindet. Nach den Aufführungen bekommen die Zuschauer die Möglichkeit, sowohl mit dem Team als auch mit den Inhaftierten zu sprechen. Der junge Mann, der wegen versuchten Mordes einsitzt und für das Stück Krabat ganz in Weiß sogar extra Gitarre gelernt hat, sitzt seit Mitte 2009, bis 2013 muss er noch. Nicht ganz ohne Stolz antwortet er auf die Frage nach seinem Lampenfieber: „Ich hatte das Glück, vor einem Jahr schon mal mitspielen zu dürfen und bin deshalb sozusagen ein kleiner Veteran. Man schlottert noch’n bisschen, aber im Großen und Ganzen geht’s ganz gut... Durch die Scheinwerfer sieht man die Zuschauer halt nicht.“ Er gibt zu, dass er sich das doch recht komplexe Stück nie angeschaut hätte, bevor er ins Gefängnis kam. Aber die Erfahrung hat ihn verändert. Wenn er rauskommt, will er weiter Theater spielen. Die Texte des Stücks sind recht anspruchsvoll, die Choreographien der getanzten Szenen nicht weniger. Allen Beteiligten ist während der Aufführung, vor allem aber beim enthusiastischen Schlussapplaus ihr Stolz anzumerken. Stolz darauf, etwas gelernt, geschafft und bewältigt zu haben. Man wünscht sich instinktiv, dass alle Inhaftierten dieser Welt Theater spielen dürften. Im Juni läuft Don Quichote in der JVA Tegel, im September – dann unter freiem Himmel – Maria und Elisabeth, frei nach Fried-
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Dokumentartheater
rich Schillers Maria Stuart. Unbedingt anschauen.
Das Helmi Puppentheater Das Helmi mit Worten zu beschreiben fällt sehr schwer. Klar, es handelt sich um ein Puppentheater. Wie die Legende es will, fand die erste Aufführung auf dem Hemholtzplatz im Prenzlauer Berg statt, mit Puppen aus einer alten Matratze, ein paar Stoffresten und Draht. Hänsel und Gretel stand damals auf dem spontanen Spielplan. Ja, interessante Geschichte. Doch eigentlich kann man das Helmi nur spüren. In der Bauchgegend, wenn man vor Schmerzen nicht mehr lachen will, aber trotzdem nicht aufhören kann. Wenn man vor Verzweiflung in seine Jacke beißt. Erst dann weiß man, was das Helmi ist. Mit den Puppen, denen während der Aufführungen auch schon mal die eine oder andere Extremität abfällt, werden vor allem bekannte Theaterstücke oder Filme nachgespielt. Gerade lief Rocky an. Ob sie sich an ein Skript halten, wollen wir wissen. Florian Loycke, fester Bestandteil des Ensembles: „Es entsteht ein Buch während der Proben, wo eben auch ein paar Texte aus dem Film oder anderen Quellen vorkommen wie Raupe Nimmersatt, Drei (Tom Tykwer), Verwandlung (Kafka) oder Cheech und Chong, Hans und die Bohnenranke, Sisyphos (Camus). Manche Texte sind auch von uns, etwa die Hälfte. Bei der Aufführung kommen noch ein paar dazu.“ Wenn man ehrlich ist, dann sind aber ge-
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Unterwasseroper
rade die Texthänger und Improvisationen am lustigsten. Wenn sich die Puppenspieler, die sich nicht verstecken, wie beim Puppentheater üblich, in die Situationen reinsteigern und selbst anfangen zu kichern. (Kleiner Tipp: Man achte auf die Mimik von Emir Tebatebai, das ist der Herr mit den Locken – was nicht heißen soll, dass die anderen nicht auch zum Schießen sind). Ob die Puppen und das Bühnenbild komplett aus Müll gefertigt seien. Dazu Loycke: „Für mich ist das ja auch kein Müll, sondern der Reichtum der Stadt beziehungsweise das Strandgut der Stadt. Wenn ich nicht Puppen bauen würde, wäre ich wahrscheinlich ein krasser Messie. So verbrauche ich die Sachen schnell wieder...“ Besonders empfehlenswert ist Matrix. Jacke zum Reinbeißen nicht vergessen.
Das 28-köpfige Ensemble befindet sich während der Aufführung über, im und unter Wasser. Auch das Schlagwerk spielt im Becken. Die Berliner Komponistin Susanne Stelzenbach integriert Klänge aus dem antarktischen Tiefeis, aufgezeichnet von der Palaoa-Horchstation, und Interviews mit den dort lebenden Wissenschaftlern in eine Musiktheater-Handlung. Im Stück geht es um Jugend. Darum, ein Gesellschaftsmodell zu finden, in dem die Alten nicht ausgeschlossen sind. Vor allem Mezzosopranistin Claudia Herr, die die Rolle der jungen Frau spielt, taucht und singt dabei. Schwer vorstellbar? Stimmt. Bleibt also nur eins – selber anschauen. Karten und Spielpläne unter: www.dokumentartheater.de www.gefaengnistheater.de www.das-helmi.de
Unterwasseroper
www.unterwasseroper.de
Unter Wasser singen, wie soll das denn funktionieren? Nun, fragen wir mal die Initiatorin der Unterwasseroper Aquaria Palaoa, Claudia Herr. „Ich war früher Leistungsschwimmerin und bin durch Zufall im Stadtbad Neukölln gelandet. Das größte betriebene Jugendstilbad Deutschlands ist vom Ambiente her wie eine Oper. Ich hatte sofort die Inspiration, dort eine Oper zu realisieren. Mein erster Versuch war die Performance AquAria, in der ich den Gesang und das Schlagwerk unter Wasser entdeckt habe. Das war im Jahr 2000. Seit dem lässt mich das Thema nicht mehr los.“
Nächste Produktion von „aufBruch“: „Don Quichote“ „Freiluftgefangenentheater“ in der „JVA Tegel“ am 22.6., 24.6., 29.6. sowie 1.7., 6.7., 8.7., 13. und 15.7.2011 um 18 Uhr. Karten sind nur im Vorverkauf mit persönlicher Anmeldung ab 23.5.2011 an der Kasse der „Volksbühne“ erhältlich.
Kulturgut
ILLUSTRATOR DES MONATS: SEBASTIAN BLINDE Translation P. 42
Als Kind, ich wurde 1979 in Berlin geboren, bin ich oft mit meiner Mutter durch den Matsch in unserem Garten in Köpenick gekrochen. Wir haben Raupen und ähnliches Getier in rauen Mengen in diversen Gläsern gesammelt, um dann in Ruhe jede Kleinigkeit der gefangenen Insekten und deren fremdartigen Transformationsprozess studieren zu können. Auch heute sind solche Entdeckungen von bizarren Naturformen oft der Startpunkt für eine neue Arbeit, und obwohl ich die beobachteten Texturen, Federn, Schuppen oder Felle detailgetreu darstelle, leben meine Illustrationen am Ende doch auch von der staunenden Sicht eines Kindes, das all diese Eindrücke als Requisiten in der Fantasie zu neuen Szenarien komponiert und immer noch etwas Erfundenes oder Erträumtes hinzuaddiert. So ist auch die Poster-Illustration für MitteSchön das Resultat aus vielen Stunden mit Brehms Tierleben, einer Traumsequenz, in der ich schreiend durch die verlassenen Gänge meiner alten Plattenbauschule renne, und einer generell skeptischen Einstellung Katzen gegenüber. Das Ergebnis ist eine Momentaufnahme, das letzte, diffuse Bild einer langen Nacht mit unruhigem Schlaf und eine Erinnerung an die vielfältigen Möglichkeiten unseres Unterbewusstseins, Erlebtes mit den Auswüchsen unserer Fantasie zu vermengen. Neben meinen freien Arbeiten, großformatigen, detailreichen Zeichnungen, in denen ich mich wochenlang verlieren kann, konnte ich einige interessante Projekte, zum Beispiel kürzlich für die Initiative Musik, realisieren. Um daran anzuknüpfen, bin ich immer auf der Suche nach neuen Ideen, guten Aufträgen, Ausstellungsmöglichkeiten und natürlich nach dem Hirsch mit dem goldenen Geweih. www.sebastian-blinde.com info@sebastian-blinde.com
Du bist Illustrator und möchtest mit deinem Artwork das nächste heraustrennbare „MitteSchön“-Poster zieren? Dann schick uns deine Bilder und Entwürfe an: info@mitteschoen.com.
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Kieztalk
DER WANDELBARE: LARS EIDINGER Text Bettina Schuler
Bilder Florian Braun
Garderobe: Marita Kaiser
Translation P. 42
Seit nunmehr zwölf Jahren ist Lars Eidinger an der Schaubühne. Er hat dort die Hauptrolle in „Endstation Sehnsucht“, den Alceste in Molières „Menschenfeind“ und den Hamlet in einer Inszenierung von Thomas Ostermeier gespielt. Auch im Fernsehen war er schon in zahlreichen Rollen zu sehen, so zum Beispiel als Geliebter von Nicolette Krebitz in dem Beziehungsdrama „Verhältnisse“. Eine Rolle, die ihm eine Nominierung für den Deutschen Fernsehpreis einbrachte. Doch trotzdem wird sein Name vor allem mit einem Film verbunden, mit Maren Ades preisgekröntem Film „Alle Anderen“, in dem er neben Birgit Minichmayer den orientierungslosen Mittdreißiger Chris gibt, der zwischen der Angst vor einer bürgerlichen Existenz und dem Wunsch nach gesellschaftlicher Anerkennung schwankt. Wir haben den Schauspieler getroffen und mit ihm über seine Rollen, sein Männlichkeitsverständnis und den Unterschied zwischen Film und Theater gesprochen.
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„Ich bin eher erleichtert, dass ich diesem Männerbild, mit dem ich selbst zum Teil auch noch aufgewachsen bin, nicht mehr gerecht werden muss. Ich finde es viel besser, dass die Grenzen zwischen Männlichund Weiblichkeit immer weiter verschwimmen.“
„Alle Anderen“ ist DER Film über die Generation der heutigen Mittdreißiger, die nichts mehr fürchten als die gesellschaftliche Anpassung, sich aber trotzdem nach dem klassischen beruflichen Erfolg sehen. War euch bewusst, dass ihr mit der Geschichte von Chris und Gitti haarscharf den Nerv der Zeit trefft? Nein, dafür sind wir zu viel Teil dieser Generation und leben dieses Leben alle noch viel zu sehr. Es ging auch nicht darum, ein Abbild unserer Generation zu zeichnen oder ein Urteil über sie zu fällen. Aber natürlich freut es mich, dass sich so viele Zuschauer in dem Film wieder erkennen. Ich habe immer gedacht, dass ein Film gar nichts mehr bewegen kann und er die Zuschauer im besten Fall so lange beschäftigt, wie er andauert. Doch das trifft auf Alle Anderen überhaupt nicht zu. Obwohl der Film schon zwei Jahre alt ist, höre ich immer noch, wie die Leute darüber diskutieren. Damit macht der Film nichts anderes als Politik: Er beschäftigt die Menschen und verändert etwas bei ihnen. Was kann man sich von einem Film mehr wünschen, in dem man mitspielt? Chris, deine Rolle in „Alle Anderen“, fühlt sich im Verlauf des Filmes immer mehr von dem traditionellen, männlichen Rollenbild angezogen, obwohl er eigentlich ein recht aufgeklärter und moderner Mann ist. Glaubst du, viele Mittdreißiger sehnen sich im Grunde ihres Herzens nach dieser klassischen Rollenverteilung, weil sie eine klare Orientierung und Halt verspricht?
Ich persönlich sehne mich danach überhaupt nicht. Ich bin eher erleichtert, dass ich diesem Männerbild, mit dem ich selbst zum Teil auch noch aufgewachsen bin, nicht mehr gerecht werden muss. Ich finde es viel besser, dass die Grenzen zwischen Männlich- und Weiblichkeit immer weiter verschwimmen. Aber ich bin mir natürlich auch der Probleme und Konflikte bewusst, die daraus resultieren. Einerseits verlangen Frauen heute, dass Männer sich öffnen und ihre Gefühle zeigen. Anderseits ist es genau das, was sie bei Männern abstößt. Keine Frau will einen Mann, der ihr die ganze Zeit sagt, dass er unsicher ist und nicht weiß, wo es bei ihm hingeht. Im Gegenteil: Eine gewisse Souveränität und Härte wird von Frauen als attraktiv empfunden. Was wiederum dem Bedürfnis nach mehr emotionaler Offenheit widerspricht. In genau diesem Konflikt befinden sich die heutigen modernen Männer. Ein unlösbarer Konflikt? Ich denke, dass es einfach noch einige Zeit braucht, bis sich dieser Konflikt entspannt und endgültig löst. Aber wenn ich die heutigen Zwanzigjährigen beobachte, habe ich immer das Gefühl, dass die in dieser Beziehung schon viel weiter sind als meine Generation, die in den 80ern groß geworden ist und noch versucht, ihre Emotionen mit Coolness zu deckeln so wie Chris. Der sich schlussendlich dann doch nicht traut, zu seinen Entscheidungen und Gefühlen zu stehen. Was übrigens bei Hamlet,
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den du ja auch schon an der Schaubühne gespielt hast, ganz ähnlich ist. Nur, dass er sein Handeln nicht hinter der Coolness, sondern hinter einer Maske des Wahnsinns versteckt.
schaft zusammenhängt. So ähnlich ist es auch mit der Schaubühne. Sie ist mein Verein. Die Leute dort schätzen mich und meine Meinung. Das müsste ich mir an einem anderen Theater alles neu erarbeiten.
Das habe ich noch nie gehört. Aber klar, Hamlet wird ja auch immer als der große Zögerer interpretiert. Und im Grunde könnte Gitti auch während einer HamletVorstellung plötzlich auf die Bühne treten und schreien: „Jetzt entscheid dich doch endlich mal!“ Aber ist diese Zögerlichkeit nicht das Grundproblem aller Menschen? Dass wir lieber stagnieren, als unsere Träume in Angriff zu nehmen, weil wir uns vor den Konsequenzen dieser Veränderung fürchten? Das kenne ich auch aus meinem eigenen Leben.
Und eine komplette Existenz als Filmschauspieler?
In dem du schon seit zwölf Jahren an der Schaubühne spielst. Auch hier kein Wunsch nach Veränderung?
Thomas Ostermeier, der künstlerischen Leiter der Schaubühne, mit dem dich eine enge Freundschaft und ein Arbeitsverhältnis verbindet, hat mal gesagt, Schauspielerei sei ein Angstberuf...
Als Kind habe ich mal den Fußballverein gewechselt, weil die anderen mir gesagt haben, dass es doch viel besser ist, in der Landesliga als in der untersten Liga zu spielen. Außerdem haben sie mir noch ein Fahrrad versprochen. Das fand ich natürlich cool. Aber im Endeffekt war es eine rein karrieristische Entscheidung, auch wenn ich noch ein Kind war. Nach dem Wechsel habe ich dann recht schnell aufgehört, Fußball zu spielen, weil es mir einfach keinen Spaß mehr gemacht hat. Dadurch habe ich erst gemerkt, wie sehr mein Spaß am Fußball mit der Mann-
Das kann ich mir nicht vorstellen. Dafür probe und spiele ich viel zu gerne. Theaterspielen ist einfach ein ganz anderes Erlebnis. Sowohl mit den Kollegen als auch mit dem Publikum. Beim Film spielst du weder live, noch hast du immer einen Kollegen, den du anspielst. Das ist beim Machen natürlich viel unbefriedigender als zweieinhalb Stunden den Hamlet auf der Bühne zu spielen und direkt mit dem Publikum in Kontakt treten zu können.
Für mich ist Angst erstmal nichts Negatives. Als Kind habe ich es geliebt, Geisterbahn zu fahren, auch wenn ich tierisch Angst davor hatte. Aber das Tolle und Aufregende daran war ja, diese Angst zu überwinden. Mit dem Theater ist es eigentlich nicht anders. Meine größte Angst ist, dass ich dabei nicht mehr aufgeregt bin. Als Kind ist man ja auch vor Weihnachten aufgeregt. Wenn diese Aufregung weg ist, macht es nur noch halb so viel Spaß.
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Ich finde es spannend, immer wieder Hemmungen und Ängste auf der Bühne zu überwinden. Das ist auch der Grund, warum ich auf der Bühne gerne in die Extreme gehe: damit es für mich und die Zuschauer spannend bleibt - und nicht um der Provokation willen, so wie es mir manche Kritiker gerne unterstellen. Was kann es nach dem Hamlet eigentlich noch für eine Rolle geben? Das ist wirklich schwierig, insbesondere weil alles, was ich mir von der Rolle versprochen habe, auch eingelöst wurde. Ich konnte alles, was mich beschäftigt, alle meine Sehnsüchte und Interessen in diese Rolle einbringen. Dadurch merke ich jetzt natürlich, wie sehr mich andere Rollen einschränken. Aber, ehrlich gesagt, ist das auch ein echtes Luxusproblem. Viel schlimmer wäre es, wenn ich diese Rolle nie hätte spielen können. Demnächst werde ich mit Hans-Christian Schmid drehen. Das wird wieder eine neue Herausforderung.
Für alle, die noch mehr über Lars Eidinger erfahren wollen verlosen wir 3x das Buch „backstage 3 – EIDINGER“ von Michael Eberth, das gerade im Verlag „Theater der Zeit“ erschienen ist. Einfach eine Mail an info@mitteschoen.com senden und mitmachen!
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„SIE SIND ALLE SO DUMM – UND ICH BIN IHR CHEF!“ (LERNEN VON DEN FRANZOSEN) Text Oliver Janik
Illustration Evelyn Hahn
„Was ich noch sagen wollte…“ – Hinweise auf Missstände und andere Belanglosigkeiten.
Ja, das ist ein Originalzitat. Und jetzt muss das niemand erraten oder sogar wissen, um mindestens eine total reduktionistische Bürotischlampe eines skandinavischen Nachwuchsdesigners zu gewinnen – das überlassen wir den – nebenbei sehr geschätzten Kollegen von Brandeins und ihrer letzten Seite. So viel sei verraten: es ist weder Barack Obama noch Uli Hoeneß. Errät man ja doch nicht: General Strategus, Lagerkommandant (Asterix und die Goten). Dass Asterix – neben der Jugend – die beste Vorbereitung für das Erwachsensein war, ist ja den in den 60ern und 70ern Geborenen hinlänglich bekannt. Und ich spreche jetzt nicht von den lateinischen Zitaten Marke „Alea iacta est!“ oder „Morituri te salutant!“, die man nach Lektüre von 2, 3 Heften mehr oder weniger alle auswendig kannte und mit denen man noch heute nach ein paar Gläsern Primitivo in geselliger Runde ein kleines Latinum vortäuschen kann. Naja, kurz halt. Es ging um viel mehr: Asterix war ein gezeichneter Bildungsauftrag in der Tradition anderer großer französischer Intellektueller wie Sartre, Camus oder Zola, und deswegen war er – wie das Ouevre der genannten Herren – für die Ewigkeit geschrieben. Und ist deshalb so aktuell. Nehmen wir „Sie sind alle so dumm – und ich bin ihr Chef!“ – geradezu auf den Leib geschrieben für bereits oben genannte Herren, kommt aber sicherlich auch Frau Merkel ein ums andere Mal über die Lippen, wenn sie an ihre Jungs denkt – man erinnere sich nur (kurz bitte!) an den völlig zu Recht vergessenen Ex-Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg Günther Oettinger und seine Trauerrede für den verstorbenen
NS-Richter und späteren Ministerpräsidenten Filbinger oder an seine ersten Gehversuche in der englischen Sprache – als deutscher EU-Kommissar in Brüssel! „Die spinnen, die Römer!“ – ein Bonmot von Asterix, der seinen latent xenophoben Ansichten nahezu in jedem Heft Ausdruck verleiht. Auch heute nicht ausschließlich und immer von der Hand zu weisen, man denke nur an Silvio Berlusconi, Francesco Totti und – nicht zu vergessen – den Fiat Multipla von vorne. Aber zur Ehrenrettung der Gallier sei gesagt: wo Extrempositionen eingenommen werden, gibt es ja immer auch eine „Voice of Reason“ und die ist einmal mehr Methusalix vorbehalten: „Ich habe nichts gegen Fremde.“ („Das Geschenk Cäsars“) Andere Themen mit Tagesaktualität: Essstörungen! „Ich bin nicht dick!“ (Obelix, mit der hierfür symptomatischen gebetsmühlenartigen Wiederholung in jedem 2. Heft) oder Drogenmissbrauch: „Ein Hörnchen Wein bleibt ungern allein.“ (Majestix in Asterix und der Avernerschild) „Das Dorf bin ich!“ (Grobianix in Der große Graben) – das erinnert natürlich nicht nur an Kim Jong II oder das Despotentum der Münchner Wiesnwirte, sondern klingt auch verdächtig stark nach Felix Magath. Klar ist aber damals wie heute: „Beati pauperes spiritu!“ – frei übersetzt: „Selig sind die geistig Armen!“ (Quadratus, Baumeister, „Die Trabantenstadt“), und dass wir von den Franzosen jede Menge lernen können, wissen wir also nicht erst seit Paul Bocuse und Franck Ribéry.
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DRESS TO IMPRESS Text und Fotos Paul Schlosser
Translation P. 41
Don’t be a drag just be a queen – um es mal nonchalant mit den Worten der sich gerne in Fleisch kleidenden Revolutionärin der Pop-Kultur Stefani Germanotta auszudrücken. Weshalb auf der nächsten Mottoparty, dem Kostümball oder zur Drag-Queen Kandidatur durch modische Fauxpas von sich reden machen, wo doch mit authentischen Kleidern und märchenhaften Roben aus dem Theaterfundus der glanzvolle Auftritt garantiert wäre! Den meisten Fundus ist der Verleih an Privatpersonen strikt untersagt. Beim Adlershofer Kostümverleih ist das anders.
Seit Anfang der 90er haben Wolfgang Schultes und sein Team ein System geschaffen, das privaten und geschäftlichen Kunden gleichermaßen erlaubt, sich auf eine faszinierende Reise durch die textile Kulturgeschichte zu begeben. Für die Abschlussarbeiten von Film- und TheaterHochschulabsolventen, angehenden Fotografen oder Theatergruppen wird sogar ein Rabatt von 20 Prozent gewährt.
mir ein ausgestopfter Alligator, der mit weit aufgerissenem Maul auf einer Chaiselongue thront, um ihn herum ein Koffer voller FDJ-Fahnen und Wimpel mit der Aufschrift „DDR-Sportfest 1969“. Ein paar Regale weiter steht ein schwer bewaffneter Barbar zwischen Barockkleidern und Uniformen der Verkehrsbetriebe und grinst mit einem lebensgroßen Skelett um die Wette.
Ich befinde mich auf einem Streifzug durch unterirdische Katakomben irgendwo im Südosten Berlins: Hier begegnet
Das, was hier nach einer Episode der amerikanischen Horror-Kultserie der 90er Geschichten aus der Gruft klingt, spielt sich
so oder ähnlich täglich in den Gemäuern des Berliner Kostümfundus ab und erfordert bei seinen Besuchern schon mal Nerven wie Drahtseile. Der DFF-Fundus zählt nicht nur zu den größten Requisiten-Lagern der Bundesrepublik, sondern ist womöglich auch der skurrilste seiner Art in ganz Deutschland. Alles was damals das DDR-Fernsehballett und andere Ost-Größen in ihren Sendungen trugen, wanderte in den gut sortierten Adlershofer Fundus, der sich fern vom Trubel der Großstadt über prall gefüllte 4000
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Quadratmeter inmitten eines unscheinbaren Gewerbegebiets erstreckt. Sämtliche Kostüme und Requisiten der Sammlung sind Originale. Da das DDR-Fernsehen viele Filme selbst drehte, wuchs der Fundus sehr schnell. Neben 35 000 Kostümen, dem drittgrößten Lagerbestand an Echthaarperücken und unzähligen Mützen, Masken und Hüten gehören 350 000 Requisiten zum Fundus, die vom Salzstreuer bis zum Beichtstuhl den größten Teil des Verleihs ausmachen. Über zwei Drittel des Umsatzes werden mit Ausstattungsgegenständen aus allen Epochen gemacht. Besonderer Fokus liegt dabei auf historischen und DDRtypischen Gegenständen. Die Liste bekannter Spielfilme, die von diesem Lagerbestand profitierten, ist lang: Goodbye Lenin, NVA oder Sonnenallee; jedoch auch für den preisgekrönten Film Das Leben der Anderen oder Boxhagener Platz bedienten sich Requisiteure im Adlershofer Fundus.
hat, die es auf die flotte Hexe, gespielt von X-Mens Leading Lady Famke Janssen, abgesehen haben. Besonders beeindruckt bin ich von den zahlreichen DDR-Fernsehballett-Kostümen mit historischem Wert, ihrer detaillierten Ausarbeitung und der handwerklich beeindruckenden Umsetzung. Was damals an hochwertigen Materialien fehlte, wurde durch die schier grenzenlose Kreativität der Kostümbildner wieder ausgeglichen. Falls für die Verarbeitung mal ein extravagantes Muster vorgesehen war, jedoch der geeignete Stoff fehlte, wusste man sich mit Pinsel und Farbe zu helfen. Hüte und andere Kopfbedeckungen wurden währenddessen aus einfachem Papier oder Folie kreiert, die jedoch erstaunlich edel wirken und wohl jeden japanischen Origami-Trickkünstler grün vor Neid anlaufen lassen würden. Adlershofer Requisiten- und Kostümfundus Ernst-Augustin-Str. 7
Dass auch Märchen, Ritter und alles, was mit martialischem Aussehen zu tun hat, ein großes Thema sind, beweist die jüngste Zusammenarbeit mit der internationalen Filmproduktion Hensel and Gretel: Witch Hunters. Der Blockbuster spielt einige Jahre, nachdem Hänsel und Gretel aus dem Pfefferkuchenhaus fliehen konnten, und begleitet das Geschwisterpaar, das sich inzwischen zu rachsüchtigen und weit bekannten Kopfgeldjägern entwickelt
12489 Berlin www.fundus-berlin.de
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10 FRAGEN AN NORA VON WALDSTÄTTEN Text André Uhl
Fotos Vöslauer
Translation P. 41
Geliebte eines internationalen Top-Terroristen, eine eiskalte Internatsschülerin, die ein tödliches Intrigennetz um ihre Mitschüler spinnt, ein Mädchen, dass ihren Freund mit wilden Flirts in den Wahnsinn treibt. Für Nora von Waldstätten bildeten diese Rollen ideale Plattformen, ihr eindrucksvolles Spiel einem großen Publikum zu präsentieren. Und zwar so überzeugend, dass die geborene Wienerin bereits mit dem „New Faces Award“ und dem „Max Ophüls Preis“ ausgezeichnet wurde. Aktuell ist die in Berlin lebende Schauspielerin in einem Kampagnenfilm des Mineralwasserherstellers „Vöslauer“ zu sehen. Wir stellten Nora zehn Fragen und erfuhren, wie sie sich auf ihre Rollen vorbereitet, mit wem sie gerne einmal vor der Kamera stehen würde und wozu die Identifikation mit einer Filmfigur führen kann...
stark nach Bilderbuchkarriere aus. Hast du manchmal an deinem Weg gezweifelt? Nicht an meinem Weg, aber ob er sicher ausgeht. Ob sich all das einstellt, wovon ich träume. Und sicherlich, aber das ist eine gute Berufskrankheit, zweifle ich auch an mir. Denn Demut empfinde ich als das oberste Gebot.
1. Du lebst jetzt seit acht Jahren in Berlin. Was sind deine liebsten Orte in der Stadt? Jedes Restaurant, das ein tolles Wiener Schnitzel kredenzt (lacht).
5. Hast du ein bestimmtes Rezept, eine spezielle Art und Weise, wie du dich auf eine neue Rolle vorbereitest? Ich erstelle mir immer eine genaue Rollenbiographie. Wie war ihre Kindheit, wovon träumt sie, was ist ihr größter Albtraum!? Wie bewegt sie sich, und was ist ihre Lieblingsmusik?! Ich versuche, mir verschiedene Ebenen zu erschließen, die dann meine Figur ergeben, mit ihrer spezifischen Logik, eigenem Instinkt und Impuls.
2. Gibt es etwas, was du an der deutschen Hauptstadt nicht magst oder etwas, was du hier vermisst? Ich vermisse die Kaffeehauskultur. Stundenlang, ohne musikalische Beschallung, zu lesen, zu plaudern und eine weitere Melange beim Herrn Ober zu bestellen. 3. Wo würdest du leben, wenn nicht hier? Berlin als Basis empfinde ich als goldrichtig. Aber zusätzliche Wohnungen in Paris, London und Wien wären durchaus praktisch. 4. Rollen in Kino- und Fernsehproduktionen bereits während des Schauspielstudiums, verschiedene Auszeichnungen und großes Lob von den Kritikern – das alles sieht
6. Wenn du freie Auswahl hättest: Mit wem würdest du gerne einmal vor der Kamera stehen? Mit Tilda Swinton! 7. Was war dein bisher skurrilstes Erlebnis bei einem Dreh? Als ich im Zuge meiner Carlos Dreharbeiten einen Schwangerenbauch umgeschnallt bekommen habe und merkte, wie ich den unbewußt anfing zu streicheln
und von den echten Müttern am Set Tips bekommen habe, wie eine Geburt sich anfühlt und vor allem anhört! 8. Die meisten kennen dich aus Film- und Fernsehproduktionen. Du spielst aber auch am „Deutschen Theater Berlin“ und am „Schauspielhaus“ in Köln. Stehst du lieber vor der Kamera oder auf der Bühne? Beides ist mir enorm wichtig. Aber, ich gebe zu, mit dem Lampenfieber vor einer Theatervorstellung umzugehen, ist schon eine Herausforderung. 9. Neben Theater, Kino und Fernsehen bist du nun auch in einem Werbefilm von „Vöslauer“ zu sehen (www.vöslauer-derfilm. com)? Wie kam es denn zu dieser ungewöhnlichen Zusammenarbeit? Ich fand das gesamte Projekt sehr stimmig. Vöslauer Wasser, das innovative Konzept und den fast schon kurzfilmartigen Spot mit einer verzaubernden Geschichte. 10. Kannst du uns etwas über dein zukünftiges Projekt verraten? Wo werden wir dich als nächstes zu sehen bekommen? Über mein nächstes Filmprojekt, muss ich mich leider noch in Schweigen hüllen. Aber am Deutschen Theater und am Schauspiel Köln bin ich offiziell zu sehen (lacht).
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WIR MITTEMUTTIS Text Bettina Schuler
Fotos Christian Brachwitz
Translation P. 43
Polly Pocket, Prinzessin Lillifee und Pink in allen Formen: das ist der derzeitige Horizont meiner vierjährigen Tochter, die als Berufswunsch wahlweise Prinzessin oder Funkenmariechen angibt.
Dass ersteres auf Grund ihrer Herkunft so gut wie unmöglich ist und letzteres leider nicht zum Broterwerb ausreicht, ist ihr ebenso wenig zu vermitteln, wie dass die Welt nicht nur aus glitzernden Feen mit pinken Flügeln besteht. Und so frage ich mich häufig, wenn sie mir abends ein Buch über regenbogenfarbene Einhörner in die Hand drückt, was wir eigentlich falsch gemacht haben in punkto frühkindlicher Kulturerziehung und wo sie eigentlich hin sind, die guten alten Grimmschen Märchen mit der bösen Stiefmutter, die alle Kinder am liebsten um die Ecke bringen will. Gehen die heute überhaupt nicht mehr? Nein, findet meine Tochter. Zu unheimlich. Und: zu wenig pink. Also streichen wir die wieder von der Liste. Was also stattdessen? Vielleicht Kunst, wäre das dem Kind genehm? Langweilig, findet meine Kleine. Da malt sie doch lieber selber. Das ist ja gut und schön, doch was ist mit meinem elterlichen Bildungsauftrag? Muss ich meinem Kind nicht wenigstens ein ganz klein wenig Kultur nahe bringen? Oder wird sie noch mit fünfundzwanzig glauben, dass das Theater eine Datingbörse für Singles ab 50 ist? Nein! Zumindest nicht, wenn ich mit ihr ins Theater an der Parkaue gehe, das sich mit seinem Repertoire insbesondere an das junge Publikum wendet und Kinderbuchklassiker wie James Krüss Timm Thaler oder Erich Kästners Doppeltes Lottchen zu seinen Stücken zählt. Selbst für die ganz kleinen Gäste ab 5 Jahren gibt es dort schon einiges zu sehen, so wie das Tanzstück Bettina bummelt oder den DDR-Kinderbuchklassiker Bei der Feuerwehr wird der Kaffee kalt von Hannes Hüttner.
Doch können die Kinder sich im Theater Parkaue die Stücke nicht nur anschauen. Nein, sie können auch selbst in einem mitspielen, wenn sie Mitglied in einem der fünf Theaterclubs werden, die sich an Kinder und Jugendliche zwischen 9 und 24 Jahren richten. Eine weitere gute Adresse, um sein Kind in punkto Bildung ein Stück weiterzubringen, ist das Grips-Theater Berlin, dessen Stücke sich thematisch insbesondere an die älteren Kids ab 12 Jahre richten. So wie David S. Craigs Stück Big Deal?, in dem der Autor einen Teeanger und dessen Vater über die Gefahren von MarihuanaKonsum diskutieren lässt. Ein Zwiegespräch, bei dem man, wie der Autor selbst feststellen musste, plötzlich eine ganz andere Meinung vertritt, wenn es die eigenen Kinder sind, die das Zeug konsumieren, und nicht mehr man selbst. Die diesmonatigen Highlights im Grips-Theater sind jedoch sicher die beiden Gastspiele A Clockwork Orange und Für Ewig und Hundertmillionen Tage, die im Rahmen des Kinder- und Jugendtheaterfestivals AUGENBLICK MAL! gezeigt werden und die nur ein Teil des großartigen Programms darstellen, welches das Festival auch in diesem Jahr wieder zu bieten hat. Auch ich würde mit meiner Tochter sehr gerne dort hingehen, doch leider macht es nur wenig Sinn. Da sie spätestens nach 10 Minuten wieder gehen will, weil ihr die Feuerwehr zu laut, die Schauspieler zu unheimlich oder der Theatersaal zu dunkel ist. Ich befürchte allerdings, dass sie nur so schnell wie möglich zurück in ihr pinke Spielzeughölle will. Aber ich gebe nicht auf. Irgendwann wird sie schon kapieren, dass Einhornkunde kein Schulfach ist.
AUGENBLICK MAL! 11. Kinder- und Jugendtheaterfestival augenblickmal.de 14. bis 19. Mai Theater an der Parkaue Junges Staatstheater Berlin Parkaue 29 10367 Berlin Tel. 030 – 55 77 520 Alle Infos über den Theaterclub erfahrt ihr unter www.parkaue.de unter der Kategorie Mitmachen/Projekte/Themen – Theaterclubs Nächste Termine u.a. „Bei der Feuerwehr wird der Kaffee kalt“ 5 bis 9 Jahre, 60 Min. 2./ 20. Mai jeweils um 10.00 Uhr „Bettina bummelt“ 5 bis 10 Jahre, 50 Min. 4./ 5. Mai jeweils um 10.00 Uhr „Das doppelte Lottchen“ 7 bis 12 Jahre, 125 Min. mit Pause 9. Mai um 9.30 Uhr GRIPS Theater Altonaer Straße 22 10557 Berlin www.grips-theater.de „Big Deal?“ 23. Mai um 18:00 Uhr 24. und 25. Mai um 11:00 Uhr
36 Kulturgut
KUNSTTIPPS
VON
EYEOUT
Text Jesi Khadivi Translation Moritz Estermann, P. 44
In dieser Kolumne stellen wir euch jeden Monat eine kleine Auswahl der interessantesten Ausstellungen in Mitte vor. Weitere spannende Tipps findet ihr in der iPhone App EYEOUT Berlin (www.eyeout.com).
STERLING RUBY 8. April – 28. Mai 2011
Sprüth Magers Berlin, Oranienburger Str. 18, S1, S2, S25 Oranienburger Strasse, Di–Sa, 11–18 h +49 30 28 88 40 30, info@spruethmagers.com, www.spruethmagers.com
Sterling Ruby – I Am Not Free Because I Can Be Exploded Anytime (Installationsansicht) © Sterling Ruby, Courtesy Sprüth Magers Berlin London
Wunderschöne und gleichzeitig harte Formen definieren die Installationen von Sterling Ruby. So auch in I Am Not Free Because I Can Be Exploded Anytime – Rubys Ausstellung bei Sprüth Magers, die den Titel einer Gemeinschaftsarbeit von Jenny Holzer und der Graffiti Künstlerin Lady Pink trägt. Die Gemälde, Collagen und Skulpturen drängen den Besucher zur Konfrontation mit dem amerikanisch-obsessiven Freiheitsbegriff – Rot-, Blau- und Weißtöne dominieren die Ausstellung. Das Spannungsfeld zwischen plakativ und zurückhaltend eingesetzten Farben wird in dem extremen Formalismus der Arbeiten aufgenommen und setzt sich in der Wahl der Materialen fort: bunt bemalte Stoffe und hängende Skulpturen aus Füllfasern konterkarieren düstere Stehlen und gesprayte Arbeiten auf Leinwand. Die Bronzeskulptur Peacehead versinnbildlicht den schwindenden Optimismus und die Ernüchterung einer Nation – ein bröckelndes, besprühtes Peace-Symbol.
ALON LEVIN 29. April – 18. Juni 2011
Klemm’s, Brunnenstr. 7, U8 Rosenthaler Platz, Di–Sa, 11–18 h +49 30 40 50 49 53, info@klemms-berlin.com, www. klemms-berlin.com
Alon Levin: The Everything of an Almost Future, 2010 (Detail) Courtesy Klemm's, Berlin
Die großformatigen Holzskulpturen von Alon Levin nehmen Bezug auf modernistische Utopien und soziale Theorien über Raum, Fortschritt und Wachstum. Das Interesse an Ordnung und deren Zerstörung leitet den Künstler in seiner Arbeit; der Konflikt zwischen diesen Antipolen generiert eine beinah fassbare Spannung in seinen Arbeiten. Für Levin existiert „irgendwo zwischen den Ruinen das Potential für das authentisch Neue“. Der Künstler bespielt in seiner lang erwarteten zweiten Einzelausstellung bei Klemm’s den gesamten Raum mit einer Installation aus Holzelementen. Die genauen Details der Arbeit werden jedoch erst zur Eröffnung enthüllt.
MIE OLISE
29. April – 11. Juni 2011 DUVE Berlin, Invalidenstr. 90, S3, S5, S7, S75 Hauptbahnhof, Di-Fr, 11–18 h; Sa, 12–18 h +49 30 77 90 23 02, mail@duveberlin.com, www.duveberlin.com
Courtesy DUVE Berlin
1941 trafen sich die Physiker Niels Bohr und Werner Heisenberg in Kopenhagen, um die Frage der Atombombe zu besprechen. Das Treffen verlief nicht sonderlich konstruktiv – Bohr verließ vorzeitig und aufgebracht den Raum. Diese historisch verbriefte Zusammenkunft ist Inhalt der faszinierenden Ausstellung von Mie Olise. In den elf gezeigten gestischen Gemälden interpretiert Olise die Architektur des Gebäudes, in dem sich die zwei bedeutenden Physiker trafen. Getreu ihrer multidisziplinären Arbeitsweise und fesselnden Recherche zeigt sie neben den Malereien englische Übersetzungen nie abgeschickter Briefe Bohrs an seinen entfremdeten Freund und Kollegen. Die einzige Skulptur der Ausstellung weist den Weg zu einem unbekannten Ort in Berlin, wo die Künstlerin Bilsenkraut und Tollkirsche gepflanzt hat. Zwei Gewächse, deren Überleben nach einer Atombombe am wahrscheinlichsten ist.
Mitte Streets
ELECTRO-LOUNGE IM GRÜNEN Translation P. 43
Berlin hat wieder grüne Wiesen, die Sonne scheint, der Grill wurde auch schon das ein oder andere Mal benutzt – jetzt braucht man nur noch den richtigen Ort, um an einem schönen, warmen Sonntag abzuhängen. Und den haben wir für euch: Am 29. Mai lädt „Heineken“ mit der neuen Eventreihe „Heineken Green Sphere“ zum ausgelassenen Chillen im Treptower Park ein.
Wo Natur auf urbanes Lebensgefühl trifft, werden rund 700 Party-Gäste ihre Stadt bei einem loungigen Picknick, Live-Bands und DJ-Sounds einmal von der grünen Seite erleben. Unter anderem gibt die isländische ElektropopFormation FM Belfast auf ihrem einzigen Tourstop in Berlin eine Preview ihres neuen Albums Don’t Want To Sleep. Zu Post-Punk, Disco, House und Techno sorgt Foals (DJ Set) für gute Laune unter freiem Himmel. Neben DJ und Produzent Hunee, der mittlerweile Musik für Labels wie Feel Music, W.T. Records, Internasjonal und Retreat macht, ist Hugo Capablanca mit vintage Sounds, Disco, Boogie und Oldschool House für die richtige Stimmung zuständig.
Und für alle, die gerne alles wild gemischt hören, ist Remmidemmi am Start. Remmidemmi ist Popmusik, ist Michael Jackson und Phoenix, ist MGMT und Bonnie Tyler, ist Hip Hop mit Anzug, ist ein Kindergeburtstag ohne Kinder. Unter sonnigem Freiluft-Ambiente vor den Reglern feiern oder einfach nur im Liegestuhl mit einem kühlen Heineken – Was will man mehr! Die Tickets für diesen musikalischen Ausflug gibt es lediglich unter www.heineken.de/greensphere zu ergattern. Macht mit, seid schnell und genießt die Sonne, die Musik und das kalte Heineken. Ab 12. Mai könnt ihr auf mitteschoen.com 2x2 Tickets gewinnen!
37
38 Kieztalk
BERLINER GESICHTER Text Bettina Schuler
Fotos Eugen Bräunig
Translation P. 44
Jutta Rutz, Souffleuse am „Theater an der Parkaue“, 57 Jahre
Es gibt verschiedene Positionen im Theater, für die es eigentlich gar keine spezielle Ausbildung gibt. Dazu gehört auch der Beruf der Souffleuse, in dem sehr viele Quereinsteiger arbeiten. So wie ich. Eigentlich habe ich Lebensmitteltechnologie an der HumboldtUniversität studiert, doch mein Herz hat schon immer dem Theater gehört. Schon während meiner Studienzeit habe ich als Garderobiere oder Programmverkäuferin am Theater gearbeitet und auch danach habe ich dort weiter nebenher gejobbt. Nach der Wende ging es mit meiner Berufssparte den Bach runter, und ich bekam panische Angst vor der Arbeitslosigkeit. Als ich dann von einem Mitarbeiter der Volksbühne gefragte wurde, ob ich mein Hobby nicht zum Beruf machen wolle, musste ich nicht lange nachdenken. Das war 1990. Seit 1996 bin ich am Theater an der Parkaue tätig. Das kenne ich noch aus meiner eigenen Kindheit. Damals, zu DDR-Zeiten, hieß es noch Theater der Freundschaft und war bereits ein Theater für Jugendliche und Kinder. Für mich ist es eine extrem große Herausforderung, an einem Jugend- und Kindertheater zu arbeiten. Nicht nur weil die Kinder ein sehr kritisches Publikum sind, sondern auch weil man im besten Fall eine neue Generation für das Theater begeistert. Der Name Souffleuse ist von dem französischen Wort ‚souffler‘ abgeleitet, was man ins Deutsche als ‚hauchen‘ oder ‚wehen‘ übersetzen kann. Ich finde, diese beiden Verben beschreiben ziemlich genau meine Arbeit, denn ich mache nichts anderes, als den Schauspielern bei Bedarf ihren Text zuzuhauchen.
Als Vorbereitung auf meine Arbeit lese ich mir die Stücke zu Hause laut vor, damit sie mir später besser über die Lippen gehen. Während der Proben ist es vor allem wichtig, den Kontakt zu den Schauspielern zu halten und zu schauen, wie sie reagieren und welche Signale sie aussenden, wenn sie hängen. Zugleich muss ich mit einem Ohr auch immer bei dem Regisseur sein und darauf achten, ob er Textänderungen durchgibt. Dementsprechend muss ich dann meinen Text aktualisieren. Jeder Schauspieler geht ganz anders vor beim Lernen des Textes. Manche können ihn schon bei der ersten Probe, andere lernen ihn erst durch das Spielen. Einige Schauspieler ändern den Text auch ein wenig ab und machen ihn sich dadurch mundgerecht. Das muss ich dann natürlich auch notieren. Manche Schauspieler nennen mich scherzhaft die „Buchstabenpolizistin“. Aber bei manchen Sätzen muss ich einfach sehr genau sein, da sie als Stichwort für die Bühnentechnik dienen und die Techniker ohne diese Stichworte ihren Einsatz verpassen. Als Souffleuse muss man sehr feinfühlig sein. Sonst merkt man nicht, ob der Schauspieler hängt oder nur eine künstlerische Pause einlegt. Deshalb kann man sich als Souffleuse auch nicht einfach mit seinem Textbuch gemütlich in die Vorstellung setzen und darüber nachdenken, was man später noch einkaufen will. Man muss die ganze Zeit extrem aufmerksam sein, denn es kann jederzeit etwas passieren. Das ist wohl auch das Schwierigste. Die Plötzlichkeit, mit der man gebraucht wird und die keine wirkliche Routine aufkommen lässt. Darauf lässt man sich ein oder nicht.
40 English Translations
Events (p. 6) ROCCO AND HIS BROTHERS
Tickets: 030 – 20 60 92 630
And what location could be better suited for it than
www.komische-oper-berlin.de
Berghain?
A play based on the film by
Berghain, Panorama Bar
Luchino Visconti
THE RIFLES ACOUSTIC
Am Wriezener Bahnhof
Admission: €10 – 32
Acoustic Britpop Indie Rock
www.berghain.de
Premiere 5 May
Admission: in advance 16 €/box
9 and 27 May
office: to be announced
SVEN REGENER
19 May, 9 pm
MEINE JAHRE MIT
Visconti’s award-winning classic Rocco and His Brot-
HAMBURG HEINER
hers, which memorably featured Alain Delon in the
Reading
main role, is from 1960. The stage adaptation took 48
In the middle of 250,000 fans at an Oasis concert in
Admission: in advance € 18.50,
years in coming and was first performed in 2008 in
1996, Luke Crowther, vocals, and Joel Stoker, guitarist,
box office: to be announced
Bochum. Now Rocco and his brothers are finally co-
were so impressed and inspired that they decided to
13 May, 8 pm
ming to Berlin to the Maxim Gorki Theater.
form a band. The two London-born boys found bassist
Rosaria Parondi and her three sons Rocco, Simone,
Rob Pyne in Walthamstow, and discovered drummer
It’s difficult to say what Sven Regener is now: a musi-
Ciro escape the poverty in Sicily and follow the eldest
Grant Marsh at a club night in East London.
cian who writes or a music-making writer. Regener, at
sibling, Vincenzo, to Milan. While Ciro strives for a
And that’s how it goes: a new band, The Rifles. Their
the request of his record company, blogged for a few
normal family life, Simone and Rocco try to make ca-
first performance in 2004 was followed by their first
days before the release of the new Element of Crime
reers as boxers. Simone, who falls in love with Nadia
album. Avid fans include Graham Coxen (Blur) and
record in 2005. He’s been asked repeatedly over the
but she has a thing for Rocco, succumbs to alcohol.
Paul Weller, a Britpop veteran, who is betting on the
years whether he wouldn’t blog and thus, has blogged
The brothers become unforgiving enemies, and it
young talents and sometimes even joins them on sta-
his way through the virtual world of the Spiegel to the
ends in tragedy.
ge. The Rifles cannot complain about a lack of fans and
taz to the Austrian standard. He said that the spark
The play was directed by Antu Romero Nunes. The up
supporters: “Some 19-year-old pulled up his shirt and
was gone after a few days with the first blog, and so
and coming talent recently finished his studies at the
showed me a tattoo he had just gotten: there was the
that it wouldn’t be too boring for the reader, he in-
Ernst Busch School in 2009 with a diploma produc-
The Rifles and a guitar across his back...” shares Luke
vented an imaginary friend: Hamburg Heiner (HH).
tion of Der Geisterseher. After directing stints at the
Crowther. After their very successful third album,
And whenever there was nothing more to say, he
Thalia Theater and Schauspiel Frankfurt, he joined
The Great Escape, the Londoners are coming to Berlin
called HH. The dialogue with the fictitious Heiner is
the Maxim Gorki Theater for the 2010-11 season beco-
with their Acoustic Tour. The concert had to be relo-
often hysterical and sweetens Regener’s collected
ming the youngest director on staff.
cated to the Postbahnhof due to high demand. Buy
entries, which revolve around press events, tours and
Maxim Gorki Theater Berlin
tickets while they’re still available!
travel. The collected blogs have now been published
Am Festungsgraben 2
Postbahnhof
as a book. Mr. Regener is on a reading tour – without
Tickets: 030 – 20 22 11 15
Strasse der Pariser Kommune 8
Hamburg Heiner – for fans and those who want to be.
www.gorki.de
www.postbahnhof.de
Babylon Mitte Rosa-Luxemburg-Strasse 30
OZ – THE WONDERFUL WIZARD
BRANDT BRAUER FRICK
Tickets: 030 – 24 25 969 (after 5 pm)
Ballet
ENSEMBLE
www.babylonberlin.de
Admission: € 9 – 42
Instrumentalized Techno
30 May, 7:30 pm, appropriate
Admission: starting at € 27.20
WENN DER VORHANG FÄLLT
for ages 10 and older
5 May, 9 pm
Exhibition, 18 March – 30 May
The truly magical children’s
The three guys from the Brandt
book The Wizard of Oz by L. Frank Baum was publis-
Brauer Frick ensemble were thinking: combine a mu-
Margarita
hed in 1900. The eponymous film with the wonder-
sical past with the present when they formed their
hundreds of deaths on stage.
ful Judy Garland is always a nice change at Christmas
band. And that past probably included a lot of pia-
The actress has acted for Chris-
time. The Staatsballett Berlin is telling the story in a
no lessons, lots of musical scales – and in the case of
toph Schlingensief, Claus Peyman, Robert Wilson
performance at the Komische Oper Berlin. The piece
Brandt, drum practice.
and Heiner Müller. She understands the intensity of
was choreographed by Giorgio Madia who has won se-
If you’ve already mastered these instruments, then
playing roles, and how it almost completely dissolves
veral international awards – the result is a charming,
why cannot use your skills to make contemporary
within you.
wonderful evening of theater for the whole family!
techno music. No sooner said than done, and a highly
It is something very intimate, when the curtain goes
OZ – THE WONDERFUL WIZARD
acclaimed debut album entitled You make me real is
down (WENN DER VORHANG FÄLLT), the auditorium
Choreographed by Giorgio Madia
released. The trio celebrated international success in
empties and the actors become themselves again.
Music by Dmitri Schostakowitsch
2010. For their upcoming live tour, the ensemble has
Broich has photographed these fleeting moments
Komische Oper Berlin
increased to ten professional musicians to treat their
when you can still see the role in the actor’s face. She
Behren Strasse 55-57
audiences with their orchestral-techno symbiosis.
began with a self-portrait taken after a performance
Admission free Broich
has
died
English Translations
41
of Schlingensief’s Rosebud in which she is staring
xim Gorki Theater. Other success stories include Oliver
Marina Schubarth, director of the Documentary The-
fixedly with a bloodied face into the camera. Over 60
Kluck and Anja Hilling, who are currently shaping the
ater Berlin, focuses on the WWII horrors, or disasters
of her photographs, which include Ben Becker, Kate
young German theater scene.
such as Chernobyl. In order to involve the audience
Winslet, Veronica Ferres, Klaus Maria Brandauer and
This year’s colorful mix will be presented in the rea-
directly in the stories she chooses bunkers as venues.
Thomas Quasthoff are now on view in the Martin Gro-
dings – the stage pieces are formal, but aesthetically
The play OST-Arbeiter, for example, deals with forced
pius Bau.
and content-wise vary widely. Dimitrij Gawrisch from
laborers – so it’s very appropriate that the bunker on
Martin-Gropius-Bau
Kiev tells in Brachland the fate of two young men who
Bloch Platz in Wedding was chosen as a stage because
Niederkirchnerstrasse 7
come from an Eastern European country to Germany,
it was actually built by prisoners of war.
www.berliner-festspiele.de
live here illegally and try to find work. It is a conflict
It was converted into a bomb shelter in the Eighties
Opening times: Wednesday to Friday | 10 am to 8 pm,
piece with social relevance.
– Schubarth thinks its the perfect backdrop for the
Closed Tuesday
In Konradin Kunze’s psychological thriller foreign
play Und der Name des Sterns heißt Tschernobyl (And
angst, he describes what’s going on in the head of the
the name of the Star is called Chernobyl) – because it
main character who travels into a war zone. The pro-
resembles the inside of a reactor. It’s a topic that has
Plays by young playwrights
tagonist records many of his experiences with his
taken a whole new meaning considering the current
at the Berliner Stückemarkt (a
video camera. The piece is particularly interesting be-
events in Japan.
market place for plays) are tre-
cause throughout the story it’s unclear whether what
When asked if it doesn’t depress her to work in such a
ated like secret documents: the
he describes is reality or fantasy. A family that falls
place, Schubarth responds: “My actors are very special.
playwrights’ names are blacke-
apart due to the fact that its members do not help each
Despite the serious subject matter, we often laugh. The
ned out before the texts land on
other, and are actually dependent on each other is also
atmosphere that the performers create even makes
the tables of the jury members
a theme. Mario Salazar uses the story as a basis for his
the cold bunker rooms warm. It’s a pleasure to go to
who then choose their favorites. Each year the market
play Alles Gold was glänzt, in which the reader often
work. Nevertheless, it’s scary when you’re all alone in
is both a showcase and talent smith – for many parti-
does not know whether to laugh or cry. The 30-year-
the bunker.”
cipants, a meteoric rise follows and they’re no longer
old Salazar grew up in Prenzlauer Berg and has lived in
Audiences are fascinated by the subterranean venue.
secret.
France and Argentina. He interned in the on the Gorki
“But still, I think everyone’s very happy to leave and re-
Theater, top secret... (p. 16)
“Our main concern is that the authors are sustainably
Theater production of Rummelplatz, which was direc-
turn to their free, bomb-less lives. It’s also my director’s
promoted, and most importantly, that they are perfor-
ted by Armin Petras in for the 2008/2009 season. It
wish. I wish that people understand that war does only
med,” says Yvonne Büdenhölzer, head of the market.
was at this time that Salazar was hooked by the theater
one thing: it takes and destroys everything. And when
Authors are often recruited by directors and theater
world, he says with a broad grin.
you close bunker door from the outside, I hope that
professionals throughout the country, even by the-
“The nice thing about theater and the market is that
you take a deep breath and are happy that you’re living
aters in Austria and Switzerland. It’s not the author’s
you can see the text,” said Salazar. “When the text in
in this time, in peace and you should try to preserve it. ”
biography that’s decisive for the jury, but the power of
the book remains entirely unto itself, it also has an
the texts, say the organizers of the competition, which
appeal because you can develop your own thoughts. I
Theatre in a Juvenile Detention Center
has been an integral part of the Berlin Theatre Mee-
always think it’s exciting when you can get the images
There aren’t many prisons in the world where inmates
ting since 1978. This year’s renowned dramaturgs and
in your mind moving.”
can act in their own theater group. They have rehearsal
actors will breathe life into five of the 350 submitted
The performance dates of the play market will be pub-
with the theater team that includes a theater director,
plays in the form of staged readings in front of a live
lished along with the play schedule in early April.
production manager or set designer. The rehearsed pi-
audience. When the lights dim in the auditorium and
International Jury: Author and dramaturg Martin
eces are presented to an audience from the other side
the actors begin with the reading, it’s very different
Heckmann, director and theater artist Nurkan Erkulat
of the prison walls.
than the regular theater, a lot of organic and direct.
from Turkey, director Barbara Mundel from Freiburg,
It means a certain security risk and above all, additio-
And that’s the idea.
Iris Laufenberg (head of the Berlin Theater Meeting),
nal work for the prison. But they’re not worried at the
“For us it’s often a question of courage. If a theater says
Jan Klata (director and writer from Poland).
juvenile detection center in Tegel (JVA), and lo and be-
that they’re putting on a piece, then it’s usually a long
hold, it works just fine. Even when the amateur actors
process. Here at the play market, if we think the play’s
Berlin’s most unusual theaters
have to use with long wooden clubs and ax props on
good, we want to have it performed,” says the 34-year-
(p. 18)
stage, the audience never feels unsafe. And that even
old theater professional.
Anyone can go to the theater.
though there is no separation between stage and au-
The next step is to look out for directors and actors
Seats are taken, the curtain
dience. The security staff is hardly noticeable.
who could become involved. “We build, so to speak, the
opens, there is a performance,
The plays are professionally produced; the actors recei-
scenario around the play,” says the director.
the curtain closes. But there
ve elocution and acting classes. It’s also good that they
A springboard into the world. The concept seems to be
are unusual places where per-
don’t to raise an educational or moral index finger. Be-
bearing fruit for those for whom the market serves as
formances, song or dance take
fore long you forget that you’re even in a prison.
a springboard for their theater careers. Some authors
place. We’ve selected Berlin’s
The audience has the opportunity to talk both with the
aren’t just performed, but also join the staff of presti-
most out of the ordinary for you.
gious stages such as Phillip Löhle who was at the market in 2007 with Gospodin and now works for the Ma-
team and with the prisoners after the performance. A young man, who has been incarcerated for attempted
Documentary Theater in Bunkers
murder since mid-2009 and will be until 2013, even
42 English Translations
learned to play the guitar for the play Krabat ganz in
A question: are the puppets and sets made completely
serted corridors of my old school in East Germany
Weiss.
out of garbage? Loycke answers: “It’s not waste for me,
and a generally skeptical attitude towards cats. It’s a
It wasn’t without pride that he answered a question
but rather the city’s wealth, or the flotsam and jetsam
snapshot; the last, diffuse image of a long night of
about his stage fright. “I had the luck to perform a year
of the city. If I didn’t build puppets, I would probably
restless sleep and a reminder of the huge potential
ago and am, so to speak, somewhat of a veteran. You
be a real slob. So now I quickly use up the things...”
our subconscious has to blend experiences with the
still tremble a bit, but by and large, it works out well...
We especially recommended The Matrix. Don’t forget
excesses of our imagination.
You can’t see the audience because of the lights.”
that jacket to bite.
In addition to my freelance work, large-scale, detailed
He admits that he would have never looked at the quite
drawings, in which I can lose myself for weeks, I’ve re-
complex play before he went to prison. But the expe-
Underwater opera
cently been able to do some interesting projects, like
rience has changed him. He wants to continue theater
Singing underwater. How’s that supposed to work?
for example, with the Initiative Musik GmbH. To tie in
acting when he gets out.
Let’s ask the initiator of the underwater opera Aquaria
with this, I’m always looking for new ideas, good jobs,
The text of the play is quite challenging, as is as the
Palaoa, Claudia Herr. “I used to be a professional swim-
and exhibition opportunities and of course the stag
choreography of the dance scenes. You see the parti-
mer, and by chance ended up in the pool in Neukölln.
with the golden antlers.
cipants’ pride during the performance, especially du-
It is Germany’s largest Art Nouveau pool that is still in
ring the enthusiastic final applause. They are proud to
operation has an atmosphere like an opera. I immedi-
The Transformer: Lars Eidinger
have learned something, to have achieved something
ately had the inspiration to put on an opera there. My
(p. 26)
and to have overcome. You instinctively wish that all
first attempt was a performance of AquAria in which
Lars Eidinger has been perfor-
prisoners in the world were allowed to have theater
I discovered vocals and percussion under water. That
ming on the Schaubühne stage
groups.
was 2000. I’ve been preoccupied with the subject ever
for twelve years. He played the
Don Quixote will be performed in the JVA Tegel in June.
since.”
male lead in A Streetcar Named
Be sure not to miss an open air production of Mary and
The 28-member ensemble is in, over and under water
Desire, Alceste in Molière’s Mis-
Elizabeth in September that is loosely based on Fried-
during the performance. The drums are also played in
anthrope and Hamlet in a Tho-
rich Schiller’s Maria Stuart.
the pool. The Berlin composer Susanne Stelzenbach
mas Ostermeier production.
integrates sounds from the Antarctic ice, which were
He’s been seen in numerous roles on television, such
The Helmi Puppet Theater
recorded by the Palaoa listening station, and inter-
as Nicolette Krebitz’s lover in the relationship drama
It’s very difficult to describe the Helmi in words. Sure,
views with the scientists who live there, into a musical
Verhältnisse, a role that earned him a German Televi-
it’s a puppet theater. As legend would have it the first
theater piece.
sion Prize nomination.
performance took place with dolls made from an old
The play is about youth. Finding a model of society
But his name is especially associated with one in
mattress, a few rags and wire on the Hemholtz Platz in
in which the elderly are not excluded. Mezzo-soprano
particular film: Maren Ade’s award-winning film Alle
Prenzlauer Berg. Hansel and Gretel spontaneously ap-
Claudia Herr plays the role of the young woman dives
Anderen, in which he played the disoriented thirty-
peared on the schedule. An interesting story.
and sings. Hard to imagine? Right. That leaves only one
something Chris who vacillates between the fear of
But in fact, you only feel Helmi. That is, in your gut,
thing – take a look for yourself.
a bourgeois existence and a desire for social accep-
when you it hurts to laugh but you just can’t stop. So,
tance. We met the actor and talked to him about his
out of desperation you bite your jacket. Only then will
Illustrator of the month:
role, his understanding of masculinity and the diffe-
you know Helmi.
Sebastian Blinde (p. 23)
rence between film and theater.
Well-known plays or films are re-created with the dolls,
I was born in 1979, and as a
which lose the one or other extremity during the show.
child I used to crawl in the mud
“Alle Anderen” is the film about today’s thirtyso-
Rocky was just on.
with my mother in our garden
mething generation who fears nothing more than
We ask whether they stick to a script. Florian Loycke,
in Köpenick, Germany. We coll-
social assimilation, but still yearns for classical, pro-
a permanent member of the ensemble, responds: “A
ected millions of caterpillars
fessional success. Were you aware that the story of
script, in which there just a few lines from the movie,
and similar creatures in vari-
Chris and Gitti would so closely capture the spirit of
or from other sources such as The Very Hungry Ca-
ous glasses in order to study
the times?
terpillar, 3 (Tom Tykwer), Metamorphosis (Kafka) and
the captured insects and their strange transformati-
No. We’re too much a part of this generation for that,
Cheech and Chong, Jack and the Beanstalk, Sisyphus
on processes.
and all still living this life too much. It also wasn’t
(Camus) develops during rehearsals. About half of the
Even today the discovery of bizarre forms of nature
about creating an image of our generation or to judge
text is by us. A few more lines are added during the
are often the starting point for a new work, and alt-
it. But of course I’m pleased that so many viewers re-
performance.”
hough I present the observed textures, feathers, sca-
cognized themselves in the story.
To be honest, it’s precisely when lines are forgotten
les or skins true to detail, ultimately my illustrations
I’ve always thought that a film can’t change anything;
and they improvise that it’s most fun. Sometimes the
live from the astonished sight of a child. All these im-
at best, that it only engages the audience for as long
puppeteers, who are not hidden like in a usual puppet
pressions are prop fantasies that compose new scena-
as it lasts. But this doesn’t apply to Alle Anderen at all.
show, get into the situations and even start to giggle.
rios and always add something found or dreamt.
Although the film is already two years old, I still hear
(Hint: Pay attention to Emir Tebatebai’s facial expressi-
My poster illustration for MitteSchön is the result of
people discussing it. The film is making politics: people
ons, he’s the man with the curly hair – which is not to
many hours with Brehm's Life of Animals, a dream
are preoccupied by it and it changes something in them.
say that others aren’t killing).
sequence in which I run screaming through the de-
What more can you ask from a film in which you acted?
English Translations
43
Chris, the character you played in “Alle Anderen” is
how much my pleasure depended on the football
er choice is either princess or one of those dancing
increasingly attracted to the traditional male role
team. It’s the same with the Schaubühne. They’re my
girls in the carnival in Cologne. It’s neither possible to
model, although he is actually a very enlightened and
club. They appreciate my opinion and me. I would
convey to her that the former is impossible because
modern man. Do you think many thirtysomethings
have to earn that again in a different theater.
of her family tree, and the latter, unfortunately not
sincerely long for these classical roles because they
sufficient enough to earn a living, nor that the world
promise clear direction and support?
And a life only as a film actor?
is not all glittery fairies with pink wings.
I personally don’t long for them at all. I’m relieved
I can’t imagine that. I like to rehearse and act too
Evenings, when she puts a book about rainbow-colo-
that I don’t have to live up to the image of men I part-
much for that. Theater acting is simply a completely
red unicorns into my hand, I often ask myself what
ly grew up with. I think its better that the boundaries
different experience, both with your colleagues and
we’ve done wrong in terms of early childhood cultu-
between masculinity and femininity are increasingly
with the audience. In the film you neither act live, nor
ral education, and where have the good ol’ Grimm’s
blurring. But I’m also aware of the problems and con-
do you always have a colleague you act with. This is of
fairy tales with a wicked stepmother who wants to do
flicts that result from it.
course much less satisfactory than playing Hamlet on
away with all children gone? Are they no longer ap-
On the one hand women expect men be open and
stage for two and a half hours, and connecting direct-
propriate nowadays?
show their feelings. On the other hand, that’s exact-
ly with the public.
No, says my daughter. Too scary. And: too little pink.
ly what repels them in men. No woman wants a man
So we scratch them off the list. What then instead?
who constantly tells her that he’s insecure and doesn’t
Thomas Ostermeier, the artistic director of the theater,
Would art perhaps be acceptable to the child? Boring,
know what he wants. Indeed, women find a certain in-
with whom you have a close friendship and working
my little one thinks. She’d rather paint herself.
dependence and toughness attractive. Which in turn
relationship, once said acting was a job of fear...
That’s all well and good, but what about my parental
contradicts the need for more emotional openness.
I don’t think fear’s negative initially. As a child I loved
educational responsibility? Don’t I have to bring my
This is exactly the conflict men today face.
ghost train rides even though I was petrified. But the
child at least a little bit closer to culture? Or when
great and exciting thing about it was to overcome this fear.
she’s 25 will still believe that the theater is a dating
An irreconcilable conflict?
It’s really not different any with theater. My biggest
market for singles over 50?
I think it’ll just take some more time until this con-
fear is that it’ll no longer be exciting. As a child you’re
No! At least not when I go with her to the Theater an
flict eases and finally dissolves. But when I observe
so excited before Christmas. It’s only half as much fun
der Parkaue that dedicates its repertoire to young au-
today’s twenty-year-olds, I always have the feeling
when the excitement is gone.
diences and children’s classics such as James Kruss’
that in this case they’re much further along than my
I find it exciting to overcome inhibitions and fears
Timm Thaler and Erich Kastner’s Doppelte Lottchen.
generation that grew up in the 80’s and is still trying
again and again on stage. This is also the reason why I
Even for children from 5 years of age, there’s plenty
to cap their emotions with coolness like Chris.
like to go to extremes on stage. This keeps it exciting
on offer, like dance piece Bettina bummelt or the East
for the audience, and me and not for the sake of pro-
German children’s classic Bei der Feuerwehr wird der
vocation, as some critics like to accuse me of.
Kaffee kalt by Hannes Huettner.
Who in the end doesn’t trust himself to stand by his decisions and feelings. Which, by the way, is very similar
Children not only watch theater at the Parkaue; they
to Hamlet whom you’ve also played on the stage. Just
Is there a substantial role after Hamlet?
can even act in plays when they become a member of
that he doesn’t hides his actions behind coolness, but
That’s really difficult, especially because everything I
one of the five theater clubs that are aimed at children
behind a mask of madness.
promised myself from the role was fulfilled. I was able
and young people 9 to 24-years-old.
I’ve never heard that before. But of course Hamlet is
to bring all of my desires and concerns to the role. I’m
Another good place to bring children in terms of
also always interpreted as the great procrastinator.
only realizing now of course how much other roles
education is the GRIPS Theater Berlin whose plays are
Basically it would be possible for Gitti suddenly ap-
restrict me.
especially for kids over 12 years. Like David S. Craig’s
pear on stage in Hamlet and scream: decide for Christ
But, frankly, that’s a real luxury problem. It’d be much
play Big Deal? In which a teenager and his father
sakes!
worse if I had never played this role.
discuss the dangers of marijuana use. A dialogue in
But isn’t this reluctance everyone’s basic problem?
I’ll soon be working with Hans-Christian Schmid.
which the author suddenly has a very different opi-
That we’d rather stagnate than live our dreams be-
That’ll be a new challenge.
nion it’s his own child who uses the stuff and not
cause we are afraid of the consequences of this change? I know this from my own life.
himself. For those who still want to learn more about Lars Ei-
However, this month’s GRIPS Theatre highlights are
dinger, we’re giving away three copies of the book
surely the two visiting productions of A Clockwork
Because you have acted for twelve years at the Schau-
“Backstage 3 – Eidinger” by Michael Eberth, which
Orange and Für Ewig und Hundertmillionen Tage,
bühne? No desire for change?
has just been published by “Theater der Zeit”. Send an
which are part of the Children and Youth Theatre Fes-
As a child I once changed my football team because
email to info@mitteschoen.com and join in!
tival AUGENBLICK MAL! and represent only a part of
the others told me that it’s much better to play in the
the great program that the festival has to offer again
national league in the lowest league. They also pro-
We Mitte Mums (p.
this year.
mised me a bicycle. I thought that was really cool, of
35)
I’d happily go there with my daughter but unfortuna-
course. But in the end, it was a purely career decision,
Polly Pocket, Princess Lillifee
tely it makes little sense. She’ll want to go after 10 mi-
even if I was a child.
and pink in all its forms: that’s
nutes because the firefighters are too scary, the actors
After the change I very quickly stopped playing foot-
the current horizon of my four-
too loud, and the theater too dark. And I’m afraid that
ball because it simply wasn’t fun anymore. I realized
year-old daughter whose care-
she’ll just as soon go back into her pink toy hell. But I
44 English Translations
won’t give up. One day she’ll understand that unicor-
is
nology isn’t a subject in school.
English
accompanied
by
translations
of letters Bohr never EYEOUT Art Events (p. 36)
sent to his estranged
Sterling Ruby
friend and colleague.
Beautiful, brutal forms domi-
There's also a sculp-
nate Sterling Ruby’s installa-
tural work that is the
tions. I Am Not Free Because I
key to finding the lo-
Can Be Exploded Anytime is no
cation in Berlin whe-
exception. Taking its title from
re the artist planted
a collaborative work by Jenny
Henbane and Bella-
Holzer and the graffiti artist Lady Pink, Ruby’s current
donna, the two plants
exhibition at Sprüth Magers includes painting, collages
most likely to survive
and sculptures that evoke the claustrophobia and par-
after an atomic bomb.
anoia of America’s cultural obsession with freedom. The main exhibition space is dominated by a palette
Berlin
of reds, whites and blues that alternate between vivid
(p. 38)
Faces
and restrained hues. The formal qualities of the works on view mirror this tension, ranging from brightly colored, organic fabric and fiberfill hanging sculptures to more somber plinths and spray painted works on canvas. Peacehead, a spray-painted bronze sculpture of a collapsed peace symbol, perfectly encapsulates the exhibition’s mood of a nation’s optimism deflated. Jutta Rutz, prompter Alon Levin
at the Theatre an der
Alon Levin’s large-scale wooden
Parkaue, 57-years-old.
sculptures reference moder-
There are several jobs
nist utopias and social theo-
in the theater for which there really is no special trai-
aloud to myself at home so in order to be better able
ries about space, progress and
ning. This includes the work of the prompter; a field
to speak the text clearly later. It’s especially impor-
growth. Order and its disrupti-
many people enter later in life, as I did. I actually
tant during rehearsal to maintain contact with the
on are guiding interests in the
studied food technology at Humboldt University, but
actors, to see how they react and to pick up what sig-
artist’s practice; the conflict between the two genera-
my heart has always belonged to the theater. While
nals they send out when they forget their lines. I also
te a palpable excitement in the work. As Levin says,
a student I already worked as a dresser or program
have to listen to the director and know if he gives any
“somewhere among the ruins there is the potential
vendor at the theater, and afterwards I continued
text changes. I alter my text accordingly. Every actor
for the authentically new.” In his highly-anticipated
to work there on the side. After the wall came down
goes about learning his lines very differently. Some of
second solo exhibition with Klemm’s, Levin creates a
the work I did almost dried up. I was terrified about
them already know their lines at the first rehearsal;
wooden installation filling the entire gallery space,
being unemployed. When I was asked by someone at
others learn them only during acting. Some actors
whose exact details are kept under wraps until its
the Volksbühne whether I wanted to make my hobby
also change the text a little to make it suit their own
opening.
into a profession, I didn’t have to think long. That was
speech. I also have to make a note of that, of course.
1990. I’ve been at the Theater an der Parkaue since
Some actors jokingly say I police their lines. But I just
Mie Olise
1996. I’ve known it since I was a kid. At that time in
have to be very accurate with some lines because they
In 1941 the physicians Niels
the time of the GDR, it was called Theater of Friend-
serve as a cue for the stage technicians and they might
Bohr and Werner Heisenberg
ship, and even then was already a theater for young
miss their cues without these keywords. You have to
met in Copenhagen to discuss
people and children. It is an extremely big challenge
be very sensitive to work as a prompter. Otherwise,
the question of the nuclear
for me to work in a youth and children’s theater. Not
you don’t notice whether an actor has really forgot-
bomb.
ended
only because children are a very critical audience, but
ten his lines or is just taking a creative breath. That’s
poorly, with Bohr storming out
also because you’re inspiring a new generation of the-
why you can’t just make yourself comfortable with
in fury. Mie Olise’s fascinating exhibition takes the
atergoers. The German word for what I do is derived
the text during the performance and think about the
historic meeting as its subject and includes eleven ge-
from the French word, “souffler”, which is translated
shopping you’ll do later. You have to be extremely at-
stural oil paintings that interpret the architecture of
as “to breathe” or “to blow.” I find these two verbs
tentive the entire time, because anything can happen.
the building where the two acclaimed physicists met.
pretty much describe my work because I don’t do
Probably the most difficult thing is the suddenness
Keeping with her intriguing research based on mul-
anything else but whisper the actors their text when
with which you might be needed and that’s there no
ti-disciplinary practice, the new body of paintings
needed. In preparation for my work, I read the plays
real routine. You either accept it or not.
The
meeting
Mitteschön Kieztalk Online
45
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=85 =(,7 21/,1( KIEZTALK DER NETTE NORWEGER – INTERVIEW MIT MODDI Ich betrete das Hotel Holiday Inn Express – hier bin ich mit Moddi verabredet. Ich freue mich sehr auf das Interview mit diesem fröhlichen Norweger, der so unbeschwert und einfach echt wirkt – auf der Bühne und dahinter. Seine Musik hat mich am Vorabend bei seinem Konzert im HAU 2 in den Bann gezogen. Nach dem ich beim vorher Reinhören eher den Eindruck hatte, dass Moddis Musik ruhig und getragen ist … BRAVE NEW WORLD ICH LESE GERADE… „THE FILM CLUB“ David Gilmour – da denken jetzt alle an Pink Floyd. Aber weit gefehlt – die Rede ist hier nämlich von David Gilmour dem kanadischen Fernsehmoderator, Filmkritiker und Autor! Dieser Gilmour hat nämlich ein Buch namens The Film Club (die grauenhafte dt. Übersetzung lautet Unser allerbestes Jahr) geschrieben, dass mich bislang so … MITTE STREETS BERLINS BOULEVARD DER STARS Ein Spaziergang auf dem Walk of Fame. Der Filmhistoriker Gero Gandert hatte den brillanten Einfall, auch herausragenden deutschen Filmschaffenden ein Denkmal zu setzen. Inzwischen gibt es in Berlin die sogenannte GmbH Boulevard der Stars und seit drei Monaten ist nun auch die Starmeile eröffnet. Hier ein paar Bilder von der Eröffnung mit Organisatoren, Architekten, einigen Prominenten sowie dem Bürgermeister …
Stadtplan
LEGENDE Kultur 1. Galerie Eigen + Art, Auguststr. 26
17. Made in Berlin, Neue Schönhauser Str. 19
2. KW Institute for Contemporary Art, Auguststr. 69
18. Starstyling, Mulackstr. 4
3. Platoon Agency, Alte Schönhauser Str. 3
19. Rianna in Berlin, Große Hamburger Str. 25
4. Theatertreffen im Haus der Berliner Festspiele, Schaperstr. 24
20. Happy Shop, Torstr. 67
5. Dokumentartheater Berlin, Brunnenstr. 105
21. Lil*Shop, Brunnenstr. 184
6. Gefägnistheater, Justizvollzugsanstalt Tegel, Seidelstr. 39
22. Civilist Store, Brunnenstr. 13
7. Das Helmi Puppentheater, Czarnikauer Str. 4a
23. Soto Berlin, Torstr. 72
8. Unterwasseroper im Stadtbad Neukölln, Ganghoferstr. 3
24. Firmament powered by The Glade, Linienstr. 40
9. Maxim Gorki Theater Berlin, Am Festungsgraben 1
25. Adlershofer Requisiten- & Kostümfundus, Ernst-Augustin-Str. 7
10. Schaubühne, Kurfürstendamm 153 11. Deutsches Theater Berlin, Schumannstr. 13
Bars/Cafés/Clubs
12. Theater an der Parkaue, Parkaue 29
26. Keyser Soze, Tucholskystr. 33
13. GRIPS Theater, Altonaer Str. 22
27. Sophienclub, Sophienstr. 6 28. Cantamggio , Alte Schönhauser Str. 4
Läden
29. Mädchenitaliener, Alte Schönhauser Str. 12
14. me Collectors Room, Auguststr. 68
30. Yamyam, Alte Schönhauser Str. 6
15. Cruba by Mira Becker, Auguststr. 28
31. Yoli Frozen Yoghurt, Münzstr. 11
16. Sixties, Oranienburger Str. 11
47