Ausgabe 27, November 2012
Neues aus Berlin Mitte
Build it up deutsch + English
Glückstag: Neulant van Exel DER VOGELPALAST: Luxus-Tauben am potsdammer platz hartz 4-Möbel: VAN BO LE-MENTZEL Mittes Monatsheft!
Editorial 3
Mitte ins herz Es hat auch Positives, dass die Bäume mittlerweile fast alle ihre Blätter abgeworfen haben: Wir haben einen freien Ausblick auf die Gebäude dahinter. In der vorliegenden Ausgabe widmen wir uns einem längst überfälligen Thema, welches das Gesicht der Stadt mindestens so stark prägt wie seine Kunst-, Musik- oder Modeszene. Die Rede ist von Architektur in und aus Berlin. Für unseren Glückstag haben wir uns mit dem Bildhauer-Architekten-Duo Neulant van Exel getroffen und uns außergewöhnliche Bauwerke angeschaut. Eines davon: das Haus in der Linienstraße 40, entworfen von Roger Bundschuh, unser Berliner Gesicht in dieser Ausgabe. Außerdem erfahrt ihr, was Van Bo Le-Mentzel zu der Erfindung der Hartz IV Möbelserie inspiriert hat, warum beim neuen Projekt des dänischen Architekten Sigurd Larsen ein Feigenbaum die Hauptrolle spielt und wieso die Tauben am Postdamer Platz bald zu den privilegiertesten Tieren der Stadt zählen. Übrigens: der Platz hinter den Mülltonnen im Hof ist manchmal der schönste Ort für Kinder. Warum, erfahrt ihr in dieser Ausgabe. Viel Spaß beim Lesen! Eure MITTESCHÖN-Redaktion
Lianna Dora Von Hamburg nach Berlin – liegt nahe. Vor zwei Monaten hat auch Lianna diesen Weg gefunden. Bei MITTESCHÖN ist sie als Praktikantin für die Grafik zuständig. Auch in dieser Ausgabe freut sie sich über eigene Illustrationen, die ausgewählte Artikel schmücken. In Berlin fühlt sie sich pudelwohl – das Designstudium in Hamburg muss nun erst einmal warten, die Hauptstadt will entdeckt werden.
Kai Schumann Wenn Kai nicht gerade als Booking-Agent Künstler in die Clubs dieser Welt verbucht, steht er als Kapitän des Kreuzberger Traditionsfußballvereins Hansa 07 auf dem Rasen und spielt mit seiner Mannschaft gegen Vereine, die so lustige Namen wie Rotation Prenzelberg oder Askania Coepenick haben. Bei MITTESCHÖN achtet er darauf, dass die Magazine pünktlich zu Monatsbeginn bei dem Dealer eurer Wahl ausliegen.
Katharina GeiSSler Ganze zehn Umzüge hat Katharina bereits hinter sich – oder eigentlich zehneinhalb, denn einmal überlegte sie es sich noch am selben Tag anders und zog einfach wieder aus. Nun hält sie es immerhin schon über zwei Jahre in einem Altbau im Wedding aus. Katharina schreibt, fotografiert, passt auf kleine Kinder auf und sorgt dafür, dass die Artikel im MITTESCHÖNMagazin auch formal Hand und Fuß haben.
4 Impressum
Mitteschön no 27
Herausgeber
Toni Kappesz Veröffentlichung
Vollstrudel GmbH Schröderstr. 12 10115 Berlin, Germany Projekt Manager
Anne Kammerzelt (anne@mitteschoen.com) ARTDIREction
Dörte Lange (doerte@mitteschoen.com) Grafikdesign
Lianna Dora (lianna@mitteschoen.com) Presse
Pelén Boramir (pelen@mitteschoen.com) Redaktion
Anne Kammerzelt (anne@mitteschoen.com) André Uhl (andre@mitteschoen.com) Redakteure
Paul Schlosser, Bettina Schuler, Björn Lüdtke, Oliver Janik, Sebastian Braschl, Pelén Boramir, Melissa Frost, Sophia Hoffmann, Silvio Neubauer Fotografen
Tina Linster, Sebastian Braschl, Stini Mimissonsdottir, Johanna Ruebel, Liudmila Savelieva ÜBersetzung
Nicholas Tedeschi (nicted@web.de), Robert Schlicht Lektorat
Katharina Geißler Anzeigenvermarktung
media@mitteschoen.com WEBSeITE:
www.mitteschoen.com
Projekt Manager online
André Uhl (andre@mitteschoen.com) Druck
hofmann infocom Nürnberg Coverfoto:
Van Bo Le-Mentzel, fotografiert von Tina Linster.
Inhaltsverzeichnis 5
INHALT / Content Wegweiser 6
Momentmal: ZURÜCK ZUM BETON
8
Veranstaltungstipps Events
10
Mitteschön Lieblingsstücke
40
Kochtipps vom Kochhaus
41
Englische Übersetzungen English Translations
45
Mitteschön Verlosung: HÖLZERNE KREATIVITÄT
47
Stadtplan City Map
kieztalk 12
Glückstag MIT Neulant van Exel
17
FUNDBÜRO: FIEBIG-LEHRMITTEL
18
on the move: Umzugsgeschichten
21
AUGENSCHMAUS: schillernde hüte bei Jackie Taylor
26
Hartz 4-Möbel: interview mit VAN BO LE-MENTZEL Hartz 4-Furniture: Interview with Van Bo Le-Mentzel
32 33
HAPPA HAPPA: BLAUKRAUT BLEIBT BLAUKRAUT ... wir mitte-muttis bauen Höhlen und papphäuser We Mitte Mums build caves and cardboard houses
38
Berliner Gesichter: Roger Bundschuh, Architekt
46
Kolumne: Talent borrows, genius steals
Kulturgut 23
illustrator des Monats: Tjark
30
DEr Vogelpalast: Luxus-Tauben am potsdamer Platz The Bird Palace: Luxurious pigeons at Potsdamer Platz
34
Kunsttipps von EyeOut EYEOUT Art Events
35
filmtipps DER filmgalerie 451
36
The Tree Temple: Architektonischer GruSS an die nachwelt
ZURÜCK ZUM BETON Oh du schöne kahle Wand, in allen Facetten schimmerndes Grau, oh unscheinbarer Winkel, schattige raue Ecke. Geht es um die Wahl einer Fotokulisse, verschmähe
ich Brücken mit wunderbarem Ausblick, sonnige Täler, Wälder und Seen. Ob in unbeachteten Nischen großer Bauwerke oder an architektonischen Verbrechen der Stadt, hier finde ich mein
Uli und Astrid von ARTEATRO (Vor dem Abriss)
Glück. Kein besseres Fotostudio kann ich mir vorstellen als jenes, welches Architekten schon zurechtgezimmert haben. Mit anderen Worten und zwar von S.Y.P.H.:„Zurück zum Beton / Zurück zum
Beton / Zurück zur U-Bahn / Zurück zum Beton / … / Keine Vögel Fische Pflanzen / Ich will nur im Beton tanzen“ (und mich mit der Kamera verschanzen). Tina Linster fängt für MitteSchön Berlin-Momente ein.
8 Veranstaltungstipps von Sebastian Braschl, Translation P. 41
Konzert: Bon iver Der Künstlername Bon Iver entstammt dem französischen Ausdruck bon hiver, was so viel bedeutet wie „Guten Winter!“. Diesen hatte Justin Vernon im Jahre 2008 definitiv, als er aus den verschneiten Wäldern Wisconsins zurückkehrte, wo er in winterlicher Waldeinsamkeit sein Debütalbum For Emma, Forever Ago aufgenommen hat. Der anmutige Mix aus Indie und Folk begeistert Fans wie Musikkritiker gleichermaßen. Bewunderung erntet Vernon auch von anderen Künst-
Konzert:
lern wie Kanye West, der mit ihm gemeinsam Tracks für
Restaurant:
BELLERUCHE
sein Album aufgenommen hat.
Das britische Trio Belleruche ist nach fünfmonatiger
Beginn: 20 Uhr, Einlass: 18 Uhr, Eintritt: 36 Euro,
Sandwiches in Bäckereien und an diversen Ständen
Schaffenspause mit seinem vierten Album Rollercha-
Eichenstraße 4, www.arena-berlin.de
findet man in Berlin en masse. Was der Stadt bis dato
Arena Berlin, 5. Nov 2012
MOGG & MELZER
in zurück – dunkler, basslastiger als zuvor. Ihre Musik
jedoch noch gefehlt hat, ist ein Deli im klassischen New
bewegt sich irgendwo zwischen verruchtem Blues,
Yorker Schick. Das dachten sich auch DJ Paul Mogg und
souliger Melancholie, Easy Listening und Turntable-
Clubbesitzer Oskar Melzer, die ein typisch amerikani-
Elementen, schwankend zwischen introspektiv und ag-
sches Deli im Stil der Dreißigerjahre eröffnet haben
gressiv, bedrohlich und himmlisch, verführerisch und
und dort traditionelle jüdische Speisen wie Pastrami
geheimnisvoll. Ein Aufruf an all diejenigen, die hören
und Matzeknödelsuppe oder den obligatorischen New
wollen, wie durchtanzte Nächte oder Nächte ohne Zeit
York Cheescake servieren.
und Raum klingen, in denen man sich selbst zu verlie-
Ehemalige Jüdische Mädchenschule
ren scheint.
Mo bis Fr, 8 bis 22 Uhr, Sa und So ab 10 Uhr, Auguststraße
Gretchen, 9. Nov 2012
11 – 13, www.moggandmelzer.com
Beginn: 20.30 Uhr, Eintritt: 18 Euro, Obentrautstraße 19 – 21, www.gretchen-club.de
Ausstellung: YES BABY! Wer bist du? Derjenige, der du sein willst, oder vielmehr der, den die anderen in dir sehen wollen? Zwingen wir uns dazu, dem Gegenüber zu genügen und sagen ja, wenn wir nein meinen, schmücken uns mit Besitztümern wie mit Menschen und streben Schönheitsidealen nach, nur um zu gefallen? Der schwedische Fotograf Jesper PMAN Petersson ist diesen Fragen nachgegangen, um zu reflektieren, wie wir Selbstbild-
Restaurant/ Bar:
nisse bauen, um uns und anderen zu gefallen.
ULA BERLIN
de freo gallery, 9. Nov bis 8. Dez 2012
Sushi ist den Berlinern gewiss kein Fremdwort. Die ja-
17.30 Uhr, Auguststraße 85, www.defreogallery.com
Dienstag bis Freitag, 13.15 bis 18 Uhr, Samstag, 12.30 bis
Kongress: SUMMIT OF NEWTHINKING Summit of Newthinking ist eine neue Eventreihe, die
panische Küche hat allerdings bei weitem mehr zu bie-
sich in ihrer ersten Veranstaltung dem Thema Open
ten, wie das ULA unter Beweis stellt. „ULA“ ist japanisch
Strategies widmet. Die Open-Source-Kultur hält im-
und bedeutet „unerwartet“. Unerwartet gut ist diese
mer weiter Einzug in Unternehmen. Doch was passiert
Oase der gehobenen japanischen Küche, eine Kombi-
da genau, wenn Firmengrenzen aufgehoben werden?
nation moderner Einflüsse aus Ost und West, was sich
An zwei Tagen sollen die Prinzipien von Open Source
im Interieur als auch den Gerichten abzeichnet. Dafür
vorgestellt und weitergedacht sowie konkrete Anwen-
sorgt auch der Küchenchef, der als einer der wenigen
dungsmöglichkeiten in verschiedenen Einsatzberei-
weltweit die Lizenz zur Zubereitung des Kugelfisches
chen diskutiert werden.
besitzt.
Station Berlin, 15. und 16. Nov 2012
Di bis So, 18 bis 1 Uhr, Anklamer Straße 8,
Ticket: 99 Euro, ermäßigt: 75 Euro, Luckenwalder Straße
www.ula-berlin.com
4 – 6, www.open-strategies.de, www.station-berlin.de
Foto-Credits: D. L. Anderson (Bon Iver), Steve Herud (Mogg & Melzer), Progress Film-Verleih (200 Jahre Grimm), Esra Rotthoff (Bredouille)
Veranstaltungstipps von Sebastian Braschl, Translation P. 41 9
Tanz: THINGS THAT
Theater: Bredouille
SURROUND US
Während gewöhnlich Informationen und Eindrücke ir-
Der Besen zum Beispiel – ein Alltagsgegenstand, von
gendwo in den Tiefen des Gedächtnisses verschwinden,
dem wir wissen, wie man ihn benutzt, damit er den
bleiben bei Andreas alle abrufbar im Kopf gespeichert.
Boden reinigt. Doch was ist, wenn diese alltäglichen
Er leidet unter dem absoluten Gedächtnis und nimmt
Objekte unsere Routine umschmeißen und nicht so re-
alles ungefiltert auf. Als Leiharbeiter einer Catering-
agieren, wie wir es erwarten? In Clémens Layes Arbeit
Firma serviert er unter anderem Schnittchen im NSU-
betreten drei Performer eine Dingwelt, in der die Ge-
Untersuchungsausschuss. Als ihm seine Freundin Lea
genstände in den Händen ihre gewohnte Funktionalität
einige national gesinnte Bekannte vorstellt, schmie-
ins Gegenteil verkehren und dem Zuschauer den Einblick in eine erstaunliche Welt der Objektmagie gewehren, in der vertraute Dinge in neuem Licht erscheinen.
Party: IM RAUSCH MIT FREUNDEN
Sophiensæle, 15. bis 18. Nov 2012
den sie gemeinsame Pläne, wie sie an das große Geld kommen könnten. Doch Andreas’ psychische Anomalie führt alle in eine absurde Bredouille. Ballhaus NaunynstraSSe, 23. Nov 2012
Eintritt: 15,40 Euro, ermäßigt 9,90 Euro, 19.30 Uhr,
Freunde der Nacht (und des Tages), Schluck den Druck
25. bis 30. November 2012, Beginn: 20 Uhr, Eintritt: ab
Sophienstraße 18, www.sophiensaele.com
lädt für komplette drei Tage und Nächte zum Im
14 Euro, Naunynstr. 27, www.ballhausnaunynstrasse.de
Rausch mit Freunden-Festival ins Ritter Butzke. Sechs Floors, 55 Stunden, über 100 Künstler aus aller Welt, die mit ihren elektronischen Klängen aus diversen Stilrichtungen mit euch ein berauschendes Fest zelebrieren wollen. Also: Kommt, tanzt und liebt euch – bestenfalls auf der vorhandenen Hüpfburg. Ritter Butzke, 23. bis 25. Nov 2012
Eintritt: 3-Tagestickets: 15 Euro, Tagesticket: 10 Euro, Freitag, 23 Uhr bis Montag, 6 Uhr, Ritterstraße 24, www.ritterbutzke.de
Film: Grimm-
Lesung:
Jubiläumsfilmreihe
SO WAS VON DA
Es war einmal... im Jahre 1812, als die Märchen der Ge-
Tino Hanekamp, Musikjournalist und Mitbegründer
brüder Grimm erstmalig in Berlin erschienen sind. Das
des mehrfach zum besten Musikclub Deutschlands
wird jetzt nach 200 Jahren mirakulös gefeiert! Bis zum
gewählten Uebel & Gefährlich, liest aus seinem De-
23.12. wird im Kino Babylon die große Grimm-Filmrei-
bütroman So was von da, in dem er von einer berau-
he 200 Jahre Grimm – Tierisch märchenhaft! gezeigt.
schend-verrückten Silvesternacht des Hamburger
Am 25.11. werden Die Bremer Stadtmusikanten und
Clubbesitzers Oskar Wrobel erzählt. Ein Roman mit der
Hans mein Igel vorgeführt. Journalist und Moderator
Geschwindigkeit einer Silvesterrakete, den Hanekamp
Jörg Thadeusz wird zudem als Märchenerzähler anwe-
nicht nur einfach vorliest – er sitzt, geht und steht und
send sein und vorlesen. Kino Babylon, 25. November 2012
16.15 Uhr, Eintritt: 7 Euro, Rosa-Luxemburg-Straße 30, www.babylonberlin.de
untermalt mit Bildern, Musik, Filmen und Menschen.
Konzert: ARIEL PINK’S HAUNTED GRAFFITI Vor nunmehr vier Jahren ist aus dem Solo-Projekt Ariel Pink die Band Ariel Pink’s Haunted Graffiti geworden, die im August ihr zweites gemeinsames Album Mature Themes herausgebracht haben. Ariel Pink’s Haunted Graffiti – das sind Lo-Fi-Klänge sowie ein großer Schuss an 70er und 80er Pop. Zwar ist die Musik der drei Jungs insgesamt schwer einzuordnen, aber genau das macht es zu einem Anreiz die Berlin Show live zu erleben. Festsaal Kreuzberg, 25. Nov 2012
Beginn: 21 Uhr, Eintritt: 17 Euro Skalitzer Straße 130, www.festsaal-kreuzberg.de Foto-Credits: York Christoph Riccius (Tino Hanekamp), Giannina Urmeneta Ottiker (Things that surround us)
KaterHolzig, 16. November 2012
Eintritt: 8 Euro, Beginn: 21 Uhr, Michaelkirchstraße 23, www.katerholzig.de
10 Mitte Streets
Mitteschön Lieblingsstücke Texte Paul Schlosser
Im Frühtau zu Berge Ist: kuschelig Kann: geschlossen und offen getragen werden Kostet: 294 Euro Unser liebster Schweizer Menswear Designer Julian Zigerli hat einen hauseigenen Online Store gelauncht. Auf Julians Website können seit vergangenem Monat seine besonderen und doch tragbaren Kreationen geshoppt werden, bis Mamas Kreditkarte glüht. Der Modeschöpfer ist bekannt für seine High-Tech-Fashion und HybridMode, wie etwa Westen mit integriertem Rucksack (oder andersrum, Rucksäcke mit integrierter Weste?), bunte, innovative Prints und die fantasievolle Art und Weise, wie seine Kollektionen präsentiert werden. Während die Models letzte Saison ihre Fingerfertigkeit beim Knüpfen von Freundschaftsbändern oder Gameboyspielen unter Beweis stellen mussten, kann man sich derzeit in Julian Zigerli gekleidete, balletttanzende Knaben vor malerischer Kulisse reinziehen. Während wir uns noch die Tränen der Rührung von den Wangen wischen, empfehlen wir euch ganz schnell einen Blick auf die im Webshop kredenzten Kleidungsstücke zu werfen. Wir wollen uns im Winter in die flauschige Strickjacke aus Mohair hüllen. Und ihr?
WE heart I Heart Berlin
Gesehen bei: shop.julianzigerli.com
Ist: ein Tuch mit Kaleidoskop-Druck Kann: euch warm halten Kostet: 79 Euro Letzten Monat erst feierten unsere Freunde von I Heart Berlin den fünften Geburtstag ihres in Berlin seinesgleichen suchenden Party-Blogs. Ihr wollt wissen, was am Wochenende ansteht, durch endlose Partybilder scrollen oder in Erinnerungen an das ausgelassene Treiben des letzten Sommers schwelgen? Dann seid ihr bei I Heart definitiv an der richtigen Stelle. Es ist die nicht zu übersehende Leidenschaft, mit der sich Frank, Claudio, Suz und Jens ihrem Blog widmen, der sich durch viel Liebe zum Detail deutlich von anderen Seiten mit ähnlichem Content abgrenzt. Wer sich nicht am Berliner Nightlife und seinen durchgestylten Partygästen mit schönem Lippenstift und roten Nägeln sattsehen kann, der hat jetzt die Gelegenheit ihr farbenfrohes Abbild auf einem edlen Schal durch den trostlosen Winter zu tragen. Die Tücher sind in Zusammenarbeit mit dem Berliner Label Front Row Society entstanden und lassen sich durch ihre beachtliche Größe von 200 x 133cm auch als leichte Tops, Röcke und Kleider binden. Gesehen bei: www.frontrowsociety.com
Mitte Streets 11
Damir Doma in Höchstform Ist: die vielleicht letzte Chance ein Teil der Kollektion zu ergattern Kann: definitiv ein Besuch wert sein Kostet: nur noch den halben Preis Den YUU Shop haben wir euch erstmals im Juli-Heft letzten Jahres ans Herz gelegt. Inzwischen ist der Laden sicher den meisten geläufig und trotzdem ist er für uns auch knapp eineinhalb Jahre später ein Lieblingsstück wert. Die Liste der Designer, deren OffseasonStücke der Shop vertreibt, liest sich wie ein Who is Who der avantgardistischen Modeszene. Da gibt es Ann Demeulemeester, Dries Van Noten, Martin Margiela, Yohji Yamamoto, Martin Margiela und noch einige mehr. Neu dazugesellt sich seit einer Saison der deutschkroatische Designer Damir Doma, der sich wie nur wenige deutsche Modeschöpfer problemlos auch international mit den ganz Großen messen kann. Gerade ist bei Yuu Damir Domas Kollektion vom letzten Winter eingetroffen, die, wie wir finden, den Höhepunkt seines kreativen Schaffens darstellt. Wie gewohnt sind die Schnitte oft sehr voluminös. Die Farbpalette seiner Männermode beschränkt sich ohne Ausnahmen auf Schwarz und Weiß und zeigt einen sehr interessanten Mix aus klassischen Elementen wie weißes Hemd zu schwarzer Hose und Krawatte und neuartigen Schnitten. Gesehen bei: YUU, Steinstraße 26 in Mitte
Love Looks Not With The Eyes Ist: Erinnerung an eine Modelegende Kann: das erste Weihnachtsgeschenk sein Kostet: 78 Euro Anne Deniau hat Alexander McQueen bis zu seinem überraschenden Suizid 13 Jahre lang begleitet. Die Britin war die einzige Fotografin, die der Modeschöpfer bei seinen Inszenierungen hinter der Bühne um sich duldete. Von September 1997 bis März 2010 fing sie den Trubel ein, bis zur letzten Schau Plato’s Atlantis und der posthumen Präsentation der Herbst/Winter-Kollektion mit gefederten Irokesenhauben und Kaftanen aus goldenem Brokat. Die Bilder, die in dieser Zeit entstanden sind, legen Zeugnis ab vom Leben eines magischen Künstlers, der die Mode grundlegend verändert hat. Auf 400 Seiten zeigt Anne Deniau McQueens Vermächtnis. In einer Dramaturgie, die beim Betrachten in Hochspannung versetzt, entsteht hier das noch nie gesehene Bild einer scheuen Person und der genialen Schöpfungen Alexander McQueens. Love Looks Not With The Eyes ist im Knesebeck Verlag erschienen. Gesehen bei: www.amazon.de
Sprint in den Winter Ist: ein herbstlich-leichter Hochleistungsschuh Kann: deine Füße bei Regen trocken halten Kostet: ca. 200 Euro Wenn man sich so umschaut, müssen Nike Free Runs (neben New Balance Sneakern vielleicht noch) zu den meistverkauften Schuhen schlechthin gehören! Zumindest, wenn man sich ihre zahlreiche Anhängerschaft in Berlin so anschaut. Zahllose Colorways sind inzwischen erhältlich. Satt haben wir uns an dem beliebtesten unter den Frees jedoch noch nicht sehen können. Eine Variante, die von uns Sneaker-Enthusiasten und Sportskanonen gleichermaßen sehnsüchtig erwartet wird, ist die Limited Editon des Laufschuhs in drei slicken Colorways. Der Nike Free Run+ 2 Woven Leather TZ beeindruckt nicht nur mit zungenbrecherischem Namen, sondern besonders durch den neuen Material-Mix aus gewebter und lederner Oberfläche sowie neuem Look der Sohle, die nun off-white mit dezenten Sprenklern daherkommt. Gesehen bei: www.nike.de
Neulant van Exel hinter der Volksb端hne
Glückstag 13
Neulant van Exel Text Björn Lüdtke Fotos Johanna Ruebel
Seit der ersten Ausgabe des vorliegenden Magazins gibt es den Glückstag. In ihm entdecken wir mit Menschen, die das kreative Gesicht von Berlin mitprägen, deren Kieze: vom Lieblingscafé bis zum Klamottenladen. Ab sofort wollen wir am Glückstag etwas tiefer dringen und mehr über die Menschen, ihre Berufe und unsere Stadt erfahren. Die Premiere feiern wir mit Marian Neulant und Axel van Exel, die von sich selber sagen, dass sie Räume gestalten. Heute geben sie uns ihren Blick auf die Architektur der Hauptstadt.
14 Glückstag
Alexa
Haus des Lehrers
Wer einen glücklichen Tag in Berlin verbringen will, der denkt nicht zuerst ans Alexa, die rote Shopping-Mall hinter dem Alexanderplatz. Trotzdem treffen wir uns dort mit den heutigen Kandidaten für den Glückstag: Marian Neulant und Axel van Exel. Das Thema unserer Novemberausgabe ist Architektur. Marian ist Bildhauer, Axel Architekt. Seit 2005 arbeiten die beiden zusammen und firmieren als Neulant van Exel. Architektur gibt es in Berlin solche und solche: gute und schlechte, zurückhaltende und aufdringliche, verständliche und unverschämte. In welche Kategorien das Alexa gehört, darüber dürften sich die Leser dieses Magazins einig sein. Es gibt aber auch die Gegenentwürfe zu Monstrositäten wie dem Alexa. Beiden sind wir heute auf der Spur. Das Shopping-Center erinnert uns an Casinos in Las Vegas, wo fehlende Fenster dafür sorgen, dass die Spieler das Gefühl für Raum und Zeit verlieren. Nichts soll den Blick vom Wesentlichen ablenken: dem Spielen. Ähnliches scheint auch fürs Alexa zu gelten, wo nur bedingt und diffus Tageslicht durch Oberlichter in die Verkaufsräume dringt. Nur wird hier nicht gespielt, sondern gekauft. In beiden Fällen soll uns das Geld aus der Tasche gezogen werden. Allein schon wegen seiner prominenten Lage ist das Shopping-Center eine Art Sehenswürdigkeit geworden. „Ich finde das traurig. Das ist ja auch ein Statement, eigentlich unfassbar“, nimmt Marian dazu Stellung. Ob sie glauben, dass es auch Leu-
te gibt, die das schön finden? Beide unisono: „Ich befürchte es.“ Marian: „Das Geschwungene, das Ornament, da hat sich ja auch jemand was bei gedacht. Da sollen wohl die Zwanzigerjahre heraufbeschwört werden, das soll so ein bisschen jugendstilig sein. Nur hätten sie da mal besser hinschauen sollen, wie die das damals wirklich gemacht haben, und dann nicht solche unglaublich bekackten Gitter da hinmachen, die einfach auch jeder Herleitung entbehren.“ Da finden wir den Discounter mit Wellblechdach auf der grünen Wiese ehrlicher. Da ist klar, dass es sich um einen Nutzbau handelt. Das Alexa aber „ist ein Nutzbau, der sich anmaßt ein Gebäude zu sein.“ Wir überlegen, wo wir als nächstes hingehen. Heute wollen wir Marians und Axels Lieblingsgebäude sehen, aber auch ihre Hassobjekte. Den Jungs ist es wichtig, dass wir nicht nur das Schlechte suchen, um zu kritisieren. Sie wollten nicht nur draufhauen, das sei nicht ihre Art. Und dafür wäre uns auch die Zeit zu schade, und so machen wir uns auf den Weg, mit dem Ziel uns auch zu den attraktiveren Bauwerken vorzuarbeiten, wie beispielsweise dem BCC, dem Berliner Congress Centrum. Das Gebäude, früher Kongresshalle genannt, gehört zum Komplex des Haus des Lehrers und wurde in den Jahren von 1961 bis 1964 erbaut. Architekt war der BauhausSchüler Hermann Henselmann. Es liegt direkt gegenüber vom Alexa und sofort wird klar, was gute von schlechter Architektur unterscheidet. Axel erklärt:
Contemporary Fine Arts
„Ein sehr klares, offenes Gebäude, schön leserlich. Du kannst von draußen erkennen, was drinnen passiert, an der Fassade schon ablesen, wie es drinnen organisiert ist.“ Mal ganz abgesehen davon, dass der Mid-Century-Schick unwiderstehlich ist. Wir laufen über die Alexanderstraße – wir wollen zum Rosa-Luxemburg-Platz – und schauen nach links. Unübersehbar steht dort das wohl markanteste Wahrzeichen der Stadt, der Fernsehturm, eines der Lieblingsgebäude der beiden. Als wir die Karl-Liebknecht-Straße überqueren, fällt unser Blick auf den Kaufhof. Wir stellen fest, dass uns der Bau in der Ost-Version besser gefallen hat als dieses mit der langweiligen Fassade. Marian:„Ich verstehe eh nicht, dass der Ost-Look so ausgemerzt werden soll, als wäre der nicht ernst zu nehmen. Dieses Ostige gehört zu meinem Bild von Berlin. Wenn das der Austausch ist zu dem vorher, dann ist das einfach nur ein Rückschritt.“ Alex: „Das erstreckt sich bis zur Museumsinsel, wo Asbest als Vorwand genommen wurde, um den Palast der Republik abzureißen. Aber eigentlich wollten sie nur das Gebäude der DDR abreißen, um irgendein peinliches Stadtschloss zu bauen, das noch nicht einmal Gesamtdeutschland repräsentiert." Marian und Axel haben sich 1997 am ersten Tag des Architekturstudiums in Köln (beide kommen aus dem Rheinland) kennengelernt. Marian war schon immer ein Bastler und hat vor seinem Studium eine Ausbildung zum Zimmermann abgeschlossen. Axel hat zwischendurch Musik gemacht und rappte in einer Band mit
Glückstag 15
Linienstraße hinter der Volksbühne
Studio Katharina Grosse
Haus des Lehrers
Weydingerstra ße
BCC
16 Glückstag
L 40
Contemporary Fine Arts
dem Namen Lyroholika. Marian wechselte irgendwann Studium und Stadt, um in Weißensee sein Diplom als Bildhauer zu machen. Axel schloss sein Architekturstudium in Wuppertal ab. Sie blieben die ganze Zeit in Kontakt und so ergab es sich, dass sie 2005 zusammen an einem Kunstprojekt in Island arbeiteten. Sechs Wochen Aufenthalt waren geplant. Die Zusammenarbeit lief aber so gut, dass daraus sieben Monate wurden. Erste Folgeaufträge wurden abgewickelt, Neulant van Exel entstand. Heute leben sie in Berlin. Hier haben sie die Läden Soto und Butterflysoulfire eingerichtet. In ihrer Heimat Köln steht einer ihrer neueren Coups: das Flakon-Skulpturenregal im Flagship-Store von 4711, das aus 700 Flakons der Traditionsmarke und 3.500 RGB-LED besteht. Bei Neulant van Exel verschwimmen die Grenzen zwischen Kunst, Design und Architektur. Dazu Marian: „Unterm Strich bauen wir, das ist das Wichtigste. Es geht um Material und darum, es zusammenzuführen. Wir arbeiten mit Räumen.“ Gerade haben sie zum Beispiel auch das Set für das Cover einer CD gebaut. Wer sich nicht sicher sei, ob ein Auftrag von ihnen erledigt werden könne, der solle einfach anfragen meint Axel. Sie freuen sich immer was Anderes und Neues zu machen. An der Kreuzung von Tor- und Rosa-Luxemburg-Straße angekommen, freuen wir uns über das schwarze Gebäude, das sich L40 nennt. Schon heute wird das Haus gerne als Hintergrund für Erinnerungsfotos genommen. In dem einen
Volksbühne
oder anderen Film ist es auch schon aufgetaucht. In zehn Jahren wird es wohl ein Wahrzeichen für Berlin sein, genauso wie man auf Urlaubsfotos erkennt, wenn jemand am Times Square in New York steht. Wir sind uns einig, dass man sich in Berlin öfter trauen sollte so zu bauen.
fühlbare Seltsamkeit von David LynchFilmen. Polster statt Kacheln, das macht man eigentlich nicht“, sagt Marian. „Aber”, fügt Axel hinzu, „nur weil Materialien nur für eine Sache produziert sind, heißt das nicht, dass sie nicht für eine andere Sache trotzdem funktionieren können.“
Ein befreundeter Architekt hat mal zu mir gesagt: „Hier hat sich endlich mal jemand all das getraut, was sie einem während des Studiums auszutreiben versuchen.“ Nicht etwa, weil es gegen die Regeln des guten Geschmacks verstoßen würde – im Gegenteil, zumindest im vorliegenden Fall. Aber wer so bauen will, muss gegen viele Normen kämpfen und Schlupflöcher in Verordnungen finden. Davor schrecken viele zurück, sogar Professoren.
Eigentlich wollen wir noch zur Schwangeren Auster, dem Haus der Kulturen der Welt, in Tiergarten. Nur findet heute der Berlin Marathon statt und mit dem Auto ist uns der Weg dorthin abgeschnitten. Unsere Fotografin Johanna Ruebel macht sich alleine auf den Weg, damit wir den Tag trotzdem mit diesem architektonischen Höhepunkt beenden können.
Axel: „Das Gebäude sieht aus allen Blickrichtungen gut aus, nicht nur aus einer. Das hat auch eine Bildhauerin mitgestaltet. Die Winkel der Straßen wurden mit aufgenommen und trotzdem klassische architektonische Elemente wie die Fensterbänder, die um die Ecke gehen, verwendet, wie man es auch vom Bauhaus kennt. Das ergibt eine brisante Mischung.“ Ein Gebäude mit ähnlichem Charakter steht in Moabit. In ihm wohnt und arbeitet die Künstlerin Katharina Grosse. „Sehr wenig Haus, es ist eher eine durchlöcherte Skulptur mit Riesenfenstern an manchen Stellen und an manchen gar keine." Dahinter steht ein Backsteinhaus, in dem Neulant van Exel Teile einer Wohnung eingerichtet haben – mit einer „Bootsküche“ und einem roten Bad. „Ich mag diese
Marian, Axel und ich fahren zurück nach Mitte, wo wir unsere Tour begonnen haben. Wir betrachten nochmal den Fernsehturm in seiner ganzen Pracht. Auch wenn in Berlin nicht alles hübsch ist – schön ist unsere Stadt trotzdem.
Fundbüro 17
Fiebig LEhrmittel Text Björn Lüdtke Fotos Sebastian Braschl Translation P. 42
Wer in Berlin aufwächst, der hat in der Regel noch nie einen Maikäfer in echt gesehen. „Die Kinder hier in der Stadt denken, Maikäfer wären so groß“, erzählt Gerd Fiebig und deutet mit seinem Daumen und Zeigefinger die Größe eines Schokokäfers an. Wer wissen will, wie groß ein Maikäfer wirklich ist, der kommt in sein Naturalienkabinett nach Schöneberg. Das Kabinett befindet sich im hinteren Teil des Ladens, der nach seinem Inhaber Fiebig Lehrmittel benannt ist. Vorne gibt es alles, was der Hobby-Insektensammler braucht, um Käfer, Falter oder Spinnen zu präparieren. Fiebigs Interesse für Insekten wurde geweckt, als er noch ein Steppke war, in den fünfziger Jahren: „Ein Bekannter der Familie lebte in Brasilien. Der fuhr mit dem Kanu zu den Indianern und hat dort Edelsteine gekauft, die er dann nach Idar-Oberstein verschickte, dem damaligen Zentrum des Edelsteinhandels. In der Regenzeit, in der man nicht mit dem Kanu fahren kann, hat er dann Schmetterlinge gefangen. Man hat sie ihre Eier legen lassen und gezüchtet. Die lebenden Puppen wurden in die Zoos aller Welt verschickt.“
deswegen, weil die Fiebigs sich als einer der wenigen übriggeblieben Anbieter der Welt in diesem Markt behaupten konnten. So gut, dass die nächste Generation übernimmt. Alle Präparate aus dem Kabinett können natürlich auch gekauft werden. Die ausgesuchten Insekten werden dann auf ihren Nadeln in Präsentationskästen montiert. Als Dekoration werden präparierte Insekten heute kaum noch verkauft. Wer trotzdem darüber nachdenkt sich einen hübschen Schmetterling an die Wand zu hängen, der sollte gewisse Regeln beachten. Sie dürfen nicht direktem Sonnenlicht ausgesetzt sein und einmal im Jahr sollte das Desinfektionsmittel in den Kästen aufgefrischt werden, damit die Insekten nicht von anderen kleinen Tieren von innen aufgefressen werden.
Eigentlich sollten in dem Laden, der seit den Siebzigern besteht, nur die Kästen für die Insekten hergestellt werden. Aber nach und nach bekamen die Fiebigs, auch heute noch ein Familienbetrieb, alte Sammlungen angeboten; oft von Privatleuten, die ihre Dachböden ausgemistet hatten. So entstand das Geschäft. Heute passiert das eigentliche Business im Hintergrund. Fiebig Lehrmittel stellt die Geräte her, die man zum Fangen und Präparieren von Insekten braucht, und liefert vor allem an öffentliche Institute, Museen zum Beispiel. Das Geschäft läuft gut, auch
Übrigens, der Laden befindet sich in der Langenscheidtstraße, unweit vom U-Bahnhof Kleistpark. Am Anfang der Straße liegt Dinos Eiscafé, in dem es nicht nur Eis, sondern zum Frühstück leckere Schinken-Käse-Croissants gibt. Und wer einen kleinen Spaziergang wagen möchte, der läuft die Straße hoch und geht über die Langenscheidtbrücke, die über die Gleise der S1 führt. Von hier blickt man, vor allem bei schönem Wetter, bis zum Gasometer im Süden und zum Fernsehturm in Norden.
Fiebig Lehrmittel Langenscheidtstraße 10 10827 Berlin www.fiebig-lehrmittel.de
18 Kulturgut
On The Move Text Sophia Hoffmann Illustration Lianna Dora
Kulturgut 19
Wer wohnt, muss auch umziehen. Oder zumindest mal einziehen. Doch da die wenigsten von uns ihr ganzes Leben auf demselben Einödhof verbringen, ja manch junger Mensch seine Bude häufiger wechselt als den Lebensabschnittspartner (oder mit dem dann auch jeweils die Wohnung), ist der Umzug ein festes Ritual unseres alltäglichen Daseins, das viel Nährboden für lustige und tragische Begebenheiten birgt. Ich möchte mich fast anmaßend als Umzugsprofi bezeichnen. Zwischen dem Verlassen des elterlichen Nests mit 18 und dem Bezug meiner jetzigen Wohnung, wo ich es nun schon seit geschlagenen zwei Jahren aushalte, liegen 14 Jahre und 12 Umzüge. Davon zwei innereuropäische: München – Wien (435 km) und Wien – Berlin (680 km). Logisch, dass man bei der Frequenz diverse Katastrophen erlebt, Freundschaften gefährdet und am Ende eine gewisse Routine entwickelt. Nie werde ich den Tag vergessen, als ich von München nach Wien zog, es war der 3. März 2004. Endlich ließ ich die Stadt hinter mir, in der ich mein ganzes bisheriges Leben verbracht hatte, auf Nimmerwiedersehen, das schwor ich beim Passieren des Stadtschildes auf das Leben meiner Erstgeburt. Mit an Bord im vollbeladenen Sprinter waren mein großer Bruder und meine beste Freundin Sina, ihres Zeichens passionierte Autofahrerin! Die Sonne schien, ein Hauch von Frühling lag in der Luft und Vienna was so was von calling – ich konnte es schon ab dem Irschenberg hören, laut und deutlich! So düsten wir dahin, bis sich gegen Abend, so 100 km vor den Toren Wiens, das Wetter schlagartig verschlechterte. 50 km vor der Stadtgrenze steckten wir in dichtem Schneegestöber fest und selbst Sina hatte nicht mehr so richtig Bock drauf. Nach mühseligen Stunden endlich an meiner neuen Wohnungstür angekommen, parkten wir noch schnell das Auto, beschlossen am nächsten Morgen auszuladen und kehrten erstmal in ein uriges Beisl ein. Dort wurden wir dann fast noch in die später für viel Aufsehen und Ärger sorgende Eurofighter-Affäre mit hineingezogen, aber das hat zu wenig mit Umzügen zu tun, um an dieser Stelle größere Erwähnung zu finden. Was wir übersehen hatten, war, dass sich an unserem Parkplatz ein eingeschneites totales Halteverbotsschild befand. Morgens um neun machte ich mich auf den Weg zum Auto und musste feststellen, dass dieses massiv den Verkehr auf der tagsüber stark befahrenen Hauptstraße behinderte. Der Strafzettel klemmte schon an der Windschutzscheibe und nur der Tatsache, dass es dem herkömmlichen Abschleppwagen nicht gelungen war einen vollbeladenen Sprinter mitzunehmen, hatte ich es zu verdanken, dass ich meinen Umzug (nach sofortigem Umparken) zeitplanmäßig ohne noch größere Umstände beenden konnte. Sina fuhr den Wagen passioniert nach München zurück, ich zahlte die horrende Geldstrafe. Psychopathische Mitbewohner, ungeplanter Familienzuwachs solcher und ähnliche Widrigkeiten führten in den folgenden Jahren zu ständigen Umzügen, und wenn mich heute jemand fragt, wo ich in Wien gewohnt habe, kann ich geübt antworten: „Im 3., 4., 5., 6. und 15. Bezirk!“ Manche Freunde reagierten auf meine
Anrufe nur noch schnippisch: „Willst du wirklich wissen, wie es mir geht, oder brauchst du schon wieder jemanden, der dir beim Umziehen hilft?“ Es war ein Kreuz. Mal hauste ich bescheiden auf 3 m² in einem Wohnbett, mal zur Zwischenmiete in einer pompösen 150 m² Altbau-Prachtbude, doch sesshaft wurde ich nie länger als zwölf Monate. Möbel besaß ich keine, alleine meine Platten, Kleider und Bücher reisten mit mir.
„Einmal beging ich den fatalen Fehler mit einem ehemaligen Liebhaber zusammenzuziehen, genauer gesagt wurde er erst eine Woche nach dem Einzug mein ehemaliger Liebhaber.“ Einmal beging ich den fatalen Fehler mit einem ehemaligen Liebhaber zusammenzuziehen, genauer gesagt wurde er erst eine Woche nach dem Einzug mein ehemaliger Liebhaber. In den darauf folgenden Monaten fing er etwas mit einer meiner besten Freundinnen an, zu allem Überfluss hatten wir auch noch zu dritt ein Bandprojekt, das gerade der heiße Talk Of The Town war. Nach einer Weile endete das Ganze in einem großen Drama, Konsequenz war das Ende der Band und mein Rausschmiss aus „seiner“ Wohnung. Zu allem Überfluss wollte er dann noch, dass ich das Zimmer streiche, in dem ich nur acht Monate gehaust hatte. Zugegebenermaßen hatten alle meine Besucher die Namen ihrer Lieblingsbands mit schwarzem Edding an die Wand geschrieben, aber schließlich hatte ich ja echt nur kurz dort gewohnt! Wir einigten uns darauf, dass ich zumindest die Kosten für die Farbe übernehmen würde, und als ich mit meiner Umzugsentourage anrückte (irgendwie schaffte ich es immer wieder), faselte er auf einmal etwas von „Arbeitszeit berechnen“ und wollte eine unverschämt hohe Summe. Blöderweise hatte ich gerade 100 Euro im Geldbeutel, warf ihm diese vor die Füße, schickte einen lebenslänglichen Impotenz-Fluch nach und verschwand für immer aus der Wohnung und aus seinem schäbigen Dasein. Einige Jahre später beschloss ich nach Berlin zu ziehen. Ich hatte doppelt Glück. Einerseits fand ich zum Termin der Fahrt eine gute Freundin, die bereits dort wohnte und passionierte Autofahrerin war (man ahnt es vielleicht bereits, ich bin zwar in Besitz eines
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Führerscheins, aber eher passionierter Beifahrer mit Talent für Musikauswahl, Kartenlesen und Alles-besser-Wissen). Und ich tat eine in Wien ansässige Dame auf, die noch ein bis fünf Koffer in Berlin hatte, die sie dringend überführen musste; sie würde also das Auto zurückbringen. Am 6. Dezember 2008 machten wir uns auf die Reise. Kurz vor Aufbruch entdeckte ich im Flur meiner alten WG noch diese große, unpraktische aber elegante 50er-JahreBodenvase, die ich seit 1999 stets mit mir herumtrage. Einfach nur, weil ich sie schön finde und hoffe irgendwann in die Wohnung zu ziehen, die diesem Stück ein adäquates Ambiente bietet. Trotzig und von Emotionen gebeutelt seufzte ich im Vorbeigehen: „Ach, die lass ich jetzt da, die nehme ich das nächste Mal mit...“ Wir machten los. Wir nahmen die Route durch die tschechische Republik und kurz vor der Grenze wurden wir von einer österreichischen Polizeistreife angehalten. Die stellten fest, dass der TÜV des Mietautos bereits abgelaufen war, winkten uns kulant durch, meinten aber, ihre tschechischen Kollegen sehen das unter Umständen nicht so locker. Was sollten wir groß tun, wir lächelten zähneknirschend und fuhren weiter. Zum Glück interessierte sich in Tschechien niemand für unsere TÜV-Plakette. Dafür setzte auf der Höhe von Prag mal wieder Schneegestöber ein, wir verfuhren uns aufgrund der wirren Straßenführung massiv und fanden erst nach anderthalb Stunden die Route nach Berlin. Es war bereits stockdunkel und tiefster, eisigster Winter. Ein Höllenritt, bis wir endlich unversehrt, aber am Rande des Nervenzusammenbruchs in Berlin ankamen. Noch heute habe ich das Gefühl, ich hätte einmal die sibirische Tundra durchquert, um entspannt in Neukölln leben zu können. Hätte ich nur damals meine Bodenvase noch eingepackt! Geschlagene vier Jahre hat es gedauert, bis sie die Übersiedlung hierher geschafft hat, weil ich zwar noch oft in Wien, aber immer mit der Bahn oder dem Flugzeug gereist war. Und wenn jemand mit dem Auto fuhr, habe ich es meist drei Tage danach erfahren. Meine ehemaligen Mitbewohner, die erfreulicherweise immer
noch in derselben Bude wohnen, hatten schon diesen Running Gag: „Sophia, da steht noch diese Bodenvase von dir im Flur...“ Vor zwei Monaten hat sie es nun tatsächlich geschafft mit einem Bekannten anzureisen und nach wiederum einem Monat, einem kaputten Auto und einer Heimholung mithilfe der U8 und einer großen Ikea-Tasche ist sie jetzt endlich bei mir gelandet. Und sie fühlt sich wohl – das hat sie mir erst letzte Woche versichert... Was mich zu einem Schlusswort führt, und zwar in Form der wichtigsten Regeln für einen reibungslosen, entspannten Umzug. Ich kann nur jedem empfehlen diese zu beherzigen! 1. Immer alles gleich einpacken! 2. Immer lieber zu viele Leute um Hilfe bitten anstatt zu wenige! Erstens wird immer jemand absagen und zweitens gibt es nicht „zu viele Leute“ bei einem Umzug! 3. Lieber nie zu viel Bargeld in der Geldbörse haben! 4. Die Helfer mit mindestens Alkohol oder einem Essen belohnen! 5. Nie im Winter umziehen, vor allem nicht von einer Stadt in eine andere! 6. Nie mit jemandem zusammenziehen, mit dem man Sex hat/ hatte und mit dem man sich nicht in einer Beziehung befindet! 7. Bodenvasen sind überbewertete Einrichtungsgegenstände!
Augenschmauß 21
Zu Besuch bei Jackie Taylor Text Paul Schlosser Fotos Stini Mimissonsdottir
Schleifen, Federn, Nadeln, schillernde Stoffe und allerlei PlastikKrimskrams liegen bunt verteilt auf dem großen Werktisch, an den Wänden hängen Haarreifen, Hüte und Masken, die mehr Kunstwerk als Kopfbedeckung sind. Es ist sinnlos nach Tragbarkeit zu fragen. Jedes der in mühevoller Handarbeit entstandenen Stücke ist eine Entführung in eine Parallelwelt. Jackie Taylor sitzt auf einem Hocker und schaut sich lächelnd in ihrer beeindruckenden Werkstatt um, die sie sich mit zwei
weiteren schillernden Modedesignerinnen teilt, um. „Mein kreatives Chaos“, nennt die Modeschöpferin liebevoll die Unordnung in einem einstigen Gewerberaum, irgendwo in den Untiefen Neuköllns. Hier bastelt die junge Frau aus Irland an ihren Kreationen – und das äußerst erfolgreich: Die Liste ihrer musikalischen Kunden umfasst die Crème de la Crème international umjubelter Performer wie Azari & III, Peaches und Art Department.
Diesen Kopfschmuck hat Cedric Gasaida von Azari & III beim diesjährigen Calvi
Gerade entwerfe ich die
on the Rocks getragen, als
Outfits für ein Brautpaar,
er Manic performte. Es war
welches sich Ende des Monats
eines jener Konzerte, bei
in Miami das Ja-Wort geben
denen die Menge ab der
wird. Die Hochzeit wird ganz
ersten Baseline ausgelassen tobt. Obwohl Cedric den
unter dem Motto Cosmic Disco stehen.
Titel des Songs wörtlich nahm und eine dynamische Bühnenshow ablieferte, schaffte er es das Teil problemlos auf seinem Kopf zu balancieren. Viele Bestandteile meiner Hüte habe ich vom Karneval in Rio. Mit insgesamt vier großen Taschen, prall gefüllt mit bunten Federn, Bändern und Perlen bin ich Meine Nazar-Perlenkette
wieder zurückgereist. Die
habe ich aus Korsika. Den
Verwunderung seitens der
neongrünen Pullover habe
Berliner Zollbeamten war
ich hier in Berlin auf einem
groß.
Flohmarkt gefunden.
www.jackietaylor.net
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Illustrator des monats: Tjark Foto Chris Keenan
Tjark ist vor 14 Jahren nach Großbritannien gezogen, um sein Studium in Visueller Kommunikation, Illustration und Kunstdruck zu beginnen. Mit Sack und Pack hat er sich in seinem kleinen Toyota Corolla auf die Insel gewagt und sich in dieses Land verliebt. Die sehr dynamische Kunst- und Streetart-Szene Englands hatte einen starken Einfluss auf den jungen Künstler. Auf der Insel hat es ihn dann von Banbury über London nach Birmingham gezogen, um dort zu studieren und seinen Stil zu finden. Tjark arbeitet schon seit seiner Jugend mit vielen verschiedenen Werkzeugen und Möglichkeiten der Kunst. Sein Stil ist illustrativ, lehnt sich aber auch stark an Comics an. Gerne nutzt er besondere Drucktechniken, um seine Werke stärker hervorzuheben, was im Zuge der Digitalisierung immer neue Herausforderungen der Visualisierung darstellt. Gelernte und gewohnte Formen und Prozesse zu durchbrechen, gar neu zu definieren, macht ihm dabei am meisten Freude. Neben seiner freischaffenden Tätigkeit als Illustrator für Bücher, Websites, Werbeagenturen und Magazine arbeitet er an dem Birmingham Metropolitan College als Dozent für Kunst und Design. In seinen Vorlesungen und Seminaren legt er dabei besonders großen Wert auf die Vermittlung und Entwicklung neuer Techniken und Stile. Somit schreckt er auch nicht davor zurück Grenzen zu überschreiten und urbane Strukturen neu zu kreieren – die eine klassische Kunst gibt es nicht, sondern Kunst ist mannigfaltig! So führte er mit seinen Studenten bereits einige Studienreisen nach Amerika durch, um andere Stile in ihrer Entstehung und Wirkung direkt zu analysieren. Tjarks Werke werden immer wieder in London und Birmingham gezeigt und waren ebenso schon in Frankfurt, Bonn und Gran Canaria zu sehen. Da er die Berliner Kunstund Kulturszene als sehr aufstrebend und dynamisch empfindet, wird der nächste Schritt in Richtung Berlin gehen. Berlin wird in Zukunft die Keimzelle der kreativen Szene sein, in der er definitiv nicht fehlen will. Bild-Titel: Construction No.3 www.tjark.carbonmade.com
Du bist Illustrator und möchtest mit deinem Artwork das nächste heraustrennbare MITTESCHÖN-Poster zieren? Dann schick uns deine Bilder und Entwürfe an: info@mitteschoen.com.
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Back To Basics Interview mit Van Bo Le-Mentzel Text Bettina Schuler Fotos Tina Linster Translation P. 42
Ob das Regal „Billy“, das Bettgestell „Malm“ oder das Kinderbett „Gulliver“ – Irgendwann hat man keine Lust mehr auf IKEA-Möbel. Und nicht nur, weil sie alle haben und der Inhaber besagter schwedischer Möbelhauskette politisch sehr umstritten ist, sondern auch, weil die Designer schlicht und ergreifend viel schöner sind. Nur leider sind sie auch genauso teuer wie schön, weshalb man sich nur allzu selten eines dieser edlen Stücke leisten kann.
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„Schleifen von Holz ist wie Streicheln und das Verbinden von Hölzern ist, als ob zwei Menschen sich anfassen.“
Die Lösung bietet der Architekt Van Bo LeMentzel, der mit seinen Hartz IV Möbel Serien, inspiriert von Designklassikern, sehr schicke Möbelstücke zum Nachbauen entworfen hat und die Baupläne dafür jedem kostenfrei zur Verfügung stellt. Warum? Darüber haben wir mit ihm gesprochen. Mitteschön: Van Bo, du bist Architekt. Wie bist du dazu gekommen eine günstige Version von Designmöbeln zu bauen und zu entwerfen? Begonnen hat alles mit einem Volkshochschulkurs, bei dem ich mich angemeldet hatte, um meiner damaligen Verlobten und jetzigen Frau zu beweisen, dass ich auch selbst einen Stuhl bauen kann. Herausgekommen ist dabei der 24 Euro Chair, das erste Stück meiner Hartz IV Möbel Kollektion. Meine Freundin war so begeistert, dass sie sich auch gleich für den Volkshochschulkurs Nähen für Anfänger angemeldet und die passenden Kissen dafür selbst gemacht hat. Baut und entwirft man während des Architekturstudiums nicht ständig Möbel? Naja, es gibt während des Studiums zwar schon entsprechende Kurse und den Zugang zu einer Werkstatt, doch bevor ich meinen ersten Stuhl gebaut habe, hatte ich überhaupt keinen Zugang zu so einer haptischen Form von Arbeit. Im Gegenteil: Ich habe immer einen großen Bogen darum gemacht. Meine Begeisterung für Holz und das Handwerken kam erst mit der Entstehung des Stuhls. Es hat sich quasi eine ganz neue Welt für mich eröffnet: die des Holzes. Weg vom Photoshop hin zum Haptischen...
Ich würde eher sagen, ich kombiniere beides. Aber ich habe durch die Arbeit mit dem Holz einfach wahnsinnig viel Neues dazugelernt. Holz ist einfach ein unglaublich spannendes Material, das auch in einem gewissen Zusammenhang mit den Menschen steht: Es kommt aus der Erde, in der wir Menschen schlussendlich auch alle wieder landen und woraus wiederum ein neuer Baum entsteht. Eine Verbindung, die man bei der Arbeit mit dem Holz auch ganz deutlich spürt. Inwiefern? Schleifen von Holz ist wie Streicheln und das Verbinden von Hölzern ist, als ob zwei Menschen sich anfassen. Überhaupt gibt es einfach so wahnsinnig viele Ähnlichkeiten zwischen einem Menschen und einem Baum, so wie zum Beispiel die Wurzeln, nach denen auch jeder Mensch sucht, einen Stamm, die Früchte, die man erntet. Der Baum als großes Symbol für das menschliche Leben also... Absolut. Was mir an dem Baum zusätzlich noch so gut gefällt, ist, dass er frei von Innovationen ist. Genau das, was uns in der heutigen Gesellschaft ja ständig antreibt. Alles muss höher, schneller, weiter werden. Doch warum? Damit die Welt besser wird oder, um uns nicht mit den existentiellen Fragen beschäftigen zu müssen. Wohl eher letzteres. Und dass deine Möbel mehr als gut designte DIY-Möbelstücke sind, darauf verweist ja allein schon der Name Hartz IV-Möbel... Der Stuhl ist für mich wie ein Köder, um
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Menschen anzulocken, die sich vorher mit Wohnqualität, Lebensqualität, der Frage, was man eigentlich braucht im Leben, nicht beschäftigt haben, damit sie sich endlich mit solchen Problemen auseinandersetzen. Wer weiß heute zum Beispiel eigentlich noch, wie und unter welchen Bedingungen Produkte entstehen? Und auf wessen Kosten unser Wohlstand geht.
men bekommen werde. Allerdings wird auf unseren Schuhen anstelle des Converse-Zeichen ein gelber Button mit der Aufschrift Karma sein...
verändert hat und wie froh sie darüber sind, dass es mich gibt. Das ist für mich die schönste Resonanz, die es auf meine Arbeit geben kann.
Wegen des guten Karmas, das durch die Produktion entsteht? Und das man durch das Tragen vielleicht auch in die Welt trägt. Wer weiß.
Die Anleitung für den 24 Euro Chair und weiteren Hartz
Und diese Gedankengänge sind bei dir alle durch den Bau eines Stuhls angestoßen worden? Irgendwie schon. Aber natürlich kamen mit der Zeit immer neue Fragen dazu. Zum Beispiel, wer eigentlich darunter leiden muss, wenn ich mir ein Paar neue Converse kaufe.
Ein weiterer Klassiker von dir ist das ONE SQM House, in dem man sich im letzten Sommer für 1 Euro am Tag auf dem Prenzlauer Berg einquartieren konnte... ...und das für mich als Symbol für die Frage steht, wem eigentlich die Welt gehört. Wir leben heute in ganz bestimmten Grenzen, mit ganz bestimmten Regeln, die niemand mehr in Frage stellt, und wenn ich ein Haus kaufe, dann ist es für mich ganz klar, dass ich diesen Kauf im Grundbuch eintragen lassen muss, damit es rechtens ist. Doch was war eigentlich vor dieser Regelung? Wer hat sich dieses System ausgedacht und warum? Ich bin der Meinung, jeder sollte ein Haus mit Blick auf die Spree haben. Deshalb habe ich ein Haus entworfen, das so klein ist, dass man es überall hin- und wieder wegrollen kann. Und auch wenn mir natürlich klar ist, dass man nicht einfach fremde Häuser okkupieren und alle Regeln verwerfen kann, so finde ich es doch wichtig diese Frage zu stellen.
IV Möbeln findet ihr unter www. hartzivmoebel.de. Und wenn ihr auch unbedingt ein Paar der tollen Karma-Chucks haben wollt, dann einfach auf www.startnext.de/karmachucks sichern.
Was ist der Ausweg: Konsumverweigerung? Oder Dinge selbst wieder herzustellen. So wie die Hartz IV Möbel. Und auch den Wunsch nach einem Paar rote Converse, so wie ich ihn habe, kann man sich nicht ohne die Nutzung der üblichen Produktionsund Distributionswege erfüllen. Es ist eben nur wesentlich zeit- und arbeitsaufwendiger, als wenn man ein Paar Converse ganz einfach im Laden kauft. Aber jeder hat die Wahl sich dafür oder dagegen zu entscheiden. Deshalb werde ich mir mein Paar Converse von einem Mann aus Sri Lanka anfertigen lassen, der sich und seine Familie von der Kautschuk-Verarbeitung ernährt, aus dem dann auch die Sohlen meiner Converse-Version sein werden. Ich brauche dafür nur 500 Menschen, die mitmachen, weil es sich ansonsten nicht finanzieren lässt. Aber ich bin ganz zuversichtlich, dass ich die über eine Crowdfunding-Aktion zusam-
Möbelbau als Bewusstseinswandel. Glaubst du, das funktioniert? Ich bekomme ständig E-Mails, in denen Menschen mir schreiben, wie sehr der Bau eines Hockers, Stuhls, Betts ihr Leben
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Ein Haus für Tauben. Das klingt nach Ein Herz für Tiere. Überraschend, denn Tauben zählen nicht unbedingt zu den beliebtesten Bewohnern der Stadt. Sie leiden unter dem Ruf unhygienisch zu sein und jeden verfügbaren Flecken Asphalt oder Autokarosserie mit ihren ätzenden Ausscheidungen zu besudeln. Sogar Krankheiten sollen sie übertragen. Die Schmutzfinken der urbanen Tierwelt, sozusagen. Dem Bürgermeister von Venedig ging beim Gedanken an die „Ratten der Lüfte“ sogar dermaßen die Hutschnur, dass er sich veranlasst sah den Vögeln den totalen Krieg zu erklären. Was Venedig der Markusplatz, ist Berlin der Potsdamer Platz. Zumindest bezogen auf die Anzahl der Tauben. Doch anstatt, wie andernorts geschehen, ein Gericht prüfen zu lassen, ob es nicht legitim sei das Federvieh ab einer bestimmten Menge zu eliminieren, beauftragte man eines der renommiertesten Architektenbüros der Stadt mit dem Bau eines Vogelhauses. Oder vielmehr einer Luxusherberge für Tauben: Es handelt sich um ein vier Meter hohes, fünf Meter breites und acht Meter langes, mit Aluminiumplatten bedecktes Stahlgerüst, ausgestattet mit vier Einflugschneisen. Dagegen können olle Holztaubenhäuser einpacken. Das ganze in dezentem Grau angemalt, damit die Tiere sich nicht vor dem strahlenden Glanz erschrecken. Das Haus soll mehrmals pro Woche gereinigt, Futter und Wasser regelmäßig aufgefüllt werden. So lässt es sich leben als Taube. Rund 100.000 Euro hat sich das Potsdamer Platz Management das Konstrukt, das natürlich zur Umgebung passen soll, kosten lassen. Beauftragt wurde das Berliner Architekturbüro Baumgarten Simon Architekten BDA, welches unter anderem für den Entwurf des Berlinale-Hauses, des neuen Eingangs der Staatsbibliothek zu Berlin und eben des Potsdamer Platz Area Designs verantwortlich ist. „Wir haben für das Taubendomizil auf dem Renzo-Piano-Haus ein Objekt mit einer eigenen Formsprache gestaltet. Die freie Form ist ursprünglich einer sitzenden Taube nachempfunden, geometrisch ähnelt sie nun eher einem Diamanten “, erklärt Projektleiterin Katrin Stade. Während der Planungsphase hat sich die Architektin eingehend mit dem Verhalten der Tiere beschäftigt. So hat sie einiges gelernt, vor allem über Taubenmännchen, die bisweilen ein recht machohaftes Verhalten an den Tag legen: „Der Grund, warum wir vier Einflugöffnungen eingebaut haben, liegt darin, dass viele Täuberiche gerne die Eingänge besetzen, um ihr Revier abzustecken. Außerdem mussten wir die Nistplätze mit je 50 Zentimetern etwas breiter als
der vogel Text André Uhl Fotos Katrin Stade Translation P. 43
Was machen eigentlich Tiere, die einer zunehmenden Urbanisierung ausgesetzt sind? Sie passen sich an. Oder werden angepasst. Mittlerweile gibt es Baumhäuser für Fledermäuse, Hotels für Katzen oder Bor-
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zunächst gedacht anlegen – die Männchen sehen es nicht gerne, wenn ihre Weibchen beim Brüten von Artgenossen bedrängt werden.“
„Was Venedig der Markusplatz, ist Berlin der Potsdamer Platz. Zumindest bezogen auf die Anzahl der Tauben.“ Was auf den ersten Blick nach grenzenloser Tierliebe aussieht, ist in Wirklichkeit der Versuch einer ausufernden Taubenplage Herr zu werden. Das Spannen von Drähten, der Einbau von Gittern und sogar das Einsetzen kleiner Metallstifte, die man von Fensterbänken in Altbauten kennt ..., alles hat nicht mehr bewirkt als immense Kosten. Die Tauben haben sich an den Abwehrversuchen nicht weiter gestört, sondern einfach andere nahegelegene Plätze zum Nisten, Brüten und Erleichtern gesucht. Was blieb, waren zwölf Kilo Taubenkot im Jahr. Das entspricht in etwa dem Gewicht eines kleinen Bullterriers. „Die Tiere passen sich ganz schnell an die jeweilige Umweltsituation an. Langfristig kann man nur etwas erreichen, wenn man mit den Tieren zusammenarbeitet“, weiß Ines Krüger, Vorsitzende des Tierschutzvereins für Berlin e.V. Am 15. November wird das Mehrfamilienhaus für Tauben als gemeinsames Projekt des Potsdamer Platz Managements und des Tierschutzvereins feierlich eröffnet. Eine Mitarbeiterin des Tierheims übernimmt die Funktion der Hausmeisterin, sie füttert und betreut die Vögel tierschutzgerecht. So sind die Tauben nicht mehr gezwungen sich in der Fußgängerzone und an Imbissbuden herumzutreiben, um sich das tägliche Brot zu verschaffen.
lpalast delle für Hunde. Ab November ist Berlin um eine ungewöhnliche Tierherberge reicher: ein mehrstöckiges Luxushaus für Tauben eröffnet am Potsdamer Platz.
Die Methode, um die Taubenpopulation nach und nach zu reduzieren, klingt allerdings hinterhältig: die frisch gelegten Eier auf den 68 Nistplätzen werden von der Betreuerin eingesammelt und durch angewärmte Ton- oder Gipseier ersetzt. Die Tauben, ganz im Glauben ihren Nachkommen die nötige Nestwärme und Geborgenheit zu bieten, brüten einfach weiter ohne zunächst den Tausch beziehungsweise die Täuschung zu bemerken. So leiden die Tiere nicht, sondern leben weiter in unwissender Glückseligkeit. Von anderen Taubenhausprojekten weiß man, dass die Tiere sich bis zu 80 Prozent des Tages in ihrem neuen Zuhause aufhalten. Die Verschmutzung von Plätzen und Straßen nimmt also deutlich ab. Da die anderen Häuser aber im Vergleich zur neuen Residenz am Potsdamer Platz höchstens mit sozialem Wohnungsbau zu vergleichen sind, würde es nicht überraschen, wenn die Tauben bald keinen Fuß mehr vor die Tür setzten.
32 Augen zu und Mund auf
happa happa! Scharfer Roter Salat mit Orangen und Cashewnüssen Text Sophia Hoffmann Bilder Tina Linster, Liudmila Savelieva
Zutaten (für 2 Personen): Pfeffer, Sojasoße, 3 Orangen, ½ Chilischote, ½ kleiner Rotkohl, 2 frische kleine rote Bete, 1 kleines Stück Ingwer, eine Hand voll Cashewnüssen
Blaukraut bleibt Blaukraut und Brautkleid bleibt Brautkleid! Och, wie langweilig. Tatsächlich kennen wir Blaukraut, Rotkraut, Rotkohl oder Rotkabis meist nur als zerkochte Beilage zu krustigem Getier wie Gans, Ente oder Schwein. Dabei kann dieses attraktive Wintergemüse so viel mehr als nur gut aussehen. In der Volksmedizin gilt Rotkohl als Heilmittel für alles, was mit dem Blut zusammenhängt, so soll der Genuss vor Krampfadern schützen, gar das Wachstum von Krebszellen hemmen. Um neue Wege des Genusses zu beschreiten, verrate ich euch heute ein fantastisches
Rezept für spicy Rotkohl-Rote-Rüben-Salat, der gemeinsam mit dem Hokkaido-Mash leichtfüßig zu einer Hauptmahlzeit aufsteigt. Den Salat kann man super im Voraus zubereiten, im Kühlschrank hält er locker zwei Tage frisch und knackig! Der Zungenbrecher ist übrigens ganz leicht zu knacken: Einfach die Wörter vor dem inneren Auge visualisieren, konzentrieren und immer schneller werdend laut wiederholen. Mittlerweile kann ich es mit 125 BPM selbst volltrunken runter rappen. Nicht erstrebenswert? Dann probiert lieber das Rezept!
Zubereitung:
Rote Bete schälen, klein würfeln und in etwas Kokosöl anbraten. Zwei Orangen auspressen und den Saft gemeinsam mit der fein gehackten Chilischote (ich entferne die Kerne) und einer großzügigen Messerspitze geschältem und gehackten Ingwer in die Pfanne zu den Rote-Bete-Würfeln. Rotkohl waschen und hobeln oder in feine Streifen schneiden. Die verbliebene Orange schälen und filetieren. Sobald die rote Bete bissfest gekocht ist, über den Kohl geben, vermischen und mit Pfeffer und Sojasoße abschmecken. Cashewnüsse ohne Fett anrösten und mit den Orangenfilets über den Salat geben! Dazu passt Hokkaido-Mash: Ein halber Hokkaido grob schneiden, in Kokosöl andünsten, mit Gemüsebrühe aufgießen, weich kochen, grob zerdrücken und mit Salz, Pfeffer, Muskat und Masala (!) abschmecken!
Mitte für Kids 33
Wir mitte-Muttis bauen Höhlen und Häuser aus Pappe Text Bettina Schuler Translation P. 43
Kinder lieben es, sich zu verstecken. Weshalb meine Tochter vorzugsweise hinter den Mülltonnen bei uns im Hof herumlungert. Und das, obwohl sie das größte Zimmer in der Wohnung ihr Eigen nennt und ansonsten eigentlich auch jeden Raum bei uns zu Hause inklusive Mobiliar okkupiert hat. Ich weiß, was ihr jetzt denkt: Wie kann sie nur? Ein Kind muss man doch im Zaum halten können. Das tue ich ja auch. Ungefähr eine Viertelstunde. Danach kann ich weder denken noch mich wehren, noch länger dieses Gezeter ertragen und gebe das Sofa zur Freude des Kindes als öffentlich zugängliche Hüpfburg frei. Doch zurück zu den Mülltonnen. Oder besser, dem Hang zum Häuslebauen, den alle Kinder haben. Sei es, indem sie alle Mülltonnen im Hof unter lautem Quietschen zusammenschieben, bis sich eine Art wohnungsähnlicher Architektur erkennen lässt, oder indem sie sich aus alten Pappkartons hausähnliche Behausungen bauen. Was man ansonsten noch so alles mit alten Umzugskartons, Obstkisten oder Keksverpackungen anstellen kann, das könnt ihr sehr schön in den beiden Büchern Pappenheim oder Kartonzauber von Claudia Scholl nachlesen, die auch immer wieder Workshops rund um das Thema Basteln mit Pappe anbietet. Meine beiden absoluten Favoriten sind die Bobby-Car-Tankstelle aus Pappmaché und der Hot-Dog-Laden aus Verpackungskartons. Ich warne aber alle Mütter davor einen Briefkasten mit dem Kind zu basteln. Ansonsten könnt ihr euch die Abende demnächst mit dem Entwerfen von Ausmalbildern und Schreiben von Kurzgeschichten vertreiben, damit es auch ja jeden Morgen nach dem Aufwachen etwas Neues in seinem Briefkasten findet. Wem das Basteln zu aufwendig ist oder wer schlicht und ergreifend keine Zeit hat,
der kann sich natürlich auch einfach ein kleines Spielhaus aus Pappe kaufen. Ganz besonders schöne Häuser findet ihr auf der Pappdorf-Seite, wo es neben den klassischen Spielhäusern auch Indianerzelte oder Burgen aus Pappe gibt. Die meisten kann man auch gleich selbst bemalen, was die Kinder zumindest einen Tag lang beschäftigt. Eine weitere Möglichkeit, die sich bei uns zu Hause sehr großer Beliebtheit erfreut, ist das Bauen einer Höhle aus diversen Tüchern. Zur Not auch aus meinen, die danach gerne aussehen, als kommen sie frisch aus der Altkleidersammlung. Um das zu vermeiden, rate ich euch deshalb ein paar Baumwolltücher oder Ähnliches zu kaufen. Oder ihr besorgt euch gleich ein Stoffzelt, das ihr entweder im Zimmer aufstellen könnt oder an die Decke hängt. Doch auch wenn eure Kinder es euch verbieten, schaut ab und zu in ihre Zelte und Häuser hinein. Denn die verstecken dort neben ihrem liebsten Kuscheltier auch sehr gerne unbeliebte Essensreste wie abgekaute Äpfel, abgestandene Saftschorlen oder halb aufgegessene Bonbons. Und welche neuen Mitbewohner diese Leckereien anlocken, muss ich euch an dieser Stelle sicher nicht schildern. Also: Obacht! Vielleicht ist es deshalb auch gar nicht so schlecht, dass sich meine Tochter zwischen den Mülltonnen herumtreibt. Denn dort kann sie ihre Essensreste gleich dorthin werfen, wo sie hingehören: in den Müll. Eine große Auswahl an Häusern könnt ihr unter www.pappdorf.de bestellen. Baumwolltücher und Stoffzelte gibt es zum Beispiel bei livipur.de oder bei waldorfshop.eu
Claudia Scholl/ Franziska Berge: Kartonzauber, Frechverlag 2010. Preis: 14,90 Euro. Claudia Scholl: Pappenheim – Recyclingideen fürs Kinderzimmer aus Karton, Pappe und Papier, Haupt Verlag 2012. Preis: 24,90 Euro. Termin für die Workshops von Claudia Scholl findet ihr auf der Homepage www.claudia-scholl.de
34 Kunsttipps von Eye Out
Kunsttipps
von
EyeOut
Text Melissa Frost Translation Robert Schlicht, P. 44
In dieser Kolumne stellen wir euch jeden Monat eine kleine Auswahl der interessantesten Ausstellungen in Mitte vor. Weitere spannende Tipps findet ihr in der iPhone App EYEOUT Berlin (www.eyeout.com).
Geschlossene Gesellschaft 5. Oktober 2012 – 28. Januar 2013 Berlinische Galerie, Alte Jakobstr. 124–128, U1 Hallesches Tor, täglich 10–18 h +49-30-78 90 26 00, bg@berlinischegalerie.de, www.berlinischegalerie.de
Matthias Hoch: Halle / Saale II, 1988 © Matthias Hoch / VG Bild-Kunst Bonn Sammlung Berlinische Galerie, Berlin
Mit Geschlossene Gesellschaft zeigt die Berlinische Galerie die weltweit erste umfassende Ausstellung künstlerischer Fotografie aus der DDR. Die Ausstellung gewährt einen umfassenden Überblick – und dies nicht nur in dem Sinne, dass sie den gesamten Zeitraum des Bestehens der DDR abdeckt. Die in drei Teile gegliederte Ausstellung zeichnet die verschiedenen Verwendungsweisen des Mediums nach, von der sozial engagierten Fotografie, wie sie im künstlerischen Schaffen des Landes vorherrschend war, über die Rückkehr zu formalen und medienspezifischen Untersuchungen bis hin zu der nachfolgenden, jüngeren (und letzten) Generation von Fotografen aus der DDR, die nach einer eigenen Stimme suchten, um ihre wachsende Desillusionierung auszudrücken. Die Ausstellung verbirgt dabei niemals die Geschichten hinter den Fotografen oder deren Arbeiten – insgesamt erfährt man viel vom täglichen Leben in der DDR –, lässt ihre künstlerischen Stimmen aber auch außerhalb des historischen Kontexts auf prägnante Weise zur Geltung kommen.
Martin Honert 7. Oktober 2012 – 7. April 2013 Hamburger Bahnhof – Museum für Gegenwart, Invalidenstr. 50/51, S3, S5, S7, S75 Hauptbahnhof, Di–Fr 10–18 h, Sa 11-20 h, So 11-18 h +49-30-39 78 34 39, hbf@smb.spk-berlin.de, www.hamburgerbahnhof.de
Martin Honert: Kinderkreuzzug, 1985-87 Courtesy Johnen Galerie, Berlin und Matthew Marks Gallery, New York Foto: David von Becker
Die Ausstellung Kinderkreuzzug nimmt den Betrachter auf eine Reise mit, die in verdichteter und neu interpretierter Form durch die Erinnerungen des Künstlers Martin Honert an seine Kindheit in Westdeutschland in der Mitte des 20. Jahrhunderts führt. Honerts skulpturale Welt bewegt sich an der Grenze zwischen Fantasiereichtum und Banalität und erinnert insofern an die Readymade-Tradition Duchamps. Doch damit enden die Assoziationen mit Readymades bereits; das Œuvre des Künstlers entsteht in einem akribischen Prozess der Schöpfung und Herstellung, in dem alle Einzelteile der Arbeiten handgefertigt (und -bemalt) werden. Auch wenn der außerordentliche Aufwand, den Honert seinem Werk widmet, die Intimität der Thematik unterstreicht (Erinnerungen an Spiele vor seinem Elternhaus, an ein im Geschichtsunterricht behandeltes Thema oder einen Lieblingsroman aus der Kindheit), entsteht das Vergnügen an seiner Arbeit und deren spielerischen Maßstabsverschiebungen im Verlauf einer Reise, die ebenso universell und historisch ist, wie sie einen persönlichen Weg durch die Erinnerung des Künstlers bahnt.
Thomas Schütte 12. September 2012 – 16. Juni 2013 Jarla Partilager, Lindenstraße 34, U6 Kochstraße, Sa 12–18 h und nach Vereinbarung +49-30-20 18 85 43, visit@jarlapartilager.org, www.jarlapartilager.org
Thomas Schütte – With Tears in My Ears (Ausstellungsansicht) Courtesy Jarla Partilager Foto: Mathias Johansson
Thomas Schüttes vielfältige künstlerische Praxis verbindet Skulpturen, Aquarelle, Fotografien, Installationen und architektonische Modelle, um emotionale Reflexionen über die conditio humana zu präsentieren. Seine aktuelle Ausstellung With Tears in My Ears bei Jarla Partilager zeigt Arbeiten aus seinem gesamten Medienspektrum und umfasst neben neuesten Werken auch ältere Arbeiten, die bis in die 1980er Jahre zurückreichen. In der Beschäftigung des Künstlers mit gesellschaftlichen Strukturen und Systemen stehen Macht und Zerbrechlichkeit oftmals nebeneinander, eine Gegenüberstellung, die der von Romantik und Dystopie entspricht. Diese Gegensätze unterstreichen Schüttes Anti-Heroismus, der sich beispielhaft in Innocenti, der Fotoserie deformierter Wachsköpfe von 1994, sowie der Skulpturenreihe Wichte (2006) verkörpert. In diesen Arbeiten kommt der besondere Hintergrund des Künstlers – zwischen Minimalismus, Konzeptualismus und klassischer Figuration – zum Ausdruck, während sie zugleich eine emotionale Erfahrung in den Vordergrund rücken, die roh, zart und faszinierend ist.
Filmtipps von der Filmgalerie 451 35
INNEN & AUSSEN
Filmgalerie 451 Torstraße 231 10115 Berlin
Film-Tipps der Filmgalerie 451
www.filmgalerie-berlin.de
http://carnet-de-bord.tumblr.com/
Text Silvio Neubauer Fotos United Nations Photo, Katphotos, Olivier Peyre
Städte, Plätze, Gebäude, Räume & Emotionen: In vielen Filmen ist das gebaute Umfeld, die Architektur, viel mehr als bestenfalls dekorative Kulisse, sondern quasi ein weiterer Hauptdarsteller, wie z.B. in Metropolis (1926) oder Der dritte Mann (1949) u.v.a. Im Folgenden seien aber zwei andere, wieder ganz gegensätzliche Filme empfohlen: Das Porträt eines Jahrhundert-Künstlers und eine Geschichte vor dem Hintergrund eines quasi Jahrhundert-Kiezes. Eine schwarze Linie auf weißem Untergrund. Landschaft wird Frauenkörper, wird Architektur: Oscar Niemeyer – Das Leben ist ein Hauch zum 100. Geburtstag des brasilianischen Architekten 2007 illustriert gleich zu Beginn eine Essenz seines gestalterischen Schaffens, durch die er sich bald emanzipieren sollte von seinem großen Mentor, dem viel diskutierten Maestro der Moderne, Le Corbusier, mit dem er 1949 das UN-Hauptquartier in New York entwarf. Zu Weltruhm gelangte Niemeyer durch die Gestaltung der 1960 eingeweihten neuen Hauptstadt Brasilia, deren Bauten fast umgehend zu ikonographischen Wahrzeichen wurden. Zugleich aber geriet das ehrgeizige Projekt, das eben auch Symbol für einen gesellschaftlichen Wandel sein sollte, für den linksintellektuellen Künstler zur bitteren Enttäuschung: Eine Militärdiktatur übernahm das Land und trieb ihn letztlich für Jahre ins Exil. „Schönheit ist wichtig. Ich kann Mittelmäßigkeit nicht ausstehen.“ In den Gesprächen zeigen sich auf faszinierende Weise die vielen Seiten eines Menschen, der sich selbst mal als komplex, aber unbedeutend bezeichnete. „Freude empfinden, solange es geht: Das sollte man jedem zugestehen.“ Kompromissloser Künstler und Liebhaber der sinnlicher Linien, nüchterner Gesellschaftsanalytiker und Humanist, ein Mann voller Saudade: Melancholie und Sehnsucht. „Ich bin es Leid über Architektur zu sprechen. Immer die gleichen Fragen. Wichtiger sind die Proteste auf den Straßen.“
Dort treffen sich Martin und Anna. Er (Hanns Zischler) ist Architekt, der die Sanierung im Bezirk Kreuzberg leitet. Sie (Sabine Bach) ist Soziologie-Studentin und engagiert sich mit Gleichgesinnten gegen eben jene Kahlschlagsanierung, der die gewachsenen Strukturen in ihrem Kiez zum Opfer zu fallen drohen. In Berlin Chamissoplatz, von Rudolf Thome 1980 mit viel authentischer Atmosphäre inszeniert, treffen anfangs zwei Welten aufeinander. „In Berlin kann man nicht amerikanisch bauen.“ Es geht auch hier um die Sehnsucht nach dem konsequent Modernen. „Dunkles Loch? Ich fühle mich wohl hier!“ Und es geht um die Bedürfnisse der Menschen im Rechteck des Gründerzeitplatzes. Anna lässt nicht locker und erfährt von Martin Vertrauliches über die Planungen. Er übernachtet vor ihrer Haustür im Auto. Sie verlieben sich und machen einen Trip nach Italien. Nach ihrer Rückkehr findet eine Veranstaltung statt. Dort geschieht dann etwas, was Martin sofort wegfahren lässt. Anna fährt ihm hinterher. Oscar Niemeyer, der nach dem Tod seiner Frau mit 99 Jahren ein zweites Mal heiratete, am Ende des Interviews, sichtlich erschöpft, auf die Frage, worüber man sich heute noch freuen sollte: „Das Wichtigste sind die Frauen – der Rest ist ein Witz.“
36 Brave New World
The Tree Temple Architektonischer Gruß an die Nachwelt Text Anne Kammerzelt
Im Zentrum des Geschehens steht ein Baum. Genauer gesagt ein Baum der Gattung Ficus. Wer nicht gerade Botaniker ist, wird weder wissen, dass sich hinter dem lateinischen
Begriff
ein
Feigenbaum
versteckt,
noch,
welche Eigenschaften dieses aus dem Nordosten von Australien stammende Gewächs qualifiziert in dem neuen Unterfangen
von
Architekt
und
Möbeldesigner
Larsen die Hauptrolle einzunehmen.
Sigurd
Brave New World 37
Was die Feige auszeichnet, sind ihre mächtigen Stamm- und Astwurzeln, die sich im Laufe der Zeit selbst durch robustes Material wie Beton hartnäckig ihren Weg bahnen. Das Grauen eines jeden Architekten, der mit seinem Konstrukt Ruhm und Ehre erlangen möchte, und das noch möglichst lange Zeit nach dem eigenen Ableben. Dabei haben Gebäude, die der Stärke der Natur erlegen sind, einen ganz besonderen, morbiden Charme. Einen Charme, dem der in Berlin lebende Däne Sigurd Larsen auf einer Reise durch Nepal begegnet ist. Dort wurden vor einigen Jahrhunderten junge Bäume in die Mitte von kleinen Tempeln gepflanzt. Die Bäume wurden mit dem Bewusstsein platziert, dass die Tempel erst viele Jahre später, wenn jene wachsen und die Steine nach und nach dem zunehmenden Volumen weichen, zerbrechen und dadurch ihre volle Schönheit erlangen. Die einst so massiv wirkenden Tempel platzten langsam wie angeknackste Eierschalen auf und gaben sich der Natur geschlagen. „Es ist wie ein Gruß, wie eine Postkarte aus einer anderen Zeit. Unsere Vorfahren haben diese architektonischen Kleinode gebaut, damit wir sie heute genießen können“, erklärt Larsen. Inspiriert durch die nepalesischen Tempel kam er auf die Idee eine Art besonderes „Baumhaus“ zu entwerfen. Ein Haus mit grünem Kern, wobei das Baumwachstum und der daraus resultierende Zerfall des Mauerwerks mit in die Planung eingerechnet wurden und die Unumgänglichkeit des Wandels und der Vergänglichkeit aufzeigen sollen. Für einen Landschaftsarchitekten bedeutet das ein Projekt zu planen mit der Vision im Kopf, wie das Design in hundert Jahren aussehen wird. Wobei der Architekt das Ergebnis selber nicht mehr erleben wird. Als Standort für sein Konzept wählte Larsen Potsdam. „Mit den Parkanlagen in Potsdam verhält es sich ähnlich wie mit
den Tempeln. Als sie angelegt wurden, waren sie bei Weitem nicht so spektakulär wie heute, wo die Bäume groß sind. Es ist, als wollte der König ein Geschenk für kommende Generationen bauen. Ein guter Ort, um die Baumtempel zu integrieren.“ Larsens Konzept mit dem Namen wachsende Konserve Potsdam gewann in diesem Jahr den Schinkel Award. Wer die Umsetzung des Projektes mit eigenen Augen bewundern möchte, muss aber etwas weiter reisen als nur bis Potsdam. In Raglan, einer Stadt südlich von Auckland auf der Nordinsel von Neuseeland, wird Larsen ab Dezember, also im neuseeländischen Sommer, einen Feigenbaum in einem Mantel aus Beton hüllen. Auf einem alten Bauernhof, unweit vom Strand, wird eine Art Artist Residence entstehen. Ziel ist es die internationale Kunstszene nach Neuseeland zu bringen. Künstler werden nach Raglan eingeladen, um dort zu arbeiten und ihnen Ausstellungen zu ermöglichen. „Neuseeland ist so weit weg, dass es schwierig ist Ausstellungen mit international bekannten Künstlern aus dem Ausland zu organisieren, weil die Transportkosten so hoch sind“, erklärt Larsen. In Zukunft soll jedes Jahr ein neues Haus auf dem Grundstück in Raglan gebaut werden. Den ersten Schritt bildet Larsens Tree Temple, eine Mischung aus Skulptur und Teepavillon, der mitten im Park steht und als zentraler Treffpunkt dienen soll. Beim Bau des Tree Temples, dessen Betonwände in eine Holzform gegossen werden, bleiben Holzreste zurück, die von einem anderen Architekten dazu genutzt werden sollen das erste Übernachtungshaus zu bauen. Damit geht kein Baumaterial verloren und die Symbolik des Tree Temples – die Weitergabe von Generation zu Generation – zieht sich wie ein roter Faden durch den Bau der gesamten Anlage. www.sigurdlarsen.eu
Berliner Gesichter 39
BERLINER GESICHTER Text Bettina Schuler Foto Tina Linster
Roger Bundschuh, Architekt, 45 Jahre
Wie ich Architekt geworden bin? Das hat sich bei mir auf ganz natürliche Art und Weise ergeben. Die einzige Alternative wäre für mich ein Jurastudium gewesen. Ich habe mir sogar noch bis kurz vor der Aufnahme meines Architekturstudiums überlegt, ob ich nicht doch lieber Jura studieren sollte. Aber dann hat die Liebe zur Architektur doch gesiegt. Im Gegensatz zu den meisten meiner Kollegen habe ich noch nie in einem Architekturbüro gearbeitet. Wahrscheinlich auch, weil ich nicht der klassische Typ Mitarbeiter bin und meine Unabhängigkeit der Sicherheit eines Angestellten-Daseins schon immer vorgezogen habe. Deshalb habe ich mich nach dem Studium auch direkt selbstständig gemacht. Architekt nennen dufte ich mich damals allerdings noch nicht, denn in Deutschland bedarf es zwei Jahre Berufserfahrung, um sich in die Liste der Architektenkammer eintragen zu können. Diese Zeit habe ich mit kleineren Innenausbauten überbrückt, bis mir, ziemlich genau mit dem Ablauf der zwei Jahre, Herr Dussmann den Auftrag für den Bau des Gebäudes der Geschäftsführung in der Friedrichstraße anvertraut hat. Ich bewundere Herrn Dussmann noch immer für die Geduld und die Langmut, die er damals mit mir hatte. Denn natürlich ist bei meinem ersten Projekt nicht alles so reibungslos abgelaufen, wie es heute, wo ich wesentlich routiniert bin, der Fall wäre. Das Gebäude in der Linienstraße 40 ist für mich Segen und Fluch zugleich. Denn natürlich werde ich jetzt vor allem darauf angesprochen. Gerade hier in Berlin. Dabei gibt es noch zahlreiche andere großartige Projekte, die wir realisiert haben. Wie zum Beispiel die Gestaltung der Focus-Hallen beim Art Forum 2009 oder das Ausstellungshaus für die Sammlung Falckenberg in den Phoenix Hallen in Hamburg-Haburg.
Ein eigenes Haus würde ich mir niemals bauen. Ich würde mich die ganze Zeit nur über meine eigenen Fehler ärgern! Außerdem entwickelt man sich ja ständig weiter, was für den Bau meines eigenen Hauses bedeuten würde, dass ich entweder, wenn es fertig ist, damit komplett unzufrieden bin, weil ich im Kopf schon wieder ganz andere architektonische Ideen habe oder – um das zu vermeiden – auf einer ständigen Baustelle leben müsste. Dann wohne ich doch lieber in einem Altbau, so wie es die meisten Architekten handhaben, und genieße die Sicht auf die Neubauten gegenüber.
Bundschuh Architekten Rosa-LuxemburgStraße 45 D 10178 Berlin www.bundschuh.net Deichtorhallen Hamburg Sammlung Falckenberg Phoenix Fabrikhallen Wilstorfer Straße 71, Tor 2 21073 Hamburg-Harburg www.sammlung-falckenberg.de
Ein ideales Projekt? Das gibt es für mich nicht. Das eigentlich Spannende ist für mich der Entstehungsprozess. Denn auch wenn die Räume und das Produkt natürlich von Anfang an feststehen, so entsteht in der Auseinandersetzung mit dem Projekt und dem Austausch mit Anderen doch immer wieder etwas Neues, ganz Unerwartetes. Was ich schon eher habe, ist ein idealer Klient, jemanden, der seine Wünsche und Vorstellung nicht nur ästhetisch formuliert, sondern auf abstrakter Ebene weiß, was er will, und diese Vorstellung idealerweise auch noch in einen gesellschafts-politischen Kontext stellt. Mit so jemandem kann dann auch ein Projekt wie das Gebäude in Linienstraße 40 realisiert werden.
40 Hmmm, Lecker! – Ein letztes Mal...
Kochtipps vom Kochhaus Pad Thai mit Hühnchenbrust, Reisbandnudeln und Koriander Text und Bilder Kochhaus
Auf dieser Seite findet ihr monatlich einen Rezeptvorschlag mit Fotoanleitung vom Kochhaus, dem weltweit einzigartigen begehbaren Rezeptbuch in Berlin Prenzlauer Berg (Schönhauser Allee 46) und Schöneberg (Akazienstraße 1). Im Kochhaus findet man nicht nur regelmäßig wechselnde Rezepte, sondern auch gleich noch alle Zutaten, die man für das Gericht braucht – fertig portioniert an einem Tisch. Schaut doch mal vorbei und bis dahin: Guten Appetit! Zutaten für 2 Personen: 1 Hühnchenbrust, 100 g Sojasprossen, 2 Frühlingszwiebeln, 1 Karotte, 1 Limette, 1 Bund Koriander, 200 g Reisbandnudeln, 1 Ei, 25 g Erdnüsse, 30 ml Sojasoße, 20 g Tamarindenkonzentrat, 2 EL Pflanzenöl, Salz, Pfeffer, Zucker
In einem Topf Wasser die Nudeln zum Kochen bringen.
Limette heiß abwaschen, die Schale abreiben und den Saft
In einer Schale 3 bzw. 6 EL* Limettensaft, Limettena-
Karotte schälen und in ca. 0,5 cm breite Stifte schnei-
auspressen. Erdnüsse grob hacken. Ei bzw. Eier* in einer
brieb, Tamarindenkonzentrat und Sojasoße zu einer
den. Frühlingszwiebeln von Wurzeln und oberstem
kleinen Schüssel mit einer Gabel fein verquirlen. Korian-
Marinade verrühren. Mit ½ bzw. 1 gestrichenen TL* Salz
Grün befreien und in feine Ringe schneiden.
der mit Stielen fein hacken.
und 3 bzw. 6 gestrichenen TL* Zucker würzen. Hühnchenbrust waschen, trocken tupfen und in ca. 1 cm
Sojasprossen waschen und abtropfen lassen.
breite Streifen schneiden. Mit 1 bzw. 2 gestrichenen TL* Salz und nach Geschmack mit Pfeffer würzen.
2 bzw. 4 EL* Öl in einer Pfanne erhitzen und Hühnchen-
Wenn das Wasser kocht, 1 bzw. 2 gestrichene TL* Salz
Marinade und Sojasprossen in die Pfanne geben und 2
streifen bei hoher Temperatur ca. 1 Minute rundum
hinzufügen und Reisnudeln ca. 3 Minuten bissfest ko-
Minuten bei mittlerer Hitze braten.
scharf anbraten. Anschließend Karottenstifte dazugeben
chen.
und 2 Minuten bei mittlerer Hitze mitbraten, dabei gelegentlich rühren.
Bissfest gegarte Reisnudeln abgießen, kurz mit kaltem Was-
Verquirltes Ei sowie Frühlingszwiebeln unterheben
Pad Thai auf einem flachen Teller anrichten und mit
ser abschrecken und anschließend ebenfalls in die Pfanne
und 2 Minuten bei mittlerer Hitze mitbraten.
gehackten Erdnüssen und Koriander garnieren.
geben und gut vermengen.
English Translations 41
Events (p. 8)
BELLERUCHE
The graceful mix of indie and folk, the wistful melan-
You can find sandwiches in bakeries and at various
choly of his unmistakable falsetto delights both fans
snack stands en masse in Berlin. What the city has
and music critics alike.
been missing, however, is a deli in classic Manhattan
ARENA BERLIN, Eichenstrasse 4, 12435 Berlin
style. DJ Paul Mogg and club owner Oskar Melzer felt
www.arena-berlin.de
the same way. They opened a typical American deli
Concert
in the 1930’s style where traditional Jewish foods like
ULA BERLIN
Tickets: € 17.90
pastrami, matzo ball soup and the obligatory New
9 November 2012, show
York Cheescake are served.
begins 8:30 pm
MOGG & MELZER, Auguststrasse 11 - 13, 10115 Berlin www.moggandmelzer.com
After a five-month hiatus, the British trio Belleruche
Japanese restaurant / bar
has returned darker and with more bass than before
Tuesday to Sunday:
with their fourth album Rollerchain. Their music is
6 pm – 1 am
YES BABY!
something between wicked blues, soulful melancholy,
Exhibition
Easy Listening and turntable elements. It alternates
Sushi is certainly no stranger to Berliner. Japanese
9 Nov to 8 Dec 2012
between introspective and aggressive, threatening
cuisine, however, has far more to offer, which Ula
Tuesday to Friday, 1:15 to 6 pm,
and heavenly, seductive and mysterious. It’s a call to
creatively proves. “Ula” is Japanese and means “unex-
Saturday, from 12:30
all those who want to hear how it sounds to dance all
pected”, and this oasis of fine dining in the heart of
to 5.30 pm
night—or nights without time and space in which we
Berlin is unexpectedly good. It’s modern mix of East
seem to lose ourselves.
and West is already evident in the interior design, and
Who are you? The person who you want to be, or the
GRETCHEN, Obentrautstrasse 19 – 21, 10963 Berlin
in the food as well thanks to, among other things, the
person others want to see in you? Do we force ourselves
www.gretchen-club.de
chef. He is one of the few individuals worldwide who
to be adequate for others, or adorn ourselves with pos-
has a license to prepare puffer fish.
sessions and people, and strive for beauty ideals only to
ARIEL PINK’S
ULA, Anklamer Strasse 8, 10115 Berlin
be liked? Swedish photographer Jesper PMAN Petersson
HAUNTED GRAFFITI
www.ula-berlin.com
explored these issues for three years with his camera. He wanted to study how we create self-portraits and fa-
Concert
SUMMIT OF
cades to please ourselves and others. Please others? No
Tickets: € 17.20
NEWTHINKING
way, live your life. Yes, baby!
25 November 2012,
DE FREO GALLERY, Auguststrasse 85, 10117 Berlin
Show begins 9 pm
Congress
www.defreogallery.com
15 and 16 November 2012 Ariel Pink’s Haunted Graffiti, which began as the solo
Ticket: €99,
FAHRRÄDER KÖNNTEN
band project Ariel Pink four years ago, released their
reduced: €75
EINE ROLLE SPIELEN
second album, Mature Themes, in August. Ariel Pink’s Haunted Graffiti are lo-fi sounds with a big blast of 70’s
The Summit of Newthinking is a new event series by
Theater
and 80’s pop. The real incentive to seeing the live Berlin
the Newthinking agency. Their first event is dedicated
Tickets: from €14
show is the music these three guys make is so difficult
to the subject of open strategies. Open-source culture
Premiere: 23 November,
to classify.
is developing in companies. But what exactly happens
25 -30 November 2012, 8 pm
FESTSAAL KREUZBERG, Skalitzer Strasse 130, 10999 Berlin
when corporate restrictions are lifted? The principles
www.festsaal-kreuzberg.de
of open source will be presented and considered du-
Whereas information usually disappears somewhere
ring this two day event. Concrete applications and the
into the recesses of memory, for Andreas, it remains
potential of open strategies in various areas will be
available all stored in his head. As a temp worker, he
discussed
traveled through out Germany and among other
Concert
STATION BERLIN, Luckenwalder Strasse 4 - 6, 10963 Berlin
things, served sandwiches to NSU committees. His girl-
Tickets: € 36.26
www.open-strategies.de, www.station-berlin.de
friend Lea introduces him to some acquaintances, and
BON IVER
5 November 2012 Show begins: 8 pm,
together they forge a plan of how to get big money. But
MOGG & MELZER
doors open 6 pm
Andrew's mental abnormality leads all of them into an absurd predicament. A play by Marianna Salzmann
Restaurant
and Deniz Utlu.
The stage name Bon Iver is derived from the French
Monday to Friday:
BALLHAUS NAUNYNSTRASSE, Naunynstr. 27, 10997 Berlin
bon hiver, “good winter”, and that’s exactly what Jus-
8 am to 10 pm
www.ballhausnaunynstrasse.de
tin Vernon had in 2008 when he returned from the
Saturday / Sunday from
snowy forests of Wisconsin where he recorded his de-
10 am
but album For Emma, Forever Ago in wintry solitude.
42 English Translations
DIE BREMER
THINGS THAT
Mitteschön: Van Bo, you’re an architect. How did you
STADTMUSIKANTEN
SURROUND US
decide to create low-cost, design furniture?
Grimm Brothers Film series
Dance Performance
tion course I signed up for to prove to my then fiancé
„200 Jahre Grimm – Tierisch
Tickets: €15.40,
and now wife that even I could put a chair together.
märchenhaft!“, Tickets: €7
reduced €9.90
The result was the 24 Euro Chair, the first piece in
25 November 2012, 4:15 pm
15 to 18 Nov 2012, 7:30 pm
& HANS MEIN IGEL
Van Bo Le-Mentzel: It all started with an adult educa-
my Hartz IV furniture collection. My girlfriend was so excited that she signed up for the adult education
Once upon a time... It was in 1812 that the Brothers
We know how to use everyday objects and the purpose
course, “Sewing for Beginners”, and made the mat-
Grimm children's and fairy tales first appeared in Ber-
they serve. But what if these everyday objects disrupt
ching cushions herself.
lin. A comprehensive film series celerating the past 200
our routine and don’t react the way we expect? If the
years will be held at the Babylon Cinema. The German
broom for example loses its ability to sweep? In Clé-
But didn’t you constantly build and design furniture
language version of the films The Bremen Town Musi-
mens Layes piece, three performers enter a world of
while studying architecture?
cians and My Hedgehog Hans will be shown on 25 No-
things in which the objects in their hands functional
Well, you do have courses like that and you do have
vember. Journalist and moderator Jörg Thadeusz will be
oppositely, offering viewers insight into a world of ma-
access to a workshop, but before I built my first chair,
present and read a story.
gical objects.
I had had no access to such a haptic form of work. On
KINO BABYLON, Rosa-Luxemburg-Strasse 30, 10178 Berlin
SOPHIENSÆLE, Sophienstraße 18, 10178 Berlin
the contrary, I always steered clear of it. My enthusi-
www.babylonberlin.de
www.sophiensaele.com
asm for wood and crafts came from making the chair. It’s practically opened a whole new world for me: that
SO WAS VON DA
of wood. So from Photoshop to the haptic… I’d say I combine the two. I’ve learned a lot by working
Reading
with wood. Wood is an incredibly exciting material
Tickets: €8
that has a special relationship to people: it comes
1 November 2012, 9 pm
from the earth, the place on which all us humans live, as well as the source of all new trees. It’s a connection you really feel when working with wood.
Tino Hanekamp, music journalist and co-founder of Uebel & Gefährlich, chosen the best music club in Germany more than once, will read from his debut no-
How?
vel, So was von da. It’s the story about Hamburg club
Sanding wood is like a caress; bonding wood is like
owner Oskar Wrobel’s heady, crazy New Year's Eve. A
two people touching. There are so many similarities
novel with the speed of a New Year's rocket, which Ha-
between a human and a tree, the roots, which every
nekamp doesn’t just reads - he sits, stands and illus-
person is looking for, the trunk, or the fruit, which is
trates it through images, music, movies and people.
harvested…
KATERHOLZIG, Michaelkirchstraße 23, 10179 Berlin So the tree as a symbol for human life...
www.katerholzig.de
Absolutely. What I also like about trees is that they’re
IM RAUSCH MIT
Back to Basics (p. 26)
beyond innovation; they’re exactly what constantly
FREUNDEN
Whether the shelf is Billy, the bed frame Malm and
drives us in today’s society. Everything has to be high-
Festival / Party
the kids’ furniture Gulliver, eventually you get sick
er, faster and farther. But why? To make the world bet-
Tickets: 3-days €15, 1-day €10
of IKEA furniture. And not just because everyone has
ter? Or not to have to deal with existential questions.
23 to 25 November 2012
it, or that the owner of the Swedish furniture chain
Most probably the latter. The fact that your furniture
Friday, 11 pm until Monday,
is a highly controversial politically, but also because
is more than well-designed DIY is it’s name, Hartz IV
6 am
the designers are simply much nicer. Unfortunately,
furniture.
they’re as expensive as they are nice, which is why
The chair is like bait for people who have never asked
you can’t afford one of their exclusive pieces.
themselves questions about the quality of housing,
The club Ritter Butzke will be hosting the Im Rausch
quality of life, or the question of what is actually
mit Freunden Festival for friends of the night (and day). Celebrate to electronic sounds on six dancef-
Architect Le Van Bo-Mentzel offers a solution with
needed in life. Who knows nowadays how and under
loors, for 55 hours with more than 100 artists from
his Hartz IV (“on welfare”/“on the dole”—trans. note),
what conditions products are produced? And at what
around the world. So, come, dance and love each
furniture series. It is design furniture that you assem-
expense to our prosperity?
other on the dance floor.
ble yourself according to free of charge instructions.
RITTER BUTZKE,Ritterstrasse 24, 10969 Berlin
Why did he do it? We discussed it with him.
www.ritterbutzke.de
And all these thoughts came from the construction of a chair?
English Translations 43
of the Berlinale House, the new entrance of the Ber-
Sort of. And over time, I had new questions. For ex-
lin State Library, and design of the Potsdamer Platz
ample, who suffers when I buy a new pair of Converse?
area were commissioned. “We designed the pigeon So what’s the solution: rejecting consumerism?
house on the Renzo Piano building as an object with
Or making things yourself, like the Hartz IV-furniture.
its own design language. The free form is modeled on
If you want a pair of red Converse like I have you have
a sitting dove, geometrically it resembles a diamond,”
use the conventional production and distribution
explains project manager and architect Katrin Stade.
channels. Everyone has a choice to opt for or against. That’s why I’m going to let my version of Converse
She studied the animals’ behavior during the design
be made by a man from Sri Lanka who feeds himself
phase. She learned a lot, especially about male pige-
and his family from processing rubber. It's just much
ons and their rather macho behavior: “The reason
more time and labor consuming when you buy a
why we have added four runways is because a lot of
pair of Converse like these than in the store. I only
male pigeons like to occupy the runways in order to
need 500 people to participate, otherwise it can’t be
stake their turf. We also had to create nests 50 cen-
financed. I’m very confident I’ll find them through
timeters wider than first thought because the males
a crowd funding campaign. On our shoes they’re be
don’t like to see their brooding females harassed by
yellow button that says “Karma” instead of the Con-
other males.”
verse emblem. What seems at first boundless animal love is in reality Because of the good karma that comes from the pro-
Bird Palace (p. 30)
an attempt to come to grips with a daunting pigeon
duction?
How do animals exposed to increasing urbanization
plague. The wires, screens and even small, metal pins
And perhaps wearing them contributes something to
cope? They adapt. Or are adapted. There are now tree
that you might have noticed on the window sills in
the world. Who knows?
houses for bats, hotels for cats and brothels for dogs,
old buildings have achieved nothing but creating
and from November there will be one more unusual
immense costs. These defensive measures have not
Another one of your projects was the ONE-SQM House
animal shelter in Berlin: a deluxe house for pigeons
deterred pigeons. They just use other nearby places
in which people could spend the night for 1 euro last
will open on Potsdamer Platz.
for nesting, breeding and relieving themselves. What remains is twelve kilos in pigeon droppings. That is
summer in the Prenzlauer Berg ... ... and for me this asked the question, who does the
A house for pigeons. It sounds like real animal love,
about the weight of a small Bull Terrier. “The animals
world really belong to? Nowadays we live within very
which is surprising because pigeons aren’t necessari-
adapt quickly to the prevailing environmental condi-
specific boundaries; with very specific rules that no
ly the most beloved inhabitants of the city. They have
tions. Something can only be achieved long-term if
one is supposed to question. If I buy a house I un-
the dubious reputation of being unhygienic and of
you work with the animals,” knows Ines Kruger, pre-
derstand that I need to register the purchase so that
befouling every available patch of asphalt or car body
sident of the Animal Protection Society of Berlin, eV.
it’s legal. But how was it before this regulation? Who
with their corrosive excretions. They supposedly even
came up with this system and why? I think everyone
carry disease. They're the “dirt finches” of urban wild-
The multi-storied pigeon house, a joint project with
should have a house with a view of the Spree. That’s
life. The mayor of Venice even went so far as to declare
the animal shelter’s management, will open with a ce-
why I designed a house so small that it could be rolled
all out war on these “rats of the air”. What the Piazza
lebration on 15 November. An employee of the shelter
around everywhere. And even though I know that you
San Marco is to Venice, Potsdamer Platz is to Berlin.
will act as caretaker, feed them and take proper care
can’t just occupy other people's houses and discard
At least based on the number of pigeons. But instead
of the birds. The birds will no longer have to search
all the rules, I think it’s important to ask the question.
of leaving it to a court to decide whether it is legiti-
for food in the fussgängerzone and food stalls.
mate to eliminate the birds above a certain amount, Furniture as a shift in consciousness. Do you think it
Berlin commissioned one of the most renowned ar-
But something about this method of gradually re-
works?
chitects of the city to build a birdhouse. Or rather, a
ducing the pigeon population sounds devious: the
I keep getting e-mails in which people write to me
luxurious shelter for pigeons. It is four meters high,
freshly laid eggs from the 68 nests will be collected by
how much the construction of a stool, chair, or bed
five meters wide and eight meters long. It is covered
the supervisor and replaced with warmed clay or plas-
has changed their lives, and how happy they are that
with an aluminum steel plate frame, and has four
ter eggs. The pigeons, all in good faith, will continue
I exist. That’s the most beautiful resonance I can get
runways. Old, wooden pigeon houses don’t hold a
to brood their offspring with the proper warmth and
from my work.
candle. It’s all painted in a subtle gray so that the ani-
comfort without noticing the deceptive exchange. In
mals won’t be frightened by anything too shiny. The
this way the animals won’t suffer, and will be able to
Instructions for the 24 Euro Chair and other Hartz IV-
house will be cleaned several times a week; food and
live in ignorant bliss.
furniture can be found at www. hartzivmoebel.de.
water will be replenished regularly. Not a bad life for
And if you want to have a pair of really great Karma
a bird. Potsdamer Platz Management spent approxi-
We MitteMums (p. 33)
Chucks, then simply order them at www.startnext.de/
mately €100,000 for the object that is supposed to fit
Children love to hide. That’s why my daughter likes to
karmachucks
naturally into the area. Berlin architects Baumgarten
hang out behind the garbage cans in our courtyard,
and Simon, who were also responsible for the design
even though that her room is the largest in the apart-
44 English Translations
Another option we enjoy at home is building a cave
rial movement to examine the fall of the Iron Curtain
out of different types of cloth. If the kids are desper-
by means of the world’s first comprehensive show of
ate, mine are as taken as well, and they come back-
art photography from the German Democratic Repu-
ing looking like they’re from Goodwill. To avoid this,
blic. The exhibition delivers a broad overview, and not
I suggest you buy some cotton towels or something
only by encompassing the full timeframe of the GDR’s
similar, or buy a fabric tent that you can either set up
existence. Designed in three chapters, Geschlossene
in a room or hang from the ceiling.
Gesellschaft transitions through different modes of the medium’s use, from the socially committed photo-
Even if your children forbid you to do so, occasionally
graphy that dominated artistic output in the country,
look in the tents and houses of these little inhabit-
through a return to formal and medium-specific explo-
ants. They hide their favorite stuffed animals, unpop-
rations, to a later, younger (and final), generation of GDR
ular leftovers like chewed apples, stale juice spritzers
photographers searching to find a voice to express their
or half-eaten candy there. I don’t have to mention
growing disillusionment. The exhibition never hides
what sort of new inhabitants these delicacies will at-
the history behind the photographers or their work – as
tract. Hey, so who knows: perhaps it’s not so bad that
a whole it tells a lot about daily life in the GDR – but also
my daughter likes hanging out between the bins be-
uniquely allows their artistic voices to come through
cause there she can throw her food scraps where they
outside of historical context.
belong: into the trash!
BERLINISCHE GALERIE, Alte Jakobstr. 124–128, www.berlinischegalerie.de
ment and that she’s confiscated every other room in
Books:
our home including the furniture. I know what you're
Claudia Scholl / Franziska Berge: Kartonzauber, (Card-
thinking: how could she? You have to keep an eye on
board magic—Trans. note) Frech Publishing, 2010.
your kid. And I do. For about fifteen minutes. After
Price: € 14.90.
Martin Honert
that, I can no longer think, defend myself, nor endure the clamor. I relinquish the sofa, much to the delight
Claudia Scholl: Pappenheim - Recyclingideen fürs
7. Oktober 2012 –
of the children, to a public domain sort of hop castle.
Kinderzimmer aus Karton, Pappe und Papier (Recy-
7. April 2013
cling ideas for the nursery with boxes, cardboard, and
Di–Fr 10–18 h, Sa 11-20 h,
But back to the garbage cans. Or rather, the propen-
paper—Trans. note), Haupt publishers 2012, Price: €
So 11-18 h
sity of building little houses, which all children call
24.90.
their own; whether it is the garbage cans they pile together into a house-similar structure in the court-
Claudia Scholl’s workshop dates can be found on her
Kinderkreuzzug (Children’s Crusade) – currently on at
yard, or the house-like dwellings they create out of
homepage: www.claudia-scholl.de
Hamburger Bahnhof – takes the viewer on a condensed and reimagined journey through artist Martin Hon-
old cardboard boxes. What can you do with old moving boxes, fruit crates
A large selection of play homes are available to order
ert’s memories of his mid-20th Century West German
at: www.pappdorf.de.
childhood. Honert’s sculptural world strikes a balance between fancifulness and banality that recalls a Duch-
or biscuit wrappers? Read all about the possibilities in the two books by Claudia Scholl, Pappenheim and
Cotton-cloth and fabric tents are available for exam-
ampian readymade tradition. Associations with ready-
Kartonzauber. She also offers arts and crafts work-
ple at: livipur.de or waldorfshop.eu
mades, however, end there; the artist’s oeuvre repre-
shops with cardboard. My two absolute favorites are
sents a painstaking creative and fabrication process in
the Bobby-Car gas station out of papier-mâché and
which he has handcrafted (and painted) every element of his works. Although Honert’s material dedication to
the hot dog store out of cardboard. But I warn all the mothers from making a mailbox with your child. If
EYEOUT Art Events (p. 34)
his work emphasizes the intimacy of his subject matter (memories of playing outside his family’s home, a topic
you do, you’ll be spending your evenings designing coloring book pages and writing short stories so that
Geschlossene
mentioned in history class, a favorite childhood novel),
the little ones can wake up every morning to some-
Gesellschaft
the pleasure derived from his work and its playful shifts in scale lies in a journey as universal and historical as it
thing new in their mailbox!
is a personal one through the artist’s memory. If arts and crafts are too complicated for you, or you
5. Oktober 2012 –
HAMBURGER BAHNHOF – Museum für Gegenwart,
simply don’t have the time, you can just buy a small
28. Januar 2013
Invalidenstr. 50/51,
playhouse out of cardboard. Pappdorf.de offers par-
daily 10–18 h
www.hamburgerbahnhof.de
ticularly beautiful ones. They also offer classic game houses, Indian tents and cardboard castles. Most of these can be painted, which will keep the kids busy
With Geschlossene Gesellschaft (The Shuttered Society),
for at least a day.
the Berlinische Galerie expands on the recent curato-
Thomas Schütte
12. September 2012 – 16. Juni 2013 Sa 12–18 h and on appointment
Thomas Schütte’s diverse artistic practice integrates sculpture, watercolors, photography, installation, and architectural models to present emotionally charged meditations on the human condition. His current exhibition, With Tears in My Ears at Jarla Partilager, displays works from across this spectrum of media and incorporates older pieces dating from the ’80s among the very recent. Power and fragility often sit side by side in the artist’s investigations of societal structures and systems, a juxtaposition matched by that of romanticism and dytopianism. These oppositions underscore Schütte’s anti-heroic approach, typified by Innocenti, the 1994 photographic series of misshapen wax heads, and Wichte, the 2006 sculptural series. These bodies of work showcase the artist’s unique background of Minimalism, Conceptualism, and Classical Figurativism, while keeping in the foreground an emotional experience that is raw, tender, and challenging. JARLA PARTILAGER, Lindenstrasse 34, www.jarlapartilager.org
Mitteschön Verlosung 45 English Translations
HÖLZERNE KREATIVITÄT Passend zur Winterzeit verlosen wir dieses Mal Holz. Allerdings nicht zum Verbrennen, dafür wäre es dann doch zu schade. Vielmehr dienen die KLOEZZE von SUPERGRAU® als stylische Möbelstücke mit Systemcharakter. Die bauklotzartigen Elemente aus der LOVEPIECES Kollektion lassen sich zu verschieden hohen oder breiten Sitz- und Dekorationsmodulen stapeln. Ob als Hocker, Abstelltisch oder Sideboard. SUPERGRAU® glaubt an Nachhaltigkeit und ist für individuelles Wohnen. Ihr Leitsatz: Objekte schaffen, die Einzelne berühren und den Rest kalt lassen. Lieblingsstücke für die Ewigkeit – Trödel statt Tonne! Uns gefällt der Gedanke und noch mehr KLOEZZE, daher verlosen wir einen Beistelltisch (9er) mit zwei extrastarken Gummibändern in Gelb oder Blau. Die Verlosung läuft ab sofort online auf www.mitteschoen.com. Viel Glück! SUPERGRAU®, Gartenstraße 6, 10115 Berlin
46 Kolumne
Talent borrows, genius steals Text Oliver Janik Illustration Lianna Dora
„Was ich noch sagen wollte…“ – Hinweise auf Missstände und andere Belanglosigkeiten.
Das hätte ich nun wirklich nicht erwartet: dass Chris de Burgh in der Anita Bar (San Carlos/ Ibiza) arbeitet und mit gewohnt debilem Grinsen und konsequent schlechter Frisur Pimientos de Padrón und San Miguel auf die von Touristenellenbogen blank gewienerten Holztische stellt. Ich meine: Chris de Burgh!! War nur Spaß – oder besser: war nur ein Doppelgänger. Lustiges Wort eigentlich, Doppelgänger (warum eigentlich gerade „Gänger“?), so lustig, dass die Engländer es gleich mal geklaut haben – oder einfach nur zu faul waren sich selbst was dafür auszudenken. Gibt ja noch mehr so Fälle oder besser Wörter, wo sich die Engländer einigermaßen schamlos bei uns bedient haben, wie z.B. Angst, Weltschmerz, Iceberg oder Blitzkrieg. Gut, der aufmerksame Leser wird feststellen, dass das ja alles nicht sooo super konnotierte Begriffe sind (wenn man „Iceberg“ mal mit Titanic assoziiert und das liegt nun mal nahe), zumindest historisch betrachtet wenig überraschend. Aber „Kindergarden“, werden Sie jetzt sagen, das ist doch grundsätzlich mal total positiv. Ich befürchte aber, das stimmt nur so halb. Anfangs glauben das alle jungen Eltern („unsere Zoe ist jetzt endlich ein Kindergartenkind“), das ändert sich allerdings rasant, wenn sie von dort gewissenhaft und kompromisslos jeden Virus mit nach Hause schleppt und Papa, Mama, Au Pair und Großeltern im Monatstakt in die Knie zwingt. Aber jetzt muss man ja zur Ehrenrettung der Engländer feststellen, dass Wort- oder Vokabeldiebstahl im Deliktbereich eher unten anzusiedeln ist, bestenfalls Kleinstkriminalität. Schlimmer ist da schon die feindliche Übernahme von Lukas Podolski durch den FC Chelsea. Ich meine jetzt nicht zwingend für mich, auch nicht für das deutsche Feuilleton, aber mindestens mal für den 1. FC Köln, was sich am derzei-
tigen Tabellenplatz in der 2. Bundesliga ablesen lässt, deutlich abgeschlagen hinter anderen bundesdeutschen Millionenmetropolen wie Sandhausen oder Aue. Apropos Diebstahl: Gerade habe ich gelesen, dass Berlin Deutschlands Hauptstadt ist, also so generell und auch im Bereich Autodiebstahl. Hat mich beides nicht gewundert. Das eine eher so qua Historie und Größe, das andere wegen der bunten DIN-A-10-Zettelchen, die täglich unter dem Türgriff meines Autos klemmen und mich dazu auffordern mein Kraftfahrzeug zu veräußern, da scheinbar jemand anderes (von dem es aber – vermutlich aus Platzgründen- keinen Namen, sondern zunächst nur eine Mobilfunknummer gibt) ein ernsthaftes Interesse hat. Angeblich, das habe ich mal gehört, sind das aber weniger promotionale Mechaniken für seriöse Ankaufsavancen als vielmehr Markierungen für Kraftfahrzeuge mit Entwenderelevanz. Hatte ich ja nur mal so aufgeschnappt, es aber dann sofort fest geglaubt, als ich das erste Mal das Promotionpersonal beim Anbringen angetroffen und angesprochen habe. Wirklich reizend, und wäre da nicht die unvermeidliche Sprachbarriere gewesen, man hätte sich sicherlich jede Menge zu erzählen gehabt, Autos sind ja immer ein Thema unter Männern, gerade auch so interkulturell. Neulich habe ich dann doch mal angerufen, wer weiß, wen man so kennenlernt. Der Anruf kam zeitlich scheinbar ungünstig, der Mann am anderen Ende war recht kurz angebunden, fast unwirsch. „Gestohlen bleiben“ könne ich ihm, sagte er noch, bevor er das Gespräch beendet hat. Was auch immer er damit gemeint hat.
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Legende Kultur/Freizeit/Shopping
Bars/Cafés/Clubs
1. De Freo Gallery, Auguststraße 85
8. Ritter Butzke, Ritterstraße 24
2. Kino Babylon, Rosa-Luxemburg-Straße 30
9. ULA Berlin, Anklamer Straße 8
14. Arena Berlin, Eichenstraße 4
3. Sophiensæle, Sophienstraße 18
10. Ehemalige Jüdische Mädchenschule,
15. Station Berlin,
Auguststraße 11 bis 13
5. Berlinische Galerie, Alte Jakobstraße 124–128
12. Gretchen, Obentrautstraße 19 bis 21 13. Festsaal Kreuzberg, Skalitzer Straße 130
Luckenwalder Straße 4 bis 6 16. Ballhaus Naunynstraße, Naunynstraße 27
6. Hamburger Bahnhof, Invalidenstraße 50/51
Out of Mitte
7. Jarla Partilager, Lindenstraße 34
11. Fiebig Lehrmittel, Langenscheidtstraße 10
17. KaterHolzig, Michaelkirchstraße 23 5
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Illustration: Lianna Dora
4. YUU, Steinstraße 26
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