Mitteschön Magazin - Ausgabe 19

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Ausgabe 19, März 2012

Neues aus Berlin Mitte

march melodies deutsch + English

fĂźr immer big in berlin: die sterne thank you for the music: die besten playlists der stadt nachgehorcht: Millennium Mittes Monatsheft!



Editorial  3

Mitte ins herz Clubs und Konzertsäle kommen und gehen in Berlin wie Teenie-Liebschaften. Noch ist die Liste an angesagten Feierschuppen lang. Kein Wunder, dass sich zahllose DJs und Musiker die Hauptstadt als Wahlheimat auserkoren haben. Nach 18 Mitteschön-Ausgaben fanden wir, es sei langsam an der Zeit, uns einem, in Berlin omnipräsenten, Thema zu widmen: der Musik. Dafür haben wir uns mit Frank Spilker, Frontmann der Sterne, den Altmeistern der deutschsprachigen Musik, getroffen. Wie es die Sterne geschafft haben, 20 Jahre als Band zu bestehen und an welchem Projekt Spilker momentan arbeitet, erfahrt ihr im Interview. Dass sich Gegensätze anziehen, beweist die Symbiose von Norman Palm, der bisher eher für ruhige Gitarrenklänge bekannt ist, und Ville Haimala, Teil es Elektroduos Renaissance Man. In unserer Rubrik Angehört und Nachgehorcht stellen wir ihr gemeinsames Projekt Millennium vor. Außerdem erwarten euch der Glückstag mit den Newcomern Me and My Drummer, unser aktuelles Berliner Gesicht Chloe und die Playlisten unserer Lieblingsbars. Nicht zu vergessen die obligatorischen Veranstaltungstipps, unsere Lieblingsstücke und der Mitte Mutti Beitrag. Viel Spaß beim Lesen, Eure MITTESCHÖN-Redaktion

Ksenia Stroganova Ein Stadtbild ähnelt einem Puzzle. Macht man sich auf Entdeckungsreise, so spürt man zuerst zusammenhangslose, einzelne Elemente auf, die allmählich miteinander zu einer Gesamtheit verschmelzen. Doch anders als bei dem herkömmlichen Spiel aus der Kartonverpackung ist das urbane Puzzle viel komplexer und spannender, denn es ist nie statisch. Wie ein lebender Organismus verändert es sich und definiert sich in seiner Unvollkommenheit neu. Wer Berlin als ein konkretes Vorstellungsbild zu begreifen versucht, ist zum Scheitern verurteilt, denn die Hauptstadt ist eine nicht enden wollende Metamorphose. Und so ist es auch gut, so mag ich es.

nina pieroth Die Fotografin Nina Pieroth hat ihre Liebe fürs Detail zum Beruf gemacht. Ihr Studium in Darmstadt und Paris nutzte sie außerdem, um als Assistentin die Pariser Modewelt zu erforschen. Doch nach abgeschlossenem Studium war klar: Ihre Wege führen nach Berlin. Stillstand ist nicht ihr Ding. Ihr Markenzeichen: künstlerische Inszenierung und lebendige Portraits. Beweise hierfür findet man unter www.ninapieroth.de

Kristina Wedel Kristina ist nun zum sechsten Mal das Grafik-Gesicht hinter MITTESCHÖN. Ganz zu ihrer Freude durfte die gebürtige Würzburgerin dem Heft auch illustrativ etwas von ihrer persönlichen Handschrift verleihen. So lebte sie sich für diese Ausgabe unter anderem an den besten Playlists der Berliner Bars und Cafés aus. Im März dreht Kristina – doch leicht melancholisch – Berlin und ihrem lieb gewonnenen MITTESCHÖN-Umfeld vorerst schon wieder den Rücken zu, um in Nürnberg ihr Design-Studium abzuschließen... „Danke für die wunderbare Zeit!“ www.kristinawedel.tumblr.com


4   Impressum

Mitteschön no    19

Herausgeber

Toni Kappesz Veröffentlichung

Vollstrudel GmbH Schröderstr. 12 10115 Berlin, Germany Projekt Manager

Anne Kammerzelt (anne@mitteschoen.com) ARTDIREction

Dörte Lange (doerte@mitteschoen.com) Grafikdesign

Kristina Wedel (christina@mitteschoen.com) Projekt Manager online

André Uhl (andre@mitteschoen.com) Redaktion

Anne Kammerzelt (anne@mitteschoen.com) André Uhl (andre@mitteschoen.com) Presse

Pelén Boramir (pelen@mitteschoen.com) Redakteure

Paul Schlosser, Bettina Schuler, Ksenia Stroganova, Björn Lüdtke, André Uhl, Jordan Nassar, Oliver Janik, Pelén Boramir, Anne Kammerzelt, Katharina Geißler, Fotografen

Tina Linster, Darryl Natale, Stini Mimissonsdottir, Nina Pieroth ÜBersetzung

Nicholas Tedeschi (nicted@web.de), Robert Schlicht Anzeigenvermarktung

media@mitteschoen.com WEBSeITE

www.mitteschoen.com Druck

Henke Pressedruck Coverfoto:

Die Sterne, fotografiert von Nina Pieroth.


Inhaltsverzeichnis  5

INHALT / Content Wegweiser 6

Momentmal: brandt brauer frick

8

Konzerte und Ausstellungen Concerts and Exhibitions

10

Mitteschön Lieblingsstücke

21

Gimme five: viva the diva

36

Kochtipps vom Kochhaus

40

Englische Übersetzungen English Translations

44

Mitteschön Verlosung

47

Stadtplan City Map

kieztalk 12

glückstag mit me and my drummer

22

Neu in der Stadt: Thone Negrón New in Town: Thone Negrón

26

interview: die sterne Interview: Die Sterne

37

Wir Mitte-Muttis: musizieren We Mitte Mums: make music

38

Berliner Gesichter: chloe, musikerin Berlin Faces: Chloe, musician

46

Kolumne: missstände und andere belanglosigkeiten

Kulturgut 16

Angehört und nachgehorcht: millennium

18

r’n’b: mitten ins herz des hipster-hedonismus

20

app to date: tipps von Gawlittadigitale

23

illustrator des Monats: moritz wienert Illustrator of the month: Moritz Wienert

30

Thank you for the music: best of berliner playlists

34

Kunsttipps von EyeOut EYEOUT Art Events

35

filmtipps DER filmgalerie 451


NOVEMBER RAIN ZUM FRÜHJAHRSBRUNCH.

Was auf den ersten Blick vermeintlich nicht zusammenpasst, ist in Wirklichkeit doch oft besonders gut. Und jeder, der Brandt Brauer

Frick kennt, die mit Piano, Harfe und Posaunen berghaintauglichen Techno analog erzeugen, weiß, wovon ich spreche. Musik, das Thema dieser Ausgabe, lässt Tintenfässer trocknen und Münder offen-


Tina Linster fängt für „MitteSchön“ Berlin-Momente ein.

stehn. Denn wie eloquent man sie auch zu umschreiben vermag, ein absurdes Unterfangen, liegt ihr Potential doch gerade darin, ohne Worte viel zu sagen. Die richtige Musik lässt das größte Chaos

erhaben wirken, die Nettotüte im Wind zur vollkommenen Grazie werden und könnte uns sicher in die Klauen böser Sekten locken. Daniel, Jan und Paul, für euren Einsatz: Danke! Und einen Tusch.


Bilder: Gerhard Richter, 2012

8   Veranstaltungstipps von Ksenia Stroganova und Katharina Geißler, Translations P. 40

gerhard richter Ausstellung Eintritt: 8 €, ermäßigt 4 € 12. Februar bis 13. Mai Das umfangreiche Werk Gerhard Richters verdient eine tiefe Verneigung. Denn der 1932 in Dresden geborene Künstler gilt nicht ohne Grund als der bekannteste deutsche Maler unserer Zeit. Seine Arbeiten, die keine Kategorisierung dulden und sich über unterschiedlichste Stile und Techniken erstrecken, zeichnen sich durch einen erfrischenden Abwechslungsreichtum aus. So nehmen sie den Betrachter spielerisch in ihre Bildgewalt und entführen ihn in die faszinierende Welt der Farben und Texturen. Anlässlich des 80. Geburtstags des Künstlers veranstaltet die Neue Nationalgalerie, in enger Zusammenarbeit mit dem Maler selbst, eine Sonderaustellung, deren Titel Panorama auf keinen Fall zu viel verspricht. Anhand einer sorgfältig zusammengestellten Auswahl von etwa 140 Gemälden und fünf Skulpturen zeigt sich die ganze breite Palette des malerischen und konzeptionellen Könnens des genialen Malers, Bildhauers und Fotografen. Hier findet der Besucher noch nie gezeigte Arbeiten neben weltberühmten Meisterwerken, Abstraktionen neben Figurationen, Glasinstallationen und vieles mehr. Ein unverfälschter Panoramablick auf das Schaffen Gerhard Richters eben. Die Ausstellung ist noch bis zum 13. Mai zu sehen und ein Muss für jeden Kunstinteressierten. Neue Nationalgalerie Potsdamer Straße 50 www.neue-nationalgalerie.de

dispatch Indie Rock Eintritt: 16 € zzgl. Gebühren Mo, 26. März Einlass: 20 Uhr, Beginn: 21 Uhr Über die abwechslungsreiche musikalische Landschaft in Berlin dürfte sich wirklich keiner beklagen. Doch auch hierzulande gibt es Auftritte, die trotz all der Vielfalt wegen ihrem Seltenheitswert in eine besondere Kategorie fallen. Die Wahrscheinlichkeit, dass good old Europe, das Trio aus Boston, Dispatch jemals zu Gesicht bekommen würde, war bis jetzt verschwindend gering. Doch endlich hat sich das Warten für die Fans gelohnt – erstmals wird die Kultband den Atlantik überqueren und im Huxleys Neue Welt das Publikum in ihren Bann ziehen. Die 1996 gegründete Band, die eine Mischung aus Akustik, Rock, Reggae, Folk und Funk spielt, hatte seit 2000 kein Album mehr veröffentlicht, auch der letzte gemeinsame Auftritt liegt Ewigkeiten zurück. Umso größer ist die Freude darüber, dass sich die Indie-Helden nun wieder zusammengetan haben, um ihre Musik zum neuen Leben zu erwecken. Der Leadsänger Brad Corrigan verrät, was das Hauptmotiv für das Revival war: „Our fans have stuck with us so far, and we feel a desire to give them some new music. They’ve given us life, and we want to give them some life back. We just want to be as authentic as possible.“

selah sue Soul/ Funk VVK: 19 € zzgl. Gebühren Do, 15. März, 20 Uhr

Hasenheide 107-113

Es gibt Stimmen, die haben viel Soul. Es gibt Stimmen, die sind Soul. Einen solchen Klang hat die schöne Selah Sue mit auf ihren Lebensweg bekommen und teilt dieses großzügige Geschenk nun mit uns. Frankreich und Belgien hat die 22-jährige Sanne Putseys – wie die Sängerin mit bürgerlichem Namen heißt – schon längst verzaubert. Mit ihrem selbstbetitelten Debüt gelang der Künstlerin beim ersten Anlauf der Durchbruch. Bei den belgischen Music Industry Awards wurde sie Anfang 2011 als beste Solokünstlerin ausgezeichnet. Seit Sommer dieses Jahres weiß man auch in Deutschland, was die ausdrucksstarke Nachwuchskünstlerin, die als „Future Queen of Soul“ gefeiert wird, mit ihrer rauchig klingenden Stimme alles anstellen kann. Denn im Juni 2011 erschien auch hierzulande ihr erstes Album Selah Sue, das mit perfekt akzentuierten Fusionen aus organischem Hip-Hop, Ragga-Feeling und einer Menge Soul-Funk für eine Sensation sorgte. Nach ihrer kleinen Clubtour im Herbst hinterließ die Belgierin eine Menge begeisterter Fans und erhielt durchwegs positive Kritiken. Im März wird die kleine quirlige Blondine mit der Vogelnestfrisur für Frühlingsgefühle in der Hauptstadt sorgen. Macht euch auf ein unvergessliches musikalisches Erlebnis gefasst.

www.huxleysneuewelt.com

Postbahnhof

Huxleys Neue Welt

Straße der Pariser Kommune 8 www.postbahnhof.de


Veranstaltungstipps von Ksenia Stroganova und Katharina Geißler, Translations P. 40  9

liliom Theater Eintritt: 10 €, ermäßigt 5 € Premiere: Sa, 31. März Beginn: 20 Uhr Liliom ist ein in seiner Thematik zeitloses Theaterstück des ungarischen Schriftstellers und Journalisten Ferenc Molnár, das am 7. Dezember 1909 in Budapest uraufgeführt wurde. Im Mittelpunkt der Erzählung steht das Schicksal eines Menschen, der bedingungslos zu sich steht und sich nicht den gesellschaftlichen Normen beugen will. Liliom arbeitet als Ausrufer auf einem Rummelplatz und verliebt sich eines Tages in ein Dienstmädchen. Er findet die Liebe und verliert gleichzeitig seine Arbeit. Hier beginnt der Kampf mit und gegen den Alltag, den Liliom letztendlich auf tragische Weise verliert. Die schnelllebige Unterhaltungsindustrie ist der moderne Rummelplatz, der vielen Liliom-Figuren noch nie da gewesene Entfaltungsmöglichkeiten bietet, aber auch durch die bunten Lichter das Wesentliche zu verschleiern droht. Nick Mockridge, der Regisseur der Neuinterpretation des Theaterstücks, geht der Frage auf den Grund, die für unsere Generation wichtig ist: „Wenn das Leben uns zur Vernunft aufruft, wie antworten wir?“ Erfüllt man die etablierten Erwartungen oder verfolgt man wie Liliom seine Vorstellungen und läuft dabei Gefahr, am eigenen Idealismus zu scheitern? Die mit Unterstützung von Native Instruments umgesetzte Inszenierung, die am 31. März Premiere feiert, setzt sich mit dem Phänomen der Jugendkultur der letzten 50 Jahre auseinander. Spannend, unterhaltsam und höchst aktuell.

the drums Indie Pop VVK: 18 € zzgl. Gebühren Di, 6. März Einlass: 20 Uhr, Beginn: 21 Uhr Zuerst erklingt sorgloses Pfeifen, das von luftig leichter Popmelodie begleitet wird. „Wake up, it’s a beautiful morning. Honey, while the stars are still shining.“ Schon nach den ersten Akkorden von Let’s Go Surfing fließt angenehme Wärme durch den Körper. Der Song verbreitet in Blitzesschnelle ein sorgloses Urlaubsfeeling und man fängt an, dem Rhythmus der Musik gehorchend, fröhlich vor sich hin zu zappeln. Verträumte Melodien, leicht melancholische Texte und mitreißende Refrains – all das sind typische Bestandteile des musikalischen Outputs der Band aus Brooklyn. Die energiegeladenen Jungs veröffentlichten im Herbst 2009 ihre gefeierte Debüt-EP Summertime, an die sie nun mit ihrer neuen Platte Portamento anknüpfen. Das erste Konzert von The Drums vor zwei Jahren im Lido wurde von großem Erfolg gekürt. Damals war klar, dass ein ganz heller Stern auf dem Musikhimmel aufgegangen ist. Das im Rahmen der HerbstTour 2011 geplante Wiedersehen mit dem begeisterten Publikum hierzulande konnte allerdings nicht stattfinden. Doch frei nach dem Motto „Besser spät als nie“ wird das Versäumnis am 6. März nachgeholt. Der Sommer wird dieses Jahr also schon viel früher die deutsche Hauptstadt erreichen – zumindest musikalisch.

märzmusik Festival Eintritt: VVK ab 10 € pro Konzert 17. bis 25. März

Straße der Pariser Kommune 8

„If you celebrate it, it's art, if you don’t, it isn’t“, meinte einst John Cage. Mit seinen mehr als 250 Werken gilt er als einer der einflussreichsten Komponisten des 20. Jahrhunderts. Für ihn ging es in der Kunst mehr um das Wie als um das Was. Fast schon legendär ist sein Stück 4’33’’, das 1952 in New York uraufgeführt wurde. Der Pianist David Tudor deutete die darin enthaltenen drei Sätze lediglich durch Schließen und Öffnen des Klavierdeckels an. Kein einziger Ton entwich den Klaviertasten. Damit wollte John Cage, der in diesem Jahr seinen 100. Geburtstag gefeiert hätte, den traditionellen Kunstbegriff hinterfragen und Bedeutung und Sinnstrukturen aufbrechen. MaerzMusik 2012 wagt in diesem Jahr ein Experiment und stellt zwei Künstler gegenüber, die gegensätzlicher nicht sein könnten: John Cage und Wolfgang Rihm, welcher zu den bekanntesten und vielseitigsten Komponisten der Gegenwart zählt. Das kreative Spannungsfeld ist auch Namensgeber für das Festival: Pole: John Cage 100 – Wolfgang Rihm 60. Ihr Werk und die Folgen. Neben Cage und Rihm gibt es noch viele andere Musiker, wie LaMonte Young, den Vorreiter der Minimal Music, sowie jüngere Vertreter einer post-cageanischen Strömung, darunter Elliott Sharp (mit zeitkratzer), Annie Gosfield und Tomomi Adachi, zu erleben.

www.postbahnhof.de

Haus der Berliner Festspiele, Radialsystem V, Philharmo-

Postbahnhof

bat, Studiotheater der Ernst Busch Hochschule

nie, Berghain, Konzerthaus Berlin, Botanischer Garten,

Belforter Straße 15

Akademie der Künste, Villa Elisabeth, Sophienkirche

www.bat-berlin.de

www.berlinerfestspiele.de


10   Lieblingsstücke

Mitteschön Lieblingsstücke Texte Paul Schlosser

Morbide Augenweide Ist: ein echtes „Gardez-Moi“ Kann: ein erfülltes zweites Leben als Wohnaccessoire führen Kostet: 50 ml etwa 150 Euro, im Porzellan-Flakon etwa 500 Euro Wir haben ja wirklich schon einige ungewöhnliche Duftflakons gesehen. Anna Dello Russo entschied sich ihrer Leidenschaft für Schuhe durch ein Behältnis in Form eines Pumps Ausdruck zu verleihen, den Verschluss des Daisy-Parfüms von Marc Jacobs schmücken drei Gänseblümchen und der transparente Glasflakon des Eau des Parfums von Comme des Garçons ist ein Kunstwerk für sich. Dieser steht nicht, sondern liegt wie ein Kiesel auf seiner Rundung, wodurch sich je nach Menge der Flüssigkeit Luftblasen an der Oberfläche bilden, welche die organische Form des Flakons wieder aufnehmen. Nichtsdestotrotz haben sich auch Wendy&Jim, eine beständige Konstante der österreichischen Modeszene, für ihr Duftdebüt etwas Besonderes einfallen lassen. Ihr frei von synthetischen Duftstoffen hergestelltes Parfüm wird von einem porzellanen Fuchsschädel umfasst, der in der Wiener Porzellanmanufaktur Augarten angefertigt wurde. Ob die Verpackung auch als direkte visuelle Übersetzung des flüchtigen Inhalts zu verstehen ist, kann seit diesem Monat auf eigene Nase herausgefunden werden. www.wendyjim.com

Stars and Stripes Ist: so schön gestreift und bietet idealen Stauraum Kann: die Armmuskulatur stärken Kostet: 1079,62 Euro Panik beschleicht das starke Geschlecht beim bloßen Gedanken an Tragetaschen für den Mann, besser bekannt als Weekender, die natürlich nur so genannt werden, damit niemand das Wort Handtasche gebrauchen muss. Es ist noch gar nicht so lange her, da mussten sich junge Männer wenige Gedanken um die stilvolle Unterbringung ihrer Lernutensilien und Turnhosen machen. Damals gab es bloß Leute, die Scout trugen, und andere, die ihr Fashion-Statement mit beschrifteten Eastpack-Rucksäcken zu setzen versuchten. Dazwischen lagen Welten voller Unverständnis. So einfach war das, damals. Heute sind auch ältere Männer Gelegenheits-Turnhosenträger und besuchen damit Yoga-Stunden oder Pilates-Workouts, nur Mathebuch und Periodensystem wurden gegen Smartphone und iPad getauscht. In dieser Saison sollten sie das nicht ohne den Weekender des für seinen geschmackssicheren Umgang mit Farben und Drucken berümten Designers Dries Van Noten tun. Zu haben in Aubergine und Blau oder in braunem Leder, im besten Fall kombiniert zur Jeans und Wildleder-Mokassins. www.ln-cc.com


Lieblingsstücke  11

Stick it to me Ist: für Selberbauer und Hobby-Jäger mit Tierliebe Kann: man an die Wand hängen Kostet: 22 Euro zzgl. Versandkosten Dem kindlichen Wunsch zu bauen sind keine Grenzen gesetzt, seitdem der Däne Ole Kirk Christiansen, seinerzeit Zimmermann und Tüftler, 1958 die beliebten Legosteine mit ihren typischen ineinander greifenden Röhren und Noppen erfunden hat. Nimmt man zweimal vier Legosteine von der gleichen Farbe, lassen sich allein damit 900 Millionen verschiedene Anordnungen kombinieren. Heute beschäftigen sich auch immer mehr Erwachsene mit den bunten Steinen. So gibt es einige Künstler, die tatsächlich irgendwie alles aus diesen kleinen Legosteinen nachbauen können: Cartooncharaktere, den Kölner Dom, lebensgroße Replikate von Menschen, Tieren und Dingen, die wir alle kennen. Manche dieser Bauten haben es sogar ins Museum geschafft. Ein, sagen wir mal, etwas morbideres Miniaturmeisterwerk könnte nun aber auch schon bald eure heimische Trophäenwand schmücken. Der Lego-Hirschkopf besteht aus insgesamt 60 Einzelteilen, die sich der aus Brooklyn stammende Schöpfer David Cole vorher mühsam aus anderen Sets zusammengesucht hat. Da David jeder Sendung eine handgekritzelte Skizze beifügt, dürfte man selbst mit zwei linken Händen schnell zum Erfolgserlebnis gelangen. www.shop.davidcole.me

Angriff der Mini-Hipster Ist: ein Statement-Jumper für den Nachwuchs Kann: die Eltern neidisch werden lassen Kostet: ca. 70 Euro Zugegeben, um die abgefahrenen Strickpullover von Amarinalevin tragen zu können, darf man entweder das Alter von drei Jahren nicht überschritten haben – oder man ist Demi Moore. Die handgestrickten Sweater bestechen durch ihre großflächigen Motive, die ich so in dieser Form nirgendwo sonst gesehen habe. Die beeindruckende Auswahl reicht von tänzelnden Pinguinen oder Schneemännern über etwas wie Wasserpfeife schmökernde Prinzessinnen aussieht, bis hin zu Totoro, den Moomins, feuerspeienden Drachen und einer posierlichen Eisbärenfamilie, die, wie aus der Artikelbeschreibung hervorgeht, nach kräftezehrender Suche endlich wieder unter dem Polarlicht vereint ist. Aww! www.etsy.com/shop/amarinalevin

Till the world ends Ist: gefundenes Lesefutter für Pessimisten Kann: dir die Zeit bis zur Maya-Apokalypse etwas versüßen Kostet: 22,90 Euro Es gibt wohl wenige Autoren, dessen Bücher ich so sehr verschlungen habe wie jene von T.C Boyle. Wassermusik gehört noch immer zu meinen absoluten Alltime-Favourites, dicht gefolgt von Drop City. Gerade ist der neueste Geniestreich Boyles erschienen, der konsequent dafür sorgte, dass ich vergangenes Wochenende meine Wohnung nicht vor Montag verlassen habe, weder über Telefon, Internet oder Brieftaube erreichbar gewesen bin und mich hauptsächlich von den Ärmelenden meines Pullovers und meinen Fingerkuppen ernährt habe. Wie schon seine anderen Stücke überzeugt auch die jüngste Lesedroge durch seine reale Sozialkritik und die sprachliche Perfektion des Autors. In Boyles furiosem, apokalyptischen Roman geht es um die Ausbeutung der natürlichen Ressourcen durch den Menschen und die daraus resultierenden katastrophalen Folgen. Der mehrfach ausgezeichnete Schriftsteller hat eines seiner ältesten Themen weiterentwickelt, nie war er so bitter und böse, nie schien es ihm so ernst. Wenn das Schlachten vorbei ist ist soeben im Carl Hanser Verlag erschienen. www.hanser-literaturverlage.de


Charlotte Brandi und Matze Prรถllochs von Me And My Drummer in Rixdorf


Glückstag  13

heute mal in rixdorf Text Björn Lüdtke  Fotos Darryl Natale

Ausgerechnet am verschneitesten Tag dieses Winters wagen wir uns von Mitteschön raus nach Neukölln, um die NewcomerBand Me And My Drummer in ihrem Kiez zu treffen und selbigen zu entdecken. Charlotte Brandi singt und bedient das Keyboard, Matze Pröllochs sitzt am Schlagzeug. Die Frage, warum sie so heißen, wie sie heißen, hat sich damit erübrigt. Wie sie allerdings ihre Musik beschreiben würden? Dream Pop antworten sie – was heute irgendwie zur märchenhaften Landschaft passt.


14   Glückstag

Eigentlich war der Winter bisher recht zurückhaltend – zumindest im Vergleich zu vergangenen Berliner Wintern. Aber heute scheint es, als ob er sich mit einem Ausrufezeichen verabschieden möchte, einem ordentlichen Schneesturm, ausgerechnet an dem Tag, an dem ich mich mit einer der vielversprechendsten deutschen Bands zur Erkundung von Neukölln verabredet habe. Me And My Drummer, das sind Charlotte Brandi und Matze Pröllochs, wollen uns heute ihren Kiez zeigen. Sie wohnt eher Richtung Hermannplatz, er in Rixdorf. Matze sagt, der Stadtteil befinde sich gerade in der Phase von Gentrifizierung, die angenehm wäre. Im Grunde sei der ursprüngliche Charakter des Viertels noch erhalten, aber dazu gesellten sich nach und nach ein paar schöne Cafés für tagsüber und Kneipen, wo man abends hingehen könne. In einem der schönen Cafés treffen wir uns, dem Barini in der Böhmischen Straße. Lieblingscafés sind kein ungewöhnlicher Ausgangspunkt für einen Glückstag. Man lernt sich kennen und kann einen kleinen Schlachtplan entwickeln, wie man die Gegend weiter erkunden möchte, welche Shops auf keinen Fall fehlen dürfen und welche Anlaufpunkte man sich lieber schenkt. Heute beschließen wir, erstmal drin zu bleiben, denn der Schneesturm wird immer stärker und keiner von uns hat so richtig Lust, nass zu werden. Ob die beiden in der Gegend oft auch abends unterwegs seien, will ich wissen. Charlotte gehe ab und zu mal ins Fuchs & Elster zum Tanzen, aber sie unternehmen in der Regel nicht mehr so viel, seit dem das mit der Band so richtig los gegangen sei. Seit Oktober habe sie jeden Tag durchgearbeitet, sogar ihre Nebenjobs an den Nagel gehängt. So eine Band sei mehr Arbeit als man denke. „Nicht nur in dem Sinne, dass man viel Zeit dafür aufwenden muss, sondern einfach auch emotional. Da gibt es ziemlich viel, was man selber so für sich verpacken muss, weil für einen selber ja auch so viel emotional mit drinhängt. Bei der Arbeit ist

das halt voll fehl am Platz. Da muss man immer sehr genau sagen, um was es geht. Was man dabei empfindet, ist eigentlich relativ egal. Da muss man dann selbst dran arbeiten, dass man damit klar kommt,“ gesteht Matze, der auf keinen Fall Matthias genannt werden möchte. Charlotte findet besonders den Übergang vom Privatspaß zum Job recht schmerzhaft, den Verlust von einer sehr persönlichen Ausdrucksform, die sich irgendwann mal genügt hätte, da hätten sie einfach zusammen gejammt. Das sei qualitativ vielleicht schlechter gewesen, aber gleichzeitig selbsttherapeutisch und drucklos. Heute, unter Vertrag, müsse man überlegen – klappt das alles so? Auf Platte? Und auch live? Der Schneesturm hat sich etwas beruhigt. Wir gehen raus. Ich kannte Rixdorf noch nicht und bin vollkommen überrascht, wie idyllisch dieser Teil von Berlin ist; bei Neukölln hat man wirklich andere Assoziationen. Der Richardplatz erinnert eher an ein kleines Dorf in Brandenburg, was es vor der Ausdehnung der heutigen Hauptstadt wohl auch mal war. Und so verwundert es nicht, dass es hier noch eine kleine, feine Einzelhandels-Infrastruktur gibt, die so kaum noch im Rest der Stadt zu finden ist. Wie beispielsweise die Fleischerei am Karl-Marx-Platz, die Blutwurstmanufaktur. Vom Eintopf für zwei fuffzich (heute Rosenkohl mit Fleischeinlage) bis zum Gänsebraten mit Rotkohl für knapp sieben Euro – Freunde der deftigen Küche jauchzen hier vor Freude.

mal vorbeizuschauen. Hier gibt es jede Menge Schätze zu entdecken, vom Notenheft bis zum Instrument. Wie denn das Songschreiben bei Me And My Drummer funktionieren würde, möchte ich gerne wissen. Charlotte und Matze haben sich im Theater in Tübingen kennengelernt und dort zusammen mit einem Komponisten musikalische Produktionen live begleitet. Wenn die Instrumente schon aufgebaut waren, aber sonst noch keiner da, dann haben sie einfach schon mal zusammen losgelegt. „Das hat unglaublich gut funktioniert. Da entstehen dann aus dem Moment heraus Liedfetzen, die wir angefangen haben mitzuschneiden und dann im Nachhinein ausarbeiten. Im Zuge unserer Professionalisierung ändert sich das natürlich. Ich texte und schreibe die Harmonien und Melodien, Matze komponiert die Grooves.“ Me And My Drummer müssen los. Sie haben noch einen Gig am Abend in Potsdam, schließen so ihre erste erfolgreiche Tour ab. Ob sie noch Lampenfieber haben? „Na, so eine halbe Stunde vor dem Konzert geht das los“ sagt Charlotte – wenn wichtige Leute kommen, dann sei man schonmal nervöser. Heute kommen Booker, welche die Gigs für die Festivals im Sommer planen. Na dann, viel Erfolg – heute ist schließlich euer Glückstag! Die erste Single You’re A Runner von Me And My Drummer läuft gerade auf Radio Eins, Fritz und Flux FM hoch und runter. Im Mai kommt das erste Album raus – wir werden berichten! www.meandmydrummer.blogspot.com Café Barini

Auf der Karl-Marx-Straße finden wir Musik-Bading, laut eigener Karte das größte Musik-Spezialgeschäft Neuköllns. Die Karte stammt noch aus Zeiten, in denen deutsche Städte vierstellige Postleitzahlen hatten. Im Tonträgerraum fühlt man sich an die Sechziger erinnert. Hier besorgte man sich Tickets für Konzerte und hörte in die neusten Scheiben am Tresen rein. Die Vinyl-Platten seien nur noch alter Bestand zum Abverkauf, neue Ware würde man nicht mehr bestellen. Trotzdem, jedem Musikliebhaber sei empfohlen, hier

Böhmische Straße 46 www.barini-nk.de Cultural Club Fuchs & Elster Weserstraße 207 www.fuchsundelster.com Blutwurstmanufaktur Karl-Marx-Platz 9-11 www.blutwurstmanufaktur.de Musik Bading Karl-Marx-Straße 186


Glückstag  15

Blutwurstmanufaktur

Musik-Bading

Musik-Bading

Blutwurstmanufaktur


16   Angehört und nachgehorcht

noten, nullen und einsen Text André Uhl  Foto Stini Mimissonsdottir

Norman Palm ist ein Mann der leisen, gefühlvollen Klänge. Manchmal

mit

einer

Band

unterwegs,

oft

alleine

mit

seiner Gitarre auf weiter Flur. Akustisch, authentisch und schnörkellos. Ville Haimala ist Musikproduzent und ein Teil des finnischen Elektronikduos Renaissance Man. Seine Tracks bestehen aus kristallklaren Klangflächen und progressiven Percussionselementen. Geschaffen für die Clubs dieser Welt. Unterschiedlicher können zwei musikalische Ansätze kaum sein. Dennoch, oder gerade deshalb, haben die beiden Freunde nun

unter

dem

verheißungsvollen

Namen

Millennium

ein

gemeinsames Bandprojekt gestartet. Für uns lassen sie sich auf eine Grundsatzdiskussion über die Unterschiede zwischen akustischer und elektronischer Musik ein.


Angehört und nachgehorcht  17

Was inspiriert euch zu einem neuen Song? Das Klischee besagt ja, der Gitarrenmusiker hört auf seine Gefühle, während der Produzent zunächst am Soundesign tüftelt. Ville: In diesem Punkt entspreche ich tatsächlich dem Klischee. Ich beginne meistens erst einmal damit, an einem Sound zu feilen, oft starte ich auch direkt mit einem Beat.... Norman: ...außerdem verfolgst du den „Ville-Haimala-Zufallsansatz“! Manchmal spielst du auf dem Keyboard herum und denkst „Hey, das klingt gut!“ Ville: Ja, ich mag es, mit „Unfällen“ zu arbeiten. Aus diesen zufällig entstehenden Sounds schneide ich dann Stücke heraus und verwende diese weiter. Dabei können sehr interessante Dinge entstehen. Wenn ich ganz bewusst Melodien schreibe, klingt das oft sehr ähnlich. Der „Zufallsansatz“ hilft mir dabei, frische Sounds zu generieren. Oft werde ich auch während des Produktionsprozesses inspiriert. Bei dir passiert das ja meistens schon, bevor du anfängst etwas aufzunehmen. Norman: Das stimmt. Ich kann mich nicht einfach hinsetzen und auf Befehl kreativ und produktiv sein. Du hast natürlich auch einen viel größeren Output, probierst viel mehr herum, nimmst mal das Eine, dann das Andere, oder kombinierst vielleicht sogar Elemente aus unterschiedlichen Tracks. Ich schreibe solange an einem Song, bis er fertig ist. Ein Singer-Songwriter schreibt Lieder, die seinen Gefühlen zu einem bestimmten Zeitpunkt entsprechen. Das ist sehr authentisch, bewegt sich aber in einem gewissen Rahmen. Elektronische Musiker hingegen können Grenzen ausdehnen und Regeln brechen. Die Möglichkeiten scheinen unbegrenzt, erschweren aber die Orientierung. Wünscht ihr euch manchmal, ihr könntet die Vorteile des Anderen nutzen? Norman: Gute Frage, vielleicht... Ich gehe tatsächlich theoretischer an das Songschreiben heran. Wenn die Noten feststehen, könnte der Song die unterschiedlichsten Ausprägungen haben – von orchestral bis elektronisch ist alles möglich. Das ist übrigens ein Indikator für einen guten Song: Wenn er gut ist, funktioniert er in allen möglichen Varianten. Ville: Ich finde es schon manchmal etwas frustrierend, meine Ideen nicht direkt umsetzen zu können. Ein Beispiel: Ich bin letztens mitten in der Nacht aufgewacht und hatte diesen großartigen Track im Kopf. Komplett produziert in allen Facetten, Beats, Chords, Melodien und so weiter. Ich nenne ihn Celtic Brain Drain, denn es gab diese Art keltischer Vocals im Hintergrund. Ich nahm also meinen Computer, weil ich diesen Track unbedingt festhalten wollte, und musste feststellen, dass es nicht möglich ist. Natürlich war es das nicht, denn die Sounds waren bereits so speziell, dass ich sie unter keinen Umständen nachspielen konnte. Ich muss also wohl akzeptieren, dass ich niemals in der Lage sein werde, einen Song genau so umzusetzen, wie er bei mir im Kopf existiert. Eine gewisse Idee zu haben ist gut, allerdings muss ich während des Produktionsprozesses weiter auf dieser Idee aufbauen und dann schauen, was passiert. Ich produziere wesentlich schneller, wenn ich auf meine Ohren anstatt auf meine Vorstellungen achte.

Wie sieht eine Live-Show bei euch aus? Norman: Bei mir gibt es zwei Arten von Live-Shows. Wenn ich zusammen mit meiner Band spiele, läuft es ziemlich genau so, wie wir es geplant haben, da wir aufeinander eingespielt sind. Entweder es funktioniert alles so, wie wir es wollen, oder eben nicht. Wenn ich dagegen alleine eine Show habe, bin ich natürlich viel flexibler. Dann kann ich zum Beispiel einen Song, der eigentlich schnell ist, auch mal langsam oder eher traurig spielen. Ich kann auch Sachen herausschmeißen oder Dinge kombinieren, je nachdem, welche Stimmung gerade herrscht. Ville und ich haben auch schon eine Show zusammen gespielt. Das war eine sehr interessante Erfahrung für mich, denn man kann alles Mögliche ausprobieren, ohne dass das ganze Ding gegen die Wand fährt, wenn man einen Fehler macht. Wenn ich alleine spiele und etwa meinen Text vergessen würde, wäre der Song ziemlich im Eimer. Ville: Bei uns (Renaissance Man) ist es eher so, dass wir unsere Songs neu interpretieren, das heißt wir remixen sie live, wenn man so will. Wir zerlegen unsere Tracks also in kleine Einheiten, improvisieren damit und bauen sie neu zusammen. Die Frage, was denn nun live ist an der Show, stellt sich natürlich immer bei einem reinen Electronik-Act. Es liegt also an dem Künstler selbst zu entscheiden, welche Parts live gespielt werden. Man sollte auch nicht vergessen: als Produzent hast du den Song ja schon soweit wie möglich perfektioniert. Jede Veränderung würde also bedeuten, der Track wird „weniger gut“. Deshalb macht es für mich eher Sinn, die einzelnen Elemente eines fertigen Songs wieder neu zusammenzusetzen. Live heißt in meinem Fall also De- und Rekonstruktion. Norman: Ich glaube auch, dass die Leute auf einem Konzert das hören wollen, was sie bereits kennen. Zu experimentell sollte es nicht sein, sonst erkennt das Publikum nicht das wieder, weshalb es auf das Konzert ging – es sei denn, es handelt sich explizit um eine experimentelle Band. Deshalb haben Ville und ich auch viel darüber gesprochen, wie wir die Live-Show von Millennium aufziehen wollen. Es geht dabei nicht nur um die Musik selbst, auch um die Beleuchtung, die Performance und verschiedene Dinge, die eine Show ausmachen können. Die Leute sollen sehen, dass auf der Bühne etwas passiert. Wie seid ihr auf die Idee zu Millennium gekommen und was plant ihr für die Zukunft? Ville: Angefangen haben wir letzten Sommer. Da wir gut befreundet sind, begann es einfach als ein gemeinsamer Spaß. Dann stellten wir fest, dass es ziemlich gut funktioniert, also haben wir uns weiter darauf konzentriert. Ehe wir uns versahen, hatten wir schon zwölf Tracks beisammen, jetzt sind wir schon bei etwa 17. Norman: Wir haben bisher einen Gig gespielt, auf einer FashionShow in Paris, im Sommer ist die Veröffentlichung einer ersten EP geplant. Vorher wollen wir uns allerdings noch mehr Gedanken über eine passende Live-Show machen, damit es ein interessantes Gesamtkonzept wird. Eine Show, die ihrerseits auch wieder auf unsere kommende Platte einzahlt und dem ganzen einen größeren Sinn verleiht.


18   Kulturgut

Was neue Trends im R’n’B-Bereich angeht, bin ich allerdings weniger aufgeschlossen. Das liegt nicht etwa daran, dass ich ein eingefleischter Rhythm and Blues Fan bin, der sich an Gewohntem festklammert. Auch nicht, dass mir bisher nur schlechte Songs zu Ohren gekommen sind. Es ist eher die Szene, die ich mit der Musikrichtung verbinde. Bei R’n’B denke ich an Großraumdiskotheken. An eine im Kreis stehende Gruppe hysterischer Mädchen, welche die Pseudo-Message von Beyoncés Single Ladies laut mitkreischend noch weiter ins Absurde zieht. An berechenbaren Anbandelungen auf der Tanzfläche, die in peinlichen Trockensexübungen enden und, falls aus Theorie Praxis wird, an eine Best-Of-Black-Music-Compilation, die mit Massageöl griffbereit neben dem mit Satin bezogenen Bett liegt. Ihr merkt, bei mir müssen fiese Vorurteile überwunden werden. Eine neue Bewegung von jungem R’n’B aus Nordamerika, die im vergangenen Jahr durch ihre in Eigenregie produzierten Mixtapes viel Aufmerksamkeit erlangten, soll dazu ihren missionarischen Beitrag leisten. Die Amerikaner Drake und Frank Ocean und der Kanadier The Weeknd sind Repräsentanten dieser neuen Form von R’n’B. Auch die Berliner schwarz dont crack zeigen, dass der Sound mittlerweile auch hierzulande angekommen ist, und zwar jenseits des Mainstream. Dafür mitten ins Herz des Hipster-Hedonismus. Mit dem R’n’B der fünfziger Jahre hat das nicht mehr viel gemein. Das eingefahrene Genre wird experimentierfreudig mit elektronischen Sounds durchmischt. Dazu kommt ein Songwriting, das mehr zu bieten hat als plumpe Aufforderungen zum Beischlaf. Grund genug, meine verkrustete R’n’BSchutzhülle abzuschütteln und den Nachwuchs einmal genauer unter die Lupe zunehmen. Bei dem bereits erwähnten Drake handelt es sich, im Vergleich zu den anderen, fast schon um ein Urgestein der Szene. Der Schützling von Lil Wayne tauschte irgendwann die Schauspielerei gegen die Musik ein und einige Mixtapes später war er, seinem bemerkenswerten Flow sei dank, bei Universal unter Vertrag. Weibliche Anhänger lassen sich seinen Namen auch gerne mal auf die Stirn tätowieren. Der teils absurde Fankult um seine Person dürfte den Sänger allerdings freuen. Immerhin sind Me, myself and I Drakes Lieblingsthemen. So konnte auf Pitchfork nachgelesen werden, dass der Sänger auf seinem Debütalbum Thank me later 410 mal das Wort „Ich“ gebrauchte. Auch wenn es musikalisch überzeugt, sympathisch ist mir der junge Herr nicht wirklich. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass er für sein neues Album mit dem großartigen Chilly Gonzales zusammenarbeitete, der auf dem Track Marvins Room in die Tasten hauen durfte.

Mitten ins H Hipster-Hed Text Anne Kammerzelt  Translation P. 42

Nachdem in der ersten Dekade dieses Jahrhunderts sämtliche Neuformationen mit dem Sound der Achtziger bis auf den letzten Ton durchexerziert wurden, sind mit dem Wechsel ins zweite Jahrzehnt die neunziger Jahre an der Reihe. Das war vorhersehbar, ist aber nicht uninteressant. So hat das Londoner Witch House Label Tri Angle Records gerade während der Club Transmediale


Kulturgut  19

Recht egozentrisch kommt auch der 21-jährige Kanadier Abel Tesfayer alias The Weeknd daher. Dessen Lebensmotto, ja zu schnellem Sex, Drogen und Selbstbeweihräucherung, ist schnell ergründet. Doch obwohl seine Texte und sein Auftreten jene gewisse Schlüpfrigkeit an den Tag legen, sind seine etwas finster daherkommenden Songs musikalisch eher mein Ding. Nicht umsonst katapultierte ihn sein House of Balloons in die Top-Ten-Listen zahlreicher Musikblogs. Bisher brachte Tesfayer seine Alben umsonst und im Alleingang auf seiner Website heraus. Aktuell steht das dritte Album Echoes of Silence, eine Hommage an Michael Jackson, kostenlos zum Download bereit. Mit Nostalia, Ultra hat der Amerikaner Frank Ocean ein Mixtape veröffentlich, welches irgendwo zwischen dem düsteren Sound von Weeknd und dem von Drake liegt. Als Christopher Breaux auf die Welt gekommen, hat ihn sein Künstlername so gut gefallen, dass er sich kurzerhand in Christopher Francis Ocean umbenannte. Im Frühling dieses Jahres wird sein offizielles Debütalbum erwartet, woran er mit Erfolgsproduzent Pharrell Williams zusammengearbeitet hat und in der Prognose Sound of 2012 der britischen BBC Platz zwei belegte. Interessant bei Ocean ist, dass er, obgleich auch er das Klischeebild des unwiderstehlichen Womanizer lebt, mit der Zeile „I believe marriage isn’t between man and woman, but between love and love“ ein Statement gegen die in der Szene weitverbreitete Homophobie setzt.

Herz des donismus mit Acts wie Kuedo und oOoOO vorgeführt, wie sich eine Mischung aus verlangsamten HipHop-Beats, verhallten Vocals und eskapistischen Sci-Fi-Souls anhören kann. Ein neuer, düsterer Sound, irgendwo zwischen abstraktem Pop und Elektronischem. Ein Klangemisch, an das ich mich bereitwillig gewöhnen musste.

Ein Anliegen, welches sich auch Syd tha Kyd auf die Fahne geschrieben hat. Syd, die nicht nur sehr androgyn ausschaut und damit ein erfrischendes Gegenbild zu den klar verteilten Schönheitsidealen des Genres bietet, macht keinen Hehl daraus, dass sie auf Frauen steht. Vor wenigen Jahren wäre das in der Szene noch undenkbar gewesen. Bisher hatte sich die einzige Frau des HipHop-Kollektivs Odd Future eher im Hintergrund gehalten. Nun aber hat sich Syd mit dem Odd-Future-Produzenten Matt Martian zusammengetan. Das Duo nennt sich The Internet. Anders als in den gewohnten Odd Future Tracks vermittelt dieser Song eine entspannte Atmosphäre mit souligen und jazzigen Elementen. Das frisch zusammengefundene Duo schwarz dont crack, bestehend aus dem New Yorker Ahmad Larnes und dem Berliner Sebastian Kreis, setzt bei seinem Sound auf eine Mischung aus R’n’B und Elektronischem. „In einer Stadt wie Berlin, wo Techno so groß ist, macht es Sinn R’n’B mit elektronischen Beats zu mischen. Meine Stimme über Sebastians Beats macht den R’n’B-Sound. Wenn man die Beats allein betrachtet, ist es nicht wirklich R’n’B“, erzählt Ahmad – und liefert damit die Erklärung, warum mir der Song All my Love so gut gefällt.


20   Anzeige

app to date: tipps Von GawlittaDigitale Heute schon ge-appt? Außer „zum Blättern“ gibt es News, Tipps, und Streifzüge jetzt auch „zum Tippen und Wischen“: Die März Ausgabe von Living in Mitte, die kostenlose iPad App von Mitteschön und GawlittaDigitale, ist jetzt im Store!

DIE NEUE MITTE In der App stellt Mitteschön regelmäßig inspirierende Orte vor, zum Beispiel den Reading Room:

Reading Room & Shop, Potsdamer Straße 92 10785 Berlin, www.doyoureadme.de

MITTESCHÖN entdeckt einen neuen alten Lieblingskiez: die Potsdamer Straße. Auf ihrem Streifzug sehen sich die Redakteure die aktuelle Ausstellung in der Deutschen Kinemathek an und brunchen in der Joseph-Roth-Diele. Anschließend geht es weiter in die Jiri Svestka Gallery und in den neuen Zeitschriften- und Bücherladen Reading Room, eine Dependance des Do you read me?!-Shops in der Auguststraße. Die Bücher kann man hier entweder vor Ort lesen oder auch käuflich erwerben. Thematisch dreht sich alles um Kunst, Fotografie und Design. Der lange Fußmarsch durch den ehemaligen Westen der Stadt endet schließlich mit einer leckeren Schüssel Suppe in der Löffelei.

WIR LIEBEN LAGEN! Wer Mitte besser kennenlernen möchte, geht mit seinem iPad auf eine kleine Reise durch den Kiez:

WirLiebenLagen, Issue Eins: Avant Garde, www.wirliebenlagen.de

Für urbane Abenteurer und alle, die ihren Lieblingsbezirk noch besser kennenlernen oder ihn vielleicht sogar erst entdecken möchten, haben wir einen heißen Tipp: WirLiebenLagen ist ein neues Magazinformat für Web, iPad und Print, dass seine Leser mit auf Entdeckungsreisen durch besonders spannende Bezirke nimmt. In der ersten Ausgabe – wer hätte das gedacht – dreht sich alles um die wiederentdeckte Mitte Berlins, die Gegend um die Potsdamer Straße. Mit Interviews, Produktvorstellungen, Musik und Videos wird der Kurztripp zu einem sinnlichen Erlebnis. Und das nicht nur für Berlin! Lageportraits von München, Sao Paulo, Zürich und Shanghai folgen bald.

immobilienTIPPS Ihr wollt nicht immer nur durch euren Lieblingskiez streifen, sondern gleich dort wohnen? Die neue Ausgabe von Living in Mitte bietet aktuelle Immobilientipps:

Inselstraße 9/10, Berlin-Mitte, P.C. Property Company Immobilien GmbH

Die Worte Zentrum und Idylle schließen sich aus? Wer das behauptet, kennt die Inselstraße nicht, denn hier (und eigentlich nur hier) ist man geschützt vom Trubel und trotzdem mittendrin. Mit hohen Decken und Fischgratparkett erfüllen die 2- bis 5-Zimmer-Wohnungen und Penthouses in der Inselstrasse 9/10 höchstpersönliche Wohnträume, inklusive Breitbandanschluss und wohlig komfortablen Handtuchwärmern. In wenigen Minuten ist man in der Torstrasse, am Alexanderplatz oder auch in einem anderen Bezirk. Wer sich gern möglichst schwerelos durch diese Stadt bewegt, wird auch dieses Extra schätzen: Dank modernster Schließtechnik wird für Tiefgaragenzufahrt, Hausttür, Wohnungstür und Keller nur noch ein einziger Schlüssel benötigt.


Gimme Five  21

Gimme Five — Viva the diva die backstagewünsche der stars Text Paul Schlosser

Bunte M&Ms, aus denen die braunen aussortiert sein müssen, handgezapftes Quellwasser aus den französischen Alpen oder saftigscharfe Hähnchenschenkel im Überfluss – die Backstagewünsche einiger Stars klingen absurd, abgehoben oder einfach nur albern. „Backstage Rider“, wie man diese im Fachchargon nennt, werden in Form einer Liste im Voraus an die jeweiligen Stationen geschickt, damit es später keinen Krach gibt. Es scheint, je wichtiger ein Künstler ist, umso exorbitanter und bizarrer sind die Anforderungen, die im Stage Rider genannt werden. Doch der Gast ist König und häufig für seine Allüren berüchtigt, und so sind die Konzertveranstalter stets bemüht ihm all seine Wünsche zu erfüllen. Wer, glaubt ihr, ordert Hähnchenschenkel, wer Gesichtspflege und wer lokale Postkarten?

01  Mariah Carey Ihre Songs sind herrlich banal und die Bühnenoutfits ließen selbst Stripperinnen die Schamesröte ins Gesicht steigen. Mariah Carey lässt sich ihre 5-Oktaven-Stimme ordentlich was kosten und schläft vor jedem Auftritt in einer Art Dampfsauna. Etliche Luftbefeuchter haben um Mariahs Hotelbett herumzustehen, um ihre Stimme in Form zu bringen! Sprechen tut sie vor ihren Auftritten ohnehin nicht und mit niemandem. Die Garderobe, die keine bunten Muster beinhalten darf, muss mit zwei Dutzend weißen Rosen und nach Vanille riechenden Kerzen bestückt sein. Inwieweit Karos und Schottenmuster tatsächlich die Performance der Sängerin beeinflussen können, bleibt unklar.

02

Beyoncé Beyoncé schickt den Veranstaltern gern schon mal vorab ein 139-seitiges Dokument zu, in dem sie unter anderem sechs Schönheitskammern, Fitness-Equipment, jede Menge Obst, fünf Karaffen reines Mineralwasser und Tee mit Honig verlangt. Sonst mag es die Soul-Diva gerne hot! Ihre Chickenwings sollen bitte mit „frischem Knoblauch, Salz, schwarzem Pfeffer und Cayenne-Pfeffer“ daherkommen. „STARK GEWÜRZT!“, wie der Rider in Großbuchstaben betont. Ansonsten legt Miss Knowles großen Wert auf Reinlichkeit. Das private Badezimmer müsse vor Ankunft unbedingt mit „desinfizierenden und antibakteriellen Produkten“ gereinigt werden.

03

Coldplay Dass es auch anders geht, beweisen die Softies von Coldplay. Neben Cranberry-, Tomaten-, und Apfelsaft wünschen sie sich acht frankierte Postkarten, um ihre Lieben zuhause an ihrem Touralltag teilhaben zu lassen. Ach, sind die süß! Von der Saftauswahl lassen sich übrigens auch Rückschlüsse auf die Namensfindung von Leadsänger Chris Martin und seiner Frau Gwyneth Paltrow ziehen – das Kind der beiden heißt Apple.

04

Kanye West Das langjährige Rappen scheint erste Spuren hinterlassen zu haben. Kanye West scheint besorgt um seine jugendliche Erscheinung zu sein. Wie sonst ist es zu erklären, dass seine Garderobe grundsätzlich mit Neutrogena-, Niveaund L’Occitane-Produkten bestückt sein muss?

05

Adele Auch auf dem Rider der britischen Sängerin Adele wurden interessante Bedingungen vermerkt: So darf Backstage eine Packung Marlboro Lights inklusive Einwegfeuerzeug nicht fehlen sowie eine Auswahl an Kaugummis und ein kleines Tablett mit „frisch belegten, eigens zubereiteten Sandwiches“, die keinesfalls „Tomaten, Essig, Chili oder Zitrusfrüchte“ enthalten dürfen. Ziemlich gesund, wenn man bedenkt, dass im Tourbus jede menge Schokoriegel, darunter, Twix, Milky Way und Mars bereit liegen sollen...


22  Neu in der Stadt

Thone Negrón Text Björn Lüdtke

Bisher war die Gegend nördlich der Torstraße eher bekannt für Architekten-Büros und leckere Lunch-Places. Jetzt hält auch die Mode Einzug. Konk-Macherin Ettina Berrios-Negrón präsentiert in der Schröderstraße ihre Kollektion Thone Negrón in einem eigenen Salon.

Wer sich für Mode in Berlin interessiert, der kennt Konk, den kleinen, gut sortierten Laden in der Kleinen Hamburger Straße. Bei Konk gibt es Mode von lokalen Designern, aber auch aus dem Rest der Welt. Modeliebhaber sollten sich ab sofort auch die Adresse von Thone Negrón in der Schröderstraße merken. Hinter beiden Läden steckt Modedesignerin Ettina Berrios-Negrón, doch während das Sortiment von Konk verschiedene Kollektionen enthält, dreht sich bei Thone Negrón alles um ihre eigenen Entwürfe. Gegründet wurde das Label 2008 und vor Kurzem hat es seine eigene Heimat bekommen. „Meine Motivation, ein eigenes Label zu gründen, war die Leidenschaft fürs Gestalten, aber auch fürs Handwerkliche“, sagt Berrios-Negrón. Den Laden in der Schröderstraße, der neben dem Verkaufsraum auch das Atelier beherbergt, hat die Designerin mit ihrem Mann zusammen eingerichtet. Er gehört wohl zum Charmantesten, was Berlin derzeit an Einzelhandel zu bieten hat. Mit seinen grünen Wänden und eleganten Möbeln erinnert der Salon eher an Yves Saint Laurents Pariser Appartement aus den Siebzigern des letzten Jahrhunderts als an die deutsche Hauptstadt von heute.

Eigenständig ist auch die Handschrift, die die Kollektion trägt. Obwohl die aktuelle Kollektion FrühjahrSommer 2012 dem Titel Panamericana (eine Schnellstraße, die Alaska mit Feuerland verbindet) gemäß folkloristische Züge trägt, ist sie gleichzeitig reduziert und modern. „Hauptsächlich bedient die Kollektion ein elegantes und abendliches Segment. Kleidungsstücke wie Jacken, Blusen und Longsleeves sind allerdings tagestauglich.“ Auch für den roten Teppich eignen sich die Kreationen. Berrios-Negrón stattet zwar die eine oder andere berühmte Persönlichkeit aus, anders als bei anderen Labels schmückt man sich hier aber nicht mit den fremden Federn großer Namen. Man hält sich lieber bedeckt und tut das, was man am besten kann: Man fertigt Kleider, hauptsächlich aus Baumwolle und Seide, die preislich zwischen 700 und 900 Euro liegen, Blusen zwischen 200 und 300. Auf Wunsch wird auch auf Maß gefertigt.

Thone Negrón Schröderstraße 13 10115 Berlin www.thonenegron.com Konk Kleine Hamburger Str. 15 10117 Berlin www.konk-berlin.de


Kulturgut  23

Illustrator des monats: moritz wienert

„Sich immer wieder mit neuen Themen auseinandersetzen zu können und vor der Herausforderung zu stehen, dies zu bewältigen.“ – Das ist es, was Moritz so an seiner Arbeit liebt. Er studiert Illustration und Grafik-Design an der Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg, ist im Zuge dessen aber gerade für ein Jahr wieder in seiner Geburtsstadt Berlin produktiv. Am Anfang einer Illustration steht die Idee. Er beginnt damit, diese schriftlich und bildlich zu skizzieren. Dann will er so viel wie möglich über das Thema erfahren, um möglichst genau arbeiten zu können und nicht nur an der Oberfläche zu kratzen. Meist plant er seine Bilder sehr genau – gerade wenn er an Reihen arbeitet – und setzt sie dann auch so um. Bevor er anfängt zu zeichnen, skizziert er lange, um alles genau festlegen zu können. In seinen Illustrationen möchte Moritz nicht bloß Inhalte eines Textes wiedergeben, sondern immer auch eine neue Ebene hinzufügen. Dabei versucht er vor allem Unkonkretes wie Gefühle oder Stimmungen auszudrücken. Durch einzelne Details, die er einbaut, erzählen die Bilder kleine und manchmal auch große Geschichten. Illustrieren ist für ihn eine Art Spiel. „Ich versuche andauernd, Dinge zu finden und neu zu kombinieren – sowohl inhaltlich als auch gestalterisch.“ Meist arbeitet er mit Aquarellfarben, die er dann mit allem Möglichen kombiniert. Mal sind das Vektorgrafiken und das nächste mal kleine handgebastelte Details. Dabei bewegen sich die Arbeiten irgendwo zwischen Zeichnung und Collage, Pseudo-Siebdruck und Puppen-Ästhetik, Dadaismus und der Anmutung afrikanischer Masken. Den größten Einfluss auf ihn und seine Bilder haben Menschen, Dinge und Ereignisse aus seiner Umgebung. „Natürlich bewegen mich auch Musik, Film, Kunst und Literatur. Am meisten interessieren mich jedoch die kleinen, absurden Geschichten, die das Leben schreibt. Egal, ob selbst erlebt, erzählt oder irgendwo gelesen – ich bin immer auf der Suche danach.“ www.moritz-wienert.de

Du bist Illustrator und möchtest mit deinem Artwork das nächste heraustrennbare „MitteSchön“-Poster zieren? Dann schick uns deine Bilder und Entwürfe an: info@mitteschoen.com.





Kieztalk  27

Für immer Big in Berlin Interview mit Frank Spilker von Die Sterne Text Anne Kammerzelt  Fotos Nina Pieroth  Translation P. 42

Vor über zwanzig Jahren erschienen Die Sterne am Musik-Firmament. Sie gehörten zur Musiksozialisation

der

deutschen

Indie-Jugend

wie die nie enden wollende Reihe der Bravo Hits für Popper und Halbtagsmusikhörer. Lieder wie „Universal Tellerwäscher“ und „Was hat dich bloß so ruiniert“ kennt in Deutschland jeder zwischen fünfzehn und fünfzig. Damit sich die Nachwuchsfans nicht das neun Alben umfassende Repertoire der Sterne nachkaufen müssen oder die alten Hits gar umständlich aus dem Netz zusammenklauen, gibt es passend zum Jubiläum das Sterne-Mini-Album „Für Anfänger“, das auf ihrem eigenen Label Materie Records veröffentlicht wurde. Auch Sterne-Spezialisten dürften sich über die Auswahl an frühen, neu eingespielten Songs und Cover-Versionen ihrer Lieblingslieder freuen. Im Interview erzählt uns Frontmann Frank Spilker, wie sie als deutschsprachige Gruppe so lange überleben konnten, warum Veränderungen wichtig sind und was es mit seinem aktuellen Buchprojekt auf sich hat.


28   Kieztalk

„Zuerst sollte immer an die Kommunikation gedacht werden. Was will ich den Leuten sagen? Worum geht es mir inhaltlich? (...) Ich finde es wichtig, dass man mit einem Kommunikationsbedürfnis startet, nicht mit einem Karrierebedürfnis.“ Wie kommt es, dass ihr ein eigenes Label gegründet habt? Das Label ist 2003 gegründet worden. Für Nebenprojekte und um uns unabhängiger zu machen. Die Songs für das Mini-Album wurden nach der letzten Tour 2010 eingespielt. Wir wussten zu der Zeit noch nicht, was genau wir damit anfangen wollten, konnten aber aus Erfahrung sagen, dass es Bedarf geben würde. Das hätte keine Plattenfirma mitgemacht. Da hätten wir schon ein konkretes Projekt nennen müssen, um die Aufnahmen finanziert zu bekommen. Wir wollten auf dem Album Stücke vereinen, die sonst bei verschiedenen Plattenfirmen umständlich lizenziert werden müssten – was niemand machen würde, weil es sehr viel Arbeit ist für wenig Geld. Viel werden wir mit dem Album also nicht verdienen. Was war dann die Motivation? Es ist eher ein Service für Leute, die aufgrund der letzten Platte oder eines Stücks,

welches sie im Radio gehört haben, auf ein Konzert kommen und sich denken: „Was spielt die Band da für Kram, das kenne ich alles nicht“ – denen kann man ja nicht zumuten, alle alten Alben nachzukaufen. Da man mit Alben kaum noch Geld verdient, touren einige junge Bands wie blöd. Hilft das? Es war ja immer schon schwierig. Es gab mal eine Zeit, wo es für uns wirklich sehr gut lief und das gilt für einige Bands ja immer noch. Aber man kann die Einbrüche bei CDVerkäufen nicht durch touren ausgleichen, weil der Live-Markt gesättigt ist. Letztendlich wird es dazu führen, dass, wenn kein Geld zur Verfügung steht, es weniger Bands und somit weniger Vielfalt geben wird. Die Leute werden es sich einfach nicht mehr leisten können, Musiker zu sein. Wie überlebt man zwei Jahrzehnte als Band? Hast du einen Ratschlag für den Nachwuchs? Zuerst sollte immer an die Kommunikation gedacht werden. Was will ich den Leuten sagen? Worum geht es mir inhaltlich? Und dann erst die Frage, wie die Karriere angekurbelt werden kann. Ich finde es wichtig, dass man mit einem Kommunikationsbedürfnis startet, nicht mit einem Karrierebedürfnis. Das unterscheidet die Spreu vom Weizen. Dann schrecken auch keine ersten Misserfolge ab, weil es einem letztendlich nicht so wichtig ist. Der Erfolg besteht darin, seine Sache zu kommunizieren. Mir ist es außerdem wichtig, in Verbindung zu bleiben mit den Fans, den Leuten, die im-

mer zu den Konzerten kommen, mit denen man inzwischen schon befreundet ist. Euer Radius ist begrenzt, weil ihr auf Deutsch singt. Ärgert dich das manchmal? Auf der einen Seite ist es richtig, dass man früher an Grenzen stößt, auf der anderen Seite gibt es natürlich die internationale Konkurrenz, wenn du englisch oder instrumental arbeitest. Ich finde, es hat einfach was mit den eigenen Talenten zu tun und was man damit machen möchte. Ich glaube, es ist immer die richtige Entscheidung, sich auf das zu konzentrieren, worin man gut ist. Bei mir im Umfeld gibt es Personen, die deutsche Musik schrecklich finden und Hamburger Schule hassen, euch aber mögen. Kannst du dir erklären, woran das liegt? Das liegt daran, dass der Begriff der Hamburger Schule ein bisschen an den Haaren herbeigezogen ist. Ein Marketingbegriff für eine Szene, die ganz verschiedene Ausformungen hat. Tocotronic war immer eher eine Grunge-Band, Blumenfeld in der Anfangsphase mehr so eine 80er-JahreBand mit Sprechgesang. Und die Sterne haben diese Art groovige Popmusik gemacht. Und das sind ja eigentlich musikalisch grundverschiedene Ansätze. Wer gefällt dir von den jüngeren deutschsprachigen Bands? Chuckamuck oder die Kiesgroup finde ich ganz gut. Allerdings gibt es viele deutschsprachige Bands, die den Standard sehr nach unten ziehen. Wenn man schaut, mit


Kieztalk  29

welchen Ansprüchen manche Bands an die Sache herangehen... Es ist arrogant zu sagen, das reicht mir nicht, aber wenn ich mir eine neue Platte anhöre, denke ich oft, dass es viel Gerede um nichts ist. Vielleicht ist es aber auch ein Alters- bzw. Generationenkonflikt. Mit Gisbert zu Knyphausen kann ich zum Beispiel weniger anfangen, während andere lieben, was er macht. Aber ich mag diese metaphorische Sezierung des eigenen Gefühlslebens nicht. Auf 3Sat lief gerade die Dokumentation Sterne von Frank Wierke. Darin ist unter anderem zu sehen, wie ihr an dem Song Convenience Shop arbeitet. In dem Lied prangert ihr unsere gläserne Gesellschaft an, dabei hattet ihr für den Film selber nonstop die Kamera vor der Nase. Ich glaube, die Doku würde keinen Sinn machen, wenn wir nicht etwas Privates von uns zeigen würden. Es geht ja darum, aufzuzeigen, wie alles miteinander verschränkt ist – also das, worüber wir schreiben und die Situation, in der wir leben. Ich sehe da nichts, wofür man sich schämen müsste. Der Film hat auch die Trennungsphase von eurem damaligen Keyboarder dokumentiert. Ihr seid seitdem zu dritt unterwegs. Betrachtest du die Trennung im Nachhinein mit gemischten Gefühlen? Ehrlich gesagt nicht. Vieles ist einfacher geworden. Wir waren in einer Situation, in der wir uns gegenseitig blockierten. Das war natürlich ein schleichender Prozess. Bis wir irgendwann an einem Punkt angelangt sind, an dem es nicht mehr weiter-

ging. Das ist genau die Phase, die der Film abbildet. Wenn man so lange als Band zusammen ist, muss man sich also verändern? In Wirklichkeit verändern sich alle die ganze Zeit über. Die Band muss das immer wieder abfedern oder mittragen. Das ist keine Frage von Schuld, jeder hat nun mal seine eigene Persönlichkeit. Man muss sich halt fragen, ob die Band weiterhin funktioniert oder nicht. Eine Band, die nicht funktioniert, ist nichts wert. Weil man dann langweilige Platten macht. Deswegen war der Schritt der Trennung ganz wichtig. Was habt ihr für die Zukunft geplant? Wir haben erste Proben und Aufnahmen gemacht. Dabei haben wir uns an der Band Tame Impala orientiert. Die machen Psycho-Rock. Wir starten allerdings immer irgendwo und enden dann ganz woanders. Es gibt immer diesen Startpunkt, an dem wir überlegen, was es gerade in Deutschland nicht gibt. Da macht es oft Sinn zu schauen, was eine abgefahrene Band am anderen Ende der Welt macht. Außerdem schreibe ich gerade an einem Buch, welches Ende des Jahres erscheint. Worum geht es? Es geht sehr weit ins Unbewusste und um frühkindliches Konditionieren. Darum, wie gesellschaftliche Entwicklung und die eigene, persönliche Geschichte zusammenhängen. Es ist halbbiografisch. Für mich als Romandebütanten ist es einfacher, Szenen aus der eigenen Vergangen-

heit zu wählen. Ich hoffe, dass es unterhaltsam wird, obwohl es von der Thematik eher ernsthaft ist. Was machen Die Sterne im Ruhestand? Eigentlich geht es nur um die Frage, ob das Leben durch die Musik noch zu finanzieren ist. Wenn man in einer Position ist wie die Rolling Stones – die Millionen fließen, egal, was man macht – dann macht man das auch weiter. Egal, wie klapprig man dann auf der Bühne aussieht. Im Grunde sollte die Frage also lauten: Was macht ihr, wenn es nicht mehr so gut läuft? Das ist dann eine persönliche Entscheidung. Künstlerisch steht das nicht an. Ich werde ja nicht aufhören, neue Ideen zu haben. Ich finde es toll, dass ich ermutigt wurde, das Buch zu schreiben. Das ist eine Herausforderung. Und es ist gut, ein zweites kreatives Standbein zu haben, weil sich die Musik und das Schreiben einfach gut kombinieren lassen.


30   Kulturgut

Thank you for the music! Text Bettina Schuler  Illustrationen Kristina Wedel

Ein gutes Ambiente reicht nicht aus, um sein Café oder Bier genießen zu können. Nein, in einem richtig guten Laden muss auch richtig gute Musik laufen. Doch wer sorgt in unserem Lieblingsladen eigentlich dafür, dass wir uns auch musikalisch dort zu Hause fühlen? Und welche Top-Ten können uns die Musikverantwortlichen ans Herz legen? Wir haben für euch nachgefragt!

Lass uns Freunde bleiben Eran Wolff, 36 Jahre Bar/Café, Choriner Straße 12 www.ruf-mich-nie-wieder-an.de

Wie bist du zu dem Job gekommen?

Einen Song, den du nie wieder in einer Kneipe hören willst?

Früher hatten wir zwei Ausstellungsräume bei uns im Laden, in denen jeder seine

Alanis Morissette: Jagged Little Pill (1995). Ich habe diese Platte schon immer

Projekte zeigen konnte. Ein Angebot, das ich auch selbst wahrgenommen habe und

gehasst, aber dieses Album 15 Jahre später noch zu spielen, geht gar nicht!

über das ich meinen Chef Marcel kennen gelernt habe. Irgendwann hat er mich

Der Song, der auf deiner Beerdigung gespielt werden soll?

dann gefragt, ob ich für ihn arbeiten möchte. Das war vor 8 Jahren.

Sollte man an diesem Punkt nicht lieber Vogelgezwitscher hören?


Kulturgut  31

Wie bist du zu dem Job gekommen?

mit den anderen Leuten von Findus Geburtstag Kultur-Events

Ich habe vor zwei Jahren nach einem Job als Koch gesucht und bin so

und Partys. Im Januar haben wir zum Beispiel die Butt and Better

Manouche

ins Manouche gekommen. Die hatten gerade erst aufgemacht und

organisiert, die sich an Modeschaffende mit politischem Anspruch

Gyom Diop, 28 Jahre

haben nach einem neuen Koch gesucht, da hatte ich natürlich Glück. .

richtet. Zudem arbeite ich noch als DJ und Künstler .

Grimmstraße 23

Was machst du sonst?

Der Song, der auf deiner Beerdigung gespielt werden soll?

10967 Berlin

Wenn ich nicht im Manouche arbeite, organisiere ich zusammen

Quantic Presenta Flowering Inferno, Cumbia Sobre El Mar.


32   Kulturgut

Wie bist du zu dem Job gekommen?

Welcher Song wird bei euch am häufigsten gespielt?

Ich habe eigentlich schon immer Kassetten aufgenommen. Meistens

Mehrere: Lou Barlow ist eigentlich immer dabei. Und mein Kumpel

Eka

mit meinem besten Kumpel zusammen. Jeder immer einen Song.

spielt gerne von Can She brings the rain.

Smina Bluth, 32 Jahre

Irgendwann haben wir dann unser Wohnzimmer einfach in eine von

Der Song, der auf deiner Beerdigung gespielt werden soll?

Dunckerstraße 9

uns geliebte Bar verlegt.

So jung kommen wir nicht mehr zusammen von Tocotronic mit dem

www.eka-leka.de

wohl schönsten Gitarrensolo, das ich je gehört habe.


TIMES Isaac Bigsby Trogdon alias DJ Your Body, 32 Jahre Hermannstrasse 16 www.t1mes.de Welcher Song wird bei euch am häufigsten gespielt? Es gibt ein paar Mixe, die häufig laufen, wenn es keinen DJ gibt. Die Mischung ist etwa Worldjazz, Offrock und Mainstream Hip-Hop. Und House natürlich. Eine Platte, an der du dich nicht satt hören kannst? Es gibt einige, wie die erste Platte von Secos & Molhados zum Beispiel. Einen Song, den du nie wieder in einer Kneipe hören willst? Prefab Sprout gefällt mir nicht besonders gut. Der Song, der auf deiner Beerdigung gespielt werden soll? Amazing Grace natürlich.

Südblock Lindas Tante Admiralstraße 1-2 www.suedblock.org Welcher Song wird bei euch am häufigsten gespielt? Bei meinen Sets ist es Twist & Shout von Salt’n Pepa. Meistens als letztes Lied, um mich danach auf die Tanzfläche zu verabschieden. Einen Song, den du nie wieder in einer Kneipe hören willst? Also gar keinen Bock habe ich auf Pop that Pussy von 2Live Crew; als Alternative dazu gibt es bei mir Kryptonite Pussy von Yo!Majesty. Der Song, der auf deiner Beerdigung gespielt werden soll? Beerdigung is’ nicht. Davor gibt’s Loose Lips von Kimya Dawson: „And if you wanna kill yourself, remember that I love you. Call me up before you’re dead, we can make some plans instead.“


34   Kulturgut

Kunsttipps

von

EyeOut

Text Jordan Nassar  Translation Robert Schlicht P. 41

In dieser Kolumne stellen wir euch jeden Monat eine kleine Auswahl der interessantesten Ausstellungen in Mitte vor. Weitere spannende Tipps findet ihr in der iPhone App EYEOUT Berlin (www.eyeout.com).

Isa Genzken – Hallelujah 28. Januar – 11. März 2012 Schinkel Pavillon, Oberwallstr. 1, Do bis Sa, 12 – 18 Uhr, U2 Hausvogteiplatz +49 – 30 – 20 88 64 44, info@schinkelpavillon.de, www.schinkelpavillon.de

Isa Genzken – Hallelujah (Installationsansicht) Courtesy Galerie Buchholz, Berlin

Die von Nicolas Schafhausen kuratierte Einzelausstellung von Isa Genzken ist eine Hommage an die Stadt New York als Kunstmetropole. Mit der Ausstellung Hallelujah, in der vor allem Skulpturen und Collagen gezeigt werden, kehrt Genzken von ihrem Abstecher nach New York in ihr altes Berliner Umfeld zurück. Vor dem Hintergrund, dass die skulpturalen Arbeiten als Modelle großformatiger Skulpturen im öffentlichen Raum – für die Genzken bekannt ist – präsentiert werden, handelt es sich bei diesen charakteristischen Werken um bemerkenswert farbenfrohe und originelle Innovationen. Begleitend wurde am Eröffnungswochenende ihre neueste Filmarbeit Die Kleine Bushaltestelle (Gerüstbau) vorgeführt, improvisierte Episoden, die Genzken gemeinsam mit dem Künstler Kai Althoff entwickelt hat.

Sue de Beer – The Ghosts 14. Januar – 10. März 2012 Christian Ehrentraut, Friedrichstr. 123, U6 Oranienburger Tor, Di bis Sa, 11 – 18 Uhr +49 – 30 – 44 03 83 85, mail@christianehrentraut.com, www.christianehrentraut.com

Sue de Beer – The Ghosts (Installationsansicht) Courtesy Christian, Ehrentraut

Im Mittelpunkt von Sue de Beers erster Einzelausstellung bei Christian Ehrentraut steht die dreißigminütige Zweikanal-Videoarbeit The Ghost. Dieser Kurzspielfilm, der an das Mystische und Erotische des italienischen Giallo-Films denken lässt, beschäftigt sich mit Erinnerung, Träumen, Illusion und Fantasie; in den Hauptrollen spielen die Künstlerin Jutta Koether und der Musiker Jon Spencer. Die Atmosphäre des Films wird durch eine Lichtinstallation in den Galerieraum übertragen. Und der krönende Abschluss ist eine Skulptur mit dem Titel The Fountain, ein schönes, modifiziertes Praxinoskop, das Erinnerungen und die Romantik vergangenen Lebens evoziert – und mit einem Schlüsselbild aus dem Film eine Verbindung zwischen all diesen Elementen herstellt.

Alicja Kwade - in circles 18. Februar – 17. März 2012 Johann König, Dessauer Str. 6-7, S1, S2, S25 Potsdamer Platz, Di bis Sa, 11 – 18 Uhr +49 – 30 – 26 10 30 80, info@johannkoenig.de, www.johannkoenig.de

Alicja Kwade – In Circles (Installationsansicht) Courtesy Johann König, Berlin Foto: Roman März

Alicja Kwades neueste ortsspezifische Installation – ihre zweite Einzelausstellung bei Johann König – erschafft aus gefundenen Objekten und Artefakten ein eigenständiges Paralleluniversum, dessen Fliehkräfte den Betrachter in seine Umlaufbahn bannen. Die banalen und alltäglichen Objekte, die sich in konzentrischen Kreisen in der gesamten Galerie ausbreiten, sind auf verwirrende und irritierende Weise verzerrt und beschwören eine mysteriöse andere Welt herauf, in der Festkörper schmelzen können und ruhende Objekte in Bewegung sind. Als ihren Ausgangspunkt nutzt Kwade auf charakteristische Weise wissenschaftliche Theorien und Vorstellungen, was einen besonderen Reiz für den wissenschaftlich Interessierten bietet, ohne dabei die emotionalen Wirkungen einzubüßen, die ihre Installationen oftmals hervorrufen.


Mitteschön Filmtipps  35

Filmgalerie 451 presents: OBEN & UNTEN Text Silvio Neubauer

Der zweite 451-DVD-Tipp präsentiert hochkarätige Schauspieler im gnadenlosen Infight, zweimal großes Kino und zweimal Kevin Spacey mit der Frage nach dem besten Freund des Menschen. Eine regnerische Nacht in den Straßen von New York. Keinen Hund würde man vor die Tür schicken, aber die vier Verkäufer der Maklerfirma Premier Real Estate müssen raus: Wenn der Morgen graut, haben sie ein Grundstück verkauft – egal wie, egal an wen – oder sind ihren Job los. In Glengary Glen Ross (1992, Regie: James Foley) nach dem Theaterstück von David Mamet herrschen nämlich klare Regeln: Der Gewinner fährt Cadillac, der Verlierer fliegt raus. Da wird der Mensch zum Tier, das gnadenlos um sein Leben, seine Existenz kämpft. Und am Ende, im klaren Licht des Morgens, ist es der Bürovorsteher Kevin Spacey, der Jack Lemmon, den ältesten, hoffnungslosesten und verzweifeltsten unter ihnen, kalt lächelnd fallen lässt. Jahrzehnte später in Der Große Crash (2010, Regie: J.C. Chandor) sitzt er dann nicht mehr in einer schäbigen Maklerklitsche, sondern im spiegelnden Hochhaus einer Investmentbank, weit oben, im Vorstandsbüro. Sein Hund ist schwer krank. Es ist September 2008, der Vorabend des Finanz-Crashs: Ein soeben entlassener Risikoanalyst überreicht seinem jungen Nachfolger einen Stick mit hochbrisanten Daten. Der erkennt schnell die drohende Zah-

lungsunfähigkeit der Firma und schlägt Alarm. Noch in der Nacht versammelt sich die fassungslose Firmenleitung und ringt um einen sofortigen Rettungsplan. Schließlich schwebt der oberste Konzernchef (Jeremy Irons) von oben im Hubschrauber herab und stellt die Weichen. Wie einst in einer regnerischen Nacht gibt es jetzt auch hier kein Pardon: Verkaufen, verkaufen, verkaufen – egal wie, egal an wen. Nur die Einsätze, die Gewinne, die Schäden sind ungleich größer. Um die Menschen draußen geht es da sowieso schon lange nicht mehr – nur noch um die Insider des Systems, des Konzerns und um viel Geld. Auch für Kevin Spacey, den ältesten, hoffnungslosesten und verzweifeltsten unter ihnen. Und der Hund? Der trauernde Kevin Spacey sitzt in der folgenden Nacht unten, auf dem Rasen im Vorgarten seines früheren Hauses, in dem nun seine Ex-Frau wohnt, und möchte ihn dort begraben. Doch sie kommt raus und schickt ihn weg... Filmgalerie 451 Torstraße 231, 10115 Berlin www.filmgalerie-berlin.de


36   Hmmm, Lecker!

Kochtipps vom Kochhaus  Gebratenes Lachsfilet auf Kohlrabigemüse mit Cocktailtomaten und Schnittlauch Beurre blanc Text und Bilder Kochhaus

Auf dieser Seite findet ihr monatlich einen Rezeptvorschlag mit Fotoanleitung vom Kochhaus, dem weltweit einzigartigen begehbaren Rezeptbuch in Prenzlauer Berg (Schönhauser Allee 46) und Schöneberg (Akazienstraße 1). Im Kochhaus findet man nicht nur regelmäßig wechselnde Rezepte, sondern auch gleich noch alle Zutaten, die man für das Gericht braucht – fertig portioniert an einem Tisch. Schaut doch mal vorbei und bis dahin: Guten Appetit! Zutaten für 2 Personen: 2 Lachsfilets, 1 Kohlrabi, 6 Cocktailtomaten, 2 Kartoffeln, 1 Bund Schnittlauch, 1 Becher Crème Fraîche, 1 Brühwürfel, 40 g Butter, 100 ml Wasser, 50 ml Olivenöl, 1 TL Weißweinessig, Salz, Pfeffer* *(Mengen- / Zeitangaben beziehen sich auf 2 bzw. 4 Personen)

Ofen auf 150°C Umluft bzw. 170°C Ober-/ Unterhitze vor-

In einem Topf 100 bzw. 200 ml* Wasser zusammen mit

Lachsfilet waschen, trockentupfen und rundum mit ½

heizen. Kohlrabi und Kartoffeln schälen und in ca. 1 cm

Crème Fraîche und Brühwürfel aufkochen lassen. Kohl-

bzw. 1 TL* Salz und ausreichend Pfeffer kräftig würzen.

große Würfel schneiden.

rabi- und Kartoffelwürfel hinzufügen und bei mittlerer

Schnittlauchspitzen abtrennen und zur Dekoration

Hitze ca. 10 Minuten weichkochen.

beiseite legen. Verbliebenen Schnittlauch in feine Ringe schneiden.

In einer Pfanne 3 bzw. 6 EL* Öl erhitzen und den Lachs bei

Tomaten in die Pfanne geben und 2 Minuten mitbra-

Das Kohlrabi-Gemüse aus dem Crème Fraîche-Fond

voller Hitze auf der Hautseite 2 Minuten anbraten. Dabei

ten. Anschließend die Pfanne für 6 Minuten auf mitt-

nehmen und abgedeckt warmstellen.

den Lachs möglichst wenig bewegen. Anschließend den

lerer Schiene in den vorgeheizten Ofen geben. (Sofern

Fisch wenden.

keine ofenfeste Pfanne vorhanden, kann alternativ eine Auflaufform benutzt werden.)

Die kalte Butter mit Hilfe eines Pürierstabs unter den

Lachsfilets aus dem Ofen nehmen und die Haut mit Hilfe

Auf einem Teller das Kohlrabi-Gemüse mittig anrichten,

Fond rühren und nach Geschmack mit ca. 1 bzw. 2 ge-

eines scharfen Messers vorsichtig vom Filet ziehen.

je 3 Tomaten anlegen und mit dem Lachsfilet belegen. Mit

strichenen TL* Salz, ausreichend Pfeffer und 1 bzw. 2 TL*

reichlich Schnittlauch Beurre blanc umgießen und mit

Weißweinessig würzen. Schnittlauchringe unterheben.

den Schnittlauch-Spitzen dekorieren.


Wir Mitte Muttis  37

Wir mitteMuttis Text Bettina Schuler  Foto Jan Kulke  Translation P. 43

Kinder lieben Musik. Und meine Tochter ganz besonders. Nur leider haben wir eine komplett gegensätzliche Vorstellung davon, was gute Musik ausmacht. Denn während ich gerne Gitarrenrock à la Kings of Leon höre, hält meine Tochter die Titelmusik von Bibi und Tina für das Nonplusultra. Die einzige Musik, die sie daneben gelten lässt, ist das Soloalbum von Flippers Sänger Olaf. Wenn das so weitergeht, wird sie noch zu einem Helene Fischer-Klon mutieren und den Musikantenstadl als die beste Unterhaltungssendung im deutschen Fernsehen betrachten. Doch wie kann ich meine Tochter davon abhalten, dass sie sich demnächst ein Florian SilbereisenStarschnitt ins Zimmer hängt? Indem ich sie Clockwork-Orange-mäßig drei Stunden lang auf den Stuhl binde und ihr solange Goo von Sonic Youth vorspiele, bis sie das Album ebenso liebt wie ich? Vielleicht wäre es dann doch besser, es zunächst auf der klassischen Schiene mit der Umerziehung zu versuchen. Zum Beispiel, indem man eine der zahlreichen musikalischen Veranstaltungen besucht, die an den Konzert- und Opernhäusern speziell für Kinder angeboten werden. So kann man in diesem Monat unter anderem das Konzert Mein kleiner grüner Kaktus an der Komischen Oper anhören. Im Mittelpunkt stehen dabei, wie der Titel bereits suggeriert, Lieder aus den 20er bis 30er Jahren und diverse Kinderliederarrangements, die zum Mitsingen ermuntern. Die Veranstaltung selbst ist für Kinder ab 4 Jahren geeignet. Am 3. März wiederum öffnet das Konzerthaus Berlin seine Pforten und lädt alle Kinder zum Kennenlernen und Ausprobieren der Orgel ein, die viele gerne als Königin unter den Instrumenten bezeichnen.

Eine musikalische Veranstaltung, für die sich selbst mein musikdesorientiertes Kind interessieren könnte, ist die Aufführung des Kinderklassikers Peter und der Wolf am 10. März in der Philharmonie. Denn dank einer CD aus meiner Kindheit, die ich meiner Tochter vor Kurzem in die Hand gedrückt habe, heißt ihr Lieblingsheld neuerdings nicht mehr Karlsson vom Dach, sondern Peter. Im Anschluss an das Konzert dürfen die Kinder und ihre Eltern noch diverse Instrumente unter pädagogischer Anleitung ausprobieren. Ihr solltet aber unbedingt darauf achten, welches Instrument ihr eurem Kind in die Hände drückt, denn ansonsten werdet ihr die nächsten zehn Jahre von fiesem Trompetengetröte geweckt.

Komische Oper Berlin Behrenstraße 55-57 10117 Berlin Callcenter 030 – 47 99 74 00 Mo bis Sa, 9 – 20 Uhr So bis Fr 14 – 20 Uhr www.komische-oper-berlin.de Konzerthaus Berlin Gendarmenmarkt 10117 Berlin Tel. 030 – 20 30 92 33 3 www.konzerthaus.de Das Klingende Museum in Berlin e.V. Zingster Str. 15 13357 Berlin

Wessen Kind sich prinzipiell mehr fürs Machen als fürs Zuhören interessiert, der sollte auch unbedingt im Klingenden Museum vorbeischauen. Denn dort dürfen die Kinder alle Exponate anfassen und ausprobieren. Und sollte das Herz eures Kindes nach diversen Konzert- und Opernbesuchen trotzdem noch für Andrea Berg statt für The Stooges schlagen, dann hilft nur eins: sich Ohropax kaufen und darauf hoffen, dass es selbst Einsicht zeigen wird.

Tel. 030 – 39 99 35 22 www.klingendes-museum.de



Berliner Gesichter  39

BERLINER GESICHTER Text Bettina Schuler  Foto Tina Linster  Translation P. 44

Teresa Woischiski alias Chloe, 27 Jahre Musikerin

Musik spielte schon immer eine große Rolle in meinem Leben. So richtig angefangen hat es mit der Liebe zur Musik allerdings erst, als ich mit achtzehn Jahren für einige Zeit die High-School in den USA besucht habe. Neben zahlreichen anderen Fächern habe ich dort auch regelmäßig am Schulchor teilgenommen und recht schnell gemerkt, dass mir das Singen nicht nur wahnsinnig viel Spaß macht, sondern dass ich auch eine ganz gute Stimme habe. Als ich dann nach Deutschland zurückgekommen bin, habe ich einfach angefangen, selber Musik zu machen. Das war zu meiner Abizeit.

Momentan arbeite ich gleichzeitig an zwei Musikprojekten: an meiner Solokarriere und an einem Projekt mit Eric Crusher. Unseren gemeinsamen Song Unicorn kann man auch schon recht häufig, unter anderem in einer Dokumentation über die Berliner Kunstszene, hören. Und das, obwohl er erst im Mai veröffentlich wird. Aber ich habe gerade sowieso den Eindruck, dass wahnsinnig viel bei mir passiert und ich endlich auch weiß, wo ich mich musikalisch hinbewege. Weg von dem klassischen Singer-SongwriterSound hin zum Elektronischeren so wie bei Unicorn.

Zunächst habe ich mich in allen Musikgenres und Projekten ausprobiert, um meinen eigenen Stil zu finden. Wirklich gefunden habe ich ihn aber erst in Spanien, wo ich nach dem Abitur ebenfalls für eine Zeit gelebt habe. Dort habe ich dann auch angefangen, selbst Songs zu schreiben. Zunächst an einem kleinen Kinderkeyboard, auf dem ich versucht habe, die Melodien, die mir im Kopf herumgeschwirrt sind, zu einem Song zusammenzufassen. Die Texte zu den Melodien kommen mir manchmal sofort, manchmal aber auch erste einige Zeit später, das ist ganz unterschiedlich. Die Texte können aus einem Traum stammen oder auf einem persönlichen Erlebnis basieren, auch dafür gibt es keine Regel. Oft entwickeln sich meine Songs aber auch aus einer Stimmung heraus, die sich dann in dem Song widerspiegelt. Ganz klassisch in Noten notiere ich mir den Song aber nie. Ich schreibe mir höchstens ein, zwei Harmonien auf und nehme den Song dann mit dem Handy auf, damit ich ihn mir besser merken kann.

Seitdem ich in Berlin wohne, habe ich schon unglaublich tolle Support-Konzerte spielen dürfen, unter anderem für Micah P. Hinson, von dem ich früher ein totaler Fan war. Das war natürlich wahnsinnig aufregend. Mit roten Backen, Herzklopfen und allem, was dazugehört. Doch ich mache nicht nur Musik. Ich arbeite auch in der Musikbranche. Zur Zeit bei Nordic by Nature, die skandinavische Bands promoten und durch Konzerte, Parties etc. nach Berlin bringen. Ich bin einfach nicht der Typ Mensch, der als Künstler komplett ausgefüllt ist. Ich brauche mehr. Nur so bekomme ich auch die für meine Musik nötige Inspiration. Mein größter Wunsch wäre auf Solo-Tour zu gehen. Ein Plattenvertrag wäre natürlich auch toll! Es ist einfach herrlich, wenn sich der ganze Tag um Musik dreht.

Unicorn von Eric Crusher und Chloe ab Mai bei Edelweiss Music. www.facebook.com/chloeberlin


40   Kieztalk

Es funkelt und glitzert in Mitte Text Tina Fraas

Oliver Rheinfrank studierte eigentlich einmal Kunstgeschichte und entdeckte dabei seine Leidenschaft für ausgefallenen, alten Schmuck aus aller Welt. Sein späterer Beruf als Stylist im Film-, Foto- und Fernsehgeschäft war mit Sicherheit sehr kunstbezogen, wie auch sein Studium, aber neben der Kunst blieb die Geschichte zu seinem Leidwesen auf der Strecke. Im Jahr 2010 hat sich Oliver einen Traum erfüllt und den Antique und Vintage Jewellery Store in Mitte eröffnet, der mittlerweile die Linienstraße in noch hellerem Glanz erstrahlen lässt. Von Georgianisch über Viktorianisch, Jugendstil bis Art Déco bietet der Schmuckladen alles, was die Epochen von 1750 bis 1950 hergeben. Da nicht alles Gold oder Diamant ist, was glänzt, sind bei Oliver Rheinfrank zahlreiche Schmuckstücke aus ungewöhnlichen Materialien wie Horn, Stahl oder Jet zu finden.

Events (p. 8)

Die gesamte Auswahl im Antique und Vintage Jewellery Store ist selbstverständlich handverlesen. Nicht selten reist Oliver deshalb nach England oder Schottland, um Schmuckmessen zu besuchen, immer auf der Suche nach dem ausgefallenen, zeitlos schönen Schmuck. Zurück kommt er bepackt mit Kamee-Armreifen, Opal-Manschettenknöpfen, Bernstein-Broschen oder auch einmal einem bezaubernden Kamm-Diadem mit Stahldiamanten. Nach der Reinigung des Schmucks kommen die Stücke dann in Vitrinen und warten auf ihre neuen Besitzer, um an deren Arm, Finger, Hals oder Haupt ihre Geschichte fortzuführen. Der Antique und Vintage Jewellery Store ist angefüllt mit kleinen Schätzen und Geschenkideen für jeden Geldbeutel. Ein Besuch lohnt sich allemal!

collection of about 140 paintings and five sculptures,

ry all their own. The likelihood that ‘good old Europe’

it shows the whole wide range of pictorial and con-

would ever get a chance to see the trio Dispatch from

Gerhard Richter –

ceptual abilities of this brilliant painter, sculptor and

Boston was shockingly small. But the wait for the fans

Panorama

photographer. Visitors have a chance to see never be-

was well worth it — the cult band is crossing the At-

Exhibition

fore seen works alongside world-famous masterpieces,

lantic for the first time to captivate listeners at a gig

Admission: €8, reduced €4

abstractions, figurations, glass installations and much

in Huxley’s Neue Welt club. The band, formed in 1996,

12 Feb to 13 May

more. It is indeed a panoramic view of the genius work

plays a mix of acoustic, rock, reggae, folk and funk.

The extensive work of Gerhard

of Gerhard Richter. The exhibition runs until 13 May,

They haven’t released an album since 2000, and their

Richter merits deep respect,

and is a must for anyone interested in art.

last joint appearance was ages ago. The greater the joy

and not just because the artist who was born in 1932

Neue Nationalgalerie

that these Indie heroes have now joined forces again

in Dresden is the most famous German painter of our

Potsdamer Strasse 50

to bring their music to new life. The lead singer Brad

time. His work doesn’t tolerate categorization and ex-

Corrigan reveals what the main motive for the revival

tends over different styles and techniques. It is cha-

dispatch

was: “Our fans have stuck with us so far, and we feel a

racterized by refreshing and rich variety. It playfully

Indie Rock

desire to give them some new music. They've given us

engages the viewer with its Bildgewalt, kidnapping us

Admission: €16 plus fees

life, and we want to give them some life back. We just

in a fascinating world of colors and textures. On the

Doors open: 8 pm

want to be as authentic as possible.”

occasion of Richter’s 80th birthday, the New National

Show begins: 9 pm

Huxley’s Neue Welt

Gallery is organizing a special exhibition in close colla-

Even though Berlin’s got a

Hasenheide 107-113

boration with the painter himself. Entitled Panorama,

varied music scene, there are

it’s sure not to disappoint. Based on a carefully selected

still some acts so unique that they fall into a catego-


English Translations  41

selah sue

to Berlin — at least musically.

colorful and witty innovations. They were accompa-

Soul / Funk

Postbahnhof

nied over the opening weekend by screenings of her

15 Mar

Strasse der Pariser Kommune 8

latest film work, Die Kleine Bushaltstelle (Gerüstbau), improvised episodes created by Genzken and artist Kai

Admission: €19 plus booking

Althoff.

fee

liliom

There are voices that have a

Play

lot of soul. There are voices

Admission: €10, reduced €5

Sue de Beer –

that are Soul. Selah Sue has

Premiere: Sat, 31Mar, 8 pm

The Ghosts

one of them and sharing her generous gift with us.

Liliom, a thematically time-

14 Jan to 10 Mar

Sanne Putseys — the 22-year-old singer’s real name

less play by the Hungarian

Christian Ehrentraut,

— charmed France and Belgium long ago. The artist

writer and journalist Ferenc

Friedrichstraße 123

already had her breakthrough with her self-titled de-

Molnár, was first performed

Tue to Sat, 11 am – 6 pm

but on the first go. She was awarded best solo artist

in Budapest on 7 December 1909. The story focuses

by the Belgian Music Industry Awards in early 2011.

on a man who is unconditional and unwilling to give

hibition at Christian Ehren-

Since last summer we’ve known what this expressive

in to social norms. Liliom, a caller in an amusement

traut centers around a 30-minute 2-channel video

young artist can do with her smoky voice. Celebrated

park, falls in love with a maid one day. He finds love

work, The Ghosts. Evocative of the mysterious and

as the “Future Queen of Soul,” her first album was re-

but loses his job at the same time, thus beginning the

erotic genre of Italian giallo film, The Ghosts is a narra-

leased in Germany in June 2011. It’s a perfectly accen-

struggle with and against everyday life, which he tra-

tive short film that addresses the subjects of memory,

ted organic fusion of hip-hop, ragga-feeling and a lot

gically loses. The modern amusement park is the fast-

dreams, illusion, and fantasy, and features artist Jutta

of soul-funk that created a sensation. After her little

paced entertainment industry, where many Liliom-

Koether and musician Jon Spencer in the lead roles.

club tour in fall, she left behind a lot of fans and con-

type characters find unprecedented opportunities for

The ambience of the film is translated into the gallery

sistently positive reviews. In March, the bubbly little

development, but the garish lights there threaten to

space via a light installation, and the cherry on top is

blonde with the bird’s nest hairstyle will be creating

squelch the essential. Nick Mockridge, director of the

a sculptural work called The Fountain, a beautiful al-

Spring-like emotion in the capital. Prepare yourselves

new production of the play, asks the basic question

tered praxinoscope, evoking memory and the roman-

for an unforgettable musical experience.

that is important for our generation: “When life calls

ticism of past lives — and tying it all together with a

Postbahnhof

us to reason, how do we respond?” Do you fulfill the

pivotal image from the film.

Strasse der Pariser Kommune 8

established expectations or pursue your ideas like

Sue de Beer’s first solo ex-

Liliom and run the risk of failing on account of your

Alicja Kwade -

the drums

own idealism? This production, which celebrates its

In Circles

Indie Pop

premiere on 31 March with support from Native Ins-

18 Feb to 17 Mar

Admission: €15,

truments, deals with the phenomenon of youth cul-

Johann König,

after party: €10

ture in the last 50 years. Exciting, entertaining and

Dessauer Straße 6-7

6 Mar, doors open: 8 pm

highly relevant.

Tue to Sat, 11 am – 8 pm

Show begins: 9 pm

bat Studio Theatre, Ernst Busch School of Dramatic Art

Alicja Kwade’s latest site-spe-

First

comes

a

carefree

cific installation — her second

Belforter Strasse 15

solo exhibition at Johann König — uses found objects

whistling accompanied by light, airy pop melody. “Wake up, it’s a beautiful mor-

EYEOUT Art Events (p. 34)

and artifacts to create a self-contained parallel universe with a centrifugal effect that incorporates the viewer in

ning. Honey, while the stars are shining still.” Warmth flows through the body after the first few chords of

Isa Genzken –

its orbit. The mundane and everyday objects, splayed

“Let’s Go Surfing”. The song spreads like lightning

Hallelujah

out in concentric circles throughout the gallery space,

into a carefree holiday feeling and you begin to move

28 Jan to 11 Mar

are distorted in ways that disorientate and confuse,

cheerfully; rhythmically obeying the music. Dreamy

Schinkel Pavillon,

suggesting a mysterious other world where solid ob-

melodies, slightly melancholic lyrics and rousing

Oberwallstraße 1

jects can melt and stagnant objects are in motion. In her

choruses — are all the typical elements of the musi-

Thu to Sat , 12 – 6 pm

signature style, Kwade employs scientific theories and

cal output of the band from Brooklyn. These energetic

Curated by Nicolaus Schaf-

ideas as her starting-point, giving an extra treat for the

boys released their acclaimed debut EP Summertime,

hausen, Isa Genzken’s solo

scientifically intrigued without losing the visceral effect

which is on their new album, Portamento in autumn

exhibition at the Schinkel Pavillion is an homage to

2009. The Drums’ first concert two years ago at the

New York City as Art Metropolis. Genzken returns

Lido was a huge success. Back then it was clear that

from a stint in New York to her stomping grounds in

a very bright star had risen on the music scene. A

Berlin with Hallelujah, a show consisting primarily of

2011-planned reunion tour for their enthusiastic Ger-

sculptural and collage works. With the subtext of the

man fans couldn’t take place. But “better late than

sculptural pieces being presented as mock-ups for ma-

never”, what we missed then, will be made up on 6

jor public sculptures — for which she is well known —

March. The summer will come much earlier this year

the works, in Genzken’s signature style, are strikingly

that her installations often induce.


42   English Translations

to Pitchfork, the singer used the word “I” on his debut

Forever big in

of the heart of

album Thank me later 410 times. Even if it’s musically

Berlin (p. 26)

hipster hedo-

convincing, I don’t really care for the guy, even if the

Interview Frank Spilker,

nism (p. 30)

great Chilly Gonzales was allowed to tinkle the keys

die sterne frontman

The first decade of this cen-

on the Marvin's Room track of this debut album. The

Die Sterne appeared on the

tury rehashed the sounds of

21-year-old Canadian Abel Tesfayer alias The Weeknd

musical scene over twenty

the Eighties in all new forms

is also rather egocentric. You quickly get the mes-

years ago. They were part

and to the very last note.

sage that his life motto is yes to fast sex, drugs and

of the socialization of the

In the middle

Now it’s the Nineties’ turn

self-promotion. And although his lyrics and appea-

German Indie youth like

this decade. This was predictable, but not uninteresting.

rance reveal a certain slipperiness, his rather dark

some never-ending series of Bravo Hits for pop-lovers

The London Witch House label Tri Angle Records just

songs are musically not my thing. Not for nothing

and hobby enthusiasts. Anyone in Germany between

presented acts such Kuedo and oOoOO at the Club Trans-

has his House of Balloons catapulted him to the top

the ages of fifteen and fifty knows songs such as Uni-

medial, which demonstrated just how a mix of slow hip

ten lists of numerous music blogs. So far, Tesfayer

versal Tellewäscher and Was hat dich bloß so ruiniert.

hop beats, reverberant vocals and escapist sci-fi Souls can

has released his albums for free and by himself on

So that young fans don’t have to buy the nine previous

sound. It’s a new, dark sound somewhere between abstract

his website. His third album Echoes of Silence is a

albums or steal old hits from the net in order to have the

pop and electronic. A sound mix I had to get used.

tribute to Michael Jackson and currently available as

comprehensive repertoire, die Sterne have released the

free download. With Nostalia, Ultra Frank Ocean re-

mini-album Für Anfänger on their own label Materie

As for new R&B trends, I’m certainly less open. Not

leased a mix tape, which is somewhere between the

Records just in time for their anniversary. Even Sterne

because I’m a die-hard rhythm and blues fan who

dark sound of Weeknd and Drake. Born Christopher

specialists are likely to be pleased with the selection of

clings to familiar things. Nor is it that only bad songs

Breaux, this American liked his stage name so much

early songs and newly recorded cover versions of their

have come to my attention. It’s more because of the

that he renamed himself Christopher Francis Ocean.

favorite songs. In our interview, frontman Frank Spilker

scene I associate the genre with. When I think of R&B,

His official debut album is expected in the spring of

tells us how they could survive for so long as a German-

I think huge discos, a circle of hysterical girls screa-

this year. He collaborated on it with producer Pharrell

speaking group, why change is important and what his

ming the pseudo-message in Beyoncé’s Single Ladies,

Williams and ranked second in BBC’s Prognose Sound

current book project is all about.

which makes it even more absurd; or on the obvious

of 2012. What’s interesting about Ocean is that he,

dance floor mergers that end up in embarrassing

although he lives the cliché image of the irresistible

How come you founded your own label?

dry sex exercises; and should theory in fact become

womanizer, said, “I believe marriage is not between

The label was founded in 2003 for us to do our own

practice, on a Best of Black Music compilation, which

man and woman, but between love and love”, a state-

projects and to make us more independent. The songs

to the satin-covered bed and within easy reach of the

ment against the scene’s widespread homophobia.

for the mini album were recorded after the last tour

massage oil. You notice that I’ve got to get over a few

Something which Syd tha Kyd is tackling Syd, who not

in 2010. We didn’t know at that time what exactly we

of these nasty prejudices. The new R&B movement

only looks very androgynous and thereby providing

wanted to do with them, but we knew from experi-

from North America got a lot of attention last year

a refreshing counterpoint to the beauty idea of the

ence that there would be demand. No record compa-

with self-produced mix tapes, and is now doing mis-

genre clearly advocates, makes no bones about the

ny would have gotten involved. We would have had

sionary work. Americans Drake and Frank Ocean, and

fact that she likes women. A few years ago that would

to offer them a concrete project to get the recording

the Canadian The Weeknd are representatives of this

have been unthinkable in the scene. So far, the only

financed. We wanted to combine pieces on the album,

new form of R&B. Also, Berliners schwarz dont crack

woman in hip-hop collective, Odd Future, has kept

which would have had to be licensed by various record

demonstrate that the sound has arrived in this coun-

a rather low profile. Syd’s now teamed up with Odd

companies — which no one would do because it’s too

try, and indeed is beyond the mainstream, and into

Future’s producer Matt Martian. The duo is called

much work for little money. We won’t earn much mo-

the very heart of the hipster hedonism. It has nothing

The Internet. Unlike the usual Odd Future tracks, this

ney from the album.

in common with the R&B from the Fifties. The clas-

song conveys a relaxed atmosphere with soulful and

So why did you do it?

sic genre is mixed with experimental electronic

jazzy elements. The newly found duo together black

It's more of a service for people who come to a concert

sounds. And in addition, you’ve got songwriting that

dont crack, consisting of New Yorker Larnes Ahmad

because of the last record or something that they've

has more to offer than a blatant incitement to sexual

and the Berliner Sebastian Kreis have created a sound

heard on the radio, and think “what stuff is that band

intercourse. Reason enough to shake off my encrus-

that is a mixture of R&B and electronic control. “In a

playing; haven’t heard that one before.” You can’t ex-

ted R&B shield and take a look at the next generati-

city like Berlin, where techno is so big, it makes sense

pect them to buy old albums.

on more closely. I already mentioned Drake who, in

to mix R&B with electronic beats. My voice over Se-

Because albums barely make money, some young

comparison to the others, is almost a veteran of the

bastian beats makes the R&B sound. If you just con-

bands tour like crazy. Does it help?

scene. He was Lil Wayne’s protégé and replaced acting

sider the beats alone, it’s not really R&B,” says Ahmad

It’s always been difficult. There was a time when we

with music at one point. Several mix tapes later, and

— thus providing an explanation of why I like the

were doing really well, and indeed, some bands are still

due his remarkable flow, he was signed by Universal.

song All my love so much.

doing very well. But you can’t make up for the decline

Feminine fans have his name tattooed on their fore-

in CD sales by touring because the live market is sa-

heads. The sometimes absurd fan cult around his

turated. Eventually, when no more money’s available,

person should please the singer though. After all, Me,

there’ll be fewer bands and therefore, less diversity.

Myself and I are Drake’s favorite subjects. According

People will simply no longer be able to afford to be


English Translations  43

because music can be easily combined with writing.

musicians.

re we see how you work on the song Convenience Store.

How does one survive two decades as a band? Do you

You denounce our transparent society in the song, while

have any advice for the up and coming?

at the same time you have the camera in your faces

We Mitte Mums

First, you should always thinking about the communi-

non-stop.

(p. 37)

cation. What do you want to say? What is my content?

I think the documentary wouldn’t make sense if we

Children love music, and my

And then you ask the question, how can a career be

didn’t share something private. It’s all about showing

daughter in particular. Unfor-

launched? I think it's important that you start with a

how everything is intertwined, what we write about

tunately, we have a complete-

need to communicate and not need for a career. That’s

and the situation in which we live. So I see nothing to

ly opposite idea of what good

separates the chaff from the wheat. In that way, initial

be ashamed of.

music is; while I like guitar

failures aren’t a deterrent because they’re ultimately

The film also documents the separation from your for-

rock ala Kings of Leon, my

not important. The success is to communicate. To me

mer keyboardist. Since then you've been a trio. Do you

daughter considers the title music from “Bibi and Tina”

it is also important to remain in connection with the

have mixed feelings about the separation?

is the ultimate.

fans, with the people who keep coming to the concerts,

To be honest, no. A lot’s easier now. We were in a place

with those who’ve already become our friends.

where we both blocked each other. This was of course

The only music she’ll accept is Flipper singer Olaf solo

You’ve got a smaller radius because you sing in Ger-

a gradual process, but we’d reached the point where we

album. If this continues, she’ll mutate into a Helen

man. Does that bug you?

couldn’t continue. This is exactly the phase that the

Fischer clone and think those cheesy TV shows with

On the one hand it’ s true that you reach your limita-

film shows.

German folk music is the best entertainment going.

tions earlier, on the other hand of course, there’s the

So if you’re together as a band for long, you have to

But how can I stop my daughter from one day han-

international competition if you work in English or in-

change?

ging up posters of folk singer Florian Silbereisen in

strumentally. I think it just has something to do with

In reality, everyone’s changing all the time. The band

her room? By tying her into a chair and forcing her

your own talent, and what you can do with it. I think

has to absorb or bear the brunt again and again. It’s not

ala Clockwork Orange to listen to Goo by Sonic Youth

it’s always the right decision to focus on what you're

a question of guilt, everyone has their own personality.

for three hours until she loves the album as much as

good at.

You just have to stop and ask if the band’ll continue

I do? Perhaps it would be better to first try the classic

And that’s the lyrics in your case?

to work or not. A band that does not work, is worth

track of re-education, for example, by visiting one of

It’s not that we’re totally focused on the lyrics. But

nothing because then you make boring records. So

the many musical events that are on offer for child-

what we do in total is on a par with international

the separation was very important.

ren at the concert and opera houses around town.

bands. And even lyrically. You don’t have that with

What do you have planned for the future?

This month, one of the shows you can see is Mein

many bands from Germany who sing in English. My

We’ve had some rehearsals and made recordings.

kleiner grüner Kaktus (“My Little Green Cactus — our

American friends always say, it’s very rare to hear good

We’ve oriented ourselves on the band Tame Impala.

translation) at the Komische Oper. The focus here is

lyrics from a German band. I don’t mean mainstream

They make Psycho Rock. We always start somewhere

on songs from the 20’s and 30’s, and includes several

of course, but some songs more developed texts.

and end up somewhere completely else. Starting point

children's songs arrangements that encourage them

There are some people I know who think German music

is that we think about what we don’t have in Germa-

to sing along. The event itself is suitable for ages 4 and

is terrible and hate the Hamburger School, but they like

ny. It often makes sense to look at what a whacked-out

older. On 3 March, the Konzerthaus Berlin is opening

you. Do you have explanation for that?

band on the other side of the world is doing. I’m also

its doors and inviting all children to get to know and

That’s because the term “Hamburg School” is far-fet-

currently writing a book, which will come out at the

try out the organ, called by many the queen of instru-

ched. It’s a marketing term for a scene that comes in

end of the year.

ments. A musical event which could interest even my

very different forms. Tocotronic was always more of

What’s it about?

own musically challenged child is the performance of

a grunge band, and in the beginning, Blumenfeld was

It goes very deep into the unconscious, into early

the children’s classic Peter and the Wolf on 10 March at

more of a 80’s band that rapped. And die Sterne just

childhood conditioning, and how social development

the Philharmonic. Thanks to a CD from my childhood,

made a kind of groovy pop music. These are actually

and one’s own personal story are related. It is semi-

which I recently gave my daughter, her favorite hero

very different musical approaches.

biographical. For me as a first time novelist, it’s easier

is recently no longer Karlsson on the Roof, but Peter.

Which of the young German speaking bands do you

to select scenes from my own past. I hope it’s entertai-

Following the concert, the children and their parents

like?

ning, even if it’s a serious subject.

have the opportunity to try out various instruments

I like Chuckamuck or die Kiesgroup very much. Howe-

What are Die Sterne doing in retirement?

under supervision. But you should absolutely make

ver, a lot of German bands are lowering the standard. If

Actually, it’s only about the question of whether life

sure which instrument your child picks up, otherwise

you look at how some of these bands go about it… It’s

can still be financed by the music. If you’re in a posi-

you might wake up to raucous trumpet hooting for

arrogant to say that it’s not enough for me, but when I

tion like the Rolling Stones, you’re talking millions, no

the next ten years! If your child is basically more a

listen to a new record, I often think: much ado about

matter what you do, so you keep doing it. No matter

doer than a listener, stop by the Klingendes Museum

nothing. Perhaps it’s also an age or generation thing.

how shaky you might look like on stage. Basically, the

where children are allowed to touch and try out all

I really can’t get into Gisbert zu Knyphausen, for ex-

question should be, then, what do you do when it’s no

the exhibits. Or sign up your kids at Kinder machen

ample, yet others love what he does. I just don’t like the

longer going so well. It’s a personal decision. Not an

Oper, an after school programm in which children

metaphorical dissection of his own emotional life.

artistic one. I will not stop having new ideas. I think

put on operas. They must be older than 10 however,

There was just a documentary about you on 3Sat by

it’s great that I was encouraged to write the book. It’s a

and have the time and inclination to attend rehear-

Frank Wierke. Among other things, there’s a scene whe-

challenge. And it's good to have a second creative basis,

sals. And if after various concerts and the operas your


44   English Translations

child’s heart still beats for folk and not rock, there’s

dies come to me immediately, and sometimes, later.

more. That’s the only way I can get the inspiration I

only one thing left: buy earplugs and hope that one

It depends. The text can come from a dream or from

need music. My greatest wish is to go on solo tour. A

day they’ll understand.

a personal experience; there’s no rule. Often I develop

record deal would also be great! It is just wonderful

my songs out of a mood and then its reflected in the

when the whole day revolves around music.

Berlin Faces

song. I never classically write a song by writing down

(p. 38)

the notes. I write down one or two harmonies and

Teresa Woischiski aka

then record the song with my phone so that I can re-

Unicorn by Eric Crusher and Chloe will be released in

Chloe, 27-years-old

member it better. Currently, I’m working on two mu-

May by Edelweiss Music.

Musician

sic projects: on my solo career and on a project with

Music has always played a

Eric Crusher. You can hear our song Unicorn every-

big role in my life. My love

where, and although it’ll only be released in May, it’s

for music really started

in a documentary on the Berlin art scene. In any case,

when I was 18 and going

I think a lot is happening to me, and I finally know

to high school in States. In addition to many other

where I’m going musically: away from the traditional

subjects, I regularly participated in the school choir

singer-songwriter sound to something more elec-

and quickly realized that singing was not only a lot

tronic like Unicorn. Since I’ve lived in Berlin, I’ve been

of fun, but that I also had a very good voice. When I

able to play an incredible number of support concerts

returned to Germany, I just started to make my own

for artists such as Micah P. Hinson who I’m a big fan

music in high school here. First, I tried out all musical

of. That was course naturally really exciting. Flushed

genres and projects in order to find my own style. I

cheeks, racing heart and all the rest. I don’t just make

really only found it when I was in Spain where I also

music. I also work in the music industry. At the mo-

lived for a time after high school. That’s where I also

ment, for Nordic by Nature, which brings Scandinavi-

started to write my own songs. At first I tried to put

an bands to Berlin and promotes them through con-

the melodies in my head into a song using a small,

certs, parties, etc. I'm just not the type of person who

children's keyboard. Sometimes lyrics to the melo-

is completely satisfied working as an artist. I need

Find more at www.facebook.com/chloeberlin.

Mitteschön Verlosung 44   English Translations

Wir lassen euch schön aussehen, wenn ihr mit Musik durch das Leben geht! Wir tanzen zu Musik, wir gehen auf Konzerte, hören sie beim Trainieren und vor allem, wenn wir durch die Stadt laufen oder in der Bahn sitzen. Sie lässt uns in eine andere Welt eintauschen, macht uns emotional oder nachdenklich. Musik gehört zu unserem Leben wie das Mikro zum Sänger. Wir können nicht ohne sie und wollen es auch gar nicht. Zum Glück können wir sie überall hören und zum Glück sehen wir auch immer gut damit aus. Dazu verhelfen gerade die Modelle von Urbanears und die Headphones von Marshall. Die passende Musik habt ihr – für die nötige Optik sorgen wir. Was wäre das Leben ohne Farben? Langweilig. Daher setzt Urbanears auch mit ihren In-Ear Headphones auf Farbe. Wir verlosen das Modell Medis, welches perfekt in der Ohrmuschel sitzt, in der Farbe Sage. So kann beim Sport machen auch wirklich nichts mehr schief gehen. Dem nicht genug: Auch die Major White Headphones von Marshall können bald euch gehören. Das Modell kommt mit einem eingebauten Mikrophon und einer Fernbedienung direkt zu euch nach Haue. Dafür müsst ihr nur eines tun: an der Verlosung teilnehmen, die ab sofort auf www.mitteschoen.com läuft.


Anzeige  45

quelle des lebens

Bei der Berliner Fashion Week geht es bei Weitem nicht nur um Mode und extravagante Trends. Was wäre schon die allseits beliebte Modewoche ohne die Menschen, die ihr Persönlichkeit verleihen und die Hauptstadt in Glanz und Glamour hüllen. Vor Vitalität und Schönheit sprühende, erholte Gesichter, wohin das Auge reicht. Doch was ist das Geheimnis hinter dem blendenden Aussehen trotz all der Strapazen und der obligatorischen langen Nächte des Events? Dem aufmerksamen Beobachter dürfte ein kleines Accessoire in der einen oder anderen Hand der Berliner Prominenz aufgefallen sein, wahrscheinlich eins der wirkungsvollsten Accessoires überhaupt. Die Rede ist von Wasser, bekanntermaßen der Quelle allen Lebens. Genauer gesagt handelt es sich bei dem handlichen Fläschchen um das Vöslauer Mineralwasser, Österreichs Nummer Eins, wenn es um die ursprünglichste aller Erfrischungen geht. Das Vöslauer Mineralwasser, dessen Ursprungsquelle in der niederösterreichischen Thermenregion Bad Vöslau in über 660 Metern Tiefe entspringt, besticht durch seinen ausgewogenen Geschmack und seine Zusammensetzung. Denn, geschützt vor allen Umwelteinflüssen, hat sich das Wasser mit wertvollen Spurenelementen angereichert und revitalisiert den Körper und den Geist auf eine natürliche und sanfte Art. Kein Wunder also, dass viele Trendsetter wortwörtlich „zur Flasche greifen“, um Energie für den pulsierenden Alltag zu tanken. Und wer sich einmal für eine temporäre Flucht aus der rasenden Megapolis entscheidet, findet im Thermalbad Vöslau, das seit 2010 im neuen Glanz erstrahl und auf eine jahrhundertelange Tradition zurückblickt, die perfekte Ruheoase. Hier, umgeben von

wunderschönen Naturlandschaften, entflieht man der Hektik des Alltags. Bäder im reinsten Heil- und Mineralwasser, Spaziergänge im weitläufigen Parkareal, sportliche Aktivitäten, Sauna- und Hamambesuche hauchen den Ruhesuchenden neue Lebensenergie ein und wirken als wohltuender Jungbrunnen. So ist man schnell wieder erholt und für neue Großstadtabenteuer gewappnet.


46   Kolumne

ich singe, weil ich ein lied hab Text Oliver Janik

Illustration Kristina Wedel

„Was ich noch sagen wollte…“ – Hinweise auf Missstände und andere Belanglosigkeiten. Früher – und das ist jetzt wirklich schon sehr lange her – habe ich in einer Band gespielt. Naja, ist ja nicht so, dass das heute kein Mensch mehr macht, sogar das Zustandekommen von Tokio Hotel (wie man das auch immer finden mag) war ja angeblich ein einigermaßen evolutionärer Prozess und weniger ein Urknall nach dem Finale einer Mottoshow oder sonst was. Wenn man sich das mal genauer ansieht, hatten wir sogar so manches gemeinsam, Tokio Hotel und wir: einen bescheuerten Namen (Space 77), einen charismatischen Sänger, der wie fast alle Sänger/Frontmen nicht mehr alle beieinander hatte (wahrscheinlich eine Position wie beim Fußball Linksaußen und Torwart) und wir sahen auch scheiße aus, nur haben wir dafür deutlich weniger lange gebraucht. Der aber vielleicht fundamentalste Unterschied zwischen uns und Tokio Hotel war, dass wir keine Pubertätsphantasien halbwüchsiger Siebtklässlerinnen ausgelöst haben (zumindest ist hier nichts bekannt), und dass wir nicht substanziell über Jugendzentren in Mainzer Vororten (ja, noch nicht mal Mainz-Downtown!) hinausgekommen sind. Aber dafür hatten wir eine Botschaft, waren so eine Art humanistisch-gymnasiale Antwort auf eine Frage, die niemand gestellt hatte. Ein Lied fing so an: „Each day thousands of children die, hungry for food they cry.“ Wirklich. Damals konnte man so etwas auch einfach singen, das war auch ernst gemeint ganz ohne Augenzwinkern, kein Zitat oder Tribute zu sonst wem oder sonst was, das konnte man einfach so machen.Und wir haben das alles auch einfach so gemacht. Wir wollten gar nicht unsere Wut herausschreien (aufs Establishment, die Benzinpreise, das Waldsterben) – Wir waren, glaube ich, gar nicht besonders wütend. Wie auch immer, darum sollte es eigentlich gar nicht gehen, der Text heißt ja: „Ich singe, weil ich ein Lied hab.“ Das habe ich neulich mal irgendwo gelesen, ist glaube ich von Konstantin Wecker. Und das ist nicht nur brillant und unerreicht in seinem Reduktionismus – es ist auch aller Ehren Wert. Denn: Diese so unmittelbare, und im Grunde absolut zwingend erscheinende Kausalität ist so empirisch heute kaum nachweisbar, obwohl sie ja im Idealfall eine conditio sine qua non sein sollte? – also: Ich singe, wenn (im Sinne von sofern) ich ein Lied habe. Wie auch immer, reden wir mal über die traurige Realität in der Post Ära von Space77: ich singe (zum Beispiel), weil ich aus meinem hoffnungslosen sozialen

BrennpunktDasein rauskommen will und meine Peer Group (oder Street Gang) sagt, dass ich voll cool singen kann, gerade so die R’n’B Sachen von Usher oder Rihanna und so. Und das ist im Grunde voll ok, weil das ein Grund ist. Oder: Ich singe, weil ich zwar nicht aus einem sozialen Brennpunkt komme, aber mich so anziehe und auch so spreche, um fehlende Street Credibility zu kompensieren, weil mein Vater Fahrlehrer ist und meine Mutter ein Strickwarenfachgeschäft führt, und ich in einem Eckreihenhaus aufgewachsen bin, seit Jahren abbezahlt. Für all die gibt es ja ein Unzahl an den bereits eingangs erwähnten Urknall-Casting-Formaten, wo sich die unterschiedlichsten Motive, Lebensentwürfe, Träume und Spinnereien zu einer bizarren Kakophonie vereinigen dürfen, nur ungenügend psychologisch betreut durch kaum weniger verhaltensauffällige Mentoren und Scharfrichter , die meistens – zum großen Glück – nicht singen, von Ausnahmen einmal abgesehen. Ich weiß, diese Sau ist schon häufig genug durchs Dorf getrieben worden. Aber nach einer weiteren Staffel von DSDS muss ich feststellen, dass man das a) nicht häufig genug machen kann (das mit der Sau und dem Dorf) und b) so betrachtet Tokio Hotel oder Sunrise Avenue total unterschätzt sind und ich vielleicht bei Saturn an der Kasse nicht mal richtig rot werden würde, wenn sich meine Nichte (15) die neue CD zum Geburtstag wünscht. Obwohl, ein bisschen schon. Vielleicht doch lieber Amazon...?


Stadtplan  47

Legende Kultur/Freizeit

Bars/Cafés/Clubs

Läden

1. Neue Nationalgalerie, Potsdamer Straße 50

8. Café Barini, Böhmische Straße 46

15. Blutwurstmanufaktur, Karl-Marx-Platz 9-11

2. Huxlesy Neue Welt, Hasenheide 107-113

9. Fuchs & Elster, Weserstraße 207

16. Musik Bading, Karl-Marx-Straße 186

3. Postbahnhof, Straße der Pariser Kommune 8

10. Lass uns Freunde bleiben, Choriner Straße 12

17. Thone Negrón, Schröderstraße 13

4. bat Studiotheater der HfS, Belforter Straße 15

11. Manouche, Grimmstraße 23

18. Konk, Kleine Hamburger Straße 15

5. Komische Oper, Behrenstraße 55-57

12. Eka, Dunckerstraße 9

19. Filmgalerie 451, Torstraße 231

6. Konzerthaus Berlin, Gendarmenmarkt

13. Times e.V., Hermannstraße 16

20. Antique & Vintage Jewellery, Linienstraße 44

7. Das Klingende Museum, Zingster Straße 15

14. Südblock, Admiralstraße 1-2



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