MiR.Zeit #2

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MiR.Zeit    Das Magazin des Musiktheater im Revier

Streifzüge

Leiden und Trost Unterwegs

Auf der Jagd nach dem verlorenen Hut Traditionen

Melancholie zum Mitnehmen

Spielzeit 16.17

#2


SPIELPLAN DER FLORENTINER HUT (IL CAPPELLO DI PAGLIA DI FIRENZE) Oper von Nino Rota Premiere Samstag, 19. November 2016, 19.30 Uhr, Großes Haus Weitere Termine 26. November 2016 3., 11., 22., 30. Dezember 2016 5. Januar 2017 | 4., 12. Februar 2017

2. SONNTAGSKONZERT HAYDN IM DIALOG … … MIT STURM UND DRANG Werke von Vanhal, Lebrun, Kraus und Haydn Termin 20. November 2016, 11.00 Uhr, Kleines Haus

DAS MÄDCHEN MIT DEN SCHWEFELHÖLZERN Ballett für Kinder und Jugendliche von Kevin O‘ Day Premiere Samstag, 26. November 2016, 16.00 Uhr, Kleines Haus Weitere Termine 30. November 2016 1., 8., 9., 11., 13., 23., 25. Dez. 2016

MiR GOES GLAM-ROCK: QUEEN FOREVER! Termin 27. November 2016, Großes Haus

SPARKASSENKONZERT FÜR KINDER DER NUSSKNACKER Termin Montag, 28. November 2016, 10.00 und 11.30 Uhr, Kleines Haus

ADVENTSSINGEN Termine 2., 9., 15., 23. Dezember 2016

SCHAF Musiktheater für Kinder von Sophie Kassies Wiederaufnahme Sonntag, 4. Dezember 2016, 16.00 Uhr, Kleines Haus Weitere Termine 6., 7., 14., 15., 18., 20., 21. Dez. 2016 SEITE 2

ANATEVKA (FIDDLER ON THE ROOF) Musical von J. Bock / J. Stein Termine 4., 10., 26. Dez. 2016 14. Januar 2017 | 14. April 2017

4. SINFONIEKONZERT WUNSCHKONZERT Termin Montag, 12. Dezember 2016, 19.30 Uhr, Großes Haus

PROSPEROS INSEL Ballett von Bridget Breiner nach W. Shakespeares „Der Sturm“ Termin 15. Dezember 2016

DER MESSIAS Weihnachtskomödie von Patrick Barlow

5. SINFONIEKONZERT SÜDSTAATEN Termin Montag, 9. Januar 2017, 19.30 Uhr, Großes Haus

KOST.PROBE DIE PASSAGIERIN Termin Donnerstag, 12. Januar 2017, 17.45 Uhr, Großes Haus

PREMIERENFIEBER DIE PASSAGIERIN Termin Donnerstag, 19. Januar 2017, 17.00 Uhr, Großes Haus

ingolf wohnt Musiktheater von Daniel Kötter / Hannes Seidl

Termine 17., 22., 29., 31. Dezember 2016

Termine 20. Januar 2017 19.30 Uhr, Kleines Haus

DIE LUSTIGE WITWE Operette von Franz Lehár

SAVE THE DATE

Premiere Freitag, 16. Dezember 2016, 19.30 Uhr, Großes Haus Weitere Termine 23., 25., 31. Dezember 2016 7., 8.,15., 22. Januar 2017 3., 10., 19., 26. Februar 2017 9., 16. April 2017 21. Mai 2017 | 5. Juni 2017

DIE PASSAGIERIN Oper von Mieczysław Weinberg Premiere 28. Januar 2017, 19.30 Uhr, Großes Haus

Musikbrunch Sonntag, 27. Nov. 2016, 11.00 Uhr, Foyer Großes Haus Kost.Probe Mittwoch, 30. November 2016, 17.45 Uhr, Großes Haus Premierenfieber Mittwoch, 7. Dez. 2016, 17.00 Uhr, Großes Haus NEUJAHRSKONZERT Termin Sonntag, 1. Januar 2017, 20.00 Uhr, Großes Haus

RUß – EINE GESCHICHTE VON ASCHENPUTTEL (WA) Ballett von Bridget Breiner Termine 8., 12., 13. Januar 2017

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EDITORIAL

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freunde des Musiktheater im Revier, seit dem 9. November trägt der Bühnenturm des MiR ein neues Banner: „Die Würde des Menschen ist unantastbar“. Mit diesem Zitat des 1. Artikels des Grundgesetzes möchten wir zum einen erneut Stellung beziehen und zum anderen daran erinnern, dass in unserem freiheitlich demokratischen Land jeder Mensch zu achten und zu schützen ist. Die Ereignisse in Europa, den USA und im Nahen Osten haben sich in den letzten Wochen immer dramatischer entwickelt. Die Willkür staatlicher Organe, rhetorischer Entgleisungen und die Auslegung demokratischer Prinzipien und Spielregeln nach Gusto und „As you like it“-Methode erschüttern immer wieder die Öffentlichkeit. So entsteht ein Gefühl der Unsicherheit und Verwirrung, die krakelende Maulhelden auf den Plan ruft. Lauthals vermitteln sie den Eindruck, sie könnten aus den chaotischen Meinungsbildern, die sie selbst irrlichternd herbeireden, als führende Persönlichkeiten aus den unsicheren Zeiten heraushelfen. Das funktioniert aus deren Sicht nur, indem man die Rechte von Minderheiten oder Fremden einschränkt, und auch unsere Freiheiten Preis gibt. Die unantastbare Würde des Menschen gibt es aber nur in Freiheit und Gleichheit. Wenn Sie mögen, so lesen Sie doch einmal wieder unser Grundgesetz. Wir stellen es Ihnen auf unserer Homepage bereit. Es ist das Manifest einer aufgeklärten, freien und humanistischen Gesellschaft, in der wir noch alle leben dürfen. Wir sollten sie uns nicht nehmen lassen! Um sich zu zerstreuen, sich anregen zu lassen, möchte ich Ihnen das Angebot der nächsten Wochen am MiR ans Herz legen. Die Oper „Der Florentiner Hut“ stammt von dem italienischen Komponisten Nino Rota (19111979), der Ihnen vielleicht schon durch die Filmmusiken zu „La Dolce Vita“ oder „Der Pate“ bekannt ist. Die rasante Komödie dreht sich um eine bürgerliche Hochzeitsgesellschaft und ihre Jagd nach einem verlorengegangenen Strohhut. Zusammen mit den Kostümbildnern Jula Reindell und Andreas Meyer haben wir uns darum selbst einmal auf die Suche nach solch einem „Florentiner Hut“ im Ruhrgebiet gemacht. Am 19. November hat die Oper bei uns im Großen Haus Premiere. Schon eine Woche später, ab dem 26. November, präsentieren wir „Das Mädchen mit den Schwefelhölzern“, einen Ballettabend für Kinder und Jugendliche des amerikanischen Choreografen Kevin O´Day. Wir gehen der Frage nach, was uns an jenem berühmten Märchen, das ja völlig ohne „Happy End“ auskommt, denn so bewegt. Schließlich haben wir mit Gudrun Landgrebe und Thomas Maximilian Held zwei Künstler in Gelsenkirchen zu Gast, die Sie mit Sicherheit aus Funk und Fernsehen kennen. Uns haben Sie verraten, was Sie derzeit gerade lesen oder hören. Und ab dem 16. Dezember wartet dann unsere „Lustige Witwe“ auf Sie und wir schauen einmal, worum es zwischen „Lippen schweigen“ und „Da geh ich ins Maxim“ eigentlich wirklich geht. Der große Operetten-Klassiker von Franz Lehár wird natürlich auch zu Silvester im Großen Haus zu erleben sein und ich lade Sie schon jetzt herzlich ein, diesen besonderen Abend des Jahres mit uns im schönsten Foyer des Reviers zu feiern. Zuvor aber wünsche ich Ihnen und Ihren Familien eine schöne Advents- und Weihnachtszeit und viele leuchtende Momente in Ihrem Musiktheater im Revier! Herzlichst Ihr

Michael Schulz (Generalintendant) TITELMOTIV Ibrahim Yesilay „Der Florentiner Hut“, Foto: Pedro Malinowski

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IMPRESSUM Herausgeber Musiktheater im Revier GmbH, Spielzeit 16.17 | Kennedyplatz | 45881 Gelsenkirchen Redaktion Dramaturgie und Marketing Grafik Axel Golloch | Fotos MiR wie angegeben Anzeigen Sylvia Kolbe, Musiktheater im Revier, Tel.: 0209.4097-243 | Druck Druckhaus WAZ GmbH & Co. Betriebs KG, 45123 Essen | Änderungen vorbehalten

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STREIFZÜGE

Leiden und Trost Von menschlichen Schwächen und von der Hoffnung bei Johann Sebastian Bach, Hans Christian Andersen und David Lang „Nur der verwandte Schmerz entlockt uns die Träne, und jeder weint eigentlich für sich selbst“

R. M. Rilke

Die Produktion für Menschen ab 8 Jahren, die in diesem Jahr im Advent im Kleinen Haus des Theaters zur Aufführung kommt, ist Hans Christian Andersens Märchen „Das kleine Mädchen mit den Schwefelhölzern“. Ein Märchen, das nicht nur eine der bekanntesten, sondern auch eine der berührendsten Geschichten ist, die aus seiner Feder stammen. Wobei „Berührung“ in diesem Zusammenhang eine zwiespältige Empfindung beschreibt. Was eigentlich ist es, was uns an der Geschichte so nah geht? Das kleine Mädchen wird vom eigenen Vater unter Drohungen aus der ohnehin ärmlichen Wohnung gejagt und findet zuhause keinen Rahmen, in dem es Schutz erfährt. Auch auf der Straße scheint sich niemand für das Kind zu interessieren, Mitleid mit ihm zu empfinden oder sich gar verantwortlich zu fühlen. Im Gegenteil: Schutzlos wie es ist, wird es von einem anderen Kind auch noch seiner Holzpantinen beraubt und sucht schließlich barfuß Unterschlupf in einem offenen Hauseingang, wo es im Verlauf der Silvesternacht erfriert. Ein Märchen ohne Happy End. In seinem Standardwerk „Kinder brauchen Märchen“ bricht Bruno Bettelheim eine Lanze für die Bedeutung der Märchen in der Persönlichkeitsentwicklung von Kindern. Er macht dabei jedoch einen Unterschied zwischen den beiden Formen Märchen und Sage. Zu den für ihn wesentlichen Merkmalen in der Unterscheidung zählt Bettelheim die Form der vermittelten Inhalte. Die Sage ruft den Eindruck hervor, das, was erzählt wird, sei absolut einmalig: „Es könnte keinem anderen Menschen zugestoßen und in keinem anderen Rahmen geschehen sein; diese Begebenheiten sind grandios und staunenerregend; ein gewöhnlicher Sterblicher könnte sie nicht erleben.“ Dieser Eindruck entsteht nicht, weil das, was geschieht, wunderbar ist, sondern weil es als wunderbar beschreiben wird. „Die Ereignisse im Märchen dagegen, die häufig ungewöhnlich und höchst unwahrscheinlich sind, werden stets als etwas dargestellt, das jeder bei einem Spaziergang draußen im Wald erleben könnte. Selbst die bemerkenswertesten Begegnungen werden im Märchen auf fast beiläufige, alltägliche Weise geschildert.“ In Bezug auf die Schlüsse von Sage und Märchen stellt er außerdem fest: „Die Sage endet fast immer tragisch, das Märchen geht stets gut aus.“ Und weiter: „‚Der standhafte Zinnsoldat’ und ‚Das kleine Mädchen mit den Schwefelhölzern’ von Hans Christian Andersen

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sind sehr schöne, aber furchtbar traurige Geschichten; sie vermitteln nicht den für den Märchenschluß bezeichnenden Trost.“ Ein Märchen ohne Trost? In der Komposition von David Lang, auf der die MiR - Neuproduktion des Choreografen Kevin O’Day musikalisch basiert, scheint diese Leidensgeschichte des kleinen Mädchens konsequent eingefangen zu sein, verweist doch bereits der Titel von Langs Werks „The little match girl passion“ auf das leidvolle Schicksal des Kindes. Lang bezieht sich in seinem Vorwort zur Komposition neben Andersens literarischer Quelle außerdem auf Johann Sebastian Bachs Matthäus-Passion: „Andersen erzählt das Märchen als eine Art Parabel, in dem er eine religiöse und eine moralische Verbindung zwischen dem Schicksal des kleine Mädchens und Jesus‘ Leidensweg herstellt.“ Eine Parallelität, die eines genaueren Blicks bedarf, erschließt sich der Bezug des Märchens zur Passionsgeschichte trotz offensichtlicher Ähnlichkeiten emotional dennoch nur bedingt. Und David Lang schreibt weiter: „Ich habe mich gefragt, welche Erkenntnisse sich der Geschichte entlocken ließen, würde man ihrer christlichen Intention folgen und ähnlich wie Kirchenmusikkomponisten die Passion Christi vertont haben, ihre Geschichte entfalten.” Die Geschichte des Mädchens als katalytischer Prozess? Und falls ja, was ist damit gemeint? Auch wenn das Mädchen im Kunstmärchen leidet und auch wenn man die Schwere des Leids versteht, sträubt man sich seltsamerweise angesichts der Gleichsetzung mit der Passionsgeschichte. Und genau dieser merkwürdige Widerstand ist es, der, einmal darauf aufmerksam geworden, einen als Hörer auf die manchmal unklaren Motive des „Volks“ z. B. in der Passion Bachs – und damit unserer Motive als Betrachter – hinweist. Ein „Märchen“, das einen in die eigenen Widersprüche hineinführt? Mit den frühesten Passionsberichten versucht die Urchristenheit unter Rückgriff auf bestimmte Glaubenserfahrungen Israels ihren Glauben an die Sinnhaftigkeit des Leidens und Sterbens Jesu auszudrücken und zu rechtfertigen. Interessant dabei ist, dass bereits ab dem 9. Jahrhundert eine musikalische Rezitation der Passion mit verteilten Rollen und wechselnden Lektionstönen (Melodie-

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Francisco de Zurbarán „Agnus Dei“ (1635–1640), Museo del Prado

modellen) des Gregorianischen Chorals belegt ist. Eine Aufteilung, die zwischen Erzähler, den einzelnen handelnden Personen wie Pilatus oder Jesus und Kommentaren der Menge vorgenommen wird. Es gibt andere Untersuchungen, die erste Zeugnisse sogar bereits auf das 5. Jahrhundert datieren. Woher rührt bei den Urchristen dieses Anliegen, sich überhaupt mit den widersprüchlichen Haltungen „der Menge“ oder „des Volkes“ zur Passion zu beschäftigen, – und zwar so sehr, dass daraus das Bedürfnis entstand, diese widersprüchlichen Affekte in der Liturgie des Karfreitagsgottesdienstes musikalisch, man könnte fast sagen – im Diskurs – aufzuarbeiten. Das Kind in Andersens Märchen hat keinen Namen. Wir wissen, es ist kein Einzelschicksal. Es gibt viele Kinder, deren Leben so oder ähnlich verläuft, denkt man an all die Waisen in irgendwelchen Flüchtlingscamps rund um das syrische Kriegsgebiet, die ohne jede Hilfe sind. Das Mädchen mit seinen Schwefelhölzern erscheint als parabelhafte Analogie. Die Frage ist, welche Position wir, "die Menge", in dieser Konstellation einnehmen? Noch einmal zurück zur Passion Johann Sebastians Bachs: Emil Platen macht im Zusammenhang mit der Matthäuspassion einen Vergleich auf: „Der Unschuld des Gottessohnes steht die Schuld des Menschen gegenüber. Der Heiland ist aus Liebe bereit, die Strafe, die der Mensch für seine Sünden zu gegenwärtigen hat, auf sich zu nehmen. Die Sühne ist die Passion, das Leiden, der Tod am Kreuz. Durch diese Wechsel der Verantwortlichkeit wird der Mensch frei von den Banden seiner Sünden. Die Freude über seine Erlösung ist aber zugleich durchsetzt mit Trauer über die Leiden des Erlösers.“ Geht es also nach wie vor so streng und moralisch um die Frage von Schuld? Und wenn ja, worin besteht Schuld genau? In seiner psychoanalytischen Analyse der Matthäus-Passion vergleicht Mathias Hirsch Johann Sebastians Bachs Werk mit einem Beziehungsdrama, in dem „Schicksale von Liebe, von Versagen in ihr, aber auch von Verlassen-Werden und damit der Entstehung von Schuld in Beziehungen und ihrer Milderung oder Verarbeitung durch Reue und Versöhnung behandelt werden.“ Er belegt anhand verschiedener Theorien, welche Identifikationsmodelle für den Zuhörer

mit der Passion entstehen und in welche wechselvolle affektive Beziehung daher der Hörer mit dem Geschehen eintreten kann. „Leiden ist unvermeidlich, wir alle werden immer wieder allein gelassen und lassen allein, jeder Mensch ist unschuldig und schuldig zugleich. Und wie das Leben unbegreiflich, ist es auch sein unvermeidliches Ende: der Tod.“ In den verschiedenen Positionen, die wir zum Geschehen – sei es die Passion Jesu oder die Passion des Mädchens – einnehmen, liegt der kathartische Effekt, den das musikalische Werk in uns auslöst: Mal identifizieren wir uns mit denen, die sich über das Leid empören, mal identifizieren wir uns mit dem Opfer als einem von allen Verlassenen, mal identifizieren wir uns mit denjenigen, die „Schuld“ am Leid des Opfers sind, erleichtert darüber, dass es nicht uns, sondern einen anderen trifft. Dann weinen wir mit einem „verwandten Schmerz“ mit, wie Rainer Maria Rilke sagt. Dass dieser Schmerz uns selbst meint, liegt nahe. Leiden und Trost. Ein Märchen, in dem wir also trotzdem Trost finden können? „Sie [die Matthäus-Passion] ist entschieden ambivalent, in dem sie einerseits eine Musik des Schmerzes ist und andererseits aber auch eine große Liebeserklärung darstellt: Eine Liebeserklärung Gottes an die Menschen und eine mitleidvolle Liebeserklärung der Menschen an den leidenden Gottessohn.“ (Iris Herman). Selbst wenn wir nicht in diese Art Beziehung mit Gott treten möchten, so steckt die Idee des Versöhntseins mit dem Leben, mit dem Menschlichen an sich ebenso in Andersens Märchen wie in der Komposition David Langs: vom Leiden über die Fähigkeit des Mitfühlens (mithin zur Empathie) zur Hoffnung. Dann bleibt am Ende der Gedanke des Märchens als Liebeserklärung und vielleicht eben dieser Hoffnung und diesen Trosts. Gabriele Wiesmüller DAS MÄDCHEN MIT DEN SCHWEFELHÖLZERN Ballett für Kinder und Jugendliche von Kevin O‘Day ab 26. November 2016

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UNTERWEGS

Foto: MiR

Auf der Jagd nach dem verlorenen Hut Auf der Suche mit Jula Reindell und Andreas Meyer nach dem perfekten „Florentiner Hut“

Fotos: Pedro Malinowski Andreas Meyer, Jula Reindell und Ulrike Strelow mit der Florentiner Weizenstrohplatte Um es gleich vorweg zu sagen: das Pferd hat den Hut gefressen. Aber was hilft es? Der Hut von Madame Beaupertuis ist futsch und Monsieur Fadinard als Pferdehalter muss den Schaden ersetzen. Ein neuer Florentiner Hut sollte doch ein Kinderspiel sein, denkt Fadinard – und täuscht sich gewaltig. Denn die Suche nach dem Hut wird zu einer der turbulentesten komischen Opern, die man je auf der Bühne erlebt hat. „Il cappello di paglia di Firenze“ vom italienischen Komponisten Nino Rota (1911-1979), nach einer französischen Komödie von Eugène Labiche, ist italienische Opera buffa in Reinkultur. Aber was ist denn eigentlich ein „Florentiner Hut“? Wir wollen es genau wissen. Und so mache ich mich gemeinsam mit Kostümbildnerin Jula Reindell und Andreas Meyer, Leiter der Kostümabteilung im Musiktheater, auf zu drei Hutgeschäften im Revier, um aus erster Hand alles über den Florentiner Hut zu erfahren. Hier beginnen auch gleich die Hindernisse. Es finden sich nicht mehr viele Fachhändler in der Umgebung, die uns Auskunft geben könnten. Wer etwa bei „Hilde Freymann Hüte“ in Essen-Borbeck anruft, erfährt: „ Das Geschäft existiert nicht“. Beim Spezialisten direkt vor Ort, „Hüte Hirnstein“, hat der Räumungsverkauf begonnen. Das Revier als Welt der Mützen und Kappen – aber Hüte? Und so wie Fadinard kreuz und quer durch Paris eilt, rasen wir durch die Metropole Ruhr.

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Unser erstes Ziel an diesem Vormittag ist die Hutmanufaktur Ulrike Strelow am Rüttenscheider Markt in Essen. Im Atelier hinter dem Verkaufsraum empfängt uns die Inhaberin, und sie weiß genau Bescheid. Bekannt ist der Florentiner Hut zwar durch seine Form, entscheidend aber sei das Material, so erfahren wir. Der Hut ist aus Weizenstroh, kein Wunder, dass er dem Pferd so geschmeckt hat. Die sogenannte Borte,

ein dünner Strang aus geflochtenen Halmen, wird zu einer runden Platte aufgerollt und mit Baumwollfäden aneinandergenäht, alles in Handarbeit. Eine solche noch ungeformte Weizenstrohplatte zeigt uns nun Ulrike Strelow. Der Florentiner, wir ahnten es schon, kommt aus Italien, aus den alten Familienmanufakturen. Heute wird er kaum noch hergestellt, zu aufwändig ist das Verfahren, zu gering die Nachfrage. Man muss schon wissen, wo noch alte Bestände aufzutreiben sind. Der Florentiner, im 19. Jahrhundert groß en vogue, ist heute ein historischer Hut. Auch ist das Weizenstroh keineswegs so elastisch wie Sisal, ein Material, das heute aus Südamerika und Asien kommt. Der Florentiner ist ein typischer Sommerhut, zur hohen Wölbung und breiten Krempe kommt der charakteristische Blumenschmuck. Übrigens nicht zwingend oben auf der Krempe: Jula Reindell zeigt ein Foto vom 90. Geburtstag der Queen, auf dem Prinzessin Kate die Blume unterhalb der Krempe eines sehr schräg aufgesetzten weißen Hutes trägt. Wie eine Laterne hängt die Blüte über ihrem Kopf. Überhaupt: Kate! Die Herzogin von Cambridge hat sich binnen kürzester Zeit zu einer Hut-Ikone entwickelt. Seit Kate auf der Bildfläche erschien, erleben Hüte eine Renaissance, erzählt uns Ulrike Strelow. Wir testen die von Jula Reindell mitgebrachten Blumen an einem der Strohhüte vor Ort. Aber auf welcher Seite sitzt der Blumenschmuck? Ulrike Strelow klärt uns auf:

Theatermodistin Dagmar Zerres und Assistentin Nina Albrecht

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Foto: Benedikt Ernst

Was liest Du da?

Die Blume gehört nach rechts, weil die Dame rechts vom Herrn geht. Entsprechend sitzt die Hutschleife des Herrn links. Eine Tradition, die sich aus der Zeit hinübergerettet hat, als Herren noch Degen trugen. Aber zurück zum Hier und Heute. Was trägt man heute auf dem Kopf? Die Mode ist lässiger geworden, erfahren wir, aber in Rüttenscheid wird durchaus auch Extravagantes nachgefragt. Gerade für festliche Anlässe, sagt Ulrike Strelow, ist ausgefallene Hutmode ausdrücklich erwünscht. Sie selbst hat ein Faible für die Mode der 20er Jahre, das zeigen die vielen wunderschönen und sehr individuell geformten Topfhüte im Verkaufsraum. Wir verabschieden uns und eilen auf dem Ruhrschnellweg weiter auf der Suche nach dem perfekten Florentiner Hut. An unserer nächsten Station sind wir offenbar völlig falsch. „Hans Theo Langenbach Hutmoden“ in Bochum ist ein stolzes Traditionsgeschäft, das spürt man schon beim Eintreten. Aber unser Thema findet hier keinen Anklang. Ein Florentiner Hut ist keiner vorrätig, schließlich wird der Hut heute nicht mehr getragen. Sowieso ist die Saison für Strohhüte vorüber, wir kommen zu spät. Ob wir etwas über den Florentiner Hut erfahren können? Wir werden freundlich auf das Internet verwiesen. Schnell sind wir also wieder auf der A 40 und fühlen Monsieur Fadinard nach: So eine Suche nach einem Florentiner Hut kann ganz schön frustrierend und anstrengend sein.

Ähnlich erschöpft wie Fadinard und nach vielen Kilometern Wegstrecke kehrt der Suchtrupp zurück ins Musiktheater. Jetzt muss Theatermodistin Dagmar Zerres ran. Ihr obliegt die Aufgabe, zusammen mit Kostümbildnerin Jula Reindell den Hut so zu gestalten, dass er Anke Sieloff als Madame Beaupertuis wie angegossen passt. Übrigens: Der titelgebende Hut ist in der Oper immer nur ganz kurz zu sehen, obwohl es sich sogar um zwei identische Hüte handelt. Der eine geht gleich zu Beginn kaputt, und sein Verlust löst eine echte Katastrophe aus. Der zweite befindet sich den ganzen Abend über unentdeckt in einer Hutschachtel und kommt erst am Schluss im Happy End zu seinem vollen Recht. Umso perfekter soll der Hut sein, der Gegenstand für eine so turbulente Komödie wird. Stephan Steinmetz DER FLORENTINER HUT (IL CAPPELLO DI PAGLIA DI FIRENZE) Oper von Nino Rota ab 19. November 2016

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Foto: MiR

Nächste Station: Gelsenkirchen, Ahrstraße, „Hüte Hirnstein“, der Fachhändler vor Ort. Elsbeth Sagenschneider und ihre Mitarbeiterin empfangen uns herzlich, das Musiktheater ist hier immer wieder guter Kunde, wenn‘s um Hüte geht. Entscheidend am Florentiner Hut, erklärt uns Elsbeth Sagenschneider, ist die breite Krempe. Sie kann gar nicht breit genug sein, denn sie verschafft der Dame Aufmerksamkeit. Ein Band schließt am äußeren Ende die Krempe ab. Der Florentiner Hut erfreute sich in den 1950er und 60er Jahren noch einmal großer Beliebtheit. Egal ob im Café auf der Via Veneto oder an der Rennbahn von Ascot, ohne den Florentiner ging es nicht. Zwar nicht direkt Florenz, aber doch das mondäne Mailand war Zentrum des italienischen „cappello di paglia“. Sophia Loren

etwa bedeckte ihr Haupt gerne mit einem solchen, riesigen Hut, obwohl, oder gerade weil sie doch sonst für ihre unbedeckten Körperstellen berühmt war. Zum 100-jährigen Jubiläum von Hüte Hirnstein 2013 befand sich ein solcher Hut als viel bewundertes Dekorationsstück im Laden. Die Dimension der Krempe muss natürlich im Verhältnis zur Silhouette der Dame darunter stehen, und an diesem Punkt wird der Hut ganz individuell, denn er soll elegant, leicht und sommerlich wirken. „Wir hören auf“, steht bei Hirnstein am Schaufenster. Nach 103 Jahren schließt das Geschäft endgültig. Drei Jahre Großbaustelle direkt vor der Tür waren einfach zu viel. Dass die Geschäfte in der Ahrstraße neuerdings langsam wieder hinter den Bauzäunen auftauchen, kommt zu spät. Wieder geht ein Stück Stadtkultur dahin. Aber noch gibt es bei Hirnstein wunderbare Stücke, denen das „Florentiner“-Team kaum widerstehen kann. Kostümdirektor Andreas Meyer kauft die letzten Homburger à la Konrad Adenauer und mich zieht es zum klassischen Panama-Hut, immerhin auch ein Strohhut.

Ab dem 17. Dezember ist Schauspieler Thomas M. Held erstmals Teil der erfolgreichen Weihnachtskomödie „Der Messias“.

Foto: Nadja Klier

Elsbeth Sagenschneider und Jula Reindell bei „Hüte Hirnstein“

„Momentan liege ich in den letzten Zügen mit ‚I am death‘, dem aktuellen Band einer sechsteiligen Reihe unglaublich spannender und brutaler Psychothriller von Chris Carter um den Ermittler Robert Hunter. Wenn ich einen Thriller von Chris Carter mit ins Bett nehme, verriegle ich erst einmal alle Fenster und Türen – ich wohne auf einem abgelegenen Bauernhof in der Eifel – und stehe zwischendurch immer wieder auf, um zu kontrollieren, ob noch alles sicher verschlossen ist.“

Was hörst Du da? „In Vorbereitung auf meinen gemeinsamen Abend „Parceque je t’aime“ mit Christa Platzer höre ich zurzeit häufig den Chanson ‚Göttingen‘ von Barbara, ein zutiefst berührendes und versöhnliches Lied. Barbaras Chansons, die mich seit meiner Jugend begleiten, handeln, wie auch die Erzählungen von Irene Nemirovsky, von Liebe, Einsamkeit, vom Suchen und Finden und Auseinandergehen. Was ich noch höre? Vor nicht allzu langer Zeit habe ich die junge Geigerin Elizaveta Fedyukova ¸entdeckt´. Sie hat mich derart begeistert, dass ich unbedingt mit ihr auftreten wollte. Mit einem wunderschönen Musikprogramm wird sie mit mir bei meiner Lesung von Anton Tschechows ‚Die Dame mit dem Hündchen‘ auf der Bühne stehen.“ Die Schauspielerin Gudrun Landgrebe gestaltet am 15. und 29. Januar im Kleinen Haus gemeinsam mit Christa Platzer die Musikalische Lesung „Parceque je t’aime“.

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TRADITIONEN

Melancholie zum Mitnehmen Ein junges Instrument mit einer alten Seele – das Akkordeon

Im sterilen Teflon-Sound synthetischer Musikproduktion mutet das Akkordeon seltsam anachronistisch an: Jeder Ton, den dieses Instrument erzeugt, ist flankiert von einer Polyphonie von Nebengeräuschen: Das keuchende Atmen des Blasebalgs, das Schnarren der metallenen Stimmlippen – man kann und soll sie hören, die Arbeit dieser Musik-Maschine. Mögen Klangpuristen auch verächtlich die Nase darüber rümpfen, ist es doch genau dieser ewige Flirt zwischen Ton und Geräusch, der dem Akkordeon seinen charakteristisch wehmütigen Ausdruck verleiht. Überall auf der Welt erzählt das Instrument Geschichten von Melancholie und vom Fremdsein, von Heim- und Fernweh. Weder die Volksmusik des europäischen Raums, die Shanty-Lieder der Seeleute, der Tango Argentino in den Milongas von Buenos Aires oder die jüdische Klezmer-Tradition wären ohne das Akkordeon und seine musikalischen Verwandten denkbar. Dabei hat die Familie der Aerophone so viele Sprösslinge, dass man als Laie leicht den Überblick verlieren kann. Einen „Akkordeon-Königsweg“ gibt es bis heute nicht, stattdessen eine Vielzahl gleichberechtigt nebeneinander existierender Systeme mit unterschiedlich angeordneten Knöpfen, Tasten oder einer Kombination aus beidem, die für die individuellen Ausdrucksbedürfnisse einer jeweiligen Musikkultur nutzbar gemacht wurde. Die handliche Konzertina und das Bandoneon, dessen Blasebalg noch immer die Glut lateinamerikanischer Musik entfacht, sind ihrer Konstruktion nach zwar wie das Akkordeon „Handzuginstrumente mit freischwingenden Metallzungen“, dabei jedoch lediglich so etwas wie die kleinen Cousins des Clans. Ebenso vielfältig wie die baulichen Ausformungen sind die liebevollen Namen, in denen sich der volkstümliche Ursprung des klingenden Blasebalgs zeigt: Quetschkommode, Zerr wanst, Schifferklavier, Fliegenpresse, Schweineorgel … keine dieser Bezeichnungen lässt Bilder von glänzenden Fräcken und glitzernden Konzertsälen vor dem inneren Auge entstehen. Tatsächlich gibt es wenige klassische Komponisten, die das Akkordeon ihrer musikalischen Ausdruckspalette hinzugefügt haben. Edvard Grieg, der das Instrument aus der norwegischen Volksmusik kannte, bekundete gar, der Klang erinnere ihn an ein „heiseres Schwein“. Doch war es wirklich dieser eigenwillige Sound, der die Schöpfer der Hochkultur verstört die Feder vor dem Notenpapier innehalten ließ – ein snobistischer Widerwille gegen die Musik der einfachen Leute? Ein weniger sozialromantischer Erklärungsansatz für den Mangel an klassischer Akkordeonliteratur liegt in der relativ jungen Geschichte der „Handorgel“, die mit der Industrialisierung

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beginnt. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts experimentierten Instrumentenbauer im deutsch-österreichischen Raum unabhängig voneinander mit dem Prinzip durchschlagender Zungen, deren Konstruktion an die Mundorgeln des frühchristlichen Chinas angelehnt war. Der Wiener Zyril Demian meldete 1829 ein Patent an, das „die Gestalt eines kleinen Kästchens mit einem Blasebalge“ hatte und „Accordeon“ heißen sollte: „Es können auf demselben Märsche, Arien, Melodien etc. selbst von einem Nichtkenner der Musik nach kurzer Übung die lieblichsten angenehmsten (…) Accorde gespielt werden“, pries Demian seine Erfindung, die durch ihre preisgünstige Bauweise in hoher Auflage hergestellt werden konnte. Im sächsischen Klingenthal, einer Hochburg deutscher Akkordeonmanufaktur, wurden im Jahr 1860 über 210.000 davon Stück produziert. Jedermann im vogtländischen Raum kannte die „Bälgeweibl“, die die Instrumente in Heimarbeit montierten und die schwere Last auf ihrem Rücken kilometerweit zu den Fabriken trugen. Ihre Kunden waren Auswanderer, Pilger und Seeleute, die der robuste Musikkasten auf ihren Reisen begleitete, Priester, die sich keine Kirchenorgel leisten konnten und fahrende Musikanten, denen das transportable Einmannorchester neue klangliche Ausdrucksmöglichkeiten bot. Viele hoffnungsvolle Europäer, die im fernen Amerika endlich auf die Sonnenseite der Industrialisierung zu gelangen hofften, brachten das Akkordeon gemeinsam mit ihren Liedern und ihrem Heimweh in die Neue Welt. Hier trafen sie auf neues Elend, neue Verzweiflung, auf Frauenmangel und Einsamkeit. Den Sorgen der Einheimischen schenkte das Instrument der Neuankömmlinge die Stimme der Sehnsucht. Heute würzen Liedermacher wie Tom Waits oder Bruce Springsteen ihre Musik mit dem traurigen Klang des knarzenden Seelenkastens. Vielleicht wird es Zeit, in den Keller zu gehen, sich das Akkordeon umzuschnallen, und sich ihr hinzugeben, der Melancholie zum Mitnehmen. Anna Grundmeier RUß – EINE GESCHICHTE VON ASCHENPUTTEL (WA) Ballett von Bridget Breiner 8., 12., 13. Januar 2017 ANATEVKA (FIDDLER ON THE ROOF) Musical von J. Bock / J. Stein 4., 10., 26. Dez. 2016 | 14. Januar 2017 | 14. April 2017

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DIE GENIALE STELLE

Ein genialer Ort Das Archiv des Musiktheaters Dieses Mal möchten wir Ihnen als „Geniale Stelle“ einen ganz besonderen Ort im Musiktheater im Revier vorstellen. Wenn nämlich Abend für Abend die Zuschauer durch die Treppenhäuser im Großen Haus wandeln, dann wissen nur ganz Wenige, dass sich hinter zwei unscheinbaren schwarzen Türen die Räumlichkeiten verbergen, in denen das MiR sein Archivgut aufbewahrt. Ganz ehrenamtlich kümmert sich Ellen Stramplat um das Erhaltenswerte im MiR. Geboren in Gelsenkirchen, verlebte sie ihre Kindheit und Jugend in Dresden, ging dann für einige Zeit nach England und kehrte schließlich ins Ruhrgebiet zurück. Zuletzt hat die gelernte Fotografin und Fremdsprachenkorrespondentin in verschiedenen Industriekonzernen an Rhein und Ruhr als Vorstandsassistentin gearbeitet. Ihre Liebe aber gehört seit jeher der Literatur, der Musik, der Kunst und natürlich dem Theater. Dem Gelsenkirchener Opernhaus ist sie also seit Langem verbunden und als Generalintendant Michael Schulz sie seinerzeit bat, das Archiv zu betreuen, hat sie sich sogleich an die Arbeit gemacht. Viele Wochen hat sie im Musiktheater verbracht und unzählige Programmhefte, Besetzungen, Fotos und Plakate gesichtet, sortiert und katalogisiert. Fast das gesamte Schriftgut ist in der Folge dann an das Stadtarchiv Gelsenkirchen gegangen, alle Fotos an das Theatermuseum nach Düsseldorf. Plakate, Tonträger und einige wichtige Dokumente lagern noch heute im Archiv des MiR. Und wenn wir im Musiktheater ein Foto aus der Entstehungszeit unseres schönen Hauses suchen oder zum Beispiel gefragt werden, wann denn so große Sängerinnen wie Beverly Sills, Grace Bumbry oder Anja Harteros zuletzt im MiR auf der Bühne gestanden haben, oder was es denn eigentlich mit den Kunstwerken in der U-BahnHaltestelle „Musiktheater“ so auf sich hat, dann weiß Ellen Stramplat mit Sicherheit die Antwort.

MEIN LIEBLINGSORT IM REVIER

„Zwischenort“ zum Relaxen

Hinter der beeindruckenden Glasfassade des MiR Gelsenkirchen verbergen sich zahlreiche kleine, persönliche Winkel und Ecken. Einer davon, der Lichthof, ist der Lieblingsort von Schauspieler Michael Zier. Foto: Pedro Malinowski

„Jeder Schauspieler bereitet sich auf seine ganz eigene Weise auf einen Auftritt vor. Für mich sind neben dem Aufwärmen und dem Anlegen des Kostüms eine Tasse Kaffee und ein paar entspannte Augenblicke im Innenhof schon fast zum Ritual geworden. Es herrscht gesellige Pausenstimmung, man unterhält sich, raucht eine Zigarette und nimmt sich eine kurze Auszeit. Ich verfolge dann das Geschehen, genieße die Unterhaltungen mit den Technikmitarbeitern oder lehne mich zurück und relaxe. Besonders an den kühlen Morgen vor den Vormittagsvorstellungen fängt der Hof eine außergewöhnliche Atmosphäre ein. Fünfzehn Minuten Freiheit wäre zu viel gesagt, denn frei bin ich vor allem auf der Bühne. Dennoch: zumindest ein Ort, der frei macht, um danach in der Rolle das Beste aus sich rauszuholen.“

SCHAF (WA) Musiktheater für Kinder von Sophie Kassies ab 4. Dezember 2016

KARTENTELEFON 0209.4097-200

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SEITENBÜHNE

Die Hör.Oper-Besucher ertasten „Norma“ 15.16.

Fotos: Pedro Malinowski

Sinnesreise hinter die Kulissen

Die Hör.Oper 16.17 – Audiodeskription für Blinde und Sehbehinderte – hat begonnen! Für die Teilnehmer der Hör.Oper beginnt der Abend früh, aber dafür öffnen sich ihnen Türen, die Besuchern sonst verschlossen bleiben. Zwei Stunden bevor sich der Vorhang zu „Anatevka“ hebt, versammeln sich die blinden und sehbehinderten Teilnehmer der HörOper im Foyer, um auf eine exakt auf ihre Bedürfnisse zugeschnittene „Sinnesreise“ zu gehen. Noch bevor die Darsteller ihre Kostüme anlegen, können die HörOper-Besucher im Foyer einzelne Kostüme ertasten: Wie fühlt sich der Stoff an, wie ist die Silhouette der Figuren beschaffen, aus welchen Teilen setzt sich das Kostüm zusammen? Farbe und Funktion der Kostüme werden dabei verbal beschrieben. Mit diesem Wissen geht es direkt ins Herz des Theaters, mitten auf die Bühne. Die Besuchergruppe der Hör.Oper kann die Dimensionen des Raumes abgehen und Bühnenelemente (be)greifen. Den Laternenmasten in der Mitte der Bühne, die einzelnen Häuser und das Schlafzimmer von Milchmann Tevje und seiner Frau Golde. Besonderer Höhepunkt bei „Anatevka“ ist Tevjes Wagen voller Milchkannen, die alle unterschiedlich groß und schwer sind. Gleich nebenan steht der Heuwagen, hier kann das Stroh ertastet werden. Danach führt der Weg zur Werkeinführung zurück ins Foyer. Hier gibt es nun

bis zum Beginn der Vorstellung ausreichend Zeit, um in aller Ruhe noch ein Getränk oder einen Imbiss zu nehmen. Insgesamt 30 blinden und sehbehinderten Besuchern stehen zu ausgewählten Vorstellungen Plätze zur Verfügung, an denen über eine Sendeanlage und Kopfhörer die Audiodeskription zum Stück empfangen werden kann. Live beschreiben die speziell geschulten Audiodeskriptoren das Bühnengeschehen parallel zur Aufführung, ohne dabei das Musikerlebnis zu beinträchtigen. Der Text der Audiodeskription wird in langer Vorbereitung von einem Team aus Blinden und Sehenden eigens entwickelt. Die Hör.Oper am Musiktheater im Revier ist in Zusammenarbeit mit dem Blinden- und Sehbehindertenverein Gelsenkirchen (BSVGE) in ihrer Programmvielfalt ein in Deutschland einmaliges Angebot an Barrierefreiheit!

HÖR.OPER die nächsten Termine: 26. Dezember 2016 „Anatevka“ 22. Januar 2017, 26. Februar 2017 „Die lustige Witwe“

ublikum! Jugendkon o sich der er Theaterp w n , e m h u t* z c d ir e ta k s S n e en Probenpha Liebes Gels ße aus der verboten lder heißen in rü e G d chönsten a e a r h e c g li H er z ndet. Im s demie fi a n e k e b a r rd o m e h u w C ri , er un d r ato zer tchor d aus Dor tm eihnachtso th W ie r d s e f z h u c n a a o B K r it evier, dem 9.Dezembe Konzer t m sind, usik am 1 äuser im R h M !) r t( e r lt e a z wie wir es n k o r c e g tü n S ler K ä h re n a h en B-A wunderb n , s o m ac h echte BV e ic rr s ri n n ve wir dieses e e w lk a gen! Auch et Breiners s au f S c h Bühne brin ir zu Bridg vier-Derby w e R n n llett e ie d w , r e fü it dem Ba n ah m s m u n A o e ti meist nur a in r e e p Koo r un d ehr gerne nkirchene e nsere tolle u ls , e l“ G wir doch s e s m e In ierung n jed speros ren Inszen W ir könne a . n rb e Ballett „Pro e is d n re u rw f eine ans MiR B e such de u e n un s a u n e e fr in d im Revier, e n r u e n n e enkirche s Her z leg Nicht-Gels ur s e h r a n n r e in re B t Dezember! von Bridge Dernière im re a rb e d n wu issenden r die Nichtw onzer tcho r k d fü n , e d g n u u J Ihr or tm edaktion: D * A nm . d . R

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WORUM GEHT ES WIRKLICH? Foto: Pedro Malinowski

Die lustige Witwe Worum geht es? Die reiche Bankierswitwe Hanna Glawari und der Lebemann Graf Danilo waren einst ein Liebespaar, bis ein Erbonkel Danilo die Hochzeit mit der damals noch mittellosen Hanna verbot. Auf einem Botschaftsball in Paris begegnen sich die beiden erneut. Während Hanna und Danilo halbherzig schwören, sich nie wieder aufeinander einzulassen, haben die anderen Ballgäste schon längst ihre Finger nach der Mitgift der „Lustigen Witwe“ ausgestreckt…

Worum geht es wirklich? Hanna Glawari ist keine Operettenheldin wie jede andere: Selbstbewusst und schlagfertig hält sie sich die Männer vom Leib, die es nur auf ihr Geld abgesehen haben. Und auch der verliebte Danilo muss schmoren, bevor Hanna ihn schließlich erhört. 1905 entstanden, huldigt Franz Lehárs „Die lustige Witwe“ ( übrigens ebenso wie Richard Strauss im selben Jahr entstandene „Salome“!) einem neuen Frauenideal – und das so temporeich, augenzwinkernd und hintersinnig, dass das Textbuch und die Musik bis heute Maßstäbe setzen.

Warum hingehen? Vom „Weibermarsch“ bis zum Duett „Lippen schweigen“ – wie jede gute Operette enthält „Die lustige Witwe“ eine Fülle berühmter Nummern, die man sich unbedingt einmal live anhören sollte. Doch auch über diese Evergreens hinaus ist Lehárs Musik mitreißend und berührend. In der Gelsenkirchener Inszenierung von Regisseurin Sandra Wissmann (u.a. „Der Zauberer von Oz“, „Cabaret“, „Die Comedian Harmonists“) walzen in diesem Ensemblestück unter anderem die beiden Publikumslieblinge Anke Sieloff und Michael Dahmen als Hanna und Danilo ins Happy End.

Anke Sieloff

DIE LUSTIGE WITWE Operette von Franz Lehár ab 16. Dezember 2016

Das ist ja wie Weihnachten und Ostern zusammen! MiR-Weihnachtspakete 2016

MiR unterwegs Die Ensemblemitglieder des Musiktheaters im Revier singen natürlich nicht nur im schönsten Opernhaus im Revier sondern manchmal auch außerhalb des Ruhrgebiets. Bariton Urban Malmberg etwa ist kürzlich im Staatstheater Wiesbaden als Barak in der „Frau ohne Schatten“ von Richard Strauss zu erleben gewesen. Christa Platzer gastiert derzeit am Tiroler Landestheater Innsbruck. Noch bis Januar 2017 interpretiert sie dort die Rolle der Karrierefrau in der Revue „Heisse Zeiten“. Mezzosopranistin Almuth Herbst, singt bis Februar 2017 noch insgesamt acht Vorstellungen als Hata in „Die verkauft Braut“ an der Staatsoper Hannover. Valtteri Rauhalammi ist im November an der Estonian National Opera in Tallin zu Gast. Der Erste Kapellmeister des MiR dirigiert dort Charles Gounods „Faust“. Und in der „Norma“-Inszenierung von Elisabeth Stöppler, die nach Gelsenkirchen nun im Staatstheater Mainz zu sehen ist, singt der koreanische Bass Dong Won Seo wieder den Oroveso.

Zur diesjährigen Weihnachtszeit erleichtert Ihnen das MiR die Suche nach dem passenden Geschenk. Mit den MiR-Weihnachtspaketen sind Sie auf der sicheren Seite: Wir bieten Abwechslung, Flexibilität und Spannung in einem. Buchen Sie jetzt drei große Opernabende oder drei himmlische Ballettaufführungen, wählen Sie jeweils zwischen zwei Terminen und zahlen Sie einen Sonderpreis. Buchbar sind die Weihnachtspakete bis zum 8. Januar 2017. Für das Große Haus werden die Plätze in der Preisgruppe 2 angeboten. Alle Karten sind vom Umtausch ausgeschlossen.

PAKET: OPER

PAKET: BALLETT

DER FLORENTINER HUT Donnerstag, 5. Januar 2017 oder Samstag, 4. Februar 2017

HAMLET (Kleines Haus) Samstag, 18. Februar 2017 oder Sonntag, 26. Februar 2017

DIE PASSAGIERIN Donnerstag, 2. März 2017 oder Freitag, 17. März 2017

THE VITAL UNREST Samstag, 1. April 2017 oder Samstag, 6. Mai 2017

DON GIOVANNI Sonntag, 14. Mai 2017 oder Samstag, 20. Mai 2017

DER REST IST TANZ. (Kleines Haus) Samstag, 27. Mai 2017 oder Sonntag, 4. Juni 2017

Preis insgesamt: 90,- €

Preis insgesamt: 69,- €

KARTENTELEFON 0209.4097-200

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AUS DEM SEELENLEBEN EINER PATIENTIN

„SO BEKAM ICH FESTE, DRITTE ZÄHNE AN EINEM TAG!“

Angst vor der Behandlung, Terminstress im Beruf, Schuldgefühle wegen der eigenen schlechten Zähne – es gibt viele Gründe, NICHT zum Zahnarzt zu gehen. Und irgendwann ist dann die Verzweiflung größer als die Aussicht auf schöne, neue Zähne. Für Menschen mit großen Problemen gibt es jetzt eine ideale Lösung: Feste, dritte Zähne an nur einem Tag! Auguste Magdalena Mußmann, Patientin der Praxisklinik Dr. Schlotmann in Dorsten, erzählt, wie sie zu ihrem neuen Lächeln kam. Feste, dritte Zähne an einem Tag – wie haben Sie von dieser Möglichkeit erfahren? Von dieser neuen Methode habe ich in einem Zeitungsinserat gelesen. Da wurde auch darauf hingewiesen, dass man sich für einen kostenlosen Infoabend anmelden kann. Hatten Sie schon vorher etwas von der neuen Methode gehört?

Ja, es gab dazu schon einige Artikel in Zeitungen und Zeitschriften – auch im Internet konnte ich mich über dieses Verfahren informieren. Wussten Sie sofort, dass ein solches Angebot auch die Lösung ihrer Probleme sein könnte? Wenn ich ehrlich bin: Nein, nicht sofort. Aber ich hatte es gehofft ... Wie haben Sie den richtigen Zahnarzt gefunden? Ich bin dann zu einem der monatlich stattfindenden Infoabende in die Praxisklinik Dr. Schlotmann gegangen. Und dabei hat es bei mir „klick“ gemacht... Wie hat Sie die Praxisklinik Dr. Schlotmann überzeugt? Der Infoabend war sehr umfassend und auf den Punkt. Alle Informationen wurden so aufbereitet, dass sie für Patienten verständlich und hilfreich waren. Endgültig überzeugt war ich nach einem persönlichen Beratungstermin. Besonders gefallen hat

mir der fast schon familiäre Umgang mit den Patienten. Hatten Sie Angst vor der OP? Nein, aber große Bedenken wegen persönlicher Überempfindlichkeiten bei zahlreichen Medikamenten und sogar bei einigen Narkosemitteln. Doch dank der perfekten Vorbereitung durch das gesamte Praxisteam und die Narkoseärzte hatte ich volles Vertrauen. Ich bin immer noch begeistert über den sehr liebevollen Umgang mit den Patienten. Wie ist der OP-Tag gelaufen? Genau so wie besprochen und damit sehr gut. Ich hatte immer das Gefühl, dass ich persönlich hier wichtig bin und alles getan wird, dass am Ende alles gut wird. Wie zufrieden sind Sie mit Ihren neuen Zähnen? Sehr, sehr, sehr. Sie sehen nicht nur total natürlich aus,

es sitzt auch alles perfekt. Durch meine neuen Zähne habe ich neues Essgefühl und viele mehr Lebensqualität. Können Sie diese Methode „Feste, dritte Zähne an einem Tag“ weiterempfehlen? Auf jeden Fall – und das aus vollem Herzen! Und die Praxisklinik Dr. Schlotmann ist wirklich die erste Adresse für eine solche Behandlung. Das perfekte Zusammenspiel von Zahnärzten, Implantologen, Zahntechnikern und dem gesamten Praxisteam zahlt sich aus. Schauen Sie sich meine Zähne an...

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