Stuttgarter Nachrichten D

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Büro für Zeitungsdesign

32 ¿17 · Stuttgart und Region

Ein wenig Hoffnung für Kachelmann

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¿15 · Stuttgart und Region

Knapp drei Stunden nach dem Überfall auf die Volksbank in Filderstadt-Bonlanden haben am Montagnachmittag auf einem Parkplatz in Tübingen die Handschellen geklickt. Der mutmaßliche Täter hatte Beute und Tatwaffe noch bei sich.

Von wegen sozialer Kahlschlag: Die Bundesregierung beginnt erst mit dem Sparen. Richtig heftig wird es vom kommenden Jahr an. Die jetzige Sparrunde von Schwarz-Gelb bietet darauf nur einen kleinen Vorgeschmack.

In einem keineswegs kuscheligen Märchenland spielt das Bilderbuch „Jakob“. Zwei Filmstudenten haben einen Comic über den Tod geschrieben, über die Suche nach dem Allerwichtigsten.

Von Claudia Lepping Berliner Redaktion BERLIN/STUTTGART. Die Bundesregierung hat das größte Sparpaket in der bundesdeutschen Geschichte beschlossen. Bis 2014 sollen ungefähr 80 Milliarden Euro eingespart werden – deutlich mehr als erwartet. Die größten Einschnitte kommen auf Arbeitslose und den öffentlichen Dienst zu. Auch auf die Wirtschaft kommen Belastungen zu. „Es sind ernste Zeiten, es sind schwierige Zeiten“, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Montag in Berlin. Sie bezeichnete das Sparpaket als „einmaligen Kraftakt“. Von den drastischen Einschnitten ist der Sozialbereich besonders betroffen. Eine höhere Mehrwert- und Einkommensteuer schlossen Union und FDP aus. Die Koalition will die Bundeswehr im großen Stil umstrukturieren. Merkel kündigte eine „großangelegte Streitkräftereform“ an. Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) wurde beauftragt, bis Anfang September zu prüfen, wie die Bundeswehr von derzeit 250 000 Soldaten um 40 000 Soldaten verkleinert werden kann. Bei den Sozialleistungen will die Regierung besonders kräftig sparen. Zuschläge für Arbeitslose werden gestrichen. Bei Hartz-IVEmpfängern will der Staat die Beiträge zur Rentenversicherung einsparen. Dies soll etwa zwei Milliarden Euro im Jahr bringen. Die Rentenhöhe will Schwarz-Gelb aber nicht ändern. Das Elterngeld wird insgesamt moderat gekürzt, für Hartz-IV-Empfänger komplett gestrichen. Der Höchstbetrag von maximal 1800 Euro im Monat wird nicht angetastet.

Foto: dpa

¿23 · Sport

Löws WM-Puzzle und der Wackelkandidat Klose Vor dem WM-Auftaktspiel der deutschen Nationalmannschaft gegen Australien am Sonntag forciert Bundestrainer Joachim Löw den Kampf um die elf Plätze in der Startformation. Einer der Wackelkandidaten ist Miroslav Klose (Foto).

¿28 · Verbraucher Zu jung zur Altersvorsorge? Dass die Rente möglicherweise nicht reicht, hat sich bei den meisten jungen Leuten herumgesprochen. Was sie dagegen tun können, wissen sie allerdings nicht. Wir geben Tipps.

¿6 · Landesnachrichten

ESSEN (ddp). Das Ringen um eine Zukunft der insolventen Kaufhauskette Karstadt ist beendet. Der Finanzinvestor Nicolas Berggruen wird neuer Eigentümer. Der Gläubigerausschuss habe „mit deutlicher Mehrheit beschlossen“, dass umgehend ein Kaufvertrag mit zwei Berggruen-Gesellschaften geschlossen werden soll, sagte Insolvenzverwalter Klaus Hubert Görg am Montag. Damit erhielt der Favorit von Verdi den Zuschlag. Die Dienstleistungsgewerkschaft sprach von einer „vernünftigen Entscheidung“. Damit ist auch eine Zerschlagung des Konzerns vom Tisch. Vor fast genau einem Jahr war der Insolvenzantrag gestellt worden. Berggruen kündigte an, er wolle „Karstadt wieder auf Kurs“bringen. ¿ Wirtschaft Seite 9

¿19 · Ein Stier sieht rot Er ist erst zwölf Jahre alt – und tötet mit einem Hieb schon einen 400 Kilo schweren Stier. Michel Lagravere aus Mexiko ist damit der weltweit jüngste Torero.

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Ihre Meinung bitte! Deutschland muss sparen – was halten Sie von den schwarz-gelben Plänen? www.stuttgarter-nachrichten.de/meinung

Euro Stoxx 50 Euro

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Stadt räumt Missverhältnis bei Gebühr für Freiluft-Gastronomie ein

1,1973 Dollar – 1,93 Cent

Von Andrea Jenewein

¿18 · Wetter Mittags 25˚ Nachts 16˚ Vormittags freundlich, später Schauer

Foto: Fotolia

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Sie sorgen sich um die Zukunft, um die Entwicklung am Arbeitsmarkt, die wirtschaftliche Stabilität im Land, die Kaufkraft des Euro? Dann sorgen Sie sich bitte weiter. Lassen Sie sich von keinem Menschen einreden, dass alles gut wird. Denn das, was wir Deutsche unseren europäischen Nachbarn voraushaben, ist unsere Fähigkeit, uns zu sorgen. Beim Sorgenmachen macht uns keiner was vor, hat die Gesellschaft für Konsumforschung in Nürnberg herausgefunden. Es kommt auf jeden an, deshalb: Tragen Sie dafür Sorge, dass wir auch morgen noch sorgenvoll in die Zukunft blicken können. (hör)

Der Platz an der Sonne kann teuer werden

¿10 · Börse

2529,97 Pkt. – 23,62 Pkt.

Allerdings werden künftig nur 65 statt 67 Prozent des Nettoeinkommens als Berechnungsgrundlage genommen. Beim Bund sollen bis einschließlich 2014 bis zu 15 000 Stellen dauerhaft abgebaut werden. Zudem sollen die Bundesbeamten 2011 auf die geplante Erhöhung des Weihnachtsgeldes verzichten. Dies bedeute eine Kürzung der Bezüge um 2,5 Prozent. Die Koalition will auch die Wirtschaft zur Kasse bitten. Die Atomkonzerne Eon, RWE, Vattenfall und EnBW müssen künftig eine neue Brennelementesteuer von jährlich 2,3 Milliarden Euro zahlen. Damit soll ein Teil der Zusatzgewinne der Konzerne bei längeren Atomlaufzeiten abgeschöpft werden. Im Luftverkehr plant die Bundesregierung eine neue Abgabe. Sie soll für alle Passagiere erhoben werden, die von einem deutschen Flughafen starten. Die Koalition will auch die Banken weiter belasten. Spätestens 2012 soll eine neue Abgabe kommen, falls es zuvor in Europa und weltweit keine Lösung gibt. Merkel hält den Sparkurs für alternativlos. FDP-Chef Guido Westerwelle sagte, vor Deutschland liege eine große Kraftanstrengung. „Wir haben in den letzten Jahren auch über unsere Verhältnisse gelebt.“ Er räumte ein: „80 Milliarden Euro sparen Sie auch nicht mit der Nagelschere.“ SPD, Linke und Gewerkschaften kündigten Widerstand an. An diesem Samstag sei in Stuttgart der Auftakt zu bundesweiten Demonstrationen geplant, kündigte die baden-württembergische Verdi-Landeschefin Leni Breymaier am Montag in Stuttgart an. ¿ Tagesthema ¿ Seite 2 und 3 ¿ Kultur Seite 13

Foto: AP

Die Entführung und Ermordung der Heidenheimer Bankiersfrau Maria Bögerl sorgt für Rätsel: Wieso scheiterte die Übergabe des Lösegelds?

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STUTTGART. Obwohl die Gebühren gestiegen sind, beantragen weiterhin viele Wirte Freiluft-Konzessionen. Die Gebühren sind je nach Lage der Lokalität gestaffelt – ein System, das Fragen aufwirft. Für viele Wirte ist es mittlerweile überlebenswichtig, Plätze an der Sonne bieten zu können. Die Sondernutzungsgebühren sind je nach Lage der Lokalität gestaffelt, sie hängen von der Wertigkeit des Straßenraums ab. Die Gebühren wurden zum Januar angehoben. Bereits in den 1960er Jahren wurde Stuttgart in vier Klassen kategorisiert: 1, 2, 3 und S – wobei 1 die billigste, S die teuerste ist. Zwischen 2,10 und 4,80 Euro pro Quadratmeter beanspruchter Straßenfläche muss der Wirt monatlich zahlen.

Zur Kategorie 1 zählen etwa Anliegerstraßen, zu S Fußgängerzonen. Diese Kategorisierungen werfen mitunter Fragen auf: Warum etwa zählt der Rupert-Mayer-Platz unter der Paulinenbrücke zur Kategorie S? Was macht den Österreichischen Platz so attraktiv, dass er in die zweitteuerste Kategorie fällt? Matthias Oberdorfer vom Stuttgarter Tiefbauamt räumt ein, dass die Straßen nur stichprobenartig überprüft und gegebenenfalls angepasst würden. „Da kann schon mal was verrutschen“, sagt er. Eine neue Entwicklung ist, dass immer mehr Wirte beantragen, sogar im Winterhalbjahr Tische und Stühle rausstellen zu dürfen. Die Gebühren für die Winterkonzessionen sind die gleichen wie im Sommer. ¿ Stuttgart und Region Seite 15

In der Region erobern Frauen die Rathausspitze. Bis zur Gleichstellung ist es aber ein weiter Weg: Von den 179 Städten und Gemeinden werden zehn von Frauen regiert. Der Politikwissenschaftler Oscar Gabriel sieht die Mehrfachbelastung der Frauen als Ursache: Sie kandidieren nur selten. Von Annette Mohl STUTTGART. Statistisch wird der Anteil der Frauen in Bürgermeistersesseln beim Gemeindetag erst seit der Gemeindereform 1975 erhoben. Damals gab es im ganzen Land aber noch keine einzige Frau in diesem Amt. Das änderte sich erst 1990, als Beate Weber in Heidelberg an die Rathausspitze gewählt wurde. Die Sozialdemokratin wirkte 16 Jahre in der Unistadt, trat für eine dritte Amtszeit aber nicht mehr an. „Seit 1990 wurden in Baden-Württemberg 48 Oberbürgermeisterinnen und Bürgermeisterinnen gewählt, 40 von ihnen sind noch im Amt“, weiß Gemeindetag-Sprecher Harald Burkhart. Dennoch stellen die Frauen bei 1101 selbstständigen Städten und Gemeinden im Land einen nur kleinen Prozentsatz der Stadt- und Gemeindeoberhäupter.

Tagesthema

Kürzen in der Not Die Einschnitte der Bundesregierung sind nötig, aber sozial unausgewogen Von Wolfgang Molitor Sparen ist die richtige Mitte zwischen Geiz und Verschwendung. Das hat Theodor Heuss, der erste Bundespräsident, gesagt. Vor einem halben Jahrhundert. Sein Wort hat Bestand. Die Bundesregierung versucht verzweifelt, danach zu handeln. Wobei man genauer formulieren sollte: Denn die Kanzlerin spart ja nicht vom Überfluss – sie kürzt in der Not.

Als erste Rathauschefin einer kleineren Gemeinde im Land wurde 1992 Birgit Kriegel in Löwenstein (Kreis Heilbronn) gewählt. Sie schlug bei der Wahl einen kommunalpolitischen Platzhirsch, überstand aber nur eine Amtszeit und wurde nicht wiedergewählt. Auch in Tübingen konnte sich 1998 eine Frau durchsetzen, 2006 musste sich Brigitte Russ-Scherer aber Boris Palmer geschlagen geben. Dienstälteste Bürgermeisterin im Land ist damit Isolde Schäfer in Stühlingen im Südschwarzwald. Sie wurde im Oktober 2009 mit 53 Prozent in die dritte Amtszeit gewählt. Das wünscht sich nun auch Monika Chef, die dienstälteste Bürgermeisterin in der Region. Die FDP-Frau steht seit 16 Jahren an der Spitze der 4000-Einwohner-Gemeinde Gemmrigheim im Kreis Ludwigsburg. Am 28. Februar ist Wahltag. Bis zum 1. Februar um 18 Uhr läuft die Bewerbungsfrist, erst dann ist geklärt, wer es mit der 51-Jährigen aufnehmen will. Lucia Herrmanns zweite Amtszeit läuft im nächsten Jahr ab. Sie managt seit 1995 die Gemeinde Lichtenwald im Schurwald mit 2500 Einwohnern. Die erste Amtszeit war für sie kein Zuckerschlecken: „Es gibt Leute, die nur darauf warten, dass ich Fehler mache“, sagte sie fünf Jahre nach ihrer ersten Wahl. Damals war sie noch überzeugt: „Frauen haben es in diesem Amt besonders schwer.“ Nun hat sich das Blatt gewendet: „Seit meiner Wiederwahl 2003 sitze ich deutlich fester im Sattel.“ Sie kann sich zurücklehnen: „Frauenspezifisch gibt es jetzt keine Probleme mehr.“ Eines weiß sie aber genau: „Frauen müssen im Wahlkampf klar etwas zu ihrem Kin-

Natürlich melden sich jetzt all diejenigen laut jammernd zu Wort, denen von dem genommen wird, an das sie sich gewöhnt haben – und dabei allzu leicht von dem Gewohnten einen Anspruch ableiten. Doch auch politische Plattitüden sind wirtschaftliche Notwendigkeiten. Wenn die Kanzlerin jetzt schmallippig darauf verweist, dass man sich in ernsten Zeiten eben nicht alles leisten könne, was man sich wünsche, wird man ihr nicht widersprechen können. Auch die Frage, ob wir in den vergangenen Jahren über unsere Verhältnisse gelebt haben, ist müßig. Man sollte auch sie präzisieren. Hat uns die Politik denn nicht vorgegaukelt, für alles und immer mehr sei Geld genug da? Hat die FDP nicht bis vor wenigen Wochen noch so getan, als sei Raum für Steuersenkungen in zweistelliger Milliardenhöhe? Muss sich die Politik nicht über alle Parteigrenzen hinweg heute zu Recht vorwerfen lassen, den Ausgabenwünschen von hier und dort (denn die und nicht die Einnahmen sind ja das Problem) allzu schnell und oft vorauseilend nachgegeben zu haben? Nein, es ist vor allem der Staat, der über seine Verhältnisse gelebt hat – die Bürger haben es, wen wundert’s, gern mitgenommen. Es geht nicht darum, ob der Staat, hoch verschuldet, sparen muss oder nicht. Ob der einmalige Kraftakt, wie Merkel ihn nennt, nötig oder unnötig ist. Wir alle wissen, dass der brutale Tritt auf die Sparbremse unausweichlich war. Und dass es längst nicht mehr darum gehen darf, den Rotstift immer nur bei den anderen anzusetzen.

derwunsch sagen.“ Die Leute hätten „viel zu viel Respekt“ selbst zu fragen, wollten aber wissen, wer die Geschäfte führt, wenn die Bürgermeisterin schwanger wird. Sie selbst habe deshalb alle wissen lassen: „Wir wünschen uns Kinder, können aber keine bekommen.“ Diese Offenheit hat ihr nach ihrer eigenen Einschätzung zum Wahlsieg verholfen. So hat Lucia Herrmann in diesem Sinn auch Verena Grötzinger beraten, die sich 2008 in Owen, ebenfalls Kreis Esslingen, bewarb. Und Grötzinger, die damals noch Verena Wiedmann hieß, hatte von einem wohlwollenden Owener gehört: „Sie haben zwei Probleme – Sie sind eine Frau und Sie sind nicht verheiratet.“ Tatsächlich sei sie dann „auf offener Bühne“ gefragt worden, was passiert, wenn sie schwanger werde. „Bei mir wurde, anders als bei den männlichen Bewerbern, aber auch gefragt, warum ich glaube, für dieses Amt qualifiziert zu sein.“ Ihre Antworten konnten die Owener aber offensichtlich überzeugen: Verena Grötzinger wurde gegen zwei männliche Konkurenten mit 64 Prozent gewählt. Ein Grund war sicher ihr klares Bekenntnis zur ihrem Amt – trotz Kinderwunsch. „Ich habe klargestellt, dass dann mein Mann zu Hause bleibt.“ Sie sieht an der Spitze einer kleinen Verwaltung selbst auch keine Möglichkeit zu pausieren. Das sei in den größeren Städten mit Wahlbeamten an der Seite der Oberbürgermeisterin anders. „In einem großen Rathaus hat man viel fachliche Qualität und ein Hauptamt hinter sich.“ Sie sei in Owen aber „Generalistin“. Im gesamten Rathaus sind nur sechs Vollzeitkräfte tätig.

Jetzt, 13 Monate im Amt, sieht sich Grötzinger mit „sehr positiven Rückmeldungen“ konfrontiert. Oft werde ihre Sachkompetenz gerühmt, freut sich die 31-Jährige. Ein Lied davon singen, wie Bewerberinnen fürs Bürgermeisteramt am Kinderwunsch beurteilt werden, kann auch Irmtraud Wiedersatz aus Burgstetten (Rems-MurrKreis). Als das zweite Kind unterwegs war, habe der Stellvertreter der Bürgermeisterin schon gelauert, sagt Verena Grötzinger. Monika Chef (damals noch Monika Tummescheit) erntete offene Kritik aus dem Gemeinderat, als sie 14 Wochen in den Mutterschutz ging. Ulrike Binninger (damals Ulrike Mau) aus Nufringen (Kreis Böblingen) nahm den Kritikern dagegen früh den Wind für weitere Fragen aus den Segeln: „Ich bin konfessionslos und will keine Kinder.“ Dass das Amt keine Auszeit erlaubt, findet wie Verena Grötzinger auch Lucia Herrmann. Über den Tübinger OB, der angekündigt hat, im Herbst einige Monate Elternzeit zu nehmen, sagt sie: „Auch Boris Palmer

wird nicht abstinent vom Rathaus bleiben und nur noch das Baby wickeln.“ Es werde auch ihm in einer größeren Stadt nicht möglich sein, die Drähte komplett zu kappen. „Als Bürgermeister hat man nie frei.“ „Das klassische Dilemma der Mehrfachbelastung“ sieht Oscar Gabriel (62), Professor für Politikwissenschaft an der Universität Stuttgart, als Hauptursache, dass sich Frauen selten für Spitzenpositionen bewerben. „Wenn Frauen kandidieren, haben sie gute Chancen, gewählt zu werden“, weiß Gabriel. Doch viele schreckten zurück vor dem Spagat zwischen Kindererziehung, Haushalt, Rathauschefin und Daueransprechpartnerin für jeden in der Gemeinde. Frauen seien in den Parlamenten und Parteivorständen durchaus auf dem Vormarsch, so Gabriel. Auf dem Weg in Spitzenpositionen gebe es aber ein Nadelöhr. Auch weltweit seien Frauen deshalb als Regierungschefin, Parlamentspräsidentin oder Parteivorsitzende noch die Ausnahme. Dies liege nach wie vor einfach „an der Verfügbarkeit der Zeit“. Um sich das Bürgermeisterinnen-Leben leichter zu machen, treffen sich die Amtsinhaberinnen einmal im Jahr im September für ein Wochenende an wechselnden Orten. 2009 war es in Laupheim (Kreis Biberach). Dort wurde Bürgermeisterin Monika Sitter im Dezember aber abgewählt. „Gut 20 Kolleginnen waren da“, sagt Lucia Herr-

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Räuber im Hausflur STUTTGART. Ein Unbekannter hat eine 64-Jährige im Hausflur eines Wohngebäudes an der Kronenstraße in der Innenstadt überfallen und deren Handtasche erbeutet. Der Räuber hatte die Frau am Montag gegen 17 Uhr offenbar auf ihrem Heimweg verfolgt. Der Täter ist etwa 20 Jahre alt und mit 1,55 Metern auffallend klein. Hinweise an 07 11 / 89 90 - 55 44.

Explosion beim Schweißen KORNWESTHEIM. Ein 38-Jähriger ist bei Arbeiten mit einem Schneidbrenner lebensgefährlich verletzt worden. Offenbar hatte sich unter einer 2,5 Tonnen schweren Eisenplatte Gas gesammelt, das beim Einsatz des Schweißgeräts explodierte. Der Arbeiter wurde von Teilen des Metalls am Kopf getroffen.

SCHORNDORF. Ein Unbekannter hat am Montagabend einen großen Eisbrocken von einer Brücke bei Schorndorf-Haubersbronn auf einen Zug der Wieslauftalbahn geworfen. Der Brocken verfehlte die Scheibe der Fahrgastkabine knapp. Schaden: rund 2000 Euro.

Seit 1995 Bürgermeisterin in Lichtenwald mit 2500 Einwohnern im Kreis Esslingen. Zu Lichtenwald zählen die Ortsteile Thomashardt und Hegenlohe. Lucia Herrmann gehört der CDU an. Sie ist Diplom-Verwaltungswirtin, Betriebswirtin und verheiratet.

Auf frischer Tat ertappt URBACH. Polizisten haben am Montag an einer Tankstelle in Urbach (Rems-MurrKreis) zwei Automatenaufbrecher ertappt. Ein Beschäftigter hatte bemerkt, dass die Tür eines Kassenautomaten der Waschstraße offen stand. Er rief die Polizei. Einer der beiden 25-Jährigen ist einschlägig vorbestraft.

Unbekannte Tote Seit 2004 Oberbürgermeisterin in der Großen Kreisstadt Kirchheim unter Teck mit 39 800 Einwohnern. Matt-Heidecker gehört der SPD an und sitzt im Regionalparlament. Sie ist Juristin/Rechtsanwältin von Beruf, ist verheiratet und hat zwei Kinder.

81,6 Milliarden Euro bis 2014: Das ist ein Wort. Warten wir ab, ob SchwarzGelb genug Zeit bekommt, es zu halten.

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Ursula Kreutel (44)

Seit 2006 Bürgermeisterin in der Gemeinde Weissach mit 7700 Einwohnern im Landkreis Böblingen. Die erfolgreiche Diskuswerferin (Teilnehmerin an der EM und WM) ist Diplom-Verwaltungswirtin. Sie ist parteilos und ledig. Kreutel hat eine Tochter.

Ursula Keck (46) Seit 2007 Oberbürgermeisterin der Großen Kreisstadt Kornwestheim mit 31 061 Einwohnern im Landkreis Ludwigsburg. Ursula Keck gehört keiner Partei an. Sie ist von Beruf Diplom-Verwaltungswirtin. Keck ist verheiratet. Sie hat keine Kinder.

spritzt werden. Soll ein Laser die Fältchen Vor 20 Jahren ging man zum Hautarzt, verschwinden lassen, ist für das ganze Geum Warzen loszuwerden oder einen Aus- sicht eine Behandlung für 2500 Euro fällig (Skin-Resurfacing); die Behandlung mit eischlag. Das ist immer noch so – doch nem fraktionierten CO2-Laser kostet ca. 500 inzwischen verhelfen Dermatologen Euro, zwei bis drei Sitzungen sind nötig. dank High-Tech-Methoden zu einem Altersflecken: Gegen kleine Pigmentflecken perfekten Teint und einer ästhetischen oder Muttermale sowie Blutschwämmchen Gesamterscheinung. Vorausgesetzt, man im Gesicht wird ein Laser eingesetzt. Koskann und will sich das leisten. tenpunkt für das Entfernen ca. 100 Euro pro

Von Andrea Weller Die Fotos von Stars und Sternchen in den einschlägigen Hochglanzmagazinen machen oft ein bisschen neidisch: Wie kann man nur einen solchen Schneewittchenteint haben? Das flächenmäßig größte, schwerste und von seinen Funktionen her vielseitigste menschliche Organ ist einerseits zwar unglaublich strapazierfähig. Andererseits ist das Wunderwerk Haut mit einer Gesamtfläche von bis zu zwei Quadratmetern aber auch störanfällig durch den normalen Alterungsprozess, durch Erkrankungen oder äußere Einflüsse – und kann dann sehr unansehnlich werden. Der Wunsch nach makelloser Pfirsichhaut ist indessen groß wie nie. Viele Hautarztpraxen und Hautkliniken haben schon lange diesen Trend erkannt und kurieren nicht nur, sondern verschönern auch ihre Patienten. Der Stuttgarter Hautarzt Dr. Heiko Grimme, Mitglied im Berufsverband Deutscher Dermatologen, schätzt, dass die Leistungen im Bereich der ästhetischen Dermatologie in den Praxen mittlerweile bis zu 40 Prozent ausmachen können. „Begonnen hat diese Entwicklung mit dem Siegeszug des Lasers“, erläutert Grimme, „man hat immer neue Anwendungen gefunden.“ Dr. Ralf Merkert, Erster Oberarzt an der Klinik für Ästhetische Chirurgie, Phlebologie und Dermatologie an der Hautklinik Bad Cannstatt, bestätigt, dass die Nachfrage der Patienten vor allem nach nichtinvasiven Möglichkeiten zur Verschönerung „massiv zugenommen“ habe. Auch wenn diese sanften Therapiemethoden ohne Skalpell auskommen, sollte man sich aber nur in die Hände von Ärzten mit entsprechender Zusatzausbildung begeben. Mittlerweile gibt es für (fast) jedes Hautproblem mindestens eine Lösung. Besonders nachgefragt, so Grimme, seien Haaroder Altersfleckenentfernung, die Behandlung störender Äderchen im Gesicht (Couperose) oder an den Beinen (Besenreiser) und das Faltenglätten. Wermutstropfen: Wer schön sein will, muss alles selbst bezahlen – und da können schnell einige Hundert Euro zusammenkommen. Das Ergebnis hält nicht ewig, die Behandlungen müssen nach einer gewissen Zeit wiederholt werden. Hier einige Beispiele mit Durchschnittswerten (die variieren können) zu den Kosten:

Homöopathie immer beliebter

mann. Die Hausherrin stellt dann jeweils interessante Einrichtungen oder Firmen ihrer Stadt vor, im gemütlichen Teil wird dann schon einmal die Zusammenarbeit mit (männlichen) Kollegen oder dem Gemeinderat diskutiert. Ganz offensichtlich haben es Oberbürgermeisterinnen zumindest in der Anfangsphase leichter. Ursula Keck aus Kornwestheim fühlt sich nicht anders behandelt als männliche Kollegen. Wenn es überhaupt Unterschiede gebe, dann durch eine andersartige Kommunikation der Frauen: „Wir legen einfach mehr Wert auf ein gutes Klima eine gute Gesprächsatmosphäre.“ Gute Ergebnisse seien oft auch das Produkt von Sensibilität.

Lucia-Maria Herrmann (47)

Angelika Matt-Heidecker (56)

Das Leistungsspektrum bei Hautärzten ist riesengroß geworden: Falten glätten, Haare, Altersflecken oder Besenreiser entfernen

Die langfristigen Folgen einer fettreichen Ernährung sind ein erhöhtes Risiko von Fettleibigkeit, Diabetes und Herzkrankheiten. Fettes Essen könnte sich aber auch kurzfristig bereits schädlich auf die Gesundheit auswirken, schließen britische Forscher aus Tierversuchen. Nahrung mit hohem Fettgehalt schwächte die körperliche Ausdauer von Ratten schon nach fünf Tagen und beeinträchtigte gleichzeitig ihre Gedächtnisleistung. Weitere Untersuchungen sollen nun zeigen, inwieweit diese Resultate auf den Menschen übertragbar sind, schreiben die Wissenschaftler im „FASEB Journal“. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass bereits eine kurzzeitige fettreiche Ernährung Genaktivitäten, Stoffwechsel und körperliche Leistung stark beeinflussen kann“, sagt Kieran Clarke, Leiter der Forschergruppe an der Oxford University. Die Wissenschaftler führten Versuche mit Ratten durch, die zunächst eine Standardnahrung mit einem sehr geringen Fettgehalt von 7,5 Prozent erhielten. Durch Tests im Laufrad ermittelten sie die Ausdauer der Nager, mit Labyrinthversuchen deren Gedächtnisleistung. Die Hälfte der Ratten wurde dann auf eine Ernährungsweise umgestellt, bei der 55 Prozent der Kalorien als Fett vorlagen. Auf den Menschen übertragen, entspräche das etwa der Umstellung eines Müsli-Essers auf Fast-Food-Kost. Schon am fünften Tag nach der Umstellung sank die Ausdauer der Tiere im Laufrad verglichen mit der Kontrollgruppe um rund 30 Prozent und nahm bis zum neunten Tag noch weiter ab. Auch das Gedächtnis verschlechterte sich durch die fettreiche Nahrung in diesem Zeitraum, wie die höheren Fehlerquoten im Labyrinth zeigten. Weitere Untersuchungen ergaben, dass der Ernährungswechsel die Effizienz der Energieerzeugung in den Muskeln verringerte. Als Reaktion darauf vergrößerte sich bei den Tieren das Herz, um den erhöhten Sauerstoffbedarf decken zu können. (wsa)

Anschlag mit Eisbrocken

Ja, es trifft auch Banken, Fluglinien, Atomkraftbetreiber, Energiekonzerne und Staatsbedienstete. Ein einmaliger Kraftakt braucht eben auch eine einmalige Solidarität. Ebenso wenig wie Hartz-IV-Empfänger aber ins Bodenlose fallen werden, hätte Schwarz-Gelb den Wohlstand in diesem Land nicht gefährdet, wären auch jene zur Kasse gebeten worden, die im Überfluss leben.

Wunsch nach dem makellosen Teint

Hoher Fettgehalt wirkt sich bei Ratten nach wenigen Tagen negativ aus

Diese Frauen stehen in der Region Stuttgart an der Verwaltungsspitze

Das Problem der Bundesregierung ist ein anderes, eines, das letztlich über ihre politische Zukunft entscheiden wird. Es ist die Frage, ob die Kürzungen und Belastungen gerecht verteilt sind. Darüber lässt sich dann trefflich streiten. Es ist klar, dass sich die Opposition empört, wenn nun kräftig Sozialausgaben gestrichen werden. Doch wo, wenn nicht hier, hat der Staat demonstrativ über seine Verhältnisse gelebt? Gewiss: Die Kürzungen für Geringverdiener, Wohngeld empfangende Rentner und Langzeitarbeitslose treffen Menschen, die jeden Euro zweimal umdrehen müssen. Und sie sind politisch anrüchig – weil Steuererleichterungen für Hoteliers unangetastet bleiben. Soziale Einschnitte sind immer angreifbar, solange es viele gibt, denen es – zum Glück – bessergeht. Aber dieser Sozialstaat gerät nicht in Schieflage, wenn Zuwendungen nicht erhöht, der Sinn und Zweck von Ausgaben überprüft und nicht Arbeitslosigkeit, sondern Anreiz zur Arbeit gefördert wird.

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Medizin

Nummer 196 • Mittwoch, 26. August 2009

Fettes Essen schwächt Ausdauer und Gedächtnis

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Neuer Eigentümer Wir zählen täglich für Karstadt unsere Sorgen

Fall Bögerl: Rätsel um gescheiterte Geldübergabe

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Regierung beschließt 80-Milliarden-Sparpaket und bittet Arbeitslose, Familien und Banken zur Kasse

¿18 · S-Presso Comic über Verlust und Tod

Notdienste Roman Familienseite Veranstaltungen Gewinnquoten

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Geld regiert die Welt – und der Rotstift ab sofort Deutschland

Schneller Erfolg der Polizei: Bankräuber mit Beute gefasst

Landesnachrichten 5 – 6 TV/Medien 7 Panorama 8 Kultur/-magazin 13/14 Impressum 16

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Spürnasen gegen Steuersünder

StN-Grafik: Lange

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Gabriele Dönig-Poppensieker (50) Seit 2007 Oberbürgermeisterin der Großen Kreisstadt Filderstadt mit 43 840 Einwohnern in den Stadtteilen Bernhausen, Bonlanden, Plattenhardt, Sielmingen und Harthausen. Dönig-Poppensieker gehört der SPD an. Sie ist Stadtplanerin und verheiratet.

Verena Grötzinger (31) Seit 2008 Bürgermeisterin in der Gemeinde Owen mit 3487 Einwohnern im Landkreis Esslingen. Die Jüngste aller Bürgermeisterinnen in der Region ist parteilos und von Beruf Diplom-Verwaltungswirtin. Verena Grötzinger hat bisher keine Kinder. (mo)

REMSHALDEN. Nach wie vor ein Rätsel ist der Polizei die Identität der Frau, die sich am vergangenen Donnerstag am Bahnhof Remshalden-Grunbach (RemsMurr-Kreis) vor einen Zug geworfen hatte und dabei gestorben ist. Die 30- bis 50-Jährige hatte keine Papiere bei sich. Sie war von kräftiger Statur, trug die dunkelbraunen Haare lang und war mit mehreren T-Shirts und Jacken der Größen 44 bis 46 oder XL bis XXL bekleidet. Hinweise unter Telefon 0 71 51 / 950 - 0.

V sua s erung

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Bei Erkältungen, Magenbeschwerden oder Kopfschmerzen greifen laut einer Studie immer mehr Deutsche zu homöopathischen Arzneimitteln. Das geht aus einer repräsentativen Befragung des Instituts für Demoskopie Allensbach hervor. In der vom Bundesverband der Arzneimittelhersteller in Auftrag gegebenen Untersuchung wurden die Bekanntheit, die Verwendung und das Image von Homöopathika untersucht. Fast alle Deutschen (92 Prozent) kennen die auf pflanzlicher Herkunft basierenden Arzneimittel. Noch vor rund 30 Jahren hätten nur 76 Prozent den Begriff zuordnen können. (dpa)

Bluttest gibt Arthrose-Risiko an Mit einem einfachen Bluttest kann künftig das Risiko einer Hüft- und Kniegelenkarthrose vorausgesagt werden. Der Schlüssel liegt in einem bestimmten Eiweiß, das mit der Gefäßverkalkung im Zusammenhang steht, wie Forscher des Universitätsklinikums Erlangen und der Medizinischen Universität Innsbruck erläutern. Bei einer Studie erkrankten Patienten mit einem hohen Spiegel des Eiweißes VCAM1 unabhängig von Alter und Körpergewicht vier- bis fünfmal häufiger an einer Knie- und Hüftgelenkarthrose als Patienten mit einem niedrigen VCAM1-Spiegel. (AP)

Spezielles Cholesterin gilt als gefährlich Dass ein hoher Cholesterinspiegel das Risiko für Herzinfarkt oder Schlaganfall steigert, ist allgemein bekannt. In schlechtem Ruf steht vor allem das LDL-Cholesterin. Chinesische Forscher haben nun eine Variante des Blutfetts ausgemacht, die offenbar noch gefährlicher ist. Dieses Oxycholesterin tritt vor allem in gebratenen und industriell gefertigten Lebensmitteln wie etwa Fast-Food-Produkten auf. Es treibt die Blutfettwerte stärker in die Höhe als nicht oxidiertes Cholesterin. Zudem lagert sich die Substanz in den Blutgefäßen stärker ab und beeinträchtigt die Elastizität von Venen und Arterien. (AP)

Medizin im TV

Mein Bypass aus Bangkok Immer mehr Patienten aus Europa und Amerika fliegen für Schnäppchenbehandlungen nach Fernost. Besonders gefragt sind Bypässe und künstliche Hüftgelenke. ¡ Dienstag, 1. 9., Arte, 21.50 Uhr

Haarentfernung: Störende Härchen in der Bikinizone mittels Laser entfernen zu lassen kostet ca. 100 Euro pro Sitzung. Notwendig sind fünf bis acht Behandlungen.

Ein ebenmäßiger Teint ist in erster Linie Vererbungssache – durch richtige Pflege und eine gesunde Lebensweise kann man aber viel für seine Haut tun Foto: Fotolia/Giorgio Gruizza

Faltenglätten: Für die Faltenunterspritzung eines Gesichtsbereichs (mit Hyaloronsäure) muss man rund 400 Euro rechnen; ein bis zwei Behandlungen pro Jahr sind für ein gleichbleibendes Ergebnis nötig. Möglich ist auch eine Behandlung mit Botoxspritzen. Pro Gesichtsregion kostet das rund 300 Euro, nach sechs Monaten muss erneut ge-

Fleck, eine Sitzung reicht dafür aus.

Tätowierungen: Wer ein missglücktes Tattoo wieder loswerden möchte, muss tief in die Tasche greifen. Für eine Entfernung mit dem Laser werden mehrere Sitzungen veranschlagt, eine Behandlung kostet – je nach Größe und Beschaffenheit des Tattoos – rund 75 bis 200 Euro. Wer angesichts dieser Preise denkt, der Boom in der ästhetischen Dermatologie sei nicht mehr als eine (Werbe-)Behauptung und nur von einem kleinen Bevölkerungskreis ausgelöst, der irrt. Ralf Merkert: „Wir haben hier an der Hautklinik Bad Cannstatt rund 3000 bis 5000 Patienten pro Jahr in diesem Bereich, die auch aus der Schweiz, aus Spanien oder Italien zu uns kommen.“ Allerdings bietet die Hautklinik auch „blutige“ Eingriffe wie Fettabsaugen oder das Absaugen von Schweißdrüsen an. Die meisten Patienten in der ästhetischen Dermatologie sind Frauen, doch die Männer, deren Anteil laut Dr. Grimme bei mittlerweile rund 20 Prozent liegt und die sich vor allem für Botox-Behandlungen interessieren, holen auf. Auch die Altersstruktur der Schönheitshungrigen ist breit gefächert – manchmal zu breit. „Eine 18-Jährige, die nach Botox gegen ihre Falten gefragt hat, haben wir wieder weggeschickt“, sagt Heiko Grimme. Doch er berichtet auch von einer 91-jährigen Frau, die sich unlängst in seiner Praxis einer großen Laser-Gesichtsbehandlung unterzogen hat. Diese beiden Beispiele markieren Extreme. Dass aber jemand mit Ende 20 damit beginne, etwas gegen die ersten Falten zu unternehmen, sei inzwischen keine Seltenheit, sagt Ralf Merkert. Kann man also nicht einfach in Würde altern – ohne Laser und Co? Doch, man kann. Ohnehin sind Hautbeschaffenheit, Geschwindigkeit und Ausmaß der Hautalterung vorwiegend eine Sache der Gene, so Grimme. Ob man einen Vorzeigeteint hat oder nicht, wird einem also in die Wiege gelegt. Darüber hinaus kann man seiner Haut aber selbst – und kostengünstig! – dabei helfen, schön, gesund und glatt zu bleiben.

Hintergrund

Tipps für eine Pfirsichhaut ¡ Ganz wichtig ist ein sinnvoller Umgang mit der Sonne, sagt Hautarzt Heiko Grimme – also nicht zu lange und nicht bei intensiver UV-Strahlung sonnenbaden ¡ Aufs Rauchen verzichten – hemmt die Durchblutung und macht vorzeitig faltig! ¡ Regelmäßig die Haut mit geeigneten Gesichtspflegeprodukten verwöhnen ¡ Ein gesunder Lebenswandel hält nicht nur die Haut jung – viel trinken, ausreichend schlafen, sich vernünftig ernähren (we)

Zwiebelsaft und Quarkwickel machen gesund Bei einer Erkältung und kleinen Wehwehchen helfen Heilmittel aus der Küche – Bei längeren Beschwerden zum Arzt gehen Von Nina C. Zimmermann Leichter Husten, etwas erhöhte Temperatur oder ein Anflug von Kratzen im Hals: Nicht jedes kleine Wehwehchen muss gleich vom Arzt behandelt werden. Viele Menschen schwören in solchen Fällen auf Heilmittel aus der Küche. Großer Vorteil: Quark und Zwiebeln finden sich in fast jedem Haushalt. „Sie sind einfach, preiswert und in der Regel völlig nebenwirkungsfrei“, sagt Helmut Haala, praktischer Arzt in Stockelsdorf in Schleswig-Holstein. Richtig angewendet, wirkten diese altbekannten Hausmittel als Wickel oder Säfte zuverlässig. Verbessert sich der Zustand dadurch nicht oder verschlechtert er sich gar, sollten Betroffene aber unbedingt einen Arzt aufsuchen.

Kalte Auflagen: „Früher hat man bei einer Beule einen Löffel aus der Schublade geholt und draufgedrückt – schon war sie weg“, sagt Franz Dieter Schmidt vom Fachverband Deutscher Heilpraktiker (FDH) in Bonn. Heute leisten sogenannte Coolpacks oder in Stoff geschlagene Eiswürfel ähnliche Dienste. Oft reichen dem FDH-Vizepräsidenten zufolge aber auch schon kalte, feuchte Tücher, um Schwellungen und Stauchungen zu behandeln. Der Stoff sollte bei Wickeln – auch bei warmen – immer aus Leinen sein, damit die Wirkung direkt auf die Haut geht. „Bei Baumwolle bleibt sie im Material hängen.“ Zum Abdecken kann ein Molton- oder Wolltuch verwendet werden. Bei leichtem Fieber verschafft ein feuchtkalter Lappen auf der Stirn Linderung. Auch kalte Wadenwickel – sofern die Füße warm sind – gelten als Hausmittel bei erhöhter Temperatur. Dafür werden Tücher mit kühlem (Essig-)Wasser getränkt und um Wade und Oberschenkel gelegt, rät die Stif-

tung Warentest in Berlin. Nach 20 bis 30 Minuten werden sie wieder abgenommen. Haala weist allerdings darauf hin, dass Mediziner mittlerweile grundsätzlich davon abraten, Wadenwickel bei Fieber zu verwenden. Ab einer Temperatur von 38,5 Grad Celsius könnten sie mehr schaden als nutzen. Denn durch das Herunterkühlen müsse sich der Körper noch mehr anstrengen, um seine Kerntemperatur zu erhalten – mit der Folge, dass die Temperatur noch weiter steigt, erläutert das Vorstandsmitglied des Zentralverbandes der Ärzte für Naturheilverfahren (ZAEN). Auch Quark ist ein bewährtes Mittel für kalte Umschläge bei entzündeten

Nebenhöhlen oder Gelenken. „Als Eiweißträger zieht er Wärme zum Beispiel aus einem geschwollenen Knie“, erläutert Haala. Das Milchprodukt kommt direkt auf die Haut und wird gut auf der erkrankten Stelle verteilt. Umwickelt etwa mit Frischhaltefolie, bleibt der Quark dort, bis er trocken und krümelig ist. Heilpraktiker Schmidt rät, den Quark vorher zu salzen, um auch Wasser aus dem Gewebe zu ziehen. Stiftung Warentest empfiehlt Quarkumschläge darüber hinaus bei Halsschmerzen.

Warme Umschläge: Die einfachste Variante

sind Körnerkissen. „Bei Verspannungen

oder Sehnenzerrungen nach dem Joggen wärmt man sie einfach in der Mikrowelle und legt sie auf die betreffende Stelle“, sagt Schmidt. Feuchtwarme Tücher dagegen lassen sich bei Erkältungen nutzen, zum Beispiel als Wickel um den schmerzenden Hals. Bei Mandelentzündungen oder einem Husten helfen warme Kartoffelauflagen: Um den Kartoffelumschlag herzustellen, wird ein halbes Pfund Knollen geschält, gekocht und zu einem heißen Brei gestampft, rät das Online-Portal Naturheilmagazin.de mit Sitz in Hemmingen bei Stuttgart. Der Brei kommt dick auf ein trockenes Leinentuch und bleibt auf Brust oder Hals, bis er abgekühlt ist. Dabei sollte man nur aufpassen, dass man sich nicht verbrennt.

Heißer Trank: Bei einer Erkältung empfiehlt der Allgemeinmediziner Haala zur Stärkung der Abwehrkräfte heißen Holundersaft. Heißer Zitronensaft reinigt „die Schleimstraßen“, heiße Milch mit Honig beruhigt trockenen Husten. Bei Halsschmerzen haben sich laut Stiftung Warentest Salbei-, Kamillen- und Lindenblütentee bewährt, zum Gurgeln bieten sich Salz- oder Zitronenwasser sowie Salbei- und Kamillentee an. Das Wasser für Kopfdampfbäder mit Kamille, Heublumen, Salbei oder Thymian sollte nicht heißer als 50 Grad Celsius sein.

Quark ist ein bewährtes Mittel gegen entzündete Gelenke

Foto: Fotolia/Philipp Meyer

Kalter Saft: Die ätherischen Öle der Zwiebel wirken laut Naturheilmagazin.de antibakteriell und desinfizierend. Bei Erkältungen ist zum Beispiel die mehrmals tägliche Einnahme von einem Esslöffel Zwiebelsirup hilfreich. Dazu werden zwei große Zwiebeln in dünne Scheiben geschnitten und mit drei Esslöffeln Honig vermischt. Diese Kombination muss 24 Stunden ziehen, mehrfach umgerührt und gekühlt aufbewahrt werden.

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Neugestaltung der Stuttgarter Nachrichten: Die Eroberung des Visuellen Zeitgeschehen

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Nummer 204

Stuttgart und die Region

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Karamanlis tritt die Flucht nach vorne an

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Griechen sollen am 4. Oktober das Parlament neu wählen Die griechische Regierung hat vorgezogene Wahlen ausgerufen. Angesichts der Wirtschaftskrise im Land müsse in der politischen Landschaft aufgeräumt werden, erklärte Ministerpräsident Kostas Karamanlis. Von Takis Tsafos

Foto: dpa

ATHEN. Versprochen hatte Karamanlis den Griechen viel. Mit seiner bürgerlichen Partei Nea Dimokratia (ND) wolle der Ministerpräsident den Staat von Grund auf erneuern. Er werde der Korruption ein Ende bereiten und die Vetternwirtschaft ausmerzen, hatte er im März 2004 erklärt und damit die Wahlen gewonnen. Auch im September 2007 stimmten die Griechen wieder für den konservativen Politiker. Doch nach dem klaren Mandat der Bürger für Karamanlis folgten wenige Aktionen. Reformen kamen nicht voran, und der Kampf gegen die Schattenwirtschaft zeigte kaum Erfolge. „Wir hätten vielleicht mutiger handeln sollen“, sagt Karamanlis heute. Alle Umfragen zeigen, dass es dafür vielleicht zu spät ist. Immer mehr Wähler wandern demnach zu der Panhellenischen Sozialistischen Bewegung (Pasok) unter Giorgos Papandreou ab. Grund dafür sind eine Reihe von Skandalen, ein Einkommensrückgang, den viele Griechen hinnehmen mussten, und mehrere große Waldbrände, denen die Regierung hilflos begegnete. Am Mittwochabend sah sich der Regierungschef dann gezwungen, vorgezogene Wahlen zu verkünden. Sollte er diese gewinnen, werde er „der Schattenwirtschaft den Krieg erklären“, versprach er. Die linksliberale Athener Zeitung „Eleftherotypia“ titelte zur Verkündung der Neuwahlen: „Karamanlis flüchtet nach dem Schiffbruch“. So wird es in Griechenland am 4. Oktober abermals zum klassischen Duell zwischen einem Karamanlis und einem Papandreou kommen. Schon in den 60er Jahren kämpften Konstantinos Karamanlis, ein Onkel des heutigen Regierungschefs, und Giorgos Papandreou, der Großvater des heutigen Sozialistenführers, um die Gunst der griechischen Wähler. Die Politfehde Karamanlis/Papandreou setzte Papandreous’ Vater Andreas in den 70er und 80er Jahren gegen Konstantinos Karamanlis fort.

Die Liste der Skandale während der Regierungszeit von Kostas Karamanlis ist lang. Mönche nutzten ihre Verbindungen zur Regierung, um einen angeblich ihnen gehörenden See gegen Ländereien bei Athen und andere touristisch entwickelte Regionen zu tauschen. Ein Sozialminister beschäftigte ein aus Indien stammendes Ehepaar in seinem Ferienhaus, ohne sie zu versichern. Das Haus war zudem illegal gebaut. Er wurde gefeuert. Im September 2008 warf Schifffahrtsminister Giorgos Vougarakis das Handtuch. Ihm war vorgeworfen worden, zusammen mit seiner Frau im Ausland Immobilienfirmen eingerichtet zu haben, um die Zahlung von Grundsteuern in Griechenland zu umgehen. Im Dezember 2008 kam es zu Ausschreitungen, nachdem ein 15-Jähriger durch einen Schuss aus der Waffe eines Polizisten getötet wurde. Neue Terrororganisationen attackieren immer wieder Polizisten und Polizeistationen und drohen mit einer Stadt-Guerilla die Staatsordnung aus dem Gleichgewicht zu bringen. Wenige Stunden vor der Proklamation der vorgezogenen Wahlen hatte eine gewaltige Explosion die Athener Börse schwer beschädigt. „Und obendrauf kommt noch die Wirtschaftskrise“, stöhnt Nikos Wroussis, ein Prokurist aus Athen.

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Dem Land drohen Strafmaßnahmen der EU aus Brüssel, weil Griechenland mit fast sieben Prozent Defizit den Stabilitätspakt massiv verletzt. Ob der Sozialist Papandreou das Land aus dieser Krise führen kann, bleibt abzuwarten. „Der nächste Ministerpräsident wird wohl einen Zauberstab brauchen, um Griechenland aus der Krise zu führen“, hieß es in einem Kommentar im griechischen Rundfunk. Trotz der dramatischen Situation bei den Konservativen ist es aber nicht klar, ob die Sozialisten die nötige Mehrheit von 151 Abgeordneten im Parlament bekommen. Und da in Griechenland Koalitionsregierungen selten vorkommen, und die Parteien auch nicht dazu bereit sind, könnte dem Land eine lange Phase der politischen Unsicherheit bevorstehen.

Iran: Parlament stärkt Präsident den Rücken TEHERAN (rtr). Im innenpolitischen Machtkampf hat das iranische Parlament Präsident Mahmud Ahmadinedschad den Rücken gestärkt: Die Abgeordneten bestätigten fast alle von Ahmadinedschad vorgeschlagenen Ministerkandidaten, darunter auch die erste Frau für ein Regierungsamt in der Geschichte der Islamischen Republik. Das Parlament winkte zudem Ahmad Wahidi als Verteidigungsminister durch, dem von Argentinien die Beteiligung an einem Anschlag auf eine jüdische Einrichtung in Buenos Aires 1994 vorgeworfen wird. Dabei waren 85 Menschen ums Leben gekommen. Insgesamt wurden 18 Minister angenommen und drei Anwärter für das Kabinett abgelehnt. Der Präsident hat nun drei Monate Zeit, alternative Bewerber vorzuschlagen.

Kleinkrieg Von Michael Isenberg Die Notfallpraxis hat einen Arzt korrekt beschäftigt; der im Raum stehende Verdacht auf systematische illegale Beschäftigung ist vorerst vom Tisch. Doch so eindeutig, wie es die Notfallpraxis gerne hätte, liegt der Fall auch nach dem aktuellen Bescheid der Deutschen Rentenversicherung (DRV) nicht: Die DRV hat nämlich keineswegs ihre im Herbst 2008 formulierten Zweifel an der Selbstständigkeit eines Arztes während dessen Notdiensten korrigiert. Die DRV hat sich nur für nicht zuständig erklärt, wenn auch aus nachvollziehbaren Gründen. Vor Gericht würde man das einen Freispruch zweiter Klasse nennen. Der Fall wirft also weiterhin Fragen auf. Dabei geht es nicht um ein paar Euro

Neue Ermittlungen im Mordfall Anna Politkowskaja MOSKAU. Drei Jahre nach dem Mord an der kremlkritischen Journalistin Anna Politkowskaja hat ihre Familie einen Etappensieg bei der Aufklärung der international beachteten Bluttat errungen. Russlands Oberstes Gericht ordnete nun unerwartet eine neue Beweisaufnahme an. Das hatten auch Deutschland sowie Menschenrechtler gefordert. Sogar die zuständige Staatsanwältin Anna Paschkowskaja hatte die bisherigen Ermittlungen als lückenhaft kritisiert – im Widerspruch zur offiziellen Linie der Behörden, die den Mord schon im August 2007 für aufgeklärt hielten. Die Wende im Verfahren zeigt einmal mehr auch die Zerrissenheit des russischen Justizapparats. Angehörige Politkowskajas und ihre Kollegen von der regierungskritischen Zeitung „Nowaja Gaseta“ schöpfen wieder Hoffnung. Sie hatten Staat und Justiz vorgeworfen, an einer echten Aufklärung kein Interesse zu haben. „Ich vermute, dass es Leute gibt, die die Namen aller Schuldigen kennen – und die aber alle keine kleinen Posten innehaben“, hatte der Vizechefredakteur Sergej Sokolow noch im August erklärt. Der Chef des Blatts, Dmitri Muratow, warnte wegen möglicher politischer Hintergründe bei dem Mord vor überzogenen

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Stadt zieht Lehren aus Streit um marodes Hallenbad Nach der Aufregung um das einsturzgefährdete Cannstatter Schul- und Vereinsschwimmbad will das städtische Hochbauamt seine Praxis bei der Überprüfung von Flachdächern verbessern.

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Im Fall einer erstochen aufgefundenen Frau in Göppingen vermutet die Polizei eine Beziehungstat. Zwischen dem Opfer und seinem Partner soll es häufiger Streit gegeben haben.

Info

Gemeinnütziger Verein Die Notfallpraxis in Stuttgart gibt es seit 1996. Sie ist als gemeinnütziger Verein organisiert, wirtschaftet wie eine reguläre Praxis, schreibt aber keine Gewinne. Die Praxisräume für gehfähige Patienten befinden sich im Marienhospital; die psychiatrische Notfallpraxis ist im Furtbachkrankenhaus, die kinderärztliche Notfallpraxis im Olgahospital. Den Dienst teilen sich rund 700 Haus- und Fachärzte. Die Notfallpraxis ist an Wochenenden und Feiertagen rund um die Uhr und unter der Woche von 19 Uhr bis 7 Uhr besetzt. Zu diesen Zeiten ist auch der Hausbesuchsdienst aktiv, den weitere 500 Haus- und Fachärzte übernehmen. Die Vermittlung erfolgt über den ärztlichen Bereitschaftsdienst unter Telefon 07 11 / 2 62 80 12.

Auszeichnung für Harald Schmidt Hans-Peter-Stihl-Preis für Verdienste um das Image der Region Stuttgart Der Fernseh-Moderator Harald Schmidt erhält in diesem Jahr den Hans-PeterStihl-Preis des Forums Region Stuttgart. Gewürdigt werden sollen mit der Auszeichnung Menschen, die sich für die Förderung der Region Stuttgart eingesetzt und dazu beigetragen haben, das Image des Standorts zu steigern. In den vielen Jahren seiner FernsehKarriere habe Harald Schmidt seine schwädpa bischen Wurzeln im- Schmidt mer hochgehalten, teilte das Forum Region Stuttgart mit. Sie seien zu einer Art Markenzeichen in der Arbeit des 51-Jährigen geworden. „Auf lustige, kreative und zum Teil auch kritisch-polemische Art präsentiert er Landeshauptstadt und Region Stuttgart“, heißt es in der Begründung. Eine besondere Bedeutung komme dabei Nürtingen, dem Ort seiner Kinder- und Jugendzeit, zu. Mit seinen Auftritten als Ensemblemitglied im Stuttgarter Schauspielhaus trage Harald Schmidt zudem dazu bei, dem Haus in der Öffentlichkeit Aufmerksamkeit zu verleihen. Der Termin für die Preisverleihung steht noch nicht fest. (rom)

len. Außerdem haben sie die „große Bedeutung“ des Verfahrens betont: Das Stuttgarter Modell, den Notdienst der niedergelassenen Ärzte an einer Adresse zu konzentrieren, gilt als besonders patientenfreundlich und ist bundesweit zum Vorbild geworden. Am Fortbestand der Notfallpraxen bestehe deshalb auch ein „herausragendes öffentliches Interesse“, heißt es in einem Anwaltsschreiben an die DRV. Doch da widerspricht der Orthopäde: In anderen Städten sei der Notdienst nämlich dezentral organisiert und funktioniere auch, sogar auf weitgehend freiwilliger Basis. „Die Notfallpraxis Stuttgart kann ihre Existenz nicht begründen, sie ist schlicht nicht notwendig“, sagt der Orthopäde. Er will sich zwar weiterhin am vorgeschriebenen Notdienst beteiligen – allerdings nicht länger in den Räumen der Notfallpraxis im Marienhospital, sondern in seiner eigenen Praxis. Außerdem werde er gegen den neuen DRV-Bescheid Widerspruch einlegen. „Bis die Sache abschließend geklärt ist, schwebt ein Damoklesschwert über uns“, räumt Oertel ein. Sollte sich der Orthopäde wider Erwarten durchsetzen, wäre die Struktur der Notfallpraxis kaum haltbar. Deshalb hat Oertel sein Projekt, auch die Hausbesuche des ärztlichen Bereitschaftsdienstes komplett in die Notfallpraxis zu integrieren, vorsichtshalber gestoppt. Das Projekt würde für Patienten nichts ändern – ist aber unter Ärzten umstritten: „Beim alten Hausbesuchsdienst rechne ich selbst ab und verdiene rund 1000 Euro pro Schicht“, rechnet ein skeptischer Mediziner vor. „Die Notfallpraxis würde nur noch die Hälfte zahlen. Das ist für mich nicht akzeptabel.“

Die gute Nachricht

700 000 Euro für Pflegeheim Wer pflegebedürftig wird und in ein Heim umziehen muss, möchte gerne im angestammten Stadtteil bleiben. Für Menschen aus dem Stuttgarter Süden wird es künftig mehr Heimplätze geben, denn das Sozialministerium hat dem Wichernhaus in Kaltental Fördermittel in Höhe von 700 000 Euro zugesagt. Damit kann das Haus umgebaut und um 28 Plätze samt Küche erweitert werden.

Kommentar

Moskauer Justiz lenkt ein Von Ulf Mauder

Göppinger Polizei vermutet Beziehungstat

Werden die Ärzte in der Notfallpraxis wie Scheinselbstständige illegal beschäftigt? Die Frage ist heikel und hat die Praxis seit Monaten belastet. „Jetzt haben wir die erwartete Bestätigung, dass bei uns alles korrekt läuft“, sagt Hans-Michael Oertel. Oertel ist Vorsitzender des gemeinnützigen Vereins Notfallpraxis. Sein schärfster Kritiker ist zurzeit ein Orthopäde aus Stuttgart. Er hatte der Notfallpraxis im Herbst 2008 die „gewerbsmäßige Hinterziehung von Sozialabgaben“ vorgeworfen und damit den Stein ins Rollen gebracht. Die Diagnose des Orthopäden gründete auf einen Bescheid in eigener Sache: Am 22. September 2008 wurde ihm von der Deutschen Rentenversicherung (DRV) bestätigt, dass er sich bei seinen Diensten in der Notfallpraxis in einem „abhängigen Beschäftigungsverhältnis“ befunden habe. Die Praxis beschäftigte ihn aber wie einen Selbstständigen, zu 40 Euro pro Stunde. Die DRV hatte nur den Orthopäden überprüft. Zu Ende gedacht hätte ihr Bescheid aber bedeuten können, dass die Notfallpraxis die komplette zum Notdienst verpflichtete Stuttgarter Ärzteschaft systematisch illegal beschäftigt. Die Nachzahlung an die Sozialkassen wäre in die Hunderttausende Euro gegangen und hätte vermutlich das Ende der Praxis bedeutet. Die Notfallpraxis legte im Herbst 2008 Widerspruch ein – mit Erfolg: Im aktuellen Bescheid der DRV mit Datum vom 2. April 2009 heißt es, dass gar kein Beschäftigungsverhältnis zwischen Arzt und Notfallpraxis vorliege, weshalb man auch „keine Beurteilung“ zum sozialversicherungsrechtlichen Status des Arztes abgeben könne. Sprich: Die DRV erklärt sich für unzuständig. „Die Rentenversicherung ist unserer zentralen Begründung gefolgt“, freut sich Rechtsanwalt Jörg Fecker von der Kanzlei BRP, welche die Notfallpraxis in dem Fall vertritt. Der Orthopäde sei nämlich allein aufgrund der Notfalldienstordnung der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg verpflichtet gewesen, in der Notfallpraxis anzutreten. Dies, so Fecker, sei kein Angestelltenverhältnis im üblichen Sinne. Feckers Kanzlei hat den DRV-Prüfern eine Reihe weiterer Gründe genannt, die gegen Scheinselbstständigkeit sprechen sol-

Kostas Karamanlis griechischer Ministerpräsident

PEKING (dpa). Zwei Monate nach den blutigen Ausschreitungen in der Unruheregion Xinjiang in Nordwestchina ist es in der Hauptstadt Ürümqi zu neuen Protesten gekommen. Einige Tausend Menschen forderten einen besseren Schutz durch Ordnungskräfte. Anlass ist eine Serie von Angriffen mit Injektionsnadeln auf Passanten, bei denen nach Presseberichten rund 400 Menschen verletzt worden sein sollen. Ein Großaufgebot von Tausenden Sicherheitskräften sollte am Donnerstag sicherstellen, dass es bei den Protesten nicht zu neuen Zusammenstößen zwischen den Volksgruppen kommt. Niemand sei bisher durch die Nadelstiche infiziert oder vergiftet worden, berichteten die Gesundheitsbehörden. 15 Angreifer seien festgenommen worden.

Rentenversicherung verneint Scheinselbstständigkeit – Kritischer Mediziner will Notdienst trotzdem in eigener Praxis anbieten

Von unserem Reporter Michael Isenberg

„Wir hätten vielleicht mutiger handeln sollen“

Neue Proteste in Chinas Unruheregion

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Ein Arzt in der Notfallpraxis ist kein Scheinselbstständiger. Das hat jetzt die Rentenversicherung festgestellt und damit ihren Bescheid aus 2008 korrigiert. Der Streit zwischen Arzt und Praxis geht trotzdem weiter.

Erwartungen. „Wir äußern eine zurückhaltende Genugtuung“, sagte Muratow am Donnerstag. Die Ermittler hätten es seit drei Jahren nicht geschafft, den Auftraggeber des politischen Mordes zu nennen. Die Anwältin der Politkowskaja-Familie, Karina Moskalenko, kritisierte, dass schon zu viel Zeit verstrichen sei. Doch auch sie meinte: „Die jetzige Entscheidung ist ein Schritt hin zu einer völligen Aufklärung des Falls.“ Ein Schritt. Moskalenko hatte im ersten Prozess gegen vier mutmaßliche Mordkomplizen beklagt, dass die Beweise gegen die Männer für eine Verurteilung bisher nicht ausreichten. Russlands Oberstes Gericht verlangt jetzt, dass auch der mutmaßliche Mörder Rustam Machmudow in einen neuen Prozess einbezogen werden müsse – selbst bei Abwesenheit. Der Tschetschene wird mit internationalem Haftbefehl gesucht, hatte aber bereits seine Unschuld über einen Anwalt beteuert. Auch der Auftraggeber, der zwei Millionen US-Dollar für den Mord bezahlt haben soll, müsse gesucht werden. Vor Gericht standen zuletzt zwei Brüder Machmudows, die den Auftragsmord mit organisiert haben sollen. Sie waren jedoch aus Mangel an Beweisen im Februar gemeinsam mit einem ehemaligen Polizisten und einem früheren Geheimdienstler freigesprochen worden.

StN online für die Rentenkasse. In Wahrheit geht es um die Zukunft der Notversorgung: Macht man weiter so wie bisher, also mit der Notfallpraxis? Oder sucht man nach Alternativen, die es ja durchaus gibt? Weil es um alles oder nichts geht, stehen sich die Konfliktparteien unversöhnlich gegenüber. So ist absehbar, dass jetzt der Arzt den Bescheid anficht und die Sache eines Tages vor Gericht landet. Die Stuttgarter Bürger haben einen Anspruch darauf, dass sich ihre Notfallpraxis an Recht und Gesetz hält, keine Mauscheleien duldet und ihre Honorarpraxis im Zweifel überprüfen lässt. Die Bürger haben aber auch Anspruch darauf, dass sie nachts, an Wochenenden und Feiertagen medizinisch gut versorgt werden. Dazu braucht es engagierte Ärzte, die gerne Notdienst machen. Es ist also im Sinne aller Patienten, wenn der Kleinkrieg um die illegale Beschäftigung rasch ein Ende findet – ehe er das Betriebsklima in der Notfallpraxis vergiftet.

Surftipp am Montag Auf der Suche nach unterhaltsamem Stoff sind wir durch das World Wide Web gesurft und haben witzige Filmchen und Beiträge entdeckt. Diese wollen wir Ihnen in unseren Surftipps vorstellen. Heute: Die Langsamkeit schlägt zurück. www.stuttgarter-nachrichten.de/links

Bilder vom Frühlingsfest Die ersten beiden Wochen des Frühlingsfests auf dem Cannstatter Wasen sind bereits vorüber, doch von Feiermüdigkeit keine Spur: Die Besucher, die schon am frühen Abend in die Bierzelte strömen, bringen gute Laune mit. Unser Cityfotograf Markus war mit der Kamera dabei! Rund 700 Haus- und Fachärzte aus ganz Stuttgart teilen sich den Dienst in der zentralen Notfallpraxis im Marienhospital Foto: Thomas Hörner

Massiver Polizeieinsatz verhindert Ausschreitungen Von Stefan Klinger Große Erleichterung bei den Verantwortlichen des Frühlingsfests auf dem Wasen: Die befürchteten Ausschreitungen rund um das Heimspiel des VfB Stuttgart gegen Eintracht Frankfurt sind dank eines massiven Polizeieinsatzes ausgeblieben. „Die Polizei hat hervorragend gearbeitet“, resümierte Max-Rudi Weeber, Festwirt des Zelts Zum Wasenwirt. Und Marcus Christen, Abteilungsleiter von der Veranstaltungsgesellschaft in.Stuttgart, ergänzte: „Der Polizei ist es zu verdanken, dass alles so friedlich verlaufen ist.“

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Mit 500 Einsatzkräften hat die Polizei aufkommende Aggressionen bereits im Keim erstickt. Schon vor Spielbeginn begleiteten und trennten die Beamten die beiden FanLager und verhinderten dadurch Konfrontationen. Knapp 100 als gewaltbereit eingestufte Eintracht-Fans wollten die strikte Trennung der Fans jedoch umgehen, stiegen auf der Anreise schon in Ludwigsburg aus dem Fernzug aus und setzten ihre Fahrt in der S-Bahn fort. Ihr Pech: Die Polizei bekam das mit – und empfing die Gruppe bei deren Ankunft am Hauptbahnhof. Und so blieb es bei lediglich einem Zwischenfall: Gegen 17.50 Uhr schlugen und tra-

ten etwa zehn Personen auf dem WasenParkplatz auf Eintracht-Fans ein und raubten ihnen eine Fahne und ein Banner. Die erfreuliche Bilanz des Wochenendes: Der Samstag avancierte mit über 100 000 Feiernden zum besucherstärksten Tag, am Sonntag wurde die Marke von einer Million Besucher insgesamt erreicht. Auch abseits streitlustiger Fußballfans hatte die Polizei kräftig zu tun: „Wir haben am Freitag 17 und am Samstag 28 Körperverletzungen registriert. Am Freitag kam es zu 55 Festnahmen, am Samstag zu 163. Das entspricht dem Üblichen an derartigen Tagen“, bilanziert Polizei-Sprecherin Viola Dierenbach.

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Als „Bridget Jones“ war sie die Jederfrau, das moppelige Entchen, für das es letztlich doch ein Happy End nebst Traumprinz

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Die einzige Ausnahme: Gegen 23 Uhr nahmen die Beamten der Wasenwache am Samstag gleich 40 Frühlingsfestbesucher im Alter zwischen 14 und 21 Jahren vorläufig fest und verhinderten damit eine Massenschlägerei. Die Jugendlichen hatten sich zu einer großen Gruppe zusammengerottet, andere Festbesucher angepöbelt und Streit gesucht. Die jungen Männer erhielten einen bis zum Ende des Fests geltenden Platzverweis und wurden ihren Eltern übergeben. Ein 18-Jähriger muss mit einer Anzeige rechnen, da er verbotswidrig ein Pfefferspray und einen gehärteten Motorradhandschuh mit sich getragen hatte.

Renée Zellweger, hier bei der Berlinale 2009, feiert ihren 40. Geburtstag

gibt. Jetzt wird Renée Zellweger 40 – von uns gibt's eine Bildergalerie! www.stuttgarter-nachrichten.de/ promialbum

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Schokolade zum Frühstück

500 Beamte bescheren Schaustellern, Festwirten und Besuchern auf dem Wasen trotz VfB-Spiels gegen Frankfurt ruhiges Wochenende

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Nummer 96 • Montag, 27. April 2009

Notfallpraxis beschäftigt Ärzte nicht illegal

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