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Angriff auf die Zarenherrschaft

Angriff auf die Zarenherrschaft

Trotz der schlagkräftigen Geheimpolizei «Ochrana» gelang es Mitgliedern des Kampfkomitees mehrmals, in die Nähe des Zaren zu gelangen. Doch drei Attentatsversuche scheiterten. Einen ersten vergeblichen Anschlag auf Alexander II. verübte ein Revolverschütze am 14. April 1879, nur wenige Wochen nachdem August und Marie von Schulthess in Trotjanetz angekommen waren. Auch zwei weitere Attentatsversuche misslangen. Das Regime reagierte mit einer Verschärfung der Überwachung und Verfolgung beim geringsten Verdacht auf klandestine Aktivitäten, sodass es bei jedem Versuch schwieriger wurde, sich dem Zaren zu nähern. Dennoch gelang es schliesslich einer Kampfzelle der «Narodnaja Volja» am 1./13. März 1881, den Imperator mit einem Sprengstoffanschlag tödlich zu verletzen, als er sich in der kaiserlichen Kutsche auf dem Heimweg zum Winterpalast befand. Die meisten Mitglieder der Kampfzelle wurden entweder zu einer langjährigen Festungshaft verurteilt, sofort hingerichtet oder – im günstigsten Fall – in die jahrelange Verbannung geschickt. Da auch zwei Attentäter jüdischer Herkunft beteiligt gewesen waren, löste das tödliche Zarenattentat in Südrussland eine antisemitische Pogromwelle aus. Als Marie von Schulthess’ Schwestern Emilie und Henriette Hess im April 1881 von Zürich nach Trostjanetz reisten und in Kiew Halt machten, vermerkte Emilie in ihrem Tagebuch, dass dort unmittelbar vorher Pogrome stattgefunden hätten.12

Der Zarewitsch Alexander (1845–1894) kam mit der traumatischen Erinnerung an die Ermordung seines Vaters an die Macht. Als er 1883 zum Kaiser gekrönt wurde, trat er als Alexander III. die Thronfolge mit dem eisernen Willen an, jeglichen Widerstand in seinem Imperium im Keim zu ersticken. Er lehnte nicht nur jede Systemreform ab, sondern festigte die Autokratie nach Kräften, beeinflusst von seinem ehemaligen Privatlehrer, Konstantin Pobedenoszew, der die Rolle einer grauen Eminenz einnahm. Dem wachsenden politischen Widerstand folgte der weitere Ausbau des Überwachungsapparats. Eine ganze Armee von Polizeispitzeln verfolgte jede verdächtige Person bis in den hintersten Winkel des Lands. Gewalt und Gegengewalt befeuerten sich wechselseitig. Im März 1887 unternahmen Angehörige des nach der Zerschlagung verbleibenden kleinen Kreises der «Narodnaja Volja» einen Attentatsversuch auf Alexander III. Der Angriff scheiterte und alle Beteiligten, darunter Lenins älterer Bruder, Alexander Uljanow, wurden hingerichtet.13

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