NZZ Folio: August 2011

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Die Zeitschrift der Neuen Z체rcher Zeitung, August 2011

20 Jahre Folio Das Jubil채umsheft


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E D iTori A L

Unser Markenzeichen Zwanzig Jahre Folio, das sind 240 Themen, von A wie «Aberglauben» bis Z wie «Zucker», denen wir auf den Grund gegangen sind. 43 davon sind auf dem Titel­ blatt dieser Jubiläumsausgabe zu sehen. Beziehungsweise die Objekte, mit denen sie visuell umgesetzt wurden. Die übers Bild verteilten roten Figürchen mit der Hand am Ohr zum Beispiel bevölkerten den Titel von «Handy», das Vogelnest stand für «Family Business», die Hausruine für «Krieg um Kosovo». Betrachtet man die Objekte losgelöst vom jeweiligen Heft, erschliesst sich nur bei den wenigsten, welches Thema sie illustrieren. Das hat einen simplen Grund: Wenn der Künstler Max Grüter mit uns in der Redaktion die Titelblattideen ent­ wickelt, scheiden jene als erste aus, die man sofort mit dem Thema assoziiert – zu nah soll es nicht sein. Aber auch nicht zu weit weg. Was nicht immer gelingt. Der Dampfkochtopf unter Druck war das gar kühne Sujet zum Thema «Jugo» – das Heft entstand 2005, als der Spruch «Wottsch Puff?» in die Alltagssprache einging. Was das zu einem Kreis gebogene orange Rohr mit dem Thema «Märkte» zu tun hat, kann ich beim besten Willen nicht mehr rekonstruieren. Letztlich geht es immer darum, den unerwarteten Dreh zu finden, der ein Thema überraschend erhellt. So wie bei «Krankenkassen»: Hunderternoten wur­ den gerollt und von einer Verbandklammer zusammengehalten. Oder bei «Mode»: ein Kleiderbügel aus Draht wurde umgebogen zu einem weiblichen Körper. Nachdem wir uns auf eine Idee geeinigt haben, modelliert Max Grüter das Ob­ jekt, und Patrick Rohner fotografiert es. Die beiden gestalten seit dem ersten Heft die Folio­Titelblätter; sie haben sie zu unserem Markenzeichen gemacht. Zwanzig Jahre sind für eine Zeitschrift nichts Ungewöhnliches. Aber zwanzig Jahre Kunst am Heft sind rekordverdächtig. In dieser Ausgabe sind alle Titelblätter zu sehen, als «Timeline» ziehen sie sich durchs Heft, in dem wir Rückschau halten. Aber nicht nur: Wir setzen unsere Geschichten der Gegenwart aus und schreiben ihre Fortset­ zung. Für einmal also nicht ein Thema, sondern die Einladung, 240 Themen Revue passieren zu lassen. Möge es eine vergnügliche Zeitreise sein! Daniel Weber PS: Alle Folio­Titelblätter und eine Auswahl von Objekten zeigt das Museum für Gestaltung in Zürich vom 10. August bis zum 11. September 2011. Vernissage ist am 9. August um 19 Uhr (www.museum­gestaltung.ch).

08/2011

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Wert

gelegt auf Qualität: Wir gratulieren dem «NZZ Folio» zu 20 Jahren geistreichem Lesevergnügen auf

Papier.

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Titelblatt Von Max Grüter und Patrick Rohner Editorial Unser Markenzeichen. Von Daniel Weber Leserbriefe Vorschau / impressum

TH E M A : 2 0 JA H rE FoLio

10

1991

64

Wege der Schweiz – Die Mafia – Über Bücher – Kinder am Rand – Verführungen. 14

20

70

78

86

92

Prognosen – Das Rote Kreuz – Mit den Augen – Das Wetter – Nach Kriegen – Kokain – Gotthard – Hotel – Der Kaukasus – Das Volk – Viren & Co. – Die Gabe. 34

1996

Menschenrechte – Vernetzte Welt – Nordirland – Eherne Ehe – Entführt! – Vom Reisen – Versichert – In Liechtenstein – Krank im Kopf – Jenseits von Washington – Feuer, bitte! – Wunder. 38

1997

In der Krise – Vom Herzen – Die Briten – Kost und Körper – Jugendkultur – Im Herzen Afrikas – Aus Eis und Schnee – Der Dollar – Wanne­Eickel – Copyright – Hund und Katz – Die Schöpfung. 42

1998

Der Boss – Computermenschen – Die Geburt – Boomtown Moskau – Auto – Das Mittelmeer – Privacy – Grossbauten – Japan – Diese Schweizer – Therapiert – Nachts. 46

1999

Sexgeschäfte – Nano! – Frischer Fisch – Im Vatikan – Singles – Krieg um Kosovo – Das liebe Geld – Kiosk – Das Telefon – Panama – Echtzeit – Jesus. 54

2000

Jobs! – Im Netz – Mode – Russland – Fit – Roboter – Mann und Frau – Las Vegas – Gene – Museum – Big Business – Spielzeug 60

2005

Bomben – Normen – Jugo – Beim Zahnarzt – Computerspiele – Kalifornien – Fleisch – Männer – Krankenkassen – Reich und schön – Schweizer Qualität – Was macht eigentlich …?

1994

1995

2004

Strafe – WWW – Gesundheit – Aus dem Osten – Das Eigenheim – Soundcheck – Eskimo – Olympia – Erdöl – Studenten – Marken – (Aber­)Glauben.

Pleiten – Städte – Im Gehirn – Südafrika – Blaues Blut – Rimini – Zum Mond – Bier – Bauern, was nun? – Sprache – China – Luxus. 30

2003

Angst – Haushalt – Manchester United – Der Fotograf – Vorsorge – Düfte – Olten einfach – Wir Affen – Diplomaten – Im Büro – Erben – Kitsch und Kult.

1993

Verschwunden – Techno­Food – Neue Grenzen – News – Schönheit – Atomzeitbomben – Woodstock – Romandie – Arbeit – Fälschungen – Kurden – Diamanten. 24

Im Spital – Total digital – Schweiz 02 – Unterwegs – Arm und Reich – Kindermacher – Tanzfieber – Schule – Märkte – Der Traum vom Buch – Humor – Le Menu.

1992

Entsagung – Kuba – Karrieren – Drogenpolitik auf Irrwegen – Experimente – Fremdenangst, Fremdenhass – Sport und Geld – Asheville, USA – Der Krieg auf dem Balkan – Die EG: Modell und Wirklichkeit – Geheimdienste – Supermarkt E­Musik.

2002

2006

Statistik – Berater – Zucker – Alt und Jung – Fussball­WM – Lunch – Die Schotten – Lügen – Privatisierung – TV­Serien – Shopping – Freiheit. 98

2007

Schmerz – Teheran – Radio – Heiraten – Das Dorf – Meine erste Million – Tiefsee – 13jährig – Sicherheit – Auto der Zukunft – Schuhe – Rätsel. 104 2008

Jung und jüdisch – Steuern – Volksvertreter – Die Sinne – Alles Kunst? – Perlen aus dem Internet – Dubai – Was wäre wenn … – Traumreisen – Gratis – Image – Geschwister. 108 2009

Die Finanzkrise – Parallelwelten – Entscheidungen – Gold – Do it yourself – Am Schwarzen Meer – Abfall – Flug LX 14 – Der Lehrlingsreport – Die Zeitung – Family Business – Guten Appetit! 114 2010

Der Tod – Das Ehrenamt – Alles öko! – Theater – Handy – Die Ärzte – Grandios gescheitert – Patriotismus – Die Welt von morgen – HB Zürich – Das Superhirn – Rituale. 118 2011

Seelennot – Die Hausfrau – Sponsoring – Atomkraft – Traumberufe – Over the Rainbow – Velo – 20 Jahre Folio.

2001

Wein – Interaktiv – Das Tessin – Pillen – Transatlantik – Die Protestanten – Käfer und Co. – Kinder – Europa – Alles Design? – Indien – Erinnern und vergessen.

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Die 채lteste Bank der Schweiz gratuliert zum 20-j채hrigen Jubil채um. <wm>10CAsNsjY0MDAx1TU0MTIwMwUAlGn2qQ8AAAA=</wm>

Wir freuen uns auch in Zukunft auf Qualit채tsjournalismus. <wm>10CEXKOw6AIBAFwBOxefthBbcUqIgxarz_UUxsLKabOSMTPlvf734GA5YTm8BzuCi5SBRjKjXgsgiYVxYWq6oaf05bSxcwgAdMRxsvo4BzH1wAAAA=</wm>


D i E AUTorE N

Martin Alioth, Korrespondent NZZ,

Dublin. S. 38.

Steffan Heuer, Korrespondent Brand­ eins, San Francisco. S. 106.

bettina Ambühl, Korrespondentin NZZ,

roderick Hönig, Redaktor Hochparterre,

Palo Alto. S. 37.

Zürich. S. 66.

Parsua bashi, Grafikdesignerin und Autorin, Teheran. S. 100.

Anja Jardine, Redaktorin Folio. S. 48, 116.

Lilli binzegger, ehem. Chefredaktorin

Alex Kühn, Sportredaktor Tages­Anzei­ ger Online, Zürich. S. 82.

Gudrun Sachse, Redaktorin Folio. S. 92. Thomas Schenk, Journalist und Schrift­ steller, Zürich. S. 64, 114. Michael Schindhelm, Schriftsteller und Kulturforscher, Rom. S. 105. Wolf Schneider, Schriftsteller, Starnberg.

S. 12.

Folio, Berlin. S. 90. Hanspeter Künzler, Kulturjournalist, Herbert Cerutti, ehem. Wissenschafts­ redaktor NZZ, Wolfhausen. S. 20, 66.

London. S. 70.

reto U. Schneider, Stv. Chefredaktor Folio. S. 53, 54, 56, 58, 60, 63, 72, 81, 96.

Yvonne Léger, Schriftstellerin und Angelo M. Codevilla, Professor für internationale Beziehungen, Boston University, Boston. S. 19.

Illustratorin, Zürich. S. 11.

Andreas Dietrich, Mitglied Chefredak­

benno Maggi, Art Director Folio. S. 74,

tion Tages­Anzeiger, Zürich. S. 62, 70, 80.

98.

Paul Flückiger, Korrespondent NZZ,

Dieter Meier, Künstler und Unterneh­

Warschau. S. 15.

mer, Zürich. S. 21.

Gundolf S. Freyermuth, Professor für

reinhard Meier, ehem. Auslandredaktor

Medienwissenschaften, Köln. S. 42.

NZZ, Zürich. S. 55.

Ermes Gallarotti, Wirtschaftsredaktor

Michael Meier, Redaktor Tages­Anzei­

NZZ. S. 108.

ger, Zürich. S. 61.

remo Geisser, Sportredaktor NZZ.

Joni Müller, Konzepter und Texter,

S. 113.

Zürich. S. 32.

beat Grossrieder, freier Journalist,

Franziska K. Müller, freie Journalistin,

Zürich. S. 38.

Zürich. S. 46.

beat Gygi, Wirtschaftsredaktor NZZ.

Konrad Muschg, freier Journalist, Tokyo.

S. 59.

S. 44.

Markus M. Haefliger, Korrespondent

Alan Niederer, Wissenschaftsredaktor

NZZ, Nairobi. S. 41.

NZZ. S. 100.

Markus Schneider, Verleger und Redak­

tor Schweizer Familie, Zürich. S. 78. Florian Leu, Volontär Folio. S. 80, 84. Lorenz Schröter, freier Wissenschafts­ journalist, Oldenburg. S. 110. Cyrill Stieger, Auslandredaktor NZZ.

S. 17, 50. Martin Suter, Schriftsteller, Ibiza und

Zürich. S. 40. Luca Turin, Biophysiker und Duft­

forscher, Athen. S. 75. Peter von Matt, emerit. Professor für Germanistik, Dübendorf. S. 10. Daniel Weber, Chefredaktor Folio. S. 14, 30, 56, 110. Udo Weilacher, Professor für Land­ schaftsarchitektur, München. S. 58. Urs Widmer, Schriftsteller, Zürich. S. 119. Harald Willenbrock, freier Journalist,

Hamburg. S. 59, 94. Peter Haffner, Korrespondent Tages­ Anzeiger­Magazin, Kalifornien. S. 20, 43, 46, 88, 96, 112.

rolf Pfeifer, Professor für Informatik und

Andreas Heller, Redaktor Folio. S. 13, 15, 24, 29, 31, 43, 53, 62, 65, 76, 78.

richard reich, Schriftsteller und Kolum­ nist, Zürich. S. 93.

08/2011

Leiter Labor für künstliche Intelligenz, Universität Zürich. S. 26.

Franz Zauner, Stv. Chefredaktor Wiener Zeitung, Wien. S. 32.

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Nullnummern bis August

1991 00/0000

Nullnummern Ende 1990 bekam das von Lilli Binzegger erarbeitete Konzept einer monothemati­ schen Monatszeitschrift grünes Licht vom Verwaltungsrat der NZZ. Aus dem Proto­ koll der 1128. Sitzung vom 17. Dezember:

Nr. 0

Nr. 8 August 1991

März 1991

D I E Z E I T S C H R I F T D E R N E U E N Z Ü RC H E R Z E I T U N G

D I E Z E I T S C H R I F T D E R N E U E N Z Ü RC H E R Z E I T U N G

Kriminalgeschichten

Wege der Schweiz

···································

···································

Die Geburt des Detektivs · Glauser und Dürrenmatt · Verbrechergeschichten ·

Der Weg der Schweiz · Ausweg Schweiz · Weg aus der Schweiz!

Plastic-Krimis · Krimi-Comic · Die Gefühle beim Krimi-Lesen

Ein Weg aus der Schweiz · Umweg Schweiz · Holzweg Schweiz · Rubriken

Die Schweiz als Beiz

Oft haben Schweizer Schriftsteller ihr Land mit einem Wirtshaus verglichen. Heute empfindet es Peter von Matt eher als Ferienresort.

Beschluss «Der Verwaltungsrat stimmt den Anträ­ gen der Geschäftsleitung vom 16. Okto­ ber 1990 mit sechs Ja­ zu zwei Nein­Stim­ men zu; ab Spätsommer 1991 wird die NZZ als Beilage zur Zeitung eine monat­ lich erscheinende Publikation – NZZ Fo­ lio – herausgeben.»

Am 1. August 1991 feierte die Schweiz ihren 700. Geburtstag – ein guter Grund, die erste Nummer des NZZ Folios, die am 5. August 1991 erschien, unserem Land zu widmen. Er­ öffnet wurde das Heft mit einem Essay von

Grenzerfahrung

08/1991

Urs Widmer unterwegs im Jura: «Man will nicht hin, man ist einfach da.» Wir hatten ihn gebeten, einer Schweizer Grenze entlangzugehen, und so wanderte der Schriftsteller Urs Widmer mit seiner Frau durch den Jura, folgte dem sich schlängeln­ den Doubs, mit zunehmend schwereren Bei­ nen, aber frei fliegenden Gedanken. Mit wun­ den Füssen kamen sie in Saint­Ursanne an, wo er die Geschichte enden lässt: «Wir gingen dann trotzdem noch ein paar Schritte und kamen zu einer Auberge, die uns einladend entgegensah. Wir grüssten höflich und fragten ein etwa sechzehnjähriges Mäd­ chen, das hinter dem Tresen stand und Gläser spülte, ob sie ein Zimmer für uns habe. Sie hob den Kopf und sagte: ‹C’est pour une heu­ re, ou c’est pour toute la nuit?› Ich dachte, ich hätte nicht recht gehört, und drehte mich

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08/1991

nach meiner Frau um. Sah in ihrem Gesicht, dass ich recht gehört hatte. Das letzte Mal war uns das so um 1960 in Marseille passiert! Im Hafenviertel, wo niemand länger als eine Stunde im Bett bleibt! Wir nickten beide und sagten im Chor: ‹Für beides, Mademoiselle!› Und so war es dann auch.» Urs Widmer hat in der Folge immer wieder Geschichten von meisterlich leichter Hand fürs Folio geschrieben: Etwa über die Not­ wendigkeit, das Glück zu erfinden, und über den Sportfan in der Krise; über Bier, über das Schweizer Mittelland und über das liebe Geld. Und ein Jahr lang, von Oktober 1994 bis Oktober 1995, hat er in jeder Nummer eine Kurzgeschichte zum Heftthema beigesteuert – so, wie er es auch in diesem Heft tut (S. 119).

Peter von Matt. Der Germanist zitierte darin Gottfried Keller, der die Schweiz als stattli­ ches Gasthaus imaginierte und gleichzeitig als Räuberherberge – als Ort zwischen Glanz und Schändlichkeit. Die schillernde Wirts­ hausmetapher sei häufig in der Schweizer Li­ teratur, schrieb von Matt, und sie sage mehr über das Land als all die Grundsatzpapiere der Politiker. Wie sieht er das zwanzig Jahre später?

Vom Wirtshaus zum Resort «Das derbe Wirtshaus zum Schweizerdegen, von dem Gottfried Keller so zweideutig ge­ sungen hat, ist inzwischen zu einem Resort geworden. Der Begriff wird von Wikipedia wie folgt umschrieben: ‹In vielen Urlaubsge­ bieten werden Resorts als geschlossene und bewachte Anlagen konzipiert, typisch für Resorts sind Anlagen mit Zutrittskontrolle. Dadurch soll den Gästen eine eigene Welt ab­ seits der zum Teil unterentwickelten und ge­ fährlichen Aussenwelt geboten werden.› Während es bei Keller heisst, alle Völker der Welt seien im Wirtshaus schon einge­ kehrt, zielt heute eine kollektive Feindselig­ keit gegen jeden, der sich ohne ausreichende Eigenmittel dem Resort und seinen Wellness­ zonen nähert. Ob einer zur ‹unterentwickel­ ten und gefährlichen Aussenwelt› gehört, ist allein von seinem Vermögensausweis abhän­ gig. Die nationalen Bademeister verfügen ihrerseits über erstaunliche Geldmengen. Darauf beruht der verbreitete Glaube, die Schweiz sei das einzige Land der Welt, dem nichts geschehen könne.»

08/2011


«Hier bleiben»

08/1991

Eine dreiköpfige Familie aus Sri Lanka war vor dem Krieg geflohen und nach einer Odyssee in die Schweiz gelangt, wo sie Asyl erhielt. Wie geht es Daniel, Vasantha und Renika heute?

Die Geschichte einer tamilischen Flücht­ lingsfamilie – Daniel, 43, Vasantha, 30, die sich heute Vasanthy nennt, und Renika, 4½ – ist vor zwanzig Jahren unter dem Titel «Fremd im Land» erschienen. Daniel wur­ de als Verdächtiger der Liberation Tigers of Tamil Eelam, die für einen unabhängigen tamilischen Staat kämpften, mit dem Tod bedroht. Er entschloss sich, mit Frau und Tochter zu fliehen. Nach einer gefährlichen Odyssee kamen sie in unser Land und meldeten sich bei der Fremdenpolizei in Zürich. Nach meh­ reren provisorischen Unterkünften fanden sie 1990 eine Wohnung, in der ich sie damals besuchte. Die Familie lebte unter anderem Namen, um Verwandte und Bekannte in den blutigen Rassenunruhen in Sri Lanka nicht in Schwierigkeiten zu bringen. Zwanzig Jahre später herrscht Waffenstill­ stand in Sri Lanka. Was bedeutet das? Ist es der langersehnte Frieden? Auf dem Briefkasten der Tamilen steht ihr richtiger Name, doch ich nenne aus Rücksicht nur ihre Vornamen. In der tamilischen Familie hat sich einiges verändert. Einschneidend war der frühe Krebstod des Vaters 1997. Fünfzig Jahre alt ist Daniel geworden. Vier Jahre davor kam ein zweites Töchterchen auf die Welt, Renuka. Als Baby mit verengter Luftröhre kämpfte sie ums Überleben. Eine Kanüle wurde ihr in den Hals

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gelegt. Die Wunde ist längst verheilt. Aus der kleinen Renuka wurde die erwachsene acht­ zehnjährige Renuka. Mit grossen, fragenden Augen schaute ihre Schwester, die viereinhalbjährige Renika, vor zwanzig Jahren in die Kamera; die Eltern wa­ ren nur als Schattenwesen im Hintergrund auf dem Bild, aus Angst, erkannt zu werden. Heute ist Renika eine selbstbewusste Frau, die Wirt­ schaftsrecht an der Zürcher Hochschule in Winterthur studiert. Dieses Mal ist sie es, die nicht fotografiert werden will. Nein, nicht aus Angst vor Repressalien. «Ich bin fotoscheu», sagt sie. Die Schwester hätte nichts dagegen. Und diesmal auch die Mutter nicht. Die Mutter, Vasanthy, arbeitet als Putzfrau im gleichen Krankenheim, in dem sie damals als Flüchtling Arbeit gefunden hatte. Sie er­ nährt die Familie. Unterstützt von Renika, die neben dem Studium da und dort jobbt und Deutschstunden gibt. Vasanthy und die Töchter wohnen nicht mehr in der alten Wohnung, die mit Angst, Krankheit und Tod verbunden war. Der ge­ liebte Vater hatte seine Krankheit lange ver­ schwiegen; er wollte die Familie nicht beunru­ higen. Nun lastete alles auf Vasanthy mit ihren noch kleinen Töchtern. Von der Wohnzim­ merwand schaut Daniel auf seine drei Frauen, ein gutaussehender Mann. 1984 hatte er Va­ santhy geheiratet. Die Erinnerung schmerzt, doch die Witwe meint, sie hätten ein paar gute Jahre in der Schweiz gehabt. Vasanthy ist immer noch eine attraktive Frau, trägt ein langes, weisses Kleid mit roten Tulpen. Mit den Töchtern unterhält sie sich in Tamil. Renika und Renuka tragen Jeans und reden Schweizerdeutsch. Sie besit­ zen den Schweizer Pass. Die Mutter hat die Niederlassungsbewilligung.

Das Wort Heimat fällt. Für die ältere Schwester ist es ein schwieriger Begriff. Es sei die Kultur der Mutter, die sie und Renuka mit ihr teilten. Es gebe Momente, wo manches in Frage gestellt werde. Aber man dürfe sich in den Fragen nicht verlieren, müsse den Boden unter den Füssen spüren. Glaube und Familie verliehen Kraft. Beide Töchter haben das Be­ dürfnis, Probleme bis ins kleinste Detail aus­ zudiskutieren. Mit ihren Freundinnen, noch lieber mit Mama … Sie ist Zuhörerin und See­ lenauffängerin. Wer fängt Mama auf? Natürlich die Töchter. Die Kollegen im Krankenheim. Geborgen fühlt sie sich in der tamilischen reformierten Kirche, zu der sie Renika und Renuka begleiten. Va­ santhy war bis zu ihrer Heirat Hindu, ihr Mann gläubiger Christ. Sie konvertierte und trat in ei­ nem golden verzierten roten Seidensari mit Daniel vor den Traualtar. Noch einmal hei­ raten möchte sie nicht. Daniel ist in ihrem Herzen. Die Frauen sind überzeugt, von den Schweizern akzeptiert zu sein. Die jüngere Schwester geht in die Berufswahlschule und hat einen Wunsch: eine Stelle als kaufmänni­ sche Angestellte zu finden. Renika, die ältere, ist geprägt von ihrem Schicksal und dem ihrer Eltern; sie verspürt den Wunsch, Brücken zu schlagen zwischen den Kulturen. Bei einem Besuch in Sri Lanka wurde sie Zeugin katastro­ phaler Zustände in den Spitälern. Den Ärms­ ten helfen, mit den Behörden verhandeln, das möchte sie. «Ich kenne und verstehe beide Sei­ ten. So könnte ich etwas von dem zurückge­ ben, was man mir gegeben hat.» Und die Mutter? Hat sie auch einen Wunsch? Vasanthy lächelt. «Gesundheit. Hier bleiben, in der Nähe der Töchter.» Yvonne Léger

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September bis Dezember

1991

Nr. 9

September 1991

D I E Z E I T S C H R I F T D E R N E U E N Z Ü RC H E R Z E I T U N G

Die Mafia ···································

Totò u curtu · Die Falcone-Methode · Impressionen aus Palermo und Corleone Der mafiose Geist · Die Spur des schmutzigen Geldes · Rubriken

09/1991

Qualität kommt von Qual Unermüdlich fordert Wolf Schneider von allen, die schreiben, eine knappe, klare Sprache. Brauchte die deutsche Sprache einen Papst, gebührte ihm das Amt: dem Journalisten und Sprachkritiker Wolf Schneider. Er war Wash­ ington­Korrespondent und Nachrichtenchef der «Süddeutschen Zeitung», Chef vom Dienst beim «Stern», Chefredaktor der «Welt», bevor er 16 Jahre lang die Hamburger Journalisten­ schule leitete. Der begnadete Polemiker hat nicht nur journalistische Standardwerke ge­ schrieben («Deutsch für Profis», «Handbuch des Journalismus»), sondern auch von enor­ mem Wissen zeugende Sachbücher wie «Der Mensch – eine Karriere», «Die Sieger» und «Grosse Verlierer». Im Mai 2011 wurde ihm der «Henri­Nannen­Preis für das publizisti­ sche Lebenswerk» verliehen. Schneider ist ein Folio­Autor der ersten Stunde und unserer Zeitschrift bis heute als Kolumnist verbunden. In seiner Jubiläums­«Sprachlese» nimmt er einige neue Sprachentwicklungen ins Visier.

Vom Steinmetz zum Blogger «Die Sprache durchlebt gegenwärtig ihre dritte Revolution. Die erste war, dass das ge­ sprochene Wort nach Jahrzehntausenden des blossen Plapperns schriftlich fixiert, die zwei­ te, dass es im Buchdruck millionenfach ver­ breitet werden konnte; mit der dritten Revolu­ tion kehren wir auf elektronischem Wege zum Geplapper zurück. Schreiben – das hiess, als es vor etwa 5000 Jahren in Babylonien und Ägypten erfunden wurde: optische Symbole für Gegenstände oder gesprochene Laute ersinnen und sie in Ton drücken, in Holz schnitzen, in Stein meis­ seln – Mühsal also! Und aus der folgte: das Wortaufkommen auf einen Tausendstel redu­ zieren gegenüber dem Palaver am Lagerfeuer und dem Murmeln der Gebete. ‹Meine Feinde pfählte ich. Im Meer reinigte ich meine Waffen.› Dergleichen liess sich der

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Pharao in den Thronsessel oder in Tempelfrie­ se hämmern. So wurde der Sprache das äus­ serste Gegenteil ihres Ursprungs aufgezwun­ gen: Kürze, Präzision! Vielen Formen der Sprachkunst haben die Steinmetze den Weg bereitet: der Lyrik, dem Befehl, dem Werbeslo­ gan – und temporeichen Sätzen wie Goethes ‹Der König sprach’s, der Page lief, der Knabe kam, der König rief: Lasst mir herein den Alten!› Kritik an der Schrift gab es auch: Sie lasse das Gedächtnis verkümmern, schrieb Platon im ‹Phaidros›, und jedes einmal hingeschrie­ bene Wort treibe sich fortan unkontrolliert in der Welt herum. Mit Gutenbergs beweglichen Lettern voll­ zog sich im 15. Jahrhundert die zweite Revo­ lution: Nun liess alles Geschriebene sich ver­ tausendfachen – und das hiess: Die Zahl der Lesekundigen stieg rapide; zugleich entwi­ ckelte sich das Bedürfnis nach einer Sprache, die möglichst viele verstanden (Luther befrie­ digte es), sowie nach Grundregeln der Recht­ schreibung und der Grammatik. Damit verband sich die Chance, im Sturm­ lauf die Bibel zu verbreiten, mit denselben Mitteln aber auch Schwachsinn und Unsinn. Als der langjährige RTL­Chef Helmut Thoma auf die Seichtheit seines Programms ange­ sprochen wurde, erwiderte er hochgemut: ‹Wir müssen noch sehr viel Schund senden, bis wir an die Menge des Schrotts heranrei­ chen, der seit Gutenberg gedruckt worden ist.› Und dies, obwohl es ja das Vorrecht einer Minderheit blieb, gedruckt zu werden: Wer nicht reich war, brauchte einen Verleger, spä­ ter einen Lektor oder einen Redaktor, der sein Manuskript des Vervielfältigens für wert be­ fand. ‹Schleusenwärter› heissen diese Leute in der Medienwissenschaft. Gewiss: Auch Un­ fug, Lügen, Kitsch liessen und lassen sie pas­ sieren; überwiegend aber garantierten sie ein

gewisses Mindestniveau des sprachlichen Ausdrucks. Diese Kontrollinstanzen werden nun durch Blogs, Twitter, Facebook vollstän­ dig überrollt – die dritte Umwälzung der Spra­ che: Instantkommunikation in Eigenregie, ohne Zugangsbeschränkung, auch ohne die kleinen Hürden, die einer Produktion früher im Wege standen: Papier einspannen, gar die Feder in die Tinte tauchen! Würde sich das Schriftaufkommen des Abendlands nicht so­ fort halbieren, dritteln, fünfteln, wenn jeder sich vor dem Senden eine Briefmarke besor­ gen müsste? Es ist eine Beiläufigkeit der Mit­ teilung erreicht, die sich der spontanen Rede nähert; und ähnlich wie bei dieser sind Kürze und Präzision keine Werte mehr. Die Mail hat immerhin einen Adressaten, das schafft einen Rest von Schreibdisziplin. Doch sind Mails im Durchschnitt deutlich län­ ger als Schreibmaschinentexte, ärmer also an Substanz pro Zeile – und selten auf Exaktheit kontrolliert: Das stets makellose Schriftbild auf dem Bildschirm gibt ja nie das Signal ‹Prüfe mich – schreib mich um!›, wie es einst vom mehrfach übertippten Typoskript ausging. Auch Schriftsteller verbessern ihre Texte messbar seltener als vor vierzig Jahren, und viele Lektoren prüfen nur noch sporadisch. Beim Blog wird noch weniger abgewogen, kaum noch gefragt, ob man überhaupt etwas zu sagen habe und wie man es am knappsten, am präzisesten ausdrücken könnte. Auch lie­ ben es viele Blogger, zu protestieren, ehe sie gelesen haben; Lesen war gestern. So treibt die geschriebene Sprache zur ge­ sprochenen zurück – mit allen Vorzügen der Spontaneität und allen Nachteilen geschwät­ ziger Gedankenlosigkeit. Als Wilhelm Busch seine Lebensweisheit prägte: ‹Wer Sorgen hat, hat auch Likör› – da hatte er noch wie ein Stein­ metz gearbeitet. Vorbei.»

08/2011


Nr. 10

Oktober 1991

Nr. 12 Dezember 1991

Nr. 11 Oktober 1991

D I E Z E I T S C H R I F T D E R N E U E N Z Ü RC H E R Z E I T U N G

D I E Z E I T S C H R I F T D E R N E U E N Z Ü RC H E R Z E I T U N G

D I E Z E I T S C H R I F T D E R N E U E N Z Ü RC H E R Z E I T U N G

Verführungen

Über Bücher

Kinder am Rand ···································

Die geheimen Verführer · Die Intellektuellen und die Macht · Sucht der Zivilisation

Der lange Weg des Manuskripts · Literaturagenten · Bibliophile und Bibliomanen

Kindheit gestern und heute · Kinder zwischen zwei Kulturen · Kindheit für den Sport

Versuchungen des Alltags · Erotik im Labor · Evolution einer Strategie

Samisdat, eine Erinnerung · Ein Mikrogramm von Walser · Rubriken

In der Moskauer Auffangstation · Als Schwarzer unter Weissen · Rubriken

Rubriken

···································

Weniger Autoren, mehr Umsatz

···································

10/1991

Wie sich die Schweizer Buchbranche in zwanzig Jahren verändert hat. 1991 Anzahl Mitglieder des Verbands Autoren der Schweiz: Anzahl Beschäftigte in der Buchbranche der Deutschschweiz: Jahresumsatz der Schweizer Buchbranche in Franken: Anzahl der Verlage in der Schweiz: Anzahl der Buchhandlungen in der Schweiz: Frauenanteil in Schweizer Buchhandlungen in Prozent: Ankaufsbudget des Schweizerischen Literaturarchivs pro Jahr:

2011

1400 940 4000 2300 750 000 000 1 000 000 000 450 400 970 560 82,5 75 650 000 500 000

Sportkind

11/1991

Seine Vorhand war bereits gefürchtet, sein Aufschlag noch etwas zahm: Trainingsbesuch beim damals 13jährigen Tennisspieler Tommy Haas. 10/1991

Leserbrief Wo sind die Folios 1 bis 7? Zu unserem NZZ­Abonnement erhielten wir bisher nur NZZ Folio 8 und 9. Wir bitten um Nachlieferung der Nrn. 1 bis 7. Bundesministerium für Wirtschaft, Bonn Wir haben zahlreiche Anfragen dieser Art erhalten. NZZ Folio Nr. 1 bis 7 gibt es jedoch nicht. NZZ Folio hat mit der Nr. 8 begon­ nen, weil die erste Ausgabe im August er­ schien und wir die Heftnummer dem Mo­ nat zuordnen wollten. Der Jahrgang 1991 hätte sonst im Dezember mit der Nr. 5 auf­ gehört. Die Redaktion

08/2011

Er war eben 13 geworden und erst einssechzig gross, als ich ihn besuchte. Aber sein Vater pries ihn Investoren bereits als neuen Boris Becker, als Wimbledon­Sieger des Jahres 2000 an: Wer 50 000 Mark in die Ausbildung seines Sohnes investierte, dem versprach er einen Anteil an den Preisgeldern des künfti­ gen Tenniscracks. Aus dem unscheinbaren Jungen wurde tatsächlich Deutschlands neuer Tennisstar. 1999, exakt in dem Jahr, als Boris Becker und Steffi Graf ihren Rücktritt erklärten, gewann Tommy Haas sein erstes ATP­Turnier, und ein Jahr später holte er an den Olympischen Spielen die Silbermedaille. In der Weltrang­ liste kämpfte er sich bis auf Rang 2. Der Ge­ winn eines Grand­Slam­Turniers blieb ihm jedoch versagt. Nach vielen Verletzungen er­

reichte er 2009 in Wimbledon immerhin den Halbfinal, wo er Roger Federer unterlag. Bereits als 13jähriger zeigte Tommy Haas einen eisernen Willen. Er sagte Sätze wie: «Wenn man ein Ziel hat, dann muss man dem alles unterordnen.» Der Aufwand hat sich fi­ nanziell gelohnt. Über die Jahre hat er allein an Preisgeldern 10 Millionen Dollar einge­ spielt. Seine Förderer hingegen guckten in die Röhre. Erst als ihn ein Münchner Gericht dazu verknurrte, zahlte Haas seinen Sponso­ ren ihren Einsatz samt Provision zurück. Tommy Haas ist mittlerweile 33, in der Weltrangliste steht er auf Platz 800 und etwas. Ans Aufhören denkt er nicht, obwohl sein Körper immer deutlichere Verschleisser­ scheinungen zeigt. Nach der Schulter und dem Ellbogen musste er sich auch noch die Hüfte operieren lassen. Perfekt scheint hinge­ gen das Familienglück. Der Tennisstar ist ver­ heiratet mit der Schauspielerin Sara Foster, letzten November bekamen sie eine Tochter. Das Kind soll einmal seinen eigenen Weg ge­ hen, sagt Tommy Haas. «Ich will kein Tennis­ vater sein.» Andreas Heller

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Januar bis Juli

1992

Nr. 1

Januar 1992

Nr. 2 Februar 1992

D I E Z E I T S C H R I F T D E R N E U E N Z Ü RC H E R Z E I T U N G

D I E Z E I T S C H R I F T D E R N E U E N Z Ü RC H E R Z E I T U N G

Entsagung

Kuba

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Tage im Zisterzienserkloster · Politische Entsagung · Eremit im Tessin

Ein Staat in der Krise · Der Mythos der Revolutionäre · Alltag in Havanna

Mayröcker und Muschg über die Entsagung · Grenzerfahrungen des Bergsteigers

Die Geschichte einer Insel · Fidel Castro – und danach?

Rubriken

Rubriken

01/1992

Welch ein Glück!

Eigentlich wollten wir mit unseren «Folio Fo­ lies» jeden Monat einem anderen Cartoonis­ ten eine Plattform geben. Aber nachdem wir den «Grossvater» von Gerhard Glück bekom­ men hatten, fiel uns der Entscheid leicht, Glück zu unserem festen Hauscartoonisten zu machen. Da war in einem Bild alles da, was den grossen Humoristen auszeichnet: das Witzige und das Groteske, das Hintergründige und das Melancholische. Gerhard Glücks Car­ toons sind nichts für Anhänger des krachen­ den Humors; sie setzen auf subtile Details und feine Ironie. Harmlos sind sie deswegen nicht – Glück ist ein Meister der liebenswürdigen Gnadenlosigkeit. Wenn wir über seine Figuren lachen, tun wir es immer auch, weil wir in ihnen unsere eigenen Schwächen erkennen. Das Werk des in Kassel lebenden Künstlers ist mit vielen Ausstellungen und allen wichtigen Preisen geehrt worden. Und im Lappan­Ver­ lag sind seine Cartoons, auch die meisten der im Folio publizierten, in Buchform erschie­ nen. Daniel Weber

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08/2011


Nr. 3

März 1992

Nr. 4

April 1992

Nr. 5

Juni 1992

Nr. 7 Juli 1992

D I E Z E I T S C H R I F T D E R N E U E N Z Ü RC H E R Z E I T U N G

Drogenpolitik auf Irrwegen

Experimente

Fremdenangst, Fremdenhass

Sport und Geld

D I E Z E I T S C H R I F T D E R N E U E N Z Ü RC H E R Z E I T U N G

Karrieren ···································

Nr. 6

Mai 1992

D I E Z E I T S C H R I F T D E R N E U E N Z Ü RC H E R Z E I T U N G

D I E Z E I T S C H R I F T D E R N E U E N Z Ü RC H E R Z E I T U N G

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D I E Z E I T S C H R I F T D E R N E U E N Z Ü RC H E R Z E I T U N G

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Aufsteiger in Osteuropa · Alexander Pereira über Kunst und Geld

Chronik eines verlorenen Kampfes · Lehren aus der Alkoholprohibition · Drogenlexikon

Spektakel in Kunst und Wissenschaft · Selbstversuche · Antiautoritäre Erziehung

Warum die Angst und der Hass? · Beobachtungen in einer kleinen Stadt

Von Jesse Owens zu Carl Lewis · Der Vermarkter McCormack · Ed Moses über Doping

Frauenkarrieren · Entlassen – was nun? · Die einzig wahre Karriere

Interview mit Milton Friedman · Skizze einer neuen Politik · Ein Meinungswechsel

Mutterseelenallein im All · Ein Käse · Die Ratte – eine Hommage

Ein «Lexikon» der Konfliktbereiche · Das Zeugnis eines Fremden

Der Medienpoker · Sportimporteur Japan · Der Fan in der Krise

Rubriken

Rubriken

Rubriken

Rubriken

Rubriken

04/1992

Für eine liberale Drogenpolitik Die «Drogenhölle» am Zürcher Platzspitz war der Beweis für das Scheitern der Repression.

treibt und der Drogenmafia fette Gewinne beschert. 1992 zählte man in der Schweiz 412 Drogentote, ein neuer trau­ riger Rekord. Es kam zu rund 29 000 Verzeigungen wegen Verstössen gegen das Betäubungsmittelgesetz und zu 5134 Verurteilungen. Als Ausweg aus dieser Sackgasse skizzierte das Folio eine liberale Drogenpolitik mit einer Entkriminalisierung des Konsums und einer staatlichen Heroinabgabe. Einige Ideen fielen auf fruchtbaren Boden. Einen Mo­ Zu Beginn der 1990er Jahre machte Zürich Schlagzeilen mit seinem «Needle Park». Am Platzspitz (und später am nat nach Erscheinen des Heftes bewilligte der Bundesrat Letten) tummelten sich Hunderte von Fixern und Dealern, erstmals eine ärztlich kontrollierte Abgabe von Heroin an es herrschte eine offene Drogenszene, die Süchtige aus der Schwerstsüchtige. Ab 1994 wurden die Methadon­ und die ganzen Schweiz und dem Ausland anlockte. Die Situation Heroinabgabe versuchsweise in verschiedenen Kantonen war ausser Kontrolle, trotz massiver Polizeipräsenz. Das eingeführt und fünf Jahre später mit einem Bundesbe­ Folio forderte ein Umdenken in der Drogenpolitik. Es zeig­ schluss auf eine legale Basis gestellt. Die offenen Drogen­ te auf, wie die Repression die Süchtigen erst recht ins Elend szenen verschwanden, und die Zahl der Drogentoten sank markant, 2008 waren es 198. Verschiedene Studien kommen zum Schluss, dass die fort­ 03/1992 schrittliche Drogenpolitik die Situation der Abhängigen verbessert hat: Ihr Gesundheits­ zustand ist stabiler und ihr Leben erträgli­ cher. Die Geschäftsfrau aus Warschau hatte Pläne – die Liebe kam dazwischen. Das Drogenproblem ist heute weniger sichtbar und somit kein heisses politisches Gra˙zyna machte Ferien an der Adria, ver­ Thema mehr. Von einer Legalisierung des liebte sich und zog zu dem Mann nach Fra­ Drogenkonsums, wie sie in unserem Heft un­ scati. 1994 wurde Andrea geboren. Zuerst ter anderem der Ökonom und Nobelpreisträ­ pendelte die Konvix­Chefin zwischen Italien ger Milton Friedman nachdrücklich forderte, und Polen. Zwei Jahre später liquidierte die kann allerdings keine Rede sein. Die Verzei­ Mittdreissigerin ihre Firma. «Ich wollte ein­ gungen haben weiter zugenommen (2008 fach nicht mehr», sagt sie heute und lacht. Die waren es 35 000), und die Verurteilungen be­ Familie war ihr wichtiger geworden. Einen liefen sich im Jahr 2009 auf 5669. Die Statisti­ Anfang der 1990er Jahre war sie ein aufgehen­ Teil ihres Vermögens wollte sie in ein Hotel ken zeigen ausserdem einen Trend zu Hanf­ der Stern unter Polens neuen Geschäftsfrau­ für polnische Vatikanpilger investieren. produkten und Halluzinogenen. Als ihr junger Ehemann an Krebs erkrank­ en: Gra˙zyna Nowaczyk, die ihre Import­Ex­ Andreas Heller port­Firma Konvix rasant von 19 auf über 80 te und starb, zerschlugen sich diese Pläne. Angestellte vergrösserte. Das Geschäft lief Seit 2002 lebt Wierzcho´n mit ihrem Sohn wie­ gut, zu den Elektronikartikeln kamen bald der in Warschau. An einer Ausfahrtstrasse hat Teppiche aus Indien, später Häuser und sie «La Luna» gekauft, ein polnisch­italieni­ Grundstücke. «Doch dann kam dieser un sches Restaurant. Sie könne nicht stillsitzen, bändige Kinderwunsch», erzählt Gra˙zyna sagt sie. Und wenn es einmal für ihre Asienrei­ Wierzcho´n, die wieder ihren Mädchennamen sen nicht reicht, verkauft sie eine Immobilie. Paul Flückiger angenommen hat.

Karrierebruch

08/2011

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August bis September

1992

Nr. 8

Nr. 9

August 1992

D I E Z E I T S C H R I F T D E R N E U E N Z Ü RC H E R Z E I T U N G

Asheville, USA ···································

Eine Kleinstadt im heutigen Nordamerika:

September 1992

D I E Z E I T S C H R I F T D E R N E U E N Z Ü RC H E R Z E I T U N G

Der Krieg auf dem Balkan ···································

Politik und Verwaltung – Family Life – Schwarze – Wirtschaft – Kultur und Geschichte

Vom Amselfeld bis Milosevic: eine Geschichte des Hasses · Trügerische Ruhe in Kosovo

Gesundheitswesen – Medien – Religion – Schulen – Food, Beverage, Leisure

Im Flüchtlingslager · Die Konfliktparteien an einem Tisch · Titos Traum

Rubriken

Rubriken

09/1992

Geschichte eines Hasses 08/1992

Nach dem Zerfall von Jugoslawien bekämpften sich Serben, Kroaten und Bosnier aufs erbittertste. Heute hoffen alle auf den EU­Beitritt.

Folio verreist Im Frühling des amerikanischen Wahl­ jahres (gewählt wurde dann im November Bill Clinton) besuchte die Folio­Redaktion Asheville in North Carolina, eine durch­ schnittliche amerikanische Kleinstadt. Be­ gleitet vom Magnum­Fotografen René Burri, begaben wir uns auf die Suche nach dem Alltagsamerika abseits der bekannten Grossstädte. Im Lauf der Jahre entstanden weitere solche Konzepthefte mit Fotogra­ fen, darunter «Rimini» (1994) mit Giorgio von Arb, «Wanne­Eickel» (1997) mit Iren Monti, «Las Vegas» (2000) mit René Burri, «Olten einfach» (2003) mit Martin Parr. Nr. 6

Juni 1994

D I E Z E I T S C H R I F T D E R N E U E N Z Ü RC H E R Z E I T U N G

Rimini ···································

Von der Sommerfrische zum Touristengrill und zurück · Ferragosto, Nacht der Nächte Im Stau · Im Hotel · Am Strand · Im Winter · Fellinis Rimini Rubriken

Nr. 7

Juli 2003

NZZ FOLIO DIE ZEITSCHRIFT DER NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG

OLTEN EINFACH HALT AUF VERLANGEN Ausserdem: Die unverhoffte Auferstehung eines Dufts 9 Paartherapeutische Filmtipps 13 Rabenschwarzer Kosmopolit 56 Wolke in der Tiefkühltruhe 58 Leben im Szenequartier 60

08/2011

Am 25. Juni 1991 erklärten sich die beiden ju­ goslawischen Teilrepubliken Slowenien und Kroatien für unabhängig. Damit war das Schicksal Jugoslawiens besiegelt. Der von Tito nach dem Zweiten Weltkrieg geschaffene kommunistische Vielvölkerstaat zerbrach in blutigen Kriegen. Schon in den Jahren zuvor waren die sechs Teilrepubliken, nämlich Slowenien, Kroa­ tien, Serbien, Bosnien­Herzegowina, Monte­ negro und Mazedonien, politisch und wirt­ schaftlich auseinandergedriftet. Nach einem kurzen Krieg in Slowenien spitzte sich die Lage in Kroatien zu. Die Kämpfe zwischen den kroatischen Truppen und den aufständi­ schen kroatischen Serben, die sich von Za­ greb loslösen und Serbien anschliessen woll­ ten, wurden in der zweiten Hälfte des Jahres 1991 immer heftiger. Noch schlimmer war der Krieg, der im April 1992, wenige Monate nach dem Waffenstillstand in Kroatien, in Bosnien ausbrach. Es war der längste und blutigste. Über 100 000 Menschen starben, weit mehr als eine Million wurden vertrieben. Fassungslos blickte die westliche Öffent­ lichkeit auf die Ereignisse. Auch das Folio suchte Antworten auf die Frage, wie so etwas in Europa geschehen konnte. Jens Reuter sah in seinem Artikel den Schlüssel für den ent­ setzlichen Krieg im Zusammenprall der un­ versöhnlichen serbischen und kroatischen Staatsideen, im Anspruch der nationalisti­ schen Serben, in einem einzigen Staat zu le­

ben. Anders als in Ostmitteleuropa, wo 1989 die kommunistische Herrschaft im Namen der Bürgerrechte abgeschüttelt worden war, stand in Serbien und Kroatien der Aufbruch unter nationalen Vorzeichen, nicht unter de­ mokratischen. Das erwies sich als verhängnisvoll. In den ersten freien Wahlen kamen Nationalisten an die Macht, die Jugoslawien in den Abgrund stürzten. Der Begriff Jugoslawien («Südsla­ wien») – und damit die Idee eines gemeinsa­ men Staates der südslawischen Völker – wur­ de zu Beginn des 21. Jahrhunderts endgültig zu Grabe getragen. Es gibt kein Jugoslawien und keine Jugoslawen mehr. Heute sind alle sechs ehemaligen jugoslawischen Teilrepu­ bliken souveräne Staaten. Zuletzt erklärte sich 2008 auch Kosovo, einst eine autonome Provinz Serbiens, für unabhängig. Damit ent­ stand ein zweiter albanischer Staat auf dem südlichen Balkan. Als der Krieg in Slowenien in der Nacht auf den 26. Juni 1991 begann, sahen Politiker der damaligen Europäischen Gemeinschaft, der heutigen EU, die Stunde Europas gekommen. Doch sie schauten der Tragödie vor ihrer Haustüre hilflos zu. Die Stunde Europas schlug erst ein Jahrzehnt später, als alle Län­ der auf dem westlichen Balkan zu potentiellen EU­Beitritts­Kandidaten erklärt wurden. Slo­ wenien ist seit 2004 Mitglied der EU; Kroatien steht vor dem Beitritt; Mazedonien und Mon­ tenegro haben den Kandidatenstatus; Serbien hofft, diesen bald zu erhalten. Bosnien und vor allem Kosovo hinken hinterher. Dennoch hat der Westen mit der EU als Lockvogel nach den verheerenden Kriegen auf dem Balkan eine positive Dynamik in Gang gesetzt. Die Aus­ sicht auf einen EU­Beitritt ist in all diesen Län­ dern der wichtigste Motor für Veränderungen. Cyrill Stieger

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Oktober bis Dezember

1992

Nr. 10

Oktober 1992

Nr. 11

D I E Z E I T S C H R I F T D E R N E U E N Z Ü RC H E R Z E I T U N G

November 1992

Nr. 12 Dezember 1992

D I E Z E I T S C H R I F T D E R N E U E N Z Ü RC H E R Z E I T U N G

D I E Z E I T S C H R I F T D E R N E U E N Z Ü RC H E R Z E I T U N G

Die EG – Modell und Wirklichkeit

Geheimdienste

Supermarkt E-Musik

Die Geschichte einer Idee · Bei den Eurokraten · Die Tricks der Präsidenten

Wie die geheimen Dienste arbeiten – KGB und CIA nach dem Fall des Eisernen Vorhangs

Die Branche in Zahlen · Was tun Agenten? · Solisten am Karrierebeginn

Die Macht der Lobbyisten · Wie ein Gesetz entsteht · Der Brüsseler Jargon

Die Wirklichkeit hinter den Legenden – Ein Spion über seine Tricks

Die Juilliard School · Portrait eines Orchesters und seines Dirigenten

Rubriken

Rubriken

Rubriken

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Spione am Schreibtisch

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11/1992

Vom Kampf gegen den Kommunismus zum Kampf gegen den Terrorismus – die Arbeit der US­Geheimdienste ist nicht besser geworden, nur viel teurer, sagt der Politikwissenschafter Angelo M. Codevilla.

Nach dem Ende des Kalten Kriegs formulierte Angelo M. Codevilla ver­ nichtende Kritik an den US­Geheimdiensten, die 100 000 Leute be­ schäftigten und 30 Milliarden Dollar pro Jahr kosteten. Codevilla, da­ mals Professor in Stanford und Mitglied des Geheimdienstkomitees des Senats, warf den Diensten vor, sie würden Berge von irrelevanten Analysen produzieren und wichtige Entwicklungen verschlafen (Zer­ fall der Sowjetunion, erster Golfkrieg); ihre Spione bewegten sich im falschen Milieu, nämlich im diplomatischen; mit immer besserer Tech­ nik lieferten sie immer präzisere Informationen von immer unwichti­ geren Dingen. Wie schätzt Codevilla die US­Geheimdienste heute ein?

«Intelligence» braucht Intelligenz «Es gelang, Usama bin Ladin aufzustöbern, weil sein Kurier sein eige­ nes Handy benutzte, um einem Freund mitzuteilen, er arbeite jetzt wieder für den Boss. Es war dieser unverzeihliche Fehler, der ihn und seinen Boss das Leben kostete (ein neues, unlokalisierbares Prepaid­ Handy kostet etwa 10 Dollar). Die massive Aufrüstung der amerikani­ schen Geheimdienste dagegen war irrelevant. Die Geheimdienste beschäftigen heute etwa 200 000 Leute und kos­ ten 75 Milliarden Dollar jährlich. Der Apparat ist extrem komplex ge­ worden – und doch hat sich überraschend wenig geändert seit 1992. Über 98 Prozent der CIA­Agenten bewegen sich nach wie vor im Schutz der Diplomatie. Die CIA hat sich erfolgreich gegen den Kongress ge­ wehrt, der mehr Agenten im Feld wollte. Dieser Missstand hat sich nur verbessert, weil das US­Militär im Kampfeinsatz auf eigene Agenten an­ gewiesen ist. Die sind in der Regel besser qualifiziert. Was die tech­ nische Spionage angeht, nimmt der Wert der routinemässig gesam­

08/2011

melten Signale weiterhin ab; die Bedeutung der gezielt abgehörten Gespräche und abgefangenen Daten nimmt zu. Allgemein gesprochen bekommen wir immer noch ein ausserordentlich genaues Bild von Sa­ chen, von denen man sowieso schon weiss, dass sie interessant sind – und von den anderen Sachen überhaupt keines. Die Qualitätskontrolle ist ein grösseres Desaster denn je. Im Dezem­ ber 2009 wurden sieben CIA­Agenten in Afghanistan von einem Mann in die Luft gesprengt, der ihnen in den 18 Monaten zuvor die Ziele für die amerikanischen Killerdrohnen geliefert hatte. In vielen Fällen verlässt sich die CIA schlicht auf unsichere Quellen. Die Drohnen sind zwar sehr treffsicher, aber wir haben keine Ahnung, ob die Leute, die sie töten, jene sind, die wir umbringen wollten. Was die US­Geheimdienste liefern, ist im grossen und ganzen weni­ ger wertvoll denn je. Das hängt mit dem sogenannten Krieg gegen den Terrorismus zusammen, der Fragen aufwirft, mit denen die Geheim­ dienste ringen. Was könnte selbst der bestinformierte Forscher darüber sagen, wer wem was im Irak oder in Afghanistan genau antut? Aber das müssten die US­Streitkräfte wissen, um dort erfolgreich Staatenbildung betreiben zu können. Weil es unmöglich ist, intelligente Antworten auf dumme Fragen zu geben, sind Heerscharen von Geheimdienstanalyti­ kern Wiederkäuer, die jeweils geringfügig unterschiedliche Varianten derselben wertlosen Berichte ausspucken. Wenn die Fragen direkte Auswirkungen auf die Politik haben, kämpfen die Geheimdienste ver­ bissen gegeneinander, um ihre Sicht bei den Politikern beliebt zu ma­ chen (und der Presse, denn die geheimen Dokumente werden von den Politikern unverzüglich weitergereicht). In den letzten Jahren war das Seilziehen der Agencies am offensichtlichsten in der Frage, ob Iran Atomwaffen baue oder nicht. Die Frage wurde so sehr von der Politik vereinnahmt, dass ernsthafte Leute die Antworten schlicht nicht ernst nehmen können. Weise Staatsmänner wissen heute genauso gut wie 1992, dass die Detailberichte der Nachrichtendienste denen eine Hilfe sein mögen, die bereits ein grundsätzliches Verständnis eines Problems haben. Ohne Intelligenz ist ‹Intelligence› (Nachrichtenbeschaffung) immer unbrauchbar.»

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Januar bis September

1993

Nr. 1

Nr. 2

Januar 1993

D I E Z E I T S C H R I F T D E R N E U E N Z Ü RC H E R Z E I T U N G

Februar 1993

Nr. 3

D I E Z E I T S C H R I F T D E R N E U E N Z Ü RC H E R Z E I T U N G

Nr. 4

D I E Z E I T S C H R I F T D E R N E U E N Z Ü RC H E R Z E I T U N G

April 1993

Nr. 5

Mai 1993

D I E Z E I T S C H R I F T D E R N E U E N Z Ü RC H E R Z E I T U N G

D I E Z E I T S C H R I F T D E R N E U E N Z Ü RC H E R Z E I T U N G

Techno-Food

Neue Grenzen ···································

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News

Schönheit

Der Mann, der Zigaretten holen ging · Im Bermudadreieck · Nichts über Dinosaurier

Das Essen aus dem Bioreaktor · Die Rezepte der Laborköche · Patentierter Kaviar

Europa und der Osten · Die Tuareg – Nomaden heute · Scheidung auf italienisch?

Die Newsmaker · Provinz auf Draht · An der Nachrichtenschleuse · Im Kugelhagel

Haben es die Schönen leichter? · Ideale im Wandel der Zeit · Männer-Pflege

Zauberkunst und Magiertricks · Wie verschwinden? Ein Leitfaden

Kulturgeschichte der Sojabohne · Aus dem Innern der Extruders · Lexikon der Additive

Geteilte Stadt Berlin · Böhmische Dörfer · Das Niemandsland

CNN total · Schöne neue TV-Welt? · Falschnachricht, Nichtnachricht

Bemerkungen einer Ketzerin · Chirurgie für die Seele

Rubriken

Rubriken

Rubriken

Rubriken

Rubriken

Verschwunden

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Aus Kalabrien kam ein Brief mit Fotos der wunderlichsten Schneckenhäuser mit der Frage: «Wie wächst die Schnecke in ihrem en­ gen Heim?» Die 180 Geschichten, die ich in der Rubrik «Von Tieren» erzählte, fanden rasch eine breite Leserschaft. Das zoologische Interesse spiegelte sich im bunten Strauss der Zuschriften. Darunter waren oft konkrete Anfragen. «Wie werde ich den lästigen Fuchs im Hausgarten los?» erkundigte sich eine Le­ serin. Besondere Freude bereitete es mir, wenn ich Vorurteile korrigieren konnte. «Seit ich weiss, dass die Elstern nur wenige Jungvögel verschlingen, sind sie mir sympathisch ge­ worden.» Oder: «Ich war überrascht, wie nützlich und harmlos die Fledermäuse sind.» Dass Tiere dem Menschen auch Lebenshilfe sein können, zeigten sehr persönliche Zu­ schriften. «Ich habe meiner Frau den Artikel ‹Wozu Sex?› vorgelesen, und wir beide haben viel Wissenswertes und Überraschendes er­

04/1993

fahren.» Dankbar waren Schwule und Lesben für den Beitrag über homosexuelle Tiere, der solche sexuelle Präferenz als Variante im Rahmen natürlicher Vielfalt beschrieb. Und wenn Pater Ägid in seinem Innerschweizer Kloster eine Hierarchie wie bei den Platzhir­ schen erkannte, hat auch er menschliches und tierisches Verhalten zusammengerückt. In meinem Büchergestell gibt es zwei spe­ zielle Erinnerungen: Für die Folio­Geschich­ te über die Wiederansiedlung des Przewalski­ Pferdes in der Mongolei habe ich von Baron Eduard von Falz­Fein als Dank ein Buch in Russisch bekommen, das die Rettung der letzten Wildpferde durch seinen Onkel vor hundert Jahren dokumentiert. Und zwei dicke Ordner mit weissen Blättern, die un­ zählige eingestanzte Noppen tragen – die 22 ersten Tiergeschichten in Braille für die Schweizerische Bibliothek für Blinde und Sehbehinderte. Herbert Cerutti

Hochradioaktiv

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01/1993

Von Tieren

06/1993

«Polski Blues» erzählte die Geschichte von Mirek Barczyk, der hochradioaktives Ma­ terial aus Litauen in den Westen schmuggelte und dabei verstrahlt wurde. Peter Haff­ ner gewann mit der Reportage den angesehenen Egon­Erwin­Kisch­Preis. Fast drei Dutzend weitere Auszeichnungen sind seither für das Folio dazugekommen. Mehr­ mals der naheliegende Zürcher Journalistenpreis, aber auch eher entlegene wie der Katholische Journalistenpreis der Deutschen Bischofskonferenz 1996 oder skurrile wie der deutsche Pro­Dente­Journalistenpreis 2006 für das Heft «Beim Zahnarzt».

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März 1993

Die fixe Idee

Wer Mühe hat, mit dem Rauchen aufzu­ hören, oder sich sorgt, ob er seinem Körper auch genügend Vitamine zuführt, findet beim italienischen Schriftsteller Italo Svevo und beim amerikanischen Naturwissen­ schafter Linus Pauling Trost, Rat – und viel­ leicht sich selber. Svevos so verzweifelter wie ergebnisloser Versuch, die «letzte Ziga­ rette» zu rauchen, und Paulings ungebro­ chene Überzeugung, im Vitamin C den Jungbrunnen gefunden zu haben, sind der Spiegel für die Art von Obsession, die jede und jeden packen kann: die fixe Idee. Die Serie, die hernach erweitert als Buch publiziert wurde, befasst sich mit den Pas­ sionen von Berühmtheiten, die ihr Leben schliesslich so sehr bestimmten, dass sie ihnen gar das Lebenswerk zu opfern bereit waren. Seiner Weltformel zuliebe hat Al­ bert Einstein seine Relativitätstheorie ver­ stossen wollen, und Arthur Conan Doyle, der Schöpfer von Sherlock Holmes, hat sei­ ne Vernunft bedenkenlos dem Glauben an Geister und Kobolde geopfert. Alle blieben sie unbeirrt, trotz Mangel an Beweisen: Wil­ helm Reich, der im Orgon die Lebensener­ gie des kosmischen Orgasmus entdeckte, Lorenz Oken, dem die Zahl zum Zauber­ stab der Welterklärung wurde, oder Paul Scheerbart, der wieder und wieder das Per­ petuum mobile erfand. Edgar Allan Poe, Alice Miller, Erich von Däniken und Hein­ rich Schliemann – alle fanden sie ihr Troia, wenn auch nur das ihrer Imagination. Fixe Ideen überleben ihre Opfer. Wer nach Erkenntnis strebt, kann nicht ganz auf sie verzichten. Sie nutzen dem Fortschritt, vorausgesetzt, man ist bereit, sie immer wieder durch neue zu ersetzen. Peter Haffner

08/2011


Nr. 6

Juni 1993

Nr. 7 Juli 1993

D I E Z E I T S C H R I F T D E R N E U E N Z Ü RC H E R Z E I T U N G

Nr. 8

Nr. 9

August 1993

D I E Z E I T S C H R I F T D E R N E U E N Z Ü RC H E R Z E I T U N G

September 1993

D I E Z E I T S C H R I F T D E R N E U E N Z Ü RC H E R Z E I T U N G

Atomzeitbomben

Woodstock

Romandie

Arbeit

Das atomare Erbe des Ostblocks · Was wird aus den Kernwaffen?

Das Erbe der sechziger Jahre · Grateful Dead und andere Ikonen · Wladiwoodstock

Die Westschweiz im Verhör · Provinz–Paris: ein Briefwechsel · Ein Gentleman unterwegs

Der Wert der Arbeit · Wenn die Arbeit ausgeht – Augenschein in einer Krisenregion

Die Wächter von der IAEO · Kernkraft in der Dritten Welt

Freie Liebe oder Recht auf Leben? · «Rolling Stone» – eine Erfolgsgeschichte

Im Befehlsempfänger-Jet Cointrin–Kloten · Kleines Lexikon

Die Insignien der Tüchtigkeit · In der Fabrik · Die Geschichte des Arbeitsethos

Rubriken

Rubriken

Rubriken

Rubriken

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Ve fr in an rsio co ça n rp is or e ée

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In der Romandie

Wir wollten mit unserem Heft über die Ro­ mandie nicht in das alte Klagelied vom Rösti­ graben einstimmen. Aber auch eine vor­ schnelle Verbrüderung, in deren Umarmung die Unterschiede zum Verschwinden ge­

08/1993

bracht werden, war nicht unser Ziel. Wir prä­ sentierten Innenansichten aus der West­ schweiz, die davon zeugten, dass auch die Westschweizer um ihre Identität und ihr Hei­ matgefühl ringen; wir porträtierten Romands, von der Hebamme bis zum Obdachlosen; wir stellten vielfältige Landschaften dar – nicht auf der Suche nach einem einheitlichen Bild, sondern nach lebendigen Impressionen. Das Heft war auch unsere erste zweisprachige Nummer. Dank der grosszügigen Koopera­ tion des Centre de traduction littéraire der Universität Lausanne waren die vorwiegend französisch verfassten Artikel alle auch im Original zu lesen.

09/1993

Lettre à l’éditeur C’est avec vif intérêt que j’ai pris connais­ sance de votre Folio consacré à la Suisse romande et je vous félicite de cette initia­ tive, qui permet d’accroître la compré­ hension mutuelle entre les différentes régions linguistiques. Francis Matthey, La Chaux-de-Fonds

Dieter Meier blickt in die Welt Als Meier­schreibe­selber­komme­ins­Haus stellte der Kolumnist sich bei seinem ersten Auftritt vor. «Blick in die Welt» hiess die Ko­ lumne, mit der er seine «Sucht nach Sinn» zu stillen versprach. In der ersten Folge tat Dieter Meier dies mit einer kühnen Doppelbelich­ tung der alten Zürcher Börse: Er beschrieb, wie er dort 1963 als Laufbursche zwischen herum­ schreienden Händlern einen Anlauf zu einer bürgerlichen Existenz nahm und wie er dreis­ sig Jahre später – die Börse war inzwischen umgezogen, der ehemalige «Tempel des Kapi­ tals» ein Veranstaltungslokal – in eine wilde Party von 1500 jungen Ravern gerät. Und fragt sich besorgt, «ob er nun tatsächlich auch schon im Land der alten Säcke eingetroffen ist, wo das Neue vorbeizieht wie hinter zersplitter­ tem Milchglas». Was sieht Dieter Meier, wenn er heute seinen Blick in die Welt wirft?

Das Lachsprinzip «Im Atlantischen Ozean bis hinunter in die Küsten Feuerlands jagt der Lachs seine Beute, und nach Jahren findet er zurück zum kleinen Fluss in Nordschottland, wo er in einem Berg­

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see das Licht des Wassers erblickte. Wenn er sich gegen den Strom hochkämpft zum Tüm­ pel seiner Herkunft, nimmt der Lachs keine Nahrung mehr auf. Im grossen Ozean hat er sich für die beschwerliche Reise stark und fett gefressen, damit er durch keine Beute verführt und abgelenkt wird auf dem Weg zum einzi­ gen Ziel seines Daseins, der Erhaltung seiner Art. So ist es die grosse Kunst des Fischers, sei­ ne Fliege so geschickt tanzen zu lassen, dass der satte Fisch einzig aus dem Reflex des Fres­ sens zuschnappt. Als die ausbeuterische Pfründewirtschaft der Aristokratie vom beweglichen Kapital überrollt und der Mensch mehr und mehr zu mobiler und handelbarer Arbeitskraft ent­ mündigt wurde, gehörte es zu den Herausfor­ derungen des kapitalistischen Systems, des­ sen vornehmstes Agens die Vermehrung des Kapitals ist, die arbeitende Masse möglichst kostengünstig zu versorgen. Während der letz­ ten Jahrzehnte hat sich nun das Problem der ausreichenden Versorgung dramatisch zum Problem des Absatzes einer Überproduktion verschoben, weshalb die Güter den Konsu­

09/1993

menten – wie dem Lachs die tanzende Fliege – zum haptischen Schnappen vors Maul gewor­ fen werden müssen. Werbung und Marketing sind die Instrumente der Fliegenfischer des Kapitalismus. Gerät der Konsum der Überproduktion ins Stocken, gefährdet das die Wirtschaft in ho­ hem Masse und schafft riesige Heere von Menschen, deren Arbeit nicht mehr gefragt ist. Werbe­ und Marketingkosten für den Fliegen­ tanz, den man den übersättigten Konsumen­ ten, um den Reflex des Zuschnappens zu sti­ mulieren, vorführt, sind meist teurer als die Produkte selbst. So kommt dem Lachsprinzip respektive dem Fliegenfischen eine immer grössere Bedeutung zu. Und wenn das Prinzip nicht mehr funktioniert, torkelt die Wirtschaft vor allem in den schwächeren Nationen von Krise zu Krise und hängt mit Heeren von Ar­ beitslosen dauerhaft am Tropf. Solange eine vom Kapital zu ständigem Wachstum gezwungene Wirtschaft das ent­ scheidende Agens unserer Gesellschaft ist, wird sich daran nichts ändern. Da hilft kein noch so raffiniertes Krisenmanagement.»

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Oktober bis Dezember

1993

Nr. 11

November 1993

Nr. 12 Dezember 1993

D I E Z E I T S C H R I F T D E R N E U E N Z Ü RC H E R Z E I T U N G

D I E Z E I T S C H R I F T D E R N E U E N Z Ü RC H E R Z E I T U N G

Kurden

Diamanten

Geschichte eines alten Volkes · Der lange Kampf um Unabhängigkeit · Wer ist die PKK?

Mythos, Glanz und Gloria · Antwerpen, Diamonds’ best Friend · Die Schleifer von Surat

Nomaden, Bergler, Städter · In der neuen Heimat Schweiz

Das Staunen des Fremden am Rande der Mine · Ein diamanthartes Kartell

Rubriken

Rubriken

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10/1993

Gefälscht!

11/1993

Golffreuden I

Allen möglichen Fälschungen war unser Heft gewidmet, und wir konnten nicht widerste­ hen, selber zwei Fälschungen darin unterzu­ bringen: Wir machten das Pferd des Postrei­ ters in unserem Logo auf dem Titelblatt zum Einhorn – was dem Besitzer einer Apotheke gleichen Namens sofort auffiel. Und die Re­ daktoren Daniel Weber und Peter Haffner schrieben die Reportage «Nur keine Spuren hinterlassen», in der sie den genialen Passfäl­ scher Eugenio del Magro in seiner Werkstatt ein paar Autominuten jenseits der schweize­ risch­italienischen Grenze besuchten. Bis auf die kleinsten technischen Details war der Text minutiös recherchiert, alles stimmte – bis auf die eine Tatsache: der Meisterfälscher war er­

funden. Einen Hinweis gab es, dass die Ge­ schichte getürkt war: Der Name des Autors, D. P. Marbot, war eine Reminiszenz an Wolf­ gang Hildesheimers Buch «Marbot» (1981), die akribische historische Biographie eines fiktiven englischen Edelmannes und Kunst­ theoretikers namens Andrew Marbot.

11/1993

Leserbrief Wir gratulieren zum Einhorn auf der Titel­ seite. Felix Wartenweiler, Einhorn-Apotheke, Schaffhausen

Genüsse Von Beginn an kultivierte das Folio die ange­ nehmen Seiten des Lebens. Nach einer öno­ logischen Kolumne («ABC der Kellerkunst») erschien im Oktober 1993 erstmals die Seite «Genüsse», die sich dem leiblichen Wohl wid­ mete. Ein Beitrag befasste sich mit den Beson­ derheiten des echten Gruyère, ein anderer berichtete von einer speziellen ägyptischen Zigarette namens Rameses II. Die Erkundun­ gen unter dem Titel «Küchengeographie» suchten nach dem Ursprung bekannter kuli­ narischer Spezialitäten. Sie beschrieben den authentischen Geschmack der neapolitani­ schen Pizza, der Berner Rösti, des iranischen

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Wahrscheinlich war es eine Anekdote, die uns veranlasste, die kleine Rubrik «Golf­ freuden» einzuführen: «Die Kunst des Golf­ spiels, soll Moshe Dayan gesagt haben, lie­ ge darin, einen Ball von 42 mm Durchmes­ ser auf einen von 40 000 km Umfang zu legen und mit einem Schläger den kleine­ ren von beiden zu treffen …» Das ist schwer zu überbieten und muss wohl der Grund dafür gewesen sein, dass «Golffreuden II» dann erst im September 1997 erschien.

10/1993

Kaviars. Lange bevor Grossverteiler ihre «Food Hunters» losschickten, spürten unsere Autoren Leckerbissen in aller Welt auf. Die Beiträge unter dem Titel «Raucherfreuden» sangen – schon damals politisch wenig kor­ rekt – das Hohelied des kultivierten Tabak­ genusses. Ein vielbeachtetes Gastspiel gab schliess­ lich die Serie «Dirty Cooking», in der NZZ­ Redaktoren enthüllten, was sie wirklich es­ sen, wenn sie allein sind. Manfred Papst, der Kulturchef der NZZ am Sonntag, schwelgte zum Beispiel in «Milupa­Variationen», bevor er schloss: «Am besten schmeckt das Gericht jedoch ohne weitere Zutaten; man geniesst es im Calida­Pyjama vor dem Fernseher (Biolek, Flipper, Sabine Christiansen).»

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Energien spielt,

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Januar bis Februar

1994

Nr. 1

Januar 1994

Nr. 2 Februar 1994

D I E Z E I T S C H R I F T D E R N E U E N Z Ü RC H E R Z E I T U N G

D I E Z E I T S C H R I F T D E R N E U E N Z Ü RC H E R Z E I T U N G

Pleiten

Städte

Auf Grund gelaufen: der Immobilienhai · Täter und Opfer · Nach dem Konkurs

Alltag in einem Slum · Als Zürich Metropolis werden wollte · New York und das Wasser

Der Finanzzauberer Florio Fiorini · Das Flugzeug, das nie flog

Wie London regiert wird · Hugo Loetscher über die Faszination der Grossstadt

Rubriken

Rubriken

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01/1994

Bankett für Bankrotteure

Mit einer Montage versammelten wir die bekanntesten Pleitiers auf einem Foto. Die meisten wurden nur milde bestraft und sind längst wieder auf freiem Fuss. Kein Wunder, werden die Spekulanten immer dreister. Nicht drohende Staatspleiten, sondern bank­ rottgehende Finanzgesellschaften diktierten zu Beginn der 1990er Jahre die Schlagzeilen. Auf die Börsenparty an der Wall Street, die Tom Wolfe in «Fegefeuer der Eitelkeiten» so treffend beschrieben hatte, folgte der Kater mit Firmenpleiten und einer hartnäckigen Rezession. Die Finanzakrobaten, die mit waghalsigen Transaktionen und Krediten ihre Konglomerate zusammengeschustert hatten, stürzten reihenweise vom hohen Seil: in den USA zum Beispiel der Junk­Bond­ König Michael Milken und der Immobilien­ tycoon Donald Trump, in England der Tür­ kischzypriote Asil Nadir mit seinem Kon­ glomerat Polly Peck, in Australien der Rohstoffhändler Alan Bond. In der Schweiz gab es zwei Pleiten, die alles Bisherige in den Schatten stellten: Werner K. Rey, der mit dem Kauf der Traditionsmarke Bally das erste Mal für Schlagzeilen sorgte, häufte mit seiner Omni Holding einen Schul­ denberg von 4 Milliarden Franken an. Florio Fiorini, der Chef der Genfer Finanzgesell­ schaft Sasea, brachte es auf 2,5 Milliarden.

Peanuts im Vergleich zu heute Einige der Herren, die wir damals in unserem Heft abbildeten, hatten da bereits das Zeit­ liche gesegnet, etwa Roberto Calvi, der den Banco Ambrosiano in die Pleite geführt hatte, der Mafia­Banquier Michele Sindona, der Fe­ ruzzi­Chef Raul Gardini oder der Medienmo­ gul Robert Maxwell. Die Mehrheit ist jedoch auch heute noch quicklebendig, einige sind wieder dick im Geschäft. Michael Milken betätigt sich seit seiner Ent­ lassung aus dem Gefängnis im Jahre 1993 als Investor und hat inzwischen nach Schätzun­

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gen des Magazins «Forbes» wieder ein Vermö­ gen von 2 Milliarden Dollar angehäuft. Donald Trump, der damals wegen Über­ schuldung bedeutende Anteile an Casinos abstossen musste, konnte den drohenden Bankrott vermeiden, musste dann aber im Jahr 2004 Gläubigerschutz nach Kapitel 11 des US­Handelsgesetzes anmelden und seinen Anteil weiter reduzieren. «Forbes» gibt sein heutiges Vermögen mit 2,7 Milliarden Dollar an, andere meinen, Trump sei nur noch Multi­ millionär. Jedenfalls ist Trump stets in den Schlagzeilen, sei es mit Frauengeschichten, als Darsteller in TV­Soaps oder als Juxkandi­ dat für das amerikanische Präsidentenamt. Nicht viel zu sagen gibt es dagegen zu Wer­ ner K. Rey. Der erste Raider der Schweizer Wirtschaftsgeschichte tut, was er schon im­ mer am besten konnte: schweigen und sich verstecken. 1994, als das Heft erschien, weilte er noch auf den Bahamas. 1996 wurde er ver­ haftet und zwei Jahre später in die Schweiz ausgeliefert und in Bern vor Gericht gestellt. Die Strafe von vier Jahren blieb deutlich unter den vom Staatsanwalt geforderten zehn Jah­ ren. Nach seiner Entlassung aus dem Berner Regionalgefängnis zog Rey nach Schottland, in die Heimat seiner Frau. Er versuchte er­ neut im Geschäftsleben Fuss zu fassen, ohne Erfolg. Heute verbringt er die meiste Zeit in London.

Wieder auf freiem Fuss ist Florio Fiorini, der ehemalige Verwaltungsratsdelegierte der Gen­ fer Sasea Holding. Der gebürtige Italiener plus­ terte die Vermögenswerte der Finanzgesell­ schaft ähnlich wie Rey mit undurchsichtigen Firmentransaktionen auf. Höhepunkt war der Einstieg beim Hollywood­Filmproduzenten MGM. Als die Sasea zusammenkrachte, hinter­ liess sie ein Finanzloch von 2,5 Milliarden Franken. Fiorini wurde sofort verhaftet. Er sass zunächst vier Jahre in einem Genfer Gefängnis. Danach folgte die Auslieferung nach Italien, wo er nochmals acht Jahre kassierte. Heute lebt Fiorini in Rom; gelegentlich gibt er Interviews, zum Beispiel als Experte für Ölgeschäfte zwi­ schen Italien, Libyen und Russland. Dreizehn Gestrauchelte waren auf dem Bild versammelt. Ihre unbezahlten Rechnun­ gen summierten sich auf 60 Milliarden Fran­ ken – Peanuts aus heutiger Sicht. Denn zehn Jahre später, als die Internetblase platzte, ver­ glühten viel heller strahlende Börsensterne. Für die grösste Pleite sorgte der Telekomkon­ zern Worldcom mit einem Finanzloch von 103 Milliarden Dollar. Und nach der Subprime­ krise wurde es noch heftiger: Der Kollaps der Investmentbank Lehman Brothers erschütter­ te das gesamte Finanzsystem und löste eine gewaltige Kettenreaktion aus. Allein die Fol­ gen der Insolvenz dürften über 200 Milliarden Dollar betragen. Lehman­Chef Richard Fuld legte die bisher grösste Firmenpleite hin. Er dürfte auf einem aktuellen Bankett der Bankrotteure so wenig fehlen wie Philippe Bruggisser von der Swiss­ air oder die Gebrüder Erb der Winterthurer Erb­Gruppe. Stellt sich nur die Frage: Wer wird der nächste Rekordhalter sein? Andreas Heller

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März bis April

1994

Nr. 3

Nr. 4 April 1994

März 1994

D I E Z E I T S C H R I F T D E R N E U E N Z Ü RC H E R Z E I T U N G

D I E Z E I T S C H R I F T D E R N E U E N Z Ü RC H E R Z E I T U N G

Im Gehirn

Südafrika

Die Welt im Kopf · Auf der Suche nach dem Gedächtnis · Der halbierte Mann

Geschichte eines Konflikts · Nadine Gordimers neuer Kampf · Wer bestimmt im ANC?

Schlaganfall · Neuronale Netzwerke · Altert das Gehirn?

Gedanken eines Wirtschaftsführers · Lewis Nkosi über Europas Stammeskriege

Rubriken

Rubriken

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03/1994

Das kluge Knie Warum künstliche Intelligenz einen Körper braucht, erklärt der Forscher Rolf Pfeifer.

Was hat ein Roboter von der Grösse einer Wurmbüchse, ausgerüstet mit Rädern, ein paar Sensoren und künstlichen Neuronen, mit menschlicher Intelligenz zu tun? Viel, schrieb Rolf Pfeifer, Leiter des Labors für künstliche Intelligenz an der Universität Zürich. Seiner Forschung lag die Erkenntnis zugrunde, dass das Gehirn einen Körper braucht: Wer die «System­Umwelt­Interaktion» anhand eines einfachen Roboters versteht, ist auf dem Weg zum Verständnis der Gehirnfunktionen. Wel­ ches sind für Rolf Pfeifer die wichtigsten Fort­ schritte, die die «Cognitive Science» seither gemacht hat?

Das Gehirn kontrolliert nicht alles «‹Warum haben Pflanzen kein Gehirn?› fragt der Evolutionsbiologe Lewis Wolpert. ‹Die Ant­ wort ist eigentlich ganz einfach – sie müssen sich nicht bewegen.› Das ist nicht ganz richtig, Pflanzen bewegen sich passiv (im Wind) und aktiv (sehr langsam). Es gibt uns aber den Hin­ weis, dass der evolutionäre Selektionsdruck auf die Entstehung des Gehirns von der Not­ wendigkeit herrührt, sich bewegen, fortzube­ wegen, im Raum orientieren zu müssen. Unser Gehirn, unsere Intelligenz hat sich als Teil eines Organismus entwickelt, der mit der Umwelt interagieren und darin überleben muss. Der Körper ist die einzige Möglichkeit, etwas über die Umwelt zu erfahren und sie zu beeinflussen. In den letzten Jahren ist auch zu­ nehmend klar geworden, dass die Morpholo­

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gie (die Form des Körpers und der Gliedmas­ sen, die Verteilung der Sensoren auf dem Kör­ per, etwa der Tastsensoren auf der Haut) und die Materialeigenschaften (etwa die Elastizität der Muskulatur und der Haut) eine zentrale Rolle für intelligentes Verhalten spielen. Wenn wir einen harten Gegenstand, ein Glas etwa, in die Hand nehmen, brauchen wir seine Form nicht genau zu kennen: Wir legen einfach die Finger mit einer bestimmten Kraft darum herum. Das Gewebe der Hand passt sich automatisch der Form des Glases an – ohne Steuerung des Gehirns. Weil die Haut immer auch feucht ist, hat sie optimale Rei­ bungseigenschaften, so dass das Ergreifen ei­ nes Glases extrem einfach ist. Wie wichtig die Materialeigenschaften sind, wird sofort klar, wenn man sich vorstellt, man würde nach dem Glas greifen, aber an allen Fingern Fingerhüte tragen. Morphologie und Material haben auch informationstheoretische Konsequenzen: Er­ greife ich ein Glas, erzeuge ich aktiv Sensor­ stimulation in verschiedenen Kanälen. Ich spüre, wie sich das Glas anfühlt, ich sehe, wie es sich in meinem Gesichtsfeld bewegt und ich merke, wie schwer es ist. Diese Idee, dass jede Handlung ein Muster an Sensorstimulation nach sich zieht, ist nicht ganz neu und geht auf den amerikanischen Philosophen und Psychologen John Dewey zurück (er hatte sie 1896 !). Neu ist die Erkennt­ nis, dass diese Sensorstimulation Korrelatio­ nen, also Informationsstruktur enthält, was deren Verarbeitung erleichtert. Aufgrund dieser Informationsstruktur, die wir durch unsere eigene Handlung erzeugt haben, können wir zum Beispiel lernen, wie sich ein Glas, das wir vor uns sehen, anfühlen wird, wenn wir es in die Hand nehmen. Wir haben also permanent Erwartungen, was un­ sere Handlungen für Konsequenzen haben.

Beim Gehen etwa erwarten wir einen be­ stimmten Druck und bestimmte Kräfte an den Fusssohlen und in den Gelenken. Diese Er­ wartungen werden uns aber nur bewusst, wenn sie sich nicht erfüllen, also zum Beispiel ein Loch im Boden ist, das wir nicht gesehen haben. Wie bei den Biomechanikern, Neuro­ und Sportwissenschaftern hat die Idee der soge­ nannten passiven Dynamik auch Eingang ins Denken der Forscher in Robotik und künstli­ che Intelligenz gefunden: Beim Gehen werden die Gelenke nicht im Detail gesteuert, wie das etwa beim Roboter Asimo der Firma Honda der Fall ist, sondern es wird die Körperhaltung kontrolliert. Das Bein ist beim Vorwärts­ schwung weitgehend passiv, die Muskeln sind schlaff. Beim Auftreten sind sie hingegen an­ gespannt. Die Details dieser Bewegung wer­ den nicht direkt kontrolliert, diese Aufgabe wird vom Gehirn gewissermassen an die Mor­ phologie und die Materialien «delegiert». Die Tatsache, dass die Kniegelenke beim Gehen nicht direkt gesteuert werden, heisst aber nicht, dass sie nicht das Richtige tun – man spricht dabei auch von Selbstorganisation. Solche Ideen haben in den letzten Jahren eine immer grössere Bedeutung beim Verstehen von Intelligenz erhalten. Diese Überlegungen, die auch unter dem Begriff ‹Embodiment› zusammengefasst wer­ den, haben in Robotik und künstlicher Intelli­ genz zu einem sich rasant entwickelnden Ge­ biet, den ‹Soft Robotics›, geführt, was heute an Konferenzen zu einem zentralen Thema ge­ worden ist. Das Konzept ‹Embodiment› hat in den letzten Jahren die Forschung in der Robo­ tik, der Artificial Intelligence und der Cogni­ tive Science, insbesondere Psychologie, und neuerdings auch Neurowissenschaften stark beeinflusst.»

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L E S

A M I S

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C R E D I T

S U I S S E

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Mai bis Dezember

1994

Nr. 5

Mai 1994

Nr. 6

D I E Z E I T S C H R I F T D E R N E U E N Z Ü RC H E R Z E I T U N G

Nr. 7

Juni 1994

D I E Z E I T S C H R I F T D E R N E U E N Z Ü RC H E R Z E I T U N G

Juli 1994

Nr. 8

D I E Z E I T S C H R I F T D E R N E U E N Z Ü RC H E R Z E I T U N G

Nr. 9 September 1994

August 1994

D I E Z E I T S C H R I F T D E R N E U E N Z Ü RC H E R Z E I T U N G

D I E Z E I T S C H R I F T D E R N E U E N Z Ü RC H E R Z E I T U N G

Blaues Blut

Rimini

Zum Mond ···································

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Bier

Bauern, was nun?

Könige sind auch nur Menschen · Die Nasen der Habsburger · Im Schneewittchenland

Von der Sommerfrische zum Touristengrill und zurück · Ferragosto, Nacht der Nächte

Lars Gustafsson über die Mondlandung · Tomi Ungerers Tribut an den Trabanten

Vom Wesen der Braukunst · Kulturgeschichte des Biergenusses · Ein Getränk wird salonfähig

Was das Gatt nimmt und bringt · Wie Schweizer Bauern produzieren · Ideologie und Geschichte

Volkes Traum vom König · In Moskau tanzt wieder der Adel

Im Stau · Im Hotel · Am Strand · Im Winter · Fellinis Rimini

Mond und Frau · Der zwölfte Mann · Was tut uns der Mond?

Belgische Delirien · Das Brauereiross · Urs Widmer über den grossen Durst

Im Subventionsdschungel · Von Wert und Preis · Neuseeland als Vorbild?

Rubriken

Rubriken

Rubriken

Rubriken

Rubriken

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06/1994

Rimini ist längst zum Inbegriff des Massentourismus geworden, ein Unort, überstellt von billigen Hotels, Pizzerie und Gelaterie. Mit dem Zürcher Fotografen Giorgio von Arb machte sich die Folio­Redaktion auf in die Ferienfabrik an der Adria und entdeckte auch Spuren alten Glanzes.

Der zweite Wettlauf zum Mond

07/1994

Für die erste privat finanzierte Mondlandung gibt es 20 Millionen Dollar. Zum 25­Jahr­Jubiläum der Mondlandung er­ schien die Ausgabe «Zum Mond». Was die Raumfahrt anging, war es ein Blick zurück. Der Plan von einem weiteren Besuch auf dem Mond blieb ein Traum. Das könnte sich bald ändern. 2007 schrieb die X­Prize­Foundation zusammen mit Google den «Google Lunar X­ Prize» aus. Wer bis Ende 2012 privat finanziert

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eine Sonde mit Fahrzeug auf dem Mond lan­ det, erhält 20 Millionen Dollar. 29 Teams sind im Rennen. Die Ingenieure von Astrobotic (USA) haben die 20 Millionen Dollar Prämie siegessicher als festen Teil in ihr Budget auf­ genommen. Übrigen Stauraum verkaufen sie für 1,5 Millionen Dollar pro Kilo. Ein Bestat­ tungsinstitut soll bereits reserviert haben.

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Nr. 10 Oktober 1994

Nr. 12 Dezember 1994

Nr. 11 November 1994

D I E Z E I T S C H R I F T D E R N E U E N Z Ü RC H E R Z E I T U N G

D I E Z E I T S C H R I F T D E R N E U E N Z Ü RC H E R Z E I T U N G

D I E Z E I T S C H R I F T D E R N E U E N Z Ü RC H E R Z E I T U N G

Sprache

China

Was man sagt, wenn man etwas sagt · Ryszard Kapuscinski über die Sprache der Macht ´ ´

Revolution nach Plan · In Schanghai und Guiyang · Die ökologischen Folgen des Booms

Vom Luxus der kleinen Leute · Einblick in eine Prinzenseele · Ist Gott arm oder reich?

Kinder und Kreative · Sprachbilder · Robert Walsers Reise um die Welt

Die Macht der Danwei · Die Geschäfte der Armee · Die Rolle der Exilchinesen

Feines ab Fliessband · Die Kunst des Geldverpulverns · Essen, dass sich die Tische biegen

Rubriken

Rubriken

Rubriken

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Luxus

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Auf Eis gelegt.

08/1994

Das grosse Schlucken Das Ende des Kartells revolutionierte die Schweizer Bierszene.

1991 läutete dem Schweizer Bierkartell mit Preisabsprachen und Einheitsgebräu die To­ tenglocke. Drei Jahre später beschrieb das Folio die Aufbruchstimmung in der Schwei­ zer Bierszene mit Kleinbrauereien, Voll­ mondbier und innovativen Gastronomiekon­ zepten wie «Back & Brau». Es feierte die längst fällige Rehabilitierung des Gerstensaftes und frohlockte: «Die Unkultur von Marktabspra­ chen und müder Langweile» ist vorbei, «das Abenteuer der Bierkultur lanciert». Der Schriftsteller Urs Widmer verfasste eine Ode an den Durst, der Historiker Hasso Spode lob­ te den Rausch als Kulturgut – und auch eine Anleitung für den echten Biergenuss durfte nicht fehlen: «Wie man richtig zapft und zecht.» Das Heft war beste Werbung für das Bier – eine Steigerung des Bierkonsums hat es aller­ dings nicht bewirkt: 1994 betrug der jährliche Pro­Kopf­Konsum in der Schweiz etwas mehr als 60 Liter, heute sind es noch 57,3 Liter (weltweit an der Spitze liegen immer noch die trinkfesten Tschechen mit 160 Litern). Zutref­ fend war jedoch die Prognose, dass sich der Biermarkt in zehn Jahren ganz anders prä­ sentieren werde. Unter Druck gerieten nach dem Auseinanderbrechen des Kartells vor allem die grossen und mittelgrossen Braue­ reien. Im selben Jahr, in dem das Heft erschien, übernahm der niederländische Biergigant Heineken die angeschlagene Calanda Hal­

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dengut. 1996 fusionierte Feldschlösschen mit Hürlimann zum führenden Schweizer Bier­ hersteller – und wurde nur vier Jahre später vom dänischen Konzern Carlsberg ge­ schluckt. 2008 fiel schliesslich auch die Luzer­ ner Brauerei Eichhof in ausländische Hände – jetzt war wieder Heineken am Zug. Der Einstieg der beiden Weltkonzerne – sie beherrschen heute schätzungsweise 65 Prozent des Schweizer Marktes – hat die hie­ sige Bierlandschaft radikal umgepflügt. Tra­ ditionsreiche Brauereien verloren ihre Selb­ ständigkeit, wurden stillgelegt oder existie­ ren heute nur noch als Marke. Dieser Wandel spiegelt sich auch in den Kennzahlen des Brauereiverbandes: Seit 1994 ist die Produk­ tion im Inland von knapp 4 Millionen Hekto­ litern auf 3,5 Millionen Hektoliter gesunken, die Importe hingegen haben deutlich zuge­ nommen, von 0,7 auf über 1 Million Hekto­ liter. Trotzdem ist beim Schweizer Bier Hopfen und Malz nicht verloren, im Gegenteil: Die einheimische Bierszene ist lebendiger denn je. Während die grossen Anbieter allesamt von Grosskonzernen geschluckt wurden, blühten landauf, landab neue Kleinbrauerei­ en auf. Sie überraschten mit lokalen Speziali­ täten und neuen Kreationen, die bald eine treue Kundschaft fanden. In über 300 Brauereien dampfen heute die Sudhäfen; das sind zehnmal mehr als zu Be­ ginn der 1990er Jahre. Die meisten dieser Brauereien produzieren lediglich für die nä­ here Region oder gar nur für eine einzelne Beiz. Ein paar wenige wie zum Beispiel die Brauerei Locher aus Appenzell – die Erfinde­ rin des Vollmondbiers – haben sich aber im­ merhin einen Marktanteil von gut 2 Prozent erkämpft. Andreas Heller

Dezember 2007: Der Unternehmer und Bierbrauer Bruno Hofweber fliegt nach Nordwestschottland. Sein Ziel, die kleine Insel Islay. In seinem Gepäck zwei Flaschen Swiss Highland Single Malt Whisky, der «Classic» und der «Ice Label». Er trifft Jim McEwan, einen mehrfach preis<wm>10CAsNsjY0MDAx1TU0srQ0MAAAs3NW2A8AAAA=</wm>

gekrönten Master Distiller, dessen Mei<wm>10CEXKMQ6AIAxA0RNBfpGKtaPARIxR4_2PYuLi8LY3hmvks7X9bqcLZA2SzMBFNRqzl0QExCliCZEVY8lmOvnfw1bDBR0eJB61vxp8goReAAAA</wm>

nung in Fachkreisen sehr viel zählt. Der schottische Spezialist degustiert den Brand und attestiert ihm beste Noten. Als der Experte erfährt, dass der Whisky aus dem Berner Oberland stammt, ist er so begeistert, dass er spontan die Patenschaft übernimmt. Der «Classic» reift in ausgesuchten Oloroso-Sherry-Fässern im Felsenkeller am Fuss des Rugens, der «Ice Label» auf 3454 m ü. M. in einer Eisgrotte auf dem Jungfraujoch. Pro Jahr wird nur ein Fass mit der Bahn ins Tal gefahren und dort von Hand abgefüllt. Gut möglich, dass der Swiss Highland Single Malt «Ice Label» der höchstgelagerte Whisky der Welt ist.

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Januar bis Juli

1995

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Januar 1995

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Nr. 5 Mai 1995

April 1995

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Prognosen

Das Rote Kreuz

Mit den Augen

Das Wetter

Nach Kriegen

Luigi Malerba über Italiens Auguren · Stanislaw Lem über Futurologie · Schöne neue Welt

Mit IKRK-Delegierten bei den «Tamil Tigers» · Die Humanitätsmanager · Kriegschirurgie

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Soldaten ausser Dienst · Vom Feind missbraucht · Verlorene Heimat

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01/1995

Zu spät für Pessimismus

Lester Brown, ein Pionier der Umweltbewegung, ist überzeugt, dass steigende Preise für Nahrungsmittel die ökologische Wende herbeiführen werden.

Lester Brown, 77, ist ursprünglich Agronom. Er gründete das Worldwatch Institute und das Earth Policy Institute. Als Pionier der Umwelt­ bewegung ist er ihr einflussreichster Vertreter in den USA. Lester Brown, im Gespräch mit uns waren Sie vor 15 Jahren besorgt über ökologische Probleme wie das Ozonloch, die Überfischung der Meere, Wassermangel. Haben sich Ihre Befürchtungen bestätigt? Durch das Verbot der FCKW, der Fluor­ chlorkohlenwasserstoffe, haben wir die Zerstö­ rung der Ozonschicht verhindert. Das war ein Erfolg. Alles andere ist schlimmer geworden. Getreideernten werden kleiner wegen sinken­ der Grundwasserspiegel. Dazu kommen die steigenden Temperaturen, und die Abholzung der Wälder geht ungebremst voran. Sie erwähnten damals auch den steigenden Nahrungsbedarf Chinas als Problem. Das Hauptproblem in China ist die Soya­ bohne. 1995 produzierte China 14 Millionen Tonnen davon und konsumierte auch so viel. 2010 produzierte China nach wie vor 14 Millio­ nen Tonnen – und verbrauchte 70 Millionen. Das meiste wird nicht für Tofu verwendet, son­ dern als Futtermittel. Das hat gewaltige Aus­ wirkungen: Die USA bauen mehr Soya an als

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Weizen. In Brasilien ist der Soya­Anteil grösser als der aller anderen Getreide zusammen. In Argentinien ist der Soya­Anteil doppelt so gross wie der aller anderen Getreide zusam­ men. Für die Soya­Monokulturen werden rie­ sige Flächen von Regenwald abgeholzt. Wie sehen Sie die Entwicklung bei der Energie? Da gibt es grosse Fortschritte. In den USA produzieren wir 40 000 Megawatt Strom mit Windenergie, das gibt Strom für 12 Millionen Haushalte. Auch in China ist Windenergie eine Erfolgsgeschichte, die haben die USA in­ zwischen überholt. Und in Ländern mit Wüs­ ten wie Algerien hat die Sonnenenergie eine grosse Zukunft. Sie sagten, einschneidende gesellschaftliche Veränderungen seien nötig, es brauche eine Art Pearl-Harbor-Effekt, um die Menschen aufzurütteln. Der ist ausgeblieben. Wir haben in den letzten Jahren viele dra­ matische Klimaeffekte gesehen: die Hitzewel­ le in Westrussland, die Überflutung von Paki­ stan, in den USA hatten wir Tornados, Wald­ brände, Rekordfluten in den Ebenen des Nordens und Rekorddürren im Süden. Die Nachrichtenkanäle sind ja inzwischen zu Wet­ terkanälen geworden. Aber die ökonomischen Folgen werden der Weckruf sein. Steigende Nahrungsmittelpreise sind nicht so spektaku­ lär wie Pearl Harbor, aber sie werden in Sa­ chen Klimawandel die Alarmglocke läuten. Wann wird das geschehen? Es beginnt schon. Der Index der Nahrungs­ mittelpreise der FAO, der Ernährungs­ und Landwirtschaftsorganisation der Uno, war Anfang dieses Jahres auf einem Allzeithoch.

Und er wird weiter steigen. Das Problem ist die politische Instabilität, die das zur Folge haben kann. Denken Sie an den arabischen Frühling: Wer hätte vorausgesehen, dass er so plötzlich kommt? Die steigenden Nahrungsmittelprei­ se waren auch ein Faktor, der zum Aufstand in den arabischen Ländern führte. Sind Sie optimistisch, wenn Sie in die Zukunft blicken? Jemand sagte einmal: Es ist zu spät, um pessimistisch zu sein. Das ist auch meine Hal­ tung. Wir haben nicht mehr viel Zeit. Wir be­ wegen uns unweigerlich auf den Moment zu, da die Menschen begreifen, dass sie ihr Ver­ halten ändern müssen, wenn sie überleben wollen. Daniel Weber

Mehr Schnee Im Heft plauderte ein Agent der amerikani­ schen Drug Enforcement Administration (DEA) aus dem Nähkästchen: über die Frontverläufe im «War on Drugs», die Stra­ tegien der kolumbianischen Drogenkartel­ le, die Gegenmassnahmen der amerikani­ schen Behörde. Er wusste, dass die Kartelle aus Medellín und Cali nun verstärkt Europa im Visier hätten, und prophezeite: «Es wird immer mehr kommen von diesem Zeug.» So war es. In den vergangenen zehn Jah­ ren hat sich der Kokainkonsum in Europa verdoppelt, geschätzte 123 Tonnen des weissen Pulvers wurden geschnupft. In den USA hingegen ist der Kokainmarkt massiv eingebrochen; trotzdem ist er mit 157 Ton­ nen immer noch der weltweit grösste. Die Preise sind im Keller: War Kokain vor 15

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Nr. 6

Juni 1995

Nr. 7

Juli 1995

D I E Z E I T S C H R I F T D E R N E U E N Z Ü RC H E R Z E I T U N G

D I E Z E I T S C H R I F T D E R N E U E N Z Ü RC H E R Z E I T U N G

Kokain

Der Gotthard

Geschichte eines Erfolgsprodukts · Bei den Coca-Bauern · Die Tricks der Schmuggler

Der widerspenstige Fels · Am Berg · Yoko Tawadas Tunnelfahrt: ein fremder Blick

Auf der Spur der Narcodollars · Zürcher Szenen · Die vielen Fronten des Drogenkrieges

Sommergetümmel und Winterstille · Im Herzen helvetischen Selbstbewusstseins

Rubriken

Rubriken

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Geheimnisumwittert

07/1995

Der Gotthard ist Hindernis, Zuflucht, Übergang, Mythos. Und Jean Odermatt ist sein Prophet. Wer den Gotthard zum Thema macht, der stösst früher oder später auf Jean Odermatt. Seit Jahrzehnten befasst sich der Luzerner Künstler und Soziologe mit dem Ge­ birgsmassiv im Herzen der Schweiz – Odermatt kennt am Gotthard nicht nur jeden Fels, sondern auch jede Facette seiner langen und von Mythen umrankten Geschichte. So war Odermatt für die Redaktion ein geistreicher Inspirator bei der Konzeption dieses Heftes und natürlich auch einer der Autoren. Zur selben Zeit arbeitete er an einem Gott­ hard­Film für NZZ Format, der zeitgleich mit dem Erschei­ nen des Hefts ausgestrahlt wurde. Im Rahmen der Dreharbeiten erhielt Odermatt erst­ mals Zutritt zur bis dahin hochgeheimen Artilleriefestung San Carlo. Was nicht ohne Folgen bleiben sollte: Der Künstler war begeistert und entwickelte kurz darauf Ideen, wie man das Kernstück des Réduits neu nutzen könnte. Er dachte an ein Forschungszentrum mit Hotel, an ein post­

modernes Kloster im Berg, und präsentierte seine Vision der Armeeführung und Investoren. Dank seiner Begeiste­ rungsfähigkeit fand er schnell eine Gefolgschaft und das nötige Geld. 2004 wurde in der ehemaligen Festung das Seminar­ und Erlebnishotel «La Claustra» eröffnet. Der Visionär wurde zum Hotelier – und musste bald feststellen, dass er vieles falsch eingeschätzt hatte: die Be­ triebskosten (allein die Stromrechnung verschlang jähr­ lich 50 000 Franken), die Zugänglichkeit im langen Winter auf 2050 Metern über Meer, die allgemeinen Tücken des Gastronomiegewerbes. 2010 meldete die Stiftung Konkurs an. «Die letzten Jahre waren mörderisch», sagt Odermatt. Ab und zu habe er den ganzen Gotthard zum Teufel ge­ wünscht. Doch eines ist für ihn klar: «Ich gebe nicht auf.» Im Herbst will er ein neues Konzept für einen Campus im Bereich nachhaltiger Energieformen vorstellen. Andreas Heller

06/1995

Jahren noch eine Droge für Broker und Werber, so kann sich heute sogar ein Lehr­ ling eine Linie leisten. Es herrscht offen­ sichtlich ein Überangebot, obwohl die An­ baufläche von Coca in den letzten 15 Jahren um einen Viertel auf 150 000 Hektaren zu­ rückgegangen sein soll. Der Rückgang wird von den Experten auf die neue Situation in Kolumbien zurückgeführt, wo es gelang, die Drogenkartelle aus Cali und Medellín zu zerschlagen. Ein Ende des «War on Drugs» ist trotz­ dem nicht in Sicht. Die Erfolge der Drogen­ fahnder sind nicht mehr als Nadelstiche gegen die Dealer. Die Drogenmafia macht weiterhin Milliardengewinne und korrum­ piert ganze Gesellschaften, wie das Beispiel Mexiko zeigt. Besonnene Politiker wie der ehemalige amerikanische Präsident Carter fordern deshalb ein Ende des Drogenkriegs und neue Ansätze mit einer kontrollierten Abgabe von harten Drogen an Süchtige.

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1983 begann Jean Odermatt sein Gotthardprojekt, eine bis heute andauernde fotografische und szenografische Erkundung des Alpenübergangs. Bild aus Position 132, 31. 7. 1985, 20 Uhr 17.

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August bis Dezember

1995

Nr. 8

August 1995

Nr. 9 September 1995

D I E Z E I T S C H R I F T D E R N E U E N Z Ü RC H E R Z E I T U N G

Hotel

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Nr. 10 Oktober 1995

D I E Z E I T S C H R I F T D E R N E U E N Z Ü RC H E R Z E I T U N G

Der Kaukasus ···································

Nr. 11

D I E Z E I T S C H R I F T D E R N E U E N Z Ü RC H E R Z E I T U N G

Das Volk ···································

Nr. 12 Dezember 1995

November 1995

D I E Z E I T S C H R I F T D E R N E U E N Z Ü RC H E R Z E I T U N G

D I E Z E I T S C H R I F T D E R N E U E N Z Ü RC H E R Z E I T U N G

Die Gabe

Viren & Co.

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Eine Nacht im Allerwelts-Dreistern-Garni-Hotel · Motelgeschichten · Im Stundenhotel

Eine russische Hassliebe · Freiheitsdrang der Bergler · Risky Biznes

Der Volksvertreter · Der Volksbeglücker · Die Volksherrschaft · Die Volkspartei

Rückkehr von Cholera und Tuberkulose · Wirt und Gast: Freunde oder Feinde?

Vom Geben und Nehmen · Der Bettler · Spenden für das Seelenheil?

Nur für Frauen: das «Martha Washington» in New York · Lord Forte, Portrait eines Tycoons

Auf der Georgischen Heerstrasse · High Tech in Armenien · Kampf um Bakus Öl

Das unregierbare Volk · Der Biertisch · Die öffentliche Meinung · Volkes Stimme

Woher der Rinderwahnsinn kommt · Killervirus Grippe · Warum der Körper ein Schlachtfeld ist

Was der Bundesrat mit dem Silberbrunnen macht · Lob des Dankes · Das Kundengeschenk

Rubriken

Rubriken

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Rubriken

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12/1995

Hotelträume

08/1995

Das Grand Hotel Palace in Lugano wurde zum Spielball von Spekulanten und zum Schandfleck. 2013 soll es auferstehen – als Kulturzentrum.

«Die Fenster sind dunkle Löcher, das Dach ein schwarzer Schlund. Rost frisst sich durchs Eisen. Holz vermodert. Putz fällt von der Fas­ sade.» Mit diesen Worten beschrieben wir den erbärmlichen Zustand des einst blühen­ den Grand Hotel Palace in Lugano. Wir lies­

sen seine bewegte Geschichte Revue passie­ ren und schlossen mit der Hoffnung: «Noch ist der Traum nicht ganz ausgeträumt, dass das stolze Haus von einst aus seinem tiefen Schlaf erwachen wird.» Neun Jahre später machte die Stadt Luga­ no endlich vorwärts und bewilligte 170 Millio­ nen für den Bau eines riesigen Kulturzen­ trums in der Ruine des ehemaligen Hotels. Im Mai 2010 wurde der Grundstein gelegt für ei­ nen Gebäudekomplex mit Konzertsaal und Ausstellungsräumen, mit Wohnungen und Geschäften. Das neue Wahrzeichen der Stadt soll im Mai 2013 eröffnet werden.

User in Endlosschleifen 1995 bekam das Folio zum ersten Mal eine «E­ Mail». Zehn Jahre lang liess sich diese Netz­ kolumne von mir schreiben, dann wollte sie nicht mehr. Das Internet war mit der Zeit zu selbstverständlich geworden, um noch länger als Besonderheit porträtiert zu werden. Heute trifft man sich auf Facebook, und so­ gar der Papst twittert. Vernetzung gilt als uner­ lässlich für ein glückliches Leben. Probleme des Internets, vom Cyberwar bis zum Daten­ klau, werden deshalb so aufmerksam abge­ handelt wie Eurokrisen oder der Nahe Osten. 1995 staunten wir noch über einen unbekann­ ten Kontinent. Es war logisch, dass sich das Folio als Zentralorgan für das Ausserordentli­ che an seiner Entdeckung beteiligte. Meine erste E­Mail trug den Titel «Skalpierte Stecker

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10/1995

und ein Truthahn aus Nebraska», sie handelte von Schwierigkeiten. Die schmerzhaften In­ itiationsriten der Prärieindianer wurden be­ müht, um eine ewig gültige These zu illustrie­ ren: Es kann den Verstand kosten, mit Compu­ tern zu tun zu haben. Wieder und wieder versuchte ein User seinen Account zu aktivie­ ren, doch das ersehnte Gurren des Truthahns liess sich nicht hören. (Man konnte das Gur­ ren online abrufen, das war eine Sensation.) Die Kolumne beruhte auf einer wahren Be­ gebenheit. Mein Provider hatte mir ein Pass­ wort mit einer Null an einer Stelle geschickt, an der man nicht anders konnte, als ein O zu lesen. Es hat lange gedauert, bis ich drin war. Das ist natürlich nicht das grösste anzuneh­ mende Abenteuer, das man im Internet haben

Hobbylos Seit etlichen Jahren ist das Folio heim­ und hobbylos. Womit völlig wertfrei bloss ge­ sagt sein soll, dass die Kolumne «Heim und Hobby» (1995–2003) seit längerem nicht mehr erscheint. Diese widmete sich, wie ihr Name klar ausdrückte, den wichtigen Le­ bensfragen von Geburtspositionen im all­ gemeinen übers Kerzenziehen im speziel­ len bis zur geselligen Kremation von Fleisch und Wurst im trauten Freundeskreis. «Heim» hiess damals so ziemlich dassel­ be wie heute, allerdings war es noch weit­ aus leichter zu finden und zu bezahlen. Das Wort «Hobby» dagegen hat seither einen Bedeutungswandel durchgemacht, der sei­ nesgleichen sucht, aber kaum findet. Hatte es nämlich bis vor kurzem noch den leicht ältlichen Beigeschmack von kauziger Ei­ genbrötelei, so ist Hobby heute ausschliess­ lich positiv besetzt. Nur so nämlich ist der Neologismus «hobbylos» zu erklären, der seit einiger Zeit unter unter 20jährigen zu einem der meistverwendeten Ausdrücke avanciert ist. Derart populär ist er gewor­ den, dass er sogar zum Schweizer Jugend­ wort des Jahres 2010 gekürt wurde. Anders als man annehmen würde, wird «hobbylos» aber kaum als Adjektiv für Menschen verwendet, sondern vor allem für langweilige oder sonstwie nicht ange­ sagte Tätigkeiten und Pflichten wie etwa Hausaufgaben. Was früher doof war, ist heute hobbylos. Weshalb der erste Satz die­ ses Textes natürlich absolut nicht ins Jubi­ läumsheft passt und hier in aller Form de­ mentiert sei. Joni Müller

kann. Doch der Störfall ist typisch für digitale Technik: Computerprobleme sind eher unan­ genehm als apokalyptisch. Ein Leben ohne sie mag kaum noch jemand führen. Und Schwie­ rigkeiten gibt es in jeder Beziehung. Franz Zauner

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Januar bis Juli

1996

Nr. 1

Januar 1996

Nr. 2 Februar 1996

D I E Z E I T S C H R I F T D E R N E U E N Z Ü RC H E R Z E I T U N G

D I E Z E I T S C H R I F T D E R N E U E N Z Ü RC H E R Z E I T U N G

Menschenrechte

Vernetzte Welt

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Diplomatische Handelsware · Geschäft und Moral · Kämpfer aus London

Lars Gustafsson über den Cyberspace · Interaktive Werbung · Newspeak für Newbies

Strassburg als letzte Chance · Verbotene Kopftücher · Afrikanische Musterschüler

Der Weg zur Massenkultur: die Geschichte des Internet · Multimedia · Zensur im Netz?

Rubriken

Rubriken

01/1996

Menschen & Räume I Elf Jahre lang bestritten Lilli Binzegger und der Fotograf Christian Känzig gemeinsam die Rubrik «Menschen und Räume». Für die ers­ te Folge besuchten sie Pipilotti Rist: «Ich soll diesen Raum beschreiben? Ich würde ihn ei­ nen hellen Keller nennen. Er liegt im Unter­ geschoss eines Gewerbehauses. Der Boden ist zurzeit etwas dreckig, er ist sonst grüner. Es ist ein merkwürdiger Raum mit dem Fens­ terband oben, durch das man den Leuten auf der Strasse unter die Röcke sähe, wenn die

Fenster nicht aus Milchglas wären …» Die St. Galler Künstlerin war damals 34 Jahre alt und bereits bekannt. Heute ist sie ein Welt­ star, hat es ins Museum of Modern Art in New York geschafft, und «will bzw. kann nicht» er­ neut die Türe für ein Foto öffnen: «Danke und Winkewinke, pIpI.» Der Raum ist noch im­ mer Teil ihres Ateliers, in dem es mittlerweile neben Fax auch Computer gibt. Neu sind zu­ dem drei Angestellte, ein Mann und ihr Sohn mit dem Namen Himalaya.

Wann fing sie eigentlich genau an, die Inter­ netrevolution? Am ehesten 1994. Nicht nur, weil man in jenem Jahr bei Pizza Hut zum ersten Mal online eine Pizza bestellen konn­ te, das Grundnahrungsmittel der Hacker. 1994 fand am Cern (wo der Brite Tim Ber­ ners­Lee 1990 HTML erfunden hatte, die Ver­ linkung von Onlinedokumenten) die erste internationale WWW­Konferenz statt. Man nannte sie später das Woodstock des Web. Sie führte zur Gründung des W3C, des Kon­ sortiums, das verantwortlich ist für die Stan­ dards des weltumspannenden Netzes. Und 1994 wurde auch der Netscape Navigator lanciert, der erste Browser, mit dem man kin­ derleicht durchs Web surfen konnte.

Einstiegshilfe Mit unserem ersten Internet­Heft leisteten auch wir ein bisschen Pionierarbeit in einer Zeit, als man unter den Bürotisch kriechen, das Telefon aus­ und das Modem einstecken musste, bevor man online gehen konnte. Da gehörte es zum Service, den Lesern zu erklä­ ren, was eine Internetadresse ist («www heisst World Wide Web») und was ein Link («Das sind unterstrichene Wörter, die man ankli­ cken kann, worauf man in ein neues Doku­ ment gerät»). Wir empfahlen Onlinebiblio­ theken und Suchprogramme, die Lycos, Alta Vista und Savvy Search hiessen – erst ein Jahr später begegneten sich die beiden Studenten Larry Page und Sergei Brin an der Stanford University und begannen in ihrer Bude an ei­ ner Suchmaschine zu werkeln, die sie 1998 unter dem Namen Google lancierten.

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Nr. 3

März 1996

Nordirland ···································

Irlands Krankengeschichte · Fremd in Belfast · Der Preis des Friedens Es ist kalt in Strabane · Troubles and Music · Der Geist der Ökumene · Die Cousins im Westen Rubriken

Wir Vernetzte

02/1996

Das Internet hat unsere Welt und unser Leben verändert wie keine andere Informationstechnik zuvor. Und die Entwicklung geht stürmisch weiter. Wir gaben mit unserem Heft aber nicht nur Einstiegshilfe. Wir lieferten gleichzeitig eine erste Einschätzung der möglichen Fol­ gen der neuen Technik. Wie sich im Rück­ blick zeigt, waren die Voraussagen unserer Autoren ziemlich verlässlich. «Das Internet wird einschneidende gesellschaftliche Fol­ gen haben und wichtige Wirtschaftszweige erschüttern», prophezeite Chris Anderson, heute Chefredaktor von «Wired», damals Technikredaktor beim «Economist». Er iden­ tifizierte fünf Branchen, die das Internet am deutlichsten zu spüren bekommen würden: Telefongesellschaften, Sofwareunterneh­ men, Detailhandel, Dienstleistungsbetriebe und Verlagshäuser. Dass letzteren «mit ihren Produkten harte Zeiten bevorstehen», hat sich seither auf dramatische Weise bewahr­ heitet. Ebenfalls richtig lag Frances Cairncross, die Spezialistin für Telekommunikation beim «Economist». Sie rief in Erinnerung, was Distanz früher für die Kommunikation bedeutet habe: «Das erste transatlantische Unterwasserkabel konnte 1956 gleichzeitig 89 Telefongespräche übermitteln. Für ein dreiminütiges Gespräch zahlte man damals etwa gleich viel wie heute für einen Flug.» Die Digitalisierung, die Zunahme der Bandbreite und die Deregulierung und Privatisierung der Telefongesellschaften werde dazu füh­ ren, schrieb sie, dass die «Distanz als bestim­ mender Kostenfaktor für die Kommunika­ tion» verschwinden werde. Keine zehn Jahre später telefonierten Millionen mit Skype weltweit gratis übers Internet.

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Wir widmeten dem Thema Internet auch in den folgenden Jahren immer wieder Hefte: Computermenschen (1998), Im Netz (2000), Total digital (2002), www (2004), Perlen aus dem Internet (2008). Sie dokumentieren eine Umwälzung, die inzwischen tatsächlich alle unsere Lebensbereiche erfasst hat.

Die zweite Revolution In seiner Frühzeit war das Internet vor allem eine Plattform, auf der verbreitet wurde, was sich digitalisieren liess: Texte, Bilder, Musik, Filme. In den letzten Jahren hat es sich zum Web 2.0 entwickelt, zum Mitmach­Web. Als gigantische Kommunikationsmaschine er­ laubt es den Menschen, sich in Netzwerken wie Facebook und Twitter zusammenzu­ schliessen. Und die Grenze zwischen Produ­ zenten und Konsumenten von Informatio­ nen ist fliessend geworden – davon zeugen Millionen von Bloggern und all die Commu­ nities, in denen Menschen zueinander fin­ den und sich austauschen können. Die Folgen des Social­Media­Booms, den man auch als zweite Internetrevolution be­ zeichnen kann, sind nicht absehbar. Gerade die traditionellen Medien werden von ihr hef­ tig durchgeschüttelt. In aller Unschuld gingen sie mit ihren Inhalten ins Netz – und erleben seither, wie ihre gedruckten Auflagen in den Keller fallen. Auch für uns war es keine Frage: Mit «Vernetzte Welt» gingen wir im Februar 1996 online. Sehen kann man unseren ersten Auftritt nicht mehr; er ist unwiederbringlich im digitalen Orkus verschwunden. Daniel Weber

06/1996

Schriftsteller auf Reisen Die Reiseliteratur legt immer wieder Zeugnis ab vom Glück des Aufbruchs, das man erlebt, wenn man seine Siebensachen packt und sich auf den Weg macht, der das Ziel ist. Etwas von diesem Zauber spürbar ma­ chen wollten wir mit einem Heft, in dem wir bekannte Schriftsteller um Reiseeindrücke baten: Jonathan Raban beschrieb seine Ein­ samkeit als Alleinsegler auf dem Meer. Ry­ szard Kapu´sci´nski erzählte von seinen aben­ teuerlichen Reisen als Reporter in Afrika. Lisa St Aubin de Terán lieferte Bekenntnisse einer Eisenbahnsüchtigen. Martin Suter sinnierte während eines ganz normalen Flugs über den Atlantik darüber nach, wie ganz und gar nicht normal es eigentlich ist, dass wir flie­ gen. Cees Nooteboom öffnete für uns seine Reisenotizbücher. Und Wilhelm Genazino nahm uns mit auf eine Reise der besonderen Art: Er ging «bloss ein bisschen aus dem Haus».

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August bis Dezember

1996 08/1996

Immer wieder bot das Folio begabten jungen Fotografen eine Plattform. Für das Liechtenstein­Heft war Mathias Braschler kreuz und quer in un­ serem kleinen Nachbarland unterwegs. Er fotografierte hohe Amts­ und Würdenträger (rechts oben: Regierungschef Mario Frick und Fürst Hans­ Adam II.; rechts Mitte: der gebürtige Liechtensteiner Bischof Haas) ebenso wie Treuhänder, Trachtenfrauen und Touristinnen (rechts unten), die im Ländle nur einen kurzen Zwischenhalt machten.

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MisterNobody

10/1996

Die Senatorenwahl hat Victor Morales einst verloren. Aber immer noch kämpft er für die kleinen Leute.

Als politischer Niemand wurde der Lehrer Victor Morales als erster La­ tino in Texas als Senatskandidat nominiert. Er gab sein Amt als Ge­ meinderat des 1000­Seelen­Ortes Crandall auf, um in seinem weissen Pickup ganz Texas zu bereisen und um Stimmen zu kämpfen. Seinen Wahlkampf finanzierte er aus eigenen bescheidenen Mitteln. Sein un­ erschrockener Angriff gegen seinen Konkurrenten, den wohlhabenden und einflussreichen republikanischen Senator Phil Gramm, machte ihn berühmt. Er war der Held der kleinen Leute, ein grundanständiger Mann, der wie James Stewart in Frank Capras Film «Mr. Smith Goes to Washington» gegen einen übermächtigen Gegner antritt. Er kämpfte als Kandidat der kleinen Leute und nahm nur Privatspenden bis zu 1000 Dollar an. Als das Folio erschien, lag Phil Gramms Stimmenanteil in den Umfragen bei 45 Prozent. Nach der Wahl war es umgekehrt: Vic­ tor Morales erreichte 44 Prozent der Stimmen, kein schlechtes Resultat, doch für den Sieg reichte es nicht; er kehrte ins Klassenzimmer zurück. Er sei ein begeisterter Lehrer, sagt der 61jährige Morales heute. Doch da war auch immer diese Unzufriedenheit mit den Politikern, das Ver­ langen, es besser zu machen. 1998 kandidierte Morales erneut, diesmal für den Kongress. Doch das Interesse der Medien am kleinen Mann mit dem weissen Pickup war verflogen, und ohne sie hatte Morales nicht den Hauch einer Chance. Eine traurige Erfahrung sei dies gewesen, sagt er. Er widmete sich erneut ganz seinen Schülern und versprach seiner Frau, in Zukunft keine kostspieligen und zeitraubenden Wahlkämpfe mehr zu betreiben. Ein Versprechen, das er schon bald brechen sollte. Im Wahljahr 2002 konnte keiner der demokratischen Kandidaten Morales überzeugen. Also kandidierte er erneut für den Kongress. Dies­

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Bitte rauchen!

11/1996

Natürlich gab es böse Leserbriefe zu diesem Heft, in dem Richard Klein das «Lob der sublimen Schönheit der Ziga­ rette» anstimmte. Aber noch konnte man den Kopf schüt­ teln über die Verbissenheit, mit der damals die USA den Krieg gegen den Tabak führten. Seither hat der missionari­ sche Eifer der Anti­Raucher­Bewegung auch Europa ergrif­ fen, wo sich die Länder mit Verboten übertrumpfen. Was nützt es? Das Tabakmonitoring Schweiz, das seit 2001 durchgeführt wird, hält fest, dass die Zahl der Raucher von 33 Prozent (2001) auf 27 Prozent (2010) zurückgegangen ist; dieser Anteil ist seit 2008 stabil geblieben. Der Rückgang zeigt sich auch bei den Jugendlichen; sie rauchten 2010 al­ lerdings wieder mehr als 2009.

mal unterbrach er jedoch seine Arbeit als Lehrer nicht und führte kei­ nen grossen Wahlkampf. Überraschend gewann er die Vorwahlen – darüber hinaus reichte es aber nicht. Inzwischen hat sich Victor Morales pensionieren lassen und küm­ mert sich um seine gesundheitlich angeschlagene Mutter. Doch sein Drang, selbst anzupacken, wo etwas nicht läuft, wie es sollte, hat ihn auch in seinem beschaulichen Rentnerleben nicht verlassen. Als sich dieses Jahr kein Kandidat für den Gemeinderat von Crandall finden liess, sprang Morales – wie könnte es anders sein – in die Bresche: Im Mai 2011 ist er in den Gemeinderat gewählt worden. Das heute auf fast 3000 Bewohner angewachsene Crandall hat den idealistischen Politi­ ker zurück. Sein grösstes Ziel, sagt er, sei es nun, die Bevölkerung seiner Gemeinde zu mehr politischem Engagement zu motivieren: «Anstatt über Washington zu schimpfen, sollten sich die Leute bei sich zu Hause einsetzen.» Von seinen heldenhaften Reisen quer durch Texas bleiben ihm nur der weisse Pickup und die etwas wehmütigen Erinnerungen. Doch während Morales von damals erzählt, erwacht auch sein kämpferischer Geist wieder. Er beklagt, dass für einen mittellosen Individualisten wie ihn in der amerikanischen Politik kein Platz sei. Stark sei nur, wer Geld habe und wer die Unterstützung einer Partei geniesse. Victor Morales hatte es nie besonders mit den Parteien, auch nicht mit der eigenen, den Demokraten. Was er sich wünscht, wäre die Möglichkeit eines un­ abhängigen Mittelwegs. Insgeheim träumt er wohl immer noch davon, dass «Mr. Smith» über die Mächtigen triumphiert. Bettina Ambühl

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Januar bis April

1997

Nr. 1

Januar 1997

D I E Z E I T S C H R I F T D E R N E U E N Z Ü RC H E R Z E I T U N G

In der Krise ···································

Der Weg nach unten · Gewinner und Verlierer · Der Immobiliencrash Beruf: Sanierer · Ausgesteuert · Die schwarzen dreissiger Jahre · Auswege Rubriken

01/1997

Von der Krise zum Boom 1997 stand im aargauischen Aristau viel Wohnraum leer. Heute ist er wieder knapp und teuer – dafür geht es den Bauern und Wirten schlechter.

Düster startete das Folio ins Jahr 1997 mit sei­ berg sei die Region attraktiver geworden. Die ner Januarnummer «In der Krise». Im Heft Baulandpreise seien von rund 80 Franken pro war viel von Stagnation und Arbeitslosigkeit Quadratmeter (1985) auf 350 bis 500 Franken die Rede, die Redaktion verglich die Situation geklettert, an besten Lagen würden bis zu 600 mit «der schweren Weltwirtschaftskrise der Franken bezahlt. Anderen Branchen hingegen geht es dreissiger Jahre». Hart getroffen hatte es unter anderem die Baubranche, die nach dem schlechter: In Aristau gibt es von einstmals Boom der 1980er Jahre tief ins Jammertal vierzig nur noch zehn aktive Bauern, viele Be­ stürzte: Die Preise purzelten, plötzlich fanden triebe wurden aufgegeben oder zusammen­ viele überteuerte Objekte keine Käufer mehr. gelegt. Die beiden Käsereien sind verschwun­ Exemplarisch skizzierte das Folio die un­ den, der Dorfladen ebenfalls, auch die Post­ gemütliche Lage am Beispiel des Dörfchens stelle wird bald für immer schliessen. Und Aristau. Im Fadenkreuz zwischen Zürich, sogar die Stammtische, die Keimzellen des Zug, Luzern gelegen, rührte die Ortschaft bis dörflichen Lebens, sind nicht mehr, was sie Mitte der 1990er Jahre mit der grossen Kelle einmal waren: Zwei der fünf Gasthäuser ha­ an. 1993 entstanden auf einen Schlag vierzig ben aufgegeben, zwei weitere kämpfen um neue Wohnungen, 2001 sackte diese Zahl auf die Existenz. Beat Grossrieder ein einziges Objekt ab. Wer im Winter 1996/97 durch Aristau spazierte, erblickte 03/1997 fast an jeder Ecke Schilder mit der Aufschrift «Zu verkaufen»; damals standen 15 Objekte leer, darunter 3 Einfamilienhäuser. Heute sei die Situation völlig Mit unverhüllter Wehmut beklagte der «Ashes», das bedeutungsschwangere Duell anders, sagt Ueli Küng, der Ge­ Schriftsteller David Lodge den scheinbar un­ gegen Australien. Typischerweise steigen die meindeammann. Es werde wieder aufhaltsamen britischen Niedergang in aus­ Engländer stets als ausgemachte Verlierer in fleissig gebaut, leere Wohnungen gerechnet jenen Sportarten, die sie selbst derartige Wettbewerbe ein (im Gegensatz und Bauland seien Mangelware, erfunden hatten: die «Demütigungen» im zum Fussball, wo die englische Mannschaft in mit der Autobahn durch den Üetli­ Fussball und die «betrüblichen Zeichen des der einheimischen Presse grundsätzlich als Niedergangs» im Cricket. Letzteres bereitete Favoritin gilt). Ob Sieg oder Niederlage, wie Lodge die grösste Seelenpein, da er in dieser im März 2011 peinlicherweise gegen Irland: – für Aussenstehende mysteriösen – Sportart die Engländer bleiben cricketverrückt. Sogar das weltweite Programm der BBC meldet das englische Wesen verankert sah. Doch der Abstieg Englands als Cricket­ eine vorgezogene Lunchpause in einem Test­ nation war nicht, wie Lodge unterstellte, ein match, als ob die Welt dadurch aus den Fugen säkulares Phänomen. In diesem Jahrhundert geriete. Martin Alioth gewannen die Engländer schon dreimal die

Cricket

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08/2011


03/1997

04/1997

Erfunden

Ein Heft über die Briten kommt nicht um eine Pub­Geschichte herum. Der Ethnologe Nigel Barley schrieb für uns diese Geschichte. Er schwelgte in der goldenen Zeit, als im Pub noch «spartanisch strenge, männliche Bierinfusionsrituale» stattfanden, widmete sich aber auch der Gegenwart, in der die Frauen die Männerdomäne «erobert und entmystifiziert haben». Die Bilder britischer Zustände schoss für uns der junge Magnum­Fotograf Donovan Wylie.

08/2011

Ein Tagebucheintrag von Max Frisch, der auf einmal wieder auftauchte; ein Traktat aus der Feder Martin Luthers, das beim Stö­ bern im Archiv zum Vorschein kam; ein Es­ say von Bert Brecht über den Fussball als Kunstform, endlich veröffentlicht nach siebzig Jahren in der Schublade: So funk­ tionierte die Literaturfälschungskolumne «Fundstücke», die Constantin Seibt von 1997 bis 1998 fürs Folio schrieb. Das Stück, das er im Stil von Bert Brecht verfasste und das im September 1997 erschien, hatte wohl die bizarrste Wirkungsgeschichte, die ein Folio­Artikel je nach sich zog. Erst wur­ de es in der Lehrerzeitschrift «Der Deutsch­ unterricht» nachgedruckt, dann erwähnte es die «Basler Zeitung» in einer Buchbe­ sprechung. 2002 fand sich der Text im Fan­ magazin des FC St. Pauli, darauf erschien er auch im Internetmagazin «Der Kutter», be­ gleitet von der Feststellung, dass sich die Hommage «ganz wunderbar in unsere Zeit» füge. Das Beste geschah vor der WM 2006: Ein Lyriker baute Teile des Textes in ein Gedicht ein, in dem er Brecht und Benn kontrastierte. «Die Zeit» berief sich in ei­ nem Leitartikel ebenfalls darauf. 2006 lan­ dete Seibts Parodie im «Kunst­ und Kultur­ programm der Bundesregierung Deutsch­ land zur Fifa­WM». Am Ende rief bei Seibt ein Germanist an und fragte: «Dieser Text von Brecht über Fussball – den hat er ge­ schrieben, oder?» Seibt verneinte. Der Brechtforscher hängte auf.

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Mai bis Dezember

1997 05/1997

Martin Suter holt Geri Weibel zurück

«Es gibt Leute, die können tun, was sie wollen, es sieht immer richtig aus. Geri Weibel ist nicht einer von ihnen. Er muss sich alles erarbeiten. Wenn etwas bei ihm richtig aussieht, dann ist das das Resultat von präziser Umsetzung ge­ nauer Beobachtungen. Nicht, dass er beson­ ders ungelenk wäre. Er verfügt durchaus über eine gewisse natürliche Anmut, wenn er unbe­ obachtet ist. Aber Geri Weibel ist nie unbeob­ achtet, denn er beobachtet sich selbst. Er sitzt sich im Nacken und wartet auf seinen nächsten Fehler. Meistens muss er nicht lange warten.» Mit diesen Sätzen hat er seinen ersten Auf­ tritt, Martin Suters Lifestyle­Ritter von der traurigen Gestalt, der alles tut, um mit seiner Clique und den neusten Trends mitzuhalten. Fünf Jahre lang. Bis ihm der grosse Befreiungs­ schlag gelingt: Er verschwindet mit Aira, der schönen Bedienung aus dem Club 81, in die Karibik, wo die beiden ein Lokal eröffnen. Neun Jahre später taucht Geri Weibel für einen kurzen Heimatbesuch in Zürich auf.

Die Heimatfrage «Le New Mucho Gusto» heisst jetzt «Kurz & Schlungg». An den Wänden hängen künstleri­ sche Schwarzweissfotos von Reportagen über Schwingfeste. Die Tische sind aus massivem, nicht allzu grob behauenem Tannenholz, die Stühle sind zwar Designer­Stabellen, aber bequem. Im Lounge­Bereich herrscht die be­ häbige Gemütlichkeit der Lobby eines Drei­

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Sterne­Berghotels. Die Bar ist aus Schwarten­ brettern zusammengezimmert, wie ein Provi­ sorium, das nach dem Älplerfest wieder abgerissen wird. Was trinkt man in so einem Lokal? Kafi Luz? Schöppli Magdalener? Stange hell? Geri hat sich überstürzt für einen Alpenbitter entschie­ den und fühlt sich damit nun ein wenig de­ placiert. Die anderen Gäste an der Bar trinken nämlich normale Apéros – Cüpli, Mojitos, Camparis, Gin Tonics. Auf dem übernächsten Barstuhl sitzt ein junger Mann im dunklen An­ zug und lässt das Eis in seinem Drink kreisen. Plötzlich blickt er von seinem Glas auf, und ihre Blicke begegnen sich. Etwas mit seinen Augenbrauen stimmt nicht. Geri nickt ihm zu und nimmt einen Schluck Alpenbitter. Hätte er ihn doch wenigstens mit Eis bestellt. «Noch einen?» fragt der Barmann. Mit sei­ nen Augenbrauen stimmt auch etwas nicht. Geri nickt. Wenn er abgelehnt hätte, hätte es ausgesehen wie das Eingeständnis, dass sei­ ne erste Bestellung ein Fehler war. «Mit Eis?» «Nur im Winter.» Geri ist ziemlich stolz auf diese Pointe, aber der Mann zuckt nur mit den Schultern und macht sich auf zu der weit abgelegenen Stelle, wo er den Alpenbitter aufbewahrt. Als er endlich zurückkommt und das Glas vor ihn hinstellt, sagt er «Pröschtli». Sagt man das wieder? Oder gehört es zum Konzept des Lokals? Geri verkneift sich die Frage. «Kennst du Robi Meili?» erkundigt er sich stattdessen. Der Barkeeper richtet den Blick an die Holzdecke und überlegt. (Sind die ge­ schminkt? Oder gezupft? Oder getrimmt?) «Der Name sagt mir etwas.» «Oder Freddy Gut, Susi Schläfli, Carl Meili?» Er überlegt immer noch. Geri hilft: «Waren früher immer hier.»

Der Mann hinter der Bar hört auf zu über­ legen. «Ach so, früher.» Er geht zu einem Gast, der etwas bestellen will. Geri wartet, bis er zurückkommt und das Gespräch fortführt. Doch für den Barmann ist das Thema erledigt. Vielleicht hätte er auf Aira hören sollen. Sie war mit den Kindern bei den Schwiegereltern geblieben. Die Frage nach dem Groove des ehemaligen «New Mucho Gusto» habe keinen Einfluss auf ihre Entscheidung, ob sie wegen der Einschulung der Kinder «Aira’s Marina» aufgeben und von der Karibik zurück in die Schweiz ziehen sollen. Aber Geri bestand darauf. Er wolle testen, ob er sich auch in diesem Lebensbereich wie­ der heimisch fühlen könne. Die Musik, eine Mischung aus Rap und Ländler, wird lauter. Der Geruch nach ge­ schmolzenem Käse im Foodbereich intensi­ ver. Aber noch immer nichts von Heimatge­ fühl. Eine Frau und drei Männer stehen von ei­ nem Tisch auf und nähern sich der Bar. Einer von ihnen kommt Geri bekannt vor. Mit seinen Augenbrauen stimmt etwas nicht. Sein Leben lang sind für Geri seine Augen­ brauen der einzige Körperteil gewesen, dem er keine Beachtung schenkte. Aber in der kurzen Zeit im «Kurz & Schlungg» hat er ein ausge­ prägtes Augenbrauenbewusstsein entwickelt. Er hat das Gefühl, das ganze Lokal starre auf sie und ihre Naturbelassenheit. Er schirmt die Augen ab, als überlege er angestrengt. Da endlich stellt sich Geris Heimatgefühl ein: Er fühlt sich total daneben. Als er bezahlt, hört er den, der ihm be­ kannt vorkommt, mit Robi Meilis Stimme sa­ gen: «Neo Folkloric war schon out, als es in wurde.» Vielleicht, denkt Geri, kann man das mit der Einschulung noch ein bisschen hinaus­ schieben.

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Offene Wunden

06 /1997

Nach dem Völkermord in Rwanda 1994 wurden Anführer der Mörderbanden vor ein Uno­Tribunal gestellt; einige Urteile stehen bis heute aus. Stammesfeindschaften sind nach wie vor ein Unruheherd im Herzen Afrikas.

Das Folio widmete sich damals der Situation in Rwanda, dem ehemaligen vermeintlichen afrikanischen Musterland, das die Schweiz während dreissig Jahren als Schwerpunktland unterstützt hatte. 1994 metzelte ein Hutu­Re­ gime Hunderttausende von Tutsi und Zehn­ tausende von politisch gemässigten Hutu nie­ der. Heute prosperiert Rwanda und richtet sich zunehmend nach der Ostafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft aus. Die Regierung erprobt richtungweisend für den Kontinent, ob hohe Wachstumsraten und soziale Par­ tizipation, gepaart mit strenger politischer Kontrolle, das Gespenst von Stammesfeind­ schaften zu bannen vermöchten. Der grösste Sorgenfall im Herzen Afrikas bleibt Kongo­Kinshasa, das ehemalige Zaire. Mit Hilfe der neuen Tutsi­Regierung in Rwan­ da gelang es 1997 den Gegnern Mobutus, den Diktator zu stürzen. An die Macht kam Lau­ rent­Désiré Kabila. In einem zweiten Bürger­ krieg stritten sich die Sieger um die Kriegsbeu­ te. Kabila wurde 2001 ermordet, sein Sohn Jo­ seph übernahm das Präsidentenamt. Kabila der Jüngere schloss Frieden mit den Rivalen, erstmals fanden sogar Wahlen in dem Vielvöl­ kerstaat statt. Aber der Pakt unter Kriegsfürs­ ten sperrt sich gegen fast jeden politischen

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und gesellschaftlichen Fortschritt. In den öst­ lichen Kivu­Provinzen treiben bis zu 30 Mili­ zen ihr Unwesen. Sie kämpfen mit der oder gegen die Regierung – und immer gegen die Bauern. Der rwandische Genozid von 1994 stärkte weltweit den politischen Willen, Politiker, die Stammesrivalitäten für ihre Zwecke schüren, zu bestrafen. Das Uno­Tribunal für Rwanda (ICTR) im tansanischen Arusha sprach bis heute 65 Urteile gegen Anführer des Völker­ mords aus. In 14 Fällen und 19 Berufungsver­ fahren stehen die Urteile noch aus. Die Rechtsprechung des Tribunals fliesst in die Verfahren des Internationalen Strafge­ richtshofs (ICC) in Den Haag ein, eines dauer­ haften Gerichts, zu dessen Gründung die rwandische Tragödie ebenfalls beitrug. So de­ finiert ein Präjudiz des Rwanda­Tribunals die systematische Vergewaltigung als Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Der ICC hat seit 2006 Ermittlungen im Zusammenhang mit fünf Konflikten aufgenommen, die alle in Afri­ ka liegen. In Rwanda selber war die Zahl der Insassen in den Zuchthäusern 2002 auf über 130 000 an­ gewachsen. Kigali übertrug daraufhin die Ge­ nozidfälle über 8000 traditionellen Dorfge­ richten. Die Prozesse brachten weitere Fälle an den Tag, so dass die Laiengerichte schliess­ lich mehr als 1,2 Millionen Urteile erliessen. 15 000 Fälle von Rädelsführerschaft und Orga­ nisation des Völkermords wurden der regulä­ ren Justiz überantwortet, die bisher mehr als einen Drittel davon abgearbeitet hat. Schuldi­ ge werden meist zu lebenslangen Freiheits­

strafen verurteilt. Die Dorfgerichte sprachen derweil Recht über Mitläufer, Helfershelfer und Profiteure des Völkermords. Zehntausen­ de von Angeklagten wurden zu Reststrafen in der Form eines dörflichen Gemeinschafts­ dienstes verurteilt. Die Verfahren glichen Schauprozessen; die Richter neigten zur Mil­ de, wenn Angeklagte «Reue» bewiesen und Komplizen angezeigt hatten. Die Bilanz ist gemischt. Einerseits trugen die Dorfgerichte dazu bei, dass Rwanda der Gefahr eines permanenten Ausnahmezu­ stands entkam. Andererseits regieren seit 1994 in Kigali die ehemaligen Tutsi­Rebellen des Front Populaire Rwandais (FPR), die sich als alleinige politische Vertreter der Opfer des Ge­ nozids aufführen. Viele Hutu nehmen die Ge­ richte als Siegerjustiz wahr, umso mehr, als Kriegsverbrechen des FPR weder vom Tri­ bunal in Arusha noch in Rwanda je bestraft wurden. Viele Rwander deuten den Genozid durch­ aus zutreffend als perverse Ausgeburt einer Radikalisierung, die ein erbarmungsloser Guerrillakrieg des FPR vor 1994 mit ausgelöst hatte. Aber das Regime von Präsident Kagame bezeichnet derartige Behauptungen als «ge­ nozidäre Ideologie» und verankerte zwei Ge­ sinnungsartikel im Strafgesetz, mit denen an­ gebliche Verharmloser und Aufwiegler be­ straft werden. In der Folge rissen die Anklagen vor den Dorfgerichten nicht ab. Deren Schlies­ sung wurde seit 2007 immer wieder verscho­ ben; einige Rekursverfahren sind noch immer hängig. Markus M. Haefliger

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Januar bis Juni

1998 01/1998

Frauenpower Weibliche CEO sind eine rare Spezies: Wir porträtierten sieben Wirtschaftsfrauen, die an der Spitze grosser Konzerne standen. Was machen sie heute? Antoinette Hunziker war 1998 Chefin der Schweizer Börse. 2002 wechselte sie in die Konzernleitung der Bank Bär. Seit 2006 ist sie CEO und Gründungspartnerin von For­ ma Futura Invest AG. Die Firma verwaltet private und institutionelle Vermögen. Margarete Giondow leitet immer noch die Finanzierungen der Abteilung Tresorie bei der Zürich­Versicherung. Oder zu deutsch: Sie ist Head of Transactions, Group Treasu­ ry and Capital Management. Fides Baldesberger übernahm als 30jähri­ ge den väterlichen Pinzettenbetrieb. Seit 1984 ist sie CEO der Firma Rubis mit mitt­ lerweile 45 Angestellten. Sie hat verschie­ dene Stiftungsmandate inne und ist Ver­ waltungsrätin der Swisscom. Heliane Canepa war Chefin von Schneider Worldwide und verantwortlich für 2200 Mitarbeiter. Bis 2007 war sie CEO des welt­ grössten Herstellers von Zahnimplantaten Nobel Biocare. Heute ist sie Inhaberin der AC Sports and Football Ltd. Nicola Thimbaudeau übernahm 1994 die Hightechfirma Mécanex. Seit 2003 ist die Ingenieurin mit Fluglizenz CEO der Micro Precision Systems AG mit Sitz in Biel, Bon­ fol und Court. Christiane Weibel war bis zu ihrer Pen­ sionierung im Jahr 2003 Direktorin der SZU. Seither lebt sie abwechselnd in Aus­ tralien und der Schweiz. Gisèle Girgis, damals Geschäftsleiterin der Migros Bern, ist seit 2003 Leiterin des De­ partements Human Resources, Kulturelles und Soziales, Freizeit sowie Mitglied der Generaldirektion des Migros­Genossen­ schafts­Bundes. Seit 2006 ist sie Delegierte für wirtschaftliche Landesversorgung.

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Wir Cyborgs Die Mensch­Computer­Symbiose war eine beliebte Vision. Wirklichkeit wurde sie ganz unerwartet – durch das Handy. «Der erste Cyborg, der mir begegnete, war eine Sie, eine T­Shirt­Turnschuh­Schönheit mit langen, blonden Haaren, einem Pentium­ Prozessor, Funkmodem, Handscanner und Thermodrucker.» So begann mein Artikel über Wearables, am Körper tragbare Compu­ ter. Den stationären Zugang zum Internet sicherten damals schmalbandige 57­K­Mo­ dems. Mobile Breitbandvernetzung ver­ mochten Normalmenschen nicht einmal zu imaginieren. Körper­Computer schienen dennoch eine Utopie, deren Realisierung be­ vorstand. Experimentell eingesetzt wurden sie be­ reits vom US­Militär, etwa bei Wartungsar­ beiten an Hightech­Waffensystemen oder als Liveübersetzer im Bosnienkonflikt. In der zi­ vilen Forschung zählten die MIT­Studenten Steven Mann und Thad Starner, beide heute renommierte Professoren, zu den Pionieren. Die symbiotische Beziehung zwischen Mensch und Maschine ist zwar Wirklichkeit geworden, aber anders, als man dachte. Denn für die Hightech­Wunderdinge, mit denen damals MIT­Studenten mühsam ex­

perimentierten, braucht es keine kiloschwe­ ren Wearables mehr: «Mit ein paar Tastatur­ befehlen senden Sie, während Sie über den Campus schlendern oder im Supermarkt ein­ kaufen, E­Mails um die ganze Welt oder rufen Memos von Diskussionen auf, die sie vor Jah­ ren geführt haben. Sie erkunden Adressen und Telefonnummern, informieren sich über Fahrpläne und das politische Geschehen.» Das – und viel mehr – tun wir heute jeden Tag. Dank Smartphones und Tafel­PC wie dem iPad tragen wir eine Rechenkraft spazieren, die noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts nur Mathematikerarmeen in lebenslanger Re­ chenarbeit aufgebracht hätten. In Verbin­ dung mit der Breitbandvernetzung ist die «Mensch­Maschinen­Symbiose» unser All­ tag geworden. Doch die Cyborgisierung schreitet fort. Für Aufgaben, die einst 50 000 Dollar teure Wea­ rables leisteten, setzt das US­Militär inzwi­ schen normale Smartphones mit speziellen Apps ein. Gleichzeitig aber werden leistungs­ fähigere Wearables entwickelt, Sichthelme etwa, die den Kampftruppen 360­Grad­Sicht

08/2011


02/1998

Vollgas!

05/1998

Was mir widerfuhr, als ich fürs Folio Autofahren lernte.

in 3D bieten, die Fähigkeit also, sich über grosse Distanzen hinweg zugleich nach vorne und hinten orientieren zu können. Wo das hinführen mag? 1998 zitierte ich Neil Gershenfield, heute Direktor des MIT Centers for Bits and Atoms, der meinte, in 10 Jahren, also um 2008, würde jeder von uns tragbare Computer besitzen. Bingo! Und in 20 Jahren, also um 2018, würden wir uns diese Technik dann in unsere Körper implantieren lassen. Schauen wir mal … Gundolf S. Freyermuth

Im Alter von 44 Jahren gab ich auf, was ich mit Albert Einstein gemeinsam hatte: die Unfä­ higkeit, Auto zu fahren. Ich nahm mir eine Fahrlehrerin, die Marianne hiess, einen VW Golf und Geduld hatte. Ich drehte Runden auf dem Parkplatz, übte die Handhabung des Steuerrades am Putzkübel und lernte – handi­ capiert mit nur zwei Füssen –, Gas, Kupplung und Bremse in der verlangten Reihenfolge zu bedienen. Bald war ich ein Verkehrsteilneh­ mer, den nichts aus der Ruhe bringen konnte ausser der Tatsache, dass andere am Verkehr teilnahmen. Kolleginnen und Freunde verfolgten mein Tun mit der Häme von Zweijährigen gegen­ über dem Einjährigen, der noch auf allen vie­

ren geht. Doch «Das erste Mal», mein Folio­ Rechenschaftsbericht über meine Fahrversu­ che, hat – Freude, schöner Zündfunken! – ein Happy End. In der ersten Prüfung fiel ich zwar durch, weil ich auf der Kreuzung den Motor abwürgte. Unverdrossen weiterübend, fuhr ich das Auto meines Chefs in eine Mauer. Die zweite Prüfung aber bestand ich auf Anhieb, nach nur fünfzig Fahrstunden total. Seither bin ich in den USA, wo ich nun lebe, Tausende und Abertausende von Mei­ len unfallfrei gefahren – in Wüsten, Schnee­ bergen und Städten wie Los Angeles, auf des­ sen Freeways ich die sieben Spuren lockerer wechsle als George Clooney sein Hemd. Peter Haffner

Im wilden Osten

04/1998

Die Renaissance des Kapitalismus verhalf Moskau zu einem mächtigen Boom, von dem auch Schweizer Unternehmer profitierten. Dann kam eine schwere Bankenkrise. Wer sie überstand, steht heute gut da. «Wer in Moskau Erfolg haben will, muss bereit sein, ein paar Millionen zu riskieren», sagte ein Schweizer Banker beim Mittagessen in einem sündhaft teuren In­Lokal. «In einer Zeit des Neuanfangs winken bei allen Risiken aber auch ausserordentliche Gewinnchancen.» In unserem Heft beschrieben wir die Anfänge des Kapitalismus in Russlands Hauptstadt: mit eu­ phorischen Investoren, hochfliegenden Plä­ nen und wilden Parties. Wenige Monate spä­ ter erschütterte eine schwere Bankenkrise das Land. Der Rubel stürzte ab, und auch die Bank unseres Interviewpartners musste mehr als ein paar Millionen abschreiben. Heute rollt der Rubel wieder. Und wer ei­ nen langen Schnauf hatte, ist wieder gut im

08/2011

Geschäft. Der Appenzeller Bauunternehmer Roland Lei, den wir damals in seiner winzigen Niederlassung an der Moskwa besuchten, be­ schäftigt heute in Moskau etwa 1000 Mitarbei­ ter und freut sich über prallgefüllte Auftrags­ bücher. Seine Firmen in der Schweiz hingegen hat er längst liquidiert. In der russischen Hauptstadt sind die Margen besser, und

Schweizer Qualitätsarbeit ist gefragt. Auch Grosskonzerne wie ABB, Nestlé oder die Zü­ rich­Versicherung sind mit dem Geschäfts­ gang in Moskau recht zufrieden. Einfach ist das Geschäftemachen in Russland aber auch heute noch nicht: Korruption ist weit ver­ breitet, und die Bürokratie hat sogar zuge­ nommen. «Die Geschäftsaussichten von damals sind Wirklichkeit geworden», sagt Karl A. Eckstein, der seit dreissig Jahren in Moskau lebt und dort ein Rechtsberatungsbüro für ausländi­ sche Firmen unterhält. Einige seien zwar auf die Nase gefallen. «Aber wer seriös gearbeitet hat, der hatte auch Erfolg.» Andreas Heller

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Juli bis Dezember

1998 09/1998

Entzauberte Japan AG

Der Insel droht ein Wertewandel, aber nach Fukushima bewiesen die Japaner ihre traditionellen Tugenden.

Im September 1998 zeichnete ich ein düsteres Bild von Japan zur Jahrtausendwende. Ich schrieb von den sozialen Problemen Jugend­ licher und von gestörter Kommunikation zwi­ schen den Geschlechtern. Und ich fragte mich, ob sich ein Wertewandel hin zu mehr Individualismus abzeichne. Die 1990er Jahre galten als Japans «verlo­ rene Dekade», doch auch seither ist es der Wirtschaft nicht gelungen, ihren Schwung wiederzufinden. Die Globalisierung zwang die Unternehmen zu radikalen Reformen, die auch vor traditionellen Werten keinen Halt machten. Die Japan AG, der ungeschriebene Sozialvertrag, der auf lebenslanger Anstel­ lung und dem Senioritätsprinzip basierte, existiert heute kaum noch: Mehr als ein Drit­ tel der Beschäftigten, darunter überdurch­ schnittlich viele Frauen, halten sich mit Teil­ zeitjobs knapp über dem Existenzminimum. Die Schulmädchenprostitution ist man­ gels zahlungskräftiger Kundschaft aus den Schlagzeilen verschwunden, stattdessen hat sich ein Proletariat von Quasi­Obdachlosen gebildet, das in Internetcafés haust, sich von Instantnudeln ernährt und im Stundenlohn auf Baustellen und in Fabriken anheuert. Ins Wanken geraten sind auch die traditionellen Rollenbilder. Die sogenannten grasfressen­ den Männer – kaum an Karriere, Konsum oder Sex interessiert, dafür umso mehr an

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Selbstverwirklichung und bewusster Ernäh­ rung – verweigern den vorgezeichneten Le­ bensweg mit der Pflicht zur Familiengrün­ dung und dem Part als Alleinernährer. Und dennoch: Die von der Weltöffentlich­ keit so bewunderte Gefasstheit, mit der die Menschen seit dem 11. März dieses Jahres mit den Folgen der schlimmsten Naturkatastro­ phe ihrer Geschichte umgehen, hat ihre Wur­

zeln in urjapanischen Tugenden: in der Zu­ rückstellung der eigenen Bedürfnisse zu­ gunsten des Gemeinwohls, im Gehorsam gegenüber der Regierung, der grundsätzlich gute Absichten zugebilligt werden, und in der für das Leben auf diesen Inseln unerlässli­ chen Portion Demut vor den Elementarge­ walten der Natur. Konrad Muschg 11/1998

Binders Vexierbilder Das Vexierbild ist eine längst verschwundene Unterhaltungsform. Der Zürcher Künstler Hannes Binder hat das Genre für das Folio wiederbelebt. Beim ersten Mal fragten wir: Wo ist die Zitrone? (Auflösung S. 121) 2009 ist bei NZZ Libro unter dem Titel «Wo ist Maigrets Pfei­ fe?» eine Auswahl von Vexierbildern in Buchform erschienen.

08/2011


D I E Z E I T S C H R I F T D E R N E U E N Z Ü RC H E R Z E I T U N G

12/1998

In der Nacht verschwimmt die Trennungslinie zwischen Innen­ und Aussenwelt, dem Nachtschwärmer erschliessen sich Realitäten, von denen der Morgenmensch nichts ahnt. Ein solcher Nachtmensch hat das Folio durch sein Zürich geführt: «Morgen, das garantiere ich dir, wirst du diese Stadt mit anderen Augen sehen.» Der Zürcher Fotograf Urs Siegenthaler war auf diesem Streifzug dabei.

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Januar bis April

1999 Sexpuppen

Nr. 4 April 1999

D I E Z E I T S C H R I F T D E R N E U E N Z Ü RC H E R Z E I T U N G

D I E Z E I T S C H R I F T D E R N E U E N Z Ü RC H E R Z E I T U N G

Im Vatikan ···································

Ein Tag im Leben des Papstes · Verschwörungen und Geheimniskrämerei · Wunder über Wunder Die Bankiers des Herrn · Die Wahl des Stellvertreters Christi · Ein Neuling in Rom Rubriken

01/1999

Kleiner als klein

02/1999

K.Eric Drexler war der Prophet der Nanotechnologie. Aber die winzigen Roboter, von denen er träumte, sind bis heute eine Utopie geblieben. 1999 hatte Johann Basso grosse Pläne: Mit aufblasbaren Gummipuppen im mittleren Preissegment wollte er den europäischen Markt erobern. Seine Fabrik befand sich in Börcs, einem verschlafenen Dorf an der österreichisch­ungarischen Grenze. Dort pröbelte der Deutsche an der perfekten La­ texdichte und Farbgestaltung seiner Dolly herum. Samtweich und lebensecht ausse­ hend, sollte diese Sexpuppe der Billigware aus Fernost die Stirn bieten ebenso wie den handgefertigten Luxusdamen anderer Her­ steller, die bis zu 3000 Franken kosteten. 1999 arbeiteten 42 Angestellte in der Fa­ brik, und genau so viele sind es heute. Der ehemalige Familienbetrieb gehört nun zum deutschen Beate­Uhse­Konzern. In Börcs wird weiterhin Sexspielzeug aus La­ tex produziert – allerdings für das weibliche Zielpublikum. Es macht mehr Umsatz als die aufblasbaren Damen, die oft Produk­ tionsfehler aufwiesen und bald aus dem Sortiment gekippt wurden. Johann Basso hat sich zur Ruhe gesetzt; seine Schwester blieb als einziges Fami­ lienmitglied in Börcs beschäftigt. Anstatt Dolly Glasaugen einzusetzen, steckt sie nun die Teile von wasserfesten Vibratoren zusammen. Besonders stolz ist sie auf das Modell Art Déco. Es eignet sich für Allergi­ kerinnen und wurde mit einem Design­ preis ausgezeichnet. Franziska K. Müller

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Als der Amerikaner K. Eric Drexler 1986 sein Buch «Engines of Creation» publizierte, war Nanotechnologie für die meisten ein Fremd­ wort. Der Wissenschafter, der den Begriff po­ pulär machte, verstand sich als Prophet: Aus den Atomen, den Bausteinen der Welt, wollte er mittels Robotern eine neue erschaffen. Ge­ steuert von Computern und kleiner als ein Staubkorn, sollten diese «Assembler» herstel­ len, was man sich nur wünschte: Autos und Steaks, Raumschiffe und selbstreinigende Teppiche, Häuser und sogenannte Nanobots. In die menschliche Blutbahn geschleust, würden diese Krankheitserregern den Garaus machen, defekte Zellen reparieren und Krebsgeschwüre in gesundes Gewebe um­ bauen. Die Nanotechnologie, meinte Drexler, brächte uns das Schlaraffenland samt ewiger Jugend. Drexler warnte aber auch davor, dass es schiefgehen könnte, wenn die Assembler Amok liefen und alles zerlegten, was ihnen in die Quere käme. Der Bestsellerautor Michael Crichton hat diese Kehrseite der Utopie in sei­ nem 2002 erschienenen Thriller «Prey» zum Thema gemacht. Die Wissenschaftswelt war gespalten. Die einen hielten Drexler für einen Phantasten,

die anderen für einen Visionär. «Die Welt von Dr. Drexler», die im ersten Jahrzehnt unseres Jahrtausends hätte Wirklichkeit werden sol­ len, ist jedenfalls noch immer mehr Fiction als Science. Der Nobelpreisträger Richard Smalley, ein Chemiker, hat 2001 die Herstel­ lung von Nanorobotern aus einzelnen Ato­ men wegen des «Klebrige­Finger­Problems» für unmöglich erklärt: Da jedes Atom in ei­ nem Molekül mit jedem benachbarten Atom interagiert, müsste ein Assembler sämtliche Atome im Griff haben und gleichzeitig ver­ hindern, dass seine zahllosen «Finger» mit ihnen interagieren. Dafür, meinte Smalley, sei schlicht kein Platz. K. Eric Drexler ist heute eine Randfigur. Der Staat subventioniert keine Forschungen in seinem Sinne. Das von Drexler gegründete Foresight Institute präsidiert nun seine Ex­ Gattin Christine Peterson; er selber ist derzeit bei Nanorex, einer Zweimannfirma, die Soft­ ware für molekulares Engineering entwickelt und vertreibt. Doch Nanotechnologie auf bescheidene­ rem Niveau und ohne Roboter hat uns eine Reihe von Produkten beschert wie stabilere Sonnencrèmes, gleitfähigere Bügeleisen oder schmutzabweisende Kleidung. Sie wird auch genutzt zur weiteren Miniaturisierung der Halbleiterelektronik und eröffnet neue Mög­ lichkeiten in der Medizin. So wird etwa ver­ sucht, Tumoren gezielt mit eisenoxidhaltigen Nanopartikeln anzureichern, um sie dann in einem Magnetfeld mittels Erhitzung zu zer­ stören. Peter Haffner

08/2011


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Mai

1999

N r. 5

Mai 1999

DIE ZEITSCHRIFT DER NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG

SINGLES LUST UND LAST DER UNGEPAARTEN Ausserdem: Das erste Mal mit Peter Ustinov Von den Tieren kann man lernen, warum Seitensprünge nützlich sind Wie Geri Weibel eine Liebesgeschichte erlebt

Aufgefrischt I Das erste Redesign, das wir dem Folio ver­ passten, sollte die Zeitschrift etwas frischer und moderner machen: Der NZZ­Postrei­ ter verschwand aus dem Logo, und als Ti­ telschrift ersetzte die serifenlose Frutiger die klassische Sabon. Im gleichen Zug ver­ änderten wir die Heftarchitektur: Statt gleich mit dem Themenschwerpunkt ins Haus zu fallen, placierten wir fortan einen Teil der Rubriken am Anfang des Hefts. Da­ mit werteten wir unsere Kolumnen auf und kamen einer verbreiteten Lesegewohnheit entgegen.

05/1999 06/1999

Leserbrief Als ich das neue Folio zu Gesicht bekam, stellte ich mir die Frage, die ich mir bei solchen Neuerungen immer stelle: Sind sie wirklich darum erfolgt, weil das Alte nicht mehr gut genug war? Das alte Lay­ out finde ich ansprechender. Aber ei­ gentlich kommt es sowieso primär auf den Inhalt an. Und der ist wie immer Klasse. Martin Bucher, Berg SG

05/1999

Vom Leitbild zum Leidbild

Vor zwölf Jahren galt das Single­Dasein noch als attraktiv. Heute nicht mehr, sagt der Soziologe François Höpflinger. Der glückliche Single ist eher die Ausnahme als die Regel. Herr Höpflinger, die Zahl der Einpersonenhaushalte in der Schweiz ist seit 1999, als wir Sie zum Thema Singles interviewten, von 1 Million auf 1,3 Millionen gestiegen. Das lässt keinen Rückschluss darauf zu, ob die Menschen Singles sind oder nicht. Immer mehr Paare wohnen in getrennten Haushal­ ten. Die Zahl der bewussten Singles – damit meine ich Alleinstehende ab Mitte 30 –, hat vermutlich abgenommen. Single zu sein gilt nicht mehr als attraktiv. Das zeigt sich auch in der Werbung: Mit dem einsamen Cowboy wird kein Produkt mehr beworben. Paare und kleine Gruppen bestimmen das Bild. Woran liegt das? Jede Freiheit hat ihren Preis. Beim Single bedeutet das im schlimmsten Fall Einsamkeit. Vor allem für Frauen wird das Zeitfenster für Familiengründungen sehr klein, wenn sie erst

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Anfang oder Mitte dreissig anfangen, ernsthaft zu suchen. Mit etwa 40 Jahren ist das Fenster schon wieder zu. Zumindest um eigene Kinder zu haben. Taugt das Internet für die Partnersuche? Die Kommunikationsflut und der globale Partnerschaftsmarkt überfordern viele. Es ent­ steht die Illusion, man habe tatsächlich die Wahl unter Tausenden. Und damit steigen die Ansprüche. Was da stattfindet, ist ein Attrakti­ vitätswettbewerb, der sehr stark über Äusser­ lichkeiten funktioniert. Wobei die Selbstdarstellung wohl meistens etwas geschönt ist … Entsprechend ernüchternd ist die reale Be­ gegnung. Zumal sich das Wesentliche nicht virtuell kommunizieren lässt. Eigenschaften wie Humor und Zugewandtsein zeigen sich erst im Umgang miteinander. Doch dazu

kommt es kaum. Das Internet suggeriert die Möglichkeit zur «instant partnership», zur so­ fortigen Liebesbeziehung. Wichtige Stufen der Annäherung werden ausgelassen, weil sie zeitintensiv sind. Der beste Partnerschaftstest sind drei Wochen in einem Zelt in Irland, wenn es regnet. Kommen Frauen mit dem Alleinsein noch immer besser zurecht als Männer? Ja. Von allen Neunzigjährigen leben 48 Pro­ zent der Männer in einer Paarbeziehung, bei den Frauen sind es nur 12 Prozent. Frauen können besser auf sich achtgeben, sich besser vernetzen. Gerade hörte ich von drei Single­ Damen in Graubünden, die dreimal die Wo­ che zusammen kochen. Und die sich einen Hund teilen. Soziale Beziehungen sind ele­ mentar für Gesundheit und Wohlbefinden. Anja Jardine

08/2011


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Juni bis Juli

1999

N r. 6

Juni 1999

DIE ZEITSCHRIFT DER NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG

KRIEG UM KOSOVO HASS, UNTERDRÜCKUNG, VERTREIBUNG Ausserdem: Freizeitabenteuer in der Quarterpipe Wolf Schneider über die Liebe zum Superlativ Tätowierte Kiste – Herzog & de Meurons Bibliothek in Eberswalde

06/1999

Wie ist all das möglich? 06/1999

Das erste Mal Er finde die Frage ungerecht, sagte Peter Bichsel. «Warum fragt man einen Schrift­ steller immer, warum er mit Schreiben an­ gefangen habe?» Man solle besser alle an­ deren fragen, warum sie aufgehört hätten. Aber nicht nur mit ihm wollte das Folio über seine Anfänge reden, sondern – im Laufe von fast vier Jahren – mit 41 Männern und Frauen diverser Berufe. Gerhard Polt zum Beispiel erzählte von frühen eigen­ tümlichen Neigungen: «Ich war ein wahn­ sinnig herziges Kind, ein wenig exhibitio­ nistisch vielleicht … Mit dem Dreirad bin ich gerne durch den Dreck gefahren, um danach mit Genuss das Vorderrad mit der Zunge abzuschlecken, so bekamen die an­ deren Kinder auch etwas Schönes zu se­ hen.» Marianne Faithfulls Weg von der Klosterschule in Mick Jaggers Gefilde war überraschend gradlinig: «Mick machte mich zu seiner Geliebten, und ich fing mit Drogen an und schlief mich durch alle Bet­ ten der Welt. So heisst es. Aber bei allem war ich immer noch die Klosterschülerin.» Der Pianist András Schiff spielte als Kind

lieber Fussball als Klavier, nie wurde er gedrängt, mehr als eine halbe Stunde zu üben. Was grundsätzlich gute Lebensvor­ aussetzungen anbelangt, formulierte Sir Peter Ustinov eine interessante These: «Ge­ mischtes Blut ist sehr wichtig. Ich bin ein grosser Fan von ethnischem Schmutz.»

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In Kosovo fand 1998/1999 der letzte der Kriege auf dem Balkan statt. Seit 2008 ist Kosovo unabhängig – aber ein EU­Beitritt liegt in weiter Ferne.

Der Zerfall Jugoslawiens stürzte alle Teile des Landes in den Abgrund. Der Krieg, der 1991 in Slowenien begann, dann Kroatien und Bos­ nien erfasste, erreichte 1998 auch Kosovo. Wieder wurden, wie in den Kriegen zuvor, Hunderttausende von Menschen aus ihren Häusern verjagt. Auch in Kosovo waren die ethnischen Vertreibungen keine Folge der Kämpfe, sondern ein Kriegsziel. Die Fernseh­ bilder aus Kosovo erschütterten die Welt, nicht aber die Bewohner Ex­Jugoslawiens, die sich an ethnische Gewalt gewöhnt hätten. Das schrieb die kroatische Autorin Dubravka Ugreˇsi´c in ihrem Essay im Folio. Das Heft erschien im Juni 1999, im gleichen Monat also, in dem die Kämpfe zwischen kosovoalbanischen Rebellen und serbischen Truppen zweieinhalb Monate nach dem Be­ ginn der westlichen Militärintervention zu Ende gingen. Belgrad kapitulierte. Nato­Trup­ pen marschierten in Kosovo ein, das Gebiet kam unter Uno­Verwaltung. Es ist auch heute noch ein Protektorat des Westens. Die während des Krieges von den Serben vertriebenen Albaner kehrten zurück. Nun flo­ hen viele Kosovo­Serben. Die Nato, die ihre Luftangriffe auf Serbien mit der Notwendigkeit gerechtfertigthatte,deneklatantenMenschen­ rechtsverletzungen in Kosovo ein Ende zu set­ zen, war nicht in der Lage, die Übergriffe alba­ nischer Extremisten auf die serbische Zivilbe­ völkerungzuverhindern.HundertevonSerben

wurden getötet, und bis heute ist niemand da­ für zur Rechenschaft gezogen worden. Kosovo erklärte sich im Februar 2008 für unabhängig – gegen den Willen Serbiens und der Uno­Vetomacht Russland, aber mit der Unterstützung westlicher Länder und der USA. Die völkerrechtlichen Grundlagen sind allerdings löchrig, denn fünf EU­Staaten be­ trachten den jüngsten Staat Europas noch im­ mer als Teil Serbiens. So hat Kosovo derzeit keine Aussichten, in die Uno oder in die EU aufgenommen zu wer­ den. Das Land ist zwar unabhängig, aber nicht souverän; es ist ein Staat mit gestutzten Flü­ geln. Trotz allen internationalen Bemühun­ gen sind die demokratischen Institutionen schwach, der Rechtsstaat ruht auf wackligen Fundamenten, die Wirtschaft ist in einem schlechten Zustand. Kosovo ist zudem seit dem Ende des Krie­ ges 1999 faktisch geteilt. Die Serben, die in kleinen Enklaven mitten im albanischen Sied­ lungsgebiet leben, sehen zwar ihre Rolle nicht mehr nur darin, durch ihr Ausharren in Koso­ vo den Anspruch Serbiens auf die Herrschaft über das Gebiet zu legitimieren. Sie sind in­ zwischen eher bereit, mit der kosovarischen Regierung zusammenzuarbeiten. In dem kompakt von Serben besiedelten Nordzipfel Kosovos hingegen hat Priˇstina nichts zu sagen. Es ist bisher nicht gelungen, die parallelen ser­ bischen Strukturen zu beseitigen. Das Gebiet ist faktisch ein Teil Serbiens. Wieder einmal haben vor einigen Monaten unter internationaler Aufsicht Gespräche zwi­ schen Kosovo und Belgrad über eine Normali­ sierung der Beziehungen begonnen. Ohne eine Annäherung werden beide ihr Ziel, die Integration in die EU, nie erreichen. Cyrill Stieger

08/2011


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August bis Dezember

1999

N r. 9

September 1999

DIE ZEITSCHRIFT DER NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG

DAS TELEFON UNSER LIEBSTES SPIELZEUG Ausserdem: Warum nur hat das Zebra Streifen? Das erste Mal mit Ernst Beyeler Der Champagner des Zaren Alexander II. Ein Waldpark mit Computerschnittstelle

10/1999

Ende 1999 ging der Panamakanal vom Bauherrn und Besitzer USA in die Hände von Panama über. Das war der Anlass für das Folio, das «achte Weltwunder» zu besuchen. Wir erkundeten den Kanal, bei dessen Bau 25 000 Arbeiter ums Leben ge­ kommen waren, und das Land. Mit seiner Kamera begleitet hat uns der Magnum­Fotograf René Burri.

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08/2011


N r. 1 1

November 1999

DIE ZEITSCHRIFT DER NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG

ECHTZEIT WIE ALLES IMMER SCHNELLER WIRD Ausserdem: Das erste Herz Geri wird Agglo Ach, Liebling, lass uns boldern! So kochten die Römer Kein Platz für Elefanten Res Webers Bude in der Bude

Im Kreis Cheib

08/1999

Im Kiosk an der Limmatstrasse hat zwar der Besitzer gewechselt, aber die Kunden sind die gleichen geblieben.

Im Sommer 1999 begaben wir uns an einen Ort, wo es tausend kleine Sachen gibt und die Fäden eines ganzen Quartiers zusammenlau­ fen, nämlich in den Kiosk an der Limmatstras­ se 197 im Zürcher Kreis 5. Wir standen mit Margrith Schmid, die damals bereits 73 war, einen Tag lang an der Kasse und stellten fest, dass sich die Welt nicht nur um die grossen Fragen dreht, sondern auch um kleine: Wie viele Fünfermocken gibt es für zwei Franken, und welche Zeitschrift bringt die schönsten Bilder von Steffi Grafs Hochzeit? Wir porträ­ tierten die Menschen, die hier ein und aus gingen, und stellten fest, dass ein Kiosk auch ein Ort ist, der Vertrautheit und Wärme aus­ strahlt.

Tankstellenshop ohne Benzin Den Kiosk an der Limmatstrasse 197 gibt es auch heute noch, und auf den ersten Blick ist alles wie immer. Das Schaufenster ist hübsch dekoriert, beim Eingang hängen die Plakate von «Blick», «Tages­Anzeiger» und NZZ. Drinnen weht jedoch ein neuer Wind: Die Wände sind frisch gestrichen, die Regale ent­ rümpelt. Es gibt nun ein grosses Kühlregal mit Sandwiches und Frischwaren, und da stehen jetzt auch überall Red­Bull­Dosen – das war damals noch kein Kultgetränk.

08/2011

Gewechselt hat auch das Personal. Frau Schmid ist mit fast 80 in Pension gegangen. Der damalige Besitzer musste Konkurs an­ melden, worauf Joe Bürli den Kiosk erwarb. Bürli, der hier schon einmal als Geschäfts­ führer wirkte, hat den Kiosk zu einem richti­ gen kleinen Laden ausgebaut. «Wir haben ein grösseres Angebot als eine Denner­Filiale», behauptet er stolz. «Wir sind eine Art Tank­ stellenshop ohne Benzin.» Mit der Verbreite­ rung des Sortiments ist es ihm gelungen, die schrumpfenden Verkäufe bei den Tabakwa­ ren und den Zeitungen zu kompensieren. Grosser Nachfrage erfreuen sich hingegen nach wie vor die Zeitschriften. «Die Heftli­ Kundschaft ist treu», sagt Bürli, «die wandert nicht so schnell ins Internet ab.» Frau Rhyn zum Beispiel kommt heute wie vor 12 Jahren jeden Donnerstag vorbei und kauft sich «Frau im Spiegel» und «Die neue Post»; nur die Stange Mary Long braucht sie nicht mehr, sie hat das Rauchen aufgegeben. Giulia, die Coiffeuse von nebenan, holt für ihre Kundinnen jede Woche die «Gala», und Fernando, der Garagist, besorgt sich heute wie damals täglich die «Gazzetta dello Sport». «Ein bisschen ist es hier wie in der TV­Serie ‹Lindenstrasse›», sagt Joe Bürli. «Wir sind wie eine grosse Familie.» Er sieht sich nicht nur als Verkäufer tausend kleiner Dinge für den täglichen Bedarf, sondern auch als Zuhörer und Ratgeber. Seit Jahren führt er ein Tage­ buch über das pralle Leben in seinem Kiosk. Vielleicht schreibe er irgendwann einmal sei­ ne Memoiren, meint der Kioskbesitzer, eine Fortsetzung des Folios aus dem Jahre 1999. Andreas Heller

12/1999

Vaterschaftstest für Hunde

Die Kolumne «Spektrum der Wissenschaft» machte die unfreiwillig komischen Seiten der Forschung zum Thema. Von Dezember 1999 an wurde darin fünf Jahre lang über Facharbeiten berichtet, die garantiert kei­ nen Nobelpreis einbringen. Hier meine zehn persönlichen Spitzenreiter: 1. «Komödienvorlieben von Frauen während des Menstruationszyklus» (Com­ munication Research, Vol. 14, S. 204–218) 2. «Effekt der Körperhaltung der Servier­ tochter auf das Trinkgeld in Restaurants» (Journal of Applied Social Psychology, Vol. 23, S. 678–685) 3. «Griechische und deutsche Verab­ schiedungen am Telefon: Muster von Rückmeldung und Einigung» (Pragmatics, Vol. 8, S. 79–94) 4. «Erforschen der Verbindungen zwi­ schen Persönlichkeit und Gebrauch der Fernsehfernbedienung» (Personality and Individual Differences, Vol. 20, S. 483–489) 5. «Sex, Lügen und Herbizide» (Nature Biotechnology, Vol. 18, S. 241) 6. «Unterscheidung von Musik durch Karpfen» (Animal Learning & Behaviour, Vol. 29, S. 336–353) 7. «Kranke Mädchen in der norwegi­ schen Kunst» (Tidsskrift for den Norske Laegeforening, Vol. 111, S. 3663–3666) 8. «Champagnerkorkenverletzung am Auge» (Lancet, Vol. 2, S. 487–489) 9. «Drei Fälle umstrittener Vaterschaft bei Hunden, bestimmt mit DNA­Fingerab­ druck» (New Zealand Veterinary Journal, Vol. 39, S. 61–64) 10. «Beine übereinanderschlagen: Vor­ kommen und Vererbung» (Neuropsycho­ logia, Vol. 32, S. 747–750) Reto U. Schneider

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Januar bis Mai

2000

An die Arbeit!

N r. 2

Fe b r u a r 2 0 0 0

DIE ZEITSCHRIFT DER NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG

IM NETZ

März 2000

DIE ZEITSCHRIFT DER NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG

MODE

Nr. 4

April 2000

NZZ FOLIO DIE ZEITSCHRIFT DER NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG

GEHEIMNISSE

DER ALLTAG DER GENERATION @

LEUTE MACHEN KLEIDER

FRAGEN, DIE DIE WELT BEWEGEN

Ausserdem: Fabeltiere, die es gibt Sechs Klassen im gleichen Schulzimmer Marianne Faithfull im Interview Forschung zur Stossfestigkeit von Bierhumpen

Ausserdem: Geri Weibels WGs Die Schattenseiten der Sonnenhänge Zaubergarten in Chandigarh Fortpflanzung im Primzahlenrhythmus Wehrmanns Küche

Ausserdem: Taxifahren in Denver 7 Suchen mit Google 9 Oral zum heiligen Gral 13 Revival der Kalbsbacke 53 Krebs auf Wohnungssuche 57 Schmerztest am Assistenzarzt 59

01/2000 04/2000

Das Ziegenproblem

Die Erfahrung der Senioren ist gefragt.

In der Rezession Mitte der 1990er wurden ältere Arbeitnehmer zu Tausenden ausgemustert: entlassen oder frühpensioniert. In unse­ rem Heft berichteten wir, wie die alten Kämpen wieder gefragt waren: Im Aufschwung vor der Jahrtausendwende brauchte man sie plötz­ lich, als Troubleshooters, Business Angels oder Consultants. Einige von ihnen haben wir porträtiert. Die Netzwerke, die sie schufen, sind grösser denn je. Die Vereinigung Top Fifty zum Beispiel ist in den letzten Jahren stetig gewachsen und heute international tätig; eta­ bliert hat sich auch die Vereinigung Adlatus, die sich auf die Beratung von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) spezialisiert hat. Martin Hilb, Leiter des Instituts für Führung und Personalmanage­ ment an der Universität St. Gallen, bestätigt diesen Trend: «Der de­ mographische Wandel und Personalengpässe in bestimmten Berei­ chen haben dazu geführt, dass älteren kompetenten Führungsper­ sönlichkeiten stärker nachgefragt wird als vor zehn Jahren. Die Altersvielfalt in Arbeitsteams ist wichtiger geworden als undifferen­ zierte Alterslimiten.»

Geheimnisse

03/2000

Die Schweiz steckt voller Geheimnisse – voller versteck­ ter Bunker tief im Bergesinnern, voller Schliessfächer mit Geheimcode, voller Verschwiegenheit über die Herstel­ lung der einzig wahren Luxemburgerli. Wir lüfteten einige bestgehütete Geheimnisse und stiessen auf ganz neue: Der Bunker ist inzwischen eine Touristenattrak­ tion. Der Banktresor wurde seither, so raunt man, min­ destens einmal geöffnet. Die Identität der Frau, die den Wecker auf etwa 4 Uhr 45 umlegte, wurde nie gelüftet. Doch wie schon das Thema verrät: Am Ende sollte dieses Heft gar keine Frage lösen, sondern allenfalls neue Fra­ gen aufwerfen.

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N r. 3

Keine Denksportaufgabe hat je zu mehr Kontroversen geführt als das sogenannte Ziegenproblem. Sogar Ma­ thematikprofessoren kommen häufig auf die falsche Lö­ sung, die sie dann mit Überzeugung verteidigen. So war es keine Überraschung, dass auch die Folio­Redaktion viele Leserbriefe erreichten, nachdem Herbert Cerutti das Problem in der Rubrik «Zahlen bitte» behandelt hat­ te: In einer Fernsehshow werden dem Kandidaten drei Türen gezeigt. Er weiss, dass hinter einer ein Auto steht, hinter den beiden anderen je eine Ziege. Der Kandidat wählt eine Tür. Bevor er sie öffnet, unterbricht ihn der Spielleiter (der weiss, wo das Auto ist) und öffnet eine der beiden anderen Türen mit einer Ziege dahinter. Jetzt darf der Kandidat bei seiner Wahl bleiben oder sich für die an­ dere noch geschlossene Tür entscheiden. Was soll er tun? Die meisten Leute antworten, dass es keine Rolle spiele, ob man wechsle oder nicht. Schliesslich sind es zwei Türen, hinter denen das Auto und die zweite Ziege stehen. Die Chance, das Auto zu bekommen, liege logi­ scherweise bei 50 Prozent. Doch diese Antwort ist falsch! Es lohnt sich zu wechseln. Weil das nicht einfach einzu­ sehen ist, haben Leute ganze Bücher darüber geschrie­ ben. Hier ein Erklärungsversuch auf zehn Zeilen. Angenommen, Sie spielen 90 Mal hintereinander. Wenn die Ziegen und das Auto zufällig verteilt sind, lan­ den sie in 30 Fällen auf der Tür mit dem Auto und in 60 Fällen auf einer der beiden Türen mit einer Ziege. Jetzt öffnet der Quizmaster eine der übriggebliebenen Türen mit einer Ziege. Wenn Sie sich jetzt für die andere Tür entscheiden, wechseln sie in 60 Fällen von einer Ziege zum Auto und in 30 Fällen vom Auto zur Ziege. Wenn Sie wechseln, verdoppeln Sie also Ihre Chance, das Auto zu gewinnen. Wenn Sie es nicht glauben, schreiben Sie ru­ hig einen Leserbrief, es haben sich schon weit gescheite­ re Leute als Sie mit diesem Problem blamiert. Reto U. Schneider

08/2011


Rätselhafter Riese

04/2000

Wer über Russlands Zukunft spekuliert, riskiert, widerlegt zu werden. Aber eine Rückkehr zum Totalitarismus scheint nach dem Zerfall des Imperiums doch wenig plausibel.

In meinem Beitrag für das Folio vom April 2000 setzte ich mich mit verschiedenen – teil­ weise berühmt gewordenen – Prognosen über Russlands Zukunft auseinander. Ich wies dar­ auf hin, dass die meisten dieser Voraussagen sich später als falsch oder jedenfalls nicht als nachhaltig erwiesen hatten. Auch ich hatte mich als junger NZZ­Korrespondent in Mos­ kau Ende der 1970er Jahre zu der spekulativen Aussage verstiegen, dass die Sowjetunion auch im Jahr 2000 wohl noch existieren werde. Die Prognose ist durch den Verlauf der Ge­ schichte widerlegt worden. Doch das gilt ebenso für die radikale Voraussage des franzö­ sischen Russlandreisenden Marquis de Custi­ ne aus dem Jahr 1839, Russland sehe in ganz Europa «eine Beute, die ihm früher oder später durch unsere Uneinigkeiten zugeführt werden wird». Auch Solschenizyns düstere Kassan­ drarufe, dass die von ihm als dekadent einge­ stuften und angeblich hilflosen Demokratien des Westens dem Machtanspruch der So­ wjetherrscher unterliegen würden, haben sich als Irrtum erwiesen. Im Jahr 2000, als ich den Folio­Artikel schrieb, existierte die einst so gefürchtete oder bewunderte Sowjetunion bereits seit neun Jahren nicht mehr. Doch die weitere Entwick­ lung des Riesenlandes Russland – es blieb

08/2011

auch nach dem Abfall der früheren Sowjet­ republiken der flächenmässig grösste Staat der Erde – schien damals weiterhin ziemlich rätselhaft. Die Gefahr, dass Russland im Chaos der ersten Übergangsjahre von einer kommu­ nistischen Kommandowirtschaft zu einer has­ tig eingeleiteten Marktwirtschaft versinken könnte, war nicht gebannt. Der am Ende über­ forderte Präsident Boris Jelzin hatte die Macht im Kreml einem eigenmächtig bestimmten Nachfolger, dem früheren KGB­Agenten Wla­ dimir Putin, übergeben. Mit diesem energischen Macher verban­ den sich einerseits viele Hoffnungen auf eine Stabilisierung der Verhältnisse. Aber ander­ seits gab es Befürchtungen, dass die unter Jel­ zin geförderte Liberalisierung Russlands nun gebremst und durch Rückgriffe auf autoritäre Führungsmuster mit traditionell nationalis­ tisch­expansiven Tendenzen abgelöst werden könnte. So widersprüchlich es klingt: Die Hoffnun­ gen und die Befürchtungen sind seither bestä­ tigt worden. Das postsowjetische Russland steht heute als Staat gefestigter da als zu Be­ ginn des neuen Jahrtausends. Aber ebenso werden die politischen und wirtschaftlichen Entscheidungen selbstherrlicher von einer kaum kontrollierten Machtelite im Umkreis des Kremls gefällt. Das gilt auch für wichtige rechtliche Weichenstellungen – siehe den Fall des ehemaligen Oligarchen Chodorkowski. Kein seriöser Beobachter zweifelt ernsthaft daran, dass die langjährige Gefängnisstrafe des früheren Ölmagnaten und die Zerschla­ gung seines Yukos­Konzerns zugunsten staat­ lich kontrollierter Konkurrenten auf die will­

kürliche Order Putins zurückgehen. Trotz diesen zwiespältigen Tendenzen stellt sich Russland – ein weiteres Paradox – heute als weniger rätselhaftes Land dar als am Ende der Jelzin­Periode vor elf Jahren. Inzwischen ist, wie der Russlandkenner Karl Schlögel betont, deutlicher geworden, dass mit dem Zerfall des Sowjetimperiums vor zwanzig Jahren eine «irreversible Umwäl­ zung» stattgefunden hat. Das heisst, eine Rückkehr zu einem totalitären Machtsystem, das eine auf die Weltherrschaft abzielende Ideologie propagiert, kann unter den neuen weltgeschichtlichen Umständen kaum mehr als plausible Perspektive gelten. Gleichzeitig hat sich in den zwei Jahrzehn­ ten seit dem Ende des Sowjetimperiums ein anderer fundamentaler Aspekt der russischen Realitäten klarer herauskristallisiert: Anders als einige Auguren gehofft oder befürchtet hat­ ten, wird Russland nie ganz zu Europa gehö­ ren. Das ergibt sich schon aus seiner geogra­ phischen Lage. Russland wird auf absehbare Zeit auch nicht zu einem vollen EU­Mitglied werden – noch weniger als die Schweiz. Russland hat wie jedes Land seine eigene Zukunft. Die Erfahrungen seit dem Zerfall der Sowjetunion sprechen dafür, dass diese Zu­ kunft weder zur Wiederbelebung einer totali­ tären Supermacht noch zu einer umfassenden Integration in Europa führen wird. Schliesst man diese beiden Pole aus, erscheint der Weg des russischen Riesen schon etwas weniger rätselhaft. Das soll indes keine Prognose sein, nur eine «informierte Spekulation». Gebrann­ te Kinder fürchten das Feuer. Reinhard Meier

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Juni bis August

2000

Nr. 7

Juli 2000

DIE ZEITSCHRIFT DER NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG

MANN UND FRAU DER GROSSE KLEINE UNTERSCHIED Ausserdem: Geri geht ran Wenn Bullen Bullen lieben Benjamins Schlag im Kloster Disentis Das Kochbuch des Shogun Raucherfreuden mit der Cigarrenlehre

08/2000

Guter Mann 06/2000

Bote einer anderen Welt Der Haustierroboter Aibo entpuppte sich kommerziell als Flop, öffnete aber einen Spalt weit die Tür in eine neue Welt.

Für das Folio zum Thema Roboter unternahm Lilli Binzegger einen Selbstversuch: Sie lebte zehn Tage mit dem Roboterhund Aibo zu­ sammen – und erlag dabei seinem Charme. Dass «Aibo, verglichen mit einem richtigen riechenden und haarenden und bellenden Hund, fast nichts kann, nicht riechen, nicht haaren, nicht bellen», tat ihrer Liebe keinen Abbruch: «Ach, Aibo. Jetzt sitzt er wieder und guckt herüber und macht mich fertig. Man könnte ihn per Knopfdruck abstellen. Ich bring’s nicht übers Herz.» Lilli Binzegger hat es nicht fertiggebracht, Sony schon. Der japanische Elektronikriese gab am 26. Januar 2006 bekannt, er werde die Produktion des Aibo einstellen. Ein trauriger Tag für die Besitzer elektronischer Haustiere. In einem Nachruf war zu lesen: «Seine mun­ tere Piepsstimme und sein schwankender Gang werden keine Kinder mehr erheitern. Zugegeben trifft der Schmerz nur reiche Kin­ der. Aibo kostete 3000 Franken.» Rührende Geschichten machten die Run­ de, von einem Mädchen, das den ausgeschal­

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teten Aibo für tot hielt und zu weinen begann, und von Altersheimen in St. Louis, wo Aibo nicht schlechter darin war, den alten Leuten die Einsamkeit zu vertreiben, als der richtige Hund Sparky. Eigentlich war es ein genialer Schachzug von Sony, anstelle eines Haushaltroboters ei­ nen Haustierroboter zu bauen. Haustiere ha­ ben keine fest umschriebene Aufgabe. Die Erwartungen der Menschen an sie sind be­ scheiden. Wir lieben Hunde und Katzen nicht, weil sie genau das tun, was wir von ih­ nen erwarten. Ganz im Gegenteil. Jede Ab­ weichung vom erwarteten Verhalten deuten wir bereitwillig als Zeichen der Autonomie ei­ nes denkenden Wesens, auch wenn sie bloss in einem Softwarefehler gründet. Aibo war mehr als ein Spielzeug, er war der erste Bote aus einer neuen Welt, in der die Grenze zwischen Synthetisch und Natürlich verwischt ist, in der sich das künstliche Leben immer weniger vom echten unterscheidet. Den Einzug ins gelobte Land, in dem Men­ schen und Roboter nebeneinander leben, wird Aibo nicht mehr erleben. Sony stellt den Support für den Hunderoboter 2013 ein, die meisten Fan­Websites sind schon lange ge­ schlossen. Nur ein paar Unentwegte wie die Aibo­Freunde Deutschlands treffen sich noch jedes Jahr in einem Hotel in Fulda, da­ mit ihre Aibos etwas Gesellschaft haben. Reto U. Schneider

Er war seit einem Jahr im Amt, als ich ihn für unser Heft einen Tag lang begleiten konnte: Oscar B. Goodman, der selbst für die Ver­ hältnisse von Las Vegas ein schillernder Bürgermeister war. Über dreissig Jahre lang war der brillante Strafverteidiger ein loyaler Mafiaanwalt gewesen, zu seinen Kunden gehörten Meyer Lansky, Frank «Lefty» Ro­ senthal und Tony «The Ant» Spilotro. Als Bürgermeister kokettierte er oft mit seiner Mafiavergangenheit. «Ich brauche meinen Einfluss, um die richtigen Leute zu erpressen», sagte er mir grinsend. Und aus seiner Liebe zu Glücksspiel, Gin und Zigar­ ren machte er nie ein Hehl. Er liess sich von «Bombay Sapphire Gin» sponsern und spendete die 100 000 Dollar für wohltätige Zwecke, die Hälfte für die Schule, die seine Frau gegründet hatte. Sein Traum als Politi­ ker war es, Downtown, den alten Teil von Las Vegas, «wieder zum Glänzen zu bringen, konkurrenzfähig zu machen mit dem Strip». (Der Strip liegt nicht in seinem Einflussbe­ reich, er gehört politisch zu Clark County.) Einiges hat der Bürgermeister erreicht, der sich gern als «Happiest Mayor in Ameri­ ca» bezeichnete und seine Regierungsre­ den flankiert von Showgirls hielt: Down­ town entstehen ein grosses Kunstzentrum, die neue Stadtverwaltung, eine Klinik für Hirnkrankheiten – und das Mob Museum, das die Geschichte der Mafia in Las Vegas dokumentiert. Neue Bars, Restaurants und Kunstgalerien siedeln sich an, ein Zeichen dafür, dass die heruntergekommene Ge­ gend wieder zum Leben erwacht. Zweimal ist Goodman mit Traumresul­ taten von 85 Prozent wiedergewählt wor­ den. Wegen der Amtszeitbeschränkung war diesen Sommer für den 71jährigen Schluss. Sein Nachfolger im Amt ist eine Frau. Seine Frau. Carolyn Goodman, 72, hat den Wahl­ kampf mit dem Versprechen gewonnen, die Politik ihres Mannes fortzuführen. Daniel Weber

08/2011


© 2011. Digital Image, The Museum of Modern Art, New York/Scala, Florence

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September bis Dezember

2000

Nr. 10

Oktober 2000

DIE ZEITSCHRIFT DER NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG

MUSEUM KUNST, KULT, KUNTERBUNT Ausserdem: Abenteuer Freizeit auf der Jagd Wohnen in der Bundesschlange Zahlen bitte zum wackelnden Gartentisch Wein und Sein eines Selbstkelterers

10/2000

Gartenarbeit 09/2000

Die Testfrage

Das Portrait der Wissenschafterin Nancy Wexler war von der Frage beherrscht, ob auch sie selbst an der Erbkrankheit leide, die in jeder Generation ihrer Familie min­ destens ein Opfer geholt hat. Chorea Hun­ tington ist eine Hirnkrankheit, die von ei­ nem einzigen fehlerhaften Gen verursacht wird. Die ersten Symptome (Bewegungs­ störungen) zeigen sich im Alter um etwa vierzig. Das Sterben danach dauert zehn bis zwanzig Jahre. Behandlungen gibt es keine. Nachdem Nancy Wexler ihre Mutter hatte sterben sehen, beschloss sie, ihre ganze Energie in die Erforschung von Cho­ rea Huntington zu stecken. 1993 gelang es, das Gen zu identifizieren. Wexler hätte mit einem Gentest Gewissheit erlangen kön­ nen. Ob sie den Test gemacht hat, will sie nicht sagen. Dass sie an der Krankheit lei­ det, wird jedoch mit jedem Jahr unwahr­ scheinlicher. Wexler ist heute 65 Jahre alt und gesund. Reto U. Schneider

Dreissig Kurzportraits internationaler Garten­ kunst skizzierte ich während fünf Jahren für das Folio – eine wunderbare Aufgabe. Die Texte er­ schienen 2005 in dem Buch «In Gärten» (Birk­ häuser). Die Schönheit und der Wert zeitgenös­ sischer Gärten liegen darin, dass in ihnen die heutigen Fragen der gestalteten Umwelt aufge­ nommen werden und ein überzeugendes Gan­ zes zur Antwort gegeben wird. Als lebendige Kunstwerke verändern sich Gärten permanent, und viele reifen zu faszinierenden Gesamt­ kunstwerken.

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Manche aber, wie der vor elf Jahren entstan­ dene Berggarten in Graz, haben eigenartige Wandlungen vollzogen. Inspiriert von amerika­ nischer Land Art und moderner Gartenarchi­ tektur, schuf der 1998 verstorbene Landschafts­ architekt Dieter Kienast mit seinem Zürcher Büro Kienast Vogt Partner auf einer Fläche von fünf Hektaren im Jahr 2000 einen einzigartigen Landschaftspark aus bis zu fünf Meter hohen, geometrisch geformten Rasenpyramiden. 2003 wurde der Berggarten zum österreichischen Skulpturenpark gemacht, derzeit ist er gespickt

mit über 60 Skulpturen internationaler Künst­ ler, von Jeppe Hein bis Yoko Ono. Dieter Kienast verstand es meisterhaft, ak­ tuelle Kunst intelligent mit Landschaftsarchi­ tektur zu verbinden. Dass Künstler seine skulp­ turale Gartenlandschaft mittlerweile zum Kreu­ zigungshügel erklären, Boote wie Treibgut in Erdwellen stranden lassen oder die Landschaft als Gepäckstück mit Tragegriff würdigen, hätte dem kunstverständigen Landschaftsarchitek­ ten jedoch sehr zu denken gegeben. Udo Weilacher

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Nr. 12

Dezember 2000

DIE ZEITSCHRIFT DER NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG

SPIELZEUG WOMIT KLEINE GROSS WERDEN UND GROSSE KLEIN Ausserdem: Geri geht Witze aus dem Cyberspace Samichlaus im Spektrum der Wissenschaft Kants Klopse Wein und Sein des Burgunderkönigs im Toggenburg

11/2000

Lukrativ

10/2000

Die Versicherung zahlte Millionen für zwei gestohlene Turner. Aber der Kunstdetektiv blieb dran. Der spektakulärste Kunstraub der deut­ schen Nachkriegsgeschichte hinterliess eine düpierte Versicherung, ein glückliches Museum und einige Rätsel. Im Juli 1994 hat­ ten drei Maskierte in der Frankfurter Schirn einen Wachmann überwältigt und zwei Ge­ mälde von William Turner geraubt. Nach­ dem ihr Eigentümer, die Londoner Tate Gallery, 24 Millionen Pfund Versicherungs­ summe erhalten hatte, schloss sie einen Deal: Sollten die Bilder wieder auftauchen, dürfte sie sie von der Versicherung zurück­ kaufen – für einen Drittel der 24 Millionen. Der 56jährige Peter Gwynn, der im Auf­ trag der Versicherung die Bilder suchte, er­ klärte dem Folio im Jahr 2000: «Jedes be­ rühmte Bild taucht irgendwann wieder auf. Die Frage ist nur, ob ich das noch im aktiven Dienst, im Rollstuhl oder erst im Sarg erle­ ben werde.» So lange musste der Kunstdetektiv nicht warten. Wenig später gelang es, die Bilder über Hehler zurückzukaufen. Zwei der Die­ be wurden Jahre später in Brasilien aufge­ spürt und verurteilt, die Hintermänner, die man in Kreisen der Jugoslawenmafia ver­ mutete, nie gefasst. Abzüglich der Kosten für Ermittlung und Rückkauf dürfte die Tate Gallery 20 Millionen Euro Überschuss erzielt haben. Sie sollen für einen Erweite­ rungsbau verwendet worden sein. Harald Willenbrock

08/2011

Der schlechteste Deal

Die Fusion von Time Warner und AOL sollte zukunftsweisend sein. Sie war die grösste der Geschichte – und wurde zum Flop des Jahrhunderts.

Die Ankündigung des Deals erfolgte im Janu­ ar 2000: Der führende Internetdienst AOL und der weltweit grösste Medienkonzern Time Warner schlossen sich zu einem Gigan­ ten zusammen, um durch das Kombinieren von Medieninhalten (Time Warner) und Dis­ tribution (AOL) neue Kräfte zu mobilisieren. Das Onlinenetz von AOL sollte Millionen von Kunden zu Medieninhalten, Zeitschriften, Musik oder Filmen von Time Warner leiten. 82 000 Mitarbeiter kamen im neuen Gebilde zusammen. Bei dieser 2001 umgesetzten Fusion über­ nahm die Zukunft die Vergangenheit. Die junge AOL kaufte den von Umsatz und Beleg­ schaft her rund sechsmal so grossen Tradi­ tionskonzern und bezahlte dafür in AOL­ Aktien, die ein Kurs­Gewinn­Verhältnis von gut 200 aufwiesen. Die Börsenbewertung war Hauptmassstab, so gesehen war AOL mit ei­ ner Marktkapitalisierung von 165 Mrd. Dollar doppelt so gross wie Time Warner. Die Rang­ ordnung spiegelte sich nicht nur im neuen Namen «AOL Time Warner», sondern auch im Personellen: Der 41jährige AOL­Chef Ste­ phen Case wurde Verwaltungsratspräsident, der 60jährige Time­Warner­Chef Gerald Le­ vin wurde CEO. Mit einer Kaufsumme von 160 Mrd. Dollar war es die bis dahin teuerste Fusion der Industriegeschichte. Auch real gesehen war es eine der teuers­ ten Fusionen: Sie war ein gewaltiger Fehl­

schlag. Der neue Medienriese kam bald tief in die Verlustzone. Es zeigte sich, dass die bei­ den Firmen die Fusion vor allem als Flucht nach vorn unternommen hatten, da sie in ihren Märkten von wendigeren Konkurren­ ten bedrängt worden waren. Grösse allein brachte keine neue Kraft, statt Synergien gab es Streitereien zwischen den Firmen und Ak­ tionären sowie Probleme mit Behörden. Nach Verlusten von etwa 10 Mrd. Dollar in den Jahren 2000 und 2001 kam 2002 das gros­ se Aufräumen mit einem Verlust von unvor­ stellbaren 99 Mrd. Dollar. Ein grosser Teil des Firmenwerts musste abgeschrieben werden. Bis im Herbst 2002 war der Aktienkurs auf ei­ nen Sechstel des Werts zur Zeit der Fu­ sionsarbeiten gesunken. Das Scheitern zeigte sich auch im Personellen. 2002 verliess CEO Levin das Unternehmen, und 2003 trat Case unter dem Druck der Aktionäre vom Verwal­ tungsratspräsidium zurück. Viel später, im Januar 2010, bezeichnete Levin die Transak­ tion öffentlich als «den schlechtesten Deal des Jahrhunderts». 2003 wurde AOL aus dem Konzernnamen entfernt. Das Gebilde Time Warner blieb dann lange in der Gewinnzone, bis 2008 wei­ tere Aufräumarbeiten einen Verlust von 13 Mrd. Dollar bewirkten. Seither arbeitet das durch Dutzende von Firmenkäufen und Ver­ käufen modifizierte Unternehmen wieder profitabel. Die Untereinheit AOL wurde Ende 2009 als eigene Firma an die Börse gebracht, die nach dem Verlustjahr 2010 im Februar 2011 neue Energie zeigte: Für gut 300 Mio. Dollar kaufte AOL die auf das Aggregieren von Artikeln, Blogs und Klatsch spezialisierte «Huffington Post», um das eigene Onlinenetz mit Medieninhalten zu kombinieren. Beat Gygi

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Januar bis Juni

2001

Nr. 3

März 2001

DIE ZEITSCHRIFT DER NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG

DAS TESSIN SPEZIALITÄTEN DER SÜDSCHWEIZ Ausserdem: Geri und das Moderne Schwangerschaft als Hobby Das Pferd als perfekte Laufmaschine Chasselaskönig Andre´ Linherr Rosina Kuhns Tessiner Haus

01/2001 03/2001

Wütende Tessiner Das Titelblatt bescherte uns eine geballte La­ dung Empörung. Es zeigt einen Früchtekorb mit den üblichen Zutaten (Wein, Salami,

Trauben), darunter aber auch ein Bündel Zi­ garetten, ein paar Geldscheine und eine Handgranate.

04/2001

Leserbrief

Vereinsleben Im Januar 2001 startete eine Rubrik, die ei­ nen Blick in die bunte Welt der Schweizer Vereine warf. Die unspektakulären Kurz­ interviews offenbaren bisweilen spektaku­ läre Leidenschaften. Ein kleine Auswahl: Verein Gladius et Codex: befasst sich mit historischen europäischen Kampfkünsten, vor allem mit dem Schwertkampf. Sonderverein der Züchter belatschter Farben- und Trommeltauben: Züchter­ verein, der sich auf Tauben mit langen Fe­ dern an den Füssen spezialisiert hat. Verein für Naturbestattung und Friedwald: bietet Interessenten die Möglichkeit, sich in einem Wald bei einem Baum ihrer Wahl bestatten zu lassen. Verein Zeittausch: fördert den unentgelt­ lichen Austausch von Dienstleistungen. Zum Beispiel: Nachhilfestunden gegen Rasenmähen, Flickarbeiten gegen Steuer­ erklärung ausfüllen, Babysitting gegen Haareschneiden. Verein Nachtaktiv: setzt sich für die gesell­ schaftliche Anerkennung von Menschen ein, die einen anderen Wach­Schlaf­Rhyth­ mus haben als die Mehrheit. Und für das Verbot von frühmorgendlichem Rasen­ mähen. Verein Freunde alter Landmaschinen: befasst sich mit der Erhaltung, der Restau­ rierung und dem Betrieb alter Landma­ schinen, vor allem Traktoren.

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Als ein 100jähriger Tessiner muss ich die­ ses Heft als grossen Fehltritt betrachten. Die fragwürdige Illustration auf der Titel­ seite gibt den Ton an für einen ganzen Katalog von Sünden, welche vermeint­ lich dem Tessin zuzuschreiben sind. Und dies in einem Moment, wo zum ersten Mal das eidgenössische Parlament in Lu­ gano tagt und die ganze Schweiz auf das Tessin schaut. Dario Meschini, Bigorio

Pillenkick

Als wir für das Heft zum Thema Pillen einen Artikel über die Entwicklung von Tamiflu planten, ahnten wir nicht, welch steile Kar­ riere diesem Medikament bevorstand. Tami­ flu war damals ein weitgehend unbekanntes neues Grippemittel mit eher bescheidener Wirkung. Das Marketing von Roche hatte alle Mühe, den Patienten klarzumachen, warum sie bei einer Grippe Tamiflu einnehmen sollten. Tests hatten nämlich ergeben, dass das Mittel die Grippedauer bloss um einen Tag verkürz­

05/2001

Leserbrief

Dieses Heft ist, milde ausgedrückt, takt­ los den Gastgebern gegenüber. Wenn schon, wäre es besser gewesen, diese Aufgabe jemandem zu überlassen, der das Tessin und uns kennt, mit unseren Vor­ und Nachteilen, und der die Gele­ genheit dazu genutzt hätte, über vielfälti­ ge und frische Themen zu berichten. Schade, als Andenken bleibt der Korb mit den Tessiner Spezialitäten. Evelina Campanovo, Lugano

te – und auch das nur, wenn es innerhalb von 36 Stunden nach Auftreten der ersten Sym­ ptome eingenommen wurde. Wir hatten das Medikament nicht wegen seiner Bedeutung ausgewählt, sondern weil jeder Leser mit der Krankheit vertraut war, die es bekämpft. Weil Tamiflu noch dazu rezeptpflichtig war, durfte Roche nicht dafür werben. Der Product­Manager für Roche Pharma Schweiz glaubte damals, dass die Markteinführung deutlich länger dauern werde als normal. Tat­ sächlich war der Absatz schleppend, doch dann kam die Pandemie von 2009: die soge­ nannte Schweinegrippe. Grippeviren verän­ dern sich ständig. Und mit jeder neuen Va­ riante steht unser Immunsystem einem neu­ en Feind gegenüber. Medikamente, die über eine Symptombekämpfung hinausgingen, gab es nicht. Durchschnittlich alle paar Jahr­ zehnte wird das Virus besonders gefährlich. Die spanische Grippe zum Beispiel forder­ te nach dem Ersten Weltkrieg mindestens 25 Millionen Todesopfer, viele waren zwischen

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Nr. 4

April 2001

Nr. 6

DIE ZEITSCHRIFT DER NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG

Juni 2001

DIE ZEITSCHRIFT DER NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG

PILLEN

DIE PROTESTANTEN

DES MENSCHEN KLEINE HELFER

FEHLT IHNEN EIN PAPST?

Ausserdem: Geri trinkt Absinth Wohnen in der «Wöschi» von Wollishofen Süsskartoffeln in aller Munde Das Zimmer des Countryfans Von Kampfhunden

Ausserdem: Geri W. lässt sich abblitzen Rassebienen im Vereinsleben Häckseln als Hobby Roibosh-Tee in aller Munde Wie intelligent die Delphine wirklich sind

Abgekühlt

06/2001

Mit exzessiver Emotionalität wollen die Evangelikalen die Gläubigen zum Seelenheil führen. In den letzten zehn Jahren sind sie nicht weit gekommen.

04/2001

20 und 40 Jahre alt. Eine solche Pandemie war statistisch gesehen längst überfällig, und als im Frühling 2009 in Mexiko Grippe­ fälle mit schweren Verläufen auftauchten, glaubten die Experten der Weltgesund­ heitsorganisation, nun sei sie da, und die Länder setzten ihre Notfallpläne in Kraft. Plötzlich riss sich die ganze Welt um Ta­ miflu. Das Grippemittel versprach Hilfe bei schweren Komplikationen. Die Länder leg­ ten grosse Reserven an, Roche kam mit der Produktion nicht mehr nach. Der Umsatz mit Tamiflu explodierte, 2009 betrug er 3,2 Milliarden Franken und lag damit um über 400 Prozent höher als im Vorjahr. Die Schweinegrippe stellte sich dann aber als weniger schlimm heraus als be­ fürchtet, und auch an der Wirkung von Ta­ miflu kamen Zweifel auf. Einige Studien seien überbewertet worden. Ein klarer Be­ leg, dass Tamiflu schwere Komplikationen verhindern helfe, fehle. Reto U. Schneider

08/2011

«Tschiises, mach uns heiss», hiess der Artikel über die hiesige evangelikal­charismatische Bewegung. Die erwecklichen Aufbrüche wa­ ren von Amerika zu uns herübergeschwappt. Es entstanden Bewegungen mit stark missio­ narischem Impetus: In der Deutschschweiz dominierten vier zugkräftige Zentren die Sze­ ne: Basileia Bern, ICF Zürich, das Christliche Zentrum Buchegg und die Stiftung Schleife Winterthur. Sie alle rechneten mit der gros­ sen Erweckung – in Form von Wellen des Hei­ ligen Geistes, die die Seelen zu Tausenden ins Reich Gottes spülen würden. Gestützt auf den Missionsauftrag Jesu wollten sie mit Kongres­ sen und Grossdemos die Schweiz aus dem «geistlichen Koma» holen. Noch heute geben diese Bewegungen den Ton an. Die Evangelikalen insgesamt haben sich als dritte konfessionelle Kraft neben den Grosskirchen etabliert. Doch die flächende­ ckende Erweckung ist ausgeblieben. Die Zahl der evangelikal­charismatischen Christen hat sich seit vielen Jahren bei etwa 200 000 eingependelt. Für die missionarischen Evan­ gelikalen ist diese Stagnation frustrierend. Evangelisationsanlässe gibt es noch im­ mer. Letztes Jahr ging der Christustag zum sechsten Mal über die Bühne. Der 1. August ist für die Frommen nationaler Gebetstag. Doch sind die schlagzeilenträchtigen Gross­

events selten geworden. Die Pfingstkongresse «Feuer und Glut» von Basileia finden nicht mehr statt. Die Konferenz­ und Schulungsbe­ wegung Campus für Christus hat ihre jeweils zum Jahresende durchgeführte «Explo» mit Heerscharen von Gläubigen letztmals 2004 organisiert. Prima vista scheint ICF die Ausnahme zu sein. Das 15­Jahr­Jubiläum wurde unter dem Titel «The big 15» im Hallenstadion gross an­ gerichtet. Denn Chef Leo Bigger denkt in grossen Dimensionen: «Die Schweiz ist zu klein für mich», verkündet er. «Meine Vision ist eine Europavision; ich möchte in ganz Europa Kirchen gründen.» Was nie öffentlich wurde: ICF träumte von einem eigenen 100­Millionen­Bau in Zürich. Nun aber muss sie zähneknirschend ein neues Mietobjekt suchen. Wer stark auf Entertainment setzt, ist schnelllebigen Moden unterworfen. Von der einst hippen Männerbewegung Promise­ Keepers spricht niemand mehr. Heute schult die Bewegung «Free at Heart» Männer in Camps, «wo Lämmer zu Löwen werden». Liess zur Jahrtausendwende der Toronto­Se­ gen Gläubige an Schüttelparties hallenweise in Trance fallen, scheint dem Heiligen Geist heute die Puste auszugehen. Weitere Gründe für die Stagnation: Die Obrigkeit, die man gerne ins Gebet nimmt, ist für die trendig verpackte, aber stumpfe Theo­ logie der Sprachpanscher kaum empfänglich. Auch den aufgeklärten Normalbürger schre­ cken die rigide Moral, der Endzeitglaube und die fundamentalistische Auslegung der Bibel ab. Michael Meier

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Juli bis Dezember

2001

Nr. 7

KÄFER & CO. DIE HEIMLICHEN HERRSCHER Ausserdem: Jan Bostridge und «Die schöne Müllerin» Geri Weibel und die Medien Bier im Vereinsleben Fleur de sel in aller Munde Die Kultur der Affen

07/2001

Kunst­Käfer

Den Humor hat Steven Kutcher nicht verlo­ ren. «Eigentlich müsste ich schwerreich sein, denn am besten verdient Hollywood an toten Schauspielern. – Hey, ich habe Tausende davon!» Seine Schauspieler wa­ ren Spinnen, Maden, Kakerlaken. Wo im­ mer in einem Film etwas krabbeln oder sur­ ren sollte, der Insektendompteur lieferte die Protagonisten. Spinnen für «Arachno­ phobia» und «Spiderman», Käfer für «Bram Stoker’s Dracula». Doch die Digitalisierung hat seinem Geschäft den Garaus gemacht; das Tierreich auf der Leinwand ist heute ein Pixelzoo. Kutcher hat Hollywood goodbye gesagt, nicht aber seinen kleinen Freunden. In sei­ nem Haus bei Los Angeles wimmelt es noch immer von Taranteln, Tausendfüsslern, Fliegen, Schmetterlingen. In Vorträgen, Ausstellungen und Büchern gibt der pas­ sionierte Entomologe seine Faszination für die verkannten Kreaturen weiter. «Pensio­ niert wird man im Beruf», sagt der 67jähri­ ge, «die Leidenschaft aber kennt keinen Ruhestand.» Sein neuster Trick mit Insek­ ten: Er lässt sie malen. Käfern und Fliegen streicht er schadstofffreie Farbe an die Beinchen und lässt sie über Papier staksen. So entstehen hübsche Spuren, in denen Steven Kutcher «eine neue Kunstform» er­ kennt. Sie hat, wie manches Avantgardisti­ sche, noch wenige Anhänger, aber eine ra­ dikale Botschaft: Wer einen Käfer zer­ quetscht, tötet einen Künstler. Andreas Dietrich

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Juli 2001

DIE ZEITSCHRIFT DER NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG

Linus Für das Heft «Kinder» baten wir zum grossen Fotoshooting. Wir liessen fünf Kinder ihr gan­ zes Hab und Gut aus ihrem Zimmer vor ihr Wohnhaus tragen. Der Fotograf Christian Känzig arrangierte die Kinder mit ihrem Be­ sitz zu fünf Portraits, die fünf verschiedene Kinderwelten zeigten. Linus war der Junge vom Lande. Er war damals zehn und lebte mit seiner Patchworkfamilie in einem Bauern­ haus im Appenzellerland. Auf dem Foto ist alles in Schieflage. Aber Linus war schon damals ein geradliniger, sympathischer Kerl, der sich höchstens über seine kleine Schwester ärgerte. Besonders stolz war er auf seine Sammlung aus dem «Findbach»: rostige Metallgegenstände und abgeschliffene Glasscherben. Er erzählte von seiner Liebe zu Tieren (ausser Kühen) und dass er vor zwei Jahren mit dem Geigenspiel begonnen habe. Seine grössten Wünsche: eine Echse fürs Terrarium und eine Playsta­ tion 2.

Sein eigener Herr und Meister Heute ist Linus ein junger Mann mit Kinnbart und markanten Gesichtszügen. Vor zwei Jah­ ren ist er ins Nachbardorf gezogen, wo er sein eigenes Höckli beziehen konnte. Das Häus­ chen thront wie ein Adlerhorst am Waldrand. Sein Urgrossvater hatte es selber gebaut, als er sich von seiner Frau scheiden liess und seinen Frieden haben wollte. Linus holt aus dem Kühlschrank zwei Fla­ schen Bier. Wir sitzen am Bartisch in der offe­ nen Küche. Das Haus ist winzig, zweieinhalb Zimmer, geheizt wird mit einem Holzofen. «Für einen allein ist das ideal», meint Linus. Wie sein Urgrossvater schätzt er die Ruhe hier oben. «Die kleine Schwester kann immer noch sehr anstrengend sein», sagt er und lacht. Aber er ist kein Einsiedler. Das Haus am Waldrand sei auch ideal für Parties. «Wenn es laut wird, kommt hier keiner und reklamiert.»

So wie er schon als Bub Ordnung in sei­ nem Zimmer hatte, ist auch im eigenen Haus alles tipptopp aufgeräumt. Was aus den vie­ len Fundsachen geworden ist? «Keine Ah­ nung», sagt Linus, die hat die Mutter wohl längst entsorgt. Unbekannt auch das Schick­ sal der Geige, mit zwölf hatte er genug vom Üben. Und, ja, seine Wünsche von damals gingen beide in Erfüllung. Er kaufte sich von

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Nr. 10

Oktober 2001

DIE ZEITSCHRIFT DER NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG

ALLES DESIGN? WIE WIR WOHNEN Ausserdem: Barbara Vine und Ruth Rendell 9 Geri und Churchill 11 Der Stuhl von Mario Botta 17 Die hängenden Gärten von Kobe 114 Die Rückkehr des Bibers 119

Nr. 12

Dezember 2001

DIE ZEITSCHRIFT DER NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG

ERINNERN UND VERGESSEN BLACKBOX GEDÄCHTNIS Ausserdem: Geri erwacht 11 Vom Kerzenziehen 13 Blubbernde Wasserpfeife 83 Versuchskaninchen Arzt 85 Wal Willy will nicht frei sein 92 In der Gefängniszelle 94

08/2001

10/2001

Beste Pannen

seinem Ersparten eine Echse und später eine Playstation. Die Playstation hat er dann wei­ terverkauft. Heute sitzt er vor allem von Berufes wegen am Computer. Nach der Sekundarschule be­ gann er eine Schlosserlehre, nach einem Mo­ torradunfall und einer Verletzung an der Hand musste er die Richtung wechseln. Nun ist er im letzten Lehrjahr als Konstrukteur.

08/2011

Linus scheint mit beiden Füssen auf dem Boden zu stehen. Rund um ihn herum war in den letzten Jahren aber einiges los. Die Eltern liessen sich scheiden, letztes Jahr ist der Vater nach Kolumbien ausgewandert. Linus findet es mutig, dass er in seinem Alter einen Neuan­ fang wagt. Nächstes Jahr will er ihn besuchen. Wenn er seine Lehre abgeschlossen hat. Andreas Heller

Seit Oktober 2001 sind in der Rubrik «Das Experiment» 118 meist absonderliche wis­ senschaftliche Versuche behandelt wor­ den. Ein Abriss der besten Pannen: 1. Der Ozeanograph Craig Smith ver­ senkte Walkadaver, um herauszufinden, was mit ihnen am Meeresboden geschieht. Doch sein erster Wal wollte einfach nicht untergehen. 2. Um die Reaktionen auf peinliche Si­ tuationen zu erforschen, verlangte der Psy­ chologe Howard Garland von seinen Ver­ suchspersonen, vor Zuschauern ein Lied anzustimmen. Einer fürchtete sich derart davor, dass er nach der Toilette fragte und dann aus dem WC­Fenster flüchtete. 3. Der Gerichtsmediziner Nicolas Mino­ vici erhängte sich mehrmals für wenige Se­ kunden, um seine Körperreaktionen aufzu­ zeichnen. Bei einem Versuch verhedderte sich das Seil, und Minovici hätte sich bei­ nahe wirklich erhängt. 4. Bei Selbstversuchen hatte sich Fried­ rich Eigenberger kleine Mengen Klapper­ schlangengift injiziert – ohne gravierende Folgen. Als er dasselbe mit dem Gift einer Mamba versuchte, wäre er fast umgekom­ men. Er wusste nicht, dass Mambagift viel gefährlicher ist. Alle Experimente aus dem Folio und viele mehr sind auch in Buchform (bei Ber­ telsmann) erschienen. Das «Buch der ver­ rückten Experimente» wurde 2005 zum Wissenschaftsbuch des Jahres gewählt. Reto U. Schneider

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Januar bis März

2002

Nr. 2

Februar 2002

DIE ZEITSCHRIFT DER NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG

TOTAL DIGITAL DIE WELT ALS NULL UND EINS Ausserdem: Interview mit Schauspielerin Susanne Lothar 9 Abschied von Geri 11 Kartoffelstock ist hip

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Indianer und Bisons

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Ein unheimlich schräges Haus

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01/2002

Spitalökonomie

2002 wurde im Spital in Affoltern am Albis ein neues Bettenhaus geplant. Die meisten Zim­ mer im über hundertjährigen Gebäude hatten weder Dusche noch WC, es fehlte an Platz für die Pflege. Das ist heute noch so. Denn 2006, während der Projektierung, stoppte der Kan­ ton Zürich den 20 Millionen Franken teuren Neubau, um Geld zu sparen. Stattdessen wur­ den 5 Millionen in ein Provisorium für die Pri­ vatabteilung investiert. Die Privatpatienten wollte man nicht verlieren, mit ihnen lässt sich, anders als mit den Allgemeinversicher­ ten, Geld verdienen. Im Regionalspital Affoltern lässt sich die Entwicklung der Gesundheitskosten gut zei­ gen: Seit 2002 ist der Betriebsaufwand von 30 auf 54 Millionen Franken gestiegen. Zwar keh­ ren Patienten heute eineinhalb Tage früher nach Hause zurück als vor neun Jahren, die durchschnittliche Aufenthaltsdauer ist auf sechs Tage gesunken. Doch wurden in der gleichen Zeit unter anderem eine psychiatri­ sche Station und ein Zentrum für Palliativme­ dizin eröffnet, die Zahl der Stellen stieg um ei­ nen Drittel auf 390. Und das Defizit, das der Kanton und die Gemeinden im Knonauer Amt tragen, stieg von 7 auf 13 Millionen Franken. Verständlich, dass Affoltern immer wieder unter politischen Druck gerät. Mit 70 Akutbet­ ten sei das Spital zu klein, um wirtschaftlich betrieben zu werden, wird bemängelt. Vor­ übergehend war gar von einer Schliessung der Akutabteilung die Rede. Diese Gefahr ist vor­ erst gebannt, das Spital hat es auf die Spitalliste 2012 geschafft und kann weiterhin mit kanto­ nalen Beiträgen rechnen. Thomas Schenk

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Die Bilder aus der Schweiz hat für dieses Heft der Fotograf Jules Spinatsch festgehalten: Agglomeration, nachtblaue Betonwüsten in der Stadt und in den Bergen Geröllwüsten

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E w


n: n

Nr. 3

März 2002

DIE ZEITSCHRIFT DER NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG

SCHWEIZ 02 DER STAND DER DINGE Ausserdem: Interview mit Peter Bichsel 9 Der Schweizer Humorverein 13 Der Dopplereffekt 71 Die Tarnkappe des Kraken 76 Rita Ernsts Atelier 78

Welche Schweiz?

Er fuhr durchs Mittelland, fand heckenbewehrte Einfamilienhäuschen in der wie jene aus der Serie «Mountain Slopes, No. 8 Splügen».

08/2011

03/2002

Erschüttert von traumatischen Ereignissen wie dem Gezerre um die nachrichtenlosen Vermögen und der Swissair­Pleite, unternahm die Schweiz mit der Expo 02 den Versuch einer Selbstdarstellung. Als weltoffenes, multikulturelles Staatswe­ sen wollte sie sich präsentieren. Doch bald ging es in erster Linie um das liebe Geld. Die künstlerische Direktorin Pipilotti Rist warf beleidigt das Hand­ tuch, und Expo­Chefin Jacqueline Fendt wurde in die Wüste geschickt. An ihrer Stelle übernahmen Martin Heller, Nelly Wenger und «Katastrophen­Franz» Steinegger das Zepter. Von der Expo 02 mit ihren Arteplages ist wenig in Erinnerung geblieben. Im Heft, das wir anlässlich der Expo herausgaben, kann man immerhin nachlesen, wie es damals um die natio­ nale Befindlichkeit stand. Im Grundsatz drehen sich die Diskussionen heute um das­ selbe. Es geht um das nationale Selbstverständnis, das Ver­ hältnis zu Europa, die Rolle der Schweiz in der Welt. Ein neues Selbstbewusstsein, das sich damals viele erhofften, ist nicht in Sicht. Die Schweiz bleibt so, wie sie ist. Ein eigensinniger, leicht verschrobener Kleinstaat, der am liebsten Nabelschau betreibt. Ein Erfolgsmodell. «Wo alles fliesst, bleibt der Franken, was er schon immer war», schrieb Dietrich Schwanitz in unserem Heft über die Paradoxien der helvetischen Willensnation. Schon damals konstatierten wir das Aufflackern eines neuen Nationalge­ fühls, eine Art Neopatriotismus. Uns fiel auf, wie das Schwei­ zerkreuz plötzlich wieder Mode wurde, wie der lange Zeit ver­ pönte Begriff Heimat wieder in aller Munde war und nicht mehr nur im Parteiprogramm der SVP auftauchte. Heute, vor den nächsten eidgenössischen Parlamentswah­ len, gehen alle bürgerlichen Parteien mit einem Schweiz­Slo­ gan auf Stimmenfang: «Keine Schweiz ohne uns», behauptet die CVP; die FDP engagiert sich «Aus Liebe zur Schweiz», wäh­ rend die grösste Partei des Landes weiss: «Schweizer wählen SVP.» Alles echte Patrioten. Bloss: Welche Schweiz meinen sie? Andreas Heller

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April bis August

2002

Nr. 4

April 2002

DIE ZEITSCHRIFT DER NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG

UNTERWEGS

Nr. 5

Mai 2002

DIE ZEITSCHRIFT DER NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG

ARM UND REICH

Nr. 6

Juni 2002

DIE ZEITSCHRIFT DER NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG

KINDERMACHER

GEHEN, FAHREN, FLIEGEN, SCHWIMMEN

WOHER DER WOHLSTAND KOMMT

DIE ZUKUNFT DER FORTPFLANZUNG

Ausserdem: Wieso Ralph Krueger Porsche fährt 9 The Execution of the Böögg 11 Die Rassensturzflugtaube 13 Experiment vom freien Willen 71 Fliegende Fische 76

Ausserdem: Werber Kutter über Werber 9 Wie das Netz auf Links gestrickt ist 13 Grosses Gähnen in der Forschung 15 Der Tee-Jet 71 Schlafen wie ein Murmeltier 75

Ausserdem: Die Frau als Boss 7 Unser Fussball 13 Im Club der Rattenfreunde 15 Clown der Meere 56 Erkältet, weil es kalt ist? 58 Der Maler Gottfried Honegger 60

Global Killer

04/2002

04/2002

Nachhaltig

Der Siegeszug der Roten Feuerameise aus Brasilien lässt sich nicht stoppen.

Sie kam klammheimlich und etablierte bald schon in den USA ein Regime, das Mensch und Tier das Fürchten lehrte: die Rote Feuer­ ameise. In den Feuchtgebieten des brasiliani­ schen Pantanal zu Hause, reisten vermutlich Ende der 1930er Jahre einige befruchtete Ameisenköniginnen als blinde Passagiere im Ballastsand eines Frachters in die Hafenstadt Mobile in Alabama. Einmal an Land gelangt, profitierte die Spezies von ihrem Talent, sich an die unter­ schiedlichsten Verhältnisse anzupassen. Sie baut ihre Nester entlang von Flüssen und Strassen, in Zitrusplantagen und Getreide­ feldern, mit meterhohen Wohnhügeln und Schächten bis zum Grundwasser. Sie richtet sich in den Häusern in Schubladen, unter Teppichen und wegen einer Vorliebe für elektrische Felder in Kabelkanälen und Com­ putern ein, wo es dann zu Bränden kommen kann. Gefürchtet wird die Rote Feuerameise we­ gen ihres Giftes aus Alkaloiden und Protei­ nen, das sie mit einem Stachel injiziert. Die Alkaloide verursachen einen plötzlichen Schmerz wie Feuer. Sehr viel gefährlicher ist jedoch ein durch das Eiweiss ausgelöster anaphylaktischer Schock, der nicht selten tödlich ist.

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Als ich 2002 unter dem Titel «Gring ache u seckle» im Folio über die Invasion der Roten Feuerameise berichtete, hatte sich das Insekt im Südosten der USA und an vereinzelten Or­ ten in New Mexico, Arizona und Kalifornien eingenistet. Obschon man das aggressive In­ sekt mit den verschiedensten Giften und Techniken bekämpft, hat es sich mittlerweile über den gesamten Süden und Südwesten der USA ausgebreitet und wütet auch schon in Maryland unweit von Washington DC. Heute werden in den USA jährlich etwa 20 Millionen Menschen von Feuerameisen ge­ stochen; um die 100 000 brauchen ärztliche Hilfe, mehr als 100 sterben am Schock. Jahr für Jahr müssen über 5 Milliarden Dollar für medizinische Behandlungen, Reparaturen und Bekämpfungsprogramme aufgewendet werden. Der jährliche Schaden in der Land­ wirtschaft durch Ernteverluste und beim Nutzvieh beträgt 800 Millionen Dollar. Der weltweite Handel mit Pflanzenmate­ rial eröffnete der feurigen Brasilianerin schliesslich auch Gefilde ausserhalb der USA. Seit 2000 ist sie auf den Bahamas, Trinidad und weiteren Inseln der Karibik zu finden. Durch ihr Auftauchen in Australien und Neu­ seeland im Jahr 2001 und in Südchina um 2005 ist sie zum Global Player geworden. Die Rote Feuerameise wird heute zu den hundert schlimmsten Welteroberern gezählt. Neben all dem Schrecken hat das Insekt immerhin auch etwas Gutes: Indem die Feuerameise die Eier von Fliegen und Steckmücken ver­ tilgt und in Plantagen Schädlinge konsu­ miert, ist sie zuweilen sogar ein Segen. Herbert Cerutti

In der Rubrik «Häuser» kommentierten wir während dreier Jahre zeitgenössische Wohn­ bauten aus der Schweiz und der ganzen Welt. Darunter war auch die Überbauung Achslen­ gut in St. Gallen. Besonders gelungen fanden wir die Haut aus Glas sowie die kompakte Bauform der einzelnen Häuser. Die Haut schützt die innere Fassade heute noch gut, auch wenn am Anfang einige Gläser aufgrund der Temperaturschwankungen gesprungen sind – was einige Bewohner verunsicherte. Das Problem konnte aber gelöst werden, die Statik des Hauses war nie in Frage gestellt. Immer noch aktuell bei Baumschlager Eberle Architekten ist der damals angewand­ te Grundrisstypus, bei dem die frei einteilba­ re Wohnfläche um einen zentralen Kern her­ um liegt. Ihn wendet das Büro auch heute noch bei Wohnbauten rund um den Globus an. Und der Energieverbrauch? Obwohl in ei­ ner Zeit vor Minergie und 2000­Watt­Gesell­ schaft gebaut, bleiben die Heizkosten im Rahmen. Denn die Grundregel – möglichst wenig Fassadenfläche zu möglichst viel Wohnfläche – ist per se nachhaltig. In der Zwischenzeit führen Baumschlager Eberle Architekten übrigens weltweit neun Büros, unter anderem in Hanoi, Peking und Hong­ kong, mit rund 100 Mitarbeitern. Roderick Hönig

08/2011


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«Harte Winter, raue Landschaft, strenge Regeln. In meiner Milch und meinem Käse werden Sie es geniessen.» Der Gomser Bergkäse von Albert Andereggen ist nur eines von vielen auserlesenen und authentischen Produkten aus den Schweizer Bergen. Mit jedem Kauf fliesst ein Beitrag an die Coop Patenschaft für Berggebiete. Diese unterstützt die Pflege Schweizer Kulturlandschaften und verbessert die Existenzgrundlage unserer Bergbauern. So können Sie sicher sein, ein echtes Bergprodukt in Ihren Händen zu halten – auch morgen noch.

Für unsere Berge. Für unsere Bauern.


September bis Dezember

2002

Nr. 9

September 2002

DIE ZEITSCHRIFT DER NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG

MÄRKTE WO GELD UND GÜTER ZIRKULIEREN Ausserdem: Herbst nach Babelfish 15 Aus dem Leben der Schweisshunde 19 Modekraut Koriander 69 Die Leibnitzkolonnaden in Berlin 70 Scheinbar irr 74

Nr. 10

Oktober 2002

Nr. 11

NZZ FOLIO

November 2002

NZZ FOLIO

DIE ZEITSCHRIFT DER NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG

DIE ZEITSCHRIFT DER NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG

DER TRAUM VOM BUCH

HUMOR

Nr. 12

Dezember 2002

NZZ FOLIO DIE ZEITSCHRIFT DER NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG

LE MENU

WOHER ER KOMMT, WOHIN ER FÜHRT

WAS GIBT ES DA ZU LACHEN?

DAS GROSSE ESSEN IN SECHS GÄNGEN

Ausserdem: Wieso Thomas Hirschhorn Künstler ist 9 Uns selber sein 15 Saure Gurken 69 Vogel mit Flausen 72 Die Eskimos und der Schnee 74 Baumanns Stube 76 Der Ghost 81

Ausserdem: Zoodirektor Alex Rübel 9 Der Pudelclub 19 Die Herkunft des Carpaccios 75 Höchstes Wohnhaus der Welt 76 Tiere heilen sich selbst 79 Die Atomuhr fliegt Economy 82

Ausserdem: Mit Volldampf in die Ehekrise 13 Die Herkunft unseres Weihnachtsbaums 15 Club der langen Menschen 18 Überall Sojasauce 85 Der Schimpanse im Kinderwagen 90

11/2002

Komik ist machbar

Günter Nehm hat «unmögliche Gedichte» geschrieben: heitere Meisterwerke der Reimkunst. Wir hatten den Schriftsteller Robert Gernhardt um einen Beitrag für unser Humor­Heft gebeten und waren überrascht, als er eine Buch­ besprechung vorschlug. Schnell schlug die Überraschung in Entzü­ cken um, als wir seinen Text über Günter Nehms Gedichtband «Lau­ ra & Leopold liebten sich lüstern» bekamen: eine Hommage an einen grossen humoristischen Dichter. Günter Nehm (1926–2009) arbeite­ te als Ingenieur im Ruhrkohlebergbau. Schon als Zehnjähriger hatte er Verse in der Manier von Wilhelm Busch geschrieben. Später wur­ den sprachakrobatische Gedichte seine Spezialität. Er war ein bril­ lanter Schüttelreimer («Tagtäglich wird die Mieze feister, / im Fres­ sen ist sie Vizemeister. / Wenn ich mir’s in den Kragen mämpfe, / ich hätte dauernd Magenkrämpfe.»), ein eleganter Palindromist («Ein Schreckensruf, der’s in sich hat, / erschallt in Hollands Käse­ stadt: / MADEN IN EDAM.») und ein kühner Pentavokalist, der in jedem Vers die Vokalfolge AEIOU unterbrachte («Nach der Liebko­ sung, / das ehrt ihn posthum, / war stets die Losung: / Spaghettikon­ sum.»). Das nebenstehende Gedicht lässt sich auf zwei Arten lesen.

Geburtstagsglückwunsch nach Spalten und Zeilen zu lesen Jeder zählt dich Zu der Jugend Ich vermisse Keine Tugend

Zu den Alten Zählst du nicht Frische Farbe Ist in Sicht.

Dich begleite Gottes Segen Nie verspüre Sturm und Regen

Schlechte Laune Walte nimmer Lust am Leben Aber immer.

Drum verachte Jede Knute Zum Geburtstag Alles Gute

Optimismus Soll bestehen Alles Miese Mag vergehen.

Bon app’

12/2002

Das grosse Folio­Festmenu in sechs Gängen. Zubereitet vom Koch Peter Brunner. Dieses Dezemberheft war ein einziges Schlemmen. Man muss es sich auf der Zunge zergehen lassen: Schafquarkmousse und Pflaumentartar an Randensirup, Zürichseefische auf Fenchel­ kompott mit Sternanis, Rehrücken mit Kartoffelknödeln, Rosen­ kohlblättern und Quittenkompott, Käsetrilogie mit Robiola, Bitto und Taleggio auf Polenta di Poschiavo und zum Dessert junge Karotten und Lauch mit Kumquats, Ghiottini und Muskatglace. Peter Brunner vom Restaurant Kaisers Reblaube in Zürich koch­ te, die Folio­Redaktorinnen Lilli Binzegger und Ursula von Arx luden zu Tisch, der Sänger und Künstler Dieter Meier und der Schriftsteller E. Y. Meier waren die Gäste. Dokumentiert wurde das Ganze vom Fotografen Michael Wissing.

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08/2011


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Januar bis März

2003

Nr. 1

DIE ZEITSCHRIFT DER NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG

Lac Singh aus Birmingham war der erste von 57 Taxifahrern, die im Folio interviewt wurden. Damals schwärmte der heute 41jährige von der Freiheit: «Man muss sich nicht zur Arbeit zwingen, wenn man einen Kater hat.» Heute ist vom Enthusiasmus wenig geblieben. «Ich habe den Job satt», sagt er. Schuld sind die Stadtbehörden, die Rezession und der Wandel des sozialen Kli­ mas. Die Behörden hätten zu viele Konzes­ sionen verteilt. Jetzt gebe es zu viele Taxis und zu wenig Arbeit. «Wegen der Rezession wird überall gespart.» Lac wartet im Schnitt eine Stunde auf einen Fahrgast – damals waren es zwanzig Minuten. Der volle Tank kostete 30 Pfund, heute 75 Pfund. Früher hat Lac mit seinen Gästen gern geredet, heute hat er selten Lust dazu: «Die Men­ schen sind anders geworden. Es dreht sich alles nur noch ums Geld. Das schürt die Arroganz.» Knapp bringt er seine Familie noch immer über die Runden. «Aber ich halte Ausschau nach anderer Arbeit. Ei­ gentlich möchte ich gern ein Buch schrei­ ben über meine Erfahrungen.» Die Zeit reicht aber nirgends hin. «Meine Tage be­ stehen nur noch aus Arbeit und Schlaf.» Hanspeter Künzler

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Nr. 2

Februar 2003

Nr. 3

NZZ FOLIO

DIE ZEITSCHRIFT DER NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG

HAUSHALT

ANGST

März 2003

NZZ FOLIO

DIE ZEITSCHRIFT DER NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG

MANCHESTER UNITED

UNSERE HAARSTRÄUBENDE LEBENSGEFÄHRTIN

BERICHTE AUS DER KAMPFZONE

GOALS UND GLANZ UND GLORIA

Ausserdem: Hallo Taxi! 7 Rosa Rauschen im Cyberspace 8 Wolf Schneider ist zurück 9 Wenn Hedonisten wandern 53 Verteufelte Fledermaus 56 Für eine Handvoll Marsstaub 58

Ausserdem: Cäsar mit Powerpoint 10 Warnung vor dem Paradies 11 Ein müder Verein 13 Echter Essig 52 Die Waffen der Flora 56 Das Klon-Phantom 58 Vier Mädchen im Zimmer 60

Ausserdem: Wochenende mit Kindern 11 Verein der Zauberer 15 Bärlauch über alles 60 Peter Bichsel, die Beiz und der Rotwein 61 Fische ohne Wasser 65 Regenbogen im Labor 67

01/2003

Hallo Taxi!

Januar 2003

NZZ FOLIO

Max

01 /2003

Der Richter, der den Geständigen im Herbst 2002 mit der gebotenen Milde verurteilte, war von Max B. angetan. So viel Aufrichtigkeit und Reue seien ihm noch nie begegnet. Max B., ein bis dahin unauffälliger Buchhalter der Schweizerischen Bundesbahnen, hatte alles sofort und akkurat zugegeben: Wie er sich ein Konto seines Arbeitgebers vorübergehend zu eigen machte, ein paar Millionen Franken ab­ zweigte, das SBB­Geld investieren und es nach ein paar Monaten un­ bemerkt zurückbuchen wollte. Ein Spekulationsgewinn für sich, kein Schaden für niemanden. Das war der Plan gewesen. Nicht dazu hatte gehört, dass Max B. von seinem Bruder, der das vermeintlich idioten­ sichere Stück orchestrierte, übers Ohr gehauen wurde. Der legte kei­ nen Rappen an, verprasste das ganze Geld. Max B., der betrogene Betrüger, erhielt 18 Monate bedingt. Gleich am Tag nach dem Urteil flog er als freier Mann nach Brasi­ lien, zurück zu Frau und Kindern. Doch er blieb nicht lange. Seit 2004 lebt er wieder in der Schweiz, getrennt von den Kindern, frisch ver­ heiratet. Im Beruf hat er nichts mehr mit Buchhaltung zu tun. Der neue Arbeitgeber kennt seine Vorgeschichte, Max B. leidet an ihr. «Kein Tag vergeht», sagt er, «an dem ich nicht an das alles denke.» So wie damals kein Tag vergangen war ohne Angst, aufzufliegen. Den Bruder hat er seit dem Prozess nur einmal gesehen, zufällig. Sie sag­ ten sich kein Wort. Andreas Dietrich

Miss Beckham

Wie ihr Idol David Beckham trug Alison Hind­ ley, damals 15, im Frauenteam von Manches­ ter United die Nummer 7 und träumte davon, mit Fussball ihren Lebensunterhalt verdie­ nen zu können. Die Man U Ladies darbten zwar in der dritten Liga, aber ihr Trainer Dave Bell prophezeite den baldigen Aufstieg. Im Februar 2005 dann stellte der Verein sein

03/2001

Frauenteam überraschend ein: das Geld kön­ ne anderswo wirkungsvoller eingesetzt wer­ den, wurde argumentiert. Wenig später zog Hindley in die USA, um an der Universität von Slippery Rock, Penn­ sylvania, ein Sportstudium anzutreten. Im dortigen «Women’s Soccer»­Team, das in der zweiten College­Division spielte, wurde sie Captain. Drei Jahre hintereinander schaffte sie es in die zweite Regionalauswahl für die «Atlantic Region». Mit 34 Toren rückte sie in der ewigen Torschützenliste von Slippery Rock bis auf den vierten Platz vor, ehe sie das Studium Ende 2010 abschloss. Jetzt wohnt sie wieder bei den Eltern in der Nähe von War­ rington. Über den weiteren Verlauf ihrer Fussballkarriere mag sie nicht reden. Hanspeter Künzler

08/2011



April

2003

Nr. 4

April 2003

NZZ FOLIO DIE ZEITSCHRIFT DER NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG

DER FOTOGRAF VOM AUGENBLICK ZUM BILD Ausserdem: Einkaufen im Internet 11 Achtung Selbstverwirklichung 13 Club der Bärte 15 Wo Mickeys Angestellte wohnen 65 Gutmütiger Dachs 69 Biowaffentest auf Barhockern 73

Die letzten Filme im Kühlschrank

04/2003

Seit das Folio vor acht Jahren aus der Redaktion von «National Geographic» berichtete, hat das Magazin auf Digitalfotografie umgestellt. Fotochef Kurt Mutchler über die Kamera als Mittel zum Zweck.

Kurt Mutchler, als ich die «National Geographic»-Redaktion 2003 besuchte, war gerade der erste komplett mit einer Digitalkamera fotografierte Artikel in Arbeit. Wie sieht es heute aus? Innerhalb von drei Jahren – zwischen 2005 und 2008 – haben wir von 90 Prozent analog auf 90 Prozent digital umgestellt. Das Foto­ labor im Haus haben wir vor drei oder vier Jahren aufgegeben. Welche Folgen hatte die Umstellung? Als erstes mussten wir das Archivproblem lösen. Die Fotografen übermitteln pro Artikel bis zu 60 000 Bilder auf einer Festplatte, und wir speichern jedes einzelne davon. Eine Da­ tenbank zu entwickeln, die es erlaubt, die Bil­ der wiederzufinden, war eine Herausforde­ rung. Gab es Probleme? O ja, zum Beispiel bei der Farbe. Auf einem Diafilm gibt die Farbe auf dem Dia vor, wie sie sein muss. Bei der Digitalfotografie liefern die Fotografen nur Bilddateien ab. Beim Druck ist es ohne ihre Hilfe manchmal schwierig her­ auszufinden, welche Farbe das Licht wirklich hatte. Eine andere Schwierigkeit entsteht durch die enorme Lichtempfindlichkeit neuer Digitalkameras. Man sieht keine grobe Kör­ nung mehr bei Bildern, die bei wenig Licht entstanden. Weil die Nacht aussieht wie der Tag, müssen wir die Fotografen manchmal tat­ sächlich fragen, zu welcher Tageszeit sie ein

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Bild geschossen haben. Aber natürlich ermög­ licht die neue Technik auch Bilder unter Licht­ verhältnissen, die man früher unmöglich hätte machen können. Wird die Arbeit auf der Redaktion auch erleichtert? Unsere Fotoredaktoren schauen sich alle Bilder an. Die Fotografen dürfen keine Vor­ auswahl treffen. Bei der Digitalfotografie ent­ fällt die mühsame Arbeit, die Dias in das Ma­ gazin des Diaprojektors zu füllen. Auf der an­ deren Seite erhöhte sich die Anzahl Bilder pro Geschichte. Die Fotografen müssen nicht mehr darauf achten, wie oft sie abdrücken. Hat sich die Zusammenarbeit zwischen Fotograf und Bildredaktor verändert? Ja, zum Beispiel mailt der Fotograf dem Fo­ toredaktor manchmal Bilder von unterwegs, um zu erfahren, was der davon hält. «National Geographic» befolgt sehr strenge Regeln, was die Manipulation vom Bildern betrifft. Unsere Fotos sollen so wahrheitsgetreu wie möglich sein. Mein Leitfaden ist: Wie sage ich es meinen Lesern? Wenn ich einen ganzen Ab­ satz benötige, um ihnen zu erklären, was mit diesem Bild gemacht worden ist, können wir es nicht drucken. Wer fotografiert heute noch mit Rollfilm? James Nachtwey zum Beispiel. Kürzlich fragte ich ihn, warum er nicht digital fotogra­ fiere. Er sagte mir, wegen seiner Arbeitsweise im Feld. Wenn er mit Rollfilm fotografiere, nehme er den Film abends aus der Kamera, schreibe ihn an und versorge ihn in einer Ta­ sche. Damit sei die Arbeit erledigt, und er kön­ ne vorwärtsblicken und sich auf den nächsten Tag konzentrieren. Bei der Arbeit mit einer Di­ gitalkamera müsse er abends die Fotos auf den Laptop laden, ihre Namen ändern und eine Si­

cherheitskopie anlegen. Er werde ständig ge­ zwungen, zurückzuschauen. Vor acht Jahren sagte mir der damalige Fotochef: «Wenn es ab morgen den Diafilm Kodachrome nicht mehr gäbe, würde ‹National Geographic› heute den ganzen Lagerbestand aufkaufen.» Die Produktion des Kodachrome wurde 2009 eingestellt. Haben Sie die Restbestände tatsächlich gekauft? Nein, das ist nicht geschehen. Aber als der Fotograf Steve McCurry erfuhr, dass es den Kodachrome­Diafilm bald nicht mehr geben würde, fragte er die Leute von Kodak, ob er den letzten produzierten Film schiessen dürfe. Das hat er dann auch getan. Kürzlich gab er aber zu, dass in seinem Kühlschrank noch dreissig Rollen Kodachrome lagern. Werden Sie manchmal melancholisch, wenn Sie an diese Ära der Fotografie zurückdenken? Hin und wieder sprechen wir über die gute alte Zeit, als ich noch als Fotograf arbeitete, in den 1980er Jahren. Wie es war in der Dunkel­ kammer, als die Bilder in der Entwicklerwan­ ne langsam erschienen. Das sind schöne Erin­ nerungen. Vor einem Computer zu sitzen und die Bilder mit einer Software zu bearbeiten ist einfach nicht dasselbe. Aber letztlich spielt es keine Rolle, welche Kamera man braucht, es geht um die Bilder. Eines meiner liebsten Zita­ te stammt vom Magnum­Fotografen Donald McCullin: «Ich benutze eine Kamera wie eine Zahnbürste, als Mittel zum Zweck.» Kürzlich haben wir Bilder publiziert, die mit einer Ca­ mera obscura fotografiert worden waren, ei­ nem Apparat, den es schon Mitte des 16. Jahr­ hunderts gab. Und die Reportage aus Libyen in der Juli­Ausgabe 2011 wird von iPhone­Fotos illustriert. Reto U. Schneider

08/2011


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Mai bis Juli

2003

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Nr. 5

Mai 2003

NZZ FOLIO DIE ZEITSCHRIFT DER NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG

Nr. 6

Juni 2003

NZZ FOLIO DIE ZEITSCHRIFT DER NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG

VORSORGE

DÜFTE

WOVON SOLLEN WIR IM ALTER LEBEN?

IMMER SCHÖN DER NASE NACH

Ausserdem: Taxifahren in Nairobi 9 Was ist Freiheit? 13 Meister der Fernbedienung 15 Lob der Morchel 69 Warum Katzen stets auf die Füsse fallen 71 Forschers Bauchschuss 75

Ausserdem: Taxifahren in Denver 7 Suchen mit Google 9 Oral zum heiligen Gral 13 Revival der Kalbsbacke 53 Krebs auf Wohnungssuche 57 Schmerztest am Assistenzarzt 59

08/2011


Nr. 7

Juli 2003

NZZ FOLIO DIE ZEITSCHRIFT DER NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG

OLTEN EINFACH HALT AUF VERLANGEN Ausserdem: Die unverhoffte Auferstehung eines Dufts 9 Paartherapeutische Filmtipps 13 Rabenschwarzer Kosmopolit 56 Wolke in der Tiefkühltruhe 58 Leben im Szenequartier 60

05/2003

Kriegsfoto Massimo Vitali gilt als bedeutender Foto­ künstler unserer Zeit. Er wurde Mitte der 1990er Jahre berühmt mit seinen grossfor­ matigen Tableaux von Menschenansamm­ lungen an Schauplätzen in aller Welt. Wir besuchten ihn Anfang 2003 in seinem La­ bor in Mailand, wo wir mit ihm für das Folio zum Thema «Vorsorge» die Bilder zusam­ menstellten. Dabei entstand die Idee, ex­ klusiv für dieses Heft ein Werk zu kreieren. Es brauchte nebst einigen Telefonaten und Bewilligungen auch Wetterglück, da­ mit am 23. März 2003 ein über fünf Meter hohes Podest auf der Zürcher Blatterwiese montiert werden konnte. Darauf wartete der Künstler stoisch auf den Moment, der das friedliche Zusammensein der Men­ schen an diesem ersten warmen Frühlings­ tag in Zürich für uns dokumentieren sollte. Dem Werk, auf dem auch die Folio­Redak­ tion zu sehen ist, gab Massimo Vitali später den Titel «Decimo giorno di guerra». Er sollte daran erinnern, dass im Irak seit zehn Tagen Krieg herrschte. Benno Maggi

08/2011

07/2003

Orang­Utan­Duft

1991, das Geburtsjahr des Folios: was für eine Zeit! Dank Michael Edwards’ Datenbank stelle ich fest, dass 1991 lediglich 71 Parfums lanciert wurden, 2001 waren es bereits 369, und in den ersten sechs Monaten dieses Jahres sind es 425. Was ist nur in die Parfumindustrie gefahren? Warum glauben die, wir brauchten zwei Reese­Wither­ spoon­Düfte? Der 1991er Jahrgang dagegen: Elizabeth Taylor White Diamonds (die Grossmutter aller Celebrity­Düfte) Dune, Amarige, Spellbound, Escape – alles Schwergewichte. Einige markierten den Aufbruch zu neuen Ufern: Taylor gebar Witherspoon, Dune zeugte Allure, Escape war die erste, noch zögerliche, wässrige Note für Da­ men und führte zu Eau d’Issey. Spellbound besiegelte das Ende der Opiumkriege und führte zu nichts. Amarige liess sich nicht verbessern und brachte empfindsame Seelen dazu, Parfum als solches zu verab­ scheuen. Auch für Männer war es eine glückliche Zeit. Mark Buxton komponierte für die wagemutige französische Firma Jacomo sein An­ thracite, während Kenzo das oft imitierte Homme lancierte. Nicht weniger bedeutsam ist, was 1991 fehlte: nichts von Guerlain, nichts von Chanel. Wenn dies heute passierte, würden Köpfe rollen. Damals hatten Parfumeure noch über ein Jahr Zeit, bevor sie sich auf eine Formel festlegten. Heute wären sie glücklich, man gönnte ihnen sechs Wochen. Im Rückblick wird offensichtlich, dass die Damen­ parfums es aufgegeben haben, einfach nur grossartig zu riechen; stattdessen haben sie sich an Caligulas Motto gehalten «Lass sie mich hassen, solange sie mich nur fürchten!» Die Herrendüfte wiederum legten alle Kantigkeit ab; es kam, was man später den empfindsamen Typ der 1990er nannte. Mittlerweile sind die maskulinen Düfte so fe­ minin geworden, dass klassische Fougères wie Brut, Azzaro oder Blue Stratos einer Horde Orang­Utans gleichen, die in fernen Welten­ winkeln den Presslufthämmern der Moderne bei der Zerstörung ihres Lebensraums lauschen. Nicht zuletzt ist alles viel billiger geworden: Überragende Kreatio­ nen der chemischen Industrie wie Dune und Amarige lieferten den Buchhaltern einen willkommenen Vorwand, sämtliche Natursub­ stanzen aus den neuen Kompositionen zu entfernen. Heute lässt sich allein vom Geruch her nicht mehr entscheiden, ob ein Parfum teuer ist oder nicht. Wenn Weine und Autos nach derselben Logik verfüh­ ren, wenn Pétrus schmeckte wie ein 5­Liter­Schlauch und ein Jaguar sich anfühlte wie ein Lada, warum sollte man mehr Geld dafür ausge­ ben? Was mich darauf bringt, dass Jaguar 19 Parfums auf dem Markt hat, Lada jedoch keines. Wenn das kein Grund ist, sich einen Lada anzuschaffen und auf Blue Stratos zurückzugreifen. Luca Turin

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August bis Dezember

2003

Nr. 8

August 2003

NZZ FOLIO DIE ZEITSCHRIFT DER NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG

Nr. 9

September 2003

NZZ FOLIO DIE ZEITSCHRIFT DER NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG

DIPLOMATEN

Nr. 10

Oktober 2003

NZZ FOLIO DIE ZEITSCHRIFT DER NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG

November 2003

DIE ZEITSCHRIFT DER NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG

IM BÜRO

ERBEN

DER MENSCH UND SEINE VERWANDTEN

BEZIEHUNGEN À DISCRÉTION

DAS WAHRE ZUHAUSE

DAS GROSSE GEBEN UND NEHMEN

Ausserdem: Sammeltaxi in Beirut 7 Parfum für die Reise 9 Was heisst schon «normal» 11 Sollen Professoren Bärte tragen? 13 Hühner in der Wüste 57 Experiment an Geköpften 59

Ausserdem: Der tiefe Fall des Parfumhauses Guerlain 11 Requiem für einen Bildschirm 13 Gutherzige Giftfrösche 63 Abstrahierte arabische Baukunst 64 Maler Knechts Häuschen 68

Die Sitzung 24 Erforscht: In diesem Büro werden Sie glücklich 26 Vom Kontor zum Office 33 Vitra-Chef Rolf Fehlbaum über Chaos und Ordnung 42 Die Leiden einer Sekretärin 52

WIR AFFEN

Das Folio macht Schule Immer wieder werden Artikel aus dem Folio zu Studien­ zwecken an Schulen verwendet. Auch der Leiter der Stu­ dienrichtung Illustration an der Hochschule Luzern für Design und Kunst, Pierre Thomé, tut dies regelmässig. Im letzten Semester diente der Artikel «Im goldenen Käfig» aus dem Heft «Wir Affen» als Vorlage für ein Unter­ richtsprojekt. Im Original wurde der Artikel mit zwei Fotos bebildert (Bilder oben). Die angehenden Illustratoren be­ kamen den Text, den sie illustrieren sollten, im Wissen,

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Nr. 11

NZZ FOLIO

Nr. 12

Dezember 2003

NZZ FOLIO DIE ZEITSCHRIFT DER NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG

KITSCH UND KULT VOM SCHLECHTEN GESCHMACK DER ANDEREN Wie man einen Liebesroman schreibt 22 Das Geschwurbel der Politiker 28 Think Pink Heino, was geschah in der dritten Hütte? 40 Verdächtige Objekte: das Urteil der Jury

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08/2003

dass am Ende des Kurses der Art Director des Folios ihre Arbeiten kritisch bewerten würde. Wie die Studentinnen und Studenten mit diesen Anforderungen umgingen und wie sie ihre Aufgabe lösten, war auch in diesem Fall quali­ tativ hochstehend. Die unten abge­ 11/2003 bildeten Arbeiten stammen von Dimitra Charamanda (Bild m. l.), Malin Widén (m. r.), Jaron Gyger (u. l.) und Petra Bürgisser (u. r.). Dieter von Ziegler hatte kein leichtes Erbe angetreten: Die Spinnerei Murg, deren Lei­ tung er in vierter Generation übernommen hatte, litt mehr und mehr unter der Konkur­ renz aus Fernost, schrieb rote Zahlen und musste schliesslich liquidiert werden. Ein neues Geschäftsmodell war nötig, und von Ziegler entschied sich für eine Umnutzung des Areals mit Loftwohnungen, Ateliers, ei­ ner Beiz und einem Hotel. Die meisten wa­ ren skeptisch. Solche Projekte kannte man aus Grossstädten, aber würde das auch in einem Dorf am Walensee funktionieren? Die «Sagibeiz» direkt am See entwickelte sich schnell zu einer beliebten Adresse für Ausflügler, das Interesse für die Lofts, die damals erst auf Plänen existierten, blieb hingegen flau. Trotzdem hatten Dieter von Ziegler und seine Frau Esther «ein gutes Bauchgefühl». 2006 begannen sie mit der ersten Umbauetappe. Als ihre Vorstellun­ gen Gestalt annahmen, fanden sich bald erste Käufer. Mittlerweile sind 38 Lofts und 13 Gewerberäume fertiggestellt, verkauft oder vermietet. Auch das Lofthotel hat sei­ nen Betrieb aufgenommen. Doch das Projekt ist noch lange nicht be­ endet: Derzeit läuft die dritte Bauetappe für weitere 40 Wohn­ und Gewerbeinheiten, eine Tennis­ und Eventhalle, ein Wellness­ zentrum und eine Parkgarage. «Die Bilanz ist positiv», sagt Dieter von Ziegler. «Wir ha­ ben unsere Vision umgesetzt.» Andreas Heller

Umgenutzt

08/2011


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SCHÖN ZU WISSEN, MAN KÖNNTE.

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Januar bis März

2004

Nr. 1

Januar 2004

Nr. 2

NZZ FOLIO

Februar 2004

NZZ FOLIO

DIE ZEITSCHRIFT DER NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG

DIE ZEITSCHRIFT DER NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG

STRAFE

Nr. 3

März 2004

NZZ FOLIO DIE ZEITSCHRIFT DER NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG

GESUNDHEIT

WWW

RÄCHEN, ABSCHRECKEN, ERZIEHEN

DIE NÄCHSTEN ZEHN JAHRE

DER TRAUM VOM PERFEKTEN LEBEN

Der lange Weg von der Selbstjustiz zur Therapie 14 Tumult bei Fernsehrichterin Salesch 22 Wie schlimm ist Kinder schlagen wirklich? 36 Kuriose Gesetze 41 Der Gefängnisarchitekt 50

Wie sich der Erfinder des Web die Zukunft vorstellt 16 Gibt es ein Mittel gegen Spam? 25 Navigieren im Datenozean 32 Der Kampf ums Copyright 41 Amtsstuben im Cyberspace 54

Wenn der Gesundheitskult krank macht 16 Die Ökonomie des medizinischen Fortschritts 20 In der Anti-Aging-Klinik 24 Dubiose Ernährungstipps 30 Volkskrankheit Bluthochdruck 42

01/2004

Um die Wurst

Als ich meine Serie «Um die Wurst» in Angriff nahm, knöpfte ich mir zuerst die bekannten Klassiker vor, den Cervelas natürlich und die St. Galler Bratwurst; bald entdeckte ich aber auch deftige regionale Spezialitäten wie die Churer Beinwurst oder die Tessiner Cicitt. Die Schweizer Wurstlandschaft, damals noch weitgehend Terra incognita, erwies sich je­ denfalls als weitaus vielfältiger und reichhal­

tiger als angenommen. Und so wuchs die ur­ sprünglich auf 12 Folgen angelegte Serie zu einem jahrelangen Vergnügen mit Expeditio­ nen in jeden Winkel unseres Landes, unver­ gesslichen Begegnungen mit mal knorrigen, mal jovialen Metzgern. Erstmals wohnte ich einer Schlachtung bei. Ich sah zu beim Wursten, war zu Gast in feuchten Kellern, wo Mortadella und Salami reiften, in zugigen Dachstöcken voller Tro­ ckenwürste. Ich lernte, dass das Wursten vie­ lerorts noch echtes Handwerk ist und die Wurst weit besser als ihr Ruf. Am Schluss hat­ te ich vier Dutzend Metzger besucht und eine umfassende Darstellung des Schweizer Wurstschaffens beisammen, die 2007 vom Echtzeit­Verlag als Buch publiziert wurde. Seither gelte ich als Wurstexperte, einige nennen mich sogar den Wurstpapst. Eine sol­ che Karriere sorgt in gewissen Kreisen biswei­ len auch für spöttische Bemerkungen. Aber das ist mir völlig wurst! Andreas Heller

Zerlegt

02/2004

Das erste Kleidungsstück, das der NZZ­ Modespezialist Jeroen van Rooijen für uns auf dem Seziertisch hatte, war ein Hand­ schuh. «Zerlegt» ist seither über hundert Mal erschienen. Die Rubrik lobt nicht ge­ niale Designer, sondern ist eine Hommage an das handwerkliche Können der namen­ losen Frauen und Männer hinter den Näh­ maschinen. 44 zerlegte Klassiker gibt es als Buch bei NZZ Libro (2011).

03/2004

Die letzte Meile Der Ökonom Markus Schneider verfasste eine Kosten­Nutzen­Rechnung des medizinischen Fortschritts. Dann landete er unversehens selber auf der Intensivstation. Nüchtern hatte ich analysiert und mit Zahlen belegt, wie sich der medizinische Fortschritt verlangsamt. Auch für viel Geld, so meine The­ se, lasse sich unsere Lebenserwartung nicht mehr gross steigern. Dies sei nicht als Kritik zu verstehen, sondern als Kompliment: «Das Wunder ist vollbracht!» Das Wunder nämlich, dass von der Geburt bis zur Pensionierung praktisch nichts mehr schiefgehen kann. Jetzt ergänze ich aus persönlicher Erfah­ rung: Das Wunder ist nicht nur vollbracht, ich habe es selber erlebt. Im August 2007 wurde mir eine Aortenklappe aus Titan ins Herz ge­ pflanzt. Im Anschluss kam es zu Komplikatio­ nen mit Hirnblutungen, die spitzenmedizi­

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nisch gemeistert wurden. Wochenlang hing ich an den Apparaten in der neurochirurgi­ schen Intensivstation im Universitätsspital Zürich. Seit ich dort aufgewacht bin, haben mir etliche Ärzte versichert: Früher seien Pa­ tienten in meiner Situation einfach gestorben. Ich hingegen konnte soeben meinen 51. Geburtstag feiern und habe statistisch noch 31 Lebensjahre vor mir, die ich hoffent­ lich geniessen kann. Genau darauf achtet ein Ökonom, um zu beurteilen, ob sich eine Ope­ ration lohne: auf die Anzahl der gewonnenen Lebensjahre bei befriedigender Lebensquali­ tät. «Gute Noten erzielen zum Beispiel Herz­ klappenersatz­Operationen oder neurochir­

urgische Eingriffe bei Kopfverletzungen», schrieb ich in erschreckender Voraussicht. Nun bin ich wieder fast gesund. Ich arbeite in meinem Beruf als Journalist, bin dabei aber auf die Invalidenversicherung und den guten Willen meines Arbeitgebers angewiesen. Ich werde weiterhin ärztlich betreut und thera­ piert. Denn ich kann mich nicht mehr so gut konzentrieren und auch nicht mehr so gut lo­ gisch denken. Trotzdem wage ich folgendes Fazit: Die moderne Medizin ist kein Sisyphus, der alte Menschen noch ein wenig älter macht. Die moderne Medizin ermöglicht uns, alt zu werden. Markus Schneider

08/2011


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April bis September

2004

Nr. 4

April 2004

NZZ FOLIO DIE ZEITSCHRIFT DER NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG

AUS DEM OSTEN

Mai 2004

Nr. 6

DIE ZEITSCHRIFT DER NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG

SOUNDCHECK

DES SCHWEIZERS LETZTE FREIHEIT 34 54

Juni 2004

NZZ FOLIO

DIE ZEITSCHRIFT DER NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG

DAS EIGENHEIM

ERKUNDUNGEN IM NEUEN EUROPA Helden der Massarbeit 22 «Sex and the City» in Riga 28 Tschechiens Eishockeywunder Hollywood des Ostens 40 Mehr Brust für weniger Geld 46 Willkommen in Lenin World

Nr. 5

NZZ FOLIO

DA IST MUSIK DRIN

Eigentümlicher Boom 16 Hausbesuche 20, 40, 50 Händler des Luxus 26 Das Fertighaus 30 Zoff am Zaun 44 Wohnen im Ausland 53 Ich und meine vier Wände 57 Der Hüsliglaube 64

Was die jungen Punks im Keller treiben 16 Wie man den Tophit schreibt 22 Sex sells Das Erfolgsgeheimnis des iPod 40 Zehn Sternstunden der Popmusik 47 Die Stille

Die gezähmte Widerspenstige

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04/2004

Die lettische Schriftstellerin und Sexkolumnistin Dace Ruksane brachte einen Hauch von «Sex and the City» nach Riga. In der ehemaligen Sowjetrepublik galt es aufzuholen. Inzwischen hat Dace ihren Mr. Big gefunden.

Sind Sie heute glücklich? – «Extremely», ant­ wortet Dace Ruksane. Vor sieben Jahren führte sie ein Leben aus­ ser Atem. Ihre Heimat, Lettland, schloss sich mit turbulenten Nebenwirkungen der EU an, während sie mit ihren drei Töchtern und der notorischen Geldknappheit allein dastand. Ihr Ex­Mann drohte per SMS fast stündlich,

Worst of All Sie waren keine zwanzig Jahre alt und spielten einmal pro Woche in ihrem Übungsraum: die Nachwuchsmusiker Adi, Olly, Basti, Bolly und Fraui. Sie trugen den Namen «Worst of All» und arbeiteten an ihrer Zukunft als Punkband. Boni Koller, Autor und selber auch Musiker, besuchte die Band fürs Folio in ihrer Klotener Übungsbude und hörte genau hin, wie die Teenies auf ihren Gitarren herumschrumm­ ten und sich in nicht immer zweifelsfreiem Englisch die Gefühle aus dem Leib brüllten.

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sich umzubringen, wenn sie nicht zu ihm zu­ rückkehren würde. Die beiden hatten als gla­ mouröses Skandalpaar der Hauptstadt Riga gegolten. Er ein berserkernder Regisseur, ein Schlingensief des Baltikums. Sie die femme fatale des Literaturbetriebs. Sie schrieb Sexkolumnen und Bücher, die vom Publikum verschlungen und von der Kritik verrissen wurden. «Warum hast du ge­ weint» ist 2007 im Ammann­Verlag auf deutsch erschienen, und nur mit grösstem Einfüh­ lungsvermögen in die lettische Prüderie findet man Hinweise, warum es ein «Skandalroman» sein könnte. Es ist ein sehr schöner Roman. Dace Ruksane schreibt noch immer. An Drehbüchern, Kurzgeschichten, zwei Roma­

nen. Aber sie schreibt nicht mehr für ihre Existenz. Aus der Kolumnistin ist die Chef­ redaktorin einer Frauenzeitschrift geworden, aus der femme fatale die «überaus glücklich verheiratete» Ehefrau eines gutsituierten Werbers. Die beiden leben mit ihren Töchtern – «allesamt Schönheiten, die den Jungs Kopf­ schmerzen bereiten» – in einem Villenviertel von Riga. Das Haus ist voller Haustiere, auf den Fens­ tersimsen wachsen Tomaten. Der Ex­Mann von Dace Ruksane leitet als künstlerischer Di­ rektor das Theater, in dem er sich einst ver­ schanzt hatte, um sich aus Liebeskummer zu erschiessen. Andreas Dietrich

Sieben Jahre später gibt es die Band längst nicht mehr. Aber mit Musik zu tun haben die Jungs noch immer. Adi schrieb kurze Zeit nach der Veröffent­ lichung des Folio­Artikels in einem Inserat: «Hallo Leute, ich suche eine Band mit geilen Leuten, die was in Richtung Punk macht. Ich war der Sänger von ‹Worst of All›. Leider gibt es diese Band seit Oktober 04 nicht mehr! Ich habe zwei Jahre lang Bühnenerfahrung ge­ sammelt und ein Demotape von ‹Worst of all› im Gepäck. Hey, meldet euch! Man sieht sich!» Heute arbeitet Adi bei Goldbach Media und hat mit einem Kollegen ein Tonstudio.

Fraui, der damals am drum kit sass, sagt: «Nach ‹Worst of All› kam für mich ‹Red Car­ pet›. Da sass ich nicht mehr hinter dem Schlagzeug. Ich wollte doch unbedingt nach vorn, ans Mikro. Die Luft war aber schnell draussen. Ich wollte mein eigenes Ding durchziehen: Songs schreiben, rücksichtslos und auf Mundart. Von den ‹Worst of All› ist ei­ ner immer noch bei ‹Red Carpet› dabei, der Bolli. Er sagte sofort zu für das Mundartpro­ jekt. Gerade arbeite ich an meiner ersten Solo­ platte. Die Verhandlungen mit den Plattenfir­ men sind am Laufen.» Florian Leu

06/2004

08/2011


Nr. 7

Juli 2004

NZZ FOLIO DIE ZEITSCHRIFT DER NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG

ESKIMO

August 2004

DIE ZEITSCHRIFT DER NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG

OLYMPIA

DER MENSCH, DER AUS DER KÄLTE KOMMT Am Rand der Welt 16 Der nördlichste Popstar 27 Wer ist Fräulein Smilla wirklich? Grönländerin in der Schweiz 42 Greenpeace gegen Grönland 44 Alles über Nasenküsse

Nr. 8

NZZ FOLIO

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Eskimo

Nr. 9

September 2004

NZZ FOLIO DIE ZEITSCHRIFT DER NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG

ERDÖL

416 V. CHR. – LIVE DABEI!

DAS ELIXIER DER WELT

Perikles’ Neffe siegt! 16 Wie weiss man, wie’s war? 28 Der Marathon und andere Mythen 34 Schenkelentblösserinnen 40 In Wolken von Acqua di Gio 46 Und was ist in 2500 Jahren? 50

Fluch und Segen des Erdöls 20 Poker um Öldorado 30 Wann versiegt die letzte Quelle? 42 Red Adair, J. R. & Co. 49 Bohrinsel Schweiz 56 Der Scheich im Bigottesstaat – die Wahrheit 62

07/2004

Einmal im Jahr zieht sich die Folio­Redak­ tion für zwei Tage zurück, um die Themen für das folgende Jahr zu bestimmen. Reih­ um bringen die Redaktoren ihre Vorschlä­ ge ein, dann werden die Themen in einem nur schwer nachvollziehbaren Prozess auf zwölf Schwerpunkte eingedampft. An der Retraite von 2003 zeigte unser Art Director Benno Maggi eindrückliche Bilder aus Grönland. Sie stammten vom Fotogra­ fen Markus Bühler­Rasom, der seinen Kindheitstraum wahrgemacht hatte und mehrmals nach Grönland gereist war, um das Leben der Einheimischen zu doku­ mentieren. Er war mit Walfängern und Robbenjägern unterwegs, flog mit dem He­ likopter in den nördlichsten Winkel der Welt und fror sich auf dem Hundeschlitten fast seine grossen Zehen ab. (Das neben­ stehende Bild zeigt, wie die Eskimo erbeu­ tete Robben konservieren, nämlich tiefge­ froren.) Seit Bühler­Rasom im Frühling 2004 mehr als vier Wochen fürs Folio in Grön­ land unterwegs war, besuchte er das Land vier weitere Male. Das Leben im Norden ist in dieser Zeit nicht einfacher geworden. Die Klimaerwärmung setzt Mensch und Natur zu, die Jagd wurde so stark eingeschränkt, dass niemand mehr davon leben kann, und der Alkohol schürt die Gewalt unter diesen eigentlich friedliebenden Menschen. Der Jäger, mit dem Bühler­Rasom für die Folio­ Reportage unterwegs war, wurde 2007 von seiner Frau im Suff umgebracht. Reto U. Schneider

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Oktober bis November

2004

Nr. 10

Oktober 2004

Nr. 11

NZZ FOLIO

November 2004

NZZ FOLIO

DIE ZEITSCHRIFT DER NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG

DIE ZEITSCHRIFT DER NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG

STUDENTEN

MARKEN

WAS MACHEN SIE EIGENTLICH AN DER UNI?

VERFÜHRUNGEN DER KONSUMWELT

Magna cum gaudi – das Innenleben einer WG 18 Test: Wissen Sie mehr als die Studierten? 31 Was Studenten kosten, was sie nützen 44 Die Frauenfrage 54 Der abgebrochene Student 65

Reiseleiter im Markendschungel 16 Die Zukunft der Werbung 20 Geiz in der Schweiz Weltformel: entschlüsselt 50 Bekenntnisse eines Werbers 62 Bergstutzen & Latexhöschen

Fort aus der Villa Dr. Kunterbunt

10/2004

Magna cum gaudi? Wir wollten wissen, wie es in einer Studenten­WG am Zürichberg zu und her geht, und haben sie über ein paar Monate begleitet. Jetzt haben wir nachgefragt, was aus den Bewohnern geworden ist. Sieben Jahre sind vergangen, seit das Folio die Studentenwohngemeinschaft an der Zürich­ bergstrasse 93 besucht hat. Inzwischen finden im herrschaftlichen Bau längst keine Parties für Hunderte von Besuchern mehr statt, und auch die chronisch überfüllten Kühlschränke sind verschwunden. Geblieben ist der soziale Charakter des Hauses. Es dient seit dem Ab­ schluss der Renovationsarbeiten vor zwei Jah­ ren als Heim und Tagesstätte für Schwerbe­ hinderte. Und was wurde aus den Bewohnern von damals? 1. René Bernhard (Wirtschaft), einst Hausvorstand am Zürichberg, befasst sich noch immer mit komplizierten Angelegen­ heiten. Doch nicht mehr mit der Verteilung von WG­Ämtchen, sondern mit der Abwick­ lung von Firmenverkäufen. Er lebt mit seiner Freundin in der Nähe des Rigiplatzes. Im fünf­ ten Stock und ohne Lift, aber weiterhin mit bestem Ausblick. 1

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2. Mira Habermann (Architektur) hat so­ eben eine neue Stelle in einem Zürcher Archi­ tekturbüro angetreten und beteiligt sich dort an der Ausführungsplanung. In ihrer Woh­ nung am Berninaplatz sind regelmässig ehe­ malige WG­Genossen zu Gast, da sie mit ihrem Freund jeden Monat ein Spaghettiessen aus­ richtet. 3. Susie Trenka (Anglistik) ist noch immer an der Universität Zürich, hat aber die Seiten gewechselt. Die Assistentin am Lehrstuhl für Filmtheorie arbeitet an einer Dissertation zu filmischen Repräsentationen afroamerikani­ scher Tanzkultur. 4. Iris Schindler (Musik) ist zusammen mit ihrem Cello nach Engagements in deutschen Orchestern in die Schweiz zurückgekehrt und gehört dem Musikkollegium Winterthur an. Ihr neues Zuhause ist der Kreis 4. 5. Carole Scheidegger (Geschichte) pen­ delt unter der Woche zwischen ihrem Wohn­ 4

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ort im Zürcher Kreis 5 und Bern, wo sie als Re­ daktorin die Mitgliederpublikationen der Menschenrechtsorganisation Amnesty Inter­ national betreut. 6. Ganymed Stanek (Elektrotechnik), des­ sen Vater 1969 die erste Mondlandung für das Schweizer Fernsehen kommentierte, lebt heu­ te über 9000 Kilometer vom ehemaligen Stu­ dentenhaus an der Zürichbergstrasse entfernt. Im Silicon Valley arbeitet er für die Universität von Stanford und den VW­Konzern an der Entwicklung selbstfahrender Automobile. 7. Alex Kühn (Germanistik) sieht von sei­ ner Dachterrasse am Lindenhof auf den Zü­ richberg, wo seine ungemein flauschige Katze Löffel zu seinem grossen Stolz einst ein Eich­ hörnchen erlegte. Er hat als Einziger des vor­ gestellten Septetts nicht fertig studiert, aber immerhin diesen Text geschrieben. Sein Geld verdient er als Sportredaktor. Alex Kühn 6

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GEWINNEN SIE EINE KISTE VON 6 FLASCHEN DER BESTEN WAADTLÄNDER WEINE DIE IN DEM LETZTEN WETTBEWERB DER „SÉLECTION DES VINS VAUDOIS 2011“ PRÄMIIERT WORDEN SIND. Es werden 50 Kassetten aus der Kollektion der besten Waadtländer Weine angeboten. Es handelt sich um eine aussergewöhnliche, nicht auf dem Markt erhältliche Kassette im Wert von Fr. 200.–! Antworten Sie, um zu gewinnen, auf nachstehende Frage, und Sie werden an der Verlosung teilnehmen, die am 15. Oktober 2011 durchgeführt wird. Frage : Wie viele Weine wurden am Wettbewerb der „Sélection des Vins Vaudois 2011“ prämiiert ? (Bitte ankreuzen)

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Name : Vorname : Strasse/Nr. : PLZ/Ort : Geburtsdatum : E-mail : Telefonnummer : <wm>10CAsNsjY0MDAx1TU0MTYzMwMA-SPOjA8AAAA=</wm>

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Datum : Unterschift :

Senden Sie Ihre Antwort sowie Ihre Anschrift per Post oder per E-Mail an : CONCOURS SÉLECTION DES VINS VAUDOIS Office des vins vaudois CP 1215 1001 Lausanne (Nur richtig ausgefüllte Teilnahmescheine werden berücksichtigt)

oder an info@vins-vaudois.com Oder direkt auf unserer Website : www.vins-vaudois.com

NZZ

Teilnahmebedingungen :

Dieser Wettbewerb ist für alle in der Schweiz ansässige Personen offen (Mindestalter 18 Jahre). Die Mitglieder des Office des Vins Vaudois und deren Mitarbeiter sind ausgeschlossen. Die Gewinner werden, in einer Frist von 5 Tagen nach der Ziehung, schriftlich benachrichtigt. Teilnahmeschluss 15. Oktober 2011. Die Auslosung findet am 20. Oktober 2011 statt. Das Reglement des Wettbewerbes kann beim Office des Vins Vaudois per E-Mail verlangt werden: info@vins-vaudois.com Es besteht kein Kaufzwang. Ein einziger Teilnahmeschein pro Person. Es wird keine Korrespondenz über den Wettbewerb geführt. Kein Rekurs möglich.

WETTBEWERB

AUßERGEWÖHNLICH !


Dezember

2004

Nr. 12

Dezember 2004

NZZ FOLIO DIE ZEITSCHRIFT DER NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG

ABERGLAUBEN NICHTWISSEN MACHT SELIG Widersinnig Übersinnliches 17 Psi im Labor 26 Möchtegerngläubig 33 Das Weinwunder 37 Der Spuk ist im Kopf 46 Voodoo für Anne 51 Mathemagisches 57 Glaubensbekenntnisse 66 EXTRA: GROSSES WÜRFELSPIEL! OHNE SEITE 13!

12/2004

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(Aber­)Glauben Sie waren jung, als sie fürs Folio posierten, besuchten die Schauspielschule und hatten ihre ersten Auftritte. Sieben Jahre später gehen einige wieder zur Schule, einer ist Star in einer Fernsehserie geworden. Um das Thema «(Aber­)Glauben» umzuset­ zen, lud das Folio Schüler der Zürcher Hoch­ schule für Musik und Theater ins Opernhaus. Da Vincis Gemälde diente als Vorlage, Suzan­ ne Schwiertz fotografierte. Was machen die ehemaligen Schauspielschüler heute? 1. Pascal Holzer trat zuletzt in Werbeclips für «Fressnapf» und «Die Mobiliar» auf. Einmal die Woche fährt er als Velokurier durch die Stadt, daneben arbeitet er als Barkeeper im «Hive». 2. Urs Stämpfli hat diverse Engagements in Theater­ und Kinoproduktionen, etwa im Film «eMANNzipation» und «König Cymbeline», einem Bühnenstück nach Shakespeare. 88. Julian M. Grünthal ist Mitglied der Thea­ tergruppe 400asa, er arbeitet dort als Schau­ spieler und Co­Regisseur. 666. Mathis Künzler ist dank seiner Rolle in der Fernsehserie «Verliebt in Berlin» zu einem

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Teeniestar mit semierotischer Homepage ge­ worden. Seither beteiligte er sich an diversen Theater­ und Fernsehprojekten. 7. Max Arnold hat nach der Schauspielschule bei Postfinance als Teamleiter im Kunden­ dienst gearbeitet. Heute studiert er wieder, diesmal Psychologie. Nebenbei arbeitet er als Primarlehrer. Bald übernimmt er wieder eine Regiearbeit – im Rahmen der Tellspiele. 865. Florian Steiner: freischaffender Schau­ spieler. Kurzfilmprojekte und Theaterengage­ ments, letztes Jahr z. B. in «Die wunderbare Reise der Massenselbstmörder». 33. Jonas Rüegg ist heute Vater von drei Kin­ dern. Daneben beteiligt er sich an mehreren Kino­ und Theaterprojekten. Er spielte im Ki­ nofilm «Nachtexpress» mit, ausserdem war er eine Stimme in «Härzstillstand», einem Hör­ spiel.

68. Georg Spiegelfeld ist einer der wenigen Abgänger ohne Website. Er ist Mitglied der «Schauburg», des Jugendtheaters Münchens. 225. Dirk Sikorski ist ebenfalls wieder Stu­ dent: Medizin an der Berliner Charité. Ausser­ dem ist er gerade in Gogols «Aufzeichnungen eines Wahnsinnigen» aufgetreten. 22. Fabian Müller ist seit 2010/11 Ensemble­ mitglied am Jungen Schauspielhaus Zürich. 111. Rosario Bona spielte im Film «Was ich dir noch sagen wollte» und sprach in der Hör­ buchsynchronisation «Letters to Juliet». 3. Caspar Kaeser hat den Oberhausener Theaterpreis gewonnen für seine Rolle in «Die Verwirrungen des Zöglings Törless». Diverse Film­, Fernseh­ und Theaterprojekte. 0. Andri Schenardi ist Ensemblemitglied des Berner Stadttheaters. Florian Leu

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Januar bis Mai

2005

NZZ FOLIO

NZZ FOLIO

Die Zeitschrift der Neuen Zürcher Zeitung, Februar 2005

Die Zeitschrift der Neuen Zürcher Zeitung, Januar 2005

NZZ FOLIO Die Zeitschrift der Neuen Zürcher Zeitung, März 2005

Normen

Bomben

Jugo

DIN A4, ISO 9001, XXL, Cup B & Co.

Die allgegenwärtige Bedrohung

Wer soll das eigentlich sein?

01/2005

Aufgefrischt II

03/2005

Wottsch Puff?

Sechs Jahre nach der ersten Design­Auffri­ schung war es an der Zeit, wieder einmal aufzuräumen. Das begann beim Titelblatt, das wir von Text entschlackten und auf das Wesentliche reduzierten: Bild, Titel, Unter­ zeile. Im Inhalt veränderten wir Titel­ und Laufschrift und erhöhten damit den Lese­ komfort für die Leserinnen und Leser.

Der abgerissene Kopf

01/2005

Wie weit darf man gehen, um Grauenhaftes zu zeigen? Das Bild, das wir zum Artikel über Selbstmordattentäter abdruckten, ging vielen zu weit. Leichtfertig war der Entscheid nicht. Erst nach langen Diskussionen in der Redaktion entschlossen wir uns, das Bild mit dem abge­ rissenen Kopf einer jungen palästinensischen Selbstmordattentäterin abzudrucken. Auch unsere erste Reaktion war heftige emotionale Abwehr. Aber wir fanden auch, es zeige die grässliche Absurdität menschlichen Zerstö­ rungswillens wie kein anderes. Nicht das Bild ist menschenunwürdig und inakzeptabel, sondern die Realität, die es abbildet. Weder vorher noch nachher haben wir je so viele Reaktionen erhalten. Wir mussten ei­ gens ein Onlineforum einrichten, um die Flut der E­Mail­Zuschriften zu bewältigen. Etwa zwei Drittel der Leserinnen und Leser, die sich meldeten, fanden, wir seien zu weit ge­ gangen: Mit dem Abdruck dieses Bildes hät­ ten wir die Grenze des Erträglichen über­ schritten.

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08/2005

Verurteilt Im August publizierten wir das Urteil des Schweizer Presserats, laut dem das Folio mit dem Foto, das den abgerissenen Kopf einer Selbstmordattentäterin zeigt, ge­ gen die Menschenwürde verstossen habe. Eine Beschwerde wurde mit der folgenden Begründung gutgeheissen: «Auch Mörder und Kriegsverbrecher ha­ ben Anspruch auf Wahrung ihrer Men­ schenwürde. Das Bild verletzt ebenso die Menschenwürde von Opfern solcher An­ schläge und ihrer Angehörigen. Und in­ dem es die Intimsphäre vieler Leserinnen und Leser der Zeitschrift verletzt, tangiert es auch deren Menschenwürde.»

Emotionslos zeigten wir auf, dass Ein­ wanderer aus dem ehemaligen Jugosla­ wien weit überdurchschnittlich oft mit dem Gesetz in Konflikt kommen. Aus der Kriminalstatistik des Kantons Zürich präsentierten wir die Zahlen, die damals erst nach hartnäckigem Nachfragen mit­ geteilt wurden. Der Anteil der verzeigten «Jugos» betrug bei schweren Delikten gegen Leib und Leben 18 Prozent, bei Einbruchdiebstählen 22 Prozent, bei Raub 25 Prozent. Als Gründe orteten Ex­ perten mangelhafte Integration, Ban­ denbildung und Machogehabe. Seit der Annahme der zwei Jahre spä­ ter lancierten SVP­Ausschaffungsinitia­ tive ist die Ausländerkriminalität nicht mehr so häufig in den Schlagzeilen. Vi­ rulent ist die Balkan­Kriminalität immer noch: «Straftäter aus dem Gebiet von Ex­ Jugoslawien sind in der Kriminalstatistik nach wie vor sehr stark vertreten», sagt Franz Bättig von der Kantonspolizei Zü­ rich. Bei den Erwachsenen stammen 22,7 Prozent der ausländischen Tatver­ dächtigen aus Ex­Jugoslawien, vor allem bei Gewaltdelikten sind sie häufig invol­ viert. Unter den Jugendlichen stellen sie sogar 32,8 Prozent der ausländischen Tat­ verdächtigen. Man kann dies auch als Ver­ besserung sehen: 2005 waren es noch 46 Prozent.

08/2011


NZZ FOLIO Die Zeitschrift der Neuen Zürcher Zeitung, April 2005

NZZ FOLIO

Beim Zahnarzt

Computerspiele

Die Zeitschrift der Neuen Zürcher Zeitung, Mai 2005

Ein Traum in Weiss

Der Joystick erobert die Welt

04/2005

Lag in jedem Wartezimmer: Das Folio «Beim Zahnarzt» mit Comics von Igor Kravarik (Bild), Melk Thal­ mann, Dirk Schulz, Matthias Gnehm, Christophe Badoux, Alex Macartney, Hannes Binder und Robert Labs.

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Juni bis August

2005

NZZ FOLIO

NZZ FOLIO

Die Zeitschrift der Neuen Zürcher Zeitung, Juli 2005

Die Zeitschrift der Neuen Zürcher Zeitung, Juni 2005

Fleisch

Kalifornien

Weil es doch gut ist

Eine Reise ins Land der Träume

Über die Grenze

06/2005

Illegale Einwanderer aus Mexiko kommen in Scharen ins gelobte Land Kalifornien. Dort geht man mit dem Problem pragmatisch um.

Jedes Jahr gelingt es rund einer halben Mil­ lion Ausländer, illegal in die USA einzureisen. Die meisten stammen aus Mexiko und lassen sich in Kalifornien nieder, dessen Wirtschaft sie braucht. Die Reportage «Am Tequila­ Tropf» berichtete, wie die U. S. Border Patrol eine Schar illegaler Einwanderer in der Wüste aufspürte und zurückschickte nach Mexiko, welche Geschäfte die Menschenschmuggler machen und wie unbehelligt von den Behör­ den amerikanische Organisationen den Ille­ galen helfen, heimisch zu werden. In den fünf Jahren, seit der Bericht erschie­ nen ist, hat sich die Auseinandersetzung um die illegale Immigration in den USA deutlich verschärft. Sogar der Bau einer Mauer entlang der Grenze zu Mexiko wurde erwogen. Als erster einer Reihe von Gliedstaaten verhängt nun Arizona Bussen für Betriebe, die illegale Immigranten anstellen, und die Polizei über­ prüft bei Personenkontrollen auch den Immi­ grationsstatus. Mehrere Städte jedoch, dar­ unter die Kapitale Washington D. C., New York und Los Angeles, weigern sich, solche Massnahmen zu ergreifen. Man ist der Mei­ nung, die Vorteile, die illegale Immigranten bringen, würden die Nachteile überwiegen. Auch in Kalifornien wurde gegen Unter­ nehmen vorgegangen, die illegale Immigran­ ten beschäftigen. So haben Bundesbehörden etwa in der Kleiderfirma American Apparel Personalunterlagen überprüft, worauf Mit­

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arbeiter, die Zweifel an ihrem Immigrations­ status nicht ausräumen konnten, entlassen wurden. Die politische Rechte setzte sich nicht durch – sie wollte inskünftig Kindern illegaler Immigranten, die in Amerika zur Welt kom­ men, das Geburtsrecht der Staatsbürger­ schaft nicht mehr gewähren. Doch Tausende von Eltern solcher Kinder sind in den letzten Jahren in ihre Heimatländer deportiert wor­ den, und in den Medien wurde über manche Tragödie berichtet. Die Secure Fence Act von 2006 besänftigte die Demokraten, Mexiko und die auf Immi­ grationsreform bedachte Minderheit der Re­ publikanischen Partei mit einer Reihe von Konzessionen. So kann von einer «Mauer» entlang der 3140 Kilometer langen Grenze zu Mexiko nicht die Rede sein. Es gibt mehr Lü­ cken, die mit Bodensensoren und Videoka­ meras überwacht werden, als feste Zäune und Wände, und wo nicht bereits der Wille zum Bau fehlte, hat der Geldmangel das Seine zum Scheitern des ursprünglichen Planes getan. Organisationen wie die in der Reportage porträtierten Interfaith Community Services im grenznahen kalifornischen Escondido sind auch unter Beschuss geraten. Doch sie helfen nach wie vor Illegalen, Arbeit zu fin­ den, und werden dabei weder von der Polizei noch von den Stadtbehörden behelligt. Fazit: Es ist schwieriger geworden, illegal in die USA einzureisen und, einmal da, den Behörden auszuweichen. Doch der Pragma­ tismus – oder wenn man so will: das heuchle­ rische System – baut weiterhin auf der Er­ kenntnis, dass Kaliforniens Wirtschaft ohne illegale Immigranten noch mehr in der Bre­ douille wäre, als sie jetzt schon ist. Peter Haffner

07/2005

Bartgeier ade Seit dem 27. Februar 2005 hatte das Folio einen Vogel. Wir übernahmen die Paten­ schaft für ein an diesem Tag im Tierpark Goldau geschlüpftes Bartgeierküken, das im Juni im Schweizer Nationalpark ausge­ wildert wurde. Bis das Bartgeierweibchen «Folio» und die am gleichen Tag geborene «Natura» flügge waren, wurden sie in einer geschützten Felsnische von Zoologen überwacht und mit Fleisch versorgt (oberes Bild). Und um später ihre Wege verfolgen zu können, waren die Jungvögel mit einem kleinen Peilsender ausgestattet worden. Am 29. Juli, mit 122 Tagen, drehte «Folio» ihre erste Runden. Am 9. August ver­ schwand «Folio» vom Überwachungs­ schirm der Bartgeierforscher: Sie hatte ihren Sender abgestreift oder verloren und entschwebte in die Lüfte. Im Spätherbst wurde sie im Unterengadin und in Tirol ge­ sichtet. Sie hat sich inzwischen zu einem stattlichen Tier entwickelt. Zuletzt wurde sie im Juni 2009 beobachtet und fotogra­ fiert, als sie im Oberengadin ihre Kreise zog (unteres Bild).

08/2011


NZZ FOLIO Die Zeitschrift der Neuen Zürcher Zeitung, August 2005

Männer

Die Herren der Erschöpfung

08/2005

«Die Herren der Erschöpfung» lautete der Untertitel des Hefts, in dem wir den verunsicherten mitteleuropäischen Mann des frühen 21. Jahrhun­ derts unter die Lupe nahmen. Unser Befund wurde von Spezialisten bestätigt, etwa vom Männerforscher («Der Mann ist objektiv in der Krise») und der Urologin («Unfruchtbarkeit ist echt ein Thema!»). Der Ethnologe dagegen beobachtete die Rückkehr des Mackers («Frauenversteher und Sitzpinkler sind out»). Die Bebilderung des Hefts vertrauten wir dem Schweizer Regisseur Dani Levy an. Mit dem Team seiner Berliner Produk­ tionsfirma und Schauspielern aus seinen Filmen inszenierte er fürs Folio «Sechs Momente der Männlichkeit».

08/2011

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September bis Dezember

2005

NZZ FOLIO Die Zeitschrift der Neuen Zürcher Zeitung, September 2005

NZZ FOLIO Die Zeitschrift der Neuen Zürcher Zeitung, Oktober 2005

NZZ FOLIO

Krankenkassen

Reich und schön

Schweizer Qualität

Wie viel Gesundheit kostet

Prämien­Höhenflug

Was kostete die Krankenversicherung der Autoren des Hefts über Krankenkassen 2005? Und wie viel zahlen sie heute?

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Erfinder, Macher und Pioniere

Aus dem Leben der Beneideten

09/2005

Beat Kappeler, Publizist 2005: EGK (Grundversicherung, 2500 Fr. Jahresfranchise), Monatsprämie 129.80 Fr. 2011: KMU (Grundversicherung, 2500 Fr. Jahresfranchise, Kostenbeteiligung 10 Prozent), Monatsprämie 284.55 Fr. Andrea Strässle, Redaktorin Pro Natura 2005: Provita (Grund­ und Unfallversi­ cherung, 300 Fr. Jahresfranchise), Monatsprämie 314.80 Fr. 2011: Provita (Grundversicherung, 300 Fr. Jahresfranchise), Monatsprämie 295.95 Fr. Markus Schneider, Journalist 2005: Progrès (Grundversicherung, 300 Fr. Jahresfranchise), Monatsprämie 275 Fr. 2011: Progrès (Grundversicherung, 300 Fr. Jahresfranchise), Monatsprämie 358 Fr. Urs Zanoni, Geschäftsführer Medix 2005: Progrès (Standardmodell, 1500 Fr. Jahresfranchise), Monatsprämie 147.10 Fr. 2011: CSS (HMO­Modell, 1500 Fr. Jah­ resfranchise), Monatsprämie 174.10 Fr. Markus Hofmann, Journalist NZZ 2005: Concordia (HMO­Modell, 2500 Fr. Jahresfranchise), Monatsprämie 178 Fr. 2011: Concordia (HMO­Modell, 2500 Fr. Jahresfranchise), Monatsprämie 220.90 Fr. Martin Lengwiler, Professor Uni Basel 2005: In Deutschland bei der HUK­Co­

Die Zeitschrift der Neuen Zürcher Zeitung, November 2005

burg privat (umfasst eine minimale Taggeldversicherung und 50 Prozent der Zahnarztkosten, 600 Euro Jahres­ franchise), Monatsprämie 206.39 Euro (die Hälfte davon zahlt der Arbeit­ geber). 2011: EGK (Grundversicherung, 2500 Fr. Jahresfranchise), EGK (Privatzu­ satz), Monatsprämie 325 Fr. Claudia Baer, Journalistin NZZ 2005: Provita (Standardmodell, 1500 Fr. Jahresfranchise), Monatsprämie 164.30 Fr. 2011: Provita (Grundversicherung, 2500 Fr. Jahresfranchise), Monatsprä­ mie 198.95 Fr. Urs P. Gasche, freier Journalist 2005: KPT (privat, um im Spital freie Arztwahl zu haben, 300 Fr. Jahresfran­ chise), Monatsprämie 481.10 Fr. 2011: KPT (privat, um im Spital freie Arztwahl zu haben, 300 Fr. Jahresfran­ chise), Monatsprämie 657.55 Fr. Beat Gygi, Journalist NZZ 2005: Sanitas (halbprivat, 500 Fr. Jah­ resfranchise), Monatsprämie 315.80 Fr. 2011: Sanitas (Grundversicherung, 1000 Fr. Jahresfranchise), Sanitas (Halbprivatzusatz), Monatsprämie 360.55 Fr. Daniel Weber, Journalist NZZ Folio 2005: Sanitas (privat, 2500 Fr. Jahres­ franchise), Monatsprämie 337.90 Fr. 2011: Mutuel (Grundversicherung, 2500 Fr. Jahresfranchise), Sanitas (Pri­ vatzusatz), Monatsprämie 401.80 Fr.

Menschen & Räume II Lilli Binzegger macht nochmals einen Hausbesuch 116 Mal hat sie für ihre Rubrik Räume und ihre Bewohner zum Sprechen gebracht. Sie befriedigte damit auch ihre «eigene Lust am unbefugten Blick» – und gewiss jene ihrer treuen Le­ serinnen und Leser. In der 117. und letzten Folge gab Lilli Binzegger selber Auskunft über ihren Raum beim Folio. Da­ nach ging sie in den Ruhestand. Für dieses Heft schlüpft sie noch einmal in die Rolle der Befragerin.

Daniel Webers Büro im U-Boot «Das ist mein drittes Folio­Büro und mein fünftes in der NZZ. Bevor du mich 1991 zum Folio holtest, war ich ja fünf Jahre in der Filmredaktion. Wir sind hier im Dachstock des NZZ­ Hauptgebäudes, erstaunlicherweise im Sommer der kühlste Ort im ganzen Haus. In der Decke zirkuliert kaltes Zürichsee­ wasser, im Winter warmes. Frag mich nicht, wie das funktio­ niert. Warum tagsüber die Lampen brennen? Wegen der kleinen Dachluken, grössere hat der Denkmalschutz nicht erlaubt. Wir nennen unser Büro U­Boot. Das meiste Licht kommt durch die Fenster zum Hof, vis­à­vis siehst du übri­ gens in das Grafik­ und Layoutbüro. Den besten Blick haben wir aus dem Herren­WC: freie Sicht auf die Sechseläutewiese und die Kirchtürme der Altstadt. Zuvor waren wir auf der anderen Seite der Falkenstrasse in einem ehemaligen Wohnhaus mit grosszügigen Räumen, Parkettböden und so. Jeder hatte sein eigenes Grossraum­ büro, sozusagen. Das war schön, aber wir sind uns manch­ mal den ganzen Tag kaum begegnet. Jetzt sind wir zu sechst in einem Grossraum, da geht es lebhafter zu, eher WG als Mönchsklause. Wir kennen uns ja auch alle lange, drei von uns sind seit 20 Jahren dabei. Selten sind alle in der Redaktion, die eine oder der andere ist meist unterwegs. Manchmal bin ich abends auch allein hier. Dann ist es sehr still, und im Sommer taucht die unter­ gehende Sonne den profanen Grossraum in ein goldenes Licht. Du wirst es in ein paar Minuten gleich selber sehen. Für Telefoninterviews haben wir ein Telefonbüro unten im 1. Stock, und zum Rauchen gehen wir auf ein Innenhöfchen im 3. Stock. Einer von uns, ich sag jetzt nicht wer, zieht sich einen Gehörschutz über, wenn er ungestört arbeiten will. Mittlerweile trägt er ihn auch, wenn er allein hier ist. Ja, ja. Was für einen tollen Job ich hier habe, weisst du ja auch. Für Journalisten ist es ein riesiges Privileg, eine Zeitschrift wie das Folio zu machen, das dir erlaubt, dich immer wieder auf

08/2011


NZZ FOLIO Die Zeitschrift der Neuen Zürcher Zeitung, Dezember 2005

Was macht eigentlich…? Christiane F., Ursula Koch, Mark Spitz, das Ozonloch & Co.

09/2005

100% erneuerbare Energie

Unsere Vision ist eine Welt, die ganz auf saubere Energien setzt. Wir decken 100% unseres Strombedarfs mit erneuerbarer einheimischer Energie und beziehen schon seit 2005 mehr Strom aus Windund Sonnenkraft als jedes andere Unternehmen in der Schweiz.

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etwas Neues einzulassen. So etwas wie Routine hat sich in den zwanzig Jahren bei mir nie eingestellt. Du empfandest das ja mit der Zeit so, als ob du jeden Monat mit deiner Körperwär­ me eine kalte Badewanne erwärmen musstest, und wenn sie endlich warm war, stand die nächste kalte Wanne da. So ge­ sehen, bade ich wahnsinnig gerne kalt. Natürlich gibt es The­ men, die einem ans Herz wachsen, gerade die Langzeitthe­ men, die wir in den letzten Jahren öfter gemacht haben. All die Tage und Nächte, die wir uns im HB Zürich um die Ohren ge­ schlagen haben. Nein, Privates findet man in unserem Grossraum kaum. An die abgeschrägten Wände kannst du ja kein Bild hängen. Und der Kollege, der sich früher den Metzgerkalender an die Büro­ tür nagelte, hat keine Bürotür mehr. Auch meine ausgestopfte Eule auf dem Büchergestell ist nur halb privat, du warst ja da­ bei, als ich die erstand: bei dem Tierpräparator im Triemli, mit dem du einmal ein ‹Menschen & Räume› gemacht hast. Aber sag, wie wohnst eigentlich du in Berlin?»

08/2011

Hallo Zukunft Unser Engagement für Umwelt und Gesellschaft www.swisscom.ch/hallozukunft


Januar bis April

2006

NZZ FOLIO Die Zeitschrift der Neuen Zürcher Zeitung, Januar 2006

NZZ FOLIO Die Zeitschrift der Neuen Zürcher Zeitung, Februar 2006

Statistik

Berater

Die Souffleure der hilflosen Gesellschaft

Zählen und gezählt werden

01/2006

Wer wohnt da? 01/2006

Erbsenzähler

Statistik ist nicht alles, aber ohne Statistik ist alles nichts. Den Einfluss der Statistik auf unser Leben kann man gar nicht überschätzen: Immer mehr Daten werden erhoben und ausge­ wertet. Wie entwickelt sich die Bevölkerung oder der Verkehr? Wie verhalten sich die Finanzmärkte oder das Wetter? Ohne Sta­ tistik würden wir ahnungslos in die Zukunft taumeln. Gleichzeitig ist das Misstrauen gegenüber Statistiken weit verbreitet: «Trau keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast», lautet ein bekannter Spruch. In der Tat kann man mit Statistik vieles beweisen – und oft auch das Gegenteil. Darum sind Skepsis und ein gesunder Menschenver­ stand angebracht, wenn es um die Inter­ pretation von Statistiken geht. Bei Meinungsumfragen etwa bleibt eine banale Tatsache oft unberücksichtigt: Die Befragten lügen oder irren sich. Das haben wir in unserem Heft demonstriert, indem wir selber eine machten. 1883 Personen füllten den Online­Fragebogen aus, 139 (7,4 Prozent) gaben an, das Heft über «Katastro­ phen» besonders gern gelesen zu haben – es stand auf der Auswahlliste, obwohl wir es nie gemacht hatten. 500 (26,5 Prozent) be­ zeichneten sich als regelmässige Leser der Rubrik «Guter Rat» – sie erschien in dieser Ausgabe des Folios zum ersten Mal.

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Wie sich eine Psychologin und ein Innenarchitekt anhand von drei Fotos aus einer Wohnung ein Bild von den Bewohnern machen. Draussen dunkelt es, in den Wohnungen ge­ hen die Lichter an – und die Vorhänge zu. Es macht Spass, doch nur selten gelingt es, einen flüchtigen Blick in fremde Leben zu werfen. Einfacher geht es mit dieser Rubrik. Bei «Wer wohnt da?» werden wir eingelassen, was na­ türlich auch dazu führen kann, dass die Bö­ den blitzen, die Socken, die die Sofalehne zie­ ren, weggeräumt und die Bücher ordentlich eingereiht werden. Manchmal ist die Unord­ nung gewollt, weil sie den Raum definiert wie im Bild unten. Es entstand bei unserem ersten «Wer wohnt da?»­Kandidaten, dem Architek­ turhistoriker Werner Oechslin in Einsiedeln. Die Rubrik funktioniert so: Der Fotograf Heinz Unger macht drei Innenaufnahmen, die der Psychologin Ingrid Feigl und dem In­

nenarchitekten Jörg Boner kommentarlos vorgelegt werden. (Als wir starteten, bestand das Rateteam aus Berthold Rothschild, Jas­ min Grego und später Stefan Zwicky.) Die Ex­ perten setzen sich daheim an ihr Pult und be­ treten im Geiste die Räume, in denen sie nie waren, und fragen sich: Wer mag sich hier wohl inszenieren? Die Psychologin legt die drei Bilder neben­ einander und betrachtet sie «unvoreinge­ nommen». Aus ihrer Erfahrung als Psycho­ analytikerin weiss sie, dass oft auch das be­ deutsam ist, was auf einem Bild fehlt. Hat sie einen ersten Eindruck gewonnen, greift sie gern zur Lupe und schaut sich Details an, die Buchrücken etwa, die Bilder oder die Wein­ etiketten. Manch ein Geniesser wurde so schon entlarvt. Der Innenarchitekt betrachtet zuerst die Hülle: Wo könnte das Gebäude stehen? Auf dem Land, in der Stadt? Aus welcher Zeit stammt es? Wurde umgebaut? Sind die Räu­ me verschlossen oder geöffnet und hell? Er begutachtet einzelne Objekte: Woher stam­ men die Möbel, die Lampen? Er sucht das Be­ sondere: das Blümchensofa, eine alte Truhe, eine Maskensammlung, etwas, das den unbe­ kannten Bewohner zum Leben erweckt. Einmal machte sich der Architekt sogar auf den Weg zum Objekt seiner Vermutung. Zu klingeln wagte er nicht, aber er hoffte, dass drinnen die Lichter angehen würden, damit er einen Blick auf den Bewohner erhaschen könnte oder auch nur auf dessen Silhouette. Gudrun Sachse

08/2011


NZZ FOLIO Die Zeitschrift der Neuen Zürcher Zeitung, März 2006

NZZ FOLIO

Zucker

Alt und Jung

Der süsse Treibstoff

Die Zeitschrift der Neuen Zürcher Zeitung, April 2006

Aus Erfahrung lernen

04/2006

01/2006

Sisyphus, traurig

Es gibt nur wenige Menschen, die aus Ruhm und Öffentlichkeit schadlos hervor­ gehen. Der Skispringer Matti Nykänen, trauriger Held meines ersten «Sportmär­ chens», gehört nicht dazu. Olympiasiege, Goldmedaillen, Rekorde aller Art … Matti war, was man einen Weltstar nennt, und noch schlimmer: ein Volksheld. Bei sol­ chen Aufstiegen, solchen Höhenflügen ist immer klar: Irgendwann muss Ikarus auf die Erde zurück. Fragt sich nur, in welchem Tempo. Matti Nykänen gehörte schon in der Endphase seiner Karriere zu denen, die auf kürzestem Weg abstürzten. Alkoholex­ zesse, körperliche Gewalt, Gefängnis. Und das Schlimmste: Wer so oft so hoch oben war, der muss nicht wie Ikarus bloss ein­ mal, sondern er muss immer wieder auf den Boden zurück. Einer wie Matti wird zum umgekehrten Sisyphus. Er perpetuiert den Absturz und das selbst dann, wenn er am Boden liegt. Insofern müsste selbst der Sisyphus­Philosoph Albert Camus hier konstatieren: Matti muss man sich traurig vorstellen. (Im August 2010 wurde Nykä­ nen wegen körperlicher Gewalt neuerlich zu 16 Monaten Haft verurteilt.) Richard Reich

Was kann man aus den Erfahrungen alter Menschen lernen? «Macht es nicht wie wir, denn ihr lebt in einer Gesellschaft, deren Voraussetzungen sich ständig ändern», lautete die Antwort des Psychoanalytikers Paul Parin (1916–2009). Die Fotografin Suzanne Schwiertz hat ihn und an­ dere Zeuginnen und Zeugen des Jahrhunderts für dieses Heft porträtiert.

08/2011

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Mai bis Juli

2006 05/2006

Weltmeister!

NZZ FOLIO Die Zeitschrift der Neuen Zürcher Zeitung, Mai 2006

NZZ FOLIO Die Zeitschrift der Neuen Zürcher Zeitung, Juni 2006

Fussball-WM Der grösste Kick

NZZ FOLIO Die Zeitschrift der Neuen Zürcher Zeitung, Juli 2006

Die Schotten

Lunch

Entdeckungen im Land der Klischees

Wie wir mittags essen

07/2006

Royal Bank of Scotland

Mit einer stürmischen Expansion wurde eine Provinzbank die Nummer sechs der Welt. Nach der Finanzkrise hängt sie jetzt am Tropf des Staates.

Warum wird Ihre Mannschaft Weltmeister? fragten wir in unserem Heft zur Fussball­WM bekannte Autoren aus den Ländern der Favo­ riten. Der Schriftsteller Luciano De Crescen­ zo aus Neapel gab eine unorthodoxe Antwort – und behielt recht. «Bereits im Mathematikunterricht in der Schule übten die Primzahlen eine besondere Faszination auf mich aus. Ich selber war 13 Jahre alt, und ich spürte bereits damals, dass die Zahlen nicht allein aufgrund ihrer Defini­ tion etwas Besonderes waren, sondern auch wegen der magischen Kraft, die von ihnen ausging. Auf italienisch heissen die Primzah­ len ‹numeri primi› – ‹primi› wie erste. Es mag ein Zufall sein: Mein Geburtsdatum besteht aus drei Primzahlen – 9. 7. 29 –, und auch mein damaliges Alter – 13 – war eine. 1934 und 1938 gewann Italien die Fuss­ ballweltmeisterschaft. Ich lauschte damals den Übertragungen der Spiele am Radio. Der Reporter trieb halb Neapel an den Rand eines Herzinfarkts, indem er das ‹Quasi­Goal› er­ fand – den Schuss, der um Zentimeter den Weg ins Tor verfehlte. Heute darf wieder ge­ rechnet werden. Die Primzahlen waren der italienischen Nationalmannschaft ein echter Glücksbringer: 1934 war ich 5 Jahre alt, 1938 war ich 9, also 3 mal 3, 1982 war ich 53: 5, 3, 53 . . . – alles Primzahlen. Wenn mein Alter also tatsächlich eine Art Kabbala ist, warum sollte es nicht auch diesmal funktionieren? Seit einigen Jahren sind die Taten unserer Mannschaft zwar nicht gerade berauschend. Verzeihen Sie das Wortspiel: Eine Primzahl, ‹un numero primo›, reicht natürlich nicht aus für ein prima Italien. Aber zumindest Glück

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Es war eine wirklich tolle Geschichte, die ich für das NZZ Folio beschreiben durfte: Eine jahrhundertealte schottische Provinzbank, nach wie vor fest auf der Insel verwurzelt, schwingt sich binnen zehn Jahren zur sechst­ grössten Bank der Welt auf. Unter ihrem ehr­ geizigen Verwaltungsratspräsidenten Fred Goodwin kauft die Royal Bank of Scotland (RBS) von New York bis Peking alles, was Wachstum und Rendite verspricht; sie expan­ diert in 140 Länder der Welt und lehrt die kon­ servative Konkurrenz das Fürchten. «Was die Schweizer von den Schotten lernen können» stand im Untertitel meiner Geschichte, die nur einen Fehler hatte: Sie hielt nicht lange. Eineinhalb Jahre später stürzte die Ban­ kenwelt ab, und die Royal Bank of Scotland stürzte besonders tief. Von seiner globalen

Einkaufstour hatte der Deal­Junkie Goodwin nämlich ein Portfolio zusehends fauliger Kre­ dite mit nach Edinburg gebracht, die das schottische Traditionshaus jetzt in den Ab­ grund zu reissen drohten. Nach dem grössten Verlust in der britischen Unternehmensge­ schichte musste die britische Regierung bei der RBS als Retter in der Not einsteigen und Goodwin gehen. Ganz Schotte, hatte sich «Fred, der Reisswolf» – wie Goodwin in An­ spielung auf seine rüden Methoden genannt wurde – zuvor noch schnell eine Pension von 820 000 Pfund pro Jahr gesichert. Bei den bri­ tischen Steuerzahlern, die seiner Bank mit 24 Milliarden Pfund unter die Arme greifen mussten und mit 85 Prozent Staatsanteil RBS quasi zur Staatsbank machten, gilt Goodwin seither als Hassobjekt Nummer eins. Hätte ich Finanzkrise und Bankenabsturz damals voraussehen können? Vermutlich ge­ nauso wenig wie die meisten Ökonomen, Analysten und Finanzminister rund um den Globus. Hätte ich die funkelnde Fassade des RBS­Hauptquartiers am Stadtrand von Edin­ burg kritischer beäugen sollen? Sicher. Harald Willenbrock

sollten wir haben. Ich bin jetzt 77. Das sind 7 mal 11 Jahre. Gleich zwei Primzahlen, die uns erneut zum Titel verhelfen werden!» Unrecht hatte in unserer Umfrage unter anderem der deutsche Schriftsteller und Ma­ ler Robert Gernhardt, der ein Akrostichon­ Sonett schrieb, 14 Verse, deren Anfangsbuch­ staben aneinandergereiht den Titel ergaben: «Wir Weltmeister». Es war wohl sein letzter Text; Robert Gernhardt starb am 30. Juni, we­ nige Tage vor dem Final, in dem Italien Frank­ reich bezwang.

08/2011


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August bis Dezember

2006

NZZ FOLIO Die Zeitschrift der Neuen Zürcher Zeitung, August 2006

Lügen

Retter in der Not

NZZ FOLIO Die Zeitschrift der Neuen Zürcher Zeitung, September 2006

Privatisierung

Staat am Ende? Radikale Experimente rund um den Globus

NZZ FOLIO Die Zeitschrift der Neuen Zürcher Zeitung, Oktober 2006

TV-Serien

Die hohe Kunst des Einseifens

NZZ FOLIO Die Zeitschrift der Neuen Zürcher Zeitung, November 2006

NZZ FOLIO Die Zeitschrift der Neuen Zürcher Zeitung, Dezember 2006

Shopping

Freiheit

Aus Liebe zum Kaufzwang

Wie viel verträgt der Mensch?

08/2006

12/2006

Stumm zu Fuss

Für einmal publizierte das Folio grossformatige Bilderlügen – gemäss dem Thema und als sol­ che deklariert: Karl May bei den Indianern, Bertolt Brecht beim Fussballspielen, Silvio Berlu­ sconi an der Bocca della Verità. Und Christoph Blocher und Moritz Leuenberger im Strassen­ kampf während der Globuskrawalle in Zürich am 1. Juli 1968.

Die Lügenzeitung Ein Jahr nachdem ich die Redaktion von «Weekly World News» besucht hatte, wurde die «einzige zuverlässige Zeitung der Welt», wie sie im Untertitel hiess, eingestellt. Anstel­ le eines Nachrufs hier einige der kreativsten Titel aus der berühmten Lügenzeitung: «Non­ ne will sich von Gott scheiden lassen und ver­ langt das halbe Universum» – «Blinder kann wieder sehen und verlässt seine hässliche Frau» – «Vegetarischer Vampir greift Bäume an» – «Tornado hilft Familie beim Umzug» – «Einbeiniger verklagt Laden, der ihn zwingt, Schuhe im Paar zu kaufen.» – «Adoptions­ agentur verkauft rasierte Affen als Babies» –

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08 /2006

und natürlich die folgenreichste von allen: «Elvis lebt! Der König des Rock’n’Roll täusch­ te seinen Tod vor und lebt in Kalamazoo, Mich.». Mit ihr wurde 1988 die Verschwö­ rungstheorie um den vorgetäuschten Tod von Elvis ins Leben gerufen. Damals rief Louise Welling, eine Hausfrau aus Kala­ mazoo, auf der Redaktion an und behauptete, Elvis in einem «Burger King» gesehen zu haben. Die Meldung ging um die Welt, und bald wurde Elvis überall gesichtet. Das kom­ plette Archiv von «Weekly World News» gibt es unter weeklyworldnews.com/archive. Reto U. Schneider

John Francis, der Mann, der siebzehn Jahre schwieg und zweiundzwanzig Jahre kein motorisiertes Verkehrsmittel benutzte, ist heute 65jährig. 1971, als in San Francisco zwei Öltanker kollidierten und die schwar­ ze Masse den Seevögeln die Schwingen ver­ klebte, hatte der afroamerikanische Hippie beschlossen, sein Leben zu ändern. Erst ging er zu Fuss die dreissig Kilometer an die nächste Party, schliesslich wanderte er Tausende von Kilometern quer durch die USA. Da er ständig in Streit geriet bei der Verteidigung seines Entschlusses, ver­ stummte er eines Tages ganz. Aus dem Protestler wurde ein Pilger, aus der Welter­ fahrung eine Selbsterfahrung, und John Francis, seinen beiden Gelübden getreu, machte seinen Doktor in Umweltwissen­ schaften wie seinen Frieden mit sich und der Welt. Seit das Portrait «Das grosse Schweigen» im Folio erschienen ist, hat sich einiges im Leben von John Francis verändert. Vor vier Jahren ist sein zweiter Sohn auf die Welt ge­ kommen, und er ist mit der Familie nach Madison, Wisconsin, gezogen, wo er einen Lehrauftrag hat am Nelson Institute der University of Wisconsin. Die National Geo­ graphic Society hat dieses Frühjahr sein zweites Buch herausgebracht, «The Ragged Edge of Silence. Finding Peace in a Noisy World», und sein erstes, «The Planetwal­ ker», wieder neu aufgelegt. Was John Fran­ cis vor vierzig Jahren begonnen hat, ist ak­ tueller denn je: Ende dieses Sommers will der Hollywood­Regisseur Tom Shadyac («Bruce Almighty») mit den Dreharbeiten für seinen Film über Johns ungewöhnli­ ches Leben beginnen. Peter Haffner

08/2011


Ambition im Private Banking.

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Januar

2007

NZZ FOLIO Die Zeitschrift der Neuen Zürcher Zeitung, Januar 2007

Schmerz Besuch in der Hölle

01/2007 02/2007

Leserbrief

Das Heft finde ich wieder mal äusserst spannend und gelungen, einzig der Foto­ fehler auf der Titelseite schmerzt. (Die Platte ist gar nicht eingeschaltet.) Lorenz Frauchiger, Bern

01/2007

Vom Fach: Was reden die vom Folio da? «Gib mir noch das Manfrotto aus dem Flying Case!» war meine erste Begegnung mit Fach­ chinesisch. Ich war blutjung, es war mein ers­ ter Einsatz als Roadie im Zürcher Hallensta­ dion. Der Befehl kam von einem tätowierten Muskelprotz, und ich verstand nur Bahnhof. Demonstrativ öffnete er die schwarze Rollkis­ te: «Flying Case!» Dann tippte er auf ein Stativ: «Manfrotto!» Ich notierte mir: Flying Case = Backstage­Rollkiste, Manfrotto = Dreibein­ stativ zur Montage eines Verfolgerscheinwer­ fers. Gebraucht habe ich diese Fachbegriffe nie mehr. Fachbegriffe sind Insignien des Wissens und der Macht. Wer sie kennt, gehört dazu, wer fragend dreinblickt, wenn sie genannt werden, ist disqualifiziert. Fachbegriffe wer­ den auf allen Hierarchiestufen, in jeder Situa­ tion des Geschäftsalltags, in allen Bereichen des Lebens eingesetzt: zur Demonstration, zur Bestätigung, zur Ausgrenzung, zum Selbst­ zweck und ab und zu auch, weil es keinen «normalen» Begriff dafür gibt. Seit meinem Engagement als Roadie be­ gann ich Fachbegriffe zu sammeln. Ich notier­ te sie in Sitzungen, auf Zugfahrten, in Kanti­ nen und Korridoren. Die Rubrik «Vom Fach» schlummerte jahrelang in meiner Schublade, bis sie im Folio erschien und seither von ver­

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schiedenen Autoren umgesetzt wurde. Wir belauschten Internisten, Altphilologen und Marketingleiter, Banker, Rebbauern, Piloten und viele mehr. Wir waren aber auch auf Spiel­ plätzen, bei Drogendealern, an der Viehschau und beim Frauenfussball. Denn auch da ist die Sprache durchsetzt von geheimnisvollen Be­ griffen, geprägt von Insiderjargon. Mittlerweile stammen viele der Dialoge, die wir publizieren, von unseren Leserinnen und Lesern, die in ihrem Beruf oder Hobby vom Fach sind. Für diese Ausgabe haben wir uns in der Grafikabteilung der Folio­Redaktion für einmal selbst belauscht. «Ist gus jetzt eingerichtet?» «Gibt’s denn schon einen Plan?» «Der stimmt ja nie. Was ist der Stand?» «Geplant 24. Aktuell 14. 4 hängig.» «Schaffen die das noch?» «Bis jetzt hab ich nichts anderes gehört.» «Was kommt eigentlich beim Edi rein?» «Das lassen wir noch ein bisschen abhängen.» «Übrigens: res hat noch Übersatz.» «Und was machen wir mit dem Drittel quer?» «Wenn wir nirgends ein Eigen rausschmeissen können, nehmen wir ihn halt auf die Briefe.» «Wann ist eigentlich Lesen?» «Mittwoch, wie immer.»

«Da fehlt aber noch einiges.» «Na dann, sind die Singles denn wenigstens schon am schwarzen Brett?» «Keine Ahnung.» «An den AD denkt wieder mal niemand.» gus: Kürzel für Folio­Redaktorin Gudrun Sachse. Eingerichtet: Artikel im Redaktions­ system gestaltet. Plan: Seitenplan der aktuel­ len Ausgabe, auf dem die Anzahl Artikel, die Längen der Artikel und die Grössen der Bilder eingezeichnet (und laufend verändert) wer­ den. Stand: Anzahl Inserate in der aktuellen Ausgabe. Die: hier Anzeigenverkäufer. Edi: Editorial. Abhängen: Bilder, die bereits vorlie­ gen, deren Verwendung aber noch nicht defi­ nitiv ist, werden aufgehängt; manche werden dabei faulig. res: Kürzel für Folio­Redaktor Reto U. Schneider. Übersatz: zu langer Text. Drittel quer: Inserat, das einen Drittel einer Seite im Querformat belegt. Eigen: Eigeninse­ rat (unbezahlt). Briefe: Leserbriefseite. Lesen: der Tag, an dem alle Redaktoren alle Texte des Heftes noch einmal lesen und letzte Korrektu­ ren anbringen. Singles: Arbeitstitel für das Fo­ lio vom Dezember 2011. Schwarzes Brett: Ab­ lage für Themen und Heftliste auf dem Server. AD: Art Director. Benno Maggi

08/2011


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Februar bis Juni

2007

NZZ FOLIO Die Zeitschrift der Neuen Zürcher Zeitung, Februar 2007

Teheran

Zwischen Mullahs und Moderne

NZZ FOLIO

NZZ FOLIO

Radio

Heiraten

Die Zeitschrift der Neuen Zürcher Zeitung, März 2007

Auf Sendung wie noch nie

Die Zeitschrift der Neuen Zürcher Zeitung, April 2007

Warum tun wir das?

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NZZ FOLIO Die Zeitschrift der Neuen Zürcher Zeitung, Mai 2007

NZZ FOLIO

Das Dorf

Meine erste Million

Die Zeitschrift der Neuen Zürcher Zeitung, Juni 2007

Zum Beispiel Weisslingen ZH

Anleitung zum Reichwerden

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02/2007

Unterwegs in Teheran

Ein einziger Spiessrutenlauf: So erlebte vor neun Jahren Parsua Bashi in Teheran ihren Alltag. Heute sieht sie ihre Stadt ganz anders.

Die Geschichte hatte etwas Beklemmendes: Parsua Bashi, die 2004 nach Zürich übersie­ delte, erzählte darin, was einer jungen berufs­ tätigen Frau während eines ganz normalen Tages in ihrer Heimatstadt Teheran wider­ fuhr. Auf dem Weg zur Arbeit in einem Grafik­ büro, beim Besuch eines Kunden, auf dem Weg nach Hause. Auf Schritt und Tritt wurde die Frau bedrängt, angemacht, beleidigt. Nur an zwei Orten – sie nannte sie ihre erste und zweite «Insel» – kam sie zur Ruhe: in ihrer Wohnung und im Büro. Heute lebt Parsua Bashi wieder in Teheran; das Verhältnis zwi­ schen den Geschlechtern erlebt sie viel ent­ spannter. 2010 erschien ihr Buch «Briefe aus Teheran» bei Kein & Aber.

Teherans neues Gesicht «Die Geschichte ‹Unter Männern›, die im Fo­ lio über Teheran publiziert wurde, hatte ich in einer ausführlicheren Version bereits 2002 für mich aufgeschrieben. Ich lebte damals noch in Teheran, arbeitete als freie Grafikde­ signerin und war Single. Zwei Jahre später zog ich in die Schweiz. ‹Unter Männern› ist die Geschichte des Kampfes einer jungen Frau während eines einzigen Tages in Teheran, des Kampfes ge­ gen die Belästigungen durch Männer, denen sie begegnet: Taxifahrer, Ladenbesitzer, Pas­ santen, Kollegen, Nachbarn. Als die Ge­ schichte 2007 im Folio erschien, erhielt ich

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viele Leserreaktionen, darunter von Iranern, die mir heftig widersprachen. Sie behaupte­ ten, ich übertriebe die Schattenseiten des männlichen Verhaltens gegenüber Frauen und ich schade damit dem Ruf unseres Landes. Ich war anderer Meinung. Schliesslich hatte ich jeden einzelnen der geschilderten Vorfälle selbst erlebt. Nicht nur einmal, son­ dern fast täglich, als ich in meiner Heimat­ stadt lebte und hart arbeitete. Tatsächlich war ‹Unter Männern› nicht eine Geschichte, son­ dern eine Reportage oder eine Dokumenta­ tion in Form einer Geschichte. Heute, neun Jahre nach der Niederschrift, kann ich den Widerspruch meiner Landsleu­ te nachvollziehen. Seit einem Jahr lebe ich wieder in Teheran, und das Verhalten der Leute hat sich komplett geändert. Das Tempo der gesellschaftlichen Veränderungen in Iran (vor allem in den grossen Städten) ist sehr hoch. Das zeigt sich im Verhalten der jünge­ ren Generation, die in der iranischen Gesell­ schaft noch keine Rolle spielte, als ich meine Geschichte schrieb. Das Verhältnis zwischen den Geschlech­ tern ist heute viel natürlicher und zugleich kultivierter. Die Jüngeren haben sich von ih­ ren sexuellen Komplexen befreit und mit vie­ len sozialen Tabus gebrochen; vor allem die jungen Frauen sind sich ihrer Rechte be­ wusst. Und die Jüngeren haben der Welt – und uns Älteren! – ein neues Gesicht des heutigen Teheran gezeigt: Im Juni 2009, nachdem sie sich durch die Präsidentenwahl verraten fühlten, gaben sie ihrem tiefen Wunsch nach Veränderung Ausdruck. Es war faszinierend und zugleich schockierend und herzzerreis­ send.»

06/2007

Raucher impfen

Das Rauchen ist ein vermeidbarer Risiko­ faktor. Darum wird fieberhaft nach Mitteln gesucht, um ausstiegswilligen Rauchern im Kampf gegen ihre Sucht zu helfen. Als heis­ sester Kandidat gilt seit langem die Anti­ Rauch­Impfung. Diese führt im Organis­ mus zur Bildung von Antikörpern gegen Nikotin. Dadurch gelangt der wichtigste Suchtstoff im blauen Dunst nicht mehr ins Gehirn, was die Spirale von Verlangen und belohnendem Kick unterbricht. «In vier Jahren ist der erste Impfstoff auf dem Markt», sagte mir ein Experte 2007. Seither ist es ruhig geworden um die Ni­ kotinimpfung, eine Marktzulassung lässt auf sich warten. «Der wird Millionär», lau­ tete der Titel des Artikels im Folio, der für die Zürcher Biotechfirma Cytos eine glän­ zende Zukunft voraussah. Seither ist ihr Aktienkurs von 170 auf 8 Franken gefallen. Der von Novartis übernommene Wirkstoff ist zwar nicht gestorben, doch heute liegen Produkte wie jenes von Glaxo vorn. Fachleute glauben weiterhin an die Idee der Nikotin­Impfung. Dennoch ist eine ge­ wisse Ernüchterung über ihre Wirksamkeit zu spüren. Sie sei kein Ersatz für den Willen des Rauchers, aufzuhören. Die Sucht ein­ fach wegimpfen – dieser Traum ist ge­ storben. Alan Niederer

08/2011


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Juli bis Dezember

2007

Die Zeitschrift der Neuen Zürcher Zeitung, Juli 2007

Die Zeitschrift der Neuen Zürcher Zeitung, August 2007

Tiefsee

Rätselhaftes Reich der Finsternis

Die Zeitschrift der Neuen Zürcher Zeitung, September 2007

13-jährig

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Sicherheit

Ein halbes Jahr unterwegs mit fünf Teenagern

Die steile Karriere einer Illusion

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08/2007

17jährig Ein halbes Jahr begleiteten drei Journalisten und zwei Fotografen fünf Dreizehnjährige. Sie drückten mit ihnen die Schulbank und erfuhren von ihren Träumen. Was ist daraus geworden?

2007 und 2011. Fünf Protagonisten, drei Reporter, zwei Fotografen: vorne (v. l. n. r.) Anika Islam, Anja Nikolic, Jonas Blum, Marc Mischler, Cayu Hasler, hinten Gudrun Sachse (Text), Monika Estermann (Bild), Reto U. Schneider (Text), Giorgio von Arb (Bild), Brigitte Hürlimann (Text). Im Sommer 2006 nahm das Folio sein erstes Langzeitprojekt in Angriff. In einer grossen Reportage wollten wir das Niemandsland erkunden, das 13jährige bevölkern: nicht mehr Kind, noch nicht erwachsen. Das Projekt war von vielerlei Ungewissheiten geprägt: Welche Jugendlichen sollten wir auswählen? Wie konnten wir sie begleiten, ohne zu stören? Wie komponiert man aus Texten von drei Autoren eine Geschichte? Auf der anderen Seite bestand das Risiko, dass sich die Leser nicht auf diese Geschichte einlassen würden. Schliesslich hatten sie nicht wie üblich mehrere Artikel zur Auswahl, sondern nur einen einzigen von 46 Seiten Länge! Fast schon ein Buch. Doch die Reaktionen waren über­ schwänglich. Auf kein Heft hatten wir je so viele positive Briefe bekom­ men. Deshalb haben wir in den Jahren darauf immer wieder ähnliche Grossprojekte unternommen. Als wir unsere Schützlinge vier Jahre später für dieses Foto wieder­ trafen, überkam uns fast ein wenig elterlicher Stolz: Cayu Hasler wollte PC­Spiele entwickeln, Modedesigner werden oder Autos tunen. Heute macht er eine Lehre als Elektroinstallateur. Danach möchte er sich weiterbilden, vielleicht die Berufsmittelschule machen und studieren. Breakdance und BMX­Fahren hat er aufgege­ ben, heute macht er Krafttraining. Im Moment hat er keine feste Freun­ din, aber eine Frau im Auge, die er gern näher kennenlernen möchte. Marc Mischler wollte Profi­Fussballgoalie werden. Heute verfolgt er die Karriere eines Profi­Schiedsrichters. Er sorgt auf den Fussballplät­

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zen für Ordnung und verdient sich so ein Zubrot zu seinem KV­Lehr­ lings­Lohn. Seinem Berufswunsch ist er treu geblieben: Nach Abschluss der KV­Lehre möchte er Polizist werden und zur Abwechslung eine Zeitlang als Tram­ oder Buschauffeur arbeiten. Jonas Blum wollte ins Gymnasium, hat die Prüfung aber nicht ge­ schafft. Er macht das KV im Grundbuch­ und Konkursamt. Nach der Lehre möchte er die Berufsmatur nachholen und vielleicht an einer Fachhochschule studieren. Seit kurzem ist er politisch tätig. Er macht bei einer Arbeitsgruppe für Junge der Grünliberalen mit. Im Judo trägt er heute den braunen Gurt und trainiert regelmässig Jiu­Jitsu. Anja Nikolic ist weder Model noch Eiskunstläuferin geworden, son­ dern befindet sich heute im 2. Lehrjahr zur Pharmaassistentin. Mit dem Schlittschuhlaufen hörte sie kurz nach der Reportage auf. Seit zwei Jah­ ren hat sie einen festen Freund. Sie hat vier Piercings, das Tattoo verbie­ tet ihr die Mutter noch. Anika Islam möchte noch immer Herzchirurgin werden. Da sie die Prüfung ans Gymi nicht schaffte, besucht sie die Fachmittelschule, um später studieren zu können. Wenn sie mit dem Studium fertig ist, möch­ te sie drei Jahre arbeiten und dann opulent und traditionell in Bangla­ desh heiraten. Ihre Mutter war kurzzeitig mit dreien ihrer Geschwister ausgezogen. Heute leben sie zu fünft wieder glücklich in noch immer derselben Wohnung. 13 zu sein gefiel ihr besser, da sie damals noch sagen konnte: Sorry, ich bin halt noch jung.

08/2011


Die Zeitschrift der Neuen Zürcher Zeitung, Oktober 2007

Die Zeitschrift der Neuen Zürcher Zeitung, November 2007

Auto der Zukunft

Schuhe

Eine Branche bewegt sich

Worauf wir stehen und gehen

Beim Coiffeur

10/2007

Kaum jemand kennt seine Landsleute besser als ein Coiffeur. In Kathmandu, Nepal, zum Beispiel lieben die Menschen Frisuren aus koreanischen Liebesfilmen. In Banjul, Gambia, schlafen die Frauen mit hochgestecktem Haar, in Buenos Aires, Argentinien, umarmt man abends eine Frau, in Lima, Per´u, geht ein Mann nicht mit zer­ zaustem Haar vor die Tür, und in Ägypten sind die Frauen dickköpfig.

Schusters Rappen Schuhe sind Sex, wie die des Designers Chris­ tian Louboutin, den wir für dieses Heft in Paris trafen. Schuhe entscheiden über Sieg und Nie­ derlage, erklärt der Schuhwissenschafter Petr

Die Zeitschrift der Neuen Zürcher Zeitung, Dezember 2007

11/2007

Aus Spass am Denken

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Nur für Hirnakrobaten

12/2007

Eigentlich nahmen wir Kontakt zu ihm auf, weil wir ihn als Berater für unser Rätsel­Heft gewinnen wollten. Aber schnell war klar, dass wir den geheimnisumwitterten Rätselmeister CUS aus München an Bord haben wollten: Er tüftelte für das Folio «Das schwierigste Rätsel der Schweiz» aus – bescheidener macht er’s nicht –, das wir ins Zentrum des Hefts stellten. Dem Gewinner winkte ein halbes Kilo Gold – aber das wollte verdient sein. Zum Beispiel mit der richtigen Antwort auf eine Frage wie diese: «9001 St. Gallen: Ich bin ein bekanntes Schweizer Produkt. Sie ken­ nen mich. Mein ‹Körper› stammt aus St. Gallen, mein ‹Geist› aus Zürich. Meinen Namen können Sie jetzt gerade ein­ bis zweimal auf meiner Vorderseite lesen, vielleicht zusammen mit einem Lehrling, der schrei­ ben kann. Nur Schreiber Schneider liegt ziemlich daneben. Wie heisse ich?» (Die Antwort, bei der einem das genaue Studium des Titelblatts auf die Sprünge half: Folio.) Das Rätsel war ein Grosser­ folg – und inzwischen ist es be­ reits Tradition: Im kommenden Dezember findet «Das schwie­ rigste Rätsel der Schweiz» zum vierten Mal statt (es ist auch un­ ter dem Namen «Tour de Suisse» bekannt, da sich die Fragen im­ mer auf die Schweiz beziehen). Und weil wir Jubiläum feiern, fangen wir mit dem Rätsel aus­ nahmsweise schon jetzt ein bisschen an.

Hlav´acek in Erinnerung an die zu schweren Stiefel der amerikanischen Soldaten im Viet­ namkrieg. Schuhe sind Handwerk, wie das von Ibo Bektas, dem damals letzten Lehrling

bei Kandahar. Was aus ihm wurde? 2008 schloss er seine Lehre ab. Das Schuhgeschäft, das der Schuhtechnologe neben seiner Arbeit bei Kandahar eröffnete, ging dieses Jahr ein.

Für das Heft «Schuhe» setzte der Fotograf Jost Wildbolz Menschen mit ihrem liebsten Kleidungsstück in Szene. Ganz links: Ibo Bektas.

08/2011

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Januar bis Juli

2008

Die Zeitschrift der Neuen Zürcher Zeitung, Januar 2008

Jung und jüdisch Jetzt mal Tacheles!

Die Zeitschrift der Neuen Zürcher Zeitung, Februar 2008

Steuern

Wie der Staat uns zur Kasse bittet

Das Schweizer Steuergebirge

Unsere nach der Höhe der Steuern modellierte Karte zeigte das Gebirgsland Schweiz einmal anders. Wer 2008 in Freienbach wohnte, ver­ heiratet war und keine Kinder hatte, musste bei

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einem Einkommen von 150 000 Fr. 6458 Fr. Steuern zahlen. In Le Châtelard waren es 30 218 Fr. – fast das Fünffache. Dramatische Änderun­ gen haben sich seither nicht ergeben. Heute

02/2008

lebt es sich in Zug am günstigsten: In Walchwil zahlt man 6705 Fr. bei 150 000 Fr. Einkommen. Am teuersten ist es in Val­de­Travers, wo man 26 970 Fr. abliefern muss.

08/2011


Die Zeitschrift der Neuen Zürcher Zeitung, März 2008

Die Zeitschrift der Neuen Zürcher Zeitung, April 2008

Volksvertreter

Die Sinne

Die ersten hundert Tage von fünf Neugewählten

Die Zeitschrift der Neuen Zürcher Zeitung, Mai 2008

Die Zeitschrift der Neuen Zürcher Zeitung, Juni 2008

Perlen aus dem Internet

Unser Draht zur Welt

Wichtige Sites, nützliche Tricks

Im Dienst des Volks 2

3

Am 21. Oktober 2007 waren Nationalratswah­ len. Wir begleiteten fünf Neulinge während ihrer ersten hundert Tage im Amt. Wie würde es ihnen im nationalen Politikbetrieb in Bern, im Haifischbecken des Nationalrats, erge­ hen? Inzwischen sind sie gestandene Politi­ ker, die im Herbst 2011 wahrscheinlich alle wiedergewählt werden. Wir haben sie gefragt, was ihnen gelungen und misslungen ist und welche Ziele sie sich setzen: 1. Pius Segmüller (CVP). «Ich konnte im Be­ reich Sicherheit mithelfen, dass die Bürgerli­ chen in der Sicherheitspolitik wieder zu einer einheitlichen Stossrichtung fanden. Dank meiner Kommissionsmotion kam die Tiger­ Teilersatz­Diskussion erneut in die Räte, wichtig waren auch Vorstösse für eine Ver­ grösserung der Polizeibestände. Mich stört die enorme Hektik im Ratsbetrieb. Mein nächstes Ziel: meine Wiederwahl.» 2. Brigit Wyss (Grüne). «Ich habe versucht, themaspezifisch über Parteigrenzen hinweg nach Lösungen zu suchen. Enttäuschungen gab es mehrere; sehr nachdenklich gestimmt haben mich der Umgang mit der Finanzkrise und der fehlende Wille, etwas gegen die sich öffnende Lohnschere zu unternehmen. Mein nächstes Ziel ist es, mehr Bewusstsein zu schaffen im Umgang mit Energie und damit den Atomausstieg zu beschleunigen.»

08/2011

4

Dubai

Grössenwahn am Golf

03/2008

Zwei Nationalrätinnen und drei Nationalräte stehen vor ihrer zweiten Amtszeit. Was haben sie geleistet? Was nehmen sie sich vor? 1

Die Zeitschrift der Neuen Zürcher Zeitung, Juli 2008

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3. Andrea Geissbühler (SVP). «Ich habe mich mit Erfolg gegen die Hanf­ und die Waf­ feninitiative gewehrt und für die Minarett­ und die Ausschaffungsinitiative eingesetzt. Enttäuscht bin darüber, wie Volksentscheide im Parlament verwässert werden. Ich möchte mich nochmals vier Jahre als Volksvertreterin für eine neutrale, sichere Schweiz einsetzen.» 4. Daniel Jositsch (SP). «Ich habe die Parla­ mentariergruppe geleitet, die die Raserinitia­ tive ins Leben gerufen hat; es war mir wichtig, für mehr öffentliche Sicherheit zu arbeiten und dazu aktuelle Probleme aufzugreifen. Eine ganz grosse Enttäuschung habe ich nicht erlebt, eher viele kleine. Die parlamentari­ sche Arbeit erfordert viel Geduld … Ich möch­ te im Rechts­ und im Bildungsbereich weiter­ arbeiten. Aber auch beim Thema umweltver­ trägliches Wirtschaften oder Tierschutz.» 5. Christian Wasserfallen (FDP). «Wie ich es mir vorgenommen hatte, konnte ich bei Ener­ gie und Bildung einige Akzente setzen, so im neuen Hochschulförderungs­, im CO2­ und im Raumplanungsgesetz. Ausserdem gehörte ich zum engeren Team, das Johann Schnei­ der­Ammann zur Wahl in den Bundesrat ver­ half. Meine grösste Enttäuschung war die so­ genannte energiepolitische Wende von Bun­ desrätin Doris Leuthard. Mein nächstes Ziel: Ich will in den Ständerat.»

Metropolis

07/2008

Auf dem Höhepunkt des Booms erschien das Folio über Dubai. Ich war von 2007 bis 2009 Kulturdirektor in Dubai und einer der Autoren. Auch mir stellen sich die Dinge heute etwas anders dar. Dubai in Zeiten der Krise, das sind still­ gelegte Baustellen und Nachrichten über bedrohliche Schuldenberge, das sind ara­ bische und indische Lohnarbeiter, die zu Zigtausenden ihren Job verloren haben. Aber noch ist Dubai nicht verloren. Burj Khalifa, der höchste Turm der Welt, sticht wie eine glühende Nadel in den Himmel und sendet weiterhin den Traum von der futuristischen Metropolis in alle Welt. Die Touristen haben ihr Interesse an dem pseu­ dopersischen Schick der Hotelpaläste nicht verloren. Es ist nur alles etwas günstiger ge­ worden und das Leben ruhiger. Muslime und Christen, Weisse und Schwarze, Reiche und Arme kommen in Dubai besser miteinander aus als sonst ir­ gendwo in der Region. Als im Frühjahr zwi­ schen Tunis, Kairo und Sanaa der Protest entflammte, zeigten die Menschen in Du­ bai Sympathie. Dass der mächtige Nachbar Abu Dhabi Soldaten nach Bahrain ent­ sandte, haben viele nicht gutgeheissen. Aber in Dubai demonstrierte niemand. Die Emiratis wissen, dass sie mit geringen poli­ tischen Rechten Dinge erreicht haben, die in der übrigen arabischen Welt undenkbar sind: Wohlstand, Toleranz und Frieden. Die Krise ist eine Zeit der Reife, die sich auch in der Kunst manifestiert. Zum Bei­ spiel im Film «City of Light». Er erzählt von der Jugend Dubais, von Wohlstand ver­ wöhnt, zerrissen zwischen Popkultur und beduinischen Traditionen. Der Film eröff­ nete das Filmfestival 2009. Nur ein Herr­ scher wie Scheich Mohammed konnte die­ sen Tabubruch zulassen. Michael Schindhelm

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August bis Dezember

2008

Die Zeitschrift der Neuen Zürcher Zeitung, August 2008

Was wäre, wenn…

…Chinesen die Schweiz erobert hätten? Die Neandertaler noch lebten? ! lio Männer Röcke trügen? – Wie die Welt auch aussehen könnte. Z Fo NZ S.3 im erb xt Te tbew Ihr Wet

Die Zeitschrift der Neuen Zürcher Zeitung, September 2008

Traumreisen 11 Wege zum Glück

Nie

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Die Zeitschrift der Neuen Zürcher Zeitung, Oktober 2008

Gratis

Geschäftsmodell der Zukunft?

Nie

Die Zeitschrift der Neuen Zürcher Zeitung, November 2008

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Die Zeitschrift der Neuen Zürcher Zeitung, Dezember 2008

Image

Geschwister

Die Sache mit dem schönen Schein

Rivalen, Verbündete, Weggefährten

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08/2008

Was wäre, wenn … Hitler nicht gewählt worden wäre? Bill Gates Microsoft nicht gegründet hätte? Lady Di noch lebte? Die Schweiz die EU gegründet hätte? Die Neandertaler überlebt hätten? 32 Beispiele alternativer Geschichtsschreibung versammelt dieses Heft, das von Sibylle Heusser und Marcus Moser illustriert wurde.

10/2008

Am liebsten gratis – oder etwa nicht?

Vor der Finanzkrise galt «Gratis» als Geschäftsmodell der Zukunft. Heute ist die Free­Euphorie abgeklungen. Wenn im Internet das Wörtchen «Free» lockt, kann niemand widerstehen. Das war 1996, zur Geburtsstunde des E­Mail­Dienstes Hotmail, noch unerhört, heute ist Verschenken zum Standard geworden. Wer online geht, be­ kommt Gigabytes an Speicherplatz samt Rechnerleistung geschenkt, um Bilder zu ar­ chivieren, Musik zu hören oder eine Video­ konferenz zu starten. Gratis ist nicht nur ein alter Trick, um Kun­ den zu fangen, sondern die Basis eines neuen Geschäftsmodells für digitale Güter. Das hat

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niemand so lautstark propagiert wie der «Wired»­Chefredaktor Chris Anderson in sei­ nem Buch «Free!» (2008). Simple Verhaltens­ psychologie treibt Menschen zu einem fast endlosen Reigen an Gratisangeboten, argu­ mentiert er. Sie rechnen sich dank digitaler Vervielfältigung und gegen null tendierenden Kosten für ihren Vertrieb. So können kleine Fir­ men wie Evernote oder etablierte Unterneh­ men wie Apple mit dem neuem iCloud­Dienst Software und Speicherplatz verschenken, weil sie an Extras oder Hardware verdienen.

Experten streiten sich indes heftig, ob das Prinzip «Gratis» wirklich die Grundsätze des Wirtschaftens und des gesunden Menschen­ verstandes ausgehebelt hat. Die Machtbalan­ ce zwischen Verbraucher und Unternehmen mag sich verschoben haben, aber Bits oder Atome, die solide Hand­ und Kopfarbeit erfor­ dern, haben weiterhin ihren Preis – oder wie­ der, wie die jüngst eingeführten Online­ gebühren von der «New York Times» bis zur Londoner «Times» belegen. Steffan Heuer

08/2011


ZUHAUSE IM BAD

Badmöbel so individuell wie Sie. Auch das unterscheidet talsee.

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Januar bis März

2009

Die Zeitschrift der Neuen Zürcher Zeitung, Januar 2009

Die Zeitschrift der Neuen Zürcher Zeitung, Februar 2009

Die Zeitschrift der Neuen Zürcher Zeitung, März 2009

Die Finanzkrise

Parallelwelten

Entscheidungen

Erklärungen für Leute, die sich nicht für Wirtschaft interessieren

Niemand lebt nur ein Leben

Die Tyrannei der freien Wahl

Nach der Krise ist vor der Krise

01/2009

Käme es im nächsten Jahr zu einem zweiten Fall UBS, müssten die Steuerzahler erneut einspringen. Die Folgen der Finanzkrise werden die Fi­ nanzwelt noch über Jahre hinweg beschäfti­ gen. In der Schweiz gilt es ein konkret gewor­ denes Problem zu lösen, das sich zuvor nur in wissenschaftlichen Abhandlungen gestellt hatte: Was soll geschehen, wenn Banken im Verhältnis zur gesamten Wirtschaft so gross sind, dass der Staat sie im Krisenfall retten muss, um eine Destabilisierung des ganzen Finanzsystems zu verhindern?

Beim Ausbruch der Finanzkrise übertraf die kumulierte Bilanzsumme der beiden Grossbanken UBS und Credit Suisse das Schweizer Bruttoinlandprodukt um das 4,5fache und die Einnahmen des Bundes um das 40fache. Faktisch blieb der Eidge­ nossenschaft nichts anderes übrig, als die krisengeschüttelte UBS zu retten, um noch grösseren Schaden abzuwenden. Für die Fehler der Banker mussten die Steuerzah­ ler geradestehen. Der Konkurs als unaus­ weichliche Sanktion für unternehmeri­ sches Scheitern blieb aus. Damit sich solches nicht wiederholt, müs­ sen UBS und Credit Suisse ihre Kapitaldecke stärken und ihre interne Organisation so an­ passen, dass im schlimmsten aller Fälle sy­ stemrelevante Funktionen wie der Zahlungs­ verkehr oder die Kontoadministration ausge­ lagert und weitergeführt werden können. Diese Massnahmen werden allerdings erst Ende des Jahrzehnts voll greifen. Oder anders ausgedrückt: Käme es im nächsten Jahr zu ei­ ner neuen Krise und zu einem neuen Fall UBS, stünden die Steuerzahler, entgegen allen Be­ teuerungen, erneut in der Pflicht. Ermes Gallarotti

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Salär und bonus von Credit Suisse und UbS pro Mitarbeiter und Jahr in tausend Franken

Neuemissionen strukturierte Produkte in der Schweiz in tausend Stück

Anfragen an den Schweizer bankenombudsmann Anzahl pro Monat Salär und Bonus Banken können es sich gerade in schwierigen Zeiten nicht leisten, Arbeitskräfte zu verlieren. Die Vergütungen der UBS-Mitarbeiter haben sich in den beiden letzten Jahren dem Niveau der Credit Suisse genähert. Strukturierte Produkte Das Börsenumfeld und neue Handelsplattformen an der Schweizer Börse haben das Geschäft mit strukturierten Produkten angetrieben. Die Finanzkrise hat diese Entwicklung nur vorübergehend gebremst. Bankenombudsmann Nach einem starken Ausschlag 2008 haben sich die Anfragen beim Bankenombudsmann wieder normalisiert.

08/2011


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ikone

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April bis Juni

2009 Mr. Doom

Die Zeitschrift der Neuen Zürcher Zeitung, April 2009

Die Zeitschrift der Neuen Zürcher Zeitung, Mai 2009

Die Zeitschrift der Neuen Zürcher Zeitung, Juni 2009

Gold

Do it yourself

Am Schwarzen Meer

Verführerisch. Unverwüstlich. Mörderisch.

Vom Glück des Heimwerkens

Wo Europa anfängt und aufhört

Nie

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04/2009 06/2009

Fünf Ringe für Sotschi Russlands beliebtester Kurort rüstet auf. 2014 finden in Sotschi die Olympischen Winterspiele statt. Leidtragende ist die Natur.

Marc Faber, im März 2009 sagten Sie, wir sollten die Goldvreneli behalten, obwohl der Goldkurs sehr hoch war. Gilt das noch? Jeder Anleger sollte weiterhin Gold akku­ mulieren. Je nach Vermögensverhältnissen und Einnahmen würde ich 15 bis 30 Prozent in Gold investieren. Unser letztes Gespräch stand unter dem Eindruck der Finanzkrise, die von den USA ausging. Gibt es eine neue Krise? Die westliche Welt leidet unter einer ge­ waltigen Verschuldung und künftigen staatlichen Verpflichtungen (Gesundheits­ wesen, Sozialversicherungen usw.), die gar nicht erfüllt werden können. Es wird wieder zu einer Krise kommen, die zu einem Zu­ sammenbruch des Finanzsystems führen wird. Da werden Anleger mit Aktien besser fahren als mit Staatsobligationen und Bar­ geld. Gold wird sich wahrscheinlich zumin­ dest relativ am besten halten. Sie sagen gern, Papiergeld sei Konfetti … Alle Papierwährungen werden im Endstadium auf ihren intrinsischen Wert zurückfallen, der sich bei den Druckkosten der Banknoten befindet – also rund null. 2009 hatten Sie eine schlechte Nachricht in Sachen Gold: Die USA könnten ihren Bürgern das Gold wegnehmen – wie schon 1933 –, um ihre Schulden zu bezahlen. Mit dieser Möglichkeit müssen Anleger nicht nur in den USA, sondern auch in an­ deren westlichen Ländern rechnen. Ich würde deshalb Gold in Singapur, Hong­ kong und Australien halten. Daniel Weber

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Seit sich Europa 2007 mit der Aufnahme Bul­ gariens und Rumäniens in die EU am Schwar­ zen Meer positionierte, seit der Türkei eine Beitrittsperspektive eröffnet wurde und auch Georgien und die Ukraine in die EU streben, ist diese ferne Region in unsere Nähe gerückt. Noch näher rückt sie uns am 7. Februar 2014. Dann beginnen in Sotschi, der südlichsten Stadt Russlands, die Olympischen Winter­ spiele. Bei unserem Besuch dort vor zwei Jah­ ren wurden mit der Wahl eines putintreuen Bürgermeisters die Weichen für das Gross­ projekt gestellt. Was hat sich seither getan?

Effizient, still und rücksichtslos Helikopter fliegen Zement und Pylonen den Kaukasus hoch. Raupenfahrzeuge und Sattel­ schlepper bereiten die Grundlage für Bobpis­ te, Eissporthalle und olympisches Dorf. Die Skipiste wird atemberaubende vier Kilometer

lang sein. Das grösste Bauprojekt ist eine acht Milliarden Dollar teure Auto­ und Eisen­ bahnstrecke entlang der schmalen Küste. Die rostigen Molen, der Anglerclub von Sotschi, das dottergelbe Vereinsheim der Ruderer werden abgerissen. Nirgendwo in Russland ist die biologische Vielfalt grösser. Zehn Wissenschafter hatten zwei Wochen Zeit, um ein Umweltverträglich­ keitsgutachten zu erstellen. Das Ergebnis? Un­ interessant. Der WWF und andere (westliche) Nichtregierungsorganisationen mahnen na­ türlich. Doch Dimitri Kozak, von Putin ein­ gesetzter Minister für Olympia – die beiden kennen sich noch aus ihrer Zeit bei der St. Pe­ tersburger Stadtverwaltung –, managt das Vorzeigeprojekt auf effiziente und stille Weise. Nicht alles scheint zu klappen. Eigentlich sollte vor der Küste eine künstliche Insel in der Form Russlands für sechs Milliarden Dol­ lar entstehen. Im Internet gibt es dazu noch schöne Bilder. Der holländische Stararchitekt ist insolvent, die beauftragte Baufirma meint, sie habe damit nichts zu tun, und auch die of­ fiziellen Stellen in Sotschi melden: unbe­ kannte E­Mail­Adresse. Niederlagen werden eben auch still und effizient beerdigt. Lorenz Schröter

08/2011


20 Jahre «NZZ Folio»

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Das «NZZ Folio» im Museum: Ausstellung aller Titelbilder im Museum für Gestaltung in Zürich, vom 9. August bis zum 4. September 2011.

Das «NZZ Folio» ist 20 Jahre alt. Reisen Sie durch die Zeit, und entdecken Sie die Zeitschrift neu. Bis auf wenige Ausgaben können alle Hefte zu 12 Franken online unter www.nzzfolio.ch/entdecken bestellt werden. Verpassen Sie zukünftig keine Ausgabe mehr und bestellen Sie das Magazin für 94 Franken im Jahr oder für 20 Franken zum Kennenlernen unter www.nzzfolio.ch /abo


Juli bis Dezember

2009 Abfallmeer

Abfall

Bitte nicht wegwerfen!

Die Zeitschrift der Neuen Zürcher Zeitung, August 2009

Die Zeitschrift der Neuen Zürcher Zeitung, September 2009

Flug LX14

Der Lehrlingsreport

Eine Reise von Zürich nach New York

Probieren geht über Studieren

07/2009

Auf einem Segeltörn im Pazifik entdeckte Captain Charles Moore 1997 die grösste Mülldeponie der Welt. Auf einer Fläche viermal so gross wie Deutschland sammeln sich in den Rossbreiten Plasticabfälle von den Küsten Japans, Chinas, Mexikos, Nord­ amerikas und Kanadas. Im von den Mee­ resströmungen angetriebenen Wirbel des «Great Pacific Garbage Patch» findet sich vom Feuerzeug bis zum Fischernetz fast al­ les, was aus Plastic hergestellt und biolo­ gisch nicht abbaubar ist. Wasser, Wind und Wetter zerkrümeln den Kunststoff zu im­ mer kleineren, zum Teil giftigen Partikeln, die von Meerestieren gefressen werden und schliesslich in unserer Nahrung landen. Mit seiner Algalita Marine Research Foundation erforscht Captain Moore auch heute noch Ausmasse und Folgen dieser Verschmutzung. Der Unternehmer und Taucher Richard Sundance Owen widmet sich mit seiner 2008 gegründeten Environ­ mental Cleanup Coalition der Frage, wie sie beseitigt werden könnte. Das Project Kai­ sei, ebenfalls ein amerikanisches Unter­ nehmen, hat 2009/2010 auf zwei Expeditio­ nen neues Datenmaterial gesammelt, und der Abenteurer und Dynastie­Erbe David de Rothschild hat 2010 mit seinem aus 12 500 rezyklierten Plasticflaschen herge­ stellten Katamaran «Plastiki» in einer Pazi­ fiküberquerung die Welt aufzurütteln ver­ sucht. Doch noch immer ist keines der Län­ der, aus denen die Millionen von Tonnen Plasticmüll stammen, bereit, die Verant­ wortung dafür zu übernehmen. Peter Haffner

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Die Zeitschrift der Neuen Zürcher Zeitung, Juli 2009

Für den Flug LX 14 vom 12. Mai 2009 begannen die Vorbereitungen fast ein ganzes Jahr vorher. So lange war auch die Folio­Crew dabei, die mit diesem Langzeitprojekt die Hintergründe eines gewöhnlichen Flugs von Zürich nach New York dokumentierte. Das Bild zeigt Kapitän Luciano Covolan (links) und Co­Pilot Marc Schroeder im Cockpit des Airbus A 330­300 kurz vor der Landung in New York. Unser Fotograf an Bord war Daniel auf der Mauer.

08/2011


Die Zeitschrift der Neuen Zürcher Zeitung, Oktober 2009

Die Zeitung Das Neuste von der Front

Die Zeitschrift der Neuen Zürcher Zeitung, November 2009

Die Zeitschrift der Neuen Zürcher Zeitung, Dezember 2009

Family Business

Guten Appetit!

Was Familien besser machen, woran sie scheitern

Ketchup, Icetea, Chips & Co.

11/2009

Brrrmm! 08/2009

08/2011

Ein rasender Sohn hält seine Familie in Be­ wegung. 2009 träumt der 15jährige Jasha Huber aus Algetshausen vom Aufstieg in die Motorrad­WM. Der Vater schraubt am Töff, die Mutter fasst mit an, wo immer sie gebraucht wird, die Schwester schiesst die Fotos fürs Familienalbum. Jasha kämpft in der Internationalen Deutschen Meister­ schaft (IDM) um den Anschluss, weil im el­ terlichen Budget das Geld für ein paar zu­ sätzliche PS fehlt. 2011 ist Jashas Stimme um eine Oktave gesunken, aus dem Buben ist ein Jugendli­ cher geworden. «Ich mache Pause», sagt er. Nach den Sommerferien beginnt er eine Lehre als Apparatebauer, und weil er gut in diese Zukunft starten will, verzichtet er auf Töffrennen. Aber in den Ferien wird er mit den Eltern an Rennstrecken fahren und mit dem Vater um die Wette blochen. Später soll die Karriere weitergehen. Im nächsten Jahr will Jasha in der IDM wieder angreifen. Allerdings will er dann mehr Power unter dem Hintern haben: Jasha Huber plant den Einstieg in den Yamaha­ R6­Cup. Dieser gilt als älteste und erfolg­ reichste Nachwuchsserie im Motorrad­ sport. Alle Fahrer haben einheitliche Ma­ schinen mit 600­cm­Motoren, Tuning ist verboten. Die Familie ist bereit, auch dieses Abenteuer mit vereinten Kräften anzuge­ hen. «Solange Jasha will und das Nötige da­ für tut, sind wir dabei», sagt der Vater Chris­ tian Huber. Nur ob Wendy auch 2012 an den Rennstrecken stehen wird, ist fraglich. Sie ist inzwischen eine junge Frau und hat ei­ nen Freund. Der rasende Bruder ist nicht mehr der einzige Held in ihrem Leben. Remo Geisser

50 Jahre Stiftung Cerebral. Dank Ihrer Unterstützung. <wm>10CAsNsjY0MDAx1TU0sjAwNAYAok8p7w8AAAA=</wm>

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Helfen verbindet

Schweizerische Stiftung für das cerebral gelähmte Kind Erlachstrasse 14, Postfach 8262, 3001 Bern, Telefon 031 308 15 15, Postkonto 80-48-4, www.cerebral.ch


Januar bis April

2010 03/2010

Die Zeitschrift der Neuen Zürcher Zeitung, Januar 2010

Die Zeitschrift der Neuen Zürcher Zeitung, Februar 2010

Der Tod

Das Ehrenamt

Geschichten aus dem Diesseits

Danke vielmals!

Die Zeitschrift der Neuen Zürcher Zeitung, März 2010

Alles öko!

Vom Biogemüse aus China bis zum Weltkonzern Greenpeace

Die Zeitschrift der Neuen Zürcher Zeitung, April 2010

Theater

Wir waren mal wieder dort

Theater ums Theater

04/2010

Öko? Nein danke!

Der Fukushima­Effekt auf das Elektrizitäts­ werk der Stadt Zürich (EWZ) ist bescheiden ausgefallen. Als die Atomkatastrophe ab dem 11. März ihren Lauf nahm, wollten täg­ lich bis zu 30 Konsumenten auf Ökostrom wechseln. Ein paar Wochen danach fielen die Bestellungen wieder auf das übliche Masszurück:40bis50proMonat.Ökostrom macht 6 Prozent des Verbrauchs der Zür­ cher Privatkunden aus. 18 Prozent bezie­ hen ihren Strom aus AKW, die Mehrheit, 75 Prozent, aus Wasserkraftwerken. Neu hat sich das EWZ an einem Wind­ park in Norwegen und einem solarthermi­ schen Kraftwerk in Spanien beteiligt. Ein Import dieses Stroms in die Schweiz ist in den nächsten Jahren nicht geplant, er wird ins lokale Netz eingespeist. Das EWZ inves­ tiert auch bei uns, auf dem Mollendruz im Waadtländer Jura etwa, wo in zwei Jahren zwölf Windturbinen in Betrieb gehen sollen. Mit dem Aufpreis für Ökostrom, 4 Rap­ pen pro Kilowattstunde, zahlen die Konsu­ menten an diese Investitionen. Ebenso wichtig für die Finanzierung sind die Ge­ winne, die das EWZ mit dem Handel über­ schüssiger Energie erzielt – die gesamte EWZ­Produktion aus Kraftwerken und Be­ teiligungen übersteigt den Verbrauch um einen Drittel. Ein Grossteil davon stammt aus AKW, aus Gösgen und Leibstadt sowie aus zwei französischen Anlagen. An diesen Lieferungen will das EWZ bis zum Ablauf der Betriebsdauer der Werke festhalten. Thomas Schenk Für unser Heft haben wir die Einnahmen und die Ausgaben des Theaters Basel grafisch darge­ stellt. Diese Abbildung (oben) hat das Theater Bonn dazu inspiriert, mit unserer Zustimmung die untere Grafik über ihre Finanzen zu erstellen – im Kampf gegen die geplanten Subventions­ kürzungen.

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08/2011


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Mai bis Dezember

2010

Die Zeitschrift der Neuen Zürcher Zeitung, Mai 2010

Handy

Ein Telefon macht Revolution

Die Zeitschrift der Neuen Zürcher Zeitung, Juni 2010

Die Zeitschrift der Neuen Zürcher Zeitung, Juli 2010

Die Ärzte

Grandios gescheitert

Ein Berufsstand wird seziert

Die Zeitschrift der Neuen Zürcher Zeitung, August 2010

Patriotismus

Helden der anderen Art

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Über Freuden und Qualen der Heimatliebe

07/2010

«Ein Level über Müll»

Island sei auf gutem Wege, sagen die internationalen Organisationen, die dem Land vor zwei Jahren aus der Patsche halfen und nun den Heilungsprozess überwachen. Tatsächlich? fragen die Isländer.

Noch sind es die kleinen Haie, aber immerhin. Im Juni mussten sich mal wieder drei Banker vor Gericht in Reykjavik verantworten. Ihnen wurden Insidergeschäfte und Marktmanipu­ lation vorgeworfen. Die Arbeit des Sonder­ staatsanwaltes Olafur Hauksson und seines 22 Anwälte starken Teams, das Gesetzesbrüche im Zusammenhang mit dem Kollaps untersu­ chen soll, trägt langsam Früchte. Von etwa 100 Fällen ist die Rede, mehr als 500 Personen wurden verhört, zahlreiche Hausdurchsu­ chungen in Reykjavik, London und Luxem­ burg durchgeführt. Hauksson fordert Geduld von seinen Landsleuten, die vor allem die «Wikinger» endlich vor dem Kadi sehen wollen – jene Ak­ teure der drei Grossbanken, die das Land bei­ nahe mit sich in den Abgrund gerissen haben. 2013, so die Schätzungen, werde es so weit sein. Island scheint seine Krise beispielhaft aufzuarbeiten. Auch OECD und IWF sind voll des Lobes für das kleine Land, das vor zwei Jahren nur dank einem Notkredit der internationalen Gemein­ schaft vor dem Staatsbankrott gerettet werden konnte. Es sei auf dem richtigen Weg. Der Fi­ nanzmarkt wurde neu strukturiert. Die Wirt­ schaft, die immerhin um 15 Prozent einge­ knickt war, rechnet im laufenden Jahr mit ei­ nem Wachstum von 2,3 Prozent. Export, Inlandnachfrage und Investitionen verzeich­ nen wieder einen vorsichtigen Zuwachs. Sogar auf dem internationalen Finanz­ markt darf Island schon wieder mitmischen – trotz der hartnäckigen Weigerung der Islän­ der, für die Schulden der Onlinebank Icesave in Höhe fast vier Milliarden Euro gegenüber englischen und niederländischen Gläubigern aufzukommen. Im April stimmten sie zum

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zweiten Mal gegen das sogenannte Icesave­ Abkommen. Regierungsvertreter und Noten­ bankchef reisten daraufhin umgehend nach Washington, um die Rating­Agenturen zu überzeugen, dass Island seinen internationa­ len Verpflichtungen dennoch nachkommen werde. Der Nachlass der Icesave­Mutter Landsbankinn würde ausreichen, um 90 Pro­ zent der Forderungen zu decken. Es musste unbedingt verhindert werden, dass die Einstufung von Islands geldpoliti­ scher Glaubwürdigkeit von «one level above trash», wie der Volksmund sagt, vollends in den Dreck absank. Die Rating­Agenturen zeig­ ten guten Willen. Und tatsächlich ist es Island mittlerweile gelungen, eine Milliarde Dollar aufzunehmen. Island ist wieder jemand, dem man Geld leiht. «Machen wir uns nichts vor», sagt Jon Tho­ risson, Direktor des neugegründeten Eva­Joly­ Instituts, das sich den Kampf gegen die inter­ national ausgerichtete Korruption auf die Fah­ nen geschrieben hat. «Island ist pleite.» Die Arbeitslosenquote liegt bei 7,5 Prozent, die In­ flation bei 3,5 Prozent, die Preise für das Le­ bensnotwendige schiessen in die Höhe, in Krankenhäusern, Schulen, Kindergärten wird rigoros gespart. Am Unispital werden Abtei­ lungen geschlossen, junge Ärzte, die sich im Ausland spezialisieren, kehren nicht mehr zu­ rück. Wer kann, wandert aus.

«In den Privathaushalten sowie kleinen und mittleren Betrieben liegen die Finanzen völlig im Argen», sagt Jon. «Die Zwangsverstei­ gerungen der Häuser wurden auf unbestimm­ te Zeit ausgesetzt, aber die Besitzverhältnisse sind ungeklärt, Zinsen und Tilgung sind für die meisten unbezahlbar. In vielen Fällen haben die Banken sich die Häuser wieder überschrie­ ben, die Bewohner können bleiben, wissen aber nicht, wie lange. Manche zahlen Raten, manche Miete, manche gar nichts.» Finanziell herrsche Ungewissheit und Chaos. «Neuer­ dings geht das Gerücht um, die Banken wür­ den untereinander mit den Häusern handeln, um die Preise oben zu halten.» Dann ginge das Spiel von vorn los. «Nichts und niemand hat sich verändert, geschweige denn dazugelernt», sagt Jon. Ganz im Gegenteil: Wer genau hinschaue, habe den Eindruck, dass die alten Kräfte wieder erstark­ ten. Im September 2010 beschlossen die Parla­ mentarier, dass sich der ehemalige Regie­ rungschef Geir Haarde «wegen grober Nach­ lässigkeit» vor Gericht verantworten müsse. Allerdings nur er und niemand sonst aus der politischen Gilde. «Kein Wunder», sagt Jon, «die Sozialdemokraten, die heute in der Regie­ rung sitzen, waren damals auch dabei.» Geir Haarde gebärdet sich nun als Opfer ei­ ner politischen Intrige, zur Inszenierung die­ ser Rolle hat er eigens eine amerikanische PR­ Agentur engagiert und erschien prompt am ersten Prozesstag in Begleitung von Ehefrau, Kindern und deren Partnern, einträchtig wie die Clintons in schwierigen Zeiten. Die drei Banker wurden im Juni freigespro­ chen, die Richter, so munkelt man, gehörten ja auch zum alten Klüngel. Anja Jardine

08/2011


Die Zeitschrift der Neuen Zürcher Zeitung, September 2010

Die Welt von morgen

Die Zeitschrift der Neuen Zürcher Zeitung, Oktober 2010

Die Zeitschrift der Neuen Zürcher Zeitung, November 2010

HB Zürich

Das Superhirn

Ein Tag und eine Nacht im Hauptbahnhof

Wie neun Schriftsteller sie sehen

Wie man sich schlaumacht

Die Zeitschrift der Neuen Zürcher Zeitung, Dezember 2010

Rituale

Schenken, scheiden, Teufel austreiben

10/2010

Die erste S­Bahn verlässt ihn um 4 Uhr 48 Richtung Baden; und um 1 Uhr 24 kommt der letzte Zug aus Basel an. 350 000 Reisende passieren den Hauptbahnhof Zürich jeden Tag – und über 3000 Menschen arbeiten dort. Die Folio­Redaktion erkundete diese Stadt in der Stadt und erfuhr dabei Überraschendes: etwa dass es einen Taucher im HB braucht, einen Engelputzer und eine Taubenfrau. Die 24­Stunden­Reportage hat Daniel auf der Mauer fotografiert.

08/2011

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Januar bis August

2011 Atomkraft

Die Zeitschrift der Neuen Zürcher Zeitung, Januar 2011

Seelennot

Melancholie, Liebeskummer und Depression

Die Zeitschrift der Neuen Zürcher Zeitung, Februar 2011

Die Zeitschrift der Neuen Zürcher Zeitung, März 2011

Die Zeitschrift der Neuen Zürcher Zeitung, April 2011

Die Hausfrau

Sponsoring

Atomkraft

Verklärt, verkannt – verschwunden?

Wer zahlt wem wie viel wofür?

Die Zeitschrift der Neuen Zürcher Zeitung, Mai 2011

Traumberufe

Am Scheideweg

Von Astronaut bis Zirkusdirektorin

04/2011

Kein Ingenieur?

05/2011

57 Menschen haben wir für das Heft «Traumberufe» porträtiert. Hier ein paar, die Leserinnen und Leser vermissten.

Dieses Heft wurde zu einem unserer ak­ tuellsten. Leider. Im Sommer 2010 hatten wir das Thema ausgewählt. Wir wussten, dass in der Schweiz bald über den Bau neu­ er AKW abgestimmt werden würde; zudem jährte sich der Reaktorunfall in Tscherno­ byl am 26. April 2011 zum 25. Mal. Tscher­ nobyl lag lange zurück, die Atomkraft hatte sich inzwischen wieder als «saubere» und zukunftsträchtige Energie etabliert – gera­ de angesichts der ambitiösen Klimaziele, die man sich überall steckte. Das Heft war fast fertig, als am 11. März 2011 in Japan die Erde bebte und eine gigantische Flutwelle das Kernkraftwerk Fukushima schwer beschädigte. Radioakti­ vität gelangte in die Umgebung. Wir muss­ ten einige Artikel aktualisieren, aber weil wir kein Pro­ oder Kontra­Heft geplant hat­ ten, blieben uns Meinungspirouetten er­ spart, wie man sie vielerorts beobachten konnte. In Deutschland sollen bis Ende 2022 die letzten Atomkraftwerke vom Netz. In der Schweiz sollen nach dem Willen des Bundesrats die Atomkraftwerke noch bis zum Ende ihrer Laufzeit Strom produzie­ ren und danach ersatzlos vom Netz genom­ men werden. Aber weltweit sind Dutzende neuer AKW im Bau, und Frankreich, nach den USA die zweitgrösste zivile Atom­ macht, möchte das auch weiterhin bleiben und warnt die AKW­Gegner vor Engpässen in der Energieversorgung.

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Für mich als 1941 im Krieg in Hannover Geborenen gab es bis Kriegsende nur ei­ nen Berufswunsch: Bunkerwart. Seine Autorität war faszinierend: «Weiter durchgehen, Ruhe bewahren, Plätze ein­ nehmen!» Meine Grossmutter wäre 1944 einmal fast zu Tode getrampelt worden, als die Leute bei einem bevorstehenden Fliegerangriff von oben in die Treppen­ schächte des Bunkers sprangen. Der Bunkerwart hat sie gerettet, mit mir an der Hand. Peter Niermann, per E-Mail

Werde die Nummer gerne an meinem langjährigen Arbeitsort als Dokumenta­ tion für die Berufsberatung abgeben. Na­ türlich ist eine Auswahl immer diskuta­ bel. Jeder Beruf – gerade auch Schreiner, bravo! – kann für jemanden ja der Traum­ beruf sein. Ich hätte trotzdem einige zu­ sätzliche Trends erwartet, zum Beispiel Game­Designer/­in (von der Zürcher Hochschule der Künste sogar angeboten) oder Rapper/­in, Tennisprofi, Heliko­ pterpilot/­in, Rettungssanitäter/­in und andere mehr. Armand Pirovino, Wangen SZ

Sehr seltsam, ausgerechnet der Beruf, der die moderne Gesellschaft geprägt hat und weiter­ entwickelt, derjenige des Ingenieurs, wird im Mai­Folio nicht aufgeführt. Unglaublich! Die gesamte Infrastruktur, die uns heute erlaubt, komfortabel zu leben, zu reisen, das Weltall zu erobern, die Umwelt zu schonen (oder ihr auch zu schaden), bargeldlos zu zahlen, real time zu kommunizieren, virtuelle Welten zu erleben, medizintechnische Wunderwerke zu schaffen, all das wurde von Ingenieuren geschaffen. Und niemand realisiert es. Seit Jahrhunderten waren und sind es die Ingenieure, die Brücken bauten, Landwirt­ schaftsmaschinen erfanden, Transportmittel schufen (Eisenbahn, Seilbahnen, Velo, Auto, Lifte usw.), menschliche Arbeit erleichterten (Industrieroboter, Waschmaschine, Ge­ schirrspüler, Staubsauger), Operationssäle ausstatteten und Röntgengeräte, Tomogra­ phen und medizinische Roboter bauten. Es sind Ingenieure, die virtuelle Netze oder reale Netze zur Energieversorgung schaffen usw. All das ist Ingenieurleistung und kann ein Traumberuf sein. Marina de Senarclens, Ehrenrätin der ETH Zürich

08/2011


Die Zeitschrift der Neuen Zürcher Zeitung, Juni 2011

Over the Rainbow Ein Song schreibt Geschichten

Die Zeitschrift der Neuen Zürcher Zeitung, Juli 2011

Die Zeitschrift der Neuen Zürcher Zeitung, August 2011

Velo

20 Jahre Folio

Die grosse Mobilmachung

Das Jubiläumsheft

Von Jubiläen Früher, als ich ein Kind war, gab es kaum Jubi­ läen. Einmal im Jahr. Das war mein Geburts­ tag. Alle Ewigkeit mal also. Später wurden es ein paar mehr. Weihnachten kam dazu, der 1. August. Noch später gab es das fünfhun­ dertste Jubiläum der Schlacht von Sankt Jakob an der Birs (ich war sechs, ein tolles Theater­ erlebnis), und dann einmal auch die hundert­ jährige Erstbesteigung des Matterhorns. Da­ mit kam ich auch noch einigermassen zurecht. Es gab durchaus Freiräume, in denen ich et­ was Jubiläumsfreies tun konnte. Das ging, meiner Erinnerung nach, bis etwa 1989 so. Dann aber, Hand in Hand mit der sich explosionsartig globalisierenden Marktwirt­ schaft, kam es Schlag auf Schlag. Und heute gibt es kaum einen Tag mehr, an dem nicht ein neues Jubiläum ansteht. Max Frisch. Heinrich von Kleist. Gustav Mahler. Sogar das Folio. Zwanzig Jahre! Donnerwetter! Jubiläen sind Feiern, und natürlich feiern wir gern. Sie sind kollektive Feste, die dazu bei­ tragen, dass wir uns als Gemeinschaft begrei­ fen können – in einer Welt, die zusammenzu­ wachsen behauptet und dennoch vor unsern Augen in Stücke zu fallen scheint. Wenn wir alle an einem Tag mit dem Gleichen beschäf­ tigt sind, sind wir nicht mehr vereinzelt. Es kann schon sein, dass wir immer häufi­ ger das, was früher einmal geschah und just eine runde Jahreszahl erreicht, so heftig feiern, weil wir mit Neuem so überschwemmt wer­ den. Jede Minute eine neue Information. Wir haben das Bedürfnis, das Vergangene festzu­ halten und, uns erinnernd, unser Leben zu strukturieren. Wir wollen dem diffusen Chaos des Lebens eine Form geben und dadurch un­ sere Ängste vor diesem Leben kleiner machen.

08/2011

Logisch also, dass wir, wenn unsere Ängste vor der zu bestehenden Zukunft zunehmen, auch mehr Jubiläen feiern wollen. Sie sind Ret­ tungsbojen im oft stürmischen Meer des Le­ bens, an denen wir uns festhalten, weil wir nicht ertrinken wollen. Eigentlich, angesichts dieser unserer Welt, feiern wir also nicht zu viele, sondern zu weni­ ge Jubiläen. Gott sei Dank ist, wie ein einziger Blick in die Archive der wenig bedeutsamen Ereignisse vergangener Jahrhunderte beweist, das Jubiläumsreservoir noch längst nicht aus­ geschöpft. Wenn wir es wollen, können wir für jeden einzelnen Tag des Jahrs ein tadelloses Jubiläum finden. Weil das Jahr sowieso schon beinah vorbei ist – gestern war noch Juli, gleich wird es September sein –, beschränke ich mich hier auf ein paar wenige Jahrestage, die wir, meines Wissens, bis jetzt nicht festlich bege­ hen. Ich ignoriere dabei die ersten 1200 Jahre unserer Zeitrechnung (obwohl im Jahr 211 Ca­ racalla römischer Kaiser wurde, ein besonders aktiver Massenmörder und gewiss eines Ge­ denkens wert, oder das Schweisstuch der Ve­ ronika just seit 1011 in der Peterskirche in Rom verwahrt wird, wo es sich bis heute gegen zwölf weitere echte Schweisstücher der Veronika in andern Kirchen der Christenheit behaupten muss). Ich beginne mit 1311. Da nämlich erfand Petrus Vesconte die Seekarte! Das brauchte Mut, etwas so Unbeständiges wie das Wasser zu kartographieren, mit all seinen Ebben und Fluten und Tsunamis. 1411 dann erschuf ein namenloser Deutscher das Luntenschloss und begründete so den guten Ruf seiner Na­ tion in der Waffentechnologie und ihrer An­ wendung. 1511 fasste Kaiser Maximilian I. den

08/2011

Plan, Papst zu werden, erfolglos, denn da war schon einer. 1611 bemerkte Kepler als erster (ein Abfallprodukt seiner eigentlichen For­ schungen, denn er starrte bei leichtem Schneetreiben ins All hinauf), dass eine Schneeflocke sechseckig ist. 1711 ein Höhepunkt: Mister Shore erfand die Stimmgabel. Er tat das gerade noch so rechtzeitig, dass, nur eine Handvoll Jahre spä­ ter, Johann Sebastian Bach nun endlich über­ prüfen konnte, ob seine Sonata für Violine solo in a­Moll von seinem Leibgeiger nicht in ei­ nem Moll gespielt wurde, in dem kein a weit und breit vorkam. (Obwohl: Bach hatte, an­ ders als der Geiger, das absolute Gehör. Er konnte auf Herrn Shores Stimmgabel pfeifen.) Nun kommt es knüppelhageldicht, und wir müssen – gern tun wir das! – Jubiläumsfeier­ sonderschichten einlegen. 1811 wurde nicht nur die Verbunddampfmaschine von Arthur Woolf erfunden, nein, auch Nicolas Appert er­ sann, fast am gleichen Tag, die Konserven­ büchse. Und I. Nevendomsky, ein Russe aus Russland, doppelte mit der Erfindung der Kniehebelpresse nach, die sich in den Län­ dern, in denen kniegehebelt wird, heute noch findet. Auch wurde – in Essen, wo sonst – der Gussstahl erfunden. 1911 dann: die Luftpost! Das Atommodell! Der Kreiselkompass! Der Anlasserknopf im Automobil (es war Schluss mit dem Kurbeln)! Willis Haviland Carrier erfand die Klimaanla­ ge, Jacques Brandenberger die Klarsichtfolie. Und meine Tante Norina wurde geboren. Ich jedenfalls feiere dieses Jubiläum, und euch, die ihr Norina nicht gekannt habt, rate ich, es auch zu tun. Urs Widmer

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LE S E rb ri E FE

Cool und interessant Velo 7/2011

Herzliche Gratulation! Ich bekam ein Ex­ emplar zum Lesen von einem Arbeits­ kollegen und bin total begeistert von all den coolen und interessanten Veloar­ tikeln. Da ich selber leidenschaftlich Velo fahre und kürzlich eine Tour nach Nord­ deutschland unternahm, kann ich das Beschriebene so gut nachvollziehen, ein­ Edith Legnini, per E-Mail fach genial.

Zu wenig Substanz Velo 7/2011

Als Velofahrer seit fast 70 Jahren mit vie­ len 10 000 km auf dem Sattel habe ich mit Neugier auf das Folio «Velo» gewartet. Ei­ nige der Artikel sind ganz interessant zu lesen (zum Beispiel der Bericht über Ko­ penhagen), aber auch diese haben im all­ gemeinennichtallzuvielSubstanz.Wenn schon das Velo im Mittelpunkt steht, dann sollte näher auf dieses einzigartige Gerät eingegangen werden. Was fast voll­ ständig fehlt, ist ein Abriss der Geschichte des Velos und ganz besonders auch der physikalischen Grundlagen. Ich meine eine allgemeinverständliche Erklärung grundlegender Fragen. Insbesondere fin­ det man keine Erklärung, warum man überhaupt Velo fahren kann. Die meisten Leute kennen die richtige Antwort auf diese Frage nicht. Das Zitat aus «Meyers Konversationslexikon» von 1892 im Edi­ torial ist irreführend. Alex von Zelewsky, Brissago TI

Aus der Seele geschrieben «Rang 6358», Velo 7/2011

Wie haben Sie mir doch aus der Seele, den Beinen und der Lunge geschrieben. Ihr Artikel gibt die Leiden eines Feierabend­

und Freizeitgümmelers in einer nicht zu übertreffenden Dramatik wieder. Ein an­ erkennender Dank, dass Sie die Strapa­ zen der Nove Colli auf sich genommen haben, um die Qualen aus eigener Erfah­ rung schildern zu können. Peter Stoop, Gockhausen ZH

Verkehrsregeln beachten! Die schwarzen Pöstler, Velo 7/2011

«Der Kurierstil ist heute Mainstream. Das ist okay: eine gute Sache, die sich durch­ gesetzt hat, weil sie viele fasziniert.» Dan­ ke für solche «Belehrungen». Eine kleine wahre Geschichte: Unser Quartierpolizist hat vor einiger Zeit eine Frau mit einem etwa 4­ bis 5jährigen Kind auf dem Velo­ Kindersitz im Bereich eines mit Fahrver­ bot prominent ausgeschilderten schma­ len Weges angehalten. Die Bemerkung, dass man nie zu früh anfangen könne, die Kinder zu lehren, wie man Verkehrsre­ geln missachte, soll nicht auf eitel Freude gestossen sein. Niklaus Ruckstuhl, Winterthur

Ärgernis Rechtschreibreform Das Folio und die Rechtschreibung, 7/2011

Fünfzehn Jahre nach dem Beginn des Rechtschreibexperiments und nach zwei durchgreifenden Revisionen des verun­ glückten Regelwerks gibt es praktisch nie­ manden mehr, der das Unternehmen ge­ lungen findet. Nicht einmal die Urheber sind noch bereit, es zu verteidigen. Leider hat der Rat für deutsche Rechtschreibung (dem ich ein Jahr lang angehörte) seine Arbeit auf Wunsch und Druck der deut­ schen Kultusminister abgebrochen, nachdem er die Hälfte der Regeln repa­ riert hatte. Die Auslegung der verworre­ nen Regeln ist inzwischen in die Redak­

tionenderführendenWörterbuchverlage übergegangen. Im März hat der Recht­ schreibrat beschlossen, im November darüber zu beraten, womit er sich be­ schäftigen könnte, ohne etwas zu ändern. Nicht nur die objektiven Mängel der Neuregelung, sondern auch die indisku­ tablen Verfahren ihrer Durchsetzung sprechen dafür, das Experiment mög­ lichst schnell zu beenden. Es hätte von Anfang an genügt, einige Haarspalterei­ en der alten Dudenregeln zu beseitigen. Reformschreibliche Texte, in welcher Fassung auch immer, sind ein Ärgernis. Über die klassische Rechtschreibung hat­ te sich kein Leser je beklagt, und nur dar­ auf kommt es doch an. Die Schweizer Orthographische Kon­ ferenz (SOK) hat einen Weg gewiesen, der nicht nur in der Schweiz als ausge­ zeichnete Lösung des Problems angese­ hen wird. Warum der Rechtschreibrat und seine Erfinder, die deutschen Kul­ tusminister, sich hartnäckig weigern, die­ se Lösung auch nur zu diskutieren und die SOK zu ihren immer steriler werden­ den Beratungen hinzuzuziehen, ist mir völlig unverständlich. Theodor Ickler, per E-Mail AU FLÖS U NG E N

Binders Vexierbild, S. 44 Das erste Vexierbild war leicht zu kna­ cken: Die Zitrone liegt gleich neben der Zitronenpresse, oberhalb des Ausgusses. Rätsel, Juli 2011 Gesucht war der Velorennfahrer Hugo Koblet. Die kommentierte Lösung publi­ zieren wir im September­Heft wie üblich beim neuen Rätsel.

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wirksam 2811

Die mit dem Regenbogen

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VorSCH AU

Am Tatort

i M PrE S S U M redaktion Daniel Weber (Leitung), Reto U. Schneider (Stv.), Andreas Heller, Anja Jardine, Gudrun Sachse, Florian Leu (Volontär), Katja Abderhalden (Sekretariat) Gestaltung und Produktion Partner & Partner / Benno Maggi (Art Direction und Bildredaktion), Ernst Jaeger Korrektorat Alexandra Bernoulli, Urs Remund, Zürich Titelblatt Max Grüter und Patrick Rohner, Zürich Übersetzung Robin Cackett, Berlin (S. 75) bildnachweise S.38 / 39: Donovan Wylie, Magnum Photos; S.40: Andreas Gefe, Zürich; S.58: oben: Udo Weilacher, München; unten: Christian Glösl, Graz; S.66: Arch Photo, Eduard Huber, New York; S.70: Hanspeter Künzler, London; S.78: Caspar Martig, Bern; S.80: Partner & Partner, Winterthur; S.88: oben: bartgeier.ch; unten: Stefano Caldera, flickr.com / finsty; S.91: oben: Christian Känzig, Zürich; unten: Suzanne Schwiertz, Zürich; S.93: Illustration Markus Roost, Winterthur; Foto: Suzanne Schwiertz, Zürich; S.96: Partner & Partner, Winterthur / Raumgleiter, Zürich; S.102: links: Benno Maggi, rechts: Daniel Weber, Zürich; S.105: Domagoj Lecher (2, 4, 5) und Daniel Auf der Mauer (1, 3), Zürich. Adresse redaktion Redaktion NZZ Folio, Falkenstrasse 11 Postfach, CH-8021 Zürich Tel. +41 44 258 12 40, Fax +41 44 258 12 59 E-Mail: folioredaktion@nzz.ch Internet: www.nzzfolio.ch Newsletter: E-Mail mit Informationen zur jeweils nächsten Ausgabe: www.nzzfolio.ch/mailing Verlag Andreas Häuptli (Leiter Product Management) Milena Andretta

Das nächste Folio erscheint am 5. September 2011.

Vom Ort, an dem der Mensch zum Täter wird, geht eine grosse Faszination aus – ein Tatort stösst Men­ schen ebenso sehr ab, wie er sie anzieht. Einerseits lassen sich in Hollywood Busladungen voller Tou­ risten für 50 Dollar an Orte führen, wo berühmte Leute umgebracht wurden, andererseits will kein normaler Mensch in ein Haus ziehen, in dem ein Serienmörder sein Unwesen trieb. Das Folio vom September zum Thema Tatort geht diesem Wider­ spruch nach. Wir lassen einen Psychologen zu Wort kommen, der seltsame Experimente mit der Jacke eines Serienmörders unternommen hat, um her­ auszufinden wie die Reaktion zwischen Interesse und Entsetzen entsteht. Wir besuchen aber auch den Tatort des grössten ungelösten Mordfalls der Schweiz, das Waldeggli in Seewen, wo vor 35 Jahren fünf Menschen erschossen wurden, und wir lassen uns von Rechtsmedizinern und Ballistikern erklä­ ren, wie man einen Tatort zum Sprechen bringt. Wir erzählen auch die Geschichte der sogenannten Bäbistuben am rechtsmedizinischen Institut der Universität Zürich; dort hat in den 1970er Jahren ein Mitarbeiter in minutiöser Arbeit echte Tatorte zu Schulungszwecken als Miniaturmodelle nachge­ baut. Und zum Schluss fragen wir uns noch, wie man ein Verbrechen aufklärt, das im Internet be­ gangen wurde – eine Tat ohne Tatort, sozusagen.

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Anzeigenverkauf Publicitas AG, NZZ Media, Seehofstr. 16, 8021 Zürich Telefon 044 258 16 98, Fax 044 258 13 70 E-Mail anzeigen@nzzmedia.ch, www.nzzwerbung.ch Deutschschweiz: Gabriela Graf (Product Management) Tel. +41 44 258 13 57 Westschweiz: Yves Gumy, Tel +41 21 317 88 08 Leser- und Aboservice Tel. +41 44 258 15 30, Fax +41 44 258 18 39 leserservice-schweiz@nzz.ch Abonnements NZZ Folio wird am ersten Montag des Monats der Inlandauflage der «Neuen Zürcher Zeitung», der «Neuen Zuger Zeitung» sowie Teilauflagen des «St. Galler Tagblatts» und der «Neuen Luzerner Zeitung» beigelegt. Den Auslandabonnenten der NZZ wird es separat zugestellt. Separatabonnements Inland CHF 94 inkl. MWSt, Ausland CHF 105 / € 68 pro Jahr. NZZ Folio erscheint monatlich. Einzelheftbestellung Tel. +41 44 258 13 78, Fax +41 44 258 12 68 Einzelnummern CHF 12 / € 8 Adresse Verlag Verlag NZZ Folio, Falkenstrasse 11 Postfach, CH-8021 Zürich Tel. +41 44 258 12 60, Fax +41 44 258 12 68 E-Mail: folioverlag@nzz.ch Druck und Litho Swissprinters St. Gallen AG, Fürstenlandstrasse 122, 9001 St. Gallen NZZ-Mediengruppe Albert P. Stäheli (CEO) Geschäftsbereich NZZ Markus Spillmann, Marius Hagger, Felix E. Müller, Peter Hogenkamp

© Verlag NZZ Folio, 2011 (ISSN 1420-5262). Alle Rechte vorbehalten. Jede Verwendung der redaktionellen Texte (besonders ihre Vervielfältigung, Verbreitung, Speicherung und Bearbeitung) bedarf der schriftlichen Zustimmung durch die Redaktion. Ferner ist diese berechtigt, veröffentlichte Beiträge in eigenen gedruckten und elektronischen Produkten zu verwenden oder eine Nutzung Dritten zu gestatten.

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