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Die ersten drei Sonaten, Op. 2
Sonate Nr. 1 in F-Moll, Op. 2, Nr. 1
Komponiert 1793-95, veröffentlicht 1796 Joseph Haydn gewidmet I. Allegro II. Adagio III. Menuetto. Allegretto IV. Prestissimo
Sonate Nr. 2 in A-Dur, Op. 2, Nr. 2
Komponiert 1793-95, veröffentlicht 1796 Joseph Haydn gewidmet I. Allegro vivace II. Largo appassionato III. Scherzo: Allegretto IV. Rondo: Grazioso
Sonate Nr. 3 in C-Dur, Op. 2, Nr. 3
Komponiert 1793-95, veröffentlicht 1796 Joseph Haydn gewidmet I. Allegro con brio II. Adagio III. Scherzo: Allegro IV. Allegro assai
Beethoven kam im November 1792 als Komponist und Pianist mit dem Wunsch nach Anerkennung nach Wien. Sein offensichtlichstes Anliegen war es, in den Privathäusern der musikliebenden Wiener Aristokratie zu spielen. Damit war er sehr erfolgreich. Die meisten seiner Sonaten sind aristokratischen Gönnern gewidmet. Die ersten Sonaten waren jedoch nicht einem Mäzen, sondern Beethovens Komponistenkollegen Haydn gewidmet. Diese Werke sind alles, was wir erwarten dürfen: ein Vorzeigeprojekt für den jungen Virtuosen, der deutlich dem Vorbild Haydns und Mozarts folgt, vor allem aber seinen kompositorischen Ehrgeiz demonstriert und einen Vorgeschmack auf den reifen Komponisten gibt. Mozarts Klaviersonaten bestehen alle aus drei Sätzen; Beethovens Ambitionen zeigen sich in seiner Entscheidung, vier zu schreiben und dem üblichen Schema ein Menuett oder Scherzo hinzuzufügen. Obgleich er sich bemühte, weitgehend am Stil seiner Vorgänger festzuhalten, kann man in den einleitenden AllegroSätzen den klaren Wunsch erkennen, das weitere Potenzial sowohl der Form als auch des Instruments auszuloten.
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Der erste Satz von Op. 2, Nr. 1 kündigt sofort einen absoluten Meister an. In der Tat wurde dieser Satz unzählige Male in Kompositions- und AnalyseLehrbüchern als Beispiel für Kompositionspraxis angeführt. Er ist aus einer kleinen Anzahl von Motiven aufgebaut, lebt von all der musikalischen Dramatik, die der Sonatenform innewohnt, und verwendet den Tonumfang des Klaviers in genuin architektonischer Weise. Im Gegensatz zu all dieser Prägnanz und Konzentration verfolgen die beiden anderen Sonaten des Opus weitschweifigere Ansätze. Op. 2, Nr. 2 beginnt wie die Erste Sonate mit einem markanten Motiv, führt es jedoch durch ein breiteres Spektrum an Material und tonalen Implikationen. Die Dritte Sonate ergänzt diese tonale Erweiterung um eine Reihe verschiedener musikalischer Charaktere; der Satz wird in Abschnitte geteilt, episodenhaft, voller Virtuosität und deutet stark auf ‚öffentlichere‘ Gattungen hin, insbesondere auf das Konzert. Dem Witz und Charme von Haydn wird noch etwas Neuartiges hinzugefügt. Dies ist deutlich in den kraftvollen Arpeggios des Durchführungsteils und in einer Coda zu sehen, die diese Arpeggios in etwas vollkommen Ruhiges und Seltsames verwandelt, bevor eine Kadenz den zuvor im Satz angedeuteten Konzertstil zeigt. Die langsamen Sätze von Op. 2 präsentieren kontrastierende Ansätze, um eine melodische Struktur zu schaffen. Op. 2, Nr. 1 ist anmutig und
elegant mit reichlichen melodischen Verzierungen. Op. 2, Nr. 2 ist strenger, mit hymnenartigen Akkorden und einem Bass, der das Streicher-Pizzicato zu imitieren scheint. Das Adagio von Op. 2, Nr. 3 bietet einen dramatischeren Kontext für die lyrische Melodie; das Hauptthema besteht aus kleineren Gesten mit bewegenden Pausen dazwischen, und wenn die Musik fließender wird, sinkt sie in den Moll-Modus ab und wird geheimnisvoll. Die Schlusssätze von Op. 2, Nr. 2 und 3 verwenden eine relativ herkömmliche Rondo-Form. Das Finale der zweiten Sonate ist voller Anmut und Charme, mit einem stürmischen zentralen Teil in Moll. Der Dritte ist virtuos, aber eher mit einer gewissen Leichtigkeit und nicht mit der Bravour des ersten Satzes. Es ist auch ein vollkommen durchstrukturierter Satz, in dem eine Auflösung der Themen häufig vermieden wird und so das Paradoxon eines Finales auf der Suche nach einem Abschluss entsteht. Dieses Paradox wird schließlich in den letzten Takten ausgetragen, wo Beethoven mit dem Hauptthema in der falschen Tonart neckt, bevor er schließlich mit einer starken Schlusskadenz in C-Dur überrascht. Ein sicheres Gespür für musikalischen Aufbau findet sich auch in dem ganz anderen Finale als in der Ersten Sonate. Dies ist ein Sonatensatz von enormer, fast violenter Energie. Der überwältigende Moll-Modus wird durch eine ausgedehnte Passage in As-Dur im Durchführungsteil gemildert, die auf den lyrischen Stil des langsamen Satzes zurückgreift. Diese Passage hat eine strukturelle Funktion sowohl innerhalb des Finales als auch über das gesamte Werk hinweg und ist ein frühes Indiz für Beethovens Vorliebe, die Sätze einer Sonate auf neue Weise zu verbinden.
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