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Zwei Sonaten mit unterschiedlicher Akzeptanz

Sonate Nr. 21 in C-Dur, Op. 53, ‚Waldsteinsonate‘

Komponiert 1803-04, veröffentlicht 1805 Graf Ferdinand von Waldstein gewidmet I. Allegro con brio II. Introduzione: Adagio molto (attacca) III. Rondo: Allegretto moderato – Prestissimo

Sonate Nr. 22 in F-Dur, Op. 54

Komponiert 1804, 1805 veröffentlicht I. In tempo d’un menuetto II. Allegretto – Più allegro

Die Waldsteinsonate, Op. 53 ist eine der berühmtesten und meistaufgeführten Sonaten Beethovens. Der Kontrast zur Sonate Op. 54 könnte kaum größer sein: Trotz ihrer offensichtlichen Schönheit ist sie nur selten außerhalb von Aufführungen des gesamten Zyklus zu hören und hat nie die gleiche Popularität erreicht. Die beiden Sonaten sind vom Charakter her sehr unterschiedlich, aber sie haben beide Anteil an Beethovens fortwährender Erforschung der Möglichkeiten für die Bearbeitung und Beziehung zwischen den Sätzen. Op. 54 ist seine erste wichtige Sonate in zwei Sätzen, und obwohl die Waldsteinsonate dem Anschein nach aus drei Sätzen besteht, ist sie im Grunde genommen zweisätzig aufgebaut, da der mittlere Teil zu einer Einleitung zum Finale wird. Der erste Satz der Waldsteinsonate ist einer von Beethovens großartigsten und markantesten. Er verfolgt eine ähnliche klangliche Strategie wie Op. 31, Nr. 1, aber anstelle des spielerischen Stils dieser Sonate begegnen wir hier einer kühnen, ja heroischen Gestaltung – ein insgesamt ausgefeilteres, eleganteres Werk. Beethovens Beherrschung von Form und Material ist beeindruckend, mit einem ausgeklügelten Zusammenspiel von Dur- und Moll, strukturellen Kontrasten, die mit eng verwandten musikalischen Materialien erzielt werden, und dem sicheren Aufbau größerer musikalischer Abschnitte, die durch schrittweise Steigerung der Tonhöhe gesteuert werden. Die Coda des Satzes übertrifft alle Erwartungen, indem sie das tonale Argument fortspinnt, alle wichtigen thematischen Ideen präsentiert und einen Abschnitt von unverkennbar beethovenianischem strukturellem Gewicht schafft.

Beethoven hatte ursprünglich einen separaten langsamen Satz vorgesehen, der später als Andante favori veröffentlicht wurde. Dieser Titel wurde durch das aktuelle Introduzione - Adagio molto ersetzt, knüpft direkt an das Finale an, und damit setzt sich Beethovens Experiment fort, Sätze miteinander zu verbinden, wie schon in den Sonaten Op. 27. Sie erfüllt die Doppelfunktion des langsamen Satzes und der Einleitung des Finales. Seine einleitende F-Dur-Harmonie wird fast unmittelbar durch einen übermäβigen Sext-Akkord destabilisiert, der den ersten Schritt in einer großen, dramatischen Vorbereitung auf das eigentliche Finale darstellt. Das Finale kehrt nach C-Dur, der Tonart des ersten Satzes zurück, wirkt jedoch heiter und expansiv und präsentiert eine ganz andere Art von Klanglandschaft. Die Form des Satzes ist ein Rondo, aber er

entfaltet sich in einem gemächlichen Tempo mit vielen Wiederholungen und einer ausgedehnten zentralen Episode von beträchtlicher thematischer Entwicklung. Wie bei der Mondscheinsonate ist das Finale der Höhepunkt einer zusammenhängenden mehrsätzigen Struktur, aber während das erstere Werk auf einen furiosen Schluss zustürmt, gipfelt die Waldsteinsonate in strahlendem Glanz.

Die weniger bekannte Sonate Op. 54 liegt chronologisch zwischen der Waldsteinsonate und der Appassionata, weitgehend überschattet von diesen beiden Giganten des Repertoires. Aber sie hat eine ganz eigene Schönheit und Eigentümlichkeit. Keiner ihrer beiden Sätze ist konventionell (ein weiterer Faktor, der zu ihrer Marginalisierung beiträgt). Der erste Satz ist ein unerwartetes Menuett und etwas verschieden von den mittleren Sätzen der Menuette früherer Sonaten. Dieses Menuett ist sehr elegant und feierlich, und sein Trio bietet einen besonders energischen Kontrast. Noch interessanter ist, dass es über die übliche Form hinausgeht, zum Teil, weil es sich in gewisser Weise wie ein Rondo verhält, und zum anderen wegen der abweichenden Verfahren, die Beethoven anwendet. Diese erzeugen, wenn die Coda erreicht wird, einen Effekt der strukturellen Auflösung von etwas bereits Vorhandenem, mit anderen Worten von etwas Ähnlichem wie ein erster Satz in Sonatenform, aber auf auffallend andere Weise.

Der zweite Satz von Op. 54 ist noch experimenteller, mit höchst ungewöhnlichen formalen Proportionen. Der Einleitungsteil ist unkonventionell kurz, der folgende Abschnitt unkonventionell lang und wird dann obendrein noch wiederholt. Das Material ist ein fast durchgehendes Moto Perpetuo, das die formalen Unterteilungen in eine größere Kontinuität zusammenfasst. Diese konstante Unterteilung der Töne in Patterns hat dazu geführt, dass der Satz mit einer Etüde verglichen wird. Diese beschließen eine Sonate, die zu Unrecht vernachlässigt wird und verblüffenderweise nicht kategorisierbar ist.

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