3 minute read
Sonaten Op. 14 und Op. 22
Sonate Nr. 9 in E-Dur, Op. 14, Nr. 1
Komponiert 1798-99, veröffentlicht 1799 Baronin Josefine von Braun gewidmet I. Allegro II. Allegretto III. Rondo: Allegro comodo
Sonate Nr. 10 in G-Dur, Op. 14, Nr. 2
Komponiert 1798-99, veröffentlicht 1799 Baronin Josefine von Braun gewidmet I. Allegro II. Andante III. Scherzo: Allegro assai
Sonate Nr. 11 in B-Dur, Op. 22
Komponiert 1800, veröffentlicht 1802 Graf v. Browne gewidmet I. Allegro con brio II. Adagio con molta espressione III. Menuetto IV. Rondo: Allegretto
Die beiden Sonaten Op. 14 sind insgesamt bescheidener im Umfang und weniger ehrgeizig als ihr berühmter Vorgänger, aber in ihrer unterschiedlichen Art und Weise sind sie ebenso überzeugend. Die Sonate Op. 14, Nr. 1 ist unter den Beethoven-Sonaten einzigartig, da er sie für Streichquartett bearbeitet hat. Es gab Spekulationen darüber, dass das Werk ursprünglich für Streichquartett konzipiert worden sein könnte, und es gibt mit Sicherheit Zitate im ersten Satz, die bisweilen Haydns fast zeitgleiches Op. 76, Nr. 2 ähnlich sind. Vor allem ist es ein lyrischer Satz, und wenn sich die Struktur des Seitenthemas auf eine Sololinie reduziert, die sich einfach in einer Tonleiter auf und ab bewegt, wird er fast unerträglich zart. Die Krönung des Satzes ist eine wunderschöne Coda, in der das Hauptmotiv zu einem Bass und dann zu einer Kadenz wird. Dieser Satz teilt eine gewisse motivische Strenge mit Op. 13, ist aber in jeder anderen Hinsicht völlig verschieden.
Wie Op. 10, Nr. 1 hat diese Sonate keinen langsamen Satz. Stattdessen ist der zweite ein Allegretto, das wie ein Menuett und ein Trio aufgebaut ist. Er hat eine melancholische Färbung, die sich aus seiner Molltonart und seinem trällernden Rhythmus ergibt und in vielerlei Hinsicht eher einem Schubert-Impromptu als einem klassischen Menuett ähnelt. Das Rondo-Finale behält trotz der brillanten Arpeggio-Passagen in seinem Mittelteil den überwiegend lyrischen Ton der beiden vorangegangenen Sätze bei.
Der erste Satz von Op. 14, Nr. 2 beginnt mit einer spielerischen metrischen Zweideutigkeit und geht dann zu sekundären Themen mit einem ausgesprochen populären Wiener Charakter über. Der Satz endet mit einer ruhigen Coda. Der zweite Satz besteht aus einer Reihe von Variationen über ein hymnisches Thema, das in markante, abgehackte Akkorde verwandelt wird. Die Variationen konzentrieren sich auf das wiederholte rhythmische Profil des Themas und widerspiegeln einige von Haydns langsamen Sätzen – eine Auswirkung, die durch den plötzlich lauten Schlussakkord, ein Beispiel für Haydns Sinn für Humor, bestätigt zu werden scheint.
Der hellere Ton und die metrische Mehrdeutigkeit des ersten Satzes werden im Finale wieder aufgegriffen, das zwar mit ‚Scherzo‘ bezeichnet ist, formal aber ein Rondo darstellt. Der Charakter des Satzes lässt sich am besten an der Art und Weise seines Schlusses beurteilen, in welchem das
Rondo-Thema kurz wieder auftaucht und keinerlei abschließende Rhetorik aufweist, wie man erwarten könnte. Wie die Sonate als Ganzes ist dieser Satz verspielt und betont einfach.
Die Sonate Op. 22 kehrt zum viersätzigen Format zurück. Ihr prägnantes Einführungsmaterial verleiht ihr im Gegensatz zu den drei vorhergehenden Sonaten eine Energie und ein Gefühl des Antriebs, die dem von Op. 10 ähnlicher sind. Eine der markantesten Passagen des Satzes erscheint gegen Ende der Exposition, wenn eine melancholische Wendung zur Molltonart durch eine eindringliche deklamatorische Tonleiter in Doppeloktaven unterbrochen wird. Diese Tonleiter wird zu einem Merkmal des folgenden Durchführungsabschnitts, der wunderschön in eine melodische Linie umgewandelt wird, die bis zum tiefsten Register des Klaviers reicht.
Das Adagio con molta espressione hat eine lange, fließende Melodie, die sich aus ausdrucksstarken chromatischen Vorschlägen über sanft pulsierende Akkorde zusammensetzt. Es gibt nur wenige Stellen, an denen die Musik diese pulsierenden Akkorde verlässt; der markanteste Moment entsteht kurz vor der Wiederkehr des Hauptthemas, wenn die Musik gänzlich auf einer klaren Gestaltung in Sechzehntelnoten basiert und die Textur verwandelt wird.
Das folgende Minuetto scheint eine Rückkehr zur klassischen Eleganz zu sein, ein Eindruck, der durch die Tonfolge herausgefordert wird, die den zweiten Teil des Menuetts einleitet – eine seltsame Oszillation in Akkorden, gefolgt von einer lauten Kadenz. Das Rondo-Finale ist ein enger Verwandter vieler früherer Finali. Seine auffälligsten Momente finden sich im leidenschaftlichen Mittelteil in Moll, der an einer Stelle kurz eine Bewegung in Richtung eines feierlichen Kontrapunkts andeutet. Danach gewinnt das Rondo-Thema nie ganz seine ursprüngliche Fassung zurück und scheint im Schatten dieses zentralen Teils zu stehen.
Die Sonate Op. 22 zeigt eine Meisterschaft in vielen der Merkmale, die in Beethovens frühen Sonaten zu finden sind: ein kraftvolles, motivisch kohärentes Sonaten-Allegro, ein langsamer Satz mit gesteigerter Ausdruckskraft, ein klassisch geprägtes Menuett und ein entspannteres RondoFinale. Die folgenden Sonaten zeigen, wie Beethoven zunehmend experimentiert und ein wachsendes Gespür dafür entwickelt, was eine Klaviersonate sein könnte.