Atonement

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ATONEMENT

Der rein elektrische Audi SQ8 e-tron.

Future is an attitude

SQ8 e-tron quattro, 504 PS, 28,0–24,5 kWh/100 km, 0 g CO₂/km, Kat. D

Quiet, impressive.

ATONEMENT

BALLETT VON CATHY MARSTON

Nach dem gleichnamigen Roman von Ian McEwan

Musik von Laura Rossi

Choreografie und Inszenierung Cathy Marston

Musikalische Leitung Jonathan Lo

Szenarium Cathy Marston und Edward Kemp

Bühnenbild Michael Levine

Kostüme Bregje van Balen

Lichtgestaltung Martin Gebhardt

Dramaturgie Edward Kemp, Michael Küster

Koproduktion mit dem Joffrey Ballet, Chicago

Partner Ballett Zürich

a b

Anstatt einer Inhaltsangabe

WIE ERZÄHLT MAN EINE WAHRE GESCHICHTE?

Es ist wahr: Es gab eine Familie namens Tallis, die zwischen den beiden Weltkriegen auf einem englischen Landsitz lebte. Es gab einen Bruder, Leon, und zwei Schwestern, Cecilia und Briony, die sich anhimmelten und ärgerten, wie das Geschwister nun einmal tun. Es gab eine Mutter, die oft einfach nur überfordert war – und natürlich gab es Dienstboten.

Mrs. Turner, die Haushälterin, hatte einen Sohn, Robbie, der beinahe wie ein Familienmitglied mit den Tallis-Geschwistern aufwuchs. Seine Anwesenheit im Haus war für Cecilia nicht nur Ärgernis, sondern auch Verlockung. Robbie indessen vertraute einem Tagebuch seine unerfüllten Fantasien über Cecilia an. Das alles stimmt und ist wirklich passiert. Und im heissen Sommer 1935 kamen Gäste zu Besuch: Paul Marshall, ein reicher Freund, und die Cousine der Tallis, Lola, mit ihren Zwillingsbrüdern.

Es stimmt auch, dass Briony und Lola in einem Alter waren, wo die Welt der Erwachsenen faszinierend und geheimnisvoll ist, voller Geschichten, deren Wahrheitsgehalt oft nur schwer auszumachen ist. An jenem Wochenende, als Briony – zur Unterhaltung der Anwesenden, vor allem aber ihrer selbst – ein Ballett inszenierte, rissen die Zwillinge aus, und während sich alles auf die Suche nach ihnen begab, wurde Lola Opfer eines Verbrechens. Und für Briony war klar, dass alles auf Robbie hindeutete. Doch das Aussprechen dieser Wahrheit sollte ihre Familie für immer auseinanderreissen.

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Dann kommt der Krieg. Im Gefängnis erhält Robbie das Angebot, seinem Land zu dienen, und nimmt es an. Er schliesst sich den britischen Truppen bei ihrem ersten, katastrophalen Einsatz in Frankreich an. Cecilia kehrt ihrer Familie den Rücken und wird Krankenschwester, während Briony als Choreografin weiter versucht, im Tanz Geschichten zu erzählen. Bis auch sie das Bedürfnis verspürt, zu helfen, und wie ihre Schwester Krankenpflegerin wird – in der Hoffnung, dass dies sie vielleicht wieder zusammenbringen würde. Unterdessen wird Paul Marshall zum wohlhabenden Kunstmäzen und heiratet seine Verlobte, die niemand anders ist als Lola.

Es ist wohl diese Hochzeit von Paul und Lola, bei der Briony endlich begreift, was in jener Sommernacht 1935 wirklich geschah, obwohl sie es vielleicht schon immer gewusst hatte. Und als ihr das klar wird, macht sie sich auf, um ihren Fehler wiedergutzumachen und Cecilia und Robbie jene Zukunft zu geben, die sie verdient haben. Und der Geschichte, wenn irgend möglich, zu einem besseren Ende zu verhelfen.

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Instead of a Synopsis

HOW TO TELL A TRUE STORY?

It’s true, there was a family called Tallis who lived in a large house in the English countryside between the two world wars. There was a brother, Leon, and two sisters, Cecilia and Briony, who all adored and annoyed each other as siblings do, a mother who was often overwhelmed – and of course there were servants. Mrs Turner the housekeeper had a son, Robbie, who had been raised almost as one of the family. His presence around the house was to Cecilia both an annoyance and an allure. Robbie in his turn filled his journal with his unfulfilled fantasies about Cecilia. All this was true and did happen. And in the hot summer of 1935, guests came to stay: their wealthy friend, Paul Marshall, and the Tallis’s cousins, Lola and her twin brothers.

It’s true too that Briony and Lola were at that age where the realm of adults is fascinating and mysterious, full of stories whose truth is often hard to discern. And on a certain weekend, when Briony had created a ballet for the entertainment of the household and chiefly of herself, the twins ran away and, while everyone was searching, something terrible happened to Lola. And to Briony it was clear that all the evidence pointed to Robbie, but telling this truth fractured her family forever.

Then war came. In prison, Robbie was offered the opportunity to serve his country and took it, joining the British troops on their first, catastrophic expedition into France. Meanwhile Cecilia turned her back on her family and became a nurse. Briony, now a choreographer, kept on trying to tell stories in dance, until she too felt the need to serve and followed her sister into nursing, hoping perhaps this might bring them back together. And all the time Paul Marshall

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became more wealthy, became a patron of the arts and married his fiancée, who was Lola.

And it’s likely true that it was at Paul and Lola’s wedding that Briony finally realised, though perhaps she had always known, what really happened that summer night in 1935. And realising that, she set out to make amends, to give Cecilia and Robbie the future they deserved, to give the story a better ending, if she could.

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Wie vermag eine Schriftstellerin Absolution erlangen, wie Abbitte zu leisten, wenn sie, die mit uneingeschränkter Macht über das Ende entscheidet, zugleich auch Gott ist?

Es gibt niemanden, kein Wesen, kein höheres Geschöpf, an das sie appellieren, mit dem sie sich versöhnen, das ihr verzeihen könnte. Ausser ihr ist nichts.

Briony

WIE VERGÄNGLICH IST SCHULD?

Die Choreografin Cathy Marston im Gespräch über ihr Ballett «Atonement»

Cathy, als Choreografin eilt dir der Ruf einer Geschichtenerzählerin voraus. Anspruchsvollste literarische Vorlagen wie Jane Eyre, Gefährliche Liebschaften oder Von Mäusen und Menschen hast du für die Ballettbühne erschlossen. Wann weisst du, dass sich eine Geschichte für eine BallettAdaption eignet?

Tatsächlich spüre ich schon beim ersten Lesen, ob eine Buchvorlage über erzählerisches Potenzial für den Tanz verfügt. Nicht, dass sofort Ballettbilder entstehen würden, aber ich fühle es körperlich und emotional. Es muss einen Raum zwischen dem Gesagten und der Emotionalität geben, die es auslöst.

In Jane Eyre ist das z. B. die Szene, in der Rochester von Jane aus seinem brennenden Bett gerettet wird. Da weiss ich sofort, dass ich mit Tanz einen Zugang in diesen Raum finden kann. Und auch in Ian McEwans Atonement gab es immer wieder solche Momente.

Woher kommt deine Begeisterung für die Literatur, und wie hat sie sich über die Jahre entwickelt?

Meine Eltern waren Englischlehrer. Als Kind haben sie mir viele Geschichten vorgelesen und mich selbst zum Lesen animiert. Wir sind viel ins Theater gegangen, und schon früh haben mich erzählerische Ballette fasziniert.

Swansong von Christopher Bruce war so ein Stück. Drei Menschen und ein Stuhl sind da in einer nervenzerreibenden Verhörszene zusammengespannt.

Aber auch Kenneth MacMillans Romeo und Julia, Frederick Ashtons Marguerite and Armand oder Mats Eks Carmen waren prägende Eindrücke für mich. Neben den Geschichten als solchen hat mich immer sofort der Prozess

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der choreografischen Transformation interessiert. Wie kann ich eine Geschichte in Tanz verwandeln?

Atonement nach dem berühmten Buch von Ian McEwan ist dein erstes Handlungsballett, das du als neue Direktorin des Balletts Zürich für deine Compagnie kreierst. Warum ist deine Wahl auf Ian McEwans Roman gefallen?

Mein Engagement als Ballettdirektorin war ursprünglich befristet und ohne eine längerfristige Perspektive gedacht. Ich habe mich also gefragt, was ich in einem Zeitraum von zwei Jahren mit dem Ballett Zürich bewegen könnte. Ich erinnerte mich an ein Projekt, das ich schon seit Jahren an einem sehr guten Haus mit herausragenden Tänzerinnen und Tänzern realisieren wollte. Der Moment für Atonement schien gekommen. Für manche Dinge muss man zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein. Umso schöner, dass Atonement nun kein Einzelprojekt mit dem Ballett Zürich bleiben wird.

Ian McEwan thematisiert in seinem Roman das Verhältnis von Fiktion und Leben, Kunst und Realität. Ist das das richtige Thema für ein Ballett?

Die sehr dünne Membran zwischen Realität und Fiktion, zwischen dem eigenen Selbst und dem, was man kreiert, ist ein grosses Thema im künstlerischen Schaffensprozess. Wenn ich eine Geschichte erzählen will, ist meine Person in diesem Zusammenhang eigentlich völlig nebensächlich. Trotzdem bin ich aufs Engste mit der Geschichte verwoben. Das Thema beschäftigt mich also jeden Tag.

Ian McEwan zeigt das in seinem Buch am Beispiel seiner Hauptfigur, der Schriftstellerin Briony Tallis, die für die Geschichte in ihrem Roman unablässig ganz subjektive Entscheidungen fällt: Welchen Elementen des Geschehens widmet sie besondere Aufmerksamkeit, welche Schlüsse lassen ihre Entscheidungen beim Leser zu, in welchem Licht erscheint sie angesichts des Erzählten als Autorin? Bei einer Ballettadaption musst du dich auch mit genau diesen Fragen auseinandersetzen… Seitdem ich in der Schweiz lebe, hat sich mein Gefühl für «Romantreue» sehr

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verändert und hat nichts mit dem reinen Nacherzählen einer literarischen Vorlage zu tun, bei dem man sich irgendwie von einer Episode zur nächsten hangelt. Ian McEwan erzählt in Atonement die Geschichte einer Schriftstellerin. In meiner Adaption wird Briony Tallis zur Choreografin, aber das ist keine so radikale Umdeutung, wie man vielleicht denken könnte. Für mich haben Schreiben und Choreografieren sehr viel miteinander zu tun. Es sind ähnliche Akte, nur dass nun Bewegungen und Schritte an die Stelle der Worte treten. Was die zeitliche Verankerung des Ganzen, das Handlungsgeflecht und die Personenkonstellation angeht, sind mein langjähriger Mitarbeiter Edward Kemp und ich in unserem Szenarium sehr dicht am Original der Vorlage geblieben.

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Briony Tallis lernen wir bei Ian McEwan als pubertierende MöchtegernSchriftstellerin kennen und begegnen ihr am Ende als erfolgreiche, preisgekrönte Autorin wieder. Du hast es schon angedeutet: Eine Schriftstellerin auf der Ballettbühne ist ein gewagtes Unterfangen, zumal ja auch der Akt des Schreibens an sich ein grundlegender Kernbestandteil des Buches ist. Wie verhältst du dich dazu?

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Bereits in meinem Ballett Gefährliche Liebschaften musste ich mich mit der Problematik des Schreibens auseinandersetzen. Im Fall von Atonement erschien es mir logisch, den wesentlichen Aspekt von Brionys Persönlichkeit in den Mittelpunkt zu stellen: Sie ist eine Geschichtenerzählerin. Sie imaginiert Welten, genau wie ich es als Choreografin tue. Warum lasse ich sie also nicht mit der Sprache sprechen, die wir in unserem Körper haben? Da McEwans Roman so historisch genau ist, musste ich allerdings überprüfen, ob diese Umdeutung plausibel und historisch unter füttert werden kann.

Und was ist bei deinen Recherchen herausgekommen? Ich bin auf Gillian Lynne gestossen. 1926 geboren, also etwa im gleichen Alter wie Briony Tallis im Buch, war sie Tänzerin im Vic-Wells Ballet, das im heutigen Sadler’s Wells Theatre, dem wichtigsten Tanzhaus in London, beheimatet war. Später tanzte Gillian Lynne auch im Royal Ballet. Man muss sich das vorstellen: Eine Tanzkarriere im Zweiten Weltkrieg! Tatsächlich gibt

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es Fotos aus dieser Zeit, auf denen man Ballerinas im Tutu und mit aufgesetzten Gasmasken sieht. Gillian Lynn ist später Choreografin geworden und hat für die Royal Shakespeare Company, das Royal Ballet und viele Produktionen im West End wie Cats oder The Phantom of the Opera choreografiert. Besonders bewegend für mich war ihr Ballett A Simple Man, das 1987 für das Northern Ballet entstanden ist. Gillian Lynne hätte durchaus ein Stück über ihr eigenes Leben choreografieren können. Für mich war das die Legitimation, Briony in meinem Ballett als Choreografin auftreten zu lassen.

Die Handlung des Romans erstreckt sich über den Zeitraum von etwa sechzig Jahren, Mitte der 30er- bis Ende der 90er-Jahre des 20. Jahrhunderts. Das waren Jahrzehnte einschneidender gesellschaftlicher Veränderungen. Ian McEwan erzählt das als eine intime Geschichte vor dem Hintergrund des Weltgeschehens, und wir werden Zeugen, wie eine solch epische Kulisse mit den Kleinigkeiten des Lebens der Menschen interagiert. Wie wirst du diesem historischen Panorama in deinem Ballett gerecht?

In einer meiner Lieblingsszenen im Buch stellt Briony die hölzernen Miniaturspielzeugtiere in ihrem Kinderzimmer so auf, dass sie alle in ihre Richtung schauen. Das Buch beginnt in dieser Kinderzimmerperspektive und eröffnet wenig später die epische Kulisse für die weltverändernden Geschehnisse im Zweiten Weltkrieg. Unser Ballett ist ähnlich strukturiert. Der erste Akt ist kammerspielartig angelegt, die Tänzerinnen und Tänzer tragen Rollennamen, es gibt kein Corps de ballet. Alles, was hier verhandelt wird, muss bis in die kleinste Geste klar und erkennbar sein. Es gibt fast keine Abstraktion. Beinahe hat man den Eindruck eines Theaterstücks, das in der Abgeschiedenheit eines englischen Landsitzes in einer hermetisch abgeschlossenen Welt spielt. Michael Levine, unser Bühnenbildner, hat sich dafür von der Tapetenlandschaft in einer berühmten Amsterdamer Puppenhaus-Sammlung inspirieren lassen. Eine kostbare, fast idyllische Welt inmitten einer gepflegten englischen Gartenlandschaft. Der zweite Akt, der während des Zweiten Weltkrieges spielt, bringt dann die britischen Truppen, die Kriegsgefangenen und die Krankenschwestern in London auf die Bühne. Das sind grosse Aufgaben für

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Tänzerin mit Gasmaske, Paris, 1939

die Mitglieder des Corps de ballet. So übersetzen wir die Massstäbe, die Ian McEwan in seinem Roman vorgibt, und das ist der Hintergrund, vor dem sich Briony als Choreografin entwickelt.

Das Klassensystem im England der 1930-er Jahre ist bei Ian McEwan ein grosses Thema.

Auch wenn der Zweite Weltkrieg dieses System ins Wanken gebracht hat und wir heute mit einer ganz anderen Art sozialer Mobilität konfrontiert sind, kann man die Auswirkungen in Grossbritannien bis heute spüren. Ich bin immer wieder erstaunt, wenn ich nach Amerika oder Australien reise, wie unterschiedlich diese Gesellschaften funktionieren. Und das, obwohl wir die gleiche Sprache sprechen. Bei Ian McEwan sind es Cecilia und Robbie, die die Auswirkungen dieses Klassensystems am eigenen Leib erfahren. Die beiden geniessen die gleiche Ausbildung, leben auf dem gleichen Grundstück, und doch gibt es zwischen den beiden diese unausgesprochene Kluft: Robbie ist und bleibt der Sohn der Putzfrau, mit dem sich die Tochter aus vornehmem Haus lieber nicht einlassen sollte. Mit einer tänzerischen Umsetzung lässt sich das Phänomen gut erfassen. Wie so oft lassen sich diese unausgesprochenen

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Dinge eher in subtilen Handlungen und Körpersprache ausdrücken.

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Indem sie den Freund ihrer Schwester Cecilia fälschlich einer Vergewaltigung beschuldigt und ihn damit ins Gefängnis bringt, lädt Briony Tallis schwere Schuld auf sich. Sie zerstört nicht nur das Leben von Cecilia und Robbie, auch sie selbst wird an dieser Verfehlung ein Leben lang zu tragen haben. Wie viel Verständnis hast du für die pubertierende Briony, bei der Realität und Fiktion, Erlebtes und Erfundenes mit so tragischen Folgen ineinanderfliessen?

Lange vor Ian McEwans Atonement hat mich ein Buch von L.P. Hartley in seinen Bann gezogen. Es heisst The Go­Between und ist die Geschichte eines Jungen, der seine Schwester mit einem Mann beim Sex überrascht. Ganz ähnlich wie Briony, die Cecilia und Robbie in der Bibliothek beobachtet. In beiden Fällen ist es eine ambivalente Erfahrung: Das Verlockende ist das Abstossende, das man um keinen Preis wissen will. Die Verwirrungen, die

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den Prozess des Erwachsenwerdens begleiten, sind ein faszinierendes Thema. Allzu oft machen wir uns absolut keine Vorstellung davon, wie sich die Erwachsenenwelt aus kindlicher Perspektive darstellt. Wir alle erleben den Übergang von der Kindheit zum Erwachsensein. Aber wie und auf welche Weise öffnet sich diese Tür? Das kann sanft, abrupt oder womöglich auch gewalttätig geschehen, mit unabsehbaren Folgen für unsere Psyche. Wer entscheidet über Schuld oder Unschuld eines Kindes, ab wann müssen wir die Verantwortung für unser Handeln übernehmen? Das habe ich mich bei Briony gefragt und komme gerade jetzt, während der Arbeit an der Choreografie, jeden Tag zu einer anderen Antwort. Ganz anders stellt sich die Frage, wenn ich Brionys Handeln als gereifte Künstlerin betrachte. Wie sie in ihren Kreationen geradezu gottgleich agiert und die Welt so gestaltet, wie sie sie haben will. Auch in dem Bemühen, eigene Schuld zu relativieren und sich so vielleicht für einen Moment etwas besser zu fühlen. Als kreative Künstlerin kann ich mich aber auch selbst von dieser Art Schuld nicht völlig freimachen.

Wie ernst ist es Briony Tallis mit ihrem Wunsch nach Abbitte, Sühne, und Wiedergutmachung?

Sie weiss natürlich, dass sie etwas Unverzeihliches getan hat und dafür irgendeine Form der Busse finden muss. Aber Demut ist ihr fremd. Sie meint, ihrer Schuld mit einem kreativen Akt beikommen zu können. Mehr Egozentrik ist kaum möglich. Aber von der Realität des Jahres 2024 sind wir da nicht allzu weit entfernt. In den sozialen Medien werden wir heute jeden Tag Zeugen unglaublicher Selbstdarstellungen, in denen vermeintlich gelebtes Leben zur wirksamen Fotostory gerinnt.

Damit sind wir natürlich mitten in den grossen Themen von Ian McEwans Roman: Was ist das Leben? Das Leben an sich oder die Geschichte, die wir davon erzählen? Ist Schreiben ein Akt der Selbstberuhigung, bei dem ich die Macht habe, mit meinen Figuren das zu machen, was ich möchte?

Für Briony gibt es niemanden, vor dem sie sich verantworten müsste. Und niemanden, der ihr Absolution erteilen könnte…

Für mich stellt sich jetzt, wo ich das Ende des Balletts choreografiere, immer

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wieder die Frage, ob sich Briony tatsächlich wünscht, dass alles vorbei wäre. Kann eine Umarmung von Robbie und Cecilia ihr die Gewissheit verleihen, dass die beiden ihr verzeihen? Oder gefällt sie sich nicht viel mehr in der Rolle der Märtyrerin, der Aussenseiterin, der Unverstandenen? Vielleicht hat ja gerade auch das für sie eine gewisse Poesie.

Du hast von deinen eigenen Zweifeln als Künstlerin, als Choreografin, als Geschichtenerzählerin gesprochen. Wie lebst du damit?

In der Vergangenheit habe ich nicht nur fiktionale Stoffe auf die Bühne gebracht, sondern mich mehrfach auch mit Biografien real existierender Personen wie Queen Victoria, Jacqueline du Pré oder demnächst auch Clara Schumann beschäftigt. Natürlich versuche ich mich in die Lage dieser Personen hineinzuversetzen und sie zu verstehen. Geschichten lassen sich aus vielen Blickwinkeln erzählen. Deshalb ist die Wahl der richtigen Perspektive jedes Mal eine grosse Entscheidung. Diese immense Verantwortung versuche ich mir immer wieder bewusst zu machen.

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Die Musik zu Atonement hat die englische Komponistin Laura Rossi komponiert. Warum war sie die Richtige, die Musik für dieses Ballett zu schreiben?

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Wenn ich ein Handlungsballett choreografiere, steht für mich erst einmal die Geschichte im Vordergrund und nicht die Musik. Der Arbeitsprozess beginnt mit der Entwicklung eines Szenariums, eines Librettos. Die passende Musik dazu lässt sich nicht einfach aus dem CD-Regal ziehen, sie soll sich passgenau mit der Geschichte und der Choreografie verbinden. Atonement ist nicht nur eine Zeitreise durch 60 Jahre, sondern auch eine emotionale Tour de force. Von der Dauer einer anderthalbstündigen Choreografie ganz abgesehen. Deshalb habe ich mich bei Filmkomponisten umgesehen und bin auf Laura Rossi gestossen, die nicht nur für die Leinwand, sondern auch für den Konzertsaal schreibt. Ihre Musik zu dem berühmten Film The Battle of the Somme hat meine Aufmerksamkeit geweckt. Der Film wurde in ganz Grossbritannien mit Lauras Musik gezeigt, die von verschiedenen Orchestern live musiziert wurde. Begeistert hat mich vor allem, wie Lauras Musik in

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einen Dialog mit den Bildern tritt und eine erzählende Rolle übernimmt. Aber auch, mit welch ausgeprägtem Sinn für Rhythmus und Melodie, Emotionen und Atmosphäre sie zu schreiben versteht.

Wie kann man sich eure Zusammenarbeit vorstellen?

Ich halte nichts davon, Komponisten ein komplettes Szenarium zur Vertonung auszuhändigen, das erst sie und später mich vor vollendete Tatsachen stellt. Laura Rossi und ich haben sehr eng zusammengearbeitet. Es war ein ständiger Dialog mit wöchentlichen Zoom-Meetings, bei denen wir im Detail an einzelnen Szenen und emotionalen Feineinstellungen für bestimmte Figuren oder Ereignisse gefeilt haben. So ist genau die Musik entstanden, die ich mir für jede einzelne Szene von Atonement wünsche.

Welche professionelle Entwicklung durchläuft die Choreografin Briony Tallis in deinem Ballett?

Von Brionys ersten choreografischen Versuchen sehen wir nur kurze Momente. Wie stellt sich ein kleines Mädchen Ballett vor? Vielleicht hat sie irgendwo eine Aufführung von Giselle erlebt. In ihrer etwas naiven Sicht ist die Welt von Archetypen bevölkert. Prinzen und Prinzessinnen stehen Helden und Schurken gegenüber. Brionys weitere Entwicklung als Choreografin ist mit ihrer Entwicklung als Persönlichkeit verknüpft. Die Elemente ihrer Biografie liefern die Inspiration für das, was sie in ihren Balletten auf die Bühne bringt. Der Abschied von Robbie und Cecilia, als er in den Krieg zieht, ist der Ausgangspunkt für einen Pas de deux, den Briony choreografiert. Das eigene Leben ist die Grundessenz für den Tanz, den sie entwickelt, aber immer wieder auch zerstört und neu erschafft. Alle handelnden Figuren sind in gewissem Sinn die Erfindungen Brionys, das ganze Ballett ist ihre Erfindung und Ausdruck ihrer Sicht auf die Welt. Je älter sie wird, desto mehr bewegt sich das Ganze in die Richtung tänzerischer Abstraktion.

Michael Levine als Bühnenbildner und Bregje van Balen als Kostümbildnerin vervollständigen unser Team. Was sind die Herausforderungen für die beiden?

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Es war für Michael Levine und mich sehr wichtig, die alte, untergehende Welt der Privilegien und Klassengegensätze in eine passende Form zu übersetzen. Im Buch gibt es die berühmte Szene am Brunnen, wo Robbie eine antike Vase zerbricht. Im Ballett gibt es diese Szene nicht, aber uns schwebte vor, dass das ganze Bühnenbild selbst irgendwie wie ein teures Erbstück wirkt, dass zu Bruch geht. Deshalb erscheint die idyllische Landschaft, die wir am Anfang sehen, mit dem Eintritt in das Grauen des Zweiten Weltkriegs beschädigt, verschmiert und zerstört. Viel mehr als Farbe bleibt nicht übrig, zumal am Ende klar wird, dass alles ohnehin nur Schein und eine Erfindung war. Bregje van Balen hat die Geschichte mit den Kostümen für die Soldaten, die Gefangenen und die Krankenschwestern zeitlich eingefasst, ohne sie historisch zu genau zu verorten. Auch wie sie gerade im ersten Teil die einzelnen Figuren in ihrem Charakter mit ihren Kostümen ganz individuell erfasst, begeistert mich sehr.

Gehst du nun mit McEwans Buch unter dem Arm auch in den Ballettsaal?

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An meine Literatur-Adaptionen gehe ich nicht mit dem Gedanken heran, dass ich klüger bin als das Buch. Atonement ist ein grossartiger Roman und kann völlig für sich stehen. Aber wenn ich spüre, dass es den schon erwähnten Raum für eine choreografische Nacherzählung gibt, versuche ich die Ideen des Autors in meine Erzählsprache zu übersetzen. Eine kurze Geste oder eine Bewegung können oft in einer halben Sekunde ausdrücken, wofür der Text mehrere Seiten benötigt. Auch in den Gruppenszenen kann man mit Tanz eine grosse Prägnanz und Genauigkeit erreichen. Ich stehe beim Choreografieren in einem ständigen Dialog mit Ian McEwans Buch. Ich bin inspiriert, besessen, fasziniert von der Geschichte und den Fragen, die sie aufwirft, und ich denke darüber in meiner Sprache nach.

Was hält denn Ian McEwan davon, dass sein Roman jetzt als Ballett auf die Bühne kommt?

Der Komponist Michael Berkeley, der die Musik zu einer nicht realisierten McEwan-Oper verfasst hat, hat den Kontakt zu Ian McEwan hergestellt.

Auf meinen Vorschlag, seinen Roman als Ballett auf die Bühne zu bringen,

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hat er sehr positiv und aufgeschlossen reagiert. Ich weiss nicht, wie oft er in seinem Leben mit Ballett in Verbindung gekommen ist, aber es scheint ihm keine völlig fremde Welt zu sein. Sehr grosszügig und vertrauensvoll hat er uns für die Inszenierung völlig freie Hand gelassen, und so wird Atonement nun das erste Ian McEwan-Ballett.

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Unsere Inszenierung entsteht als Koproduktion mit dem Joffrey Ballet Chicago, und sie verdient diesen Namen auch wirklich… In den letzten Jahren habe ich häufig für das Joffrey Ballet gearbeitet, und die Idee einer Koproduktion mit dem Ballett Zürich stiess in Chicago sofort auf offene Ohren. Schon im vorigen Sommer hatte ich Gelegenheit, mit den Joffrey-Tänzerinnen und -Tänzern Ideen zu entwickeln und einige Szenen zu erarbeiten, an denen wir dann hier in Zürich mit unseren Tänzerinnen und Tänzern weitergearbeitet haben. Die Choreografie ist also wirklich mit beiden Ensembles entstanden. Meiner Arbeitsweise als Choreografin kommt das sehr entgegen. Ich liebe es, mit ganz verschiedenen Besetzungen zu proben und zu sehen, welche unterschiedliche Energien verschiedene Künstler in die jeweiligen Rollen einbringen und ihnen so immer ungeahnte Ausdrucksnuancen abgewinnen. Es ist mir sehr wichtig, dass ein neues Stück nicht nur einem zentralen Paar, sondern dem ganzen Ensemble gehört. Deshalb freue ich mich auf viele weitere gemeinsame Produktionen mit dem Ballett Zürich und bin jeden Tag froh über die Gelegenheit, Tänzerinnen und Tänzer aus der ganzen Welt zusammenzubringen, die meine Leidenschaft für das Erzählen von Ballettgeschichten teilen.

Das Gespräch führte Michael Küster

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Briony

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Die Zeit der Märchen lag hinter ihr, im Verlauf nur weniger Stunden war sie Augenzeugin geheimnisvoller Vorgänge geworden, hatte ein unaussprechliches Wort gelesen, eine brutale Tat vereitelt und war, indem sie den Hass eines angeblich vertrauenswürdigen Erwachsenen auf sich gezogen hatte, zur Mitspielerin in jenem Drama des Lebens geworden, dass ausserhalb der Kinderstube stattfand. Jetzt brauchte sie bloss noch die Geschichten zu finden, nicht ihren Inhalt, sondern eine Erzählweise, die dem frisch erworbenen Wissen gerecht wurde. Oder meinte sie ihrem besseren Verständnis von der eigenen Unwissenheit?

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DAS EIGENE LEBEN

NEU

VERSTEHEN

Ian McEwans «Atonement» ist einer der grossen Romane der englischen Gegewartsliteratur

Peter Kümmel

Ian McEwan liebt es, sich als Erzähler in immer neue, scheinbar ausweglose Situationen zu manövrieren. Mal verwandelt er den englischen Premierminister in eine Kakerlake und also in einen Nachfahren von Franz Kafkas Gregor Samsa (in seinem Roman Das Ungeziefer); mal entwickelt er ein Liebesdreieck, das von einem Roboter beherrscht wird (Maschinen wie wir); mal zäumt er einen Roman aus der Perspektive eines ungeborenen Kindes auf (Nussschale); mal schildert er eine Familiengeschichte, die erst richtig beginnt, nachdem die Kinder die tote Mutter heimlich verscharrt haben (Der Zementgarten).

Sein Roman Abbitte, der 2001 erschienen ist, passt in diese Reihe abgründiger Ideenromane auf den ersten Blick nicht hinein. Das umfangreiche, souverän erzählte Buch zeigt sich dem Leser zunächst als der grandios gelingende Versuch, die Tradition des englischen Romans des 19. Jahrhunderts fortzuführen – so organisch werden die Figuren entwickelt und mit herrlichen Nuancen ausgestattet, so majestätisch schnurrt der Motor des Erzählens einem zufriedenstellenden Ende entgegen. Doch dieses Ende hat es in sich: Es sprengt in gewisser Weise rückwirkend den ganzen Roman. Es erklärt ihn für nichtig, für Täuschung.

In seinem Postskriptum erweist sich die Wahrheit des Romans als eine Deckwahrheit, unter der sich etwas anderes versteckt: das Seeleninnere einer einsamen, von Schuld erdrückten Erzählerin. Abbitte gehört in eine Reihe von Kunstwerken, die von «unzuverlässigen Erzählern» beherrscht werden und diesen Umstand bis zum Ende verschleiern. Zu den berühmtesten Beispielen dieser Kunst zählen zwei amerikanische Kinofilme, Die üblichen Verdächtigen und Schiffbruch mit Tiger. In beiden wird erst auf den letzten Metern klar, dass wir,

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die Zuschauer, die Handlung völlig falsch «gelesen» haben. In den Üblichen Verdächtigen lernen wir, dass der Film bloss die Lügengeschichte eines Verbrechers war; er setzte seine Story tollkühn aus den Motiven zusammen, die ihm eine Pinnwand voller Fotografien an der Rückwand des Verhörraums geliefert hatte. Und in Schiffbruch mit Tiger wird im Finale aufgedeckt, dass der einsame Held des Films als Schiffbrüchiger auf seinem Boot nicht, wie es den Anschein hatte, gegen wilde Tiere, sondern gegen bestialische Menschen hatte kämpfen müssen. Auch Abbitte ist ein grandioser Betrug. Am Ende zeigt sich der Roman, der 1935 anhebt und 1999 endet, als ein System, das zur Selbstanklage und letztlich zum Trost seiner Schöpferin, der Schriftstellerin Briony Tallis, erfunden wurde. Sie will darin wieder gut machen, was sie in der Wirklichkeit vor langer Zeit zerstört hatte: das Leben ihrer Schwester Cecilia und das von Cecilias Geliebtem, Robbie. Sie hatte Robbie als junges Mädchen einer Vergewaltigung bezichtigt, um ihn und ihre Schwester auseinanderzubringen. Robbie wurde 1935 in Haft genommen und kam erst frei, als der Zweite Weltkrieg ausbrach –in dem er als britischer Soldat auf der Flucht vor den Deutschen starb. Auch Cecilia starb im Krieg. In Abbitte wird das Entscheidende von Briony ganz anders dargestellt: Hier überstehen Cecilia und Robbie alle Katastrophen und finden wieder zueinander.

Dichten heisse, Gerichtstag zu halten über sich selbst, hat Henrik Ibsen gesagt. Er war ein Dramatiker, der die Figuren seiner Stücke wie Schachfiguren gegen sich selbst, den einsamen König, führte. In Abbitte ist es Briony Tallis, die alle Gestalten um sich herum bewegt. Das verschleiert sie aber, indem sie sich selbst als eine von mehreren Hauptfiguren des umfangreichen Romans tarnt und, aus einiger Distanz, in der dritten Person beschreibt. In Wahrheit ist sie die manipulative Erzählerin des Ganzen, ein Umstand, den Ian McEwan erst im letzten, kürzesten Teil des Romans offenbart.

Der Schriftsteller Martin Walser hat einmal die vermutlich rhetorische Frage gestellt, ob der Mensch noch einen anderen Grund habe, eine Geschichte aus seinem Leben zu erzählen, als den, darin besser wegzukommen als in Wirklichkeit. Der Verdacht hinter diesem Satz ist, dass wir unsere Vergangenheit immerzu ausbessern und aufhellen, dass «Erinnerungsarbeit» mit Fälschung, vielleicht sogar mit der Erfindung des Gewesenen gleichzusetzen sei. Wir sind

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alle unzuverlässige Erzähler. Deshalb kündigen wir der Erzählerin Briony nicht das Vertrauen auf, nachdem wir die ganze Wahrheit über sie erfahren haben; wir sind bis zum Schluss an ihrer Seite.

Sie erzählt ihr Leben, aber sie erzählt es falsch. Das ist im Kriminalroman eine beliebte Strategie; dort dient sie dazu, uns von der Verdorbenheit und Schläue des Erzählers zu überzeugen – man nehme nur die Romane von Patricia Highsmith, an ihnen lässt sich diese Methode studieren. Jedoch, in Abbitte liegt der Fall anders. Briony täuscht und fälscht nicht für andere; sie tut es vor allem für sich selbst. Sie erzählt ihr Leben als eine Geschichte, mit der sie leben kann.

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oder

Der junge Ian McEwan liebte es, die Leser mit seinen Plots zu schockieren; der reife McEwan, mit dem wir es in Abbitte zu tun haben, will sie eher nachhaltig erschüttern – durch die Doppelbödigkeit seiner Romanwelten. «Briony gehörte zu jenen Kindern, die eigensinnig darauf beharren, dass die Welt genau so und nicht anders zu sein hat.» So heisst es ziemlich am Anfang des Romans, und mit diesem Satz wird schon der oberste Boden der Geschichte angehoben und ein Blick in die Abgründe darunter möglich. Es ist ein Satz, der klar macht, dass hier nur eine Instanz das Sagen hat: die Dichterin Briony selbst, die hier über sich selbst urteilt – und sich zugleich die Lizenz erteilt, ihr Leben mit den Mitteln der Literatur noch einmal aufzuführen, es umzuskizzieren und in Teilen auszuradieren. Die überbordende erzählerische Opulenz, von der manche Passagen des Romans geprägt werden, ist, vom Ende her gesehen, kein eitler Selbstzweck des Autors Ian McEwan. Nein, alles ist genau kalkuliert und hat einen inhaltlichen Grund. Die Kunst des Erzählens, die Meisterung des Stoffs zeigt die Tiefe der Verzweiflung – Brionys Verzweiflung! –, aus der hier erzählt wird.

am

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Denn die Autorin hat Menschen auf dem Gewissen, die sie wenigstens hier, in ihrem Buch, in Sicherheit bringen will. Sie muss das schönste, beste, tiefste Werk schreiben, das es in der englischen Literatur je gab. Sie bürdet ihm eine Aufgabe auf, die keine Kunst erfüllen kann: Es soll jene zwei Leben retten, die sie, Briony, auf dem Gewissen hat. Es soll retten, was von Beginn an verloren war.

Die Szene, in der Cecilia und Robbie ahnen, dass sich eine Liebe zwischen ihnen anbahnt, ist ein Meisterstück, eine jener Passagen, in denen McEwan (in Brionys Namen) die Muskeln spielen lässt und eher wie ein genialer Gemälde-

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restaurator wirkt denn wie ein grosser Maler: weil er die Lichteffekte, die Lupenund Zeitverzögerungstricks der Alten Meister – E. M. Forster, Virginia Woolf, Jane Austen, Katherine Mansfield und vieler anderer – so trefflich zu nützen (zitieren) versteht: Am Rand eines Brunnens geht den beiden eine wertvolle Vase kaputt. Robbie nimmt die Schuld an dem kleinen Missgeschick auf sich; Cecilia ist dennoch wütend.

So schildert McEwan den Moment: «Mit einem Geräusch, als bräche ein trockner Ast, splitterte ein Teil vom Vasenrand ab und zerbrach in zwei dreieckige Stücke, die aus seiner Hand ins Wasser fielen und synchron in Zickzackschwüngen zu Boden sanken, wo sie sich in einigen Zentimetern Abstand im gebrochenen Licht zu krümmen schienen.»

Das ist in höchstem Masse anschaulich und voller Symbolkraft. Ganz Oberfläche und ungeheuer tief. Denn die Vasensplitter, die hier synchron zu Boden sinken, stehen sinnbildlich für die beiden jungen Liebenden, deren heile Welt in diesem Moment zerbricht und die schon bald – mehr oder weniger synchron – ihrem Untergang entgegensinken werden (was der Leser erst begreift, wenn er das Romanende kennt; die Welt der Dinge weiss es schon jetzt). Jetzt aber entkleidet sich Cecilia bis auf die Unterwäsche und steigt in den Brunnen, um die Splitter zu bergen; es ist eine Gelegenheit, sich wütend und zugleich betörend dem verwirrten Robbie zu zeigen. Und ihn endgültig zu entzünden. McEwan beendet die Brunnenszene mit einem Blick auf den jungen Mann: «Dann drehte er sich um und suchte das Becken ab, ob nicht ein Bruchstück übersehen worden war, konnte aber kaum etwas erkennen, da sich das Wasser noch nicht wieder beruhigt hatte, fast, als würde es stets aufs Neue vom Gespenst ihrer Wut aufgewühlt. Er legte eine gespreizte Hand auf die Oberfläche, als wollte er das Wasser besänftigen. Cecilia war längst im Haus verschwunden.»

Abbitte ist ein Roman der zweiten Lektüre. Hat man sein Ende begriffen und liest dann noch einmal die grosse Liebesszene aus dem ersten Teil, den Kuss, den einzigen Koitus von Cecilia und Robbie, erscheint diese Intimität wie ein zu spätes Geschenk der Autorin an ihre Figuren: die Auferstehung zweier Toter im Moment ihres grössten Glücks.

Den Moment, den Briony damals als stumme Zeugin, vermutlich wie vom Donner gerührt, 13-jährig in der Bibliothek mitangesehen hatte, schildert sie

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nun, 77-jährig, als hellhörige, zugewandte Erzählerin. Es ist, mehr als 60 Jahre später, ein Akt der Liebe einer Frau für ihre tote Schwester. Es ist eine Szene, in der auch sie selbst aufgehoben ist – als Mitwisserin, als erotische Teilhaberin. Und als diejenige, die dafür sorgt, dass dieser Moment zwischen Cecilia und Robbie nicht vergehen wird. Es ist das Einzige, was sie für die beiden tun kann.

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Die Trauer, das umfassende Verlustgefühl, das dieser Roman dem Leser am Ende bereitet, ist ein beträchtlicher Teil seiner Wirkung. Zu begreifen, dass das Paar, mit dem man hier bangt, in Wahrheit längst tot ist, und dass Abbitte als ein literarisches Mahnmal dieser Liebe gelesen werden muss, ist ein Schock. Er lässt sich am besten dadurch lindern, dass man ins Buch gleich wieder eintaucht und noch einmal die frühe Szene liest, die am Brunnen spielt und in der das Wasser noch immer von Cecilias Wut aufgewühlt ist – bis in alle Ewigkeit, frei erfunden, aber tief wahrhaftig. Im Grunde ist Abbitte auch eine Aufforderung, das eigene Leben wieder zu lesen und neu zu verstehen. Vor ein paar Jahren habe ich Ian McEwan und seinen Freund (und Rivalen) Julian Barnes zu einem gemeinsamen Interview getroffen. Während des Gesprächs gab McEwan eine Definition grosser Kunst, und es spricht für ihn, dass er dazu kein eigenes Werk herbeizog, sondern das eines älteren Kollegen. Er sagte: «In Saul Bellows Roman Der Dezember des Dekans gibt es eine wundervolle Szene, die in Bukarest spielt. Der Protagonist, ein Professor, findet keinen Schlaf, alle Hunde von Bukarest scheinen gleichzeitig zu bellen, und der Professor stellt sich vor, dass alle, die da bellen, Gott anflehen, er möge ihnen Wissen, eine Erweiterung ihres Bewusstseins schenken. Das Universum, so fordern sie heulend, soll sich ihnen ein wenig mehr öffnen! Und ich glaube, das ist genau das, was wir von der Kunst wollen. Eine Erzählung soll uns das Universum aufschliessen. Ungeachtet dessen, ob sie gut oder schlecht ausgeht.»

Genau das ist Ian McEwan mit Abbitte gelungen.

Peter Kümmel ist studierter Germanist und Anglist und seit 24 Jahren Redaktor und Theaterkritiker der Wochenzeitung DIE ZEIT.

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IAN McEWAN

Ian McEwan, geboren 1948 in Aldershot (Hampshire), lebt bei London. Er ist Autor von zahlreichen Romanen und Erzählbänden und hat neben Drehbüchern auch ein Kinderbuch und ein Opernlibretto verfasst. Sein erstes Buch, der Erzählband Erste Liebe, letzte Riten, wurde 1975 mit dem Somerset Maugham Award ausgezeichnet, 1998 erhielt er den Booker-Preis für den Roman Amsterdam und 1999 den Shakespeare-Preis der Alfred-Toepfer-Stiftung für das Gesamtwerk. Seit seinem Welterfolg Abbitte (verfilmt mit Keira Knightley in der Hauptrolle) ist jeder seiner Romane ein Bestseller. Zuletzt kamen Verfilmungen seiner Romane Am Strand und Kindeswohl in die Kinos, zu denen Ian McEwan selbst das Drehbuch geschrieben hat. Im Jahr 2000 wurde er zum «Commander of the British Empire» ernannt, 2020 wurde ihm die GoetheMedaille verliehen. Er ist Mitglied der Royal Society of Literature, der Royal Society of Arts und der American Academy of Arts and Sciences.

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Autor

Briony

Wenn Briony also wieder und wieder sagte, sie habe ihn gesehen, meinte sie, was sie sagte, war sie ganz ehrlich und leidenschaftlich davon überzeugt. … Doch hätte sie gern die Bedeutung des Wortes «sehen» erläutert oder doch ein wenig verkompliziert, so dass es weniger «sehen» und mehr «wissen» meinte.

GANZ DICHT AN DEN

EMOTIONEN

Eine Begegnung mit der Komponistin Laura Rossi

Volker Hagedorn

Rare Situation, eine Geschichte in Tönen zu hören, die man noch nicht gelesen hat. Ich weiss nur in Grundzügen, worum es in Ian McEwans Roman Abbitte von 2001 geht, als ich im Probensaal am Kreuzplatz sitze und der Philharmonia Zürich lausche. Der Dirigent Jonathan Lo steuert die Musikerinnen und Musiker erstmals durch den zweiten Teil des Balletts, das nach dem Buch entsteht, und die Partitur klingt schon so klar, dass sich wie von selbst Bilder einstellen – nicht nur, wenn Militärtrommeln auf die Soldaten der britischen Armee schliessen lassen, die 1940 aus Dünkirchen evakuiert werden. Verdichtungen, Entspannungen, grossangelegte rhythmische Patterns, Registerwechsel, undurchdringliche Cluster, idyllische Linien… Man hört, dass es um Konflikte, Begegnungen, um Liebe geht. Und dass es, last but not least, eine Filmkomponistin ist, die da ein paar Meter hinter dem Dirigenten in ihrer grossen Partitur mitliest und immer wieder fröhlich ins Orchester schaut. Laura Rossi ist für zwei Tage aus London nach Zürich gekommen, um hier Details mit Jonathan Lo und Cathy Marston klären zu können, der Choreografin, die dieses Projekt ersann und sich ausdrücklich Laura Rossi als Komponistin wünschte. «Was sie darauf brachte, war Battle of the Somme», meint Laura, als wir nach der Probe zusammensitzen. Blendend gelaunt und rasend schnell sprechend, fasst sie mit «footage, 74 minutes» erstmal nur sehr knapp zusammen, was es mit ihrem besonderen Kinohit auf sich hat.

Im Vereinigten Königreich kennt praktisch jeder den dokumentarischen Stummfilm von einer der grauenhaftesten Schlachten des Ersten Weltkriegs, zu der im Juni 1916 zwei britische Kameramänner an die Somme im Norden Frankreichs geschickt wurden. Über hundert französische und britische Divisi-

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onen und fünfzig deutsche Divisionen standen einander gegenüber. Schon am ersten Tag verloren mehr als 19.000 Briten das Leben, unter ihnen viele Freiwillige. Laura hat zu diesen blutigen Ereignissen eine familiäre Beziehung, denn ihr Urgrossonkel Fred hat sie mit grossem Glück überlebt. «Er gehörte als 20-jähriger Bahrenträger zur 29. Division, die auch im Film vorkommt, und hat ein Kriegstagebuch geführt. Er starb, als ich zehn Jahre alt war.» Obwohl im Stummfilm, vor der Schlacht und in ihren ersten neun Tagen aufgenommen, auch Granattrichter und Tote zu sehen sind – neben fröhlich winkenden jungen Männern, die in der Sommersonne zur Front marschieren –, durfte er schon im selben Jahr im UK gezeigt werden und hielt den Rekord an den Kinokassen, bis ihm Star Wars 1977 den Rang ablief. 2016, hundert Jahre nach der Schlacht, bekam Laura Rossi den Auftrag, eine neue Musik zum Film zu schreiben, live vor der Leinwand aufzuführen, was dann hundert Orchester, Profis wie Amateure, mit grösstem Erfolg taten. Mit der Folge, dass Cathy Marston die besondere Sensibilität aufel, mit der das komponiert ist.

«Atonement ist meine erste Ballettmusik, und ich möchte unbedingt eine weitere schreiben», meint Laura, die ungern auf die Stummfilme, Spielfilme und TV-Serien festgelegt wird, für die sie arbeitet. Genauso wichtig ist ihr, was sie «concert music» nennt, eigenständige Musik. Für das Ballett zu schreiben ist gewissermassen ein Weg zwischen beidem und «auf jeden Fall schwieriger als Kino, weil die Musik alles trägt». Wie ist sie da herangegangen? «Ich habe McEwans Buch gleich ein paar Mal gelesen, um da tief hineinzukommen, und dann gab es eine Menge von Zoom-Meetings mit Cathy, sie in Zürich, ich in London. Bei ihr ist Briony, die Hauptfigur, als Erwachsene keine Schriftstellerin, sondern Choreografin, aber die Charaktere bleiben dieselben.» Briony ist, im Jahr 1935, als Dreizehnjährige als erste am Tatort gewesen, als ihre Cousine vergewaltigt wurde, und hat wider besseres Wissen jenen Robbie bezichtigt, den ihre ältere Schwester Cecilia liebt.

«Ich muss an die Emotionen herankommen, ehe ich die Musik schreibe, und dafür mache ich auch Zeichnungen, mit Bleistift, auch bei concert music, und dann gehe ich ganz altmodisch mit Notenpapier ans Klavier.» Gibt es bestimmte Muster, auf die sie dann zurückgreift? «Nein. Ich versuche immer, frei zu sein, mich nur von der Geschichte und den Charakteren inspirieren zu lassen.

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Mit jedem Projekt fängt man ganz von vorn an. Ich habe Versuche, die ich niemandem zeigen würde.» Sie lacht. Entwürfe zu verschiedenen Szenen hat sie, in digitale Orchesterklänge umgesetzt, an Cathy Marston geschickt, und in der Diskussion wuchs nach und nach zusammen, was nun die Philharmonia Zürich spielt. Wobei den Rollen auch Soloinstrumente zugeordnet sind – für Briony das Klavier, für Cecilia die Geige, für Robbie das Cello. Zwei dieser Instrumente beherrscht Laura selbst, Klavier und Geige, dazu Bassgitarre. Damit kam sie überhaupt zur Musik – abgesehen davon, dass ihr italienischer Vater ein Profipianist war und ihre englische Mutter als Amateursängerin auf der Bühne stand. Als Bassistin und Pianistin spielte Laura, in Birmingham geboren und in der Grafschaft Devon aufgewachsen, schon zu Schulzeiten in einer Big Band mit, für die sie auch komponierte, als Geigerin sammelte sie Erfahrung in einem Jugendorchester. Da lag es nahe, an der Universität von Liverpool eine Mischung aus Pop, Jazz und Klassik zu studieren. Weil der Kurs nicht zustande kam, stieg sie ganz in die Klassik ein, Komposition und Orchestrierung inklusive, und leckte Blut, als es auch um Filmmusik ging. Am London College of Music hat sie das Fach bis zum Master Degree studiert; mit Shakespeare stieg sie in die Praxis ein: Für sieben frühe Stummfilme zu seinen Stücken, Silent Shakespeare, schrieb sie Musik für Klavier, Gitarre und Streichquartett. Man hört da mit Debussy auch einen der Komponisten heraus, von denen sie besonders viel über das Orchestrieren lernte: Bernstein und Strawinsky, aber auch Jazzarrangeure wie Count Basie und Nelson Riddle. Und sie bewundert Ennio Morricone. «Er hat eine einzigartige Fähigkeit, alle Emotionen einer Szene in seiner Musik direkt zusammenzuführen, da kann die Musik sogar für sich stehen.» Gibt es Standards, an die sich Filmkomponisten heute halten müssen? «Nein, es ist eine besonders gute Zeit, es gibt nicht den einen Trend. Es gibt grosse Orchesterpartituren, experimentelle kleine Besetzungen, elektronische Partituren, Pop und Jazz…» Künstliche Intelligenz als Konkurrenz fürchtet sie nicht. «Das wird sich auf Hintergrundmusik beschränken und es die Leute eher mehr schätzen lassen, wenn sie das Menschliche eines echten Komponisten fühlen, die Einzigartigkeit einer grossen Filmpartitur.» Natürlich kommt es vor, dass TV-Regisseure enge Vorgaben machen. Aber für die Polizeiserie Redemption auf ITV konnte die Komponistin sogar einen

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Song verwenden, den ihre jetzt 16 Jahre alte Tochter Marcella schrieb. Derzeit arbeitet Laura an einem Stück für einen riesigen Kinderchor – 1000 Stimmen! – und zwei Orchester des Londoner Stadtteils Ealing, in dem sie mit ihrer Familie lebt. Kinderbuchautor Michael Rosen hat den Text geschrieben, in der Royal Albert Hall wird das Werk demnächst uraufgeführt. Und der Erste Weltkrieg lässt sie weiterhin nicht los: Nach der Musik zu Battle of the Somme und einer weiteren zum 1917er Stummfilm zur Schlacht an der Ancre ist jetzt die Schlacht von Arras an der Reihe, wieder ein Auftrag des Imperial War Museum in London.

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In Atonement prägt der Krieg nur zeitweise das Geschehen. Da ist der Komponistin vor allem das private Drama nahegegangen. Was mit einem unschuldigen Sommertag beginnt, «ganz einfache Klaviermusik», führt bald «zu den dunkelsten Stellen, zur Vergewaltigung», und am Ende des Buchs wie des Balletts ist Briony – «wie meine Grossmutter», sagt Laura – eine alte, demente Frau, deren Erinnerungen sich verwirren. Welche komplexen Klänge sie dafür fand, das sei hier nicht verraten. Nur die Maxime der Komponistin: «Ich möchte dem Publikum helfen zu verstehen, was passiert.»

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LAURA ROSSI

Komponistin

Die britische Komponistin Laura Rossi schreibt für Film, Fernsehen und den Konzertsaal. Zu ihren Werken zählen London to Brighton, The Cottage, BBC The Eichmann Show, Song for Marion, Hurricane und The Battle of the Somme. Vom British Film Institute wurde sie mit der Vertonung von Stummfilmen wie Silent Shakespeare, Twilight of a Woman's Soul, Tusalava und Jane Shore beauftragt. Ihre Kompositionen wurden im The Globe, im Barbican Centre, beim British Silent Film Festival, im National Film Theatre und bei den Filmfestivals in London, Madeira, Belfast und Sao Paulo aufgeführt. Das Imperial War Museum beauftragte Laura Rossi mit der Vertonung des preisgekrönten Films The Battle of the Somme. Die Partitur wurde vom Philharmonia Orchestra auf CD und DVD veröffentlicht. Zum 100. Jahrestag der Schlacht wurde die Partitur von 100 Orchestern weltweit zu einer parallel stattfindenden Filmaufführung in der Royal Festival Hall gespielt. Die Live-Übertragung mit 4200 Musikerinnen und Musikern erreichte 37.000 Menschen. Neben ihrer Filmmusik, für die sie viel Anerkennung und Kritikerlob erhalten hat, ist Rossi auch für ihre Konzertwerke bekannt, zu denen Vertonungen von Liedern von Gerald Manley Hopkins, Kammermusikwerke für Streichquartett, Schlagzeugensemble sowie Saxophon und Klavier gehören. Voices of Remembrance, ein chorsinfonisches Werk mit Gedichten aus der Zeit des Ersten Weltkrieges, wurde im Jersey Opera House und in der Manchester Cathedral mit Ralph Fiennes und Vanessa Redgrave aufgeführt. Das Philharmonia Orchestara, das New Zealand Symphony Orchestra, das London Contemporary Orchestra und das BBC Concert Orchestra haben Kompositionen von Laura Rossi in der Barbican Hall, der Royal Festival Hall und der Queen Elizabeth Hall in London gespielt. Laura Rossi ist Professorin für Filmmusik an der Guildhall School of Music und der London Film Academy und gibt regelmässig Meisterkurse zu Filmkomposition.

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Ihre Zweifel liessen sich bloss dadurch beschwichtigen, dass sie sich immer vehementer ans einmal Gesagte klammerte. Nur indem sie unbeirrt an dem festhielt, was sie zu wissen glaubte, keine Abweichung zuliess und ihre Aussage stetig wiederholte, konnte sie das Unheil aus ihren Gedanken verbannen, das sie, wie sie dumpf ahnte, mit ihren Worten anrichtete.

Briony

EPILOGUE

INTERVIEWER

Good evening, ladies and gentlemen

Die Premiere ist vorbei, und ich freue mich sehr, dass sie da ist

Congratulations on your new ballet, Mrs Tallis.

OLD BRIONY

Briony, please. Yes, it’s been quite a journey. A lifetime you could say.

INTERVIEWER

It’s a true story, one that actually happened in your family.

OLD BRIONY

I think based on a true story would be more accurate. But yes, most of what you see took place. It’s a story I’ve long wanted to tell –and in some ways I have. Anyone who knows my previous work may recognise some of the characters and situations.

INTERVIEWER

And what is it that keeps drawing you back?

OLD BRIONY

Why does anyone keep re-telling a story?

To entertain sometimes, but surely to understand, to try to make sense. And each time you do, it’s different because you are different. Some of those ‘earlier’ versions are quite pitiless.

EPILOG

INTERVIEWER

Guten Abend, meine Damen und Herren

Die Premiere ist vorbei, und ich freue mich sehr, dass sie da ist … Ich gratuliere Ihnen zu Ihrem neuen Ballett, Mrs. Tallis.

OLD BRIONY

Sagen Sie Briony, bitte. Ja, es war eine lange Reise. Ein ganzes Leben, kann man sagen.

INTERVIEWER

Offenbar handelt es sich um eine wahre Geschichte, die sich in Ihrer Familie zugetragen hat.

OLD BRIONY

Ja, auf einer wahren Geschichte basierend, wäre genauer. Aber ja, das Meiste von dem, was Sie sehen, ist wirklich passiert. Ich wollte seit langem diese Geschichte erzählen … und auf eine bestimmte Art habe ich das auch getan. Jeder, der meine früheren Stücke kennt, wird vielleicht einige der Figuren und Situationen wiedererkennen.

INTERVIEWER

Aber sagen Sie uns, warum kommen Sie von dieser Geschichte nicht los?

OLD BRIONY

Why? Warum erzählt man eine Geschichte immer und immer wieder? Um zu unterhalten, bestimmt, aber auch, sicher, um etwas zu verstehen, um zu versuchen, einen Sinn darin zu finden. Und jedes Mal ist es anders, weil man selbst anders ist. Einige dieser früheren Versionen sind wirklich … wie sagt man das?… pitiless

INTERVIEWER ‘Pitiless’?

OLD BRIONY

Maybe I’ve become less demading ‘mellowed with age’.

INTERVIEWER

Erbarmungslos?

OLD BRIONY

Erbarmungslos. Vielleicht bin ich inzwischen milde geworden, «mellowed with age» sagt man auf Englisch.

INTERVIEWER

Would you say this is your final, your definitive version?

OLD BRIONY

That’s a slippery word: definitive. But, yes, I’m at a point now where – well, none of us know how much time we have – let’s say, there is much more road behind me than there is ahead. That’s for sure!

INTERVIEWER

This is the first time you have included yourself as a character in the ballet?

OLD BRIONY

Yes, the girl, young woman in the ballet is me. At least a version of me.

INTERVIEWER

Das komplette

And why did you decide to do that?

OLD BRIONY

INTERVIEWER

Würden Sie sagen, dass das jetzt die endgültige, die definitive Version ist?

OLD BRIONY

Endgültig? Das ist ein problematisches Wort. Ich bin jetzt an dem Punkt… Also. Niemand weiss, wie viel Zeit wir noch haben, oder? Sagen wir mal, es liegt viel mehr hinter mir als vor mir … That’s for sure!

INTERVIEWER

Ist es das erste Mal, dass Sie selbst als Figur in einem Ballett auftauchen?

OLD BRIONY

Ja, das Mädchen, die junge Frau, die da tanzt, das bin ich, that’s me … Or one version of me.

Programmbuch

INTERVIEWER

können Sie auf

Because … well, at first it seemed a way to be honest. Not to pretend. When you get to my age, pretending becomes quite hard work.

INTERVIEWER

And all the other characters, are they real?

Warum haben Sie sich entschlossen, das zu tun?

OLD BRIONY

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OLD BRIONY

That’s another slippery word: real. I mean, once you start making a dance out of something but yes, they are attempts to capture people, and a time. Places. I did grow up in big house in the country and some of my earliest creations were on a stage in the garden – I was very precocious! And I would bully my cousins to join in. And my sister and brother and mother, and any guests had to watch, and in that insufferably hot summer of 1935 several crimes took place.

Because… Zuerst schien es mir eine Art oder Methode, ehrlich zu sein, sich nicht zu verstellen, you know? Wenn man so alt ist wie ich, sich verstellen, das ist wirklich anstrengend.

INTERVIEWER

Und all die anderen Figuren, haben die auch reale Vorbilder?

OLD BRIONY

Real – Noch so ein problematisches Wort: Realität … Ich meine, sobald man versucht, etwas in Tanz zu übersetzen … Aber ja, ich wollte oder ich hab’s versucht, Menschen, Zeiten, Orte einzufangen. Und ich bin ja tatsächlich auf einem englischen Landsitz aufgewachsen, und einige meiner frühesten Kreationen wurden auf einer Bühne im Garten aufgeführt. Als Kind war ich richtig precocious, dominant – alle meine Cousins und Cousinen habe ich gezwungen mitzumachen. Alle anderen, Schwester, Mutter, Gäste mussten zusehen. 1935, in diesem unerträglich heissen Sommer, passierten mehrere Verbrechen.

INTERVIEWER

‘Several crimes’?

OLD BRIONY

I’m sorry?

INTERVIEWER

You said ‘several crimes took place’.

OLD BRIONY

Did I? Did I really?

I’m so sorry – I lost myself for a moment there. Yes. I was so very young – precocious: I thought I understood the adult world so completely. Had it taped.

Whereas really all I understood were stories –and so that was how I saw the world: heroes and villains, criminals and lovers. But when I think about that time, I think we were all so young, so hopeful, before the war forced us to grow up.

And then again, you could say the war is what made me a choreographer. You might say in the beginning it was almost an escape. I mean, absurd really, when bombs are falling around you, to worry about an arabesque, a pas de chat. Except also in some way, the whole point. The thing worth fighting for. That ability to tell stories.

It’s very seductive. Dangerous too.

INTERVIEWER

In what way?

OLD BRIONY

Because it’s dishonest. We shape what people see, and what they don’t.

And in the end we, the storytellers, shape what they remember. Because – and psychologists have shown this – we don’t actually remember what we experienced but rather the story we tell ourselves about it. And that makes me wonder whether if we change the story, does it in some way change our experience?

INTERVIEWER

Mehrere «Verbrechen»?

OLD BRIONY

Sorry?

INTERVIEWER

Sie haben gesagt, dass sich «mehrere Verbrechen» ereignet haben.

OLD BRIONY

Did I? Verbrechen?

Sorry, ich war kurz weg … woanders … im Kopf Ja. Ich war so jung … ich dachte, die Welt der Erwachsenen hätte für mich keine Geheimnisse, dass ich alles verstehen, dass ich alles durchschauen würde. Aber in Wirklichkeit habe ich bloss einzelne Geschichten verstanden damals, genauso sah ich die Welt: als eine Geschichte; mit Helden und Verbrechern, Tätern und Liebenden. Aber wenn ich an diese Zeit zurückdenke, I mean, wir waren alle so jung. So full of hope – bevor der Krieg uns erwachsen gemacht hat.

And then, man könnte auch sagen, der Krieg, der Krieg hat mich zur Choreografin gemacht. Am Anfang war es, man könnte sagen, wie eine Flucht. … Es ist doch absurd, oder… sich beschäftigen mit Bewegungen, mit einer Arabesque, oder einem Pas de Chat, wenn Bomben fallen. Aber gleichzeitig genau der Sinn der Sache, genau das, wofür man kämpft: Diese Möglichkeit, Geschichten zu erzählen. Das ist sehr verführerisch – auch gefährlich.

INTERVIEWER

Inwiefern?

OLD BRIONY

Because it’s dishonest, it’s a lie… Weil wir entscheiden, was die Leute sehen und was nicht. Und am Ende bestimmen wir, die Erzähler, woran sie sich erinnern. Denn – die Psychologen haben das bewiesen – wir erinnern uns nicht an das, was wir eigentlich erlebt haben, sondern an die Geschichte, die wir uns selbst von dem Erlebten erzählen. Ich frage mich, was passiert wenn wir eine Geschichte verändern? Ändert sich dann auch in irgendeiner Weise unsere Erfahrung?

You see, when I started out honesty was very important to me. But then, well, I realised how honesty can be pitiless. For example, the search for honesty led me to research Robbie Turner’s service in France with the British Expeditionary Force. I studied reports of the force's rout and retreat before the Germans and the desperate, terrifying scramble to reach Dunkirk from where they hoped for a boat back to England. I read letters, looked at photographs, even spoke to one of his comrades. But were we to be completely honest we should have shown how in June 1940 as they awaited rescue on the beach at Dunkirk Robbie died of septicaemia. That he never made it home, he never made it.

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That would have been honest. And after that I might have shown how Cecilia received the news: – how grief broke her, or how it inspired her to heroic acts of charity, or how it brought her closer to her sister.

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Am Anfang war Ehrlichkeit für mich sehr, sehr wichtig – aber dann habe ich gemerkt, dass Ehrlichkeit kann erbarmungslos sein. Zum Beispiel, es war genau diese Sehnsucht nach Ehrlichkeit, die mich verführt hat, Robbie Turners Kriegsdienst in Frankreich bei der British Expeditionary Force zu recherchieren. Ich habe Berichte über den Rückzug der englischen Truppen vor den Deutschen gelesen. Wie sie halb verrückt und verzweifelt versuchten, Dunkirk zu erreichen, von dort nach England zurückzusegeln. Ich hab Briefe gelesen, mir Fotos angeschaut und sogar mit Robbies Kameraden gesprochen. Aber wenn ich ehrlich, ganz ehrlich gewesen wäre, hätte ich doch gezeigt, wie Robbie im Juni 1940, als er auf Rettung wartete am Strand von Dunkirk, an einer Blutvergiftung gestorben ist … Dass er es nie geschafft hat, nach Hause zu kommen, er hat es nicht geschafft.

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But, to be honest, I should have shown none of these. Honesty would have shown the night of October 14 1940, a few months after Robbie’s death, when a German bomb fell on Balham Underground station in London, fracturing a water main and killing 66 people, including Cecilia. That in truth her sister never saw her again.

This is the story that honesty would have told. But what purpose, what hope would there have been in that? So, in the end I couldn’t do it to them, my lovers.

Now they exist in my ballet. As do they all. I have woven Robbie and Cecilia into this story, for ever. And as long as that ballet is performed then they will always have the time together that they so longed for. I have given them the reunion that they could never have in life.

Das wäre ehrlich gewesen. Und danach hätte ich zeigen können, wie Cecilia die Nachricht bekommen hat … Wie die Trauer sie fast umgebracht hat. Oder sie inspiriert hat zu heroischen Taten. Oder wie die Trauer dazu geführt hat, dass sie ihrer Schwester wieder nähergekommen ist. Aber um ehrlich zu sein, habe ich nichts von alldem gezeigt. In der Nacht von 14. Oktober 1940, ein paar Monate nach Robbies Tod, traf eine deutsche Bombe die Londoner Underground Station Balham und durchschlug eine Wasserleitung. 66 Menschen sind gestorben – darunter auch Cecilia. In Wahrheit hat sie ihre Schwester nie wiedergesehen…

Das ist die wahre, die ehrliche Geschichte. Aber welchen Sinn, welche Hoffnung hätte das gemacht? Am Ende konnte ich es ihnen nicht antun, meinen Liebenden.

Sie existieren jetzt in meinem Ballett. Wie sie alle. Ich habe Robbie und Cecilia in diese Geschichte eingewoben, für immer – und solange dieses Stück getanzt wird, haben die beiden die Zweisamkeit, nach der sie sich so sehr gesehnt haben. Ich habe ihnen das Wiedersehen geschenkt, das beiden zu Lebzeiten nicht möglich war.

Text: Edward Kemp

Deutsch von Michael Küster

BALLETT ZÜRICH

Die international renommierte Choreografin Cathy Marston besitzt sowohl die britische als auch die schweizerische Staatsbürgerschaft. Seit August 2023 ist sie Direktorin des Balletts Zürich. Ihre Tanzausbildung erhielt sie in Cambridge und an der Royal Ballet School London. Zwischen 1994 und 1999 tanzte sie im Ballett Zürich, im Ballett des Luzerner Theaters und beim Konzert Theater Bern. Von 2002 bis 2006 war sie Associate Artist des Royal Opera House London und von 2007 bis 2013 Ballettdirektorin am Konzert Theater Bern. Seit Jahren höchst erfolgreich als freischaffende Choreografin tätig, wurde Cathy Marston von einer Vielzahl namhafter internationaler Compagnien und Institutionen eingeladen. Kreationen entstanden unter anderem für das Royal Ballet, das Königlich Dänische Ballett, das English National Ballet, das Nor thern Ballet, das Finnische Nationalballett, das Ballet Black, das National Ballet of Cuba sowie für die Opera Australia und die Hong Kong Academy of Performing Arts. In den letzten Jahren arbeitete sie vermehrt in den USA, so für das San Francisco Ballet, das American Ballet Theatre, das Houston Ballet und das Joffrey Ballet Chicago. In ihren choreografischen Arbeiten lässt sie grosse literarische Vorlagen im Tanz lebendig werden, ausserdem nähert sie sich bedeutenden historischen Persönlichkeiten auf ungewohnte und originelle Weise. Grosse Erfolge feierte sie mit ihren Ballettadaptionen Mrs. Robinson (nach Charles Webbs Roman The Graduate), Snowblind (nach Edith Whartons Roman Ethan Frome), Charlotte Brontés Jane Eyre und John Steinbecks Von Mäusen und Menschen. Ungewöhnliche Sichtweisen prägen auch ihre biografisch inspirierten Werke The Cellist, Victoria und Hexenhatz. Für ihr choreografisches Schaffen wurde Cathy Marston mehrfach ausgezeichnet, darunter mit einem South Bank Sky Arts Award und dem britischen National Dance Award. 2020 verlieh ihr das International Institute for Dance and Theatre einen Preis für Exzellenz im internationalen Tanz.

Dores André

Erste Solistin

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Dores André stammt aus Spanien. Ihre Tanzausbildung erhielt sie am Estudio de Danza María de Ávila. Ausserdem hat sie einen Master in Design der Universität Barcelona. Sie war Mitglied des San Francisco Ballet, seit 2016 Principal Dancer. Sie tanzte Hauptrollen in Giselle, La Sylphide, Der Nussknacker, Julia in Romeo und Julia, Kitri in Tomasson/Possakhovs Don Quixote, Swanild¨a in Balanchines Coppélia, Olga in John Crankos Onegin, Elizabeth Lavenza in Liam Scarletts Frankenstein, Cinderella in Christopher Wheeldons Cinderella und John Neumeiers The Little Mermaid. Ausserdem kreierte sie Soloparts in Pas/Parts 2016 von William Forsythe, Thread von Kevin Jenkins, Guernica von Annabelle Lopez Ochoa, Hurry Up, We’re Dreaming und In the Countenance of Kings von Justin Peck, Björk Ballet von Artur Pita, Fearful Symmetries von Liam Scarlett, Manifesto von Myles Thatcher und Bound to von Christopher Wheeldon. Ausserdem tanzte sie in Choreografien von Jiří Bubeníček, Val Caniparoli, Serge Lifar, Yuri Possokhov, Alexei Ratmansky, und Jerome Robbins. Seit der Saison 2023/24 ist Dores André Erste Solistin des Balletts Zürich.

am Vorstellungsabend

Esteban Berlanga

Erster Solist

Esteban Berlanga stammt aus Spanien. Nach seiner Ausbildung am Royal Conservatory of Albacete und am Professional Dance Conservatory of Madrid tanzte er von 2006 bis 2013 im English National Ballet. Dort wurde er 2012 zum Ersten Solisten ernannt. U. a. tanzte er Prinz Siegfried in Schwanensee von Derek Dean, den Prinzen in Kenneth MacMillans Dornröschen, Albrecht in Giselle von Mary Skeaping, den Nussknacker in der Choreografie von Wayne Eagling und Frédéric in L’Arlésienne von Roland Petit. Ausserdem war er in Choreografien von Jiří Kylián und Maurice Béjart zu sehen. Für Faun(e) von David Dawson wurde er für den «Benois de la Danse» nominiert. Von 2013 bis 2018 war er Principal Dancer in der Compañia Nacional de Danza de España. Dort war er solistisch u. a. in Choreografien von William Forsythe, Itzik Galili und Roland Petit zu erleben. Seit der Saison 2018/19 ist er Mitglied des Balletts Zürich und tanzte hier u. a. Hauptrollen in Christian Spucks Winterreise, Dornröschen, Messa da Requiem und Anna Karenina, in Marco Goeckes Nijinski und Almost Blue, Crystal Pites Angels’ Atlas und Emergence sowie den Dirigenten in Cathy Marstons The Cellist.

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Programmheft ATONEMENT

Ballett von Cathy Marston

Nach dem gleichnamigen Roman von Ian McEwan

Musik von Laura Rossi

Premiere am 28. April 2024, Spielzeit 2023/24

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Herausgeber Opernhaus Zürich

Intendant Andreas Homoki

Zusammenstellung, Redaktion Michael Küster

Layout, Grafische Gestaltung Carole Bolli

Titelseite Visual François Berthoud Anzeigenverkauf Opernhaus Zürich, Marketing Telefon 044 268 66 33, inserate@opernhaus.ch

Schriftkonzept und Logo Studio Geissbühler

oder am Vorstellungsabend im Foyer des Opernhauses erwerben

Druck Fineprint AG

Textnachweise:

Edward Kemp schrieb den Text «How to tell a true story» für dieses Programmheft. Übertragung ins Deutsche von Michael Küster. – Das Interview mit Cathy Marston führte Michael Küster für dieses Programmheft. – Den Essay «Das eigene Leben neu verstehen» über Ian McEwan schrieb

Peter Kümmel für dieses Programmheft. – Den Text «Ganz dicht an den Emotionen» über Laura Rossi schrieb Volker Hagedorn für dieses Programmheft. – Briony-Zitate aus: Ian McEwan: Abbitte. Aus dem Englischen von Bernhard Robben. Zürich 2004.

Bildnachweise:

Foto S. 20: Burns Archive, New York (atlasobscura.com)

Admill Kuyler fotografierte die Klavierhauptprobe von «Atonement» am 18. April 2024. – Die Compagnie wurde porträtiert von Karine Grace.

Urheber, die nicht erreicht werden konnten, werden zwecks nachträglicher Rechtsabgeltung um Nachricht gebeten.

Unsere Vorstellungen werden ermöglicht dank der Subvention des Kantons Zürich sowie den Beiträgen der Kantone Luzern, Uri, Zug und Aargau im Rahmen der interkantonalen Kulturlastenvereinbarung und den Kantonen Nidwalden, Obwalden und Schwyz.

PARTNER

PRODUKTIONSSPONSOREN

AMAG

Atto primo

Clariant Foundation

Freunde der Oper Zürich

Zürich Versicherungs-Gesellschaft AG

PROJEKTSPONSOREN

René und Susanne Braginsky-Stiftung

Freunde des Balletts Zürich

Ernst Göhner Stiftung

Hans Imholz-Stiftung

Max Kohler Stiftung

Kühne-Stiftung

Georg und Bertha Schwyzer-Winiker Stiftung

Hans und Edith Sulzer-Oravecz-Stiftung

Swiss Life

Swiss Re

Zürcher Kantonalbank

GÖNNERINNEN UND GÖNNER

Josef und Pirkko Ackermann

Alfons’ Blumenmarkt

Familie Thomas Bär

Bergos Privatbank

Margot Bodmer

Elektro Compagnoni AG

Stiftung Melinda Esterházy de Galantha

Fitnessparks Migros Zürich

Egon-und-Ingrid-Hug-Stiftung

Walter B. Kielholz Stiftung

KPMG AG

Landis & Gyr Stiftung

Die Mobiliar

Fondation Les Mûrons

Pro Helvetia, Schweizer Kulturstiftung

StockArt – Stiftung für Musik

John G. Turner und Jerry G. Fischer

Else von Sick Stiftung

Ernst von Siemens Musikstiftung

Elisabeth Weber-Stiftung

FÖRDERINNEN UND FÖRDERER

Art Mentor Foundation Lucerne CORAL STUDIO SA

Theodor und Constantin Davidoff Stiftung

Dr. Samuel Ehrhardt

Frankfurter Bankgesellschaft (Schweiz) AG

Garmin Switzerland

Elisabeth K. Gates Foundation Stiftung LYRA zur Förderung hochbegabter, junger Musiker und Musikerinnen

Irith Rappaport

Luzius R. Sprüngli

Madlen und Thomas von Stockar

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