DIE CSÁ RDÁ SFÜRSTIN
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DIE CSÁRDÁSFÜRSTIN
EMMERICH KÁLMÁN (1882-1953)
Pavol Breslik, Annette Dasch, Rebeca Olvera, Spencer Lang Spielzeit 2020/21HANDLUNG
1. Akt
Die Varieté-Sängerin Sylva Varescu zeigt ihre berühmte Folklorenummer, für die sie alle lieben. Auch Boni, der Sylvas Entdecker ist, und sein Kumpan Feri sind ganz begeistert. Die beiden unterhalten sich darüber, dass sich ihr Freund, der Fürstensohn Edwin, unsterblich in Sylva verliebt hat, obwohl er mit Stasi bereits standesgemäss verheiratet ist.
Boni und Feri bekennen sich in einer feuchtfröhlichen Herrenrunde zu ihrem leichtlebigen Lebensstil und ihrem ganz auf Amüsement abzielenden Verhältnis zu Frauen.
Stasi lässt ihren Ehemann Edwin wissen, die Affäre mit der Varieté-Sängerin müsse auf der Stelle ein Ende haben. Edwin aber will nicht. Für ihn gibt es nur Sylva. Auch Sylva selbst versucht Edwin klarzumachen, dass ihre gemeinsame Liebe keine Chance auf Erfüllung hat und sie sich deshalb aus Gründen der Vernunft besser trennen sollten. Sie eröffnet ihm, dies sei ihr letzter gemeinsamer Abend. Beide versichern sich noch einmal, dass es die grosse Liebe gibt – und sie sie miteinander gefunden haben.
Boni glaubt nicht an die Liebe. Er nimmt sich vor, kein Mädchen mehr anzuschauen. Aber er weiss auch, dass er gegen diesen Vorsatz wieder verstossen wird.
Sylva will noch einmal feiern und Champagner trinken, bevor sie Edwin verlässt.
Edwin hat eine spontane Hochzeitsfeier arrangiert: Er will Sylva heiraten. Beide unterschreiben einen Ehevertrag. Sylva kann ihr Glück nicht fassen. Plötzlich platzt Stasi in die Feierlichkeiten und sprengt die Veranstaltung.
Stasi und Edwin sind alleine. Sie stellt ihn zur Rede, ob er Sylva wirklich liebe. Edwin leugnet, das mit Sylva sei nur ein Rausch gewesen. Er fragt, wie es mit ihrer Ehe nun weitergehen soll. Stasi antwortet: «Zum Zusammenbleiben wird es reichen.» Sie malen sich ein Leben als treues Schwalbenpaar aus, das jenseits der grossen Liebesleidenschaften zusammenlebt.
Boni und Sylva kommen hinzu. Es wird ein ausgelassener Walzer getanzt. Alle vier steigern sich in den Taumel, dass man nur einmal lebt und das Hier und Jetzt geniessen muss.
Feri ist alleine. Er singt das Couplet vom alten Noah. Es handelt von der Bedeutung der Liebe im Augenblick des Weltuntergangs.
2. Akt
Als Edwin und Sylva sich wieder begegnen, sagt sie ihm, dass sie seine arrangierte Hochzeitsfeier nicht habe ernst nehmen können. Edwin und Sylva erachten ihre Beziehung für beendet und beschliessen gute Freunde zu bleiben. Selig erinnern sie sich zurück an die schönen Stunden, die sie miteinander hatten.
Boni und Stasi kommen sich näher und finden, dass sie gut zueinander passen. Das mache die dumme Liebe.
Edwin und Sylva entdecken Boni und Stasi zusammen und sehen plötzlich eine neue Chance für ihre Liebe. Sie sind glücklich.
Edwins Vater erscheint, der Fürst von Lippert-Weylersheim. Edwin erklärt ihm, dass sein Herz für Sylva schlägt. Der Vater ist empört, dass sich sein Sohn mit einer Person von niederem Stand eingelassen hat.
Sylva zeigt dem Fürsten den von Edwin unterschriebenen Heiratsvertrag und erklärt, sie sei sehr wohl eine Frau von Stand, nämlich eine Fürstin Weylersheim.
Aber da sie spürt, dass man sich in der fürstlichen Familie ihrer schämt, zerreisst sie den Ehevertrag und will lieber «Chansonette» bleiben.
Auch Feri will, dass Sylva dem Varieté erhalten bleibt. Gemeinsam mit Boni über redet er Sylva, einen Feuer-Csárdás zu tanzen, denn «Weisst du, wie lange noch der Globus sich dreht, ob es morgen nicht schon zu spät.»
Edwin steht – gegen den Willen des Vaters – zu Sylva und kehrt zu ihr zurück.
Die Paare sind glücklich vereint.
DIE REICHEN FLIEHEN AUFS WASSER
Wohlhabende in den USA haben ihre eigene Art, mit dem Coronavirus umzugehen.
Seit sich Corona auch zwischen New York und Los Angeles ausbreitet, surren über Manhattan die Motoren. Die Angst, sich bei einem Linienflug mit dem Virus zu infizieren, treibt Geschäftsleute und Prominente in Privatjets. Flugunternehmen schicken derweil regelmässig Hubschrauber in Küstenorte der Hamptons, wo sich viele wohlhabende New Yorker in ihren Ferienhäusern isoliert haben. Auf Bestellung versorgen sie die Stadtflüchtigen mit Medikamenten, Büchern und Computern.
Wegen Ausgangsbeschränkungen in Los Angeles und New York steigt auch die Nachfrage nach Hausangestellten, die mit ihren Arbeitgebern unter einem Dach wohnen. Die Vorzüge? Unterstützung beim Kochen, Putzen und Kinderhüten sowie ein geringeres Risiko, sich bei der Hausangestellten anzustecken, nachdem diese im Bus von Downtown Los Angeles nach Malibu gefahren ist. Firmen wie «Lily Pond Services», bei Prominenten wegen der Vermittlung diskreter Hilfe geschätzt, suchen in Pandemiezeiten aber auch medizinisches Personal. «Mich erreichen viele Anrufe von Klienten, die nach Ärzten oder Krankenschwestern fragen, die vorübergehend bei ihnen einziehen. Für den Fall, dass sie sich infizieren und getestet werden müssen», sagte Melissa Psitos, die Inhaberin von «Lily Pond Services».
Social Distancing treibt viele «One percenter», wie Amerikas Grossverdiener genannt werden, aufs Wasser. Obwohl die Saison noch nicht begonnen hat, ziehen sie sich auf Yachten zurück. Auch hier versucht Psitos zu helfen. «Plötzlich soll ich auch Boote mit Personal versorgen. Viele Leute machen sich so grosse Sorgen wegen des Virus, dass sie meinen, der sicherste Platz sei vor der Küste.»
Meldung aus der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» vom 24.3.2020
KREUZFAHRT IN DEN UNTERGANG
Ein Gespräch mit dem Regisseur Jan Philipp Gloger über eine Operette zwischen Witz und Katastrophe, grossen Gefühlen und Zeitkritik
Jan Philipp, eigentlich hätte unsere Premiere von Emmerich Kálmáns Csárdásfürstin im April 2020 stattfinden sollen. Dann kam die CoronaPandemie und hat alle Pläne über den Haufen geworfen. Die Entstehungsgeschichte dieser Neuproduktion ist so abenteuerlich wie die Zeit, in der sie erarbeitet wird.
Das kann man so sagen. Wir waren nach drei Probenwochen gerade zum ersten Mal durch das Stück und haben – ohne Witz – an einem Freitag, dem 13. an der letzten Szene und der Textzeile gearbeitet «Weisst du, wie lang noch der Globus sich dreht, ob es nicht morgen schon zu spät», als der Intendant auf der Probebühne erschien und wegen Corona alle auf der Stelle nach Hause geschickt hat. Die Wirklichkeit war in diesem Moment noch absurder und theatralischer als die Operette selbst. Es war anschliessend in der Phase des strengen Lockdowns fraglich, ob die Produktion überhaupt je zu Ende geprobt werden kann. Aber das Opernhaus hat dann mit den ersten Lockerungen Anfang Juli die Künstler wieder zusammentrommeln und zehn Probentage möglich machen können. In dieser Phase haben wir die Inszenierung szenisch zu Ende gearbeitet und an die Corona-Bedingungen angepasst. Die Endproben haben nun sehr gedrängt im September stattgefunden auf einer Spielplanposition, auf der eigentlich die Wiederaufnahme der Csárdásfürstin geplant war. Organisatorisch war das alles hochkompliziert, aber wir sind natürlich wahnsinnig froh, dass wir das Stück zeigen können. Gerade weil es so gut in diese Zeit passt.
Worin besteht denn die Relevanz dieser Geschichte für uns heute?
Die Handlung spielt in den späten Tagen der österreichisch-ungarischen Monarchie, lebt vom Standesunterschied zwischen einem hochwohlgeborenen Grafen und einer Varieté-Chansonette, beschwört Balkan-Folklore und walzertrunkene Wien-Seligkeit.
Das Stück erzählt von einer Gesellschaft, die notorisch über ihre Verhältnisse lebt. Die Akteure ignorieren die Zeichen einer drohenden Katastrophe und gehen fröhlich feiernd über sie hinweg. Die Csárdásfürstin ist bei aller guten Laune ein Krisenstück. Emmerich Kálmán hat diese Operette unmittelbar vor Beginn des Ersten Weltkriegs zu schreiben begonnen in einem Moment, in der ein ganzer Kontinent optimistisch gestimmt war, sich selbst geradezu überdreht gefeiert hat, um dann blauäugig in die Kriegskatastrophe zu steuern. Diese Situation ist dem Stück tief eingeschrieben.
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Kálmán musste die Komposition wegen des Kriegsausbruchs unterbrechen. Die für 1914 vorgesehene Uraufführung wurde abgesagt, weil die Theater vorübergehend geschlossen waren. Er hat das Stück nach Kriegsbeginn zu Ende komponiert und im zweiten und dritten Akt mit den Texten und der Musik auf die aktuelle Stimmungslage reagiert. Genau. Deshalb tauchen in der Csárdásfürstin Zeilen auf wie «Mag die ganze Welt versinken, hab ich dich» oder «Hurra, man lebt ja nur einmal, und einmal ist keinmal». Das Stück weiss um die nahende Katastrophe, überspielt sie aber und thematisiert gleichzeitig die Verdrängung. Sorglos über die Verhältnisse zu leben, ist für mich ein markantes Kennzeichen unserer Gegenwart. Und die Pandemie lehrt uns jetzt, dass solche Sorglosigkeit völlig unangemessen ist angesichts der globalen Probleme, denen wir uns gegenüber sehen. In der Csárdásfürstin wird alles Krisenhafte vom Tisch gewischt, wenn Graf Boni singt «Ganzes Dasein ist ein Schmarren, Freunderl sei gescheit, heut’ in fünfzig Jahren leben andere Leut’». Das heisst doch nichts anderes als: Lasst uns jetzt leben und nicht an zukünftige Generationen denken. Das ist genau das, was Greta Thunberg und ihre Bewegung den politisch Handelnden vorwerfen. Zur Entstehungszeit der Csárdásfürstin war die Katastrophe der Erste Weltkrieg, heute werden wir von Pandemien heimge-
sucht, an deren Ausbruch die Zivilisation ja nicht ganz unschuldig ist. Es schmelzen die Polkappen, die Ozeane sind vermüllt, mächtige Männer veranstalten politischen Irrsinn, die Schere zwischen Arm und Reich geht immer weiter auseinander, ein entfesselter Finanzkapitalismus entzieht sich der gesellschaftlichen Verantwortung usw. Als wir uns das Inszenierungskonzept ausgedacht haben, gab es Corona natürlich noch nicht.
All diese Themen halten Einzug in deine Inszenierung?
Wir hatten die Idee, die Csárdásfürstin als eine Kreuzfahrt in den Untergang zu erzählen. Unser Schiff ist eine Luxusjacht, auf die sich Superreiche wie auf eine Insel der Seligen zurückgezogen haben. Sie verschliessen die Augen vor den Anzeichen der Katastrophen, von denen sie umgeben sind, und sie überspielen mit Csárdás- und Walzerschwung auch ihre persönlichen Beziehungskatastrophen. Denn natürlich wird die Csárdásfürstin, wie jede Operette, getragen von Liebesgeschichten. Auch im Privaten agieren die Hauptfiguren mit einer Haltung der Verdrängung, die zu konfliktreichen Verstrickungen führt.
Man denkt unweigerlich an die Titanic, die zwei Jahre vor der Entstehung der Csárdásfürstin gesunken ist. Unser Schiff ist zwar auch dem Untergang geweiht, aber es ist, wie gesagt, eine Luxusjacht, die für enge Räume sorgt, in denen die Konflikte aufeinanderprallen. Es ist ein Rückzugsort vor der Wirklichkeit, der aber von der Katastrophe eingeholt wird. Dem Stück ist vor dem letzten Drittel ein Bruch einkomponiert. Wenn Edwin und Silva ihr schönes Duett singen «Weisst du es noch? Denkst du auch manchmal der Stunden? Süss war der Rausch, der uns im Taumel umgab!» ist klar, dass zwischen den beiden, aber auch was die Weltlage angeht, nichts mehr so ist, wie es vorher war.
Das klingt, als ob bei dir aus der Operette ein Problemstück würde. Man kann auch auf komödiantische Weise Katastrophisches thematisieren, kann im besten Fall das Lachen in den Schrecken kippen lassen und mit den Mitteln der Überzeichnung arbeiten. Von denen lebt ja die Operetten-
form. Und es wird schon alleine deshalb kein Problemstück, weil Operetten nicht moralisch sind. Wenn sie gut gemacht sind, haben sie im Gegenteil etwas diabolisch Verführerisches: Man hat als Zuschauer Spass an dem moralisch zweifelhaften Rausch, den sie entfachen. Man erwischt sich dabei, wie man sich im Sog der eingängigen Musik selbst er fassen lässt von der Sorglosigkeit und der Verantwortungslosigkeit der Operette.
Ist die Operette noch eine zeitgemässe Form des Musiktheaters?
Sie steht nach wie vor unter dem Vorbehalt, verstaubt zu sein, und ich muss zugeben, dass ich auch zuerst an meinen Grossvater und seine Langspielplatten mit den Operettenmelodien denke. Aber gleichzeitig besitzt die Operette als Mischform des Musiktheaters eine Offenheit, die sie für unsere Gegenwart sehr interessant macht. Im Schauspiel ist es ja auch üblich, Sprechtexte mit Gesang oder Instrumentalmusik zu kombinieren, ähnlich wie es die Operette tut, und da ich als Regisseur viel im Schauspiel arbeite, ist mir eine Form, die mit Versatzstücken spielt, sehr nahe.
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Die Csárdásfürstin ist deine erste Operette. Hattest du Respekt vor der Form?
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Ich habe mich schon erst einmal schwer damit getan, das Angebot anzunehmen. In der Operette treffen Gesang und anspruchsvolle Musik auf Dialoge, Tanz und Unterhaltung. Das alles unter einen Hut zu bringen, ist nicht einfach, denn man kann sich um die Anforderungen nicht herumdrücken, man muss das Metier auch bedienen. Die Operette funktioniert nicht ohne Tanzsszenen, Dialogwitz, das Wechselspiel von wahrhaftigem Gefühlsausdruck in den Gesangsnummern und ironischer Leichtigkeit im Spiel. Ich habe mich gefragt, ob ich dem gerecht werden kann, gleichzeitig hat es mich natürlich gereizt, zumal die Csárdásfürstin eine richtig saftige Operette für den Einstieg in das Genre ist, sozusagen ein Klassiker. Wenn schon, dann gleich richtig, habe ich mir schliesslich gedacht – und zugesagt.
Wie muss man Operette machen, damit sie nicht verstaubt wirkt?
Ich finde es wichtig, die Stoffe aus ihrer Zeit heraus zu verstehen. Das heisst 15
aber nicht, dass man sie im Setting ihrer Zeit erzählen muss. Als Theatermuseum funktioniert die Operette nicht. Sie hat immer stark auf ihre Zeit reagiert, und deshalb muss sie auch auf unsere Gegenwart reagieren. Und diese Anknüpfungspunkte gibt es: Eines meiner Lieblingsthemen im Theater ist die Theatralisierung unserer modernen, medial geprägten Wirklichkeit. Überall wird performt und die Grenzen zwischen Wahrheit und Fake, zwischen echten und dargestellten Gefühlen verschwimmen. Das findet in der Operette eine spannende Entsprechung, denn die Operette ist sich ihrer Theatralität immer sehr bewusst.
Wie stark ist das Stück bearbeitet, um der Inszenierung szenische Plausibilität zu verleihen?
An einigen Stellen haben wir schon stark in die Geschichte eingegriffen. Die Dialoge sind sehr ausführlich und mitunter auch ein bisschen banal. Ich sehe darin Gebrauchsdramatik, mit der man eher frei umgehen kann. Wir haben die Dialoge zwar gekürzt und verändert, uns aber so weit wie möglich am Original-Sprechtext orientiert. Ich finde die Reibung zwischen einer veralteten Sprache und modernen Figuren im Theater immer produktiv. Man geht von dem originalen Text aus und probiert, wie man ihn heutig und direkt auf die Bühne bringen könnte. Die Künstlichkeit und die Überzeichnung, die der Operette in den Musiknummern zu eigen ist, darf sich dabei nicht in den Dialogen fortsetzen. Sonst hört man nämlich nicht mehr zu und wartet nur noch auf die nächste Musiknummer. Aber die Figuren darf man durch die Veränderungen natürlich nicht verlieren. Die müssen in ihren Konstellationen, Prägungen und Konflikten erhalten bleiben, genau wie die Musik, die in unserer Inszenierung, abgesehen von wenigen Takten, vollständig erklingt. Wir haben hier und da mal eine Nummer umgestellt, aber sonst alles gelassen, wie es geschrieben ist.
Die Texte in der Csárdásfürstin sind nicht sehr zeitgemäss. Das ist noch sehr vorsichtig formuliert. Man kann ganz offen sagen, dass manche Texte ungeheuer sexistisch sind. Das waren sie damals, und das sind sie heute erst recht. Zeilen wie «Ganz ohne Weiber geht die Chose nicht»
oder das gönnerhafte «Die Mädis, die Mädis vom Chantat, die nehmen die Liebe nicht so tragisch.» sind von Kálmán und seinen beiden männlichen Textdichtern aus einem ganz unbekümmerten patriarchalischen Chauvinismus heraus geschrieben. Man kann diesen Sexismus nicht rausstreichen, also muss man ihn thematisieren. Die Strategie muss sein, ihn in seiner Unappetitlichkeit und seinem herabwürdigenden Gestus blosszustellen. Wir versuchen zu zeigen, welche Spuren der schlechte Herrenwitz hinterlässt, und wie leicht der frivole chauvinistische Ton ins Unangenehme kippt. Der Sexismus ist für mich Teil der gleichen Ignoranz und Verantwortungslosigkeit, mit der die Csárdásfürstin-Figuren auch auf die Probleme der Welt herabblicken. Im Stück wird auch in einer Nummer der «Zigeuner» besungen, der seine Geige nehmen soll. Es gibt aktuell Diskussionen darüber, ob dieser Begriff diskriminierend ist. Wie gehst du damit um?
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Wir haben den Text geändert. Das Wort «Zigeuner» kommt in unserer Version nicht mehr vor, ohne dass grössere Eingriffe nötig waren. Es steht nun mal für die Diskriminierung der Sinti und Roma, und wer es übernimmt, läuft Gefahr, diese Diskriminierung fortzuschreiben. Andererseits finde ich sehr wohl, dass man auf dem Theater diskriminierende Klischees nutzen darf, wenn man sie bewusst thematisiert und sie dadurch der Kritik überantwortet. Bei uns gibt es beispielsweise auch eine von Edwin inszenierte Südseehochzeit, in der eine Tänzertruppe den reichen Gästen eine fragwürdig touristische Südseeromantik vorspielt. Wenn wir zeigen wollen, wie eine weisse Oberschicht die Welt ausbeutet, gehört auch dieser unangenehme, falsche Exotismus dazu. Man muss die Klischees eben bis zur Kenntlichkeit entstellen.
Läuft man dann nicht Gefahr, sich über die Operette lustig zu machen?
Natürlich nicht! Die Operette macht sich ja schon über sich selbst lustig. Sich von etwas ironisch zu distanzieren, das selbst mit Ironie operiert, geht ja gar nicht. Man muss in das Material einsteigen und dazwischen kommen. Das ist das Tolle an der Operettenform, dass die Figuren und Situationen immer von einem starken Bewusstsein für die Theatralität und das Spielerische ihres Daseins getragen sind. Wir haben es in der Csárdásfürstin mit Typen
zu tun, die fast schablonenhaft von ihrem sozialen Rollenspiel geprägt sind, Edwin als ewiger Sohn eines reichen Vaters, Sylva, die Chansonette aus einfachen Verhältnissen, oder der gealterte Bohemien und Playboy Feri Bacsi, der weinselig und vergangenheitstrunken die Welt betrachtet.
Lässt sich diesen altmodischen Beziehungen Modernes abgewinnen?
Ich finde die gar nicht so altmodisch. Eine Mehrklassengesellschaft kennen wir doch heute auch. In den gesellschaftlichen Verhältnissen unserer Tage, in denen die Schere zwischen Arm und Reich immer grösser wird, verlaufen doch auch Liebesgeschichten zwischen einem gesellschaftlichen Oben und Unten. Mich interessieren solche gesellschaftlichen Aspekte von Beziehungen auf dem Theater immer mehr als privatpsychologische, weil man sie viel besser beschreiben und darstellen kann. Stasi, Edwins Verlobte, die in unserer Inszenierung bereits mit ihm verheiratet ist und in einer schweren Ehekrise steckt, antwortet auf die Frage ihres Gatten, ob sie ihn noch lieb habe: «Zum Zusammenbleiben wird es wohl reichen.» Das ist doch ein ungeheuer moderner Satz. Das kennen wir doch aus dem wirklichen Leben: Es wird weggeguckt, man geht die Beziehungsprobleme nicht an und arrangiert sich. Alle Figuren in der Csárdásfürstin sind geprägt von einer gewissen Unbeweglichkeit. Sie haben nicht die Kraft, sich aus ihren Verhältnissen zu befreien.
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Das Gespräch führte Claus Spahn
Selten gehen Grafen vor drei Uhr morgens schlafen.
Tänzer, Martin Zysset, Spencer Lang Spielzeit 2020/21 Annette Dasch, Tänzer:innen Spielzeit 2020/21Der alte Noah
Als die Sintflut kam auf Erden, sprach Herr Noah weise: «Jetzt muss eingestiegen werden auf die letzte Reise.
Was da lebt, ob gross, ob klein, packt mir in mein Schifflein ein. Aber bitte denkt auch dran, es müssen üb’rall Pärchen sein, denn ein Weibchen ohne Mann, das steigt mir ja nicht ein.»
Der alte Noah, der hat’s gewusst, die schönste Boa wärmt nicht die Brust. Wenn’s drin im Herzen nicht so stürmisch klopft und pocht, dass dir das Blut wie in der Teemaschine kocht.
Der alte Noah, der hat’s heraus, die schönste Boa, die macht’s nicht aus, es müssen alle wahren Hitzen
ganz woanders sitzen, dann, dann nur zahlt die Welt sich aus!
Wer den Zauber nie genossen, den die Liebe spendet, wer vor Sehnsucht nie zerflossen, hat die Zeit verschwendet. Nur wer heimlich heiss geküsst, hat gefühlt was göttlich ist. Was dann immer kommen mag, und wenn es auch das Schlimmste wär’, den verliebten Tag, den nimmt uns keiner mehr.
Der alte Noah, der hat’s gewusst, die schönste Boa wärmt nicht die Brust. Wenn’s drin im Herzen nicht so stürmisch klopft und pocht, dass dir das Blut wie in der Teemaschine kocht.
Der alte Noah, der hat’s heraus, die schönste Boa, die macht’s nicht aus, es müssen alle wahren Hitzen
ganz woanders sitzen, dann, dann nur zahlt die Welt sich aus!
Das Couplet «Der alte Noah» entstammt der Operette «Die Faschingsfee», die Emmerich Kálmán 1915 komponiert hat.
Martin Zysset Spielzeit 2020/21Drum tanz’, mein Lieber, eh’s vorüber!
Operette
Mehr Logik will ich, als die Welt kann fassen; drum leb ich lieber, wo sie fehlt: im Traum.
Am Tag jedoch wehrt ihr die Welt den Raum und just den Traum will sie ihr überlassen.
Heillose Wissenschaft zerrt an dem Saum, verpöbelnd das Geheimnis vor den Massen, die dort, wo Zweck ist, kläglich ihn verpassen und dort, wo Grund ist, ihn berühren kaum.
Doch jeder weiss, wenn nur zu ahnen wäre, und jeder wähnt, wenn er zu denken hätte, und Wahn berechnet, Plan ist im Gebet.
Das Chaos ohne die Kausalität!
Die Bühne wär’ es, die ich lang entbehre und die die Welt nicht träumt: die Operette.
Karl KrausCSÁRDÁ S AM
ABGRUND EINER EPOCHE
Zur Entstehung von Emmerich Kálmáns WeltkriegsOperette «Die Csárdásfürstin»
Stefan Frey«Die Räume, die ich damals bewohnte, waren eben dieselben, in welchen Kaiser Franz Joseph den historischen Besuch König Eduards VII. empfangen hatte, und als ich dort in bester Laune die heiteren Melodien schrieb, ahnte ich nicht, dass sich eben daselbst das Vorspiel, welches den Keim des zukünftigen Weltbrandes schon in sich trug, ereignet habe». Dies schrieb Emmerich Kálmán über seinen Aufenthalt im böhmischen Kurort Marienbad, wo er im Mai 1914 den ersten Akt seiner Operette Die Csárdásfürstin komponiert hatte. Das Textbuch von Leo Stein und Béla Jenbach trug damals noch den Titel Es lebe die Liebe, enthielt aber schon eine an sich unscheinbare Szene, die im Nachhinein geradezu prophetisch anmutet. Sie markiert den Einbruch der Realität «des zukünftigen Weltbrandes» in die scheinbar unbeschwerte Traumwelt dieser Operette. Schauplatz ist das Budapester Orpheum, ein Varieté, dessen Star Sylva Varescu ist. Es geht aber nicht um sie, sondern um ihren Geliebten Edwin Ronald von und zu Lippert-Weylersheim. Sein fürstlicher Vater will die Mesalliance mit der Chansonette um jeden Preis verhindern. Zu diesem Zweck schickt er Edwins Vetter Oberleutnant Eugen Rohnsdorff mit einer Depesche nach Budapest: Eugen: «Du musst nach Wien. Augenblicklich.»
Edwin: «Nach Wien? Jetzt? Fällt mir nicht ein!»
Eugen: «Da lies.»
Edwin: «Eine Einberufung?»
Eugen: «Persönliche Meldung beim Korpskommando. Morgen – also heute, 11. Mai, halb zwölf Vormittags.»
Edwin: «Teufel!»
Dieser scheinbar belanglose Dialog zwischen Edwin und seinem Vetter Eugen ist der entscheidende Wendepunkt in Kálmáns Operette. Denn Edwins Einberufung führt – zumindest vorerst – zur vom Vater gewünschten Trennung der beiden Liebenden. Edwin muss Sylva und das Orpheum verlassen. Wozu er einberufen wird, bleibt allerdings offen.
Als die Librettisten Leo Stein und Béla Jenbach dem Komponisten das Manuskript der Operette im Mai 1914 übergaben, dachten sie bei dieser Szene wahrscheinlich an nichts weiter als die übliche Einberufung eines Reserveoffiziers. Als aber Die Csárdásfürstin im November 1915 uraufgeführt wurde, mochte an eine solch harmlose Einberufung niemand mehr glauben, tobte doch seit über einem Jahr der Terror des Ersten Weltkriegs. Und mit dessen Ausbruch hatte sich die Bedeutung des Wortes «Einberufung» entscheidend verändert. Zwar liessen die Autoren deren Zweck auch weiterhin offen, doch hatten sie die Zeitangabe «Gegenwart» ausdrücklich beibehalten. Und so ist der Krieg, obwohl er nie thematisiert wird, in dieser Operette immer präsent.
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Allein dass der erste Akt mit der Trennung der Liebenden endet, ist ein Bruch der Genrekonvention und Symptom einer Krise. Denn die ernüchternde Katerstimmung, die sich daraufhin breitmacht, hat nicht nur mit den geplatzten Träumen des Fürstensohns Edwin und der Chansonette Sylva zu tun, sondern mit dem lauten Zerplatzen aller Illusionen auch ausserhalb der bis dahin so heilen Operettenwelt – und das just zu dem Zeitpunkt, da Kálmán den ersten Akt abgeschlossen hatte. Er war gerade zu Besuch in Budapest, als am 28. Juni 1914 der österreichische Thronfolger Franz Ferdinand in Sarajewo ermordet wurde. Einen Monat später begann der Erste Weltkrieg.
Vom Kriegsausbruch jäh aus seinem schöpferischen Csárdás-Taumel gerissen, legte der Komponist das Werk beiseite und reagierte zunächst ganz pragmatisch auf die geänderten Repertoirewünsche der Theater. Gefragt waren nun patriotische Stücke, die der aktuellen Kriegsbegeisterung Rechnung trugen. Kálmán arbeitete also gemeinsam mit dem Librettisten Victor Léon sein vier Jahre altes Singspiel Der gute Kamerad in eine reisserische Kriegsoperette um – ihr Titel Gold gab ich für Eisen. Höhepunkt der Uraufführung am 17. Oktober 1914 war das – laut Fremden-Blatt – «überaus drastische Zeppelin-Duett, das die Leute nicht oft genug hören konnten» und folgenden Refrain hatte:
«Kommt ein Vogerl hergeflogen , und das nennt sich Zeppe-Zeppelin! Hat ein Bomberl im Schnaberl… ein Gruss von Berlin und Wien!»
Wiens grosser Satiriker Karl Kraus war entsetzt: «Dass sich unter den Auspizien des Sternenhimmels eine Operette des Namens Gold gab ich für Eisen abspielen konnte, diese Tatsache wird den Nachlebenden mehr über den Weltkrieg, den wir gleichzeitig führten, zu denken geben, als alle Geschichtsbücher.» Doch hier irrte Karl Kraus. Nicht Emmerich Kálmáns patriotisches Singspiel Gold gab ich für Eisen gibt den Nachlebenden noch heute über den Ersten Weltkrieg zu denken, sondern ein anderes Werk desselben Komponisten: Die Csárdásfürstin.
Bevor Kálmán allerdings an diesem Werk weiterarbeiten konnte, musste er ein schon vorher begonnenes Projekt zu Ende bringen: seine letzte ungarische Operette Zsuzsi Kisasszony, Vorläuferin der späteren Faschingsfee und bei der Uraufführung am 27. Februar 1915 im Budapester Vigszínház sofort ein grosser Erfolg. Erst danach nahm Kálmán die Arbeit an der in Marienbad begonnenen Csárdásfürstin wieder auf. Dass die Operette inzwischen umbenannt worden war, hatte allerdings ganz banale Gründe und lag an der zu grossen Ähnlichkeit des ursprünglichen Titels Es lebe die Liebe mit Rund um die Liebe von Oscar Straus, einer Operette, die in Wien Anfang 1915 äusserst erfolgreich war. Am ursprünglichen Libretto von Es lebe die Liebe wurden nur wenige zeitbedingte Retuschen vorgenommen. Sie waren vor allem dem bevorstehenden Kriegseintritt Rumäniens auf der Seite der Alliierten geschuldet, gingen aber nicht so weit, den unverkennbar rumänischen Namen der Titelheldin und ihres Freundes und Landsmanns Graf Boni Kancsianu zu ändern. Freilich fiel sein «ungarisch-rumänischer Dialekt» dem Rotstift zum Opfer, und statt «im rumänischen Nationalkostüm», wie ursprünglich vorgesehen, bestreitet sie ihre erste Nummer nun «im ungarisch-siebenbürgischem Nationalkostüm».
Vom «Siebenbürger Mädel» konnte in der Eröffnungsnummer also noch gar keine Rede sein, was aber vor allem daran lag, dass es im Manuskript kaum Musiknummern mit Text gab, da Kálmán am liebsten ohne Text komponierte. Meist wurden seiner Musik die Worte erst nachträglich unterlegt. Trotzdem finden sich in Es lebe die Liebe drei Liedtexte, von denen immerhin zwei in der Csárdásfürstin verwendet wurden: die erste Strophe des nachtlebenslustigen
Marschlieds über die «Mädis vom Chantant» sowie der spätere Walzerrefrain des ersten Duetts von Edwin und Sylva «Mädchen gibt es wunderfeine», in Es lebe die Liebe noch als Edwins – bis heute fehlendes – Auftrittslied gedacht. Ansonsten stimmt die endgültige Handlungsführung der Csárdásfürstin mit der ursprünglichen von Es lebe die Liebe vollkommen überein. Selbst die Anlage der beiden Finali hat sich kaum mehr geändert.
Zum eigentlichen Ausarbeiten der Musiknummern des zweiten Akts folgte Emmerich Kálmán 1915 erstmals dem Operettenbetrieb in dessen offizielle Sommerresidenz nach Bad Ischl. Dort bezog er ein geradezu historisches Quartier: die Rosenvilla, auch «Meyerbeerstöckl» genannt, hatte doch hier Giacomo Meyerbeer seine Oper Der Prophet geschrieben. Beherbergt hatte das kleine, ebenerdige Sommerhäuschen ausserdem bereits Johannes Brahms und Franz Lehár. Vom genius loci überwältigt und den für die Gesangstexte zuständigen Librettisten Béla Jenbach an der Seite, machte sich Kálmán unverzüglich ans Werk. Dabei erwies sich die Zusammenarbeit mit letzterem als Glücksfall. Der frühere Burgschauspieler traf den Ton, den die Musik vorgab, mit einer solchen Selbstverständlichkeit, dass man meinen konnte, es wären seine Verse gewesen, die Kálmán in Musik gesetzt hat und nicht umgekehrt.
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Die ganze Operette ist ein Werk des Abschieds
Wie beim Csárdás selbst liegen auch in den Gesangstexten der Csárdásfürstin Überschwang und Verzweiflung nah beieinander – ein Spiegel der Befindlichkeit sowohl der Figuren als auch der Epoche. Zwar behauptet Boni gleich zu Beginn: «die Mädis vom Chantant, die nehmen die Liebe nicht so tragisch», doch spricht dies der weiteren Handlung geradezu Hohn. Entsprechend melancholisch, im «langsamen Marschtempo» klingt es dann bei Kálmán. Diese Melancholie bestimmt die Atmosphäre der ganzen Operette, mag es an der Oberfläche noch so ausgelassen zugehen. Dass der Text dabei der Musik nichts schuldig bleibt, macht die besondere Qualität der Csárdásfürstin aus. Nicht zufällig beginnt sie mit dem Ende einer Vorstellung auf der Bühne. Die ganze Operette ist ein Werk
des Abschieds: «Jedem schlägt einmal sein Stündchen.» Das gilt auch für das Happyend. Die drohende Mesalliance von Fürstensohn und Chansonnette wird nämlich nicht wie üblich dadurch verhindert, dass sich der sozial tiefer stehende Partner durch eine – im dritten Akt meist durch einen deus ex machina herbeigeführte – glückliche familiäre Fügung als gleichwertig erweist, sondern der sozial höher stehende. Nicht also die Chansonnette entpuppt sich als Fürstentochter, sondern der Fürst als Chansonettensohn. Der Lippert Weylersheimsche «Stammbaum zerfällt in lauter Brettl».
Die Csárdásfürstin traf von Anfang an den Nerv ihres Publikums
Dieser Zerfall einer längst schon morschen gesellschaftlichen Ordnung macht sich überall bemerkbar, nicht zuletzt in apokalyptischen Textzeilen, die sich in der Csárdásfürstin häufen wie in kaum einer anderen Operette. Das Kokettieren des Genres mit dem Weltuntergang wird hier zum Lebensgefühl erhoben. Es ist eine verzweifelte Vitalität, die angesichts der nahen Katastrophe alle Beteiligten fast schon panisch packt. «Hurrah, hurrah! Man lebt ja nur einmal, und einmal ist keinmal. Nur einmal lebt man ja!» singen die durcheinander gewirbelten Paare im Quartett des zweiten Akts. Nicht zufällig tauchen solche Textstellen gehäuft in jenem Akt der Csárdásfürstin auf, der nach Kriegsausbruch komponiert wurde. Fast schon prophetisch ist die Atmosphäre im Schatten des Weltuntergangs eingefangen, wenn, was voll überschäumender Walzerseligkeit «tausend kleine Engel singen», in Sylvas und Edwins mitreissendem Tanzduett zur makaberen Offenbarung wird: «Mag die ganze Welt versinken, hab ich dich!» Apokalyptische Sätze wie diese entsprachen einem Zeitgefühl, dessen prägnantester Ausdruck der Refrain des «Feuercsárdás’» im dritten Akt ist: «Jaj Mamam, Bruderherz, ich kauf mir die Welt! Jaj Mamam, was liegt mir am lumpigen Geld. Weisst du, wie lang noch der Globus sich dreht, ob es morgen nicht schon zu spät!» Ausgerechnet diese Nummer hatte Kálmán bereits lange vor dem Ersten Weltkrieg komponiert – im Januar 1914 als Einlage für A Kis Király, der ungarischen Fassung seiner letzen Wiener Operette Der Kleine König.
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Die Csárdásfürstin traf von Anfang an den Nerv ihres Publikums. Dabei müsste «das Lächeln des teilnahmsvoll mitgehenden Zuschauers sich eigentlich in Tränen auflösen», meinte die Neue Freie Presse nach der Uraufführung am 17. November 1915 im Wiener Johann-Strauss-Theater. Eigentlich war sie für Freitag, den 13. angesetzt gewesen, wie Kálmáns erster Biograf Julius Bistron überlieferte. «Kálmán, der sehr abergläubisch war, tat alles mögliche, um den Direktor von diesem Termin abzubringen. Vergeblich. Da kam ihm Josef König mit einer plötzlich ausgebrochenen Heiserkeit zu Hilfe. Die Premiere musste auf den 17. verlegt werden, und die entstandene Pause wurde dazu benutzt, um für Josef König jene allabendlich stürmisch belachte Telefonszene einzulegen, die seither oft kopiert, aber nie erreicht wurde.» Nicht nur deswegen trug der vormalige Volksschullehrer Josef König zum Erfolg der Csárdásfürstin bei. Als Graf Boni wurde er zum heimlichen Zentrum der Aufführung. Karl Bachmanns «feierliche Haltung» als Edwin reizte ihn, wie die Neue Freie Presse schrieb, «zu den wirksamsten parodistischen Übertreibungen». Sein Gegenpol war die elegante Sylva Varescu der Mizzi Günther, als legendäre Uraufführungsdarstellerin von Lehárs Lustiger Witwe die Grande Dame der Wiener Operette ihrer Epoche. Die Kritiken waren euphorisch, ausdrücklich gewürdigt wurde der Versuch, «der Operette eine vernünftige, dem Leben entnommene Handlung zugrunde zu legen. Der in einem Varieté spielende erste Akt ist einer der packendsten, die man je auf der Operettenbühne gesehen», konstatierte Die Zeit: «Just solche Stücke und die Art, wie sie vom Publikum aufgenommen werden, beweisen, dass das Drama viel stärker wirkt als irgendeine noch so prickelnde Musik.»
Die Markenzeichen von Kálmáns Orchester stehen in voller Blüte
«Er ist der richtige Ausgleichskomponist, steht immer mit einem Fuss in der ungarischen Skala drin, mit dem anderen auf dem Tanzboden, aus dem der Wiener Walzer spriesst. Es entbehrt nicht der Pikanterie, wie er eine leicht fassliche Melodie zwischen Celesta und Piccolo einbettet, wie er aus der magyarisch gefärbten Molltonart in das Kolorit des Wiener Barrooms den Übergang fin-
det», schrieb der Kritikerpabst Ludwig Karpath anlässlich der Uraufführung über den Komponisten. Tatsächlich kommt Emmerich Kálmáns unverwechselbarer Orchesterklang erst in der Csárdásfürstin wirklich zur Geltung. Die kontrapunktisch geführten Flötenläufe der Buffonummern, die ausgefallenen Holzbläsermischungen, überhaupt die kontrapunktisch rhythmisierten Instrumentalstimmen, die perlenden Harfenglissandi, die sehnsüchtigen Hornrufe, das Posaunenpathos der Finali – alle Markenzeichen des Kálmán-Orchesters stehen hier in voller Blüte. Der Komponist hat angesichts der Katastrophe endgültig zu sich selbst gefunden. «Seine Musik lächelt unter Tränen, behält selbst im stärksten Übermute den Einschlag eines wehmütigen Moll», schrieb die Wiener Abendpost. Vor dem Hintergrund des Weltkriegs war dies der Ton, auf den die Zeit gestimmt war. Dass fast jede Nummer ein Schlager war, tat ein Übriges.
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Bis zum Mai 1917 folgten in Wien noch 533 Ensuite-Aufführungen, in Budapest fast ebenso viele. Und obwohl der Boykott deutschsprachiger Werke durch die Alliierten die internationale Verbreitung stark einschränkte, reichte die Wirkung der Csárdásfürstin in Mittel- und Osteuropa bis ins vorrevolutionäre Russland. Bis heute zählt Die Csárdásfürstin zu den Zugstücken des russischen Operettenrepertoires. Die spektakulärste Aufführung aber war zweifellos die am Berliner Metropoltheater 1916. Dort inszenierte Direktor Richard Schultz Die Csárdásfürstin mit allen Schikanen seiner legendären Vorkriegsrevuen. «Das knallte nur so. Das war Operette!», schwärmte Kritikerpabst Oscar Bie, noch mehr aber von der Sylva Varescu der Fritzi Massary, Berlins OperettenDiva assoluta: «Die Massary reisst die ungarische Seele, die das Stück haben könnte, so sichtbar heraus, dass sie oft die Autoren beschämt und also beglückt haben muss… Sie wirft sich in die Extreme und kostet die ganze Skala der Leidenschaften durch.» Und sie hatte sich Bonis selbstironischen Schlager «Ganz ohne Weiber geht die Chose nicht!» unter den Nagel gerissen, eine Nummer, die typisch ist für Kálmáns emotionales Kontrastprogramm, war doch sein einziger Bruder Béla am 18. September 1915 einer Lungenentzündung erlegen: «Gerade, als ich den lustigen Refrain instrumentiert hatte, bekam ich die Nachricht von seinem Tod… Die vielen Menschen, die sich später bei diesem Liedchen unterhielten, haben gewiss nicht geahnt, unter wie viel Schmerzen und Tränen es geboren wurde.»
Weisst du es noch? Süss war der Rausch, der uns im Taumel umgab.
EINE WUNDERBARE
UNBESORGTHEIT
Über das Lebensgefühl der Menschen kurz vor dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs
Stefan Zweig
Nie habe ich unsere alte Erde mehr geliebt als in diesen letzten Jahren vor dem Ersten Weltkrieg, nie mehr auf Europas Einigung gehofft, nie mehr an seine Zukunft geglaubt als in dieser Zeit, da wir meinten, eine neue Morgenröte zu erblicken. Aber es war in Wahrheit schon der Feuerschein des nahenden Weltbrands. (…)
Vierzig Jahre Frieden hatten den wirtschaftlichen Organismus der Länder gekräftigt, die Technik den Rhythmus des Lebens beschwingt, die wissenschaftlichen Entdeckungen den Geist jener Generation stolz gemacht; ein Aufschwung begann, der in allen Ländern unseres Europas fast gleichmässig zu fühlen war. Die Städte wurden schöner und volkreicher von Jahr zu Jahr. (…) Wann immer man wiederkam, war man erstaunt und beglückt; breiter, prunkvoller wurden die Strassen, machtvoller die öffentlichen Bauten, luxuriöser und geschmackvoller die Geschäfte. Man spürte es an allen Dingen, wie der Reichtum wuchs und wie er sich verbreitete; selbst wir Schriftsteller merkten es an den Auflagen, die sich in dieser einen Spanne von zehn Jahren verdreifachten, verfünffachten, verzehnfachten. Überall entstanden neue Theater, Bibliotheken, Museen; Bequemlichkeiten, die wie Badezimmer und Telephon vordem das Privileg enger Kreise gewesen, drangen ein in die kleinbürgerlichen Kreise, und von unten stieg, seit die Arbeitszeit verkürzt war, das Proletariat empor, Anteil wenigstens an den kleinen Freuden und Behaglichkeiten des Lebens zu nehmen. Überall ging es vorwärts. Wer wagte, gewann. Wer ein Haus, ein seltenes Buch, ein Bild kaufte, sah es im Werte steigen, je kühner, je grosszügiger ein Unternehmen angelegt wurde, um so sicherer lohnte es sich. Eine wunderbare Unbesorgtheit
war damit über die Welt gekommen, denn was sollte diesen Aufstieg unterbrechen, was den Elan hemmen, der aus seinem eigenen Schwung immer neue Kräfte zog? (…)
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Aber nicht nur die Städte, auch die Menschen selbst wurden schöner und gesünder dank des Sports, der besseren Ernährung, der verkürzten Arbeitszeit und der innigeren Bindung an die Natur. Der Winter, früher eine Zeit der Öde, von den Menschen missmutig bei Kartenspielen in Wirtshäusern oder gelangweilt in überheizten Stuben vertan, war auf den Bergen entdeckt worden als eine Kelter gefilterter Sonne, als Nektar für die Lungen, als Wollust der blutdurchjagten Haut. Und die Berge, die Seen, das Meer lagen nicht mehr so fernab wie einst. Das Fahrrad, das Automobil, die elektrischen Bahnen hatten die Distanzen zerkleinert und der Welt ein neues Raumgefühl gegeben. Sonntags sausten in grellen Sportjacken auf Skiern und Rodeln Tausende und Zehntausende die Schneehalden hinab, überall entstanden Sportpaläste und Schwimmbäder. Und gerade im Schwimmbad konnte man die Verwandlung deutlich gewahren; während in meinen Jugendjahren ein wirklich wohlgewachsener Mann auffiel inmitten der Dickhälse, Schmerbäuche und eingefallenen Brüste, wetteifern jetzt miteinander turnerisch gelenkige, von Sonne gebräunte, von Sport gestraffte Gestalten in antikisch heiterem Wettkampf. (…) Die ganze Generation entschloss sich, jugendlicher zu werden, jeder war im Gegensatz zu meiner Eltern Welt stolz darauf, jung zu sein; plötzlich verschwanden zuerst bei den Jüngeren die Bärte, dann ahmten ihnen die Älteren nach, um nicht als alt zu gelten. Jungsein, Frischsein und nicht mehr Würdigtun wurde die Parole. Die Frauen warfen die Korsetts weg, die ihnen die Brüste eingeengt, sie verzichteten auf die Sonnenschirme und Schleier, weil sie Luft und Sonne nicht mehr scheuten, sie kürzten die Röcke, um besser beim Tennis die Beine regen zu können, und zeigten keine Scham mehr, die wohlgewachsenen sichtbar werden zu lassen. Die Mode wurde immer natürlicher, Männer trugen Breeches, Frauen wagten sich in den Herrensattel, man verhüllte, man versteckte sich nicht mehr voreinander. Die Welt war nicht nur schöner, sie war auch freier geworden.
(…)
Wenn man heute ruhig überlegend sich fragt, warum Europa 1914 in den Krieg ging, findet man keinen einzigen Grund vernünftiger Art und nicht ein-
mal einen Anlass. Es ging um keine Ideen, es ging kaum um die kleinen Grenzbezirke; ich weiss es nicht anders zu erklären als mit diesem Überschuss an Kraft, als tragische Folge jenes inneren Dynamismus, der sich in diesen vierzig Jahren Frieden aufgehäuft hatte und sich gewaltsam entladen wollte. (…)
Um der Wahrheit die Ehre zu geben, muss ich bekennen, dass in diesem ersten Aufbruch der Massen etwas Grossartiges, Hinreissendes und sogar Verführerisches lag, dem man sich schwer entziehen konnte. Und trotz allem Hass und Abscheu gegen den Krieg möchte ich die Erinnerung an diese ersten Tage in meinem Leben nicht missen: Wie nie fühlten die Tausende und Hunderttausende Menschen, was sie besser im Frieden hätten fühlen sollen: dass sie zusammengehörten. (…) Alle Unterschiede der Stände, der Sprachen, der Klassen, der Religionen waren überflutet für diesen einen Augenblick von dem strömenden Gefühl der Brüderlichkeit. Fremde sprachen sich an auf der Strasse, Menschen, die sich jahrelang auswichen, schüttelten einander die Hände, überall sah man belebte Gesichter. Jeder einzelne erlebte eine Steigerung seines Ichs, er war nicht mehr der isolierte Mensch von früher, er war eingetan in eine Masse, er war Volk, und seine Person, seine sonst unbeachtete Person hatte einen Sinn bekommen. (…)
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Vielleicht aber war in diesem Rausch noch eine tiefere, eine geheimnisvollere Macht am Werke. So gewaltig, so plötzlich brach diese Sturzwelle über die Menschheit herein, dass sie, die Oberfläche überschäumend, die dunklen, die unbewussten Urtriebe und Instinkte des Menschtiers nach oben riss, das, was Freud tiefsehend ›die Unlust an der Kultur‹ nannte, das Verlangen, einmal aus der bürgerlichen Welt der Gesetze und Paragraphen auszubrechen und die uralten Blutinstinkte auszutoben. Vielleicht hatten auch diese dunklen Mächte ihren Teil an dem wilden Rausch, in dem alles gemischt war, Opferfreude und Alkohol, Abenteuerlust und reine Gläubigkeit, die alte Magie der Fahnen und der patriotischen Worte – diesem unheimlichen, in Worten kaum zu schildernden Rausch von Millionen, der für einen Augenblick dem grössten Verbrechen unserer Zeit einen wilden und fast hinreissenden Schwung gab.
aus: «Die Welt von Gestern», einem autobiografischen Buch, in dem Stefan Zweig sich 1941, kurz vor seinem Tod, an die zurückliegende Epoche erinnert.
Es gibt eine Idee, die einst den wahren Weltkrieg in Bewegung setzen wird: Dass Gott den Menschen nicht als Konsumenten und Produzenten erschaffen hat. Dass das Lebensmittel nicht Lebenszweck sei. Dass der Magen dem Kopf nicht über den Kopf wachse. Dass das Leben nicht in der Ausschliesslichkeit der Erwerbsinteressen begründet sei. Dass der Mensch in die Zeit gesetzt sei, um Zeit zu haben und nicht mit den Beinen irgendwo eher anzulangen als mit dem Herzen.
Karl Kraus Pavol Breslik, Annette Dasch, Rebeca Olvera, Spencer Lang Spielzeit 2020/21Mag die ganze Welt versinken, hab ich dich.
Spencer Lang, Rebeca Olvera, Annette Dasch, Pavol Breslik Spielzeit 2020/21DIE CSÁRDÁSFÜRSTIN
EMMERICH KÁLMÁN (1882-1953)
Operette in drei Akten
Libretto von Leo Stein und Belá Jenbach
Uraufführung: 17. November 1915, Wien
Fassung Opernhaus Zürich 2020 mit überarbeiteten Dialogen von Jan Philipp Gloger und Claus Spahn
Personen
Sylva Varescu, Varieté-Sängerin Sopran
Edwin, ein Fürstensohn Tenor
Stasi, Edwins Ehefrau Sopran
Boni, ein Graf, Edwins Freund Tenor
Feri, ein Adeliger, Edwins Freund Tenor
Fürst von und zu Lippert-Weylersheim
Kiss, ein Notar Bariton Varietédamen
1. AKT
NR. 1 LIED DER SYLVA
Boni, Sylva, Feri
SYLVA
Heia, heia! In den Bergen ist mein Heimatland! Heia, oheia, oheia! Hoch dort oben meine Wiege stand!
Dort, wo scheu blüht das Edelweiss, Dort, wo ringsum glitzern Schnee und Eis.
Heia, oheia! schlagen Herzen wild und heiss.
Wenn ein Siebenbürger Mädel sich in dich verliebt.
Nicht zum Spielen, nicht zum Scherzen sie ihr Herz dir gibt.
Willst du dir die Zeit vertreiben, such ein anderes Schätzelein.
Bist du mein, musst mein du bleiben, musst mir deine Seel’ verschreiben. Muss ich Himmel, dir und Hölle sein!
Olala! So bin ich gebaut!
Olala! Auf zum Tanz!
Küss mich, ach, küss mich, denn wer am besten küssen küssen kann, nur der wird mein Mann!
SZENE VOR NR. 2
Boni, Feri
BONI
Sylva, das ist was! Das ist Weib, Rasse, Feuer! God, she’s amazing! Ich kenne alle Chansonetten von der ganzen Welt. Was sind sie? Nichts sind sie! Es gibt nur eine Sylva. She’s the one to watch! Und warum?
FERI
Weil sie jünger ist.
BONI
Nein!
FERI Schöner?
BONI
Nein!
FERI Neuer?
BONI
Nein. Weil sie anders ist. So hat man Erfolg im Leben und auf der Bühne. Am I right?
FERI
Stimmt. Ich war auch immer anders. Haben andere geschlafen, hab’ ich beigeschlafen. Haben andere gearbeitet, hab’ ich geschlafen. Und wenn es ans Zahlen ging, hab’ ich erst recht geschlafen.
BONI
Aber lustig warst du immer. Und grossartig gehalten hast du dich. No, seriously!
Ich würde dich höchstens auf siebzig schätzen. Lachen
Come on, it’s just a joke! We’re still friends, right?
FERI
Klar, das sind wir. Schliesslich verdanken wir dir unsere Sylva.
zu den Gästen
Er war ihr Entdecker und ihr Förderer.
BONI
Ganz uneigennützig, bitte! Ich bin ihr Freund. Und sonst gar nichts!
FERI
Easy, easy, chum abe, chum abe!
Aber wenn man dahinein schaut? deutet auf Bonis Herz
BONI
Das ist nichts, gar nichts.
FERI
Und da?
deutet auf Bonis Hirn
BONI
Da ist auch nichts!
FERI
Auf jeden Fall ist Edwin, der junge Fürst, unser grosszügiger Gastgeber, ganz verrückt nach Sylva.
BONI
Vergiss nicht: Erstens ist der gute Edwin verheiratet. Zweitens ist seine Ehefrau mit ihm hier.
Drittens hat sie mir gerade diesen Zettel zugesteckt. Und viertens: An der Liebe ist noch keiner gestorben. Sonst wär’ mein zweiter Name «The walking dead».
FERI
Es soll ja auch schon vorgekommen sein, dass Variéte-Damen sich einen Reichen geschnappt haben, ohne dass die Ehefrau es mitgekriegt hat.
BONI
Ja, aber nur in Operetten. Du kennst Edwins Frau schlecht. Die ist hochadelig. Aber auch hochdepressiv.
FERI
Wenn ich seine Frau wäre, würde ich ihm alle Freiheiten lassen. Soll er sich doch Mädchen nehmen, so viel er will.
BONI
Alle sind wir Sünder und freu’n uns wie die Kinder auf jedes neue Maderl im Programm.
HERREN
Im Programm, Programm, Programm, Programm.
FERI UND BONI
In der trauten Atmosphäre, wo man tanzt und küsst und lacht, pfeif’ ich auf der Welt Misere, mach’ zum Tag die Nacht.
Ja, alle sind wir Falter, und man vergisst sein Alter, tritt so ein kleines, superfeines, zuckersüsses Maderl auf den Plan.
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BONI
Eben. Weil’s um den Spass geht! This is the life, gentlemen! The ladies, the spring-break-feeling. Wir leben und sterben doch für das hier!
FERI
So ist es.
Die Mädis, die Mädis, die Mädis vom Chantant, sie nehmen die Liebe nicht zu tragisch. Drum ziehen und locken die Mädis vom Chantant uns Männer, uns Männer stets an so magisch.
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NR. 2 MARSCH-ENSEMBLE
Boni, Feri, Herren
FERI
Alle sind wir Sünder!
Es wär’ uns zwar gesünder, bei Nacht zu liegen ausgestreckt im Bett.
HERREN
Im Bett, im Bett, im Bett, im Bett.
Doch das Grosstadtpflaster hat uns verführt zum Laster, und wir sind Lumpen drum von A bis Zett!
HERREN
Von A bis Zett, von A bis Zett.
Die Mädis, die Mädis, die Mädis vom Chantant, sie machen nicht viel sich aus der Treue. So oft sich ändert das Programm, verändert man sein Herz auch stramm, und nimmt sich, nimmt sich, nimmt sich eine Neue.
BONI
Selten gehen Grafen vor drei Uhr morgens schlafen, drum wälz’ ich mich im holden Sündenpfuhl.
HERREN
Im Sündenpfühl, im Sündenpfuhl.
BONI
In dem Reich der Schminke vergnüglich ich versinke! Die Bühne ist die beste Liebesschul’.
HERREN
Die beste, beste Liebesschul’.
FERI
In dem Reich der Künste im Rauche ich mich dünste und mach’ seit Jahren mehr kein Auge zu.
Spiel’ ein Lied, das weint und lacht, spiele bis der Bogen kracht, spiele, bis heranbricht hell das Morgenrot, spiele, Betyar, schlage mir die Sorgen tot!
Jaj mamam, Bruderherz, ich kauf’ mir die Welt!
Jaj mamam, was liegt mir am lumpigen Geld!
Weisst du, wie lange noch der Globus sich dreht, ob es morgen nicht schon zu spät!
ALLE
Jaj mamam, Bruderherz, ich kauf’ mir die Welt!
Jaj mamam, was liegt mir am lumpigen Geld!
Weisst du, wie lange noch der Globus sich dreht, ob es morgen nicht schon zu spät!
SYLVA
Spiel’, mein Bruder, mir was Feines, etwas fürs Gemüt!
Alles spiel’ mir, nur nicht eines, nur kein Liebeslied!
Spiele auf dem Kontrabass so zum Spass mir irgendwas!
Spiel’ mir ’einen Feuer-Csárdás, spiel mir ihn! Bring’ das dumme Herz zum Schweigen mir da drin!
Jaj mamam, Bruderherz, ich kauf mir die Welt! usw.
ALLE
Jaj mamam, Bruderherz, ich kauf’ mir die Welt!
Jaj mamam, was liegt mir am lumpigen Geld!
Weisst du, wie lange noch der Globus sich dreht, ob es morgen nicht schon zu spät!
EDWIN
Ganzes Dasein ist ein Schmarren! Freunderl, sei gescheit!
Heute über fünfzig Jahren leben and’re Leut’!
STASI
Dieses ganze Jammertal ist für mich ein Nachtlokal.
BONI
Überhaupt fahr’ ich in Himmel vorderhand und verkaufe, wenn gefällig, mein Gewand.
ALLE
Jaj mamam, Bruderherz, ich kauf’ mir die Welt!
Jaj mamam, was liegt mir am lumpigen Geld!
Weisst du, wie lange noch der Globus sich dreht, ob es morgen nicht schon zu spät!
NR. 15 REMINISZENZ
Boni, Stasi
BONI
Mädel guck: Ich hab’ noch nicht genug! Es ist noch lang nicht Schluss, gib mir schnell noch einen Kuss.
Mädel schau: Bald sind wir Mann und Frau. Und da nimmt man’s nicht so genau.
STASI
Nicht so stürmisch, nur hübsch parlando! Glaub’, dass dir das schon passen möcht’. Kommst du einmal erst, Freundchen, unter mein Kommando, Burscherl, dann geht’s Dir schlecht!
BEIDE
Das ist die Liebe. Die dumme Liebe! Die macht das Männchen (Weibchen) wie den Auerhahn so blind!
Erst in der Ehe, so in der Nähe, da merkt man, dass die Männer alle Schwindler sind!
NR. 16 SCHLUSSGESANG
ALLE
Tausend kleine Englein singen: Habt euch lieb!
Süss im Herzen hörst du’s klingen: Habt euch lieb!
Komm, mein Wildfang, schling’ die Arme fest um mich! Ach!
Mag die ganze Welt versinken hab ich dich!
Programmheft
DIE CSÁRDÁSFÜRSTIN
Operette in drei Akten von Emmerich Kálmán (1882-1953) Libretto von Leo Stein und Belá Jenbach
Das komplette Programmbuch
Premiere am 25. September 2020, Spielzeit 2020/21 Wiederaufnahme am 10. März 2024, Spielzeit 2023/24
Herausgeber Opernhaus Zürich
können Sie auf www.opernhaus.ch/shop
Intendant Andreas Homoki Zusammenstellung, Redaktion Claus Spahn Layout, Grafische Gestaltung Carole Bolli Anzeigenverkauf Opernhaus Zürich, Marketing Telefon 044 268 66 33, inserate@opernhaus.ch Schriftkonzept und Logo Studio Geissbühler Druck Fineprint AG
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Textnachweise:
Die Handlung, das Interview mit dem Regisseur Jan Philipp Gloger und der Essay «Csárdás am Abgrund einer Epoche» des Kálmán-Biografen Stefan Frey sind Originalbeiträge für dieses Programmbuch. – Die beiden Texte von Karl Kraus sind zitiert nach: Karl Kraus «Aphorismen und Gedichte», Volk und Welt, Berlin 1985. – Die Textausschnitte von Stefan Zweig sind zitiert nach: Stefan Zweig: «Die Welt von Gestern», www.projekt-gutenberg.org
Bildnachweise:
Toni Suter fotografierte die Klavierhauptproben zur «Csárdásfürstin» am 7. Juli und am 16. September 2020.
Urheber, die nicht erreicht werden konnten, werden zwecks nachträglicher Rechtsabgeltung um Nachricht gebeten.
Ich fühle mich als Teil der Opernfamilie.
Claire Rochat, seit 12 Jahren dabei
An der Mitgliederversammlung hat mir Intendant Andreas Homoki höchstpersönlich meine Fragen beantwortet.
Nicole Steiner, seit 23 Jahren dabei
Welch ein Privileg!
Fabienne Bläsli, seit 3 Jahren dabei
warum? darum!
Wir sind nah dran und können die Entwicklung der Neuproduktionen miterleben.
Jasmin Angello, seit 2 Jahren dabei, zu den Probenbesuchen
Dank dem exklusiven Vorverkauf habe ich mir Karten für meine Opernhighlights der kommenden Saison gesichert.
Peter Bauer, seit 18 Jahren dabei
Unsere Vorstellungen werden ermöglicht dank der Subvention des Kantons Zürich sowie den Beiträgen der Kantone Luzern, Uri, Zug und Aargau im Rahmen der interkantonalen Kulturlastenvereinbarung und den Kantonen Nidwalden, Obwalden und Schwyz.
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