Iphigénie en Tauride

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IPHIGÉNIE EN TAURIDE

CHRISTOPH WILLIBALD GLUCK
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Quiet,

IPHIGÉNIE EN TAURIDE

CHRISTOPH WILLIBALD GLUCK (1714-1787)

O grauenvoller
Entsetzliche
O Schmerz! O furchtbarer Schrecken!
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Traum!
Nacht!
Priesterinnen, Akt
Cecilia Bartoli Spielzeit 2O19/2O Jean-François Lapointe, Chor Spielzeit 2O19/2O

HANDLUNG Vorgeschichte

Die griechischen Heere haben sich in Aulis versammelt, um in den Krieg gegen Troja zu ziehen. Doch der Wind bleibt aus, die Flotte sitzt im Hafen fest. Der Heerführer Agamemnon erfährt durch einen Seher, dass die Windstille durch den Zorn der Göttin Diana verursacht wurde, welche von ihm fordert, seine Tochter Iphigénie zu opfern. Tatsächlich lässt Agamemnon Iphigénie nach Aulis kommen und führt sie zur Schlachtbank. Doch im letzten Moment wird Iphigénie von der Göttin Diana gerettet; statt ihrer hat Agamemnon eine Hirschkuh getötet. Iphigénie bleibt verschwunden und wird für tot gehalten. Niemand weiss, dass sie seitdem als Priesterin der Diana auf Tauris lebt.

Erster Akt

Ein Unwetter tobt. Die Priesterinnen flehen die Götter an, sie von der blutigen Pflicht, Menschen zu opfern, zu entbinden. Auch als der Sturm sich legt, ist Iphigénie innerlich noch immer in Aufruhr. Sie hat in der Nacht von ihrer Familie geträumt: In diesem Traum wurde ihr Vater Agamemnon von seiner Frau Klytämnestra ermordet, die wiederum Iphigénie bedrängte, ihren Bruder Orest umzubringen.

Thoas, Herrscher auf Tauris und König der Skythen, fordert von Iphigénie neue Menschenopfer. Ein Orakel hat ihm verkündet, dass ihn eines Tages ein Fremder töten wird. Von Todesangst getrieben lässt er seither alle Fremden, die in Tauris stranden, umbringen. Auch zwei junge Griechen, die soeben an der Küste entdeckt wurden, will Thoas opfern lassen. Keiner ahnt, dass es sich bei ihnen um Iphigénies Bruder Orest und dessen Freund Pylades handelt.

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Zweiter Akt

Orest wird von furchtbaren Schuldgefühlen gequält. Er hat seine Mutter getötet und fühlt sich nun verantwortlich dafür, dass sein einziger Freund mit ihm in den Tod gehen wird. Pylades hingegen findet Trost in der Vorstellung, gemeinsam mit Orest begraben zu werden.

Die Gefangenen werden getrennt. Alleingelassen, wird Orest im Schlaf von Rachegöttinnen, den Erinnyen, gepeinigt. Er erschrickt vor einer Erscheinung seiner toten Mutter – diese stellt sich jedoch beim Erwachen als Iphigénie heraus, die gekommen ist, ihren Gefangenen nach seiner Herkunft zu befragen. Sie erfährt, dass dieser wie sie selbst aus Mykene stammt. Als sie ihn nach der Familie des Königs fragt, erfährt sie, dass Agamemnon von Klytämnestra erschlagen wurde und ihr Bruder diesen Gattenmord an seiner Mutter gerächt hat. Orest selbst sei tot; allein seine Schwester Elektra lebe noch in Mykene.

Verzweifelt sieht Iphigénie ihre Vorahnungen bestätigt: Ihre Familie ist ausgelöscht, und auch auf Orest kann sie nicht mehr hoffen.

Dritter Akt

Iphigénie beschliesst, gegen Thoas’ Willen zu verstossen und nur einen der beiden Gefangenen zu opfern; der andere soll nach Mykene eilen und ihrer Schwester Elektra einen Brief überbringen.

Iphigénie zögert lange und entscheidet sich schliesslich für Pylades als Opfer. Doch Orest sieht sich um die Erfüllung seines Todeswunsches und die Erlösung von seinen inneren Qualen betrogen. Er zwingt Iphigénie dazu, ihre Entscheidung zu revidieren. Sie übergibt Pylades den Brief an Elektra.

Allein geblieben schwört Pylades, seinen Freund zu retten.

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Iphigénie graut vor der Ausführung des Opfers. Orest hingegen sieht in seinem Tod eine Befreiung. Iphigénies Mitleid rührt ihn.

In dem Moment, als sie im Begriff ist, Orest zu töten, beklagt dieser, den gleichen Opfertod erleiden zu müssen wie einst seine Schwester Iphigénie. Die Geschwister erkennen sich.

Thoas hat unterdessen von Iphigénies Verrat erfahren und fordert die sofortige Tötung des Opfers. Dass Orest Iphigénies Bruder ist, berührt ihn nicht. Als Thoas zum Messer greift und beide selbst töten will, erscheint der zurückgekehrte Pylades und ersticht ihn.

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Aufruhr droht.

Da erscheint die Göttin Diana und verkündet den Willen der Götter: Orest sei von seinen Schuldgefühlen befreit und kehre gemeinsam mit Iphigénie nach Mykene zurück.

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MAN SPÜRT VIEL EMPATHIE FÜR DIE FIGUREN

Regisseur Andreas Homoki im Gespräch

Andreas, vor einigen Jahren hast du an der Oper in Genf Christoph Willibald Glucks Orphée et Euridice inszeniert, nun folgt Iphigénie en Tauride am Opernhaus Zürich. Was für eine Beziehung hast du zu diesem Komponisten, der in der Musikgeschichte häufiger für seine berühmte Opernreform erwähnt wird als für seine Werke selbst?

Ich würde Gluck als einen eher unaufgeregt komponierenden Musiker beschreiben, der unglaublich souverän Geschichten erzählt und dabei den Zuständen seiner Figuren sehr viel Raum gibt. Die Handlung steht oft eher still, aber häufig geht es auch gar nicht so sehr um die äussere Handlung, sondern viel mehr um die Innenwelten der Figuren. Es gibt in Glucks Opern keine Milieuschilderungen, die Stücke spielen an einem nicht genau festgelegten Ort, was mir als Regisseur eine grosse Freiheit gibt, Bildmetaphern zu finden. Mir gefällt auch das sehr ausgewogene Verhältnis zwischen dramatischen und kontemplativen Momenten. Das ist für mich das Wesen der Klassik: das Ebenmass, der Verzicht auf übermässige barocke Ornamentierung, die Einfachheit.

Genau das war ja auch Glucks erklärtes Ziel: die schematischen Strukturen der italienischen Metastasio­Opern zu überwinden und – im Verein mit den französischen Enzyklopädisten, allen voran Diderot und Rousseau – im Paris der 1770er Jahre zu einer neuen Form der Oper zu finden, die von Natürlichkeit und Wahrhaftigkeit des Ausdrucks geprägt ist. Das ist ihm also gelungen?

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Ja, absolut. Man spürt bei Gluck sehr viel Empathie für seine Figuren, er zeichnet sie mit einer grossen Menschenliebe. Diese Menschen sind geprägt durch eine Empfindsamkeit, die natürlich für diese Zeit typisch ist – sie verhalten sich sehr nobel, verzichten zugunsten des anderen...

Hat uns diese Empfindsamkeit, dieses Verzichtenwollen heute überhaupt noch etwas zu sagen? Das sind nicht unbedingt Eigenschaften, die unsere Zeit charakterisieren...

Umso mehr müssen wir sie einfordern und auf dem Theater zeigen!

Anders gefragt: Was ist für dich das Moderne an diesem Stück?

Das Thema ist zeitlos! Es geht um eine Familie, konkret die exemplarische Familientragödie des Altertums – die Familie von Agamemnon und Klytämnestra. Diese Familie ist gefangen in einem Kreislauf von Mord und Rache, der damit beginnt, dass Agamemnon gezwungen wird, seine eigene Tochter Iphigenie zu opfern. Erst am Ende dieses Stückes wird der Fluch gelöst. Die Familie sollte eigentlich ja eine glückliche Keimzelle der Gesellschaft sein, das Familienleben wird – auch in der Werbung – oft als Idylle dargestellt; aber das Leben zerrt an den Menschen, die Wirklichkeit sieht häufig anders aus. Familienkonflikte können zu starken Reibungen und im schlimmsten Fall sogar zu Mord und Totschlag führen. Gerade wenn in einer patriarchalen Gesellschaft mächtige Väter beteiligt sind, wie in unserem Fall Agamemnon, der König von Mykene ist und Feldherr im Krieg gegen Troja.

Also geht es hier neben dem familieninternen Konflikt auch um den Konflikt zwischen der Familie und der Gesellschaft? Ja, und dieser Konflikt kommt im Altertum immer wieder vor. Er hat mit der Entstehung der Polis zu tun, also mit der Entstehung von Strukturen, die es notwendig machen, dass Menschen aufgrund des gesellschaftlichen Fortschritts in immer grösseren Gemeinschaften zusammenleben, weil der Familienclan als Ordnungsprinzip nicht mehr ausreicht. So entsteht dieses Motiv – auch in der Bibel mit der Geschichte von Abraham und Isaak –des kindlichen Opfers für den Gott oder die Göttin, wobei ich Gott ganz all­

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gemein verstehe als ein Bild für etwas, das über die eigene Existenz hinausgeht. Agamemnon kann seiner Funktion und seiner Verantwortung als Heerführer nur gerecht werden, wenn er seine Tochter Iphigenie opfert. Damit tut er sich zunächst schwer, und letztlich ist es die Tochter selbst, die den Konflikt löst, indem sie sagt, ich verstehe das Problem und bin bereit, in den Tod zu gehen. Agamemnon tötet daraufhin Iphigenie und besteht damit die Prüfung im Sinne der Gottheit.

Aber die Opferung Iphigenies führt innerhalb dieser Familie zu einem schweren Trauma...

Dieses Trauma ist mit dem Fluch des Tantalos beschrieben. Weil dieser Schuld auf sich geladen hat, haben die Götter verfügt, dass jeder seiner Nachkommen ein Mitglied der eigenen Familie umbringt. Dieser Fluch führt in der Folge dazu, dass die Mutter Klytämnestra ihren Ehemann Agamemnon tötet und selbst wiederum von ihrem Sohn Orest umgebracht wird. Soweit die Vorgeschichte. In der Oper selbst wird Orest seiner Schwester Iphigénie wiederbegegnen, die von der Göttin Diana gerettet wurde; sie ist jetzt Priesterin des Diana­Tempels und wird von Thoas, dem Gewaltherrscher auf Tauris, gezwungen, jeden Fremden, der hier landet, umzubringen. Die Geschwister erkennen sich zunächst nicht, weil sie seit ihrer Kindheit getrennt waren; erst im letzten Moment, als Iphigénie im Begriff ist, das grausame Opferritual auszuführen, erfährt sie, dass es ihr Bruder Orest ist, den sie im Begriff ist zu töten, und verweigert das Opfer.

Der Iphigenie­Stoff ist häufig bearbeitet worden, unter anderem auch von Johann Wolfgang von Goethe; Iphigenie wird hier zum Denkmal der alle Gewalt überwindenden Humanität stilisiert. Wie hat Gluck sie charakterisiert?

Iphigénie ist natürlich auch bei Gluck eine ausgesprochen humanistische Figur, aber sie ist zugleich auch sehr leidenschaftlich; wir sind ja schliesslich in der Oper! Das Stück beginnt mit einem Sturm im Orchester, und wir werden als Zuschauer direkt mit dem Seelenzustand Iphigénies konfrontiert; in der anschliessenden Arie sagt sie selbst: Der Sturm auf dem Meer ist

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vorüber, aber nicht der Sturm in meinem Inneren. Es geht also von Anfang an um Iphigénies Inneres. Mozart hat das übrigens wenige Jahre später in Idomeneo aufgegriffen, dort singt Idomeneo in seiner Arie: Zwar bin ich dem Sturm entkommen, doch ich habe den Sturm bzw. das Meer in mir. Iphigénie kann sehr leidenschaftlich sein, aber auch sehr elegisch. Sie verfügt über eine grosse emotionale Bandbreite und ist eine Frau aus Fleisch und Blut, wie übrigens alle Figuren in dieser Oper. Alles andere wäre auch uninteressant auf der Bühne.

Diana hatte also Mitleid mit Iphigénie und hat sie gerettet; zu Beginn der Oper lebt Iphigénie bereits seit 15 Jahren als Priesterin der Diana auf Tauris. Was ist dieses Tauris für ein Ort?

Das

Zunächst mal ist es ein Ort, der sowohl geografisch als auch kulturell sehr weit von Iphigénies griechischer Heimat entfernt ist. Und auf gewisse Weise scheint es ein Ort zu sein, der Menschen anzieht, die traumatisiert sind, ein Ort, an dem Traumatisierte aufeinandertreffen. Dieser Ort, der von Gewalt und Barbarei beherrscht wird, ist für meinen Ausstatter Michael Levine und mich kein wirklicher Ort, sondern eine Art Unterwelt oder ein Fegefeuer Iphigénie ist ja für ihre Familie tot, denn niemand weiss, dass sie gerettet wurde. Ihr Bruder Orest ist dem Tode nahe, denn die Rachegöttinnen verfolgen und quälen ihn; er trägt eine grosse Todessehnsucht in sich. Die Bühne, die wir entwickelt haben, vermeidet konkrete Örtlichkeiten. Im Zentrum des Stückes stehen für uns die Geschwister Iphigénie und Orest, dazu kommt der Freund des Orest, Pylades, der nicht zur Familie gehört. Alle Figuren sind dem Gewaltherrscher Thoas ausgesetzt. Die beiden Hauptfiguren durchleben an diesem Ort immer wieder albtraumhaft ihr Trauma; deshalb erschien uns Thoas als eine Art verzerrter, übersteigerter Reflex Agamemnons, der seine Tochter umgebracht hat und von dem Trauma dieser Tat allmählich seelisch zugrunde gerichtet wurde. Am Schluss der Oper erscheint die Göttin Diana; deren Vergebung löst den Fluch schliesslich auf. Dies steht für uns für die Vergebung, die Orest von seiner toten Mutter Klytämnestra nie wird erhalten können und die er daher umso mehr ersehnt. Die Figuren Agamemnon­Thoas und Klytämnestra­Diana werden sich in unserer Inszenierung so

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ineinander spiegeln, dass der Eindruck entsteht, das Personal des Stückes bestünde letztlich nur aus diesen vier Figuren: den beiden Kindern und ihren Eltern.

Interessant ist ja, dass in dieser Oper keine konventionelle Liebesgeschichte vorkommt; neben der Geschwisterliebe gibt es allerdings noch die sehr besondere Freundesliebe zwischen Orest und Pylades. Die Beziehung zwischen Orest und Pylades ist unglaublich liebevoll gezeichnet, fast homoerotisch; auf jeden Fall geht sie weit über eine normale Männerfreundschaft hinaus. Dass es in dem Stück keine konventionelle Liebesbeziehung gibt, dient der Klarheit und ist nur konsequent. Zu den Hauptfiguren kommt dann noch der Chor, den wir aber auch als Spiegelungen oder Vervielfachungen einerseits von Iphigénie, andererseits von Thoas sehen; der Chor wird ja die meiste Zeit über in Männerchor und Frauenchor getrennt eingesetzt, es wird nie eine gemischte Gesellschaft gezeigt. Wir fokussieren die Geschichte auf die Familie in einem klaustrophobischen, tunnelartigen Raum, der nur ab und zu aufbricht und grelles Licht einlässt; innen ist es beklemmend, aber aussen ist es möglicherweise noch bedrohlicher. Es gibt eigentlich keinen Ausweg aus dieser albtraumhaften Innenwelt.

Wie siehst du dann den Schluss des Stückes – immerhin vergibt ja Diana Orest seine Schuld und schickt ihn als König zurück nach Mykene?

Ja, es gibt dieses «lieto fine», der Fluch wird gelöst und die Figuren entkommen ihrem Gefängnis. Wie erfolgreich sie ihr weiteres Leben nach all den seelischen Beschädigungen meistern werden, bleibt natürlich dahingestellt, aber wir werden hier nicht versuchen, eine Antwort zu geben.

In dieser Produktion gibt es ein Wiedersehen mit Cecilia Bartoli, die dem Zürcher Opernhaus seit 30 Jahren verbunden ist; nun arbeitest du zum ersten Mal als Regisseur mit ihr zusammen.

Eine Produktion mit Cecilia ist natürlich immer etwas Besonderes; es ist nicht so wie sonst, dass man sich ein Stück überlegt und dann eine Künstlerin fragt,

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ob sie frei ist, sondern man sucht mit ihr gemeinsam eine Periode und überlegt mit ihr, welches Stück passen könnte. Dieses Stück hatte ich mir aber schon länger gewünscht, und ich habe mich gefreut, dass es sie ebenfalls interessiert hat. In der Probenarbeit gehört sie zu den wenigen Sängerinnen oder auch Sängern, bei denen jede gesangliche Äusserung von einem Maximum an Ausdruck erfüllt ist. Die Dynamik, die textliche Ausgestaltung, die Agogik – alles dient dem maximalen musikalisch­dramatischen Ausdruck. Cecilia ist auf den Proben in jedem Moment präsent, zeigt immer vollen körperlichen und emotionalen Einsatz und hat unglaublich viel zu geben. Sie besitzt eine starke szenische Intuition und erfindet auf der Probe immer wieder auch für mich überraschende Dinge. Als Kollegin ist sie eine echte Teamplayerin. Aber auch die übrigen Rollen sind mit Stéphane Degout, Frédéric Antoun, Jean­François Lapointe und Birgitte Christensen wirklich hervorragend besetzt. Alle in diesem Ensemble engagieren sich kraftvoll und kompromisslos. Das ist grossartig und macht sehr viel Spass.

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Das Gespräch führte Beate Breidenbach
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Birgitte Christensen, Cecilia Bartoli, Stéphane Degout Spielzeit 2O19/2O

DER ATRIDENFLUCH

Tantalos, König in Phrygien, raubt die Speise der Götter, schlachtet Pelops, seinen Sohn, setzt ihn den Göttern vor. Die Götter erkennen die Mahlzeit, nur Demeter isst von einer Schulter. So bestrafen sie den Raub: Tantalos hängt an einem Obstbaum, der unter einem schwebenden Felsen in der dreifach ummauer ten Mitte des Hades aus einem Teich wächst, in ewigem Hunger zwischen den Früchten, Durst über dem Wasser, Angst unter dem Stein. Die Götter ver fluchen sein Geschlecht. Niobe, Tochter des Tantalos, hat zwölf Kinder. Sie prahlt vor den Göttern mit ihrer Fruchtbarkeit. Apollon und Artemis töten die zwölf Kinder mit zwölf Pfeilen. Zeus verwandelt die schreiende Mutter in ihr eigenes Standbild. Im Frühsommer weint der Stein. Thyestes, Sohn des Pelops, bricht die Ehe seines Bruders Atreus. Atreus erschlägt die Söhne seines Bruders und bewirtet ihn mit ihrem Blut und Fleisch. Thyestes tut seiner eigenen Tochter Gewalt an. Ihr Sohn Aigisthos tötet Atreus. Agamemnon, Sohn des Atreus, nimmt Klytaimnestra zur Frau, sein Bruder Menelaos ihre Schwester Helena, der Trojanische Krieg beginnt. Zum ersten Kriegsopfer bestimmt ein Seherspruch Iphigenie, Tochter Agamemnons und der Klytaimnestra. Klytaimnestra widersetzt sich, Agamemnon gehorcht, Iphigenie legt ihren Hals unter das Beil. Klytaimnestra teilt mit Aigisthos, dem Sohn des Thyestes und Mörder des Atreus, Macht und Bett. Klytaimnestra und Aigisthos töten Agamemnon, nach seiner Heimkehr aus zehn Jahren Krieg, im Bad mit Netz Schwert Beil. Elektra, zweite Tochter Agamemnons, rettet Orestes, ihren Bruder, vor dem Schwert des Aigisthos und schickt ihn nach Phokis. Zwanzig Jahre lang, Magd unter Mägden im Palast der Mutter, wartet sie auf seine Heimkehr. Zwanzig Jahre lang träumt Klytaimnestra den gleichen Traum: eine Schlange saugt Milch und Blut aus ihren Brüsten. Im zwanzigsten Jahr kehrt Orestes heim nach Mykene, erschlägt Aigisthos mit dem Opferbeil, nach ihm seine Mutter, die mit entblössten Brüsten vor ihm steht und um ihr Leben schreit.

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O elende Iphigenie! Deine Familie ist zerstört.

Iphigenie, Akt 2

Cecilia Bartoli Spielzeit 2O19/2O

DIE OPFERUNG VON IPHIGENIE IN AULIS

Euripides

Prolog

Agamemnon

Und nun das Heer versammelt und geordnet ist, Nun liegen wir vor Aulis, weil uns grollt der Wind. Der Seher Kalchas sprach in dieser Not, Wir müssten Iphigenia, mein geliebtes Kind, Der Artemis zum Opfer bringen, die dies Land Beherrscht. Dann wehe Fahrwind, falle Ilion; Doch blute sie nicht, würde nichts von dem geschehn.

Ich, das vernehmend, wollte durch Talthybios

Mit lautem Ruf entlassen Argos’ ganzes Heer (Denn meine Tochter morden konnt’ ich nimmermehr), Bis, alle Gründ’ aufbietend, mich der Bruder zwang, Den Greu’l zu dulden. Und sofort vertraute ich’s Des Briefes Blättern und gebot der Königin, Mein Kind zu senden als Achilleus’ junge Braut.

So täuscht’ ich überredend mein Gemahl, indem Ich ihr der Tochter Ehebund vorspiegelte.

Klytaimestra

zu Agamemnon gewandt

Du, meines Lebens höchster Ruhm, Agamemnon, Fürst!

Nicht ungehorsam deinem Ruf erschienen wir.

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Iphigenie

O Mutter, eil ich entgegen ihm (ach, zürne nicht!), Dem Vater, drück ich meine Brust an seine Brust?

Klytaimestra

Der Lust geniesse; liebtest du den Vater doch Stets mehr als alle Kinder, die mein Schoss gebar.

Iphigenie

Wie freut mich’s, Vater, dich zu sehn nach langer Zeit!

Agamemnon

Und mich – die Tochter! Was du sagst, uns beiden gilt’s.

Iphigenie

Und dennoch strömen Tränen aus dem Auge dir?

Agamemnon

Wohl; eine Trennung, lang und schwer, steht uns bevor.

Iphigenie

Du fährst so weit weg, Vater, und mich lässt du hier?

Agamemnon

Auch du musst eine weite Reise tun, mein Kind.

Iphigenie

Ach, herrlich! Könnt’ ich deiner Fahrt Genossin sein!

Agamemnon

Auch dein harrt eine Fahrt noch, wo du mein gedenkst.

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Iphigenie

Mit meiner Mutter, oder reis ich dann allein?

Agamemnon

Allein, getrennt vom Vater und der Mutter fern.

Iphigenie

Du bringst mich, Vater, doch nicht in ein ander Haus?

Agamemnon

Lass das! Für Mädchen ziemt sich das zu wissen nicht.

Iphigenie

Komm bald von Troja, wenn du dort es wohl bestellt!

Agamemnon

Ein Opfer bringen muss ich noch vor allem hier.

4. Epeisodion

Agamemnon

Ich weiss genau, wo Mitleid am Platz ist und wo nicht, und ich liebe meine Kinder, sonst wäre ich verrückt. Furchtbar trifft es mich, dies zu wagen, Frau, furchtbar auch, es nicht zu tun. So oder so muss es geschehen.

Seht, welch grosse Flottenstreitmacht hier liegt, wie viele Krieger der Hellenen in eherner Rüstung es sind: Nicht können sie gegen die Türme von Ilion ziehen und nicht Trojas berühmte Festung einnehmen, wenn ich dich nicht opfere, wie es der Seher Kalchas bestimmt. Ohne eine Antwort abzuwarten, eilt Agamemnon zum Heer.

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Klytaimestra

Mein Kind! Ihr fremden Frauen!

Weh mir, wie unglücklich bin ich über deinen Tod!

Dein Vater flieht vor dir und liefert dich dem Hades aus.

Iphigenie

Wehe mir, Mutter!

Kein Licht gibt es mehr für mich... und keinen Glanz der Sonne!

4. Epeisodion

Klytaimestra

Ich habe deinen Ruf gehört, hier bin ich, voll Bangen, ich Arme, und von Furcht betäubt. Du bringst mir doch nicht neues Unheil zum schon vorhandenen?

Bote

Von deinem Kind will ich dir ein unerhörtes Wunder anzeigen.

Klytaimestra

Dann zögere nicht, sondern berichte es schnell!

Bote

Liebe Herrin, alles sollst du genau erfahren.

Als wir mit deinem Kind zum Hain der Zeustochter Artemis gelangt waren und zu den blühenden Wiesen, wo das Heer der Achaier sich schon versammelt hatte, da drängte sofort die Masse der Soldaten heran.

Sobald Fürst Agamemnon das Mädchen erblickte, wie es in den Hain schritt, um sich opfern zu lassen, stöhnte er auf, wandte sein Haupt ab und weinte, wobei er sein Gewand vor das Gesicht hielt.

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Sie aber trat nahe an ihren Vater heran und sprach: «Lieber Vater, zur Stelle bin ich dir. Mein Leben gebe ich freudig hin zum Opfer für mein Vaterland und für ganz Hellas; man soll mich zum Altar der Göttin führen, wenn dies der Seherspruch so fordert.

Soweit es an mir liegt, sei euch Glück beschieden und Sieg im Kampf und Heimkehr in das Vaterland. Darum soll kein Argeier Hand an mich legen, denn klaglos werde ich meinen Nacken darbieten, voll guten Mutes.»

So sprach sie. Jeder aber, der es hörte, staunte Über den Mut des Mädchens.

Nun trat Taltybios hervor, dessen Amt dies war, und gebot dem Heer heiliges Schweigen.

Der Seher Kalchas aber nahm das scharfe Schwert. zog es aus der Scheide und legte es in den goldenen Korb.

Der Sohn des Peleus nahm den Korb und das reine Quellwasser, umkreiste schnell den Altar der Göttin und sprach: «Tochter des Zeus, Tiertöterin, die du dein helles Licht schimmern lässt in der Nacht, nimm dieses Opfer an, das wir dir darbringen, das Heer der Achaier und Fürst Agamemnon, das reine Blut vom Nacken dieses schönen Mädchens. Beschere den Schiffen eine schadlose Fahrt und uns, dass wir im Kampf die Burg von Troja einnehmen.»

Zu Boden senkten die Atriden und das ganze Heer den Blick. Der Priester aber ergriff das Schwert, betete und schaute auf ihre Kehle, wo er sie treffen könnte.

Mich hatte im Innern ein heftiger Schmerz erfasst und ich stand gebeugt; doch plötzlich bot sich ein Wunder dar.

Den Schlag des Hiebes hatte ein jeder deutlich vernommen, doch das Mädchen war verschwunden, niemand wusste, wohin.

Da schrie der Priester auf und das ganze Heer mit ihm,

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angesichts einer unerhörten göttlichen Erscheinung, die man nicht glauben wollte, selbst als man sie sah: eine Hirschkuh lag zappelnd am Boden, von stattlichem Wuchs prächtig anzuschauen, mit deren Blut der Altar der Göttin ganz bespritzt war. Da rief Kalchas vor überschwenglicher Freude:

«Ihr Herrscher unseres gemeinsamen Achaierheeres, seht ihr dieses Opfertier, das die Göttin auf den Altar gelegt hat: eine Hirschkuh aus dem Gebirge?

Diese nimmt sie lieber entgegen als das Mädchen, um nicht ihren Altar mit edlem Blute zu besudeln.

Wohlwollend hat sie dies angenommen und gewährt uns günstige Fahrt und die Eroberung von Ilion.

Darum soll ein jeder Krieger jetzt Mut fassen und an Bord seines Schiffes gehen, denn heute noch müssen wir die tiefe Bucht von Aulis verlassen und die wogende Ägäis durchqueren.»

Als nun das Opfer ganz verbrannt war in der Flamme des Hephaistos, betete Kalchas angemessen um gute Fahrt für das Heer. Agamemnon aber schickt mich, dir dies zu melden, welches Schicksal die Götter deiner Tochter beschieden haben, und dass sie unvergänglichen Ruhm in Hellas erworben hat. Ich selbst war dort und habe es gesehen und sage: Dein Kind ist eindeutig zu den Göttern geflogen! Lass ab von der Trauer und zürne deinem Mann nicht mehr.

Unerwartet für die Menschen kommt, was Götter fügen, und sie retten, wen sie lieben. Der heutige Tag hat dein Kind sterben und wieder leben sehen.

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Cecilia Bartoli, Andreas Wittmann, Damenchor Spielzeit 2O19/2O

Ach, nur im dunklen Schattenreich kann ich meinen Bruder wiederfinden.

Iphigenie, Akt 3

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DIE TOCHTER

DURCHBRICHT DEN KREISLAUF DER GEWALT

Ein Gespräch mit Elisabeth Bronfen

Frau Bronfen, die Vorgeschichte zu Iphigénie en Tauride erzählt davon, dass Agamemnon, Iphigénies Vater, bereit war, seine eigene Tochter zu opfern. Wie kann Iphigénie mit diesem Trauma weiterleben?

Iphigénie ist das Lieblingskind Agamemnons, seine älteste Tochter; das ist also auch eine Liebesgeschichte, eine Vertrauensgeschichte, und gleichzeitig muss sie sehen, dass der Vater bereit ist, sie zu zerstören. Das bedeutet nicht nur eine Infragestellung des Verhältnisses der Tochter zum Vater, sondern auch einer jungen Frau zu einem älteren, von ihr geliebten Mann. Psychoanalytisch könnte man sagen, es geht hier – in sehr stark überhöhter Weise –um etwas, das alle Töchter erfahren müssen: Sie müssen sich von ihrem Vater, mit dem sie meist die wichtigere Beziehung haben als mit der Mutter, trennen. Man kann es also auch als eine notwendige Trennungsgeschichte verstehen, dass die Tochter erkennen muss: Mein Vater ist nicht mein geliebtes Gegenstück, sondern er ist ein von mir abgetrenntes Wesen, das seine eigenen Interessen meinen Interessen gegenüber privilegiert. Das hat natürlich auch etwas mit dem Erwachsenwerden zu tun.

Dann wäre also die Opferung der Iphigénie durch ihren Vater ein Bild für einen natürlichen Vorgang und gar nicht so grausam, wie sie auf den ersten Blick erscheint? Oder ist dieser «natürliche» Vorgang umgekehrt im Grunde ein sehr grausamer?

Wenn man den Mythos als Familiengeschichte liest, wird deutlich, wie grausam dieser natürliche Vorgang ist. Diese Trennung kann von den Kindern durchaus als eine Form von Opferung verstanden werden. Denn sie begreifen,

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dass sie dem Vater nicht absolut vertrauen können, nicht von ihm geschützt werden, Zutrauen und Liebe nicht mehr an ihm festmachen können. Erwachsenwerden heisst, zu verstehen: Der Vater ist kein Übermensch, der Vater ist sowohl gut als auch böse, er wird mich nie schützen können. Tod und Opferung sind in der Mythologie Chiffren für etwas, man darf das nicht immer wörtlich nehmen, es geht um Begeisterung, Hingabe, Abtrennung, Lust. Diese Geschichten lassen sich sehr zeitgenössisch lesen.

Glucks Iphigénie en Tauride hat Ereignisse lange nach dieser Opferung zum Thema: Iphigénie wurde im letzten Moment von der Göttin Diana gerettet und lebt nun seit 15 Jahren als Priesterin der Diana auf Tauris. Dort sieht sie die Gewalt, die ihre Familie in der Zwischenzeit zerstört hat, im Traum; ihr Bruder Orest wiederum wird – im Traum – von den Eumeniden verfolgt, den Rachegöttinnen, die ihm den Mord an seiner Mutter vorwerfen. Welche Rolle spielen Träume in dieser Geschichte?

Innerhalb der Antike ist Wachen und Träumen nicht so strikt voneinander getrennt wie bei uns. Oft geht es dabei um Prophezeiungen, in denen die Götter mit einem sprechen. Bei Gluck geht es darum, dass wir in unseren Träumen unsere Ängste, unsere positiven oder negativen Erwartungen oder unsere Schuld durchspielen, Dinge, die wir so direkt nicht ausdrücken können; es ist wie eine Geschichte, die man sich selbst erzählt, es kommen Dinge zum Ausdruck, die wir tagsüber so nicht zulassen würden. Es ist eine chiffrierte Fantasiearbeit, Theater im Theater oder auch ein inneres Theater, das sowohl die Theatersituation reflektiert als auch die Theatralität unseres Seins in der Welt. Wir beobachten uns hier selbst.

Interessant ist, dass die Grenzen zwischen Realität, Traum, Erinnerung, Fantasie in Glucks Oper sehr fliessend zu sein scheinen. Für mich ist auch der Krieg letztlich eine Fantasie. Es hat etwas geradezu Rauschhaftes, wenn die Männer als eine Einheit gegen Troja ziehen, und es hat auch etwas Rauschhaftes oder Traumartiges, wenn der Vater die Tochter nicht mehr als Tochter sieht und bereit ist, sie für diesen Krieg zu opfern.

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Neben den Träumen ist auch die Todessehnsucht der Hauptfiguren auffallend. Iphigénie möchte lieber sterben, als weiter auf Tauris Menschen zu opfern, Orest wird so sehr von seiner Schuld gequält, dass er den Tod herbeisehnt, und Pylades, Orests Freund, möchte lieber selbst geopfert werden, als seinen Freund dem Tod zu überlassen. Selbstmord scheint aber für keine dieser Figuren eine Option zu sein. Zur Zeit Glucks beginnt sich zu zeigen, dass in der bürgerlichen Familie etwas nicht stimmt: Es geht nicht nur um das Verhältnis zwischen Gatte und Gattin, sondern auch um das zwischen Eltern und Kindern und zuweilen auch Schwestern und Brüdern. Die Todessehnsucht der verschiedenen Figuren kann man sehen als Erlösungsfantasie aus der Unmöglichkeit heraus, sich zurechtzufinden in einem System, in dem mir so vieles vorgeschrieben und in dem mein Begehren nicht mit meinen Pflichten zu vereinbaren ist. Damit wird diese Todessehnsucht auch zu einer Kritik an der Familieneinheit: Diese bürgerliche Familie, die stark von der Aufklärung, von einem paternalen, rationalen Denken und von ebensolchen Gesetzen getrieben ist, hat etwas Zerstörerisches. Der Streit zwischen den Eltern frisst die Kinder auf. Deren Todessehnsucht wird 30 Jahre nach Gluck in der Romantik bei Novalis, Kleist und anderen ihre absolute Blütezeit haben.

Aufgelöst wird der Konflikt und damit auch der über mehrere Generationen dauernde Atridenfluch durch die Göttin Diana – es sind also wiederum nicht die Menschen, die Entscheidungen treffen, sondern die Götter müssen eingreifen, um eine Lösung herbeizuführen.

1779, als die Oper entstanden ist, kann man noch akzeptieren, dass nur die Götter eine Lösung herbeiführen können – nach der französischen Revolution zehn Jahre später wird man sich dann nicht mehr vorstellen können, dass die Menschen zu keiner eigenen Entscheidung fähig sein sollen – und dann häufen sich übrigens auch die Selbstmorde oder auch die Liebestodfantasien wie beispielsweise in Wagners Tristan und Isolde. Zur Zeit Glucks gibt es für die Erkenntnis des Unbehagens an der bürgerlichen Familie und an den bürgerlichen Gesetzen mit all ihren Zwängen nur auf der Ebene der Götter eine Lösung. Umgekehrt könnte man auch sagen, das Eingreifen

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der Göttin ist wie die letzte Feier des noch nicht mündigen individuellen Subjekts; das absolut mündige individuelle Subjekt gipfelt im revolutionären Subjekt, das dann später in Frankreich den König umbringt. Hier wird eine Art Umbruchphase markiert.

Diese Umbruchphase scheint sich auch in der Oper zu spiegeln: Iphigénie trifft selbständig die Entscheidung, einen der beiden Gefangenen frei zu lassen; dann geht sie noch einen Schritt weiter und entscheidet – als sie erkennt, dass der zweite Gefangene ihr Bruder ist –, diesen nicht zu opfern. Sie ist also durchaus zu einer selbstbestimmten Handlung fähig. Die Göttin Diana erscheint erst, als die wichtigste Entscheidung bereits getroffen ist, sie ist also strenggenommen keine Dea ex machina mehr. Hier treffen zwei Denksysteme aufeinander, und es ist interessant, dass es die Frau ist, also das weibliche Subjekt, das auf ihrer Handlungsbefähigung insistiert und im Gegensatz zu ihrem Vater die Göttin herausfordert.

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Die Figur Iphigénie ist also in dem Moment, in dem sie geopfert werden soll – noch in der Vorgeschichte der Oper – dem Willen der Götter und dem Willen ihres Vaters passiv ausgeliefert, entwickelt sich aber im Laufe der Oper zu einer aktiven, selbst handelnden Figur. Dass die Göttin am Schluss noch einmal auftritt, das wirkt wie eine Konzession an die Konvention. Die Dea ex machina wird dekonstruiert und bleibt ein leerer Gestus. Die Tochter erhält die Handlungsbefähigung und durchbricht den Kreislauf der Gewalt.

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Die Göttin erkennt diese Handlungsfreiheit Iphigénies an und verzeiht. Am Anfang und am Ende der Geschichte steht die Göttin, aber die wandelt sich und insistiert nicht mehr auf dieser Wiederholungsschlaufe von Frauenraub fordert Krieg fordert Frauenopfer fordert noch mehr Krieg –sie insistiert deshalb nicht, weil sie in einer Tochter etwas sieht, was ihr ein anderes Modell vorgibt. Das würde ich potentiell feministisch nennen.

Das Gespräch führte Beate Breidenbach

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Stéphane Degout, Cecilia Bartoli, Frédéric Antoun Spielzeit 2O19/2O

DIE TRAGIK DES OREST

Klytaimnestra gebar dem Agamemnon einen Sohn namens Orestes und drei Töchter: Elektra, Iphigeneia und Chrysothemis.

Paris, der Sohn des Königs Priamos von Troja, hatte Klytaimnestras Schwester Helena verführt und so den Trojanischen Krieg hinaufbeschworen. Da zogen Agamemnon und Menelaos für lange zehn Jahre von der Heimat fort. Aigisthos aber schloss sich ihrem Zuge nicht an, sondern zog es vor, in Argos zu bleiben und Rache am Hause des Atreus zu nehmen. Er plante nicht nur, Klytaimnestras Liebhaber zu werden, sondern er wollte auch mit ihrer Hilfe Agamemnon töten, sobald der Trojanische Krieg beendet wäre.

Der allwissende Zeus sandte Hermes zu Aigisthos und liess ihn davor warnen, seinen Plan auszuführen; denn Orestes würde, sobald er zum Manne geworden wäre, gezwungen sein, den Vater zu rächen. Trotz all seiner Beredsamkeit gelang es Hermes nicht, Aigisthos von seinem Beschluss abzubringen.

Klytaimnestra hatte wenig Grund, Agamemnon zu lieben: Er hatte ihren früheren Gemahl und das neugeborene Kind an ihrer Brust getötet und sie gezwungen, ihn zu heiraten. Dann zog er in einen Krieg, dessen Ende nicht abzusehen war; auch hatte er die Opferung der Iphigeneia auf Aulis gutgeheissen und sollte – was sie noch härter zu ertragen fand – Kassandra, die Prophetin, die Tochter des Priamos, als seine Geliebte zurückbringen. So verschworen sich Klytaimnestra und Aigisthos, Agamemnon und Kassandra zu töten.

Klytaimmestra begrüsste ihren von der Reise müden Gatten mit allen Zeichen der Freude, rollte einen purpurnen Teppich für ihn aus und führte ihn zum Badehaus, wo Sklavenmädchen ein warmes Bad vorbereitet hatten. Als Agamemnon sich gewaschen hatte und das Bein aus dem Bade hob, eifrig bereit, an dem reichen Mahl, das schon auf den Tafeln aufgetragen war, teilzunehmen, kam Klytaimnestra zu ihm. Sie tat, als wolle sie ein Badetuch um ihn wickeln, aber

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statt dessen warf sie ein selbstgewobenes Netzhemd über sein Haupt, das weder Halsöffnung noch Armlöcher hatte. In diesem, wie ein Fisch gefangen, starb Agamemnon durch die Hände des Aigisthos, der zweimal mit einem zweischneidigen Schwert auf ihn einschlug. Er fiel in die silberwandige Wanne zurück, und Klytaimnestra rächte das ihr angetane Leid; sie schlug sein Haupt mit einer Axt ab. Dann rannte sie hinaus, um Kassandra mit der gleichen Waffe zu töten.

Rückkehr und Rache des Orestes

Um ihn vor Aigisthos zu schützen, war der junge Orestes kurz vor der Rückkehr des Agamemnon nach Phokis geschickt worden, wo er am Hof des Strophios erzogen wurde. Dort fand Orestes einen abenteuerlustigen Spielgefährten, nämlich Pylades, den Sohn des Strophios, der etwas jünger war als er selbst.

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Zum Mann herangewachsen, besuchte Orestes das Delphische Orakel, um zu fragen, ob er den Mörder seines Vaters töten sollte. Wenn er es unterliesse, Agamemnon zu rächen, war Apollons Antwort, die auch von Zeus gutgeheissen wurde, würde er von der Gesellschaft ausgestossen, von jedem Schrein und Tempel verbannt und von Lepra befallen werden. Diese Krankheit sollte sich in sein Fleisch fressen und es mit weissem Schimmel bedecken. Gleichzeitig gab die Pythia zu bedenken, dass die Erinyen nicht leicht einen Muttermord vergeben würden. Daher gab sie Orestes auf Befehl des Apollon einen hörnernen Bogen, mit dem er ihre Angriffe abschlagen könnte, sollten sie unerträglich werden. Nach Erfüllung dieser Befehle müsse er wieder nach Delphi kommen, wo Apollon ihn beschützen werde.

Im achten Jahr – oder nach einer anderen Version, nach Ablauf von zwanzig Jahren – kehrte Orestes heimlich über Athen nach Mykene zurück, mit dem Entschluss, sowohl Aigisthos wie auch seine eigene Mutter zu töten. Orestes klopfte an das Tor des Palastes und fragte nach dem Herrn oder der Frau des Hauses. Klytaimnestra kam selbst heraus, doch erkannte sie Orestes nicht. Er gab vor, traurige Nachrichten von einem gewissen Strophios zu bringen, den er durch Zufall auf der Strasse nach Argos getroffen habe: nämlich, dass ihr Sohn Orestes tot sei. Klytaimnestra hiess Orestes sofort im Palast willkommen.

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Sie verbarg ihre Freude vor den Dienern und liess Aigishtos herbeiholen. Ohne Verdacht zu schöpfen, betrat Aigisthos den Palast, wo gerade Orestes’ Freund Pylades angekommen war und eine bronzene Urne brachte. Er erzählte Klytaimnestra, dass sie die Asche des Orestes enthielte. Diese Nachricht liess Aigisthos vollständig arglos werden; so hatte Orestes keine Schwierigkeit, sein Schwert zu ziehen und ihn niederzustrecken. Klytaimnestra erkannte jetzt ihren Sohn und versuchte, sein Herz zu erweichen: Sie entblösste ihre Brust und flehte ihn an, seine Pflicht als Sohn nicht zu vergessen. Orestes jedoch enthauptete sie mit einem einzigen Schlag des gleichen Schwertes, und sie fiel an der Seite ihres Liebhabers zu Boden. Während er über den Leichen stand, wandte er sich an die Dienerschaft des Palastes, hielt das noch immer blutbefleckte Netz hoch, in dem Agamemnon gestorben war, und entschuldigte sich beredt für den Mord an Klytaimnestra. Er erinnerte an ihren Verrat und fügte hinzu, dass Aigisthos die Strafe erlitten hätte, die das Gesetz für Ehebrecher vorschreibe.

Die Verurteilung von Orestes und Elektra

Die Mykener, die Orestes bei seiner unerhörten Tat unterstützt hatten, erlaubten nicht, dass die Leichen der Klytaimnestra und des Aigisthos in ihrer Stadt liegen blieben, sondern sie begruben sie ausserhalb der Stadtmauern. In dieser Nacht wachten Orestes und Pylades am Grab Klytaimnestras, dass keiner wagen sollte, es zu berauben. Doch während ihrer Wache erschienen die schlangenhaarigen, hundeköpfigen, fledermausgeflügelten Erinyen und schwangen ihre Geisseln. Verwirrt durch diese wilden Angriffe, gegen die Apollons hörnerner Bogen von wenig Nutzen war, fiel Orestes flach auf eine Liege, wo er sechs Tage lang, sein Haupt in einen Mantel gehüllt, lag und sich weigerte zu essen oder sich zu waschen. Dann betrat Menelaos in tiefe Trauer gekleidet den Palast, wo ihn sein Pflegevater Tyndareos begrüsste. Dieser war der Meinung, dass sich Orestes mit der Verbannung Klytaimnestras durch seine Mitbürger hätte zufriedengeben sollen. Wie die Dinge jetzt standen, mussten sie dazu überredet werden, ob sie wollten oder nicht, nicht nur Orestes, sondern auch Elektra, die ihn angetrieben hatte, als Muttermörder zu Tode zu steinigen. Menelaos, der sich fürchtete, Tyndareos

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zu beleidigen, sorgte dafür, dass das erwünschte Urteil gefällt wurde. Aber dank der beredten Selbstverteidigung des Orestes, der durch Pylades unterstützt wurde, verwandelten die Richter das Urteil der Steinigung in ein Urteil zum Selbstmord.

Orestes vor den Richtern

Mit wolleumwundenen Lorbeerzweigen und ­kränzen – um zu zeigen, dass er unter dem Schutz Apollons stand – machte sich Orestes nach Delphi auf, noch immer von den Erinyen verfolgt. Die pythische Priesterin war erschrocken, ihn als Bittsteller auf den marmornen Nabelstein gekauert zu sehen – seine ungewaschenen Hände befleckt von Blut und die schreckliche Schar der schwarzen Erinyen schlafend an seiner Seite. Apollon jedoch beruhigte sie und versprach, als Fürsprecher für Orestes einzutreten. Ihm befahl er, seiner Prüfung mit Mut entgegenzutreten. Nach einer Zeit der Verbannung sollte er nach Athen gehen und dort das alte Bild der Athene umarmen, die ihn, wie die Dioskuren bereits vorausgesagt hatten, mit ihrer gorgonengesichtigen Aigis schützen und den Fluch zunichte machen würde. Während die Erinyen noch fest schliefen, entfloh Orestes von Hermes geleitet. Aber Klytaimnestras Geist betrat bald den Tempelbereich, machte ihnen Vorwürfe und erinnerte sie, dass sie oft Trankopfer von Wein und grimmige Mitternachtmahlzeiten aus ihrer Hand empfangen hätten. Daher nahmen sie erneut die Verfolgung auf.

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Als ein Jahr vergangen war, besuchte Orestes Athen. Er ging sofort zum Tempel der Athene auf der Akropolis; dort warf er sich nieder und umarmte ihre Statue. Athene, die das Flehen des Orestes gehört hatte, eilte nach Athen, vereidigte die edelsten Bürger als Richter und rief den Areopagos zusammen, um ein Urteil zu fällen. Dies war erst der zweite Mordfall, der vor ihn kam.

Zur festgelegten Zeit fand der Prozess statt. Apollon erschien als Verteidiger und die älteste der Erinyen als öffentlicher Ankläger. Als die Abstimmung unentschieden ausging, stellte sich Athene ganz auf die Seite des Vaters und gab ihre Stimme zugunsten Orestes ab. So war er nun in Ehren freigesprochen. Er kehrte freudenvoll nach Argolis zurück und gelobte, den Athenern, solange er lebte, ein treuer Verbündeter zu sein. Doch die Erinyen beklagten laut diese Vergewaltigung des alten Gesetzes durch neugekommene Götter.

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MUTTERMORD UND RACHEGÖTTINNEN

Aus der «Orestie» des Aischylos

Klytaimestra sieht durch das offene Portal den Leichnam des Aigisthos liegen

Weh mir! Tot bist du, Liebster, du, mein Aigisthos!

Orestes

Du liebst ihn? Nun, so ruhe auch in einem Grab mit ihm. Er ist ja tot, ihn wirst du nie verraten!

Klytaimestra

Halt ein, mein Sohn! Empfinde Scheu vor dieser Brust, mein Kind, an der du oft, noch schlummernd, ohne Zähnchen, die Milch geschleckt, die dir so gute Nahrung bot!

Orestes

Was soll ich tun, mein Pylades? Die Mutter schonen?

Pylades

Wo bleiben künftig dann die delphischen Orakel Apollons? Wo die Eidestreue?

Mache dir die ganze Welt zum Feinde, doch die Götter nicht!

Orestes

Recht hast du, meine ich, und gibst mir guten Rat.

Zu Klytaimestra.

Komm mit! An seiner Leiche will ich dich erschlagen.

Du zogst ihn auch im Leben meinem Vater vor. Im Tode schlaf mit ihm, du liebst ihn ja, indes du den, dem du die Liebe schuldig wärst, nur hasst.

Klytaimestra

Ich zog dich auf, an deiner Seite will ich altern.

Orestes

Als Mörderin des Vaters willst du bei mir leben?

Klytaimestra

Dafür, mein Kind, trägt Moira die Verantwortung.

Orestes

So hat dir Moira nun auch diesen Tod bestimmt.

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Klytaimestra

Die Flüche deiner Mutter scheust du nicht, mein Kind?

Orestes

Du hast, als Mutter, tief ins Elend mich gestossen.

Klytaimestra

Ich stiess dich nicht – barg dich in teurem Freundeshaus!

Orestes

Schmachvoll ward ich verkauft, Sohn eines freien Vaters!

Klytaimestra

Wo ist dann der Erlös, den ich für dich empfing?

Orestes

Aus Scham will ich dir diesen Schandpreis gar nicht nennen.

Klytaimestra

Sprich ebenso auch deines Vaters Fehler aus!

Orestes

Klag ihn nicht an: Er litt, du hocktest in der Heimat!

Klytaimestra

Es schmerzt ein Weib, den Mann entbehren müssen, Kind.

Orestes

Wofür der Mann sich quält, das nähret die daheim.

Klytaimestra

So willst du wirklich deine Mutter töten, Kind!

Orestes

Du selber bist es, die dich tödlich trifft, nicht ich.

Klytaimestra

Gib acht, scheu vor den bösen Hunden deiner Mutter!

Orestes

Und die des Vaters fangen mich, wenn ich dich schone.

Klytaimestra

Noch lebend, flehe ich zu einem Grabstein –sinnlos!

Orestes

Des Vaters Tod verhängt dies Urteil über dich.

Klytaimestra

Oh, ich gebar und ich ernährte diese Schlange!

Orestes

Ein trefflicher Prophet war dein Entsetzenstraum!

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Den Unrechten erschlugst du, dulde selbst jetzt Unrecht!

Er drängt sie in das Schloss.

Chor

Wehe, wehe! Unselige Tat!

Zu dem Leichnam Klytaimestras gewandt. Einem furchtbaren Tode fielst du zum Opfer. Wehe, wehe! Dem Überlebenden aber sprosst gleichfalls Leid!

Orestes

Tat sie es oder nicht? Als Zeuge gilt mir dies Gewand: Das Schwert des Aigisthos hat es gefärbt.

Der Blutfleck, als Verbündeter der langen Zeit, hat manches von der alten Farbenpracht zerstört.

Bald lobe ich mich selbst, bald muss ich mich bejammern, und während ich zum Kleid des Vatermordes spreche, bedaure Tat und Leid ich und mein ganzes Haus, dem der Sieg als grauenvoller Schandfleck gilt!

Chor

Keiner der Sterblichen wird den Weg seines Lebens

ganz ohne Unglück, mit ungeschmälerten Ehren, zurücklegen. Wehe, wehe!

Kummer heute und Kummer in Zukunft!

Orestes

Ihr sollt es hören: Ich weiss nicht, wie das noch endet!

Mit meinem Wagen komme ich vom Wege ab; mein unzähmbarer Sinn reisst ohne Widerstand mich fort, und dicht an meinem Herzen ist die Furcht bereit, zu singen und dabei, vor Hass, zu tanzen.

Solang ich noch bei Sinnen bin, erkläre ich den Freunden laut:

Mit Recht schlug ich die Mutter tot, die gottverhasste Schmach, die mir den Vater raubte!

Und als Haupttriebkraft meiner Kühnheit nenne ich den Seher Pythos, Loxias; er sicherte für diese Tat mir Freiheit zu von jeder Schuld, für eine Weigerung – ich nenne nicht die Strafe; kein Pfeil wird dieser Qualen Gipfel je erreichen. Und ihr, Argeier, bitte, bleibt mir allesamt des Unglücks eingedenk, das hier geschah, und legt mir Zeugnis dafür ab, wenn Menelaos heimkehrt!

Doch ich bin heimatlos, aus diesem Land verbannt, und lasse, tot wie lebend, solchen Ruf zurück.

Chorführerin

Nein, recht hast du getan; missbrauch die Zunge nicht zu bösen Worten, stosse keine Schmähung aus, wo du die Freiheit für ganz Argos brachtest durch die glückliche Enthauptung eines Schlangenpaares!

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Orestes

Ha! Ihr Mägde, da, die Frauen, fast wie die Gorgonen, in düsteren Gewändern und von Schlangen dicht umwimmelt! Nein, ich kann nicht länger hier verweilen!

Chorführerin

Du, den der Vater innigst liebte – welch ein Wahn verwirrt dich? Ruhig! Keine Angst! Du, solch ein Sieger!

Orestes

Die Schrecken, die mich quälen, sind kein Wahn.

Das sind gewiss die hasserfüllten Hunde meiner Mutter!

Chorführerin

Frisch ist das Blut noch, das an deinen Händen klebt; daher stammt die Verwirrung, die dich jetzt befällt.

Orestes

Oh, Fürst Apollon, immer grösser wird ihr Schwarm, sie lassen bittres Blut aus ihren Augen tropfen!

Chorführerin

Ein Mittel zur Entsühnung steht dir frei; Apollon wird durch Berührung dich von dieser Qual erlösen.

Orestes

Ihr seht sie nicht, doch ich, ich habe sie vor Augen; sie jagen mich, hier kann ich länger nicht verweilen!

Er stürzt davon.

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Stéphane Degout, Frédéric Antoun Spielzeit 2O19/2O

Nur der Tod bedeutet Ruhe vor meinen Qualen.

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Orest, Akt 2

ORESTS TRAUM VON DER VERSÖHNUNG IM TODE

Orest

aus seiner Betäubung erwachend und sich aufrichtend. Noch einen! reiche mir aus Lethes Fluten

Den letzten kühlen Becher der Erquickung!

Bald ist der Krampf des Lebens aus dem Busen Hinweggespült; bald fliesset still mein Geist, Der Quelle des Vergessens hingegeben, Zu euch, ihr Schatten, in die ewgen Nebel.

Gefällig lasst in eurer Ruhe sich

Den umgetriebnen Sohn der Erde laben!

Welch ein Gelispel hör ich in den Zweigen, Welch ein Geräusch aus jener Dämmrung säuseln?

Sie kommen schon, den neuen Gast zu sehn!

Wer ist die Schar, die herrlich mit einander

Wie ein versammelt Fürstenhaus sich freut?

Sie gehen friedlich, Alt- und Junge, Männer

Mit Weibern; göttergleich und ähnlich scheinen

Die wandelnden Gestalten. Ja, sie sinds,

Die Ahnherrn meines Hauses! – Mit Thyesten

Geht Atreus in vertraulichen Gesprächen;

Die Knaben schlüpfen scherzend um sie her.

Ist keine Feindschaft hier mehr unter euch?

Verlosch die Rache wie das Licht der Sonne?

So bin auch ich willkommen, und ich darf

In euern feierlichen Zug mich mischen.

Willkommen, Väter! euch grüsst Orest, Von euerm Stamme der letzte Mann; Was ihr gesät, hat er geerntet: Mit Fluch beladen stieg er herab; Doch leichter trägt sich hier jede Bürde: Nehmt ihn, o nehmt ihn in euern Kreis! Dich, Atreus, ehr ich, auch dich, Thyesten: Wir sind hier alle der Feindschaft los.

Zeigt mir den Vater, den ich nur einmal Im Leben sah! – Bist du’s, mein Vater? Und führst die Mutter vertraut mit dir?

Darf Klytämnestra die Hand dir reichen, So darf Orest auch zu ihr treten

Und darf ihr sagen: sieh deinen Sohn!

Seht Euren Sohn! Heisst ihn willkommen. Auf Erden war in unserm Hause

Der Gruss des Mordes gewisse Losung, Und das Geschlecht des alten Tantalus

Hat seine Freuden jenseits der Nacht.

Ihr ruft: willkommen! Und nehmt mich auf!

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Birgitte Christensen, Statisterie Spielzeit 2O19/2O

ALS GINGE ES

UM EINE FRAGE DER RELIGION

Christoph Willibald Gluck und die Opernreform

Iphigénie en Tauride, uraufgeführt 1779 in Paris und ebendort stürmisch gefeiert, ist Glucks radikalste Reformoper. Sie bildet innerhalb seines Opernschaffens zweifellos den Höhepunkt und ist zugleich eine Synthese der verschiedensten musikalischen und geistigen Strömungen seiner Zeit; Spuren der italienischen Opera seria finden sich hier ebenso wie solche der Opéra comique, Elemente der Tragédie en musique verbinden sich mit den Gedanken der französischen Aufklärer.

Der Beginn von Glucks Lebensweg als erstes von neun Kindern eines Forstmeisters liess seine späteren internationalen Erfolge als Opernkomponist in Wien und Paris nicht unbedingt erwarten. Geboren 1714 in der Nähe von Nürnberg, riss Gluck als Sechzehnjähriger nach eigenen Angaben heimlich von zuhause aus, um in Prag zunächst Logik und Mathematik zu studieren; seinen Lebensunterhalt verdiente er sich als Organist. Anschliessend führte ihn sein Weg vorübergehend nach Wien, wo er vermutlich bei dem Fürsten Lobkowitz im Dienst war. Von dort ging er 1737 nach Mailand, um bei Giovanni Battista Sammartini Unter richt zu nehmen.

Im Vergleich zu anderen Komponisten seiner Zeit muss Gluck als musikalischer Spätentwickler gelten; erst mit 27 Jahren debütierte er als Opernkomponist mit Artaserse auf ein Libretto von Pietro Metastasio. Nach weiteren italienischen Opernkompositionen, die ihm mittlere Erfolge bescherten, wurde er 1745 für zwei Opern ans Haymarket Theatre nach London engagiert. Dort blieb der Er folg zwar aus, doch er lernte Georg Friedrich Händel kennen, dessen Musik

Beate
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grossen Eindruck auf ihn machte. Arbeiten für verschiedene WanderoperTruppen folgten.

1748 erhielt Gluck den Auftrag, zum Geburtstag der Kaiserin Maria Theresia eine Oper zu schreiben. Der Wiener Hof sparte nicht mit Ausgaben, und so wurde die Uraufführung von Semiramide zu einem – wie der berühmteste Librettist seiner Zeit, Pietro Metastasio, schreibt – «himmelstürmenden Erfolg dank der hervorragenden Mitwirkenden und der Pracht der Dekorationen, trotz einer unerträglichen, erzvandalischen Musik». Metastasio hielt es nicht einmal für nötig, in seinem Brief den Namen des Komponisten zu erwähnen.

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1752 erregte Gluck dann erstmals europaweit Aufmerksamkeit mit einer Auftragskomposition für Neapel, der damaligen Hauptstadt der Oper: La clemenza di Tito auf das gleiche Metastasio­Libretto, das Mozart später vertonen sollte, spaltete die Musikwelt. Eine Arie aus der Oper löste besonders heftige Kontroversen aus: «Se mai senti spirarti sul volto» wurde zum Emblem einer ganz neuen Art, sich musikalisch auszudrücken. Die rhythmische Struktur der Arie ist schlicht, die Harmonik gewagt, alles zielt auf den Ausdruck, die Virtuosität des Sängers tritt in den Hintergrund. Damit weist diese Arie bereits weit voraus in die Zukunft: 20 Jahre später wird Gluck sie wiederverwenden, an zentraler Stelle in Iphigénie en Tauride als «O malheureuse Iphigénie», der Arie im zweiten Akt, mit der Iphigénie ihren totgeglaubten Bruder betrauert.

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Auch andernorts ist 1752 ein aufregendes Jahr für die Oper. In Paris tobt zu jener Zeit der Buffonistenstreit, die «Querelle des Buffons», eine – vor allem unter Adeligen – leidenschaftlich geführte Auseinandersetzung über die Frage, ob die französische oder die italienische die «wahre» Oper sei.

Ausgelöst wurde dieser Streit in der Stadt, in der bisher Lully und Rameau die Oper beherrscht hatten, einerseits von einem Gastspiel von Pergolesis Opera buffa La serva padrona, andererseits von einem Singspiel Jean­Jacques Rousseaus mit dem Titel Le devin du village. Dieses Stück, eine der ersten Opéras comiques überhaupt, spiegelt Rousseaus Kritik an der Zivilisation und seine Forderung, zum Einfachen, Unverstellten, Echten zurückzukehren; es enthält Lieder, Tänze und Volksmusik und preist das Landleben gegenüber dem Leben in der Stadt. Die Melodie als Sprache der Gefühle ist klar, einfach und empfindsam. (Das Libretto wurde später übrigens noch einmal vertont – in Bastien und Bastienne

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von Wolfgang Amadeus Mozart.) Gluck hat diesen Streit nicht direkt mitbekommen, wohl aber die Auswirkungen davon. Um 1750 versuchte Österreich unter Maria Theresia, sich mit Frankreich gegen die Preussen zu verbünden, was auch zu einer Neuorientierung der Kulturpolitik führte: Die diplomatischen Bemühungen wurden von einer Hinwendung zum französischen Theater flankiert. Mit dem Grafen Durazzo wird 1754 ein Anhänger der französischen Aufklärung Theaterdirektor in Wien; er lud französische Schauspieltruppen ans Burgtheater ein und förderte die französische Opéra comique. Gluck engagierte man als Bearbeiter dieser Werke; auf diese Weise machte er sich mit der Dramaturgie der französischen Oper vertraut, lernte den in Frankreich üblichen Einsatz des Chores schätzen und entdeckte die Stoffe der griechischen Klassik, die in Frankreich durch Corneille und Racine längst etabliert waren.

Mit Graf Durazzo gelangten die ästhetischen Forderungen von Rousseau, Diderot, d’Alembert von Paris nach Wien: An die Stelle höfischer Konvention sollten, so die französischen Aufklärer, in der Oper Einfachheit, Natürlichkeit, Aufrichtigkeit und echter Ausdruck treten.

1761 schliesslich traf eine weitere Person in Wien ein, die für Glucks Opernreform eine entscheidende Rolle spielen sollte: Ranieri de’ Calzabigi, Librettist von Glucks erster grosser Reformoper, Orfeo ed Euridice. Calzabigi hatte zwischen 1750 und 1760 in Paris gelebt und dort die Kunsttheorie von Diderot, Rousseau und Voltaire aufgesogen. Bis dahin hatten in Wien die Italiener mit Opern nach Libretti von Metastasio die Bühnen beherrscht; diese Opere serie wurden nun zunehmend als steif und schematisch empfunden, besonders in Bezug auf die immer gleiche Intrigenhandlung und die strikte Trennung der nur vom Cembalo begleiteten «recitativi secchi» von den äusserst virtuosen Arien in Da­Capo­Form, bei denen vor allem das Können der Sängerinnen und Sänger im Vordergrund stand. Nun waren Charaktere gefragt, die aus der Natur selbst kommen, mit individuellen Leidenschaften, die für das Publikum nachvollziehbar waren. Folgerichtig befreite Calzabigis Libretto die Handlung des Orfeo von Intrigen und Nebenfiguren, gab dem Chor eine tragende Rolle, setzte ganz auf einen wortbetonten, expressiven Deklamationsstil – und weckte in Gluck den Revolutionär.

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Fünf Jahre später trieben Gluck und Calzabigi ihre Opernreform noch weiter, und zwar mit der Oper Alceste. Das Vorwort zu dieser Oper ist in die Musikgeschichte eingegangen; Gluck pocht hier auf «stets anziehende Situationen», «abwechselnde Handlung» und auf die «Sprache des Herzens». Mit Alceste wurde er in ganz Europa bekannt – und war nun in der komfortablen Situation, sich selbst mit einem Brief an den Leiter der Pariser Oper für einen lukrativen Opernauftrag ins Spiel bringen zu können. Glucks Wunsch stiess dort auf offene Ohren – nicht zuletzt dank der Protektion von Marie Antoinette, die vormals die österreichische Prinzessin Maria Antonia war und als Kind in Wien von Gluck Gesangsunterricht erhalten hatte. Gluck bekam den Auftrag, sechs Werke für die Pariser Oper zu komponieren, der ihm die unfassbare Summe von 6000 Livres pro Jahr plus noch einmal die gleiche Summe für jede abgelieferte Partitur einbringen sollte. Im Gepäck hatte er die bereits halbfertige Iphigénie en Aulide nach einer Tragödie von Racine.

Während der intensiven Proben zur Uraufführung der Aulischen Iphigenie in Paris machte Gluck sich äusserst unbeliebt. Er nahm keinerlei Rücksicht auf Sängerinnen und Sänger, probte unermüdlich und vergriff sich öfter mal im Ton; er gilt heute als einer der ersten «Pultstars» und als einer der ersten Komponisten, die Wert auf die Interpretation ihrer Opern legten und diese auch möglichst immer selbst leiten wollten.

Nichtsdestotrotz feierte man Iphigénie en Aulide in Paris geradezu hysterisch. Gluck wurde zum Mittelpunkt der Gesellschaft; man trug Kleidung «à l’Iphigénie», und Rousseau schrieb an Gluck, dieser habe «in die Tat umgesetzt», was Rousseau «bis heute für unmöglich gehalten habe». Marie Antoinette berichtete ihrer Schwester: «Voilà un grand triomphe, wir haben am 19. die erste Aufführung von Glucks Iphigénie gehabt, ich bin hingerissen davon; man kann von nichts anderem mehr sprechen, Du kannst Dir nicht vorstellen, in welchem Mass es in allen Köpfen gärt, es ist unglaublich. Man formiert sich, man attackiert sich, als ginge es um eine Frage der Religion.» Mit 60 Jahren war Gluck weltberühmt.

So viel Erfolg musste Glucks Gegner provozieren: Die Anhänger der italienischen Opera seria warfen ihm vor, er kenne keinen wirklichen Gesang und schon gar keine Melodie und sei nur fähig zu musikalischem Lärm – der alte

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Streit um die Vorherrschaft der italienischen bzw. der französischen Oper flammte wieder auf, und Glucks Gegner luden den Komponisten Niccolò Piccinni zu einem Wettstreit nach Paris ein. Mit dem Einverständnis von Marie Antoinette wurde vereinbart, dass beide Komponisten dasselbe Libretto vertonen sollten, den Roland von Quinault, seinerzeit Librettist von Lully. Gluck, der sich der Protektion Marie­Antoinettes sicher sein konnte, setzte sich jedoch über diese Abmachung hinweg und komponierte stattdessen Quinaults Armide­Libretto, ein französisches Nationalheiligtum, das schon Lully vertont hatte. Damit trieb er seine Gegner, die ihn als «dictateur d’art» und als arroganten Teutonen bezeichneten, endgültig zur Weissglut. Es wurde nun so heftig über Oper gestritten, dass es fast zu handgreiflichen Auseinandersetzungen kam.

Das

Daraufhin wagte die Pariser Oper einen zweiten Versuch, Piccinni und Gluck zu einem lukrativen Schaukampf antreten zu lassen. Piccinni, der «unschuldige Prügelknabe der Musikgeschichte» (Eduard Hanslick), erhielt die Zusage, er könne seine Oper als erstes herausbringen; aber Gluck, einmal mehr von Marie Antoinette protegiert, unterlief auch diese Abmachung: Mit seiner Iphigénie en Tauride feierte die Opernreform im Mai 1779 einen überwältigenden Triumph, Piccinnis Werk erschien erst zwei Jahre später.

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Dieser Erfolg sollte Glucks grösster Erfolg bleiben; mit seinem letzten Werk für die Opernbühne, Écho et Narcisse, konnte er nicht mehr an seine vorangegangenen Triumphe anknüpfen. Enttäuscht verliess er Paris in Richtung Wien. Dort wenigstens wurde der 67­Jährige gebührend gefeiert; etliche der zahlreichen Aufführungen seiner Opern gerieten durch Besuche europäischer Herrscher zu Festaufführungen, und 1781 wurde mit grossem Erfolg die deutsche Fassung der Taurischen Iphigenie in Wien uraufgeführt. Mehrere Schlaganfälle vereitelten Glucks letzte Reisepläne; am 15. November 1787 starb er in Wien.

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VERTEUFELT HUMAN

Glucks «Iphigénie en Tauride» zwischen Klassizismus und Revolution

Uwe Schweikert

Die Zeit zwischen 1760 und 1780 war eine Übergangszeit in der Operngeschichte und Gluck mit seinen erst für Wien und dann nach 1770 für Paris entstandenen Werken nicht der einzige, wohl aber der radikalste Neuerer, der um den dramatischen Ausdruck in der ernsten Oper rang. Das gilt nicht zuletzt für den Gipfel seines Schaffens, die am 18. Mai 1779 uraufgeführte Iphigénie en Tauride. Der Anspruch gerade dieses Stückes, mit dem Gluck die 1774 mit Iphigénie en Aulide begonnene Reihe seiner Pariser Opern sowohl stofflich wie ästhetisch weiterführte, manifestiert sich bereits in der Gattungsbezeichnung. Während die vorausgegangenen Werke, der französischen Tradition der Tragédie en musique entsprechend, als Tragédie­opéra firmieren, haben Gluck und sein Librettist Guillard Iphigénie en Tauride lapidar als Tragédie benannt. Nirgends unterstreicht Gluck das Ziel der Reform, die Oper aus dem Geist der antiken Tragödie zu erneuern und damit das gesprochene Drama vom Musikdrama her zu übertreffen, deutlicher als hier. Erst das musikalisierte Drama ist das wahre Drama und führt – ein revolutionärer Anspruch im Operndiskurs der Zeit! –sowohl über die Verstragödien Corneilles und Racines als auch über die antike Tragödie in der uns überlieferten Form hinaus.

Ausgangspunkt für Gluck und seinen Librettisten war die Tragödie des Euripides. Sie kannten aber auch die französische Bearbeitung des Stoffs durch Claude Guimond de La Touche (1757), aus der sie den von Euripides abweichenden Schluss übernahmen: Iphigénie leistet im Tempel offenen Widerstand gegen das Opfergebot des Thoas und stellt ihren Bruder Orest unter den Schutz der Priesterinnen; Pylades dringt mit einigen Griechen ein und ersticht Thoas. Und zumindest Gluck kannte Tommaso Traettas 1763 in Wien uraufgeführte Ifigenia in Tauride, der er wesentliche Anregungen für die musikalische Gestaltung der

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Furien­Szene verdankte. Nimmt man hinzu, dass auch andere Reformer wie Francesco de Majo (1764), Niccolò Jommelli (1771) und, in direkter Konkurrenz zu Gluck, Niccolò Piccinni (1781) denselben Stoff für die Opernbühne bearbeiteten, so darf man annehmen, dass der Iphigenie­Mythos, der schon in der Gestaltung des Euripides einen humanitären Kern besitzt, den ästhetischen Nerv dieser vorrevolutionären Umbruchszeit getroffen haben muss. Indirekt bestätigt wird dies durch Goethes nur wenige Wochen vor Glucks Oper im Weimarer Liebhabertheater uraufgeführtes Schauspiel Iphigenie auf Tauris, das allerdings erst 1787 im Druck erschien.

Was hat es nun mit der «verteufelten Humanität» (um Goethes spätere Distanzierung gegenüber dem Traum von der Humanität zu paraphrasieren) von Glucks Iphigénie en Tauride auf sich? Winckelmann hat 1755 am Beispiel der Laokoon­Figur «edle Einfalt» und «stille Grösse» als «vorzügliche Kennzeichen» der griechischen Kunst benannt und damit zur normativen Vorgabe für die eigene Zeit erhoben. Diese Kampfansange an den Schwulst des Barock und die Verspieltheiten des Rokoko meinte aber noch nicht jene gipserne Klassizität, zu der die Rückwendung zur Antike im 19. Jahrhundert verkam und die man lange auch Gluck vorwarf, sondern Beherrschtheit und erhabene Haltung selbst in der Gefährdung physischer Existenz.

Für den Opernreformer Gluck bedeutete dies, in Anlehnung an Francesco Algarottis ästhetisches Manifest «Saggio sopra l’opera in musica» (1754), Missbräuche der italienischen Opera seria zu bekämpfen: «Ich suchte ... die Musik zu ihrer wahren Bestimmung zurückzuführen: die Dichtung zu unterstützen, um den Ausdruck der Gefühle und das Interesse der Situationen zu verstärken, ohne die Handlung zu unterbrechen oder durch unnütze Verzierungen zu entstellen» (Vorwort zur Alceste, 1769). Die musikalischen Konsequenzen waren: Verzicht auf die Vorrangstellung des Gesangs; Aufhebung der starren Trennung von Rezitativ und Arie, wie sie in der metastasianischen Seria üblich war und stattdessen, nach französischem Vorbild, expressive Deklamation des Textes; nicht zuletzt die Einführung von Chören und die Integration des Balletts. Hinzu kam in der Iphigénie der Verzicht auf jegliche Liebeshandlung. Erhabene Schlichtheit, Wahrheit und Natürlichkeit waren Glucks Ziele – im Bewusstsein, dass zwar die Musik dem Drama mit seinen diskontinuierlichen Gefühlen und

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Empfindungen zu dienen hatte, dass sie aber allein mit ihrer Fähigkeit, Furcht und Mitleid zu erregen, den Einbruch des Mythischen ins Geschehen beglaubigen konnte.

«Die Poesie verlangt etwas Ungeheures, Barbarisches und Wildes.» An diese Maxime des Aufklärers Denis Diderot (De la poésie dramatique, 1758) hielt Gluck sich und hat sie auf die Musik übertragen, als er sich daranmachte, die Tragödie Iphigenie auf Tauris zu vertonen. Zu diesem Zweck greift er auf die Tableau­Technik der französischen Oper mit ihren wirkungsvollen Bildern zurück, fügt sie ins Seelendrama von Iphigénie und Orest ein und versetzt den Zuschauer damit in die Lage, das Bühnengeschehen zugleich von aussen wie von innen, als Drama wie als Psychodrama zu verfolgen. Dies gilt für die grossen, in dieser Verdichtung nie wieder erreichten Bilder im ersten und zweiten Akt: den Gewittersturm, den Auftritt der Furien und das Gedenkritual Iphigénies um den tot geglaubten Bruder. Gluck konnte hier an vergleichbare Szenen anknüpfen, wie er sie im Orfeo und in der Alceste gestaltet hatte. Allerdings – und das macht die Unterwelt­ und Tombeau­Bilder der Iphigénie so einzigartig –hebt er den mythischen Vorgang, darin durchaus Goethe vergleichbar, auf eine individuelle, rein menschliche Ebene: Iphigénie und Orest sind Figuren, deren Schicksal und seelische Gestimmtheit «wie Pfeile mit der Gewalt der Musik die Herzen treffen» (um den Zeitgenossen Wilhelm Heinse zu zitieren).

Auch Majos 1764 in Mannheim aufgeführte Ifigenia beginnt mit einem auskomponierten Unwetter, das gleichsam pantomimisch den Schiffbruch Orests untermalt. Gluck nimmt die Anregung auf, schreibt aber keine formelle Ouvertüre mehr, sondern lässt die zunächst bukolische Stimmung nach wenigen Takten in einen Sturm übergehen, dessen szenografischen Ablauf samt Regen und Hagel er in der Partitur aufs Genaueste mit der Musik korreliert. Und er verbindet dieses Naturereignis mit dem Auftritt Iphigénies und ihrer Priesterinnen, die die Götter um Erbarmen anflehen. Zugleich ist das Unwetter sichtbares Zeichen des in Iphigénies Seele tobenden Sturms, ihres nächtlichen Traums über den Untergang des eigenen Geschlechts, den Mord an Vater und Mutter. Damit ist vom ersten Moment an das Schicksal des unglücklichen Geschwisterpaars auf theatralisch wie musikalisch gleichermassen wirksame Weise angeschlagen.

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Kontrapunktisch zur Introduktion steht am Ende des ersten Aktes der Auftritt der Skythen und ihres Königs Thoas. Gluck hat zur Charakterisierung der Barbaren mit dem aus der Janitscharenmusik bekannten Schlagwerk – Triangel, Becken, Pauken und Trommel – das entsprechend exotisch klingende Instrumentarium gewählt. Dass Aggression aus Angst entsteht, diese Einsicht vermittelt Gluck lange vor Freud im drohenden Unterton der posaunenartig eingesetzten Hörner sowie im dumpfen Klang, mit dem die Streicher Thoas’ Auftritt begleiten. Auf dieselbe «rohe Stärke» (Heinse) sind auch die Chöre und Mordtänze gestimmt, mit denen die Skythen die Opferung der beiden schiffbrüchigen Fremden, Orest und Pylades, fordern. Mit dieser Einbindung der in der französischen Oper üblichen Tanzszenen in die Handlung gibt Gluck dem Ballett eine vollkommen neue, geradezu schockierende Form.

Von ähnlich dramatischer Stringenz und szenischer Geschlossenheit wie der erste ist auch der zweite, im Opfertempel spielende Akt. Nachdem Pylades von den Tempeldienern hinweggeführt wurde, bleibt Orest allein zurück. Erregte Streicherfiguren begleiten seinen Zusammenbruch. Nachdem er wieder zu sich kommt, fühlt er sich wie im Delirium von einer beglückenden Stille umfangen. Die untergründig weiterwirkende Unruhe des Fluchbeladenen verlegt Gluck in einer Art «nervösem Empfindungs­Diagramm» (Norbert Miller) ganz ins Orchester. Seufzerfiguren in den Violinen, ein über 60 Takte hinweg festgehaltener Synkopenrhythmus in der «unablässig und leis’ nagenden Bratschen» (Adolf Bernhard Marx) sowie der kaum je sich vom A wegbewegende Orgelpunkt in den Kontrabässen evozieren einen Abgrund der Angst. Als bei den Proben jemand bemerkte, die fortarbeitende Bratsche widerspreche den Worten, rief Gluck nach dem Zeugnis von Madame de Genlis aus: «Er lügt, er lügt! Er hat die Mutter erschlagen!» Gluck, so kommentiert die Genlis, verstehe es, «durch die Begleitung auszudrücken, was in der Szene vorgeht, wenn die Worte es zu verbergen trachten». Dies ist aber erst der Auftakt zur Unterweltszene mit ihrem Terror der Seele, wenn die Furien, die Orest verfolgen, wie aus dem Unterbewusstsein des Schlafenden auftreten und ihn seines Verbrechens anklagen. Die chorische Pantomime mündet in die bestürzende Verwechslung des Erwachenden, der in der eintretenden Schwester die im Traum erblickte Mutter zu erkennen glaubt. Anders als bei Euripides findet bei dieser Begegnung noch kein Wiedererkennen

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von Bruder und Schwester statt. Iphigénie erfährt nur, was seit ihrer Entrückung nach Tauris in Mykene geschehen ist – eine Szene, in der Glucks rezitativische Deklamation dem Wortwechsel der beiden Schlag um Schlag mit äusserster Prägnanz folgt. Iphigénies Klagegesang über den Bruder, den sie nun für tot hält, spricht sich in reinstem Dur aus – ein Dur, dem allerdings die sehnsuchtsvoll mit dem Gesang sich verschlingende Oboe und die rhythmische Gegenakzentuierung einen Unterton von schmerzvoller Melancholie beimischen. Glucks Musik vermittelt – ganz im Einklang mit der Ästhetik Winckelmanns, Diderots oder Edmund Burkes –, dass im Erhabenen selbst die innere Erregung noch des schönen Ausdrucks bedarf. Sie baut – wie in der Sturmszene, in Orests Traum oder, an Iphigénies Arie sich anschliessend, im Ritornell des Totenrituals – eine «psychische Spannung zwischen innerem Zustand und äusserer Haltung» (Ulrich Schreiber) auf.

Die Anagnorisis, das Wiedererkennen von Bruder und Schwester und damit die Peripetie des Dramas, hat Guillard, entgegen der Vorlage von Euripides, fast bis zum Schluss hinausgezögert, nämlich unmittelbar bis zum Moment der Opferung – dem «grossen Theaterstreich, wie Iphigénie das Messer in die Hand nimmt» (Heinse). Gluck und Guillard gönnen beiden nur wenige Takte der Wiedersehensfreude, ehe, Katastrophe und Rettung in eins, Auftritt und Tod des racheschnaubenden Thoas sowie der Einspruch der friedenstiftenden Göttin Diana das glückliche Ende bringen – und selbst hier geht dem Schlusschor noch die in Moll abgedämpfte «verhaltene Freude» (Klaus Hortschansky) voraus, mit der Orest seine Befreiung durch Iphigénie preist. Zu Recht entfällt denn auch das übliche Schlussballett, ein vermeintlicher «Fehler», den schon die Nachwelt korrigieren zu müssen glaubte.

«Einfach und natürlich» – so Gluck in einem Brief vom Februar 1773 im Mercure de France, der seiner Berufung nach Paris vorausging – «strebt meine Musik, soviel es mir möglich ist, immer nur nach der höchsten Kraft des Ausdrucks und nach Verstärkung der Deklamation in der Poesie.» In der taurischen Iphigenie hat er diesen Vorsatz verwirklicht: in dramatisch packenden Situationen, die er an den Gelenkstellen des Dramas zu szenischen Bildern verdichtet; in Chören und Pantomimen, die die erhabene Stimmung des Orfeo fortschreiben und sich doch ganz dem Handlungsaugenblick unterordnen; in einer Individuali­

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sierung und Humanisierung des antiken Stoffes, bei der ethische Menschlichkeit den Sieg über die Macht des Schicksals davonträgt; nicht zuletzt einer musikalischen Deklamation, die alle Elemente Melos, Rhythmik, Harmonik und Instrumentation – in den Dienst einer Erfahrung des Unbewussten stellt, wie sie gleichzeitig bei den Vorläufern der modernen Psychiatrie, dem Magnetismus Franz Anton Mesmers, dem Spiritismus Armand de Puységurs oder der Erfahrungsseelenkunde Karl Philipp Moritz’ aufscheint.

Obwohl Aufklärer durch und durch, hat Gluck sich den Abgründen des Menschseins so wenig verschlossen wie die wesentlich jüngeren Dramatiker des Sturm und Drang und in der Seelenmalerei seiner Musik Psychogramme entworfen, deren Kompromisslosigkeit noch heute den Atem verschlägt. «Gluck» – so sein Wiener Librettist Ranieri de’ Calzabigi in der Rückschau – «liebte die Gefühle, die der einfachen Natur abgelauscht waren, liebte die mächtigen Leidenschaften auf ihrem Siedepunkte, auf der Höhe ihres Ausbruchs; liebte den lauten, theatralischen Tumult». Als revolutionäres Gesamtkunstwerk durfte er seine Oper Iphigénie en Tauride darum zu Recht als eine in Musik gesetzte «Tragödie» bezeichnen.

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Cecilia Bartoli, Birgitte Christensen, Stéphane Degout, Chor Spielzeit 2O19/2O Cecilia Bartoli Spielzeit 2O19/2O

DA ALLES VIEL

LEIDENSCHAFTLICHER IST

Christoph Willibald Gluck an seinen Librettisten Nicolas-François Guillard

Wien, 17. Juni 1778

Ihre Briefe treffen sehr spät ein, mein Freund, erst gestern erhielt ich Ihren letzten, der 16 Tage unterwegs war; ich glaubte schon, Sie seien krank. Sie wollen, dass ich die wesentlichen Punkte Ihres Briefes beantworte? Sie sehen mich dazu bereit. Erstens möchte ich Ihnen sagen, dass die Änderungen, die Sie in Ihrem vierten Akt vorgenommen haben, ganz umsonst sind, weil ich das Duett zwischen Orestes und Pylades sowie die Arie, die den Akt schliesst, «Divinités de grandes âmes», bereits vollendet habe und nichts mehr daran ändern kann. Ferner, in dem, was Sie den fünften Akt nennen, wird man wahrscheinlich die dritte Strophe der Hymne streichen oder eine interessantere schreiben müssen, in der die Worte «le scythe fier et sauvage» nicht hervorstechen, da diese nur schlecht zur Pathetik der Situation taugen; überdies müssen die Verse das gleiche Versmass haben, vier zu vier. Die zweite Strophe sieht jetzt folgendermassen aus: «Dans les cieux et sur la terre, tout est soumis â ta loi, tout ce que l’Erèbe enserre â ton nom pâlit d’effroi». Falls Sie eine dritte Strophe machen wollen, muss sie die gleichen Versfüsse wie die zweite haben, denn während gesungen wird, vollzieht sich die Feierlichkeit nach der Gesangsmelodie; und das ist wesentlich. Ich möchte auch, dass Thoas in der vierten Szene wütend, mit einer Arie voll Schmähungen auftritt, und dass alle Verse bis zum Eintritt des entscheidenden Momentes ohne Rezitativ gesungen werden können. Dadurch erhielte die Auflösung Wärme und alle Schauspieler und die Chöre eine höchst wirkungsvolle Bewegung. Aber sprechen wir nun von der Arie, die den Akt während der Totenopfer beendet. Ich wünschte mir eine Arie, in der die Worte

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sowohl den Vorgang als auch die Musik ausdrücken, wobei das sinntragende Wort stets am Ende und nie am Anfang oder in der Mitte des folgenden Verses stehen darf. So schlecht sich dies im Rezitativ macht, so wesentlich ist es bei Arien, und macht den Unterschied zwischen den beiden Ausdrucksmitteln aus. Auch wirken die Arien dadurch viel flüssiger. Nun aber kommen wir zum Metrum der Arie, die ich haben möchte. Ich gebe Ihnen den italienischen, zehnsilbigen Text und unterstreiche darin die Silben, die lang und klingend sein müssen:

se mai senti spirarti sul volto lieve fiato que lento s’aggiri di, son questi gli estremi sospiri del mio fido che muore per me.

Den dritten Vers hätte ich gern durch ein einsilbiges Wort unterbrochen wie im Italienischen, beispielsweise «vois nos peines, entends nos cris perçants». Der letzte Vers muss womöglich schwermütig, dunkel sein, um mit der Musik übereinzustimmen. Nach diesen vier, oder wenn Sie wollen acht Versen, sofern Sie bloss das gleiche Versmass haben, kommt der Chor, die düsteren Vorbereitungen zu betrachten. Das scheint mir der Situation sehr zu entsprechen, und ich wünschte fast, die Arie, um die es sich hier handelt, möge ungefähr den gleichen Sinn haben. Nach dem Chor wird die Arie da capo gesungen oder nur die vier Verse, die Sie machten. Ich drücke mich etwas verworren aus, denn die Musik geht mir ständig im Kopf herum.

Alles übrige, glaube ich, dürfte bleiben, wie es ist; wir werden höchstens da und dort ein Stück Rezitativ streichen, das eine textliche Wiederholung bringt oder eine Länge enthält. Das aber wird dem Werk nicht schaden, das nach meiner Meinung eine ausserordentliche Wirkung ausüben muss. Ich gebe Ihnen noch keinen Bescheid wegen meiner Einrichtung, sondern warte Ihren ersten Brief mit Vorschlägen ab, um Ihnen dann meine Stellungnahme bekannt zu geben. Richten Sie es in der Zwischenzeit doch so ein, dass die Königin mich für unbestimmte Zeit anfordert, für einige Jahre, damit ich mich hier mit Anstand losmachen kann. Nur müsste sie es unverzüglich machen, denn ich will nicht mehr im Winter reisen und würde mich anfangs September auf den Weg

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machen. Nur müsste ich es einige Monate vorher wissen, um meine Sachen zu verkaufen und meine Angelegenheiten in Ordnung bringen zu können.

Leben Sie wohl, teuerster Freund, ich umarme Sie von ganzem Herzen; Sie und unsere Bekannten.

PS: Ich finde den Prolog nicht mehr! Auf alle Fälle könnte Abbé Pezzona ihn aus Parma kommen lassen. Sagen Sie es unserem lieben Abbé.

Wie ich mir die Einteilung des Stückes in vier Akte denke, ersehen Sie aus folgendem:

Erste Szene: Orestes und Pylades in Ketten. Die ganze Szene besteht aus der Arie «Unis de la plus tendre enfance», und endet auch mit ihr.

Zweite Szene: Orestes, Pylades, der Minister. Die fünf Verse bleiben gestrichen, da sie überflüssig sind.

Dritte Szene: Orestes allein.

Vierte Szene: Orestes, die Eumeniden.

Fünfte Szene: Iphigénie, allein mit Orestes. Pylades tritt nicht auf. Diese Szene kann als Dialog interessant sein. Es ist fesselnd, wenn das Wort Agamemnon dreimal von Orest wiederholt wird. Das gibt eine Art Duett der beiden Hauptdarsteller. Im grossen und ganzen kann, was sie sich zu sagen haben, bleiben. Dadurch kommt mehr Abwechslung in das Stück, denn sonst sind Orest und Pylades in dieser Szene zu viel beisammen. Alles, was Pylades sagt, ist ohne Bedeutung und mit Füllwörtern überladen. Orest hat genug Selbstbeherrschung, und Iphigénie entreisst ihm die Worte beinahe mit Gewalt, so dass er nicht von Pylades aufgehalten werden muss. Schreiben Sie diese Szene so rasch wie Sie können, denn ich möchte mit der Oper Ende Juli fertig sein.

Sechste Szene: Szene des Totenopfers und damit Schluss des Aktes. Auf diese Weise kann die Oper in vier Akte eingeteilt bleiben. Setzte man einen fünften hinzu, wäre der Schluss des zweiten Aktes, nach meiner Ansicht, schlecht, weil die Eumeniden Orest nur im Traum und der Phantasie erscheinen. Das zerstört die Vorstellung, er sähe seine Mutter, wenn er Iphigénie sieht. Wenn er die Worte «Ma mère! Ciel!» sagt, muss er noch mit seinem Traum beschäftigt sein, sonst würden diese ihre Wirkung verlieren. Der Akt wird dadurch zwar länger werden, das macht aber nichts, da alles viel leidenschaftlicher ist.

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1744 1746

ZEITTAFEL

Christoph Willibald Gluck

Am 2. Juli wird Christoph Willibald Gluck in Erasbach (Oberpfalz) geboren.

Niccolò Piccinni wird geboren.

Im Alter von 16 Jahren verlässt Gluck nach einem Streit mit seinem Vater das Elternhaus und musiziert, um Geld zu verdienen.

Gluck wird als Student der Logik und Mathematik an der Universität Prag immatrikuliert.

In Mailand wird Gluck Mitglied der Hauskapelle des Fürsten Antonio Maria Melzi. Ausserdem ist er Schüler von Giovanni Battista Sammartini.

Glucks erstes Werk als Opernkomponist, Artaserse, wird in Mailand erfolgreich auf die Bühne gebracht. Antonio Vivaldi stirbt in Wien.

In Italien werden in diesem Jahr drei Opere serie von Gluck uraufgeführt: La Sofonisba, Ipermestra, Poro (Alessandro nell’Indie).

Glucks Oper La caduta dei giganti wird in London uraufgeführt. Dort trifft er an einem Benefizkonzert trifft zum ersten Mal auf Georg Friedrich Händel.

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1714 1728 1730 1731 1737 1741

Johann Wolfgang von Goethe wird geboren. Dreissig Jahre später wird sein Werk Iphigenie auf Tauris zum ersten Mal aufgeführt werden.

Gluck heiratet Maria Anna Bergin (1732­1800). Gemeinsam werden sie 1768 Nanette (Marianna) Hedler, die Tochter von Glucks Schwester, adoptieren.

Johann Sebastian Bach stirbt in Leipzig.

Gluck zieht mit seiner Ehefrau permanent nach Wien, wo er Kapellmeister und Komponist für die Hauskapelle des Prinzen

Joseph Friedrich von Sachsen­Hildburghausen wird.

Durazzo, der Generalintendant der Wiener Theater, stellt Gluck als Komponist von «Theatral­ und Akademiemusik» für beide Hoftheater an.

Für Rom komponiert Gluck die Oper Antigono. Er erhält den Titel des «Cavaliere dello sperone d’oro» und wird seitdem oft als Ritter Gluck bezeichnet.

Wolfgang Amadeus Mozart wird in Salzburg geboren.

Gluck komponiert seine erste Opéra­comique (La fausse esclave ).

Am Wiener Hoftheater wird Gluck zum Ballettmusik­Komponisten ernannt.

Georg Friedrich Händel stirbt.

Die Zusammenarbeit zwischen Calzabigi und Gluck beginnt.

Ihr Ziel ist es, das musikalische Drama moderner zu gestalten.

Orfeo ed Euridice wird am 5. Oktober als erste Reformoper mit dem Libretto von Calzabigi uraufgeführt.

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1753 1755 1756 1758 1759 1761 1762
1749 1750

1765 1767 1770 1773 1776

Glucks vierte Ballett­Pantomime Iphigénie wird uraufgeführt. Die Musik ist verschollen.

Zu Traettas Ifigenia in Aulide komponiert Gluck einen Prolog. Ausserdem arbeitet er intensiv an seiner zweiten Oper mit Calzabigi: Alceste wird am 16. Dezember uraufgeführt.

Paride ed Elena, Glucks und Calzabigis letztes gemeinsames Werk, wird im November uraufgeführt. Durch Du Roullet vermittelt, begibt sich Gluck nach Paris, wo Marie Antoinette die Oper grosszügig unterstützt.

Ludwig van Beethoven wird geboren, und Mozart wird zum Ritter vom Goldenen Sporn ernannt.

Gluck vertont Du Roullets Libretto zu Iphigénie en Aulide. Dank dieser ersten französischen Reformoper wird er in Paris bekannt. Zudem schliesst er mit der «Académie Royale de Musique» einen Vertrag ab: Er wird sechs Opern für Paris komponieren.

Der Tod seiner Adoptivtochter Nanette trifft Gluck zutiefst. In Paris beginnt die Auseinandersetzung zwischen den Anhängern Glucks und Piccinnis. Gluck arbeitet an der Vertonung des Roland von Quinault, als er erfährt, dass die «Académie Royale de Musique» Piccinni mit der Komposition des gleichen Werkes beauftragt hat, und bricht die Arbeit an seiner Komposition ab.

Nach der Premiere von Glucks Armide spitzt sich der Streit zwischen den Gluckisten und den Piccinnisten zu.

In Wien komponiert Gluck seine beiden letzten Werke für Paris: Iphigénie en Tauride und Echo et Narcisse. Die Vertonung einer weiteren Dichtung Calzabigis (Les Danaïdes) übergibt Gluck an seinen Schüler Antonio Salieri.

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1777 1778

1779 1780 1781 1783 1787

Iphigénie en Tauride nach dem Libretto von Nicolas­François Guillard wird am 18. Mai in Paris uraufgeführt. Es wird Glucks grösster Bühnenerfolg. Gluck erleidet seinen ersten Schlaganfall. Bereits sechs Wochen zuvor wird am 6. April in Weimar Johann Wolfgang von Goethes Iphigenie auf Tauris uraufgeführt.

Sein letztes Werk für Paris, Echo et Narcisse, wird uraufgeführt. Gluck erleidet einen zweiten Schlaganfall.

Gluck erleidet einen dritten Schlaganfall. Die deutsche Version Iphigenie in Tauris wird in Wien uraufgeführt, während in Paris Piccinnis Iphigénie en Tauride uraufgeführt wird.

Gluck besucht ein Konzert Mozarts und lädt diesen zusammen mit dessen Frau zu sich nach Hause ein.

Am 15. November stirbt Christoph Willibald Gluck in seinem Wiener Stadthaus in der Wiedener Hauptstrasse 32.

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Mein Bruder! Ohne dich erkannt zu haben, trug ich dich schon im Herzen.

Iphigenie,

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Akt 2

IPHIGÉNIE EN TAURIDE

CHRISTOPH WILLIBALD GLUCK (1714-1787)

Tragédie en quatre actes

Libretto von Nicolas-François Guillard nach der gleichnamigen

Tragödie von Claude Guimond de La Touche

Fassung Opernhaus Zürich 2020

Personen

Iphigénie Sopran

Oreste, Iphigénies Bruder Bariton

Pylade, Orestes Freund Tenor

Thoas, König von Tauris Bass

Diane Sopran

Femme Grecque Bass

Chor

Griechen, Priesterinnen, Eumeniden, Volk der Skythen, Wache des Thoas

ACTE PREMIER

Le théâtre représente, dans le fonds, l’entrée du temple de Diane; sur le devant, le bois sacré qui le précède et l’entoure.

On entend dès le commencement de la symphonie quelques coups de tonnerre qui se succèdent plus rapidement, à mesure qu’elle marche. Elle finit par une tempête furieuse. Le jour est commencé, mais il est obscurci par les nuages, et le théâtre n’est éclairé que par la lueur des éclairs.

SCÈNE I

Iphigénie, les Prêtresses.

INTRODUCTION ET CHŒUR

Le calme. / Tempête de loin, doucement. / Tempête un peu plus en avant. / Tempête très forte. / La pluie et la grêle. / La tempête cesse.

IPHIGÉNIE

Grands Dieux! soyez­nous secourables, Détournez vos foudres vengeurs; Tonnez sur les têtes coupables, L’innocence habite en nos cœurs.

Tempête./ La tempête cesse.

CHŒUR DES PRÊTRESSES

Grands Dieux! soyez­nous secourables, etc.

Tempête./ La tempête cesse.

IPHIGÉNIE

Si ces bords cruels et sinistres

Sont l’objet de votre courroux, Daignez à vos faibles ministres

Offrir des asiles plus doux.

CHŒUR DES PRÊTRESSES

Grands Dieux! soyez­nous secourables, etc.

Tempête./ La pluie et la grêle./ La tempête cesse.

IPHIGÉNIE

Que nos mains, saintement barbares, N’ensanglantent plus vos autels!

Rendez ces peuples plus avares

Du sang des malheureux mortels.

Tempête./ La tempête cesse tout à fait.

ERSTER AKT

Im Hintergrund der Bühne der Eingang zum Tempel der Diana; im Vordergrund der heilige Hain, der ihm vorgelagert ist und ihn umgibt.

Zu Beginn der Symphonie hört man einige Donnerschläge, die mit fortschreitender Musik immer schneller aufeinander folgen.

Sie schliesst mit einem heftigen Sturm. Der Tag ist angebrochen, wird aber von Wolken verdunkelt, und die Bühne wird nur vom Licht der Blitze erhellt.

SZENE I

Iphigenie, die Priesterinnen.

INTRODUKTION UND CHOR

Stille. / Sturm in der Ferne, leise. / Sturm etwas näher. / Starker Sturm. / Regen und Hagel. / Der Sturm wird schwächer.

IPHIGENIE

Grosse Götter! Steht uns bei, wendet ab eure rächenden Blitze!

Donnert über den schuldigen Häuptern, in unseren Herzen wohnt die Unschuld. Sturm./ Der Sturm wird schwächer.

CHOR DER PRIESTERINNEN

Grosse Götter! Steht uns bei, usw. Sturm./ Der Sturm wird schwächer.

IPHIGENIE

Sind diese grausamen und düsteren Küsten das Ziel eures Wütens, so habt die Güte, euren schwachen Gesandten ein friedlicheres Asyl zu geben.

CHOR DER PRIESTERINNEN

Grosse Götter! Steht uns bei, usw. Sturm./ Regen und Hagel./ Der Sturm wird schwächer.

IPHIGENIE

Mögen unsere Hände, geweiht der Barbarei, nicht länger eure Altäre mit Blut beflecken! Helft diesen wilden Völkern, vom Blut unglücklicher Sterblicher abzulassen.

Sturm./ Der Sturm legt sich ganz.

CHŒUR DES PRÊTRESSES

Grands Dieux! soyez­nous secourables, etc.

IPHIGÉNIE

Ces Dieux, que notre voix implore

Apaisent enfin leur rigueur:

Le calme reparaît, mais, au fond de mon cœur, Hélas! l’orage habite encore.

Cette nuit... j’ai revu le palais de mon père,

J’allais jouir de ses embrassements; J’oubliais, en ces doux moments, Ses anciennes rigueurs et quinze ans de misère...

La terre tremble sous mes pas,

Le soleil indigné fuit ces lieux qu’il abhorre, Le feu brille dans l’air, et la foudre en éclats

Tombe sur le palais, l’embrase et le dévore!

Du milieu des débris fumants

Sort une voix plaintive et tendre;

Jusqu’au fond de mon cœur elle se fait entendre;

Je vole à ces tristes accents...

À mes yeux aussitôt se présente mon père, Sanglant, percé de coups,

Et d’un spectre inhumain fuyant la rage meurtrière.

Ce spectre affreux, c’était ma mère!

Elle m’arme d’un glaive, et disparaît soudain:

Je veux fuir... On me crie:

«arrête, c’est Oreste!»

Je vois un malheureux et je lui tends la main, Je veux le secourir;

Un ascendant funeste forçait mon bras

A lui percer le sein.

CHŒUR DES PRÊTRESSES

O songe affreux! nuit effroyable!

O douleur! ô mortel effroi!

Ton courroux est­il implacable?

Entends nos cris, ô Ciel! apaise­toi!

RÉCITATIF ET AIR IPHIGÉNIE

O race de Pélops! race toujours fatale!

Jusque dans ses derniers neveux

Le Ciel poursuit encore le crime de Tantale!

CHOR DER PRIESTERINNEN

Grosse Götter! Steht uns bei, usw.

IPHIGENIE

Die Götter, die wir anflehen, mildern endlich ihre Strenge. Die Ruhe kehrt zurück, doch im Grunde meines Herzens, ach, wohnt noch immer der Sturm.

Heute Nacht... sah ich den Palast meines Vaters wieder.

Ich wollte ihn umarmen...

Ich vergass in diesem süssen Moment seine frühere Härte und fünfzehn Jahre des Elends... Die Erde bebt unter meinen Schritten, die Sonne flieht empört den verhassten Ort. Feuer leuchtet in der Luft, und der Blitz fährt gleissend in den Palast, versengt und verschlingt ihn! Aus den rauchenden Trümmern dringt eine klagende, zärtliche Stimme. Sie dringt tief in mein Herz. Ich eile zu diesen traurigen Tönen...

Vor meinen Augen erscheint plötzlich mein Vater, blutend, von Stichen durchbohrt, auf der Flucht vor dem mörderischen Zorn eines unmenschlichen Gespenstes...

Dieses entsetzliche Gespenst war meine Mutter! Sie bewaffnet mich mit einem Schwert und verschwindet plötzlich: Ich will fliehen... Jemand schreit: «Halt ein, es ist Orest!»

Ich sehe einen Unglücklichen und reiche ihm die Hand.

Ich will ihm helfen, doch eine unheilvolle Macht zwang meinen Arm, ihm die Brust zu durchbohren!

CHOR DER PRIESTERINNEN

Was für ein schrecklicher Traum! Entsetzliche Nacht! O Schmerz! O Todesschrecken!

Ist dein Zorn denn unerbittlich?

Höre unsere Schreie, o Himmel, besänftige deinen Zorn!

REZITATIV UND ARIE

IPHIGENIE

O Geschlecht des Pelops! Auf ewig vom Unglück verfolgt!

Bis zum letzten Nachkommen verfolgt der Himmel Tantalos’ Verbrechen!

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ORESTE

Partage mon bonheur. Dans cet objet touchant à qui je dois la vie, Et qu’un penchant si doux rendait cher à mon cœur...

Connais ma sœur Iphigénie.

CHŒUR DES PRÊTRESSES, DES GRECS ET DES SCYTHES

Les Dieux, longtemps en courroux, Ont accompli leur oracle; Ne redoutons plus d’obstacle, Un jour plus pur luit sur nous. Une paix douce et profonde Règne sur le sein de l’onde: La mer, la terre et les cieux, Tout favorise nos vœux.

OREST

Teile mein Glück mit mir!

In diesem rührenden Wesen, dem ich mein Leben verdanke, und das eine so zarte Zuneigung meinem Herzen wiedergab… erkenne meine Schwester Iphigenie!

CHOR DER PRIESTERINNEN, GRIECHEN UND SKYTHEN

Die Götter, so lang erzürnt, haben ihr Orakel erfüllt. Fürchten wir keine Hindernisse mehr, ein hellerer Tag leuchtet auf uns herab. Ein sanfter, tiefer Frieden herrscht im Innern der Wellen: Meer, Erde und Himmel, alles ist unseren Wünschen wohlgesinnt.

Deutsche Übersetzung: Daniela Wiesendanger / Beate Breidenbach

Programmheft IPHIGÉNIE EN TAURIDE

Tragédie en quatre actes von Christoph Willibald Gluck (1714-1787)

Premiere am 2. Februar 2020, Spielzeit 2019/20

Wiederaufnahme am 24. September 2023, Spielzeit 2023/24

Herausgeber Opernhaus Zürich

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Intendant Andreas Homoki

Zusammenstellung, Redaktion Beate Breidenbach

Mitarbeit Laura Minder

Layout, Grafische Gestaltung Carole Bolli

Anzeigenverkauf Opernhaus Zürich, Marketing

Telefon 044 268 66 33, inserate@opernhaus.ch

Schriftkonzept und Logo Studio Geissbühler

Druck Fineprint AG

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Textnachweise:

Die Handlung schrieb Beate Breidenbach für dieses Programmheft. Die Gespräche mit Andreas Homoki und Elisabeth Bronfen (Auszug) erschienen zuerst im Magazin des Opernhauses Zürich (Januar 2020). Heiner Müller, Der Fluch des Tantalos (Elektratext), zitiert nach: Mythos Elektra, Reclam, Stuttgart 2010. Euripides, Die Opferung der Iphigenie in Aulis, in: ders., Iphigenie in Aulis, übersetzt von Horst-Dieter Blume, Stuttgart 2014. Robert von Ranke-Graves, Die Tragik des Orest, in: ders., Griechische Mythologie, Quellen und Deutung, Hamburg 1992. Aischylos, Muttermord und Rachegöttinnen, aus: ders., Orestie, in: Antike Tragödien, übersetzt von Dietrich Ebener, Berlin und Weimar 1990. Johann Wolfgang von Goethe, Orests Traum von der Vergebung im Tode, in: ders., Iphigenie auf Tauris, Goethe – Gesammelte Werke, Frankfurt am Main 1965. Beate Breidenbach, Als wäre es eine Frage der Religion. Gluck und die Opernreform,

Originalbeitrag. Uwe Schweikert, Verteufelt human. Glucks «Iphigénie en Tauride» zwischen Klassizismus und Revolution, in: Komische Oper Berlin, Programmheft zur Premiere «Iphigenie auf Tauris» am 22. April 2007, Nachdruck mit freundlicher Genehmigung des Autors. Christoph Willibald Gluck, «So wird alles viel leidenschaftlicher sein», ders., Briefe, Ausgewählt und übersetzt von W. M. Treichlinger, Zürich 1951. Die Zeittafel zu Christoph Willibald Gluck stellte Laura Minder zusammen.

Bildnachweise:

Monika Rittershaus fotografierte die Klavierhauptprobe am 25. Januar 2020.

Urheber, die nicht erreicht werden konnten, werden zwecks nachträglicher Rechtsabgeltung um Nachricht gebeten.

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