L'Orfeo

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L’ORFEO CLAUDIO MONTEVERDI

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L’ORFEO

CLAUDIO MONTEVERDI (1567-1643)

Unterstützt von

Orpheus besiegte die Hölle und wurde dann von seiner Leidenschaft besiegt.

Ewigen Ruhm aber verdient nur der, der sich selbst besiegt.
Chor der Geister, 5. Akt

HANDLUNG

Prolog

La Musica, die allegorische Gestalt der Musik, kündigt an, die Geschichte von Orpheus zu erzählen, der mit seinem Gesang die Tiere zähmte und die Unterwelt besiegte. Während ihrer Erzählung sollen die Lüfte und das Wasser still stehen, und kein Vogel im Baum soll sich bewegen.

Erster Akt

Orpheus besingt die Sonne, die alles überblickt, wenn sie am Himmel ihre Bahn zieht. Er fragt, ob sie je einen glücklicheren Menschen gesehen habe als ihn, an jenem Tag, an dem er mit Eurydike zusammengekommen war und sie seine Liebe erwiderte.

Eine Gesellschaft aus Nymphen und Hirten erscheint, um die Hochzeit von Orpheus und Eurydike zu feiern. Sie rufen Hymenäus an, den Gott der Heiratenden. Der Festtag wird mit Liedern und Tanz gefeiert. Keiner soll sich Schmerz und Verzweiflung hingeben.

Zweiter Akt

Im Moment der grössten Freude erinnert sich Orpheus an die Wälder, in die er sich zurückgezogen hatte, als er unglücklich war. Nun aber hätten sich alle Klagen in Jubel verwandelt. Den Kummer, den er so lange ertragen musste, mache sein Glück noch vollkommener.

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Eine Botin platzt in die Feier und bringt eine schreckliche Botschaft: Eurydike ist tot. Auf einer blühenden Wiese wurde sie von einer Schlange gebissen. Nach Orpheus verlangend, sei sie in ihren Armen gestorben.

Orpheus verzweifelt darüber, dass seine geliebte Eurydike tot ist und er noch lebt. Er beschliesst, in die Unterwelt hinabzusteigen und Eurydike aus dem Reich der Toten ins Leben zurückzuholen.

Die Nymphen und Hirten beklagen die Erbarmungslosigkeit des Schicksals. Kein Sterblicher solle dem Glück trauen, zu schnell schlage es um in Not und Verzweiflung.

Die Botin hasst sich dafür, die schreckliche Nachricht überbracht zu haben. Als unglücklicher Nachtvogel will sie sich für immer vom Tageslicht zurückziehen und in einer einsamen Höhle ein Leben in Schmerz führen.

Dritter Akt

Speranza, die Göttin der Hoffnung, hat Orpheus bis an die Pforte der Unterwelt geführt. Weiter darf sie ihn nicht begleiten. Ein strenges Gesetz verbietet es. Es lautet: «Lasst alle Hoffnung zurück, die ihr hier eintretet.» An der Schwelle zum Totenreich wacht Caronte, der die Seelen zum anderen Ufer des Totenflusses Styx bringt. Speranza lässt Orpheus alleine.

Orpheus klagt Caronte sein Unglück. Der Tod Eurydikes habe ihm das Herz herausgerissen, und ohne Herz könne er nicht leben. Er fleht Caronte an, ihm seine Geliebte zurückzugeben. Der weist ihn zurück. Orpheus setzt seinen Klagegesang fort, und Caronte schläft über diesem schliesslich ein. Der Weg ins Totenreich steht Orpheus offen.

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Vierter Akt

Das Schicksal von Orpheus hat Proserpinas Mitleid ausgelöst. Sie ist die Gattin von Pluto, dem Herrscher über die Unterwelt. Sie bittet Pluto im Namen ihrer eigenen Liebe, dass Eurydike ins Leben und zur Orpheus zurückkehren darf.

Pluto gibt ihrem Wunsch unter einer Bedingung nach: Orpheus darf sich auf dem Weg aus der Unterwelt nicht nach Eurydike umdrehen.

Orpheus ist glücklich, die Unterwelt überwunden zu haben und Eurydikes Gesicht bald wieder in Augenschein nehmen zu dürfen. Aber dann überkommen ihn Zweifel, ob er von den Göttern der Unterwelt betrogen wird, oder ob ihm womöglich Furien Eurydike rauben wollen. Er wendet sich um. Pluto befiehlt Eurydike zurück zu den Schatten des Todes.

Fünfter Akt

Orpheus ist wieder zurück aus der Unterwelt und ohne jede Hoffnung, Eurydike jemals wieder zu sehen. Er klagt der Natur sein Leid. Die Nymphe Echo antwortet ihm. Orpheus will nie mehr eine Frau lieben.

Gott Apollo, der Vater von Orpheus, steigt aus dem Olymp herab. Er fordert seinen Sohn auf, alle irdische Leidenschaft hinter sich zu lassen und ihm in den Himmel zu folgen. Auf Orpheus Frage, ob er dort Eurydike wieder sehe, antwortet der Gott, in den Sternen werde er ihr Ebenbild sehen. Orpheus folgt seinem Vater.

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JEDER MENSCH TRÄGT SEINE HÖLLE IN SICH

Ein Gespräch mit dem Regisseur

Evgeny Titov über seinen Blick auf eine der ersten Opern der Musikgeschichte

Evgeny, welche Qualitäten schätzt du an der Oper L’Orfeo von Claudio Monteverdi?

Die unglaubliche Sinnlichkeit der Musik. Ich weiss, das ist ein Allgemeinplatz. Das kann man über ganz viele Opern sagen. Aber bei Monteverdi ist die Sinnlichkeit besonders. Sie trifft uns, weil sie von Einfachheit lebt und alles so präzise auf den Punkt bringt. Wie in einem Gedicht. Mir kommt diese Musik kristallklar vor, wie ein tiefer, klarer See. Es geht vierzig Meter runter, und du kannst trotzdem auf den Grund sehen. Diese Oper wirft sich nicht in Pose, will nicht wirken und überwältigen. Sie ist aus einer unfassbaren Ruhe und Konzentration heraus geschrieben, unbelastet von all dem ambitionierten Opernzeug, das später kommt.

Liegt das daran, dass die Gattung Oper mit diesem Werk ihre Geburtsstunde erlebt?

Ich weiss nicht, ob das eine etwas mit dem anderen zu tun hat. Ich denke jedenfalls nicht: L’Orfeo ist so toll, weil es die erste Oper ist. Nach meinem Gefühl hat Monteverdi das Werk nicht in dem Bewusstsein geschrieben, gerade etwas sensationell Neues zu erfinden. Es ist, was es ist. Hier hat jemand die Themen, um die es in der Erzählung von Orfeo geht, und die Möglichkeiten einer Form in seiner Essenz begriffen und bringt alles mit wenigen Noten auf den Punkt.

Subjektive Gefühlsregungen aus einer Figur sprechen zu lassen, war zu Beginn des 17. Jahrhunderts etwas Neues. Monteverdi wollte mit seiner

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Musik nicht nur gefallen und Gott und den Fürsten dienen, sondern die Zuhörenden erschüttern, bewegen und zu Tränen rühren.

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oder

Wenn das sein Anspruch war, kann ich nur sagen: Es ist ihm gelungen. Schon in den Proben, nur am Klavier begleitet und szenisch noch gar nicht fertig ausgearbeitet, ergreift diese Musik. Es sind nicht nur starke Emotionen, die man spürt. Es ist eine Wahrhaftigkeit, die dahinter erkennbar wird. Es ist heute schwer nachzuvollziehen, wie die Menschen im 16. und 17. Jahrhundert gefühlt haben. Ich glaube, die Empfindungen waren viel komprimierter und intensiver. Im Nachdenken über den Tod der jungen Euridice im Stück bin ich auf die wahnsinnig schöne Renaissance-Muse Simonetta Vespucci gestossen, in die im Florenz der Renaissance alle verliebt waren, und die immer wieder gemalt wurde, etwa von Botticelli in seinem berühmten Gemälde Die Geburt der Venus. Sie ist mit 23 Jahren an Tuberkulose gestorben. Damals lagen Blüte des Lebens und Tod viel näher beieinander. Heute werden wir 90 Jahre alt und machen immer schön Pilates, damit wir noch ein bisschen länger leben. Aber damals musste man sich oft zu einem Zeitpunkt vom Leben verabschieden, als man nach unseren Massstäben noch sehr jung war. Das Leben war wie eine Sternschnuppe. Kaum aufgeleuchtet, war es schon verglüht. Das hat sicher sich auch auf das Gefühlserleben der Menschen ausgewirkt und auf die Kunstwerke, die damals entstanden sind.

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Wovon handelt L’Orfeo?

Von Verlust. Liebe. Tod. Von einem Menschen, der gegen den Tod aufbegehrt. Orfeo hat seine Euridice verloren und akzeptiert den Tod nicht. Was kann man angesichts eines geliebten, verstorbenen Menschen machen? Man kann ihn begraben und betrauern. Man kann heulen, rumschreien, wütend werden, wie man will, aber das ändert nichts. Der Tod ist der Tod. Nun kommt Orfeo und sagt: Nein! Ich nehme das nicht hin. Ich gehe in die Hölle und hole mir meine Euridice zurück. Das sprengt jeden Rahmen. Denn er tut es wirklich. Er steigt hinab in die Hölle. Aber es ist keine fantastische Reise in eine finstere Welt, in der es Totenflüsse und mächtige Höllenfürsten gibt.

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Sondern?

Die Hölle existiert im Menschen selbst. Das ist der schrecklichste Ort, an den man kommen kann. Jeder trägt seine Hölle in sich und mit sich durchs Leben. Orfeos Reise führt ins Innere des Menschseins, an den dunkelsten Punkt, den es zu besiegen gilt. Der Mensch ist sich selbst der grösste Feind. Darum geht es in dieser Oper. Du kannst, wie Orfeo, begabt sein, erfolgreich, berühmt und von allen verehrt. Aber wenn es hart auf hart kommt, gibt es nur eins, das es zu überwinden gilt, das ist der Abgrund in dir selbst.

Welchen Abgrund muss Orfeo überwinden?

Die Treue zu seinem Herzen. Dem zu vertrauen, was sein Herz sagt. Er hat es geschafft, ins Totenreich zu kommen. Er hat Proserpina auf seine Seite gebracht; sie bringt Plutone dazu, Euridice wieder frei zu geben. Er führt Euridice zurück ins Leben. Sie ist hinter ihm. Aber er darf sich nicht nach ihr umdrehen, das hat Plutone zur Bedingung gemacht. Und auf einmal kommen Zweifel. Ich weiss, sie steht hinter mir, ich fühle ihre Nähe. Aber eine innere Stimme sagt mir: Soll ich mich nicht besser vergewissern? Vielleicht trügt mich mein Gefühl, vielleicht täuscht mich mein Herz. Die Stimme ist wie die Schlange im Paradies, die sagt: Es ist zwar streng verboten, aber mache es trotzdem. Dreh dich um! Schaue Sie an! Die Versuchung ist einfach zu gross – und dann kommt der fatale Blick zurück. Für diesen Moment der Untreue muss Orfeo den Preis zahlen.

Orfeo ist von sich und seinen Fähigkeiten sehr überzeugt. Er hat das Gefühl, mit seiner Kunst alles erreichen und alle Grenzen überschreiten zu können. Könnte sein Hochmut nicht auch ein Grund für sein Scheitern sein?

Ich finde nicht, dass ihm seine künstlerischen Fähigkeiten zum Verhängnis werden. Für mich steht Orfeo als Liebender im Vordergrund. Du kannst Steine zum Weinen bringen, die Welt erobern und der Grösste von allen sein, aber am Ende bist du nur ein Mensch wie jeder andere. Vor dem Tod sind alle gleich. Es gibt einen schönen Essay von Michel de Montaigne, in dem er sinngemäss sagt, dass man den Menschen nur von seinem Ende her beur-

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teilen kann. Er schreibt über einen Herrscher, der alles hatte, was man sich wünschen kann. War sein Leben gut? Nein. Was einzig zählt, ist der Moment, in dem alles Irdische, aller Reichtum, alle Macht abgefallen ist. An diesem Punkt steht Orfeo. Es geht in Monteverdis Oper um das Essenzielle des Daseins. Orfeo scheitert an seinem Menschsein.

Am Ende der Oper tritt Apollo, der Gott des Lichtes und der Künste auf, Orfeos Vater. Er nimmt seinen unglücklichen Sohn mit in den Himmel. Diesen Schluss hat Monteverdi komponiert, obwohl das vorab gedruckte Libretto mit Orfeos Tod endet. Darin wird er von den Bacchantinnen zerrissen.

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Wir halten uns an das, was Monteverdi komponiert hat, aber das schliesst ja nicht aus, über den Schluss nachzudenken. Orfeo liebt und leidet bis zum Gehtnichtmehr. Diese Fähigkeit macht uns als Menschen aus. Je heftiger die Ausschläge, desto intensiver ist das Leben. Wir kennen alle Menschen, die ohne Schutzhaut durchs Leben gehen und sich ihren Gefühlen und Leidenschaften rückhaltlos ausliefern. So einer ist Orfeo. Apollo macht ihm klar: Du bist zu viel Mensch. Es gibt noch eine andere Hälfte in dir, nämlich die göttliche. Du bist mein Sohn. Folge dieser Seite.

Der Text in Apollos Arie lautet: Du hast dich zu sehr gefreut über dein Glück, du hast zu sehr geweint über dein grausames Schicksal. Es ist nicht weise, der eigenen Leidenschaft zu dienen. Genau. Er sagt: Komm mit mir in den Olymp. Betrachte von oben, wie sich die Erdenwesen in ihren Leidenschaften wälzen. Wir Götter stehen darüber und haben die Gelassenheit der Unsterblichkeit.

Kann Orfeo sich auf dieses Angebot einlassen?

Im Stück sagt er zu Apollo: Ich wäre dir als Sohn nicht würdig, würde ich deinem Rat nicht folgen. Aber ich bin sicher, dass Orfeo – so wie er ist und nach dem, was er erlebt hat – es als Verrat empfinden würde, die Erde einfach hinter sich zu lassen. Jemand, der durch die Hölle gegangen ist, kann am Ende nicht sagen, na gut, dann ändere ich jetzt meinen Lebensplan

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und gehe in den Himmel. Würde er das tun, wäre er nicht mehr Orfeo. Er kann Apollos Angebot nicht annehmen, aus Treue zu sich selbst. Es geht dabei gar nicht unbedingt um Euridice, ohne die er nicht leben will und kann Es geht um Treue zu dem, was sein Leben ausmacht.

Das heisst, die Himmelfahrt am Schluss der Oper ist für dich als Regisseur nicht akzeptabel?

Nein. Aber das ist nicht meine private Regieentscheidung, weil ich mir etwas Originelles ausdenken wollte. Das ist die Konsequenz aus Monteverdis Komposition. Wenn ich die ernst nehme, geht der Schluss nicht. Orfeo steht vor der Frage, was besser ist – alleine im Himmel zu leben oder zu zweit in der Hölle. Aber der Himmel ist keine Option für ihn. Dafür ist er zu sehr Mensch.

Wenn die Hölle, wie du gesagt hast, der Abgrund im Menschen selbst ist, wie sieht sie dann auf der Bühne aus?

Die Hölle mag aussehen, wie sie will. Mir geht es um den Gedanken, und der muss durch die Darsteller zum Ausdruck kommen und nicht durch das Bühnenbild. Man muss sich klar machen, was Hölle eigentlich meint: Sie ist das, was man unmöglich aushalten kann. Sie ist das denkbar Schlimmste und das auf Dauer gestellt. Es wiederholt sich jede Sekunde bis in alle Ewigkeit. Puh. Man darf Stücke, die so ans Existenzielle rühren, nicht zu oft machen. Manchmal soll man sich auch eine harmlose Oper über einen Mann gestatten, der sich in die falsche Frau verliebt.

Welche Gedanken haben dich und deine Bühnenbildnerinnen bei der Gestaltung der Hölle geleitet?

Wir haben etwas gesucht, das Kälte und Unmenschlichkeit ausdrückt, den Schrecken der Sterilität. Es sollte eine tote Materie sein, auch als Kontrast zur Lebenslust, die in Orfeos Hochzeitsfeier mit Euridice zum Ausdruck kommt.

Eigentlich fängt die Oper fröhlich an, mit einer Hochzeit und Hirten und Nymphen, die die Liebe von Orfeo und Euridice preisen, bis

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Euridices Tod das Glück jäh beendet. In deiner Inszenierung ist es anders.

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Zuallererst tritt Musica in der Oper auf, die Allegorie der Musik, und verkündet im Prolog: Ich werde euch eine Geschichte über einen Menschen erzählen und was es bedeutet, ein Liebender zu sein und seine Liebe zu verlieren. Sie kommt gleich zum Punkt. Der Mensch ist geworfen auf eine unfruchtbare Steinlandschaft. So lese ich das, und so will ich es zeigen, wenn der Vorhang hochgeht. Ein Mensch in seiner existenziellen Not, seiner Einsamkeit, sein Alleinsein vor dem Tod. Das ist für mich das zentrale Thema der Oper, und deshalb hätte ich ein fröhliches Hochzeitsbild zu Beginn falsch gefunden. Ich wollte nicht mit der Illusion beginnen, in der wir leben. Ich wollte das Stück gleich in seinem Kern offenbaren. Die Feier, das Tanzen, die fröhlichen Hirten und Nymphen – das alles ist nicht gestrichen, aber es kommt später und anders. Ich beschäftige mich gerade mit Shakespeares King Lear. Es gibt darin im dritten Akt eine Szene, in der Lear in einer peitschenden Sturmnacht schutzlos durch die Heide irrt, sich die Kleider vom Leib reisst und sagt: Der Mensch ist nicht mehr als ein armes, nacktes, zweizinkiges Tier.

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Das Gespräch führte Claus Spahn

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EIN ABEND IN MANTUA MIT GROSSEN FOLGEN

Ein Gespräch mit der Monteverdi-Forscherin

Silke Leopold über den italienischen Pionier der Oper und seine Wiederentdeckung im 20. Jahrhundert

Frau Leopold, es gibt nicht viele Menschen, die sich so lange und so intensiv mit Claudio Monteverdi beschäftigt haben wie Sie. Wenn Sie nur einen Aspekt dieser ausserordentlichen Künstlerpersönlichkeit, mit der die Geschichte der Oper beginnt, hervorheben dürften, welcher wäre das? Was macht Monteverdi aus?

Er ist ein Solitär. Im 16. Jahrhundert sind die meisten Musiker aus Musikerfamilien oder dem Kontext der Kirche hervorgegangen. Monteverdi aber hat keinen biografischen Hintergrund dieser Art. Er stammt aus einer Chirurgenfamilie und ist offensichtlich einfach durch Begabung aufgefallen. Er war nie in einem Kirchenchor, hatte Privatunterricht und war deshalb von musikalischer Tradition unbelastet. Der Herzog Vincenzo Gonzaga von Mantua hat sein kompositorisches Potenzial erkannt. Monteverdi war 23 Jahre alt, als er 1590 an den Hof von Mantua kam. Er war dort eigentlich als Instrumentalist, als Violaspieler, angestellt. Der Herzog hat ihm aber die Gelegenheit gegeben, sich als Komponist mit der Madrigalkunst auseinanderzusetzen.

Welche Fähigkeit hatte Monteverdi, die andere Komponisten seiner Zeit nicht hatten?

Er war in der Lage, sich in die innersten Empfindungen einer Figur hineinzudenken und diese Musik werden zu lassen. Schon als Madrigalkomponist hat er die Texte, die er vertonte, im Hinblick auf Atmosphäre und die Emotionen der auftretenden Charaktere gedeutet. Das war für die damalige Zeit etwas

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völlig Neues und ohne Vorbild. Monteverdi hat sich mit seinen Madrigalen bis zur Uraufführung von L’Orfeo 1607 selbst beigebracht, wie man das, was den Menschen im Inneren bewegt, durch Musik lebendig werden lassen kann. Die ersten Opern in Florenz um 1600 waren ja der Versuch, die Musik dem Wort konsequent unterzuordnen und so etwas wie ein gesungenes Sprechen zu erfinden. Die Musik sollte nur noch eine dienende Rolle haben, so beschreiben es die Florentiner. Aber Monteverdi hielt das nicht für den richtigen Weg. Er wollte die Musik in dieser Neuentwicklung trotzdem zu ihrem Recht kommen lassen und differenziert in seinem Orfeo, wo die Worte Präferenz haben sollen und wo Musik mit emotionalem Ausdruck, mit Virtuosität und instrumentalem Farbenreichtum hingehört. Damit beginnt im Grunde die Unterscheidung von Rezitativ und Arie. Ich behaupte, dass das zarte Pflänzchen Oper, das in Florenz entstanden war, sofort wieder abgestorben wäre, hätte Monteverdi nicht L’Orfeo geschrieben. Es ist nicht die erste Oper der Musikgeschichte, aber es ist die erste, die diese Gattung zukunftsfähig gemacht hat. Ohne Referenz. Das kam aus ihm heraus.

War Monteverdi ein Umstürzler, ein Revolutionär?

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Nein. Er hat die Regeln seiner Zeit beherrscht und nie ihre Abschaffung gefordert. Im Gegenteil, er brauchte das traditionelle Regelwerk, um seine Überschreitungen als solche erkennbar zu machen. Wenn eine Figur ausser sich gerät, hat er sich auch in der Musik über die Ordnung hinweggesetzt und dem Aussersichsein durch Regelbruch im Tonsatz Ausdruck verliehen. Er attackiert die kompositorische Lehre nicht von aussen, sondern überschreitet und erneuert sie von innen.

Basieren seine Erfindungen auf Intuition oder sind sie ein konsequentes Zu-Ende-Denken der neuen musikdramatischen Herausforderungen, mit denen er sich konfrontiert sah?

Es ist bei ihm immer beides: Seine Musik offenbart eine perfekte Kombination aus spontaner Emotionalität und Durchdachtheit, aus sinnlicher Hingabe und kompositorischem Kalkül. Das findet man in dieser Form bei keinem anderen Komponisten der damaligen Zeit. Es gibt bei ihm keinen einzigen Ton,

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der nicht ganz bewusst gesetzt wäre. Das fasziniert mich bis heute. Ich bilde mir ein, inzwischen fast jede Note von Monteverdi zu kennen und trotzdem passiert es mir immer noch, dass ich ein Stück hervorhole und plötzlich verstehe, warum er eine Note genau an dieser einen Stelle untergebracht hat. Das geht mir nur bei ganz wenigen Komponisten so.

Können Sie ein Beispiel geben für Monteverdis musikdramatisches Gespür?

Er setzt Klangfarben sehr bewusst ein. Sie wirken auf den ersten Blick wie Nuancen, sind aber von grosser Bedeutung, etwa im berühmtesten Moment der Orfeo-Handlung: Orfeo dreht sich auf dem Weg aus der Unterwelt nach Euridice um, obwohl es ihm streng verboten ist. Er sieht sie an mit seiner ganzen Liebe und Sehnsucht – und sie muss zurück ins Totenreich. An dieser Stelle schreibt Monteverdi die Instrumentation präzise vor. Der Weg zum Tageslicht und das Zweifeln von Orfeo, ob sie auch wirklich hinter ihm ist, werden vom Cembalo begleitet. In dem Moment aber, in dem Orfeo sich umdreht und Euridice erblickt, soll ein Organo di legno erklingen. Monteverdi will hier den liegenden Klang der Orgel haben. Die Zeit scheint stehen zu bleiben. Für einen Augenblick wird musikalisch der Eindruck von Ewigkeit erzeugt. Der Anblick Euridices ist für Orfeo ein kurzer Moment der Erfüllung und des grössten Glücks. Aber dann bricht ihr Auge, und Orfeo singt «Ma qual eclissi, ohime, v’oscura» (Doch welches Dunkel umgibt euch plötzlich). Das Cembalo setzt wieder ein. Monteverdi schafft mit einer einzigen instrumentalen Farbe Theatralität. Es ist ein kleines Detail, aber mit dem Denken, das dahinter steht, hat Monteverdi die Zukunft der musikdramatischen Form möglich gemacht.

Weil man bei L’Orfeo an der Wiege der Kunstform Oper steht, will man natürlich genau wissen, wie die äusseren Umstände der Uraufführung 1607 in Mantua waren. Wie und in welchem Rahmen wurde die Oper gespielt?

Was den genauen Ort der Aufführung angeht, weiss man heute mehr als noch vor zwanzig Jahren. Man ging ja lange davon aus, dass L’Orfeo am Hof

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der Gonzaga im repräsentativen Spiegelsaal aufgeführt wurde, aber das war nicht so. Die lokalen Musikwissenschaftler in Mantua haben intensiv recherchiert und mit Hilfe einer Beschreibung herausgefunden, dass die Uraufführung wohl in den Gemächern der Schwester des Herzogs, der Herzoginwitwe von Ferrara, in sehr kleinen Räumlichkeiten stattgefunden hat. Der Raum war vielleicht 100 Quadratmeter gross, mehr nicht. In ihm mussten die Sänger und das Orchester unterkommen. Platz für eine grosse Hofgesellschaft blieb da nicht. Es waren also sehr beengte Verhältnisse. Die Raumaufteilung, wie man sie jetzt kennt, legt nahe, dass möglicherweise in einem Raum gespielt und von einem anderen Raum aus zugehört wurde, dass man also gleichsam nur um die Ecke schauend etwas sehen konnte. So ganz genau weiss man das aber nicht.

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Ja. Aber der Anblick gibt keine Vorstellung mehr vom Zustand zur Zeit der Uraufführung. Der Palast wurde 1630 im Zuge des Erbfolgekriegs beim Sacco di Mantova zerstört, geplündert und regelrecht geschleift und hinterher immer wieder umgebaut.

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Die Uraufführung von L’Orfeo war also keine grosse, repräsentative Veranstaltung?

Nein. Der Festanlass fand am Tag zuvor statt. Es war eine akademische Aufführung. Der Herzog und ein enger Kreis aus hohen Hofbeamten und Adeligen war anwesend, und sie waren nicht als Repräsentanten der höfischen Gesellschaft da, sondern als Kenner. Im Rahmen einer Akademie traten Herzog und Herzogin nicht als Herrscherpaar auf, dem man zu huldigen hatte, sondern man begegnete sich auf Augenhöhe. Die Akademien waren in dieser Hinsicht wie eine soziale Utopie, in der Hierarchien vorübergehend keine Rolle spielten.

Fand die Aufführung ohne Bühne und Kulissen statt? Davon ist auszugehen, alleine wegen der engen Platzverhältnisse.

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Monteverdi hat die Szene ausschliesslich musikalisch mit Singstimmen und Instrumenten vor dem inneren Auge der anwesenden Menschen entstehen lassen?

So könnte man sagen. Er verwendet schnarrende Zinken für die Unterwelt, Harfen für den Himmel, weitere Blasinstrumente für die Hirtenszenen –und Violinen, wenn Orpheus singt. Eigentlich ist ja die gezupfte Leier das Instrument, mit dem Orpheus in Verbindung gebracht wird. Zu Monteverdis Zeit war es in Italien aber ein Streichinstrument. Das geht auf das ParnassFresko von Raffael im Vatikan zurück, wo Apollo mit einer Lyra dargestellt ist, und diese Lyra war für Raffael die Lira da Braccio, die gestrichen wird.

Wie bedeutend war der kleine Hof von Mantua zu Monteverdis Zeit?

Er war ein kulturelles Zentrum mit grosser Ausstrahlung, vor allem im Hinblick auf Musik und Literatur. Mantua war auch ein religiös liberaler Ort. Es gab da beispielsweise auch eine kulturell bedeutsame, vom Herzog geförderte jüdische Gemeinde, was für die damaligen Verhältnisse ziemlich erstaunlich ist.

Warum hat der Herzog von Mantua L’Orfeo nur im kleinen Kreis aufführen lassen und mit seinem hochbegabten Komponisten nicht prachtvoll repräsentiert?

Monteverdi war sehr wohl für Repräsentation zuständig. Er musste andauernd irgendwelche Instrumentalmusiken und Ballette für Feste und Turnierspiele schreiben. Darüber beklagte er sich immer wieder in seinen Briefen. Nur kennen wir von diesen Musiken heute keine Note mehr. Der Nachwelt sind nur die Werke erhalten, die er in Druck gegeben hat. Man hat das Gefühl, dass da zwei Komponisten am Werk waren: Der eine Monteverdi leistet seinen Dienst ab, sowohl in Mantua wie auch später in Venedig; der andere sitzt nachts am Schreibtisch über der Musik, die er selbst für wichtig erachtet.

Lassen Sie uns über die Wiederentdeckung Claudio Monteverdis im 20. Jahrhundert sprechen. Das ist ja eine grosse Erfolgsgeschichte. Am Opernhaus Zürich fand Mitte bis Ende der 1970er-Jahre ein Auf-

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führungszyklus seiner Opern statt, der von Nikolaus Harnoncourt musikalisch geleitet und von Jean-Pierre Ponnelle inszeniert wurde. War der Zürcher Zyklus ein entscheidender Markstein für die MonteverdiRenaissance?

Auf jeden Fall war es der Startpunkt für die Opernbühnen. Dass ein Opernhaus, das sonst Mozart, Verdi und Wagner spielt, sich an diesen Komponisten herantraut – das war wirklich etwas Neues. Schallplattenaufnahmen und vereinzelte Aufführungen hatte es schon vorher gegeben. Die erste Aufnahme nach den Kriterien der historischen Aufführungspraxis von L’Orfeo etwa stammt von August Wenzinger aus dem Jahr 1955, bei der übrigens Fritz Wunderlich in mehreren Nebenrollen mitgewirkt hat. Richtig begonnen hat die Wiederentdeckung 1967, zu Monteverdis 400. Geburtstag. Ich selbst habe als Mitglied des Hamburger Monteverdi-Chors bei einer L’Orfeo-Schallplattenproduktion mitgesungen, die 1974 entstanden ist. Sie wurde von Jürgen Jürgens musikalisch geleitet, Nigel Rogers sang damals den Orfeo. Es hatte sich also schon vor Zürich einiges getan. Aber der grosse internationale Erfolg der Zürcher Aufführungsserie hat Monteverdis Opern den Weg in die Spielpläne geebnet. Zu Beginn dieser Renaissance wurde übrigens in erster Linie L’Orfeo aufgeführt, hin und wieder auch Il ritorno d’Ulisse in patria. Seine heute populärste Oper L’incoronazione di Poppea war zunächst völlig aussen vor.

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Warum?

Poppea litt einerseits unter dem kargen Materialstand. Es ist ja praktisch nichts aufgezeichnet. Es gibt nur ein gedrucktes Libretto und eine Melodielinie mit beziffertem Bass als Notenmaterial. Man muss jede Aufführung selbst aus dem wenigen Vorhandenen entwickeln. Andererseits gab es noch im 20. Jahrhundert eine starke Ablehnung des amoralischen Stoffes. Man traute sich nicht so recht, das auf die Bühne zu bringen. Heute ist L’incoronazione di Poppea die mit Abstand am meisten aufgeführte Oper Monteverdis, auch kleinere Häuser wagen sich an sie. Eine atemberaubende Entwicklung innerhalb eines halben Jahrhunderts.

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L’incoronazione di Poppea hat Monteverdi am Ende seines Lebens geschrieben, und zwar nicht mehr für eine kleine höfische Gesellschaft, sondern für ein öffentliches Theater. Der Stoff musste – anders als L’Orfeo – das Publikum erreichen, was die Sex- and-Crime-Geschichte um den römischen Kaiser Nero ja tatsächlich auch zu leisten vermag.

Wie unterscheiden sich die beiden Opern in ihrer instrumentalen Ausgestaltung?

In L’Orfeo sieht Monteverdi einen Reichtum in der Instrumentierung vor, die ein wirtschaftlich kalkulierendes Theater gar nicht hätte bezahlen können. In dem Moment, in dem die Oper kommerziell wird, schrumpfen die Orchester, beziehungsweise sind gar nicht mehr vorhanden. L’incoronazione di Poppea wurde lediglich von einem bunten Continuo und ein paar Violinen gespielt. Die reich instrumentierten Sinfonien und Ritornelle und die grossen Chöre, die es im Orfeo gibt, wären für ein kommerzielles Opernhaus einfach zu teuer gewesen.

Welche Entwicklungen haben in den vergangenen fünfzig Jahren in erster Linie zur Wiederentdeckung Monteverdis beigetragen?

Ganz gewiss die mediale Verbreitung seiner Werke auf Schallplatte und CD. Nikolaus Harnoncourt etwa war ja ein unglaublich zugkräftiger Name am Schallplattenmarkt. Und dann natürlich der grosse Innovationsschub in der musikalischen Praxis: Stilfragen wurden erörtert, Quellenstudium betrieben. Es gründeten sich Spezialensembles, die immer virtuoser auf den historischen Instrumenten spielten. Dirigenten wie John Eliot Gardiner, René Jacobs oder William Christie erschlossen das Repertoire und waren sehr erfolgreich damit. Auch eine spezialisierte Gesangs-Ausbildung für Alte Musik entwickelte sich. Eine anspruchsvolle Partie wie den Orfeo konnten in den 1970er-Jahren vielleicht zwei Sänger singen, einer davon war Nigel Rogers, ein ganz wichtiger Pionier für die folgenden Sänger-Generationen, die sich an seinen Einspielungen orientierten. Er hat die Beweglichkeit im Kehlkopf, die man beispielsweise für die virtuosen Verzierungen in Orfeos berühmter «Possente spirto»-Arie braucht, in Indien gelernt. Rogers hatte Unterricht genommen bei Sängern der indischen Gesangskultur. Aber er war

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auch einer der ersten, die sich mit Verzierungslehren aus dem frühen 17. Jahrhundert beschäftigten und in die Praxis umsetzten, was Giulio Caccini und andere dazu geschrieben hatten.

Heute ist Stilkompetenz längst eine selbstverständliche Voraussetzung für die Aufführung eines Orfeo.

Ja. Man hat zum Glück wieder vergessen, wie sehr die historische Aufführungspraxis zu Beginn als Müsli-, Aussteiger- und Kiffermusik belächelt und bekämpft wurde. Ich kann mich an Hochschulseminare erinnern, an denen interessierte Gesangsstudentinnen und -studenten nicht teilnehmen durften, weil ihre Lehrer der Meinung waren, das würde die Stimme verderben: Da wird ohne Vibrato gesungen, da gehst du nicht hin.

Der Siegeszug der historischen Aufführungspraxis war aber trotzdem nicht aufzuhalten. Hatte er aus Ihrer Sicht auch seine Schattenseiten?

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Dem Kult um die exponierten Dirigenten, zu denen ja auch Harnoncourt gehörte, stand ich eher skeptisch gegenüber. Die Alte Musik war doch unter anderem auch angetreten, um von dem Karajan-Starinterpretenkult wegzukommen – und plötzlich fand das hier auch wieder statt. Ich persönlich finde auch schade, dass die Spezialisierung und die immer höher steigenden Qualitätsstandards dazu geführt haben, dass die Chöre das wunderbare Repertoire des Madrigalgesangs mehr und mehr den professionellen, solistisch besetzten Vokalconsorts überlassen haben. Stilistisch war das ein Fortschritt, für die breite Musikkultur eher ein Rückschritt.

Wo stehen wir heute mit der historischen Aufführungspraxis?

Die Bewegung ist akzeptiert und Mainstream geworden. Auch die internen Grabenkämpfe, bei denen man sich die Köpfe heissgeredet hatte und übereinander hergezogen war, gehören der Vergangenheit an. Der Ehrgeiz, in die Archive zu gehen und unbekanntes Repertoire zu entdecken, hat nachgelassen, obwohl man auch sagen muss, dass inzwischen schon viel Spannendes ausgegraben und veröffentlicht ist. Der Einzug in die Mitte des Musikbetriebs hat auch bei der Alten Musik viel Mittelmass hervorgebracht. Aber das

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stört mich nicht. Ich geniesse es sehr, Barockopern auf dem hohen Niveau, das heute möglich ist, zu erleben.

Und was ist Ihr Traum als Monteverdi-Forscherin? Lassen Sie mich raten: Sie würden gerne noch die verschollene Oper L’Arianna aus irgendeinem Archiv ziehen.

Jeder will L’Arianna finden. Aber ich schätze mal, die Noten sind beim Sacco di Mantova in Flammen aufgegangen, oder irgendjemand hat sie nichtsahnend als Fidibus benutzt. Meine These ist, dass Monteverdi von L’Arianna als Gesamtoper nicht so überzeugt war wie von L’Orfeo. Sie war ein Auftragswerk, bei dem ihm sehr viele Leute reingeredet haben. Er schreibt später auch, dass er sich bei dieser Oper sehr gequält und geärgert habe. Vielleicht war ihm am Ende nur das berühmte, erhaltene Lamento d’Arianna wichtig, das er ja dann auch separat veröffentlicht hat, und der ganze Rest bedeutete ihm nicht so viel. Aber diese These ist genauso spekulativ wie die Hoffnung, dass die Noten noch irgendwo liegen.

Das Gespräch führte Claus Spahn

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GLÜHENDE, LEBENDIGE MUSIK

Monteverdi war eine schillernde, komplizierte Persönlichkeit, mit seinen genialen Einsichten sprengte er die Konventionen der schulmässigen Musik. Er hatte das majestätische Selbstbewusstsein und die Sicherheit des Genies. In seinem langen Leben machte er einige grosse stilistische Veränderungen mit. Die wichtigste von allen war der Übergang von der Renaissance zum Barock. Er selbst war in vorderster Linie an allen diesen Stilwandlungen beteiligt.

Es ist kein Wunder, dass der neue Stil der persönlichen Emotionen, der grandiosen gebändigten Formlosigkeit gerade in Italien entstand. Von allen europäischen Nationen haben die Italiener das extrovertierteste Temperament, südliche Diskussionsfreude, eine herrliche Sprache, die schon nahezu Gesang ist, und glühende Leidenschaftlichkeit. Wir können italienische Musik viel besser verstehen, wenn wir die italienischen Menschen, die italienische Landschaft, das italienische Klima kennen.

Nun eine entscheidende Frage: Wenn wir uns mit Monteverdi und seinem Werk beschäftigen, müssen wir uns überlegen, was uns seine Musik bedeutet, was sie uns heute noch sagen kann. Hat sie nur den exotischen Reiz der «Alten Musik», oder geht sie uns direkt etwas an? Es wäre vollkommen sinnlos, mit dem Interesse von Musikhistorikern oder Museumsmenschen diese Musik kennenlernen, verstehen und als «Alte Musik» aufführen zu wollen. Wir sind gegenwärtige, lebendige Musiker, keine Altertumsforscher; wir können nur Musik machen, die uns etwas sagt, die wir für wichtig halten. Monteverdi war ein leidenschaftlicher Musiker, ein kompromissloser Neuerer in jeder Hinsicht, ein durch und durch moderner Komponist. Er war ein erbitterter Feind alles Antiquierten, er hätte kein Verständnis für die Wiedererweckung von «Alter Musik». Für uns ist Monteverdis Musik eben deshalb so interessant, weil sie niemals

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Das komplette Programmbuch

können Sie auf www.opernhaus.ch/shop

«Alte Musik» werden kann, sondern stets glühende, lebendige Musik bleibt. Natürlich wollen wir die Erkenntnisse der Aufführungspraxis kennenlernen, den Sinn von Monteverdis Aufführungsbedingungen, aber wir wollen uns nicht in einen falschen Purismus flüchten, in eine falsche Objektivität, in falsch verstandene Werktreue – Monteverdi will das nicht, er ist ein Vollblutmusiker, und er ist Italiener. Also bitte keine Angst vor Vibrato, vor Lebendigkeit, vor Subjektivität, vor heisser Mittelmeerluft, aber bitte viel Angst vor Kälte, Purismus, vor «Objektivität» und leerem Historismus. Wir müssen die echten musikalischen Anliegen Monteverdis wieder verstehen und selbst zu lebendiger Musik machen können. Wir müssen als Musiker versuchen, das, was an Monteverdi aktuell war und was bestimmt für alle Zeiten aktuell bleiben wird, wieder neu zu sehen, es neu zu beleben, es mit unserem Gefühl, unserer Mentalität des 20. Jahrhunderts wiederzugeben, denn ins 17. Jahrhundert wollen wir bestimmt nicht zurückgehen. Die Erforschung der Aufführungspraxis ist sicherlich sehr wichtig, um zu einem wirklichen Verständnis zu gelangen. Wir müssen ja die Vielfalt der Möglichkeiten erkennen, um die für uns richtigen herauszufinden. Das bedeutet: Wir müssen versuchen, soviel wie möglich von dem zu verstehen, was Monteverdi wollte, um zu finden, was wir mit ihm wollen.

oder am Vorstellungsabend im Foyer des Opernhauses erwerben

Aus dem Buch «Der musikalische Dialog» von Nikolaus Harnoncourt aus dem Jahr 1984

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Lasst alle Hoffnung zurück, die ihr hier eintretet!

Speranza, 3. Akt

Ihr Götter der Welt, die unter der Erde gelegen, der wir verfallen, soviel wir sterblich gezeugt sind, erlaubt ihr, Wahrheit offen und frei zu reden ohne den Umschweif trügenden Mundes: ich bin nicht hernieder gestiegen, den finstren Tartarus hier zu schaun, auch nicht, die schlangenumwundnen Kehlen, die schrecklichen drei, des medusischen Scheusals zu fesseln.

Grund meiner Fahrt ist die Frau. Eine Schlange, die sie getreten, spritzte ihr Gift in das Blut und stahl ihr die Jahre der Blüte.

Tragen wollt’ ich’s und will nicht leugnen, dass ich’s versucht, doch siegte die Liebe. Gar wohl ist dort oben bekannt ihre Gottheit. Ist sie’s auch hier? Ich zweifle und muss es dennoch vermuten: wenn die Kunde nicht lügt vom Raub in der Vorzeit, so hat auch euch die Liebe vereint. Bei diesem Orte des Grauens, dieser gewaltigen Öde, dem Schweigen des riesigen Reiches: Knüpft Eurydicen neu den zu früh zerrissenen Faden.

Alles schuldet sich euch, und nur ein wenig verzögert eilen wir früh oder spät zu dem einen Sitze, wir streben hierher alle, dies ist die letzte Behausung, und ihr habt über der Sterblichen Stamm die längste Herrschaft in Händen. Sie auch, wenn sie, gereift, vollbracht die bemessenen Jahre, wird euch fallen anheim: Nur leihen sollt ihr, nicht schenken.

Gibt das Schicksal die Gattin nicht frei, so will ich gewiss auch selbst nicht kehren zurück, dann freut euch am Tode von Beiden.

aus Ovid: «Metamorphosen», Buch 10, 1. Jhd. n. Chr.

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CLAUDIO MONTEVERDI

Zeittafel

1567

15. Mai: Claudio Zuan Antonio Monteverdi wird in der Kirche SS. Nazzaro e Celso in Cremona getauft. Seine Eltern sind der Wundarzt Baldassare Monteverdi und Maddalena Zignani.

1573

Geburt von Monteverdis Bruder Giulio Cesare, der ebenfalls Musiker wird.

1582

Der fünfzehnjährige Monteverdi veröffentlicht die dreistimmigen Sacrae Cantiunculae. 1583

Monteverdi veröffentlicht die vierstimmigen Madrigali spirituali.

1587

Das erste Buch fünfstimmiger Madrigale erscheint. Vincenzo Gonzaga wird Herzog von Mantua. Monteverdis Primo Libro de Madrigali a cinque voci erscheint im Druck.

1589

Monteverdi reist nach Mailand, in der Hoffnung, dort als Domkapellmeister eine Anstellung zu bekommen, jedoch ohne Erfolg.

1590

Monteverdi erhält eine Anstellung als «Suonatore di viola» (Violaspieler) am Hofe des Herzogs von Mantua. Er veröffentlicht das Zweite Madrigalbuch, dem zwei Jahre später das Dritte Madrigalbuch folgt, diesmal seinem neuen Dienstherrn gewidmet.

1594

Mit dem Tod von Pierluigi da Palestrina und Orlando di Lasso ist die Blütezeit des niederländischen Stils in der Musik zu Ende.

1595

Monteverdi begleitet seinen Herrn Vincenzo als vorübergehend ernannter «Maestro di capella» auf einen Feldzug gegen die Türken nach Ungarn.

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1596

Nach dem Tod des Mantuaner Hofkapellmeister Giaches de Wert wird Benedetto Pallavicino neuer Hofkapellmeister. Monteverdi fühlt sich übergangen.

1597

In Florenz wird Ottavio Rinuccinis Favola pastorale La Dafne mit der Musik von Jacopo Peri und Jacopo Corsi aufgeführt, eine der ersten Opern der Musikgeschichte.

1599

Monteverdi heiratet die Hofsängerin Claudia Cattaneo. Kurz darauf begleitet er – wieder als provisorischer «Maestro di capella» –seinen Herrn auf eine Reise in die Schweiz und nach Belgien.

1600

In Bologna erscheint Giovanni Artusis Delle Imperfettioni della musica moderna, in der Monteverdis Musik angegriffen wird.

1601

26. November: Benedetto Pallavicino stirbt. Monteverdi wird Hofkapellmeister in Mantua.

1602

Giacomo Badoaro, der Librettist von Il ritorno d’Ulisse in patria und weiterer Werke Monteverdis, wird geboren.

1603

Das Vierte Madrigalbuch erscheint und wird der Accademia degli Intrepidi in Ferrara gewidmet.

1605

Monteverdi veröffentlicht das Fünfte Madrigalbuch und verteidigt sich im Vorwort gegen die Kritik Artusis.

1607

24. Februar: L’Orfeo. Favola in musica wird von den Mitgliedern der Accademia degli Invaghiti am Hof von Mantua uraufgeführt.

10. September: Monteverdis Frau stirbt in Cremona. Die Scherzi musicali erscheinen im Druck; im Vorwort untermauert Monteverdis Bruder Giulio Cesare in einer bekanntgewordenen «Dichiarazione» die Unterschiede zwischen «prima prattica» und «seconda prattica». Monteverdi beginnt mit der Komposition der Arianna.

1608

28. Mai: Aus Anlass der Hochzeit Francesco Gonzagas, des Sohns von Herzog Vincenzo, mit Margarita von Savoyen wird am Hof von Mantua Monteverdis zweite Oper L’Arianna uraufgeführt, von der nur das berühmte Lamento erhalten ist.

49

1609

Die Favola d’Orfeo erscheint im Druck.

1610

Monteverdi komponiert die fünfstimmige Madrigalversion des Lamento d’Arianna. Er reist nach Rom und überreicht dem Papst den Druck seiner Messe In illo tempore sowie der Marienvesper (Vespro della Beatae Vergine).

1612

Nach dem Tod von Herzog Vincenzo entlässt dessen Thronfolger, der älteste Sohn Francesco, Monteverdi aus dem Dienst als Mantuaner Hofkapellmeister.

1613

Als am Markusdom in Venedig die Domkapellmeisterstelle frei wird, wird Monteverdi zum neuen «Maestro di Capella della Chiesa di S. Marco» ernannt. Damit ist er zum ersten Mal in seinem Leben finanziell abgesichert.

1614

Das Sechste Madrigalbuch erscheint.

1619

Das Siebte Madrigalbuch erscheint und ist der Herzogin Caterina Medici Gonzaga von Mantua gewidmet.

1624

Monteverdis Schlachtszene Il combattimento di Tancredi e Clorinda wird in Venedig im Palazzo eines Patriziers uraufgeführt.

1630

Im Zuge der mantuanischen Erbfolgekriege belagern kaiserliche Truppen die Stadt, nehmen sie ein und plündern sie. Bei der Zerstörung gehen alle nicht gedruckten Werke, die Monteverdi für Mantua komponiert hat, verloren. In Venedig wird die Pest eingeschleppt und fordert in den nächsten eineinhalb Jahren knapp 50’000 Opfer.

1632

Monteverdi tritt in den geistlichen Stand, schreibt jedoch auch weiterhin weltliche Werke.

1637

In Venedig wird mit dem Teatro S. Cassiano das erste öffentliche Opernhaus der Geschichte eröffnet.

1638

Das Achte Madrigalbuch erscheint unter dem Titel Madrigali guerrieri, et amorosi.

1640

Im Frühjahr oder Herbst des Jahres wird Il ritorno d’Ulisse in patria, vermutlich im Teatro SS. Giovanni e Paolo uraufgeführt.

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1642

Monteverdis letzte Oper, L’incoronazione di Poppea, in der erstmals eine historische Gestalt (Kaiser Nero) im Zentrum steht, wird in Venedig uraufgeführt.

1643

29. November: Monteverdi stirbt nach einer Reise nach Cremona und Mantua im Alter von 76 Jahren in Venedig. Er wird in der Kirche S. Maria Gloriosa dei Frari beigesetzt.

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Du bist tot, mein Leben, und ich atme noch?

Orfeo, 2. Akt

L’ORFEO

CLAUDIO MONTEVERDI (1567-1643)

Favola in Musica in einem Prolog und fünf Akten

Libretto von Alessandro Striggio

Uraufführung: Mantua, 24. Februar 1607

Fassung Opernhaus Zürich 2024

Personen

Orfeo Tenor

Caronte Bass

Plutone Bass

Apollo Tenor

1. Pastore Tenor

2. Pastore Tenor

3. Pastore Alt

1. Spirito Bariton

2. Spirito Tenor

La Musica Sopran

Euridice Sopran

Messaggera Mezzosopran

La Speranza Mezzosopran

Proserpina Sopran

Ninfa Mezzosopran

Eco Sopran Chor

Nymphen und Hirten, Geister

TOCCATA

PROLOGO

RITORNELLO

LA MUSICA

Dal mio Permesso amato a voi ne vegno, incliti eroi, sangue gentil de’ regi,

Di cui narra la fama eccelsi pregi, Né giunge al ver, perch’è tropp’alto il segno.

Io la Musica son, ch’ai dolci accenti

So far tranquillo ogni turbato core, Et or di nobil ira et or d’amore

Poss’infiammar le più gelate menti.

Io su cetera d’or cantando soglio

Mortal orecchio lusingar talora;

E in questa guisa all’armonia sonora

Della lira del ciel più l’alme invoglio.

Quinci a dirvi d’Orfeo desio mi sprona, D’Orfeo che trasse al suo cantar le fere, E servo fé l’Inferno a sue preghiere, Gloria immortal di Pindo e d’Elicona.

Or mentre i canti alterno, or lieti or mesti,

Non si mova augellin fra queste piante,

Ne s’oda in queste rive onda sonante, Et ogni auretta in suo cammin s’arresti.

ORFEO

Rosa del ciel, vita del mondo, e degna

Prole di lui che l’universo affrena, Sol, che ’I tutto circondi e ’l tutto miri

Dagli stellanti giri:

Dimmi, vedesti mai

Di me più lieto e fortunato amante?

Fu ben felice il giorno, Mio ben, che pria ti vidi, E più felice l’ora

Che per te sospirai,

Poich’al mio sospirar tu sospirasti; Felicissimo il punto

Che la candida mano, Pegno di pura fede, a me porgesti.

Se tanti cori avessi

Quanti occhi ha ’I ciel eterno, e quante chiome

TOCCATA

PROLOG RITORNELL

DIE MUSIK

Vom Quell des Permessos komm ich zu euch hernieder, ruhmreiche Helden von königlichem Blut. Von euch erzählt die Sage grosse Taten, doch kann sie nie genug berichten, da es zu viele sind.

Ich bin die Musik, die mit lieblichen Tönen dem verwirrten Herzen Ruhe schenkt. Bald zu edlem Zorn, bald zur Liebe vermag ich selbst eiserstarrte Sinne zu entfachen.

Singend zum Klang der goldenen Zither entzücke ich zuweilen das Ohr des Sterblichen und erwecke in der Seele die Freude an den klangvollen Harmonien der Himmelsleier.

Nun will ich euch von Orpheus berichten, der mit seinem Gesang die Tiere zähmte, der durch sein Bitten sogar die Hölle bezwang, und unsterblichen Ruhm auf dem Pindos und dem Helikon errang.

Wenn ich nun meine Lieder singe, mal heiter, mal traurig, soll der Vogel im Baum unbewegt lauschen, soll keine Welle an die Ufer schlagen und jedes Lüftchen still verweilen.

ORPHEUS

Rose des Himmels, Leben der Erde und würdige Schöpfung dessen, der das Universum lenkt, Sonne, die du alles umschliesst und alles erblickst, wenn du zwischen den Gestirnen deine Kreise ziehst, sag mir, ob du je einen fröhlicheren und glücklicheren Liebenden gesehen hast?

Glücklich war der Tag, an dem ich dich, meine Geliebte, zum erstenmal erblickte; doch glücklicher war die Stunde, da ich um dich seufzte, denn nach meinen Seufzern sehntest du dich; am glücklichsten aber war der Augenblick, da du mir deine weisse Hand als Pfand wahrer Treue reichtest.

Hätte ich so viele Herzen, wie der ewige Himmel Augen hat und wie diese

Han questi colli ameni il verde maggio, Tutti colmi sarieno e traboccanti

Di quel piacer ch’oggi mi fa contento.

ATTO PRIMO

PASTORE I

In questo lieto e fortunato giorno

Ch’ha posto fine a gli amorosi affanni

Del nostro semideo, cantiam, pastori,

In sì soavi accenti,

Che sian degni d’Orfeo nostri concenti.

Oggi fatta è pietosa

L’alma già sì sdegnosa

Della bell’Euridice.

Oggi fatto è felice

Orfeo nel sen di lei, per cui già tanto

lieblichen Hügel Blätter im grünen Mai haben, so würden sie alle voll sein und überfliessen von dem Glück, das mich heute erfüllt.

ERSTER AKT

ERSTER HIRTE

Das komplette Programmbuch können Sie

Per queste selve ha sospirato e pianto.

Dunque in sì lieto e fortunato giorno

Ch’ha posto fine a gli amorosi affanni

Del nostro semideo, cantiam, pastori,

auf www.opernhaus.ch/shop

In sì soavi accenti,

Che sian degni d’Orfeo nostri concenti.

oder am Vorstellungsabend im Foyer des Opernhauses erwerben

PASTORE III

Ma tu, gentil cantor, s’a tuoi lamenti

Già festi lagrimar queste campagne,

Perch’ora al suon de la famosa cetra

Non fai teco gioir le valli e i poggi?

Sia testimon del core

Qualche lieta canzon che detti Amore.

CORO DI NINFE E PASTORI

Vieni, Imeneo, deh, vieni, E la tua face ardente

Sia quasi un sol nascente

Ch’apporti a questi amanti i dì sereni

E lunge omai disgombre

Degli affanni e del duol gli orrori e I’ombre.

NINFA

Muse, onor di Parnaso, amor del cielo, Gentil conforto a sconsolato core,

An diesem frohen und glücklichen Tag, der dem Liebesleid unseres Halbgottes ein Ende setzt, lasst uns singen, ihr Hirten, in den lieblichsten Weisen, die einem Orpheus zur Ehre gereichen. Heute rührte Mitleid die sonst so stolze Seele der schönen Eurydike. Heute erfüllte sich das Glück des Orpheus an ihrem Busen, nach dem er sich in diesen Wäldern lange klagend sehnte. An diesem frohen und glücklichen Tag also, der dem Liebesleid unseres Halbgottes ein Ende setzt, lasst uns singen, ihr Hirten, in den lieblichsten Weisen, die einem Orpheus zur Ehre gereichen.

DRITTER HIRTE

Holder Sänger, der du mit deinen Klagen diese Felder zum Weinen brachtest, warum lässt du jetzt nicht beim Klang deiner Zauberharfe diese Täler und Hügel mit dir jubeln? Sing’ uns als Beweis deiner Liebe ein frohes Lied, das aus dem Herzen kommt.

CHOR DER NYMPHEN UND HIRTEN

Komm, Hymenäus, ach komm doch! Dein Antlitz, glühend wie die aufgehende Sonne, soll diesen Liebenden heitere Tage bringen und die Schrecken und Schatten von Sorge und Leid fernhalten.

EINE NYMPHE

Musen, Ruhm des Parnass, Geliebte des Himmels, lieblicher Trost eines betrübten Herzens,

Programmheft

Das komplette

L’ORFEO

Programmbuch

Favola in Musica in einem Prolog und fünf Akten von Claudio Monteverdi (1567-1643) Premiere am 17. Mai 2024, Spielzeit 2023/24

können Sie auf www.opernhaus.ch/shop oder am Vorstellungsabend im Foyer des Opernhauses erwerben

Herausgeber Opernhaus Zürich Intendanz Andreas Homoki

Zusammenstellung, Redaktion Claus Spahn Layout, Grafische Gestaltung Carole Bolli Anzeigenverkauf Opernhaus Zürich, Marketing Telefon 044 268 66 33, inserate@opernhaus.ch

Schriftkonzept und Logo Studio Geissbühler Druck Fineprint AG

Textnachweise:

Die Handlung, die Gespräche mit dem Regisseur Evgeny Titov und der Monteverdi-Forscherin Silke Leopold sowie die Zeittafel sind Originalbeiträge für dieses Programmbuch. Der Text von Nikolaus Harnoncourt ist dem Buch «Der musikalische Dialog» entnommen, Residenz Verlag, Salzburg 1984. Die Verse von Ovid sind zitiert nach «Mythos Orpheus – Texte von Vergil bis Ingeborg Bachmann», Reclam, Stuttgart 1997.

Monika Rittershaus fotografierte die Klavierhauptprobe vom 8. Mai 2024.

Urheber, die nicht erreicht werden konnten, werden zwecks nachträglicher Rechtsabgeltung um Nachricht gebeten.

Unsere Vorstellungen werden ermöglicht dank der Subvention des Kantons Zürich sowie den Beiträgen der Kantone Luzern, Uri, Zug und Aargau im Rahmen der interkantonalen Kulturlastenvereinbarung und den Kantonen Nidwalden, Obwalden und Schwyz.

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