La Rondine

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LA RONDINE

GIACOMO PUCCINI

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LA RONDINE

GIACOMO PUCCINI (1858-1924)

Official Timepiece Opernhaus Zürich

Mir kommt es vor wie gestern.

Warum kann es nicht morgen wieder sein?

Magda, 1. Akt

HANDLUNG Vorgeschichte

Magda, ein Waisenkind, wuchs bei einer alten Tante in Paris auf. Als sie siebzehn Jahre alt war, riss das schüchterne Mädchen für einen Abend aus und fand den Weg in das Café Bullier, ein Tanzlokal, in dem sich sowohl junge Studenten und Studentinnen als auch reiche Bankiers und vergnügungssüchtige Witwen treffen. An jenem Abend lernte Magda, als sie das Glück herausfordern wollte, einen jungen Studenten kennen, und beide verliebten sich ineinander. Doch Magda bekam plötzlich Angst vor ihrer eigenen Courage, liess Hals über Kopf den Studenten in dem Café zurück und rannte zu ihrer Tante zurück.

Seitdem sind viele Jahre vergangen, der Student ging ihr nie wieder aus dem Kopf, aber das Leben meinte es weniger romantisch mit ihr. Es blieb ihr verwehrt, einen eigenen Beruf zu ergreifen, und schliesslich musste sie aus ihrer Schönheit Kapital schlagen. Die reichen Herren der Pariser Gesellschaft schmückten sich nun mit ihr wie mit einer Trophäe, und so ging sie von Hand zu Hand. Nun ist sie schon längere Zeit die Kurtisane des Bankiers Rambaldo, der ihr ein luxuriöses Leben bietet. Sie schenkt ihm dafür ihren Körper, aber nicht ihre Gefühle.

Erster Akt

In der Wohnung, die Rambaldo ihr zur Verfügung stellt, gibt Magda de Civry, wie sie in der Pariser Gesellschaft heisst, einen Nachmittagsempfang. Die Gäste sind Rambaldo, seine Geschäftsfreunde und deren weibliche Begleitung, junge Frauen, denen es im Leben nicht anders ergangen ist als Magda. Eingeladen ist an diesem Nachmittag auch der Dichter Prunier, ein Bekannter aus den Zeiten, als sie noch in Künstlerkreisen verkehrte und Geld in ihrem Leben keine Rolle spielte. Prunier improvisiert vor den Gästen eine Romanze über die standhafte

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Doretta, die sich nicht vom König und seinem Reichtum verführen lässt. Als er inmitten seines Vortrags abbricht, erfindet Magda spontan den Schluss des Liedes. Doretta würde eines Tages in den Armen und im Kuss eines jungen Studenten ihr Glück finden. Alle sind beeindruckt und fast ein bisschen betroffen von der leidenschaftlichen und unerwarteteten Hingabe, welche die ansonsten so zurückhaltende Magda plötzlich an den Tag legt.

Ihren Freundinnen gegenüber verrät sie das Geheimnis, das hinter diesem Ausbruch liegt und erzählt ihnen die Geschichte aus ihrer Jugend, als sie für ein paar Stunden das Liebesglück mit dem jungen Studenten im Café Bullier entdeckte. Während sich die Frauen in einen Nebenraum zurückziehen, in dem der Dichter Prunier ihnen handlesend die Zukunft voraussagt, empfängt Rambaldo einen jungen Mann, den Sohn eines Geschäftsfreundes aus der südfranzösischen Provinz. Während Magda noch der Prophezeiung Pruniers nachhängt, ihr Leben werde wie das einer Schwalbe, einer «rondine», verlaufen, nämlich wie eine Reise zum Licht und zum Glück mit einer Rückkehr in eine ungewisse Zukunft, kümmern sich ihre Freundinnen um den jungen Provinzler Ruggero. Sie geben ihm Ratschläge, wo man am besten den ersten Abend in der Weltstadt Paris verbringt. Schliesslich ergreift das Dienstmädchen Lisette das Wort: Am besten amüsiere man sich im legendären Café Bullier. Plötzlich brechen alle Gäste auf, um sich in das nächtliche Paris zu stürzen.

Fast ohne es selbst zu bemerken, hatte Magda den jungen Ruggero beobachtet, und wieder steigen in ihr die Erinnerungen an das Erlebnis mit dem jungen Studenten auf, den sie damals im Café Bullier kennengelernt hatte. Noch einmal möchte sie in die Vergangenheit zurückkehren, den Moment von damals wiedererleben und sich in das Mädchen von damals verwandeln. Sie macht sich auf den Weg zum Café Bullier. Auch das Dienstmädchen Lisette hat an diesem Abend Ausgang. Sie hat sich mit dem Dichter Prunier verabredet. Sie ist, auch wenn er sich für sie geniert, seine Muse, die er liebt. Auch die beiden brechen auf, um in Paris auszugehen, wobei sich Lisette für den Ausgang heimlich am Kleiderschrank ihrer Herrin Magda bedient hat.

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Zweiter Akt

Im Café Bullier begegnet Magda dem jungen Mann, den sie nur aus der Entfernung einige Stunden zuvor in ihrem Salon gesehen hatte. Er, Ruggero, hatte sie kaum wahrgenommen und erkennt sie nicht. Beide sind voneinander fasziniert, und der Zauber des Café Bullier beginnt zu wirken. Im Tanz finden sie zueinander und können nicht mehr voneinander lassen. Er fragt sie nach ihrem Namen, sie verschweigt nicht nur ihren wirklichen Namen, sondern gibt ihm auch weiter nichts von sich preis, während er ihr glücklich von dem Leben in seiner Heimatstadt Montauban erzählt. Beide treffen in dem Café ebenfalls auf Prunier und Lisette. Lisette glaubt ihre Herrin Magda zu erkennen, doch ist sie vollkommen verblüfft, als Ruggero sie als seine Freundin Paulette vorstellt. Alle vier geben sich ihren Illusionen und Träumen hin und stossen auf die Liebe an, oder vielmehr auf das Leben, das ihnen wiederum die Liebe schenkt. Doch für Magda gibt es ein Erwachen, als sie bemerken muss, dass sie heimlich von Rambaldo beobachtet wird. Als es Prunier gelingt, Ruggero abzulenken, kommt es zur Auseinandersetzung zwischen Magda und ihrem Geldgeber Rambaldo. Doch in einem Akt der übermenschlichen Anstrengung sagt sie sich von Rambaldo und ihrem bisherigen Leben los. Sie möchte ihren Lebenstraum verwirklichen und mit Ruggero das Liebesglück erleben, nachholen, was sie vor Jahren versäumt hat. Rambaldo zieht sich zurück. Magda zittert in den Armen Ruggeros vor Glück und kann es kaum fassen, welchen Entschluss sie gerade gefasst hat.

Dritter Akt

Magda und Ruggero verbringen nun schon einige Wochen in einem Hotel in der Nähe von Nizza. Magda versucht noch immer, die Illusion des Glücks aufrecht zu erhalten, doch Ruggero ist realistischer und hat, ohne dass Magda es weiss, mit seinen Eltern Kontakt aufgenommen, damit sie ihm und seiner neuen Freundin finanziell aushelfen.

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An einem Spätsommermorgen unterrichtet er Magda schliesslich davon – und sagt sogar noch mehr, nämlich, dass er seine Eltern gebeten hat, einer Heirat mit ihr zuzustimmen. Magda, die nach wie vor verschweigt, welches Leben sie geführt hat, ahnt, dass ihr Traum vom grossen Glück bald enden wird. Während er ihr seinen Traum beschreibt, dem Leben in der Kleinstadt mit Haus und Garten und Kind, begreift sie, dass sie dieses Verhältnis beenden muss. Doch noch ist sie nicht bereit dazu. Prunier hat herausgefunden, wo sich Magda mit Ruggero aufhält, und will ihr helfen, wieder in ihr früheres Leben zurückzufinden. Er kommt mit der Nachricht von Rambaldo, dass er ihr vergeben würde und bereit ist, sie wieder wie früher zu «unterstützen». Prunier will Magda überzeugen, dass es das Richtige für sie sei, zu Rambaldo zurückzukehren. Auch er und Lisette hätten sich arrangiert, und er musste einsehen, dass er aus einer Frau, die sich zum Dienstmädchen geboren fühlt, nie eine Avantgarde­Künstlerin machen könnte. Magda bittet Prunier, sie mit diesen Ratschlägen zu verschonen. Eine vertraute Freundschaft findet ihr Ende.

Als Ruggero schliesslich überglücklich mit der Antwort auf sein Schreiben kommt, einem Brief seiner Mutter, die den Wunsch ihres Sohnes willkommen heisst, der sicher ein ehrsames und tugendhaftes Mädchen gefunden habe, bricht Magda endlich ihr Schweigen und macht Ruggero klar, dass sie sich trennen müssen. Sie habe ihn belogen und könne nie die Ehefrau sein, die er sich vorstellt. Obwohl sie sich lieben, löst sich Magda von Ruggero, der kaum begreift, was vor sich geht. Magda geht zurück in ihr früheres Leben, zurück zu ihrem luxuriösen Dasein, zu ihrem Schmerz und ihren Träumen… und schon scheint es, als wäre auch ihr Liebesglück mit Ruggero nur ein Traum gewesen.

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Christof Loy

DAS TRAGISCHE IM ALLTÄGLICHEN

Der Regisseur Christof Loy im Gespräch

Christof, du hast dieses Stück für Zürich vorgeschlagen. Warum passt

La rondine zum Opernhaus Zürich?

Ich glaube, dass die Rondine gut in einem Haus aufgehoben ist, das einen intimen Rahmen hat. Das Stück lebt von vielen kleinen Gesten und Blicken, von einzelnen Details. Für diese Art von Kammerspiel ist Zürich mit seinen gut tausend Plätzen ein ideales Opernhaus. Für mich wäre es undenkbar, La rondine auf einer Breitwandbühne wie der Amsterdamer Oper zu inszenieren. Man merkt dem Stück an, dass es letztlich in Monte­Carlo uraufgeführt wurde, einem noch viel kleineren Haus als Zürich.

Du kennst La rondine seit deiner Jugendzeit. Was faszinierte dich damals so daran?

Ich hatte von Anfang an eine starke Affinität zu Magda. Sie ist die Figur, mit deren Imagination alles losgeht, die in die Vergangenheit taucht und versucht, sich eine neue Gegenwart zu schaffen. Dieses Melancholisch­Verhangene, das immer nah am Tragischen ist, das Tragische im Alltäglichen, hat mich früh fasziniert. Es ist das Drama ohne Blutvergiessen, das mich an diesem Stück interessiert.

Das ist vielleicht ein noch viel grösseres Drama, weil das Leben weitergeht und die kleinen Tragödien in das Leben integriert werden müssen...

In La rondine werden viele kleine Tode gestorben, ohne dass wirklich jemand auf der Bühne stirbt. Ich finde das sehr berührend, und es schafft eine grosse

Identifikationsfläche für das Publikum. Denn jeder kennt die Konflikte, die in diesem Stück ausgetragen werden. Was hat man im Leben alles verpasst?

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Kann man kostbare Momente, die sich erst im Nachhinein als wichtig herausstellen, erneut erleben, sie nochmals einfangen? Oder hat sich das Leben in der Zwischenzeit bereits zu sehr verselbständigt, so dass ein Zurückdrehen der Zeit nicht mehr möglich ist? Es geht auch um Reue, um das, was man sich selbst schuldig ist. Es ist ja so leicht, immer andere verantwortlich zu machen für das, was im eigenen Leben schiefläuft.

Daraus folgt diese nostalgische Note, die über diesem Stück schwebt. Das hängt besonders mit Magda zusammen, die eine Aussenseiterfigur und eine fragile Person ist. Magda bewegt sich zwar in diesem gesellschaftlichen Rahmen mit grosser Souveränität, sie hat Sensibilität und Klasse. Aber sie ist ökonomisch abhängig. Magda hat keinen normalen Beruf, keinerlei soziale Absicherung. Wenn sie ein Mann fallen lässt, fällt sie ins Nichts. Mit ihrem reichen Gönner Rambaldo lebt sie eine Ehe­ähnliche Verbindung, aber ohne alle Vorteile einer Ehe, was, wie wir wissen, das Allerschlimmste ist. Zwischen Magda und Rambaldo greifen daher fatale Mechanismen mit einer latenten Aggressivität von beiden Seiten. Zwar hat Magda ein grosses Verdrängungspotenzial, aber gleichzeitig ist ihr Bewusstsein über die aktuelle Situation sehr ausgeprägt. Doch ist sie jemand, der gelernt hat, eine Fassade aufzubauen. Dahinter verbirgt sich ein ganzes, nicht gelebtes Leben. Dabei versucht sie aber auch, ihre Würde zu behalten. Das ist letztlich wie bei Marguerite Gautier, dem Vorbild zu Verdis Violetta, aus Dumas’ Kameliendame. Wenn man diesen Roman liest, wird deutlich, dass sie auch eine Art Geschäftsfrau ist, wie Magda. Sie passt nicht in die normale Schublade eines bürgerlichen Lebens.

Magda sagt einmal, dass das Unnormale in ihrem Haus die Regel sei… Ja!

Dreh- und Angelpunkt der Oper ist Magdas wehmütige Erinnerung an eine längst vergangene Liebesepisode mit einem unbekannten Studenten. In der Figur des jungen Ruggero versucht Magda diese Begegnung zu wiederholen. Sigmund Freud prägte in der Entstehungszeit von La rondine den Begriff des Wiederholungszwanges, den er sogar mit dem

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Todestrieb in Verbindung brachte. Das Thema der Wiederholung scheint damals in der Luft gelegen zu haben.

Bei Magda sehe ich weniger eine Pathologie oder einen Zwang, ein gleiches Muster unentwegt durcharbeiten zu müssen, als vielmehr den Versuch, eine Situation zu schaffen, die zu einer Veränderung führt. Die Episode in ihrer Jugendzeit mit dem unbekannten Mann, die sie so geprägt hat, war das Abenteuer eines Abends, nicht einmal das einer Liebesnacht. Für einen Moment denkt Magda, dass ihr Leben mit Ruggero tatsächlich ganz anders weitergehen wird. Trotz aller Traurigkeit, die sie erwachsen werden liess, ist Magda eine kindliche Seele geblieben. Deshalb hat sie die fixe Idee, an diesem unerfüllten Traum des Lebens festzuhalten. Sie versucht, die neue Realität mit dem neuen Mann in einem Traumzustand zu bewahren. Im Grunde genommen möchte oder kann Magda aber keine richtige Beziehung mehr führen, sondern nur einen Traum leben. Und das ist zum Scheitern verurteilt. Das ist alles nachvollziehbar, aber auch traurig anzusehen.

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Wenn man das so hört, würde man nicht denken, dass in diesem Werk auch ein Operettenton mitschwingt. Die Grenzen zwischen Traurigkeit und Leichtigkeit sind hier fliessend. La rondine hat etwas von einem Melodram. Ich muss da immer wieder an französische Filme denken, an Jacques Demys Les Parapluies de Cherbourg mit Catherine Deneuve aus den 1960er­Jahren etwa. Für mich ist die Tatsache, dass in diesem Werk auch Operette steckt, jedenfalls nichts Schlechtes. Im Gegenteil: Als ob man von einer Operette eine Krankheit bekommen könnte! Und der Begriff «Zarzuela» wird ja von Ignoranten wie ein Schimpfwort benutzt. Wie wir wissen, deckt das Genre der Operette viele verschiedene Formen des Musiktheaters ab und bedeutet nicht automatisch, dass wir es mit einem durchgängig lustigen Stück zu tun haben müssen. Nehmen wir die tragische Operette der Silbernen Operetten­Ära: La rondine hat viel Ähnlichkeit mit dem letzten Akt von Lehárs Zarewitsch oder der Giuditta.

Selbst bei der Lustigen Witwe gibt es Momente, in denen alles kippen könnte. La rondine ist einfach ein sehr gutes Stück, bei dem jeder Takt erfordert, dass man genaue szenische und musikalische Entscheidungen fällt, damit die

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grosse Feinmechanik erhalten bleibt. Man muss alles gut dosieren, darf die Momente von Glück und Seligkeit für einen Moment auch ruhig zulassen, um im nächsten Moment wieder bewusst dagegen anzuarbeiten.

Der leichte Ton ist vor allem in den ersten beiden Akten spürbar. Der letzte Akt ist dann grosse Oper...

Bei der heutigen Probe wurde mir das nochmals ganz deutlich: Zwei Menschen müssen sich trennen, gerade weil sie sich lieben. Sie trennen sich nicht, weil sie sich entlieben, sondern weil sie Angst haben, dass einmal in ferner Zukunft eine Trennung stattfinden könnte und es dann noch schmerzhafter werden würde. Dass hier letzlich die Frau die Entscheidung trifft, ist gerade auch für Puccini bemerkenswert. Magda ist eben auch eine starke Frau, selbst wenn sie anlehnungsbedürftig erscheint, ein verträumtes Kind ist oder eine ausgehaltene Frau ohne Beruf.

Magdas Entscheidung, Ruggero zu verlassen, könnte man als einen Akt der Selbstermächtigung lesen. Sie handelt hier jedenfalls auch aus einem grossen moralischen Gefühl heraus. Magda muss sich aber sehr dazu überwinden und tut sich dabei selbst Gewalt an. Sie sieht ein, dass diese Liebe nicht lebbar ist. Es ist vollkommen widersprüchlich, und doch wäre es zu einfach zu sagen, sie gibt auf. Sie kann letztlich ihr ganzes Leben lang stolz auf diesen Moment sein. So bitter das auch ist.

Puccini schrieb in einem Brief an seinen Librettisten Adami über den Schluss: «Ich habe die ganzen dramatischen Verwicklungen herausgestrichen, der Abschluss wird ganz diskret und leise erreicht, ohne grossen Radau im Orchester. Alles in Ordnung.»

Das bezieht sich auf die allerletzten Momente des Stückes. Natürlich wühlen Magda und Ruggero vorher in ihrer beider Wunden noch einmal ganz ordentlich. Das ist ein lauter Aufschrei. Das gesangliche Ende ist dann allerdings eine Art Verstummen in einem nicht artikulierten Laut, als ob man Magda die Sprache weggenommen hätte. Magda ist grundsätzlich ein

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verschlossener Charakter, der nicht viel von sich preisgibt. Dass sie ihren Freundinnen im ersten Akt von ihrem Erlebnis mit dem jungen Studenten erzählt, passiert ja auch nur, weil sie durch das Gedicht von ihrem Seelenfreund Prunier dazu angeregt wurde. Sie fühlt sich eingeladen und geht immer mehr in diese Erinnerung. Daraus entsteht dann ihr Wunsch, sich nochmals neu zu erfinden.

Mit Ruggero trifft sie auf jemanden, der völlig konträr zu ihr steht. Ruggero hat natürlich auch seine eigenen Vorstellungen. Das Fatale ist, dass er in dem Masse bürgerlich ist wie sie unbürgerlich. Das meine ich überhaupt nicht wertend. Ruggero hat einfach den Wunsch eines klassischen Familienmodells. Magdas Selbstbewusstsein ist aber so ausgeprägt, dass sie weiss, sie kann das nicht leisten und wird seinen Vorstellungen nicht entsprechen. Ruggero will einen anderen Traum realisieren als sie, wobei man sagen muss, dass seiner viel realer ist als ihrer. Er hat sich ein falsches Bild von ihr gemacht, während sich Magda im Grunde gar kein Bild von ihm gemacht hat. Magda war für ein paar Wochen mit einem Fantom­Ruggero glücklich, mit dem sie sich als biografische Gestalt überhaupt nicht auseinandergesetzt hat.

Magda selbst gibt sich Ruggero gegenüber auch nicht wirklich zu erkennen. Wenn Ruggero Magda im Tanzlokal Bullier nach ihrem Namen fragt, stellt sie sich als Paulette vor. Das hat doch was von einer psychischen Doppeldeutigkeit...

Wobei Paulette möglicherweise sogar ihr richtiger Name ist. Aber das gehört ja auch zum Programm: Sie will nicht mehr Magda sein!

Magdas Dienstmädchen Lisette wiederum taucht bei Bullier verkleidet als Magda auf. Sie und der Dichter Prunier bilden – zunächst nur im Geheimen – das zweite Paar in dieser Oper. Wie sieht deren Schwalbenflug aus?

Beide Figuren sind für mich wie Volksfiguren und berühren mich sehr. Sie haben das Herz auf dem rechten Fleck, und beide finden im Gegensatz zu Magda und Ruggero für sich ihr Glück.

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Prunier geht mit Lisette in der Öffentlichkeit allerdings sehr unzimperlich um.

Lisette aber auch mit ihm! Sie sind beide gleich stark. Es ist ein ständiges Spiel zwischen den beiden, und die Liebe ist gross. Doch es stimmt schon: Prunier ist ein widersprüchlicher Charakter. Prunier hat aber auch diese wunderbare seelische Verbindung zu Magda. Zwischen den beiden besteht eine Beziehung, die auf einer völlig anderen Ebene stattfindet als auf der üblichen Attraktivität oder Anziehungskraft zwischen Frau und Mann. Es ist eine sehr besondere Freundschaft. Man kann sich vorstellen, dass die beiden einst ein Liebespaar waren, aber jetzt zwischen ihnen alles gereinigt und geklärt ist und nur noch das Schöne übriggeblieben ist. Deshalb sehe ich da eine grosse Vertrautheit, ja fast Innigkeit zwischen den beiden. So nah kommt weder Ruggero an Magda, noch Lisette an Prunier.

Was ist für dich die Quintessenz dieser traurigen Komödie?

Bei aller Realistik ist dieses Stück auch eine Traumgeschichte. Für mich ist es ganz klar: Puccini übernimmt hier eine grosse Verteidigung der Träumer. Er weiss, wie wichtig Träume im Leben sind. Es wird nur dann gefährlich, wenn man denkt, dass sich alle Träume auch in die Realität umsetzen lassen. Diese Reise, die Magda unternimmt – sei sie wirklich, oder auch nur in ihrem Kopf – ist nah an der Absturzgefahr.

Viele Regisseurinnen und Regisseure machen einen Bogen um Puccini, dessen Musik fast als szenografisch zu beschreiben ist. Sie scheinen sich in ihrer szenischen Erfindungskraft eingeengt zu fühlen. Bei dir ist das anders...

Man muss natürlich Lust an der Genauigkeit haben, Takt für Takt. Ich merke sofort, wenn jemand nicht im richtigen Winkel im Raum steht, nicht im richtigen Moment zuhört oder sich wegdreht. Da rächt sich das Stück sofort. Menschen in Zeit und Raum – das ist mein Element. Bei der Rondine ist es allerdings sehr angenehm, dass Puccinis Vorgaben nicht so sehr mit Requisiten zu tun haben wie bei La bohème. Das kann einen durchaus lähmen.

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Du hast voriges Jahr Puccinis fast zeitgleich zu La rondine entstandenes Il trittico in Salzburg inszeniert und einige Jahre zuvor La fanciulla del West in Stockholm gemacht. Interessiert dich besonders das Spätwerk Puccinis?

Ich finde seine späteren Stücke insgesamt gelungener als frühe Stücke wie Manon Lescaut oder Le Villi, die zwar schon eine grosse musikalische Qualität haben, aber noch nicht dieses ideale Timing, bei dem kein Takt zuviel ist. Natürlich besteht für mich auch ein Reiz darin, dass die späteren Stücke seltener gespielt werden und man mehr entdecken kann, weil man sie nicht so gut kennt.

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Du arbeitest zum ersten Mal mit Ermonela Jaho. Wir haben uns vor vier Monaten in München getroffen und waren beide sehr neugierig aufeinander. Der Wunsch war schon früher da, etwas gemeinsam zu machen, aber bisher hat es leider nie geklappt. Wir werden in dieser Spielzeit auch noch Poulencs La voix humaine in Madrid zusammen machen. Sie ist für mich, nun ja, um beim Stück zu bleiben, Traum gewordene Realität. Allerdings ohne Absturzgefahr.

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Das Gespräch führte Kathrin Brunner
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Puccini reiht in «La rondine» eine neue musikalische Idee an die andere – Richard Wagner hätte aus diesem Kosmos 40 Stunden Musik geschrieben. Es ist eine überaus farbenreiche Partitur, fein instrumentiert, filigran, transparent und voller Details, anspruchsvoll zu spielen und zu singen, auch wenn es vordergründig leicht klingt. «La rondine» gehört zu Puccinis bester Musik. Es ist visionäre Musik.

SCHLEICHENDE DESILLUSIONIERUNG

Puccinis «La rondine» als Traumbild und Zeitstück

Anselm Gerhard

«Zwischen Oper und Operette flattert die Rondine ängstlich hin und her. Ist nicht das eine und nicht das andere. Ist nicht lustig und nicht traurig.» 1920 hat Ferdinand Scherber in seinem Bericht von der Wiener Erstaufführung Wesentliches erfasst. Man muss den mokanten Unterton nicht teilen, um dem Kritiker der Wiener Zeitung zuzustimmen: Gattungsfragen sind für die wohl unbekannteste Oper Puccinis von entscheidender Bedeutung.

Dabei ist die Sache eigentlich klar: La rondine ist eine Oper. Denn in einer Operette gäbe es an Stelle der Rezitative gesprochene Dialoge. Doch suchte Puccini – damals schon auf das 60. Lebensjahr zugehend – offensichtlich einen neuen Ton, als er einen lukrativen Auftrag aus Wien annahm. Am 18. April 1914 unterzeichnete er einen Vertrag mit dem auf Operette spezialisierten Carltheater in der Leopoldstadt. Kurz darauf fiel die Entscheidung für ein von zwei Wiener Routiniers vorbereitetes Konversationsstück, das Giuseppe Adami in italienische Verse übertragen sollte.

Doch werden in fast allen Äusserungen Puccinis zu seiner 1916 abgeschlossenen Oper kritische Vorbehalte gegen Stoff und Libretto deutlich. Bereits am 26. Mai 1914 schimpfte er, das Libretto gehöre «der inzwischen ausgeleierten Richtung einer mehr oder weniger sentimentalen, mehr oder weniger klebrigen Operetten­Mondänität» an. Warum hat er es aber dennoch vertont? Offensichtlich half ihm das Libretto auf der Suche nach einem leichteren Tonfall als dem, den wir von pathetischen Partituren wie Tosca (1900) und Madama Butterfly (1904) gewöhnt sind. Doch trotz dem Streben nach einer neuen Leichtigkeit hegte Puccini beträchtliche Vorurteile gegen eine scheinbar triviale Gattung. Ausrufe wie «Operette […] niemals, wirklich niemals» oder «nix Operette»

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ziehen sich wie ein Leitmotiv durch seine Briefe aus jenen Jahren. Und so traf es ihn trotz seiner Bewunderung für die Melodien eines Franz Lehár, als sein Verleger Ricordi La rondine nach der Uraufführung als «schlechten Lehár» abtat.

Denn bei aller Wertschätzung Lehárs – Puccini verstand sich als Vertreter einer anderen Liga. Orientierungsmarke war für ihn nicht nur die glanzvolle Tradition des Wiener Walzers, sondern erklärtermassen Der Rosenkavalier von Richard Strauss, den er bereits am 1. März 1911, also nur fünf Wochen nach der Uraufführung, bei der italienischen Erstaufführung an der Mailänder Scala kennengelernt hatte. Allerdings sollte seine Partitur (noch) «unterhaltsamer und organischer» ausfallen. Doch von Publikum und Kritik wurde sie als zu schwerblütig für eine Operette wahrgenommen und gleichzeitig als zu leichtgewichtig im Vergleich zu dem, was man meinte, erwarten zu dürfen. So wie sich Ricordi über Puccinis Seitensprung zum konkurrierenden Verlag Sonzogno ärgerte (das Stück konnte ihm allein schon deshalb nicht gefallen), so verzieh die Musikwelt dem Erfolgskomponisten die Nähe dieser Partitur zur Wiener Operette nicht und dies, obwohl das Stück 1917 nicht in Wien (Italien hatte 1915 ÖsterreichUngarn den Krieg erklärt) herauskam, sondern in Monaco. Bis heute steht La rondine quer zu unserem Puccini­Bild. Man stelle sich einmal vor, Brahms hätte ein Bühnenwerk in der Art von Johann Strauss Sohn komponiert! Das Unverständnis nicht nur seiner Zeitgenossen wäre ihm gewiss gewesen.

Traumbild und Zeitstück

Doch kommt ein weiteres hinzu: Im Gegensatz zu fast allen Operetten hat La rondine kein glückliches Ende. Auch wenn Magda am Ende nicht wie Violetta in Verdis La traviata sterben muss, ist dieses Stück sehr wohl «traurig», zumal sein Ausgang. Doch geht es Puccini um Tragik ohne grosse Gesten. In keinem anderen Werk, nicht einmal in La bohème, hat er sich so weit der Realität des wirklichen Lebens angenähert. Selbst am Beginn des 20. Jahrhunderts endeten unglückliche Liebesbeziehungen in aller Regel mit einem unspektakulären Abschied, nicht mit Mord oder Selbstmord.

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Genau dies macht aber die Stärke und den Charme dieser mit grösster Sorgfalt gearbeiteten Partitur aus: ihre gleichsam «unheimliche Leichtigkeit» im Tragischen, die kein Fortissimo braucht. Sie oszilliert auf verstörende Weise zwischen Traumbild und Zeitstück, zwischen leichter Ironie und herbem Schmerz, zwischen leisen Tönen und einer Instrumentationskunst auf dem letzten Stand der Avantgarde.

Der sinfonische Anspruch von Puccinis Instrumentation wird nicht erst in der grossen, offensichtlich Richard Strauss verpflichteten Walzerfolge des zweiten Aktes deutlich. Indem er schon im achten Takt des ersten Walzers («Vuoi tu dirmi che cosa più ti tormenta») irritierende Widerhaken in den immergleichen 3/4­Takt einfügt (im Fachjargon: «Duolen» von zwei punktierten Vierteln und «Hemiolen»), zeigt Puccini, dass es ihm um mehr und anderes geht als um tanzbare Melodien. Dieselbe, präzise dem Rosenkavalier abgeschaute rhythmische ‹Stauung› markiert wenig später den Unisono­Gesang Magdas und Ruggeros («Dolcezza!... Ebbrezza!...»), der aus der Ferne in den machtvollen Orchester­Walzer hineinklingt.

Es ist gewiss kein Zufall, dass diese Ausrufe der beiden Liebenden durch ein Drei­Ton­Motiv markiert werden, das bereits im Vorspiel zum ersten Akt eingeführt worden war. Dessen Semantik ist eindeutig, bei seinem zweiten Erklingen ist es mit Yvettes Ausruf «Amore!» unterlegt – allerdings ironisch gebrochen: Die Vortragsanweisung fordert «übertriebenes Schmachten».

Ganz ähnlich wie wenig später die abwärts gerichtete Sekunde in Gianni Schicchi (1918) verwendet Puccini dieses wiederkehrende «Liebesmotiv» als vereinheitlichendes Element. Seine mitreissende Kraft resultiert vor allem aus der aufwendigen Harmonisierung mit Drei­ und Vierklängen. Sein Dur­Charakter wird meist mit einem interpolierten Moll­Akkord, seltener auch mit übermässigen Akkorden eingetrübt. Nicht nur mit einer Harmonik, die funktionale Zusammenhänge immer wieder negiert, sondern auch mit einer äusserst ausgefeilten Orchestrierung knüpft Puccini an neueste Entwicklungen der französischen und deutschen Musik an. Dabei ist es eine bemerkenswerte Koinzidenz, dass Maurice Ravel seit 1906, also viel früher als Puccini, ebenfalls an einer Apotheose des Wiener Walzers zu arbeiten begann. Sein schliesslich 1919, also möglicherweise in Kenntnis von La rondine wieder aufgegriffenes und 1920 zur

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Uraufführung gelangtes Orchesterwerk La valse sollte ursprünglich den Titel Vienne oder Wien tragen.

Trotz der für damalige Verhältnisse kleinen Orchesterbesetzung kostet Puccini in La rondine alle Farbmischungen aus, die ihm zu Gebote standen –wiederum auf den Spuren eines Claude Debussy und Richard Strauss. In der Melodie, die erstmals zu den gehauchten Ausrufen «Ah creatura! Dolce incanto!» in Pruniers Auftrittslied erklingt, werden die Orchesterklänge bei jeder Wiederkehr auf andere Weise abgemischt: etwa mit Querflöte, Celesta, Flageolett­Tönen der Harfe und gedämpften ersten Geigen; betörend und doch unwirklich scheinend. Der Rückgriff auf eine simple Quintfallkadenz in barocker Manier unterstreicht, wie sehr die Opernfiguren in ihren Sehnsüchten der Vergangenheit verhaftet sind. Sie können sich von der nostalgischen Erinnerung an vergangenes Glück nicht lösen.

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Zusätzlich trägt zu diesem Charakter des Unwirklichen die häufige Verwendung von Dämpfern bei, gerade auch bei Hörnern und Trompeten. Besonders gewagt erscheint schliesslich Puccinis Umgang mit schrillen Dissonanzen, wenn – ganz ähnlich wie im Walzer am Beginn des damals schon abgeschlossenen, aber erst 1918 uraufgeführten Einakters Il tabarro – kurz vor Rambaldos Auftritt im ersten Akt die unisono herausgehämmerten Achtel der Querflöten und Oboen von den Klarinetten zunächst einen Halbton höher (später dann in chromatisch aufsteigenden Intervallabständen bis zum Tritonus) verdoppelt werden.

«Sentimentale Liebe» und ihre Entzauberung

Der Anschein eines Unwirklichen, ironisch Distanzierten resultiert aber nicht nur aus dem raffinierten Klangzauber der Partitur. Auch im Libretto fallen zahlreiche ironische Anspielungen ins Auge. Bereits der Titel, mehr noch Pruniers Prophezeiung, Magda sei eine zum Weiterziehen verdammte Schwalbe, sind ein fast zynisch zu nennendes Echo von Rodolfos Begrüssung der todkranken Mimì im letzten Akt von La bohème: «Tornò al nido la rondine e cinguetta»

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(«Die Schwalbe ist ins Nest zurückgekehrt und zwitschert»). Die Protagonistin mit dem eindeutig markierten Namen Magda(lena) ist dabei nicht nur – wie die von Jesus gegen die Pharisäer verteidigte (vermeintliche) Prostituierte, wie Violetta und Mimì – ‹Sünderin›, sie ist trotz ihres verträumten Charakters auch ‹femme fatale›. Wie Bizets Carmen hat sie es mit einem naiven Liebhaber vom Lande zu tun, dem nichts über den Kuss der Mutter zu gehen scheint. Wesentliche Details der Intrige sind Massenets Sapho (1897) nachempfunden, das Motiv der über Kreuz verkleideten Dienerin und Herrin der Fledermaus von Johann Strauss und Richard Genée. Der ‹show­down› einer zum Scheitern verurteilten Liebe in einer fern von Paris imaginierten Idylle des dritten Aktes reproduziert schliesslich eine sehr ähnliche Situation in Giordanos Fedora (1898).

Wenn Prunier im ersten Akt seine ideale Geliebte als «raffiniert, elegant, pervers» imaginiert, handelt es sich offensichtlich um eine Karikatur Gabriele d’Annunzios, des herausragenden Dichters des «decadentismo». Wenn dieser exaltierte Poet in dem Moment, als er sich auf ein unbedarftes Dienstmädchen einlässt, davon singt, «sein Ruhm» wolle «orpello e falsità», «Talmi und Trug», wird Puccinis Ressentiment gegenüber einem Erotomanen deutlich, dessen schwülstigen Stil zahlreiche Kritiker um 1900 als «orpello» denunziert hatten. Dabei kann der Name der Rolle (wörtlich «Pflaumenbaum») auch in seinen obszönen Implikationen gelesen werden («prugna» steht im Italienischen auch für das weibliche Geschlechtsteil). Ganz ähnlich scheint in Ruggeros ungewöhnlichem Familiennamen Lastouc das italienische Wort «stucchevole» («klebrig», «langweilig») mitzuklingen. Magda hat in der ersten Fassung hingegen keinen Familiennamen, erst in der Wiener Fassung erscheint sie als «Madelaine de Civry».

Aber nicht nur das Libretto steckt voller solcher Anspielungen. Im Fokus der Partitur steht der «amor sentimentale», die «sentimentale Liebe». Sie wird von Prunier bereits im allerersten Wortwechsel als neueste Mode identifiziert und – mit den tonlos hingehauchten Silben «sen­ti­men­» – ins Lächerliche gezogen. Insofern handelt diese Oper weniger von der Entwicklung einer solchen Liebe bei den beiden Paaren als vielmehr von verzweifelten Versuchen, das Gefühl der ersten Verliebtheit vor der schleichenden Desillusionierung zu retten. Genau deshalb ist auch Puccinis Musik in höchstem Masse ironisch. Im

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Anschluss an die Umschreibung seines Frauenideals nennt Prunier mit den Namen «Galatea, Berenice, Francesca, Salomè» vier Beispiele für die ‹femme fatale› aus der neueren und neuesten Literatur: Die mythische Galatea begegnet wiederholt in d’Annunzios Dichtung, Francesca (da Rimini) steht hier offensichtlich für dessen Tragödie aus dem Jahre 1901, Berenice wohl für Edgar Allan Poes Horrorerzählung aus dem Jahre 1835, während Puccini zum vierten Namen überdeutlich ein charakteristisches Motiv aus Richard Strauss’ Salome erklingen lässt.

Aber auch die Marseillaise wird herbeizitiert, wenn Prunier fordert, es sei an der Zeit, den Mythos des ersten Abends in Paris zu entzaubern. Während der fast allgegenwärtige Walzer die Handlungszeit in den 1850er oder 1860erJahren evoziert, finden sich an vielen Stellen Splitter von Modetänzen aus Puccinis Gegenwart wie Tango, one­step, Foxtrott oder Polka. Schaut man genauer auf die (Tanz­)Rhythmen in dieser Partitur, erkennt man überdies, wie sie auf subtile Weise die soziale Schichtung der beiden Liebespaare spiegeln: Magda und Ruggero ist meist der 3/4­Takt zugewiesen, für ihre ‹ernsteren› Zwiegespräche auch der 4/4­Takt, Prunier und Lisette hingegen der 2/4­ und der 4/8­Takt. Die wenigen solistischen Momente sind dabei oft in Tanzrhythmen eingebunden. Die von Magda gesungene zweite Strophe von Pruniers Lied im ersten Akt ist eine ‹mise­en­abyme› der im folgenden entfalteten Handlung: Sie träumt von der (erneuten) leidenschaftlichen Liebe zu einem Studenten.

Dieser Gesang, in dem sich Magda sehnsüchtig an ihren ersten Flirt erinnert («Ore dolci e divine»), ist im Libretto deutlich als Solo markiert. Dabei hat Puccini nur die ersten elf Takte in einem verhaltenen Larghetto komponiert, danach werden Magda und ihre Erzählung im wahrsten Sinne des Wortes von einem alles verschlingenden Walzer­Rhythmus mitgerissen. So ist die einzige im eigentlichen Sinn geschlossene Nummer das in der zweiten Fassung in den ersten Akt eingefügte Auftritts­Solo Ruggeros («Parigi! è la città dei desideri»).

Es handelt sich um die Neutextierung eines 1917 als Gelegenheitskomposition entstandenen Klavierlieds mit dem Titel Morire? In der Zürcher Inszenierung eröffnet es mit diesem Text den dritten Akt. Seine 50 Takte in der ‹eskapistischen› Tonart Ges­Dur unterbrechen die Kontinuität der musikdramatischen Entwicklung, dieses Andantino bleibt letztlich ein Fremdkörper in der Partitur.

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Melodien in der Schwebe

Von La rondine existiert keine letztgültige Fassung. Puccini hat immer wieder Umgestaltungen vorgenommen, vor allem am letzten Akt. So bleibt die ursprüngliche Fassung von 1917 die überzeugendste, sie liegt auch der Zürcher Produktion zugrunde. Doch in allen Fassungen erhält das Werk seine Einheitlichkeit vor allem durch einen vorwärtstreibenden Konversationsstil, in dem melodische Wendungen systematisch in der Schwebe gehalten werden – etwa durch die Fokussierung auf die Quinte oder Sexte und die Vermeidung von vollständigen Kadenzen zum Grundton. Dieser luftig­beschwingte Tonfall, den man nicht anders als «ironisch» bezeichnen kann, wenn man nicht sogar – wie der Puccini­Forscher Michele Girardi – «zynische Farbtupfer» erkennen will, entspricht präzise Puccinis Versuch, ein der Tradition der Operette verpflichtetes Libretto mit den modernsten Mitteln der Opernkomposition zu nobilitieren. Dabei stösst die ironische Inszenierung des «amor sentimentale» genau dann an ihre Grenzen, wenn es darum geht zu zeigen, wie die beiden Liebenden aus ihren Tagträumen erwachen. Puccinis Unsicherheit, wie die Intrige aufzulösen sei, weist auf ein ungelöstes dramaturgisches Problem, das die Arbeit an dem Werk von Anfang an begleitet hatte. Schon am 19. November 1914 klagte der Komponist darüber, «jener dritte Akt» verursache ihm «schreckliche Leiden. […] Er funktioniert nicht, sein ursprüngliches Ziel überzeugt mich nicht», und putzte das ganze Stück als «eine feierliche Schweinerei» herunter. Denn in La rondine geht es entgegen dem ersten Anschein gerade nicht um das, was Puccini 1912 in die Formel vom «grossen Schmerz in kleinen Seelen» gefasst hatte. Nein: Der im Libretto geschickt angelegte Kontrast von Ruggeros Suche nach lebenslanger Liebe mit Magdas Ahnung, dass es diese (jedenfalls für sie) nicht geben kann, und mehr noch Magdas zum Scheitern verurteilter Versuch, einen Ablauf aus ihren jüngeren Jahren in einem veritablen «Reenactment» zu reproduzieren – all dies kann als Grundproblem jeder Liebesbeziehung bezeichnet werden.

Die Auflösung dieser Spannungen erfolgt in der ersten Fassung mit dem penetranten Rekurs auf die verlogenen Konventionen bürgerlicher ‹Moral›. Nicht ohne Irritation liest man in einem Brief Puccinis (ausgerechnet) an seine

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Das

ehemalige Geliebte Sybil Seligman die Einschätzung, das «Sujet» der Oper sei «moralisch». Magdas stärkstes Argument für die Entscheidung gegen ihre Liebe ist im Ausruf «Non voglio rovinarti!» («Ich will Dich nicht ruinieren!») kristallisiert. Es dementiert also die Kraft der Gefühle, die sich auch in dieser Oper Puccinis gerade einem Impetus verdanken, der den bürgerlichen Moralkodex durchbricht. Nachdem er zeitweise sogar daran gedacht hatte, den dritten Akt in Ruggeros Elternhaus im südfranzösischen Montauban spielen zu lassen, versuchte er in der zweiten Fassung, die tragische Zuspitzung weiter abzumildern: Magda legt – wie Violetta im zweiten Akt von Verdis La traviata –ihrem Ruggero einen Abschiedsbrief auf den Tisch, scheut jedoch die direkte Konfrontation mit dem versetzten Liebhaber. Noch passiver fällt ihre Rolle in der dritten Fassung aus, in der Ruggero durch einen anonymen Brief von der «befleckten» Vergangenheit seiner Angebeteten erfährt und ihr – wie Alfredo in Verdis Oper – voller Wut Geldscheine vor die Füsse wirft, um sie dann aus eigenem Entschluss zu verlassen. Diese Auflösung zementiert das Klischee der schwachen Frau. Dabei lädt Puccini die gestörte Idylle am Meer mit dramatischen Akzenten auf, die er vorher bewusst vermieden hatte. 1914 hatte er Willners Idee verworfen, den dritten Akt (wie in Verdis Rigoletto) in der schwülen Stimmung vor einem Gewitter spielen zu lasse, noch am 22. August 1915 schrieb er voller Stolz, er habe all das «Dramatische» der Vorlage entfernt, um «auf feinsinnige Art, ohne Schreie und ohne Verirrungen des Orchesters zum Schluss» zu kommen.

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In der Tat bedeutet der sehr verhaltene Schluss einen faszinierenden Einzelfall in Puccinis Œuvre. Seine anderen Opern schliessen ausnahmslos mit harschen Moll­Akkorden, meist im Fortissimo oder «tutta forza» in gravitätischen Rhythmen herausgehämmert. Ausnahmen von dieser Regel finden sich in Manon Lescaut (1893) und La bohème (1896), wenn Moll­Akkorde im Decrescendo vom Fortissimo zum Pianissimo verhallen. Nur La fanciulla del West (1910) – sowie später Suor Angelica und Gianni Schicchi (1918) – schliessen wie La rondine in Dur. In Puccinis Western­Oper beglaubigt der finale E­DurSchluss im dreifachen Pianissimo allerdings ein ‹happy ending›.

In La rondine hingegen ist ein letztes Forte 35 Takte vor Schluss vorgesehen – zu Ruggeros verzweifeltem Ausruf, Magda solle bleiben. Danach wird

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übrigens in allen drei Fassungen – die Dynamik bis zum Pianissimo reduziert. Magda wird als Schwalbe weiterfliegen. Ihr «dolore», ihr Schmerz scheint der Des­Dur­Melodie im Unisono einer Solo­Violine, einer Solo­Viola und eines Solo­Violoncellos eingeschrieben – begleitet nur noch von den gedämpften Tutti­Streichern (meist ohne Kontrabass), zwei ebenfalls gedämpften Hörnern, Flageolett­Tönen der Harfe, den aus der Ferne hereinklingenden Glocken und einem kaum hörbaren Paukenwirbel.

Zu keinem Zeitpunkt hatte Puccini eine Lösung für den inneren Konflikt Magdas in Betracht gezogen, die sich bei nüchterner Betrachtung aufdrängen würde: die Selbsterkenntnis, dass der Taumel einer ersten Liebe nicht wiederholbar ist, woraus eine bewusste, vor allem an ihren eigenen Interessen orientier te Entscheidung für das Verlassen Ruggeros folgen könnte. Es bleibt Spekulation, inwieweit man hier eine Parallele zu Puccinis eigenem Umgang mit dem «amor sentimentale» sehen und hinter den von ihm artikulierten «Schmerzen» der Überarbeitung auch das Negieren des eigenen Alterns erkennen möchte.

Trotz dieses unentschiedenen Blicks Puccinis auf die quälende Endlichkeit des Verliebtseins ist diese Oper von einer beeindruckenden und unmittelbar verständlichen Fokussierung auf ein ‹déjà vu› geprägt, wie sie nicht zuletzt in der zyklischen Wiederkehr musikalischer Bausteine zum Ausdruck kommt. Aus der gegenwärtigen Liebe des Paars im dritten Akt wird so wie hinter einem GazeVorhang eine Rückblende auf die Illusion der ersten Verliebtheit. Vor allem aber scheint mit den klanglichen Verschattungen auch der schmerzhafte Schluss ein «déjà vu» zu reproduzieren: Magda begräbt nicht zum ersten Mal ihre Hoffnungen auf beständige Liebe – und vermutlich auch nicht zum letzten Mal…

In dieser Mehrdeutigkeit von Puccinis Komposition, die sowohl explizit wie implizit Magdas Träumereien zum Ausdruck bringt, wird überdeutlich, dass die Protagonistin «bis zum Ende […] nie in der Gegenwart, sondern in der nostalgischen Erinnerung an eine wie auch immer geartete Vergangenheit lebt» (Girardi). Angesichts der Entstehung des Werks in den Jahren 1914 und 1915

32 –
«Déjà vu»

weist solche Nostalgie freilich weit über diese Partitur hinaus. Wie ihr grosses Vorbild Der Rosenkavalier ist auch La rondine ein nostalgischer, in seiner feinen Ironie höchst reflektierter Rückblick auf das Lebensgefühl einer Epoche, das im Gemetzel des Ersten Weltkriegs zermalmt werden sollte. Puccinis 1922 geäusserte Überzeugung, erst «die Nachwelt werde erkennen, was für ein Juwel» La rondine sei, hat sich bisher nicht bewahrheitet. Doch möglicherweise sind wir seit kurzem einen schmerzlichen Schritt weitergekommen auf dem Weg, die Gefühlslage der Zeitgenossen von 1917 nachvollziehen zu können – im Angesicht eines mörderischen Kriegs in unserer unmittelbaren Nachbarschaft und der zunehmenden Instabilität gesellschaftlicher Ordnungen.

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AUS PUCCINIS BRIEFEN ZU «LA RONDINE»

Liebster Angelo, zuerst einmal und senza complimenti [wie Verdi im FALSTAFF sagt] danke ich Dir für Deine Bemühungen am Karl Theater. Das Angebot ist gut, was die Summe betrifft [200.000 Kronen], aber nicht gut, was den Geltungsbereich des Eigentums und der Tantiemen etc. angeht. Dass sie die Rechte weltweit bekommen, geht nicht. Ich behalte mir Italien, Frankreich, Belgien, England und Nordamerika vor. Den Rest, d. h. Österreich­Ungarn, Deutschland, Spanien, Südamerika, [Holland, Schweden etc. etc.] können sie haben. Nicht weniger als 40% und einen Anteil am Verkauf [25%] und 40% auf das Material. Vorher aber möchte ich [nein, ich will] das Libretto lesen, denn wenn es mir nicht passt, dann werde ich es auch für eine Million nicht vertonen. Jetzt warte ich darauf, dass Du mir sagst, dass meine Bedingungen akzeptiert werden, und dann lass mir sofort das Libretto schicken.

Puccini an Angelo Eisner, Wien; Milano, 14. Dezember 1913

Lieber Angelo, […] Inzwischen habe ich einen Blick ins Libretto geworfen [und hier liegt die Schwierigkeit], denn über den Daumen gepeilt scheint es mir eine zu schwache Angelegenheit zu sein, ohne grossen dramatischen Wert. Wenn die Herren vom Karl Theater noch andere Sujets haben, die weniger frivol und unterhaltsamer sind, dann mögen sie sie mir schicken. Wir, d. h. ich und sie, müssen zusammen das richtige Sujet finden, das ist nämlich die Hauptsache für einen wirtschaftlichen und künstlerischen Erfolg. Wir sind im Theater, Herrgottnochmal, und

Puccini an Angelo Eisner, Wien; Torre del Lago, 11. November 1913
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die Handlung ist quasi alles! Und ich kann im allgemeinen Interesse nicht von meinem «modus vivendi» zurückweichen. Habe ich nicht Recht?

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Puccini an Angelo Eisner, Wien; Milano, 14. Dezember 1913, Sonntagabend 11 Uhr Lieber Angelo, ich setze den Brief von heute fort und nun beginnen die Notizen, die wehtun. Das Sujet, das Du mir geschickt hast, passt überhaupt nicht für mich. Es ist die übliche Operette, schlampig und banal, mit dem üblichen Orient­OkzidentKontrast; Bälle und Gelegenheiten zum Tanzen, ohne Charakterstudien, ohne Originalität und letztlich ohne Belang [das ist das Schlimmste]. […] Und jetzt? Eine Operette werde ich nie schreiben. Eine komische Oper ja, wie ROSENKAVALIER, aber unterhaltender und organischer. Alles zusammengenommen: Du musst den Herren sagen, dass sie daran denken sollen, mir ein Thema zu geben, das ihr Geld und meine Musik wert ist. Oder wenn sie von mir eine lyrische Oper wollen, nicht gross, aber interessant und abwechslungsreich, dann werde ich es umso lieber machen, und das wäre auch angemessener für mich. Kurzum: Das Sujet, das sie mir geschickt haben, ist verworfen ohne Gegenvorschlag. Es kann gern ein anderes kommen, und wir hoffen, dass es darüber dann eine Einigung gibt. Ich möchte damit zu einem Ende kommen, denn andernfalls habe ich eine Arbeit unter den Händen, die mich ganz fordert, wenn ich mich hineinstürze.

Lieber Angelo, gut, dann soll das Libretto kommen, aber schnell. Ich muss mich entscheiden und ich muss auch eine Entscheidung treffen, was mein Libretto betrifft. Ich kann den Dichter oder die Dichter nicht arbeiten lassen, ohne dass ich sicher bin, dass es auch etwas wird. Also, kann man ein Papier haben, einen Kompro­

Puccini an Angelo Eisner, Wien; Milano, 31. Dezember 1913
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miss, irgendetwas von den Herren des Karl Theaters? Die Sache zieht sich hin, oder zumindest fängt sie an, sich hinzuziehen. […] Wichtig ist, dass ich diesen verflixten «Deus ex machina» bekomme, das Libretto! […]

Lieber Eisner, Tito sagt mir, dass er auf Deinen Brief antwortet, worin keine Vorschläge des dortigen Verlegers waren. Die Sache muss jetzt beschleunigt werden und, wenn möglich, muss man sich einigen. Ich muss das bekommen, was festgelegt ist, die Verleger sollen sich darüber einigen. […]

[…] Aber ich wiederhole Dir: Ich möchte einen Schlussstrich ziehen, und das heisst, den Vertrag unterzeichnen. Ich warte hoffnungsvoll und ungeduldig auf den 2. Akt von Willner, den Du herzlich grüssen sollst und dessen Adresse Du mir geben sollst.

Lass die Gegner reden! Auch hier sagt man, dass ich mich zur Operette herabgelassen habe wie Leoncavallo. Nie und nimmer! Und dann: So wie er könnte ich es nicht machen, selbst wenn ich wollte.

Lieber Eisner,

[…] Ich bin ein wenig in Sorge, weil mir das Libretto RONDINE nicht so gefällt; sosehr ich es versuche zu überhöhen, es scheint mir nicht das zu sein, was ich machen wollte und sollte. Wir sind immer noch auf diesem bereits abgestandenen Gleis des Mondänen der mehr oder weniger rührseligen, mehr oder weniger faden Operette. Ich wollte etwas Charakteristisches, etwas Groteskes

Puccini an Angelo Eisner, Wien: Torre del Lago, 22. März 1914 Puccini an Angelo Eisner, Wien; Torre del Lago, 22. März 1914 Puccini an Angelo Eisner, Wien; Milano, 26. Mai 1914
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haben, jedenfalls etwas Originelles, und stattdessen … Aber ich arbeite! Sicher nicht mit grosser Begeisterung, im Gegenteil. Wenn ich eine andere Idee gehabt hätte, hätte ich sie gehätschelt und mit Genehmigung des Herausgebers Willner auch adaptiert, aber es ist eine tote Welt. Ich werde zu ENDLICH ALLEIN von Lehár kommen. Albernes Libretto; zum Teil hübsche Musik, vor allem im zweiten Akt, aber die Bühnenhandlung ist jämmerlich. […]

Puccini an Angelo Eisner, Wien; Viareggio, 26. Juli 1914

Lieber Freund, […] Ich komme mit der RONDINE voran und bin zufrieden mit meiner Arbeit. Ich hoffe, im Frühjahr damit fertig zu sein, sicher nicht früher. Aber keine Operette, alles andere!

Lieber Angelo, herzliche Glückwünsche an Dich und Deine Frau von uns allen. LA RONDINE ist gut auf dem Weg, zwei Akte sind fertig. Sag mir, angesichts des schrecklichen Standes dieses grauenvollen Krieges, was wird aus dieser Oper?

Puccini an Tito Ricordi, Milano; Torre del Lago, 30. Oktober 1915

Lieber Tito, Du wirst von Paris zurück sein; nun ist alles zum Besten gewendet und die Wolke hat sich verzogen. Ich habe einen Brief von Berté bekommen, der alle meine Vorschläge zusammen mit seinen anderen Mitarbeitern zurückstellt und verschiebt auf … nach dem Krieg, wenn wie im Frühling die SCHWALBE wiederkehrt. Er sagt, wenn der italienische Verleger «teilhaben» will, dann soll er schreiben und auf eine Einigung hoffen.

Puccini an Angelo Eisner, Wien; Milano, 25. Dezember 1914
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Lieber Tito

[…] Was die RONDINE betrifft, so habe ich sie Dir hundertmal angeboten und Du wolltest nichts davon wissen; ich sehe also nicht, wieso sie Dir jetzt Kopfzerbrechen bringen sollte. Ich hoffe, dass Du diesen meinen letzten Vorschlägen jetzt vernünftiger begegnest, und ich hoffe auch, dass mir die herbe Kritik Deiner Berater erspart bleibt.

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Lieber etwas hellerer Rotschopf, […] und ich hatte den Gedanken, mich bei Dir bemerkbar zu machen: Heute Abend erhalte ich einen Brief von Dir. Das ist Telepathie. Also es geht mir gut. Ich habe gearbeitet und ich habe die RONDINE befreit, die jetzt zu Sonzogno geht.

Puccini an Tito Ricordi, Milano; Torre del Lago, 23. September 1916 Puccini an Alfredo Vandini, Roma; Torre del Lago, 31. Oktober 1916
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DAS GEBÄUDE DER ERINNERUNG

Ebenso ist es mit unserer Vergangenheit. Vergebens versuchen wir sie wieder heraufzubeschwören, unser Geist bemüht sich umsonst. Sie verbirgt sich ausserhalb seines Machtbereichs und unerkennbar für ihn in irgendeinem stofflichen Gegenstand (oder der Empfindung, die dieser Gegenstand in uns weckt); in welchem, ahnen wir nicht. Ob wir diesem Gegenstand aber vor unserem Tode begegnen oder nie auf ihn stossen, hängt einzig vom Zufall ab.

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Viele Jahre lang hatte von Combray ausser dem, was der Schauplatz und das Drama meines Zubettgehens war, nichts für mich existiert, als meine Mutter an einem Wintertage, an dem ich durchfroren nach Hause kam, mir vorschlug, ich solle entgegen meiner Gewohnheit eine Tasse Tee zu mir nehmen. Ich lehnte erst ab, besann mich dann aber, ich weiss nicht warum, eines anderen. Sie liess darauf eines jener dicken ovalen Sandtörtchen holen, die man «Madeleine» nennt und die aussehen, als habe man als Form dafür die gefächerte Schale einer St.­Jakobs­Muschel benutzt. Gleich darauf führte ich, bedrückt durch den trüben Tag und die Aussicht auf den traurigen folgenden, einen Löffel Tee mit dem aufgeweichten kleinen Stück Madeleine darin an die Lippen. In der Sekunde nun, als dieser mit dem Kuchengeschmack gemischte Schluck Tee meinen Gaumen berührte, zuckte ich zusammen und war wie gebannt durch etwas Ungewöhnliches, das sich in mir vollzog. Ein unerhörtes Glücksgefühl, das ganz für sich allein bestand und dessen Grund mir unbekannt blieb, hatte mich durchströmt. Mit einem Schlage waren mir die Wechselfälle des Lebens gleichgültig, seine Katastrophen zu harmlosen Missgeschicken, seine Kürze zu einem blossen Trug unsrer Sinne geworden; es vollzog sich damit in mir, was sonst die Liebe vermag, gleichzeitig aber fühlte ich mich von einer köstlichen Substanz erfüllt: oder diese Substanz war vielmehr nicht in mir, sondern ich war

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sie selbst. Ich hatte aufgehört mich mittelmässig, zufallsbedingt, sterblich zu fühlen. Woher strömte diese mächtige Freude mir zu? Ich fühlte, dass sie mit dem Geschmack des Tees und des Kuchens in Verbindung stand, aber darüber hinausging und von ganz anderer Wesensart war. Woher kam sie mir? Was bedeutete sie? Wo konnte ich sie fassen?

Ich trinke einen zweiten Schluck und finde nichts anderes darin als im ersten, dann einen dritten, der mir sogar etwas weniger davon schenkt als der vorige. Ich muss aufhören, denn die geheime Kraft des Trankes scheint nachzulassen. Es ist ganz offenbar, dass die Wahrheit, die ich suche, nicht in ihm ist, sondern in mir. Er hat sie dort geweckt, aber er kennt sie nicht und kann nur auf unbestimmte Zeit und mit schon schwindender Stärke seine Aussage wiederholen, die ich gleichwohl nicht zu deuten weiss und die ich wenigstens wieder von neuem aus ihm herausfragen und unverfälscht zu meiner Verfügung haben möchte, um entscheidende Erleuchtung daraus zu schöpfen. Ich setze die Tasse nieder und wende mich meinem Geiste zu. Er muss die Wahrheit finden. Doch wie? Eine schwere Ungewissheit tritt ein, so oft der Geist sich überfordert fühlt, wenn er, der Forscher, zugleich die dunkle Landschaft ist, in der er suchen soll und wo das ganze Gepäck, das er mitschleppt, keinen Wert für ihn hat. Suchen? Nicht nur das: Schaffen. Er steht vor einem Etwas, das noch nicht ist, und das doch nur er in seiner Wirklichkeit erfassen und dann in sein eigenes Licht rücken kann.

Wird sie bis an die Oberfläche meines Bewusstseins gelangen, diese Erinnerung, jener Augenblick von einst, der, angezogen durch einen ihm gleichen Augenblick, von so weit her gekommen ist, um alles in mir zu wecken, in Bewegung zu bringen und wieder heraufzuführen? Ich weiss es nicht. Jetzt fühle ich nichts mehr, er ist zum Stillstand gekommen, vielleicht in die Tiefe geglitten; wer weiss, ob er jemals wieder aus seinem Dunkel emporsteigen wird? Zehnmal muss ich es wieder versuchen, mich zu ihm hinunterzubeugen. Und jedesmal rät mir die Trägheit, die uns von jeder schwierigen Aufgabe, von jeder bedeutenden Leistung fernhalten will, das Ganze auf sich beruhen zu lassen, meinen Tee zu trinken im ausschliesslichen Gedanken an meine Kümmernisse von heute und meine Wünsche für morgen, die ich unaufhörlich und mühelos in mir bewegen kann.

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Und dann mit einem Male war die Erinnerung da. Der Geschmack war der jener Madeleine, die mir am Sonntagmorgen in Combray (weil ich an diesem Tage vor dem Hochamt nicht aus dem Hause ging) sobald ich ihr in ihrem Zimmer guten Morgen sagte, meine Tante Léonie anbot, nachdem sie sie in ihren schwarzen oder Lindenblütentee getaucht hatte. Der Anblick jener Madeleine hatte mir nichts gesagt, bevor ich davon gekostet hatte; vielleicht kam das daher, dass ich dies Gebäck, ohne davon zu essen, oft auf den Tischen der Bäcker gesehen hatte und dass dadurch sein Bild sich von jenen Tagen in Combray losgelöst und mit anderen, späteren verbunden hatte; vielleicht auch daher, dass von jenen so lange aus dem Gedächtnis entschwundenen Erinnerungen nichts mehr da war, alles sich in nichts aufgelöst hatte: die Formen – darunter auch die dieser kleinen Muschel aus Kuchenteig, die so behäbig und sinnenfroh wirkt unter ihrem strengen, frommen Faltenkleid – waren versunken oder sie hatten, in tiefen Schlummer versenkt, jenen Auftrieb verloren, durch den sie ins Bewusstsein hätten emporsteigen können. Aber wenn von einer früheren Vergangenheit nichts existiert nach dem Ableben der Personen, dem Untergang der Dinge, so werden allein, zerbrechlicher aber lebendiger, immateriell und doch haltbar, beständig und treu Geruch und Geschmack noch lange wie irrende Seelen ihr Leben weiterführen, sich erinnern, warten, hoffen, auf den Trümmern alles übrigen und in einem beinahe unwirklich winzigen Tröpfchen das unermessliche Gebäude der Erinnerung unfehlbar in sich tragen.

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Marcel Proust: Auf der Suche nach der verlorenen Zeit
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Die Momente der Wiederkehr, das Eintauchen in die Erinnerung, wie sie Magda erlebt, widerspiegeln sich auch auf der musikalischen Ebene: Es gibt keine grossen musikalischen Durchführungen, sondern viele wiederkehrende Motive und Kreisstrukturen. Immer ist diese traurige Note spürbar, diese «Mestizia toscana», die einem direkt zu Herzen geht. Es ist ein Geschenk, diese Musik zu dirigieren.

LA RONDINE

GIACOMO PUCCINI (1858-1924)

Commedia lirica in drei Akten

Text von Giuseppe Adami nach einem Librettoentwurf von Artur Maria Willner und Heinz Reichert

Uraufführung: 27. März 1917, Monte-Carlo

Schweizerische Erstaufführung

Erste Fassung

Personen

Magda de Civry Sopran

Lisette Sopran

Ruggero Lastouc Tenor

Prunier Tenor

Rambaldo Bariton

Périchaud Bass

Gobin Tenor

Crébillon Bass

Yvette Sopran

Bianca Sopran

Suzy Mezzosopran

Ein Butler Bass

Frauenstimme Sopran

Adolfo Tenor

Ein junger Mann Tenor

Lolette Mezzosopran

Georgette Sopran

Gabriella Sopran

Rabonnier Bariton

Besucherinnen und Besucher des Bal Bullier, Tänzer, Kellner

Die Handlung spielt im zweiten Kaiserreich in Paris und an der Côte Azur.

ATTO PRIMO

SCENA UNICA

Rambaldo Fernandez è a destra, verso il fondo, e insieme con lui sono gli amici Perichaud, Gobin e Crebillon. Yvette, Bianca e Suzy si sono avvicinate a Prunier, il quale, appoggiato al pianoforte, le intrattiene con sottile vivacità. Magda de Civry sta versando il caffè che Lisette serve, scodinzolando rapidissima e petulante da un gruppo all’altro. Poi ritirerà le tazze che raccoglierà in un vassoio d’argento posato sul piccolo tavolo.

YVETTE con una risata

Ah! No! No!

BIANCA Non dite questo!

PRUNIER Signore! Vi contesto il dritto di ridere!…

YVETTE E noi quello di parlar sul serio!

PRUNIER È pura verità!

MAGDA avvicinandosi La verità sarebbe?…

PRUNIER

Una cosa assai grave: a Parigi si ama! Imperversa una moda nel gran mondo elegante: sentenziando l’Amor sentimentale!

LISETTE interrompendolo vivacemente Ma non dategli retta! Amor sentimentale?…

Storie!… Si vive in fretta: «Mi vuoi?…» «Ti voglio…» È fatto!

PRUNIER con esagerato risentimento si rivolge a Magda accennando a Lisette Il suo contegno… mi ripugna!

ERSTER AKT

EINZIGE SZENE

Rambaldo Fernandez steht mit seinen Freunden Périchaud, Gobin und Crébillon rechts im Hintergrund. Yvette, Bianca und Suzy haben sich zu Prunier gesellt, welcher am Flügel lehnt und sie geistreich und angeregt unterhält. Magda de Civry schenkt Kaffee ein, den Lisette serviert, die sich geschickt und munter von einer Gruppe zur anderen bewegt. Dann sammelt sie die Tassen auf einem silbernen Tablett und stellt dieses auf einen kleinen Tisch.

YVETTE lachend

Ah! Nein! Nein!

BIANCA

Das meinen Sie nicht wirklich!

PRUNIER

Meine Damen! Bitte lachen Sie nicht!…

YVETTE

Und seien Sie nicht so seriös!

PRUNIER

Es ist die reine Wahrheit!

MAGDA kommt hinzu Und die wäre?…

PRUNIER

Etwas sehr Ernstes: In Paris verliebt man sich wieder! Eine Mode grassiert in der vornehmen grossen Welt: wertend die gefühlvolle Liebe!

LISETTE fällt ihm lebhaft ins Wort Hört nicht auf ihn! Gefühle?…

Unsinn!… Nur nicht zu kompliziert: «Willst du?…» «Ich will…» Und fertig!

PRUNIER wendet sich mit übertriebener Verärgerung an Magda, auf Lisette deutend Ihr Benehmen… widert mich an!

MAGDA intervenendo benevolmente Poeta, perdonate!… In casa mia l’anormale è una regola… a Lisette Tu, via!

LISETTE con un inchino

Io ritorno al mio servizio se del mio giudizio non si sa che far! esce rapida

MAGDA sedendo presso Prunier Dunque… raccontavate?…

PRUNIER

Che la moda è romantica: sguardi amorosi, strette furtive, baci, sospiri, ma niente più!…

YVETTE, BIANCA E SUZY a Prunier, con esagerato languore

MAGDA versucht, ihn zu besänftigen Dichter, verzeihen Sie!… In meinem Haus entspricht so manches nicht der Regel…

zu Lisette Lisette, bitte!

LISETTE macht einen Knicks Ich gehe wieder an die Arbeit, wenn niemand hier meine Meinung schätzt! geht schnell hinaus

MAGDA setzt sich neben Prunier Sie sagten also?…

PRUNIER Dass die Romantik zurückkehrt: verliebte Blicke, heimliche Umarmungen, Küsse, Seufzer, aber nicht mehr!…

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Amore!

O cielo!…

Io struggo!…

Svengo!…

Cedo!…

Muoio!…

Illanguidisco tutta!

Consolami, poeta!…

Assistimi fortuna!…

Dammi un chiaro di luna… e un verso del Musset!…

MAGDA interrompendo il gioco delle amiche Non scherzate!…

PRUNIER colpito dal gesto di Magda La moda v’interessa?…

MAGDA

Può darsi!… Continuate. nel frattempo Crebillon che sfogliava un giornale, pare colpito da una notizia che s’affretta a indicare agli altri. Tutti si aggruppano vicino a lui leggendo, poi sembrano discutere animatamente.

YVETTE, BIANCA UND SUZY zu Prunier, mit über triebenem Schmachten Die Liebe!

O Himmel!…

Ich schmelze!…

Ich falle gleich in Ohnmacht!…

Ich gebe nach!…

Ich sterbe!…

Ich werde schwach!

Tröste mich, Dichter!…

Fortuna, steh mir bei! Gib mir Mondschein und ein paar Verse von Musset!…

MAGDA unterbricht das Spiel ihrer Freundinnen Macht euch nicht lustig!…

PRUNIER von Magdas Worten überrascht Sie interessieren sich dafür?…

MAGDA Vielleicht!… Fahren Sie fort.

In der Zwischenzeit hat Crébillon, der in einer Zeitung geblättert hat, eine Nachricht entdeckt, die ihn beeindruckt und die er den anderen eilends mitteilt. Alle scharen sich um ihn und lesen, dann scheinen sie angeregt zu diskutieren.

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che tutto sia finito pensa ancora a me!

Pensa che il sacrificio che compio in questo istante io lo compio per te!

RUGGERO

O mia divina amante! O vita di mia vita… No! Rimani! Rimani!… Non lasciarmi!

MAGDA

Non voglio rovinarti!

RUGGERO No! Rimani!

MAGDA afferrando fra le sue mani il volto di Ruggero, e fissandolo intensamente come se volesse imprimersi negli occhi la visione ultima di questo dolore L’anima mia che solo tu conosci, l’anima mia è con te, con te per sempre!

Ruggero reclina la testa, con abbandono, senza speranza Lascia che io ti parli come una madre al suo figliuolo caro… accarezzandolo dolcemente sui capelli Quando sarai guarito, te ne ricorderai! Tu ritorni alla casa tua serena… io riprendo il mio volo e la mia pena…

RUGGERO Amore…

MAGDA

Non dir niente…

Più niente… che sia mio questo dolore!

Ruggero s’abbatte singhiozzando Ora Lisette appare dal padiglione. Vede. Intuisce. Avanza lentamente, s’avvicina a Magda, la sorregge.

Magda ha un ultimo, lungo, tenerissimo sguardo verso Ruggero accasciato, il viso tra le mani. Poi, appoggiandosi tutta a Lisette – che con il suo fazzolettino le asciuga le lacrime – s’avvia per il declivio, nel silenzio, fra i richiami delle campane, le ombre della prima sera, e il sommesso singhiozzare dell’amante.

MAGDA internamente

Ah!

aber vergiss mich nicht!

Denk, dass ich das Opfer, das ich in diesem Augenblick bringe, nur dir zuliebe bringe!

RUGGERO

O meine göttliche Geliebte, du mein Leben… Nein! Bleibe, bleib!… Verlass mich nicht!

MAGDA

Ich will dich nicht zu Grunde richten!

RUGGERO Nein! Bleib!

MAGDA nimmt Ruggeros Kopf zwischen ihre Hände und blickt ihn intensiv an, als wolle sie sich den letzten Anblick seines Schmerzes einprägen

Meine Seele, die nur du kennst, ist bei dir, für immer!

Ruggero senkt den Kopf, mit Hingabe, ohne Hoffnung Ich will zu dir wie eine Mutter zu ihrem Sohn sprechen…

streicht ihm sanft übers Haar

Wenn du geheilt bist, wirst du daran denken!

Kehre in dein Elternhaus zurück…

Ich kehre zurück, in meinen Schmerz…

RUGGERO Meine Geliebte…

MAGDA Sag nichts…

nichts mehr… lass mir meinen Schmerz…

Ruggero bricht schluchzend zusammen. Lisette kommt aus dem Pavillon. Sie sieht und versteht. Sie geht langsam auf Magda zu und stützt sie. Magda wirft einen letzten langen, zärtlichen Blick auf Ruggero, der in sich gesunken ist, das Gesicht in den Händen vergraben Dann stützt sie sich ganz auf Lisette, die ihr mit ihrem Taschentuch die Tränen trocknet, und geht schweigend den Hang hinab, inmitten des Geläuts der Glocken, der Schatten des frühen Abends und des leisen Schluchzens ihres Geliebten.

MAGDA hinter der Szene

Ah!

Deutsche Übertragung: Christof Loy / Kathrin Brunner / Daniela Wiesendanger

Programmheft

LA RONDINE

Commedia lirica in drei Akten von Giacomo Puccini

Text von Giuseppe Adami nach einem Librettoentwurf von Artur Maria Willner und Heinz Reichert

Premiere am 17. September 2023, Spielzeit 2023/24

Das komplette Programmbuch können Sie auf

Herausgeber Opernhaus Zürich

Intendant Andreas Homoki

Zusammenstellung, Redaktion Kathrin Brunner Layout, Grafische Gestaltung Carole Bolli

Anzeigenverkauf Opernhaus Zürich, Marketing

Telefon 044 268 66 33, inserate@opernhaus.ch

Schriftkonzept und Logo Studio Geissbühler Druck Fineprint AG

oder am Vorstellungsabend im Foyer des Opernhauses erwerben

Textnachweise:

Die Inhaltsangabe von Christof Loy, das Interview, die Zitate von Marco Armiliato sowie der Artikel von Anselm Gerhard sind Originalbeiträge für dieses Heft. – Briefe von Puccini zu «La rondine»: Gara, Eugenio (Hg.): Le Vite. Carteggi Pucciniani, Mailand 1958, Übersetzung: Curt A. Roesler. – Marcel Proust, Gebäude der Erinnerungen, in: ders., Auf der Suche nach der verlorenen Zeit, Stuttgart 2013.

Bildnachweise:

Monika Rittershaus fotografierte das «Rondine»-Ensemble während der Klavierhauptprobe am 6. September 2023.

Urheber, die nicht erreicht werden konnten, werden zwecks nachträglicher Rechtsabgeltung um Nachricht gebeten.

www.opernhaus.ch/shop

Ich fühle mich als Teil der Opernfamilie.

Claire Rochat, seit 12 Jahren dabei

An der Mitgliederversammlung hat mir Intendant Andreas Homoki höchstpersönlich meine Fragen beantwortet.

Nicole Steiner, seit 23 Jahren dabei

Welch ein Privileg!

Fabienne Bläsli, seit 3 Jahren dabei

warum? darum!

Wir sind nah dran und können die Entwicklung der Neuproduktionen miterleben.

Jasmin Angello, seit 2 Jahren dabei, zu den Probenbesuchen

Dank dem exklusiven Vorverkauf habe ich mir Karten für meine Opernhighlights der kommenden Saison gesichert.

Peter Bauer, seit 18 Jahren dabei

www.opernfreunde.ch

Unsere Vorstellungen werden ermöglicht dank der Subvention des Kantons Zürich sowie den Beiträgen der Kantone Luzern, Uri, Zug und Aargau im Rahmen der interkantonalen Kulturlastenvereinbarung und den Kantonen Nidwalden, Obwalden und Schwyz.

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