Salome

Page 1

SALOME R ICHAR D STR AUSS



SALOME RICHARD STRAUSS (1864-1949)


HANDLUNG Erste Szene Soldaten bewachen auf der Terrasse vor dem Palast des Tetrarchen Herodes den Propheten Jochanaan, der wegen seiner Schmähreden gegen den Königs­ hof – vor allem gegen das laster­­hafte Leben der Königin Herodias – gefangen gehalten wird. Narraboth, Hauptmann der Leib­­wache des Herodes, hat nur Augen für Herodias’ Tochter Salome, die er im angrenzenden Bankett­saal be­ obachtet. Eifersüchtig und von dunklen Vorahnungen erfüllt, warnt ihn sein Freund, ein Page der Herodias, davor, sie immerzu anzusehen. Die Stimme Jochanaans erschallt aus der Zisterne und verkündet das Kommen des Messias. Die Unterhaltung der Soldaten wendet sich ihm zu.

Zweite Szene Salome, angeekelt von Herodes’ begehrlichen Blicken und den Streitereien der von ihm geladenen Gäste, flüchtet sich auf die Terrasse. Wieder ertönt Jocha­ naans Stimme. Neugierig auf diesen Mann, vor dem der Tetrarch Angst hat und der ihre Mutter Herodias ob ihres ausschwei­fenden Lebenswandels be­ schimpft, wünscht sie ihn zu sehen. Obwohl Herodes angeord­net hat, dass niemand den Propheten sehen dürfe, weiss Salome mit wenigen Versprechun­ gen den ihr ergebenen Narraboth dazu zu bringen, sich über das Verbot hin­ wegzusetzen. Er lässt die Zisterne öffnen.

2


Dritte Szene Fasziniert von seiner seltsamen Erscheinung will sich Salome Jochanaan nä­ hern – trotz der verzweifelt-eifersüchtigen Bemühungen Narraboths, sie davon abzuhalten. Jochanaan aber will weder mit ihr sprechen noch sie ansehen. Ih­ ren stolzen Worten «Ich bin Salome, die Tochter der Herodias, Prinzessin von Judäa» setzt er die Forderung, Busse zu tun, entgegen. Seine wilden Anklagen gegen ihre Mutter und seine schroffe Abwehr wecken in Salome immer stärker den Wunsch, ihn zu berühren – zunächst seinen Leib, dann seine Haare, und schliess­lich verlangt sie, seinen Mund zu küssen. Narraboth ersticht sich, Joch­ anaan zieht sich, die «Tochter einer blutschänderischen Mutter» verfluchend, in die Zisterne zurück.

Vierte Szene Herodes und Herodias erscheinen mit ihren Gästen auf der Terrasse. Der von Wein und sexueller Gier trunkene Tetrarch fordert Salome auf, ihm Gesell­ schaft zu leisten. Kühl wehrt sie seine Zudringlichkeiten ab. Wieder hallen die Anklagen Jochanaans durch den Palast, und Herodias fordert seine Auslieferung an die Juden, die ihn für einen falschen Propheten halten. Herodes aber, von Ängsten und Visionen geplagt, verteidigt ihn: Jochanaan sei ein «heil’ger Mann». Als der Disput zwischen Juden, Nazarenern und dem Königspaar zu eskalieren droht, fordert Herodes Salome auf, für ihn zu tanzen. Sie weigert sich zunächst, doch als der König schwört, ihr dafür jeden Wunsch zu erfüllen, kommt sie seinem Begehren nach. Als Belohnung fordert sie den Kopf des Jochanaan – sehr zur Befriedigung ihrer Mutter Herodias. Entsetzt bietet ihr Herodes alle Schätze, alle Reichtümer, die er besitzt, ja selbst die Hälfte seines Königreiches. Salome aber beharrt auf ihrem Wunsch. Herodes kapituliert. Nach Minu­ten angespannten Wartens übergibt der Hen­ ker Salome den Kopf des Propheten. Noch zögert sie, beklagt ihre Zurückwei­ sung durch Joachanaan. Als sie schliesslich den Mund des abgeschlagenen Hauptes küsst, befiehlt Herodes angewidert, sie zu töten.

3


Silvia Schori Spielzeit 2OO9/1O

SALOME Warum sahst du mich nicht an? Hättest du mich angesehen, du hättest mich geliebt. Und das Geheimnis der Liebe ist grösser als das Geheimnis des Todes...

4


5


Markus 6 Und er kam vor den König Herodes (denn sein Name war nun be­kannt) und er sprach: Johannes der Täufer ist von den Toten auferstanden, darum tut er solche Taten. Etliche aber sprachen: Er ist Elia; etliche aber: Er ist ein Prophet oder einer von den Prophe­ten. Da es aber Herodes hörte, sprach er: Es ist Johannes, den ich enthauptet habe; der ist von den Toten auferstanden. Er aber, Hero­des, hatte ausgesandt und Johannes gegriffen und ins Gefängnis gelegt um der Herodias willen, seines Bruders Philippus Weib; denn er hatte sie gefreit. Johannes aber sprach zu Herodes: Es ist nicht recht, dass du dei­ nes Bruders Weib habest. Herodias aber stellte ihm nach und wollte ihn töten, und konnte nicht. Hero­ des aber fürchtete Johannes; denn er wuss­te, dass er ein frommer und heili­ ger Mann war; und verwahrte ihn und gehorchte ihm in vielen Sachen und hörte ihn gern. Und es kam ein gelegener Tag, dass Herodes auf seinen Jahres­ tag ein Abend­mahl gab den Obersten und Hauptleuten und Vor­nehm­­sten in

6


Galiläa. Da trat hinein die Tochter der Herodias und tanzte, und gefiel wohl dem Herodes und denen die am Tisch sassen. Da sprach der König zu dem Mägdlein: Bitte von mir, was du willst, ich will dir’s geben. Und er schwur ihr einen Eid: Was du wirst von mir bitten, will ich dir geben, bis an die Hälfte meines König­reiches. Sie ging hinaus und sprach zu ihrer Mutter: Was soll ich bitten? Die sprach: Das Haupt Johannes des Täufers. Und sie ging alsbald hinein mit Eile zum König, bat und sprach: Ich will, dass du mir gebest jetzt zur Stunde auf einer Schüssel das Haupt Johannes des Täufers. Der König war betrübt; doch um des Eides willen und derer, die am Tisch sassen, wollte er sie nicht lassen eine Fehlbitte tun. Und alsbald schickte hin der König den Henker und hiess sein Haupt herbringen. Der ging hin und enthauptete ihn im Ge­fäng­nis und trug her sein Haupt auf einer Schüssel und gab’s dem Mägdlein, und das Mägdlein gab’s ihrer Mutter. Und da das seine Jünger hörten, kamen sie und nahmen seinen Leib, und legten ihn in ein Grab.

7


«DAS IST JA WAHNSINN!» RICHARD STRAUSS UND «SALOME» Beate Breidenbach

«Das ist ja Wahnsinn», soll Cosima Wagner gesagt haben, als Richard Strauss ihr zum ersten Mal aus der Partitur der «Salome» vorgespielt hat. Und Wil­ helm II. meinte: «Es tut mir leid, dass Strauss diese ‹Salome› komponiert hat, ich habe ihn sonst sehr gern, aber er wird sich damit furchtbar schaden!» Ge­ schadet hat sich der Komponist mit «Salome» keineswegs – im Gegenteil: Mit seiner dritten Oper gelang Richard Strauss nicht nur der Durchbruch zum welt­ weit anerkannten Opernkomponisten; auch finanziell war die Sache äusserst lukrativ: «Von diesem Schaden konnte ich mir die Garmischer Villa bauen», be­richtet Strauss in seinen Erinnerungen. Zwar war die Zustimmung nach der Uraufführung 1905 in Dresden nicht gerade ungeteilt; man unkte, die Oper werde mit etwas Glück an einigen grossen Opernhäusern gezeigt werden, an­ schliessend aber schnell wieder in Vergessenheit geraten. Das Gegenteil war der Fall: Nach drei Wochen war «Salome» bereits an über zehn Theatern an­ge­nom­ men, und der unaufhaltsame Siegeszug der Oper um die Welt begann. Hier und da galt es, Widerstände gegen das «unsittliche Thema» zu überwinden, das gleichermassen irritierte und provozierte; doch die Faszination, die von der tanzenden jüdischen Prinzessin ausging, war stärker, und «Salome» ist heute, über hundert Jahre später, aus dem Repertoire der Opernhäuser der Welt nicht mehr wegzudenken. Der Stoff hat biblische Wurzeln: Die Evangelisten Matthäus und Markus be­ richten im Neuen Testament von der Hinrichtung Johannes des Täufers durch den Tetrarchen Herodes Antipas, einen Sohn Herodes des Grossen. Drahtzie­ herin der Hinrichtung war den Evangelien zufolge Herodias, die Ehefrau des Herodes Antipas; von Johannes wegen ihres inzestuösen, «unkeuschen» Ver­

8


haltens geschmäht – sie war zunächst mit ihrem Onkel verheiratet, hatte diesen aber verlassen, um Herodes Antipas zu heiraten, den Bruder ihres Mannes – habe sie aus Rache ihre Tochter angestiftet, für Antipas zu tanzen und als Lohn für diesen Tanz den Kopf des Johannes zu fordern. In der Bibel ist Salome eine namenlose Tochter ohne eigenen Willen, die durch ihren Tanz Macht über Antipas zu gewinnen vermag – und wie geschaffen für Projektio­nen aller Art. Diese fielen zunächst ausschliesslich negativ aus: In der Frühzeit des Christen­ tums wurde die Frau in der Nachfolge Evas generell als gefährlich angesehen und eine tanzen­de Frau wie Salome ebenso wie der Tanz ganz allgemein regel­ recht dämonisiert: «Wo eben ein Tanz ist, da ist auch der Teufel», schrieb der katholische Kirchenvater Johannes Chry­ sosto­ mos im 4. Jahrhundert nach Christus. Im Mittelalter verschmolzen Salome und Herodias zu einer Person – und wurden als tanzende Hexen dargestellt. Heinrich Heine, der den Stoff 1843 in «Atta Troll» aufgriff, war der Erste, der mit Salome/Herodias sowohl Engel als auch Teufel, sowohl Faszination als auch Angst verband; er verstand sie als Gegenfigur zum bürger­lichen Alltag und bereitete damit Salomes Stili­ sierung zur femme fatale, zur «Ikone des süssen Lasters» um die Jahrhundert­ wende vor. Im fin de siècle avancierte Salome zur Lieblings­figur der bildenden Künstler, Schriftsteller und Musiker: Die am Hof des Herodes dargestellte De­ kadenz hatte ganz offensichtlich viel mit der fin de siècle-Stimmung der Jahr­ hundertwende gemeinsam, und der Typus der «femme fatale» hatte Hochkon­ junktur. Neben Salome waren auch Judith und Dalila äusserst beliebte Sujets, verkörperten sie doch ebenso wie jene die überaus faszinierende Symbiose von Eros und Gewalt und reizten zudem durch die Fremdheit ihrer orientalischen Ausstrahlung. Die Dämonisierung der Frau als «femme fatale», als männermor­ dender Vamp passte gut in eine Zeit, in der unterschiedlichste gesellschaftliche Veränderungen zu wachsender männlicher Unsicherheit führten. Gustave Moreau malte Salome gleich mehrfach; Joris-Karl Huysmans schrieb mit dem Roman «A rebours» («Gegen den Strich») einen Schlüsseltext der Décadence, in dem Moreaus Bilder eine zentrale Stellung einnehmen. Von hier aus führt eine direkte Linie über Gustave Flauberts «Hérodias» zu Oscar Wil­ des «Salomé», die wiederum Richard Strauss als Textvorlage für seine Oper diente. Gemeinsam war allen Salome-Interpretationen des 19. Jahrhunderts

Das komplette Programmbuch können Sie auf www.opernhaus.ch/shop oder am Vorstellungsabend im Foyer des Opernhauses erwerben

9


das Spannungsfeld zwischen Körper und Geist, Begierde und Wort, Frau und Mann, dem dionysischen und apollinischen Prinzip, personifiziert in Salome und dem asketischen biblischen Propheten Johannes. Oscar Wilde setzte in seinem 1896 in Paris uraufgeführten Einakter «Salomé» dort an, wo andere Bearbeitungen nach langem Vorlauf ihren Höhepunkt er­ reicht haben, und schaffte es, in diesem Drama der Seelenzustände, dieser Ge­ schichte der tödlichen Blicke mit symbolisch aufgeladenen Sprachbildern eine beinahe ins Unerträgliche gesteigerte Spannung zu evozieren. Wildes Salome handelt selbständig; sie fordert den Kopf des Propheten nicht, weil ihre Mutter es von ihr verlangt, sondern weil ihre Liebe und ihr Begehren unerwidert geblie­ben sind. Wildes Salome ist die Erste in der Geschichte der unzähligen Bearbeitungen des Stoffes, die das abgeschlagene Haupt Johannes des Täufers küsst; erstmals endet das Drama mit dem Tod Salomes und nicht mit dem Tod des Propheten. Während der Entstehungszeit seines Dramas identifizierte sich Wilde stark mit Salome – «Salomé, c’est moi», soll er gesagt haben –, wie über­ haupt die Grenzen zwischen Kunst und Leben bei Wilde oftmals verschwam­ men. Die Premiere der übrigens in französischer Sprache verfassten «Salomé» hat ihr Schöpfer nicht mit­erlebt; er sass zu jener Zeit eine zweijährige Gefäng­ nisstrafe wegen «Unzucht» – seiner offen gelebten Homosexualität – in Eng­ land ab. Eine öffentliche Aufführung von Wildes «Salomé» blieb in England bis 1922 verboten; 1910 lagen allerdings bereits Übersetzungen in vierzig ver­ schiedene Sprachen vor. So waren Stück und Autor mit dem Geruch des Verbotenen, Skandalösen und genau dadurch Faszinierenden behaftet, als Richard Strauss 1903 in einer Auf­ führung von Wildes «Salome» in Berlin erstmals mit dem Stoff in Berührung kam. Max Reinhardts Inszenierung mit Gertrud Eysoldt in der Titelrolle ver­ half dem Drama zum endgültigen Durchbruch und verfehlte auch seine Wir­ kung auf Richard Strauss nicht; nach eigenem Bericht konnte er Heinrich Grün­feld, der dem Komponisten nach der Aufführung den Stoff zur Verto­ nung empfahl, antworten, er sei «bereits am Komponieren». Die Idee, sich das Drama von Anton Lindner für die Oper bearbeiten zu lassen, liess Strauss bald wieder fallen und entschloss sich, Wildes Text, der förmlich «nach Musik ge­ schrien» habe, wörtlich zu komponieren; dafür kürzte er den Text um etwa

10


vierzig Prozent, und nachdem das Stück von «schönster Literatur» gereinigt war, sei es ein «ganz schönes Libretto» geworden, urteilte Strauss später. Tat­ sächlich hatte Strauss auf erklärendes Beiwerk und atmosphärische Illustration im Text komplett verzichtet und die Geschichte ganz auf den Konflikt zwi­ schen Salome und Jochanaan konzentriert; er schuf damit Raum für seine Komposition, in der er die Psyche der Protagonisten in einer knapp zweistün­ digen, grandios klangsinnlichen, geradezu rauschhaften Steigerung musika­ lisch explodieren lässt.

Das komplette Programmbuch können Sie auf www.opernhaus.ch/shop oder am Vorstellungsabend im Foyer des Opernhauses erwerben

11


«NACH MIR WIRD EINER KOMMEN, DER IST STÄRKER ALS ICH.»


Markus 1, 3-8 «Es ist eine Stimme eines Predigers in der Wüste: Bereitet den Weg des HERRN, macht seine Steige richtig!» Johannes, der war in der Wüste, taufte und predigte von der Taufe der Bus­ se zur Vergebung der Sünden. Und es ging zu ihm hinaus das ganze jüdische Land und die von Jerusalem und liessen sich alle von ihm taufen im Jordan und bekannten ihre Sünden. Johannes aber war bekleidet mit Kamelhaaren und mit einem ledernen Gürtel um seine Lenden, und ass Heuschrecken und wilden Honig; und er predigte und sprach: Es kommt einer nach mir, der ist stärker denn ich, dem ich nicht genugsam bin, dass ich mich vor ihm bücke und die Riemen seiner Schuhe auflöse. Ich taufe euch mit Wasser; aber er wird euch mit dem Heiligen Geist taufen.

13


OSCAR WILDES SALOME Richard Ellmann

Ein ganzes Jahrtausend lang war die tanzende Salome ein beliebtes Sujet der Maler und Bild­hauer gewesen; im 19. Jahrhundert gingen ihre Verführungs­ künste dann auch in die Lite­ra­tur ein. Den Anfang machten unter anderen Heine, Flaubert, Huysmans und Laforgue. Der Erhö­hung der Natur und des Humanismus überdrüssig, wandten sich diese Autoren zur Ab­wechslung ein­ mal dem Widernatürlichen zu, so wie es sich ihnen in der Bibel präsentierte. Mutig schufen sie ein neues Bild der biblischen Salome. Wie es viele Isolden, viele Marien gibt, so gab es nun viele Salomes, und keine glich der anderen. Das Tagebuch von W. S. Blunt bestätigt, dass Wilde die Idee zu «Salomé» schon vor seiner Frankreichreise gekommen war. Kurz nach seiner Ankunft in Paris traf er sich mit Curzon und Blunt zum Frühstück und erzählte den bei­ den, dass er gerade ein Stück in französischer Spra­che schreibe, eine Arbeit, für die man ihn zweifellos in die Académie Française aufnehmen werde. Hauptanreger für das Stück waren zwei Kapitel aus Huysmans’ «A rebours»: einmal das fünfte, wo zwei Salome-Gemälde von Gustave Moreau geschildert werden. Zum anderen das vierzehnte mit dem Zitat aus Mallarmés Versepos «Hérodiade». Eines der Gemälde zeigt Hero­des, wie er angesichts des lasziven und zugleich teilnahmslosen Tanzes der Salome in Erregung gerät; auf dem zweiten Bild wird Salome das Haupt des Täufers präsentiert, der Kopf ist um­ geben von einem Strahlenkranz, dessen Licht auf eine Schale fällt. Bei Huys­ mans hat Salome eine ähnlich mythenschaffende Kraft wie die Mona Lisa bei Pater; den Schrift­stellern allerdings, lässt Huysmans seinen Helden sagen, ist es bisher nicht gelungen, Salome angemessen darzustellen. Nur bei Moreau wird sichtbar, dass sie nicht bloss ein tanzendes Mädchen ist, sondern die «symboli­ sche Verkörperung einer unendlichen Wollust, die Göttin der unsterblichen Hysterie, die fluchbeladene Schönheit, sich über alle anderen Schönheiten er­ hebend kraft jener Starre, die ihr den Leib härtet und die Muskeln stählt, das grausame, gleichgültige, unverantwortliche und fühllose Tier, das gleich der

14


antiken Helena alles vergiftet, was es berührt.» Doch das ist noch nicht die ganze Geschichte: Auf dem zweiten Bild, einem Aquarell, hat Moreau das Ent­ setzen gestaltet, das sie empfindet, als sie das rumpflose Haupt erblickt. Weiterer Anregung hätte Wilde vielleicht gar nicht bedurft, aber sie kam den­ noch, und zwar von einem Amerikaner namens J. C. Heywood, dessen «Salo­ me» Wilde am 15. Februar 1888 in der «Pall Mall Gazette» besprochen hatte. Heywoods «Salome», ein Versdrama, war in den sechziger Jahren entstanden; der Verfasser hatte auf die Nacherzählung des Salome-Mythos in Heines «Atta Troll» zurückgegriffen, wo ein Geisterzug geschildert wird, an dem auch He­ rodias teilnimmt; sie sitzt auf einem Zelter und küsst das Haupt des Propheten. Heywoods eigener Beitrag bestand darin, dass er Herodias dies bereits vor ih­ rer Verwand­lung in einen Geist, also noch als lebendiges Wesen, tun liess. In den übrigen Quellen fehlt dieses Detail. Wilde erkannte (was Heywood ent­ gangen war), dass das Küssen des Kopfes den eigentlichen Höhepunkt dar­ stellt. Schon 1890 hatte er angekündigt, dass er über Salo­me schreiben wolle. Nach einem Essen mit Edgar Saltus in einem Restaurant am Picadilly besuchte man Francis Hope, der seine Wohnung auf der anderen Strassenseite hatte. Das Dekor dieser Wohnung war nüchtern – bis auf einen Stich, Herodias zeigend, wie sie auf ihren Händen tanzt, entspre­chend der Schilderung in Flauberts gleichnamiger Erzählung. Wilde trat an das Bild her­an und sagte: «La bella donna della mia mente.» Mrs. Saltus zufolge erklärte Wilde, er wolle darüber schreiben, und Saltus, der gleichfalls einen Stoff, Maria Magdalena, im Kopf hatte, erwiderte: «Nur zu. Jagen wir unsere Metzen eben gemeinsam.» Saltus’ Buch kam dann schliess­lich zuerst heraus. Wilde pries es als «so pes­simistisch, so giftig und so perfekt». Nach Lektüre der «Salomé» gab Saltus das Kompli­ ment zurück: Die letzte Zeile habe ihn schaudern gemacht. «Es ist ohnehin nur der Schauder, der zählt», lautete Wildes Antwort. Mit der Zeit kristallisier­ te sich bei ihm heraus, was sein Stück ausdrücken sollte: die Sehnsucht des Laster­haften nach der Tugend, des Heiden nach dem Christentum, des Leben­ digen nach dem Tod – und umgekehrt den Abscheu des Tugend­haften vor dem Laster, die Askese im Extrem. Diese Fülle von Anregungen wirkte auf Wilde bei der Suche nach seiner eige­ nen Salome natürlich ermutigend, auch wenn er sich andererseits über die Ge­

Das komplette Programmbuch können Sie auf www.opernhaus.ch/shop oder am Vorstellungsabend im Foyer des Opernhauses erwerben

15


staltung der Hauptperson noch längst nicht im Klaren war. Er verfügte, was die bildliche Darstellung des Salome-Motivs betraf, über enorme Kenntnisse. So klagte er, dass Rubens’ Salome wie «eine zum Schlag­fluss neigende Matrone» wirke. Leonardos Salome wiederum sei viel zu unkörperlich. Auch an­dere Sa­ lome-Bilder, etwa von Dürer, Ghirlandaio oder Thulden, konnten ihn, da un­ voll­endet, nicht befriedigen. Die berühmte Salome von Regnault war ihm le­ diglich eine «Zigeu­nerin». Nur Moreau genügte seinen Ansprüchen, und er zitierte gern die Passage, in der Huysmans dessen Gemälde beschreibt. Unbe­ dingt wollte er in den Prado, um sich die Salome-Bildnisse von Stanzioni und Tizian anzu­sehen; was letzteren anging, berief er sich auf den Kommen­tar von Tintoretto: «Dieser Mann malt mit bebendem Leib». Wilde scheint sich in seine Idee ganz bewusst hineingesteigert zu haben; es verging kein Tag, an dem er nicht über Salome sprach. Die Frauen auf der Strasse erschienen ihm als poten­tiel­le Prinzessinnen von Israel. Wenn er durch die Rue de la Paix ging, hielt er vor den Juwelier­läden und sah sich nach pas­ sendem Schmuck um. Eines Nachmittags fragt er: «Was meinen Sie – sollte sie nicht lieber nackt sein? Jawohl, splitternackt, nur mit schwerem und klingeln­ dem Halsschmuck drapiert… Ich denke sie mir nicht als unbewusstes Frauen­ zimmer, als stummes Werkzeug. Nein, ihre Lippen auf Leonardos Gemälde verraten ihre seelische Grau­samkeit. Ihre Wollust muss unermesslich, ihre Per­ vertiertheit grenzenlos sein.» Manchmal indessen besann er sich anders und wollte aus Salome eine keusche Jungfrau ma­chen. Ihr Tanz vor Herodes sollte einer göttlichen Eingebung ent­ springen, sollte den Tod des Hochstaplers Johannes, des Rivalen Jehovas, be­ siegeln. Und noch eine dritte Version gab ihm zu denken: Eines Abends dinierte man bei Stuart Merrill, einem französisch schreibenden amerikanischen Dich­ ter; Wilde fantasierte ein wenig über die Salome, bis ihn der ebenso farblose wie eingebildete Remy de Gourmont unterbrach und sagte: «Sie bringen da zwei Salomes durcheinander. Die eine, die Tochter der Herodias, hat nämlich, wie Josephus be­zeugt, mit der Tänzerin in der Bibel überhaupt nichts zu tun.» Wilde hörte sich den Tadel ge­duldig an; später erklärte er: «Der arme Gour­ mont glaubt, er sei der einzige, der etwas weiss. Was er uns da aufgetischt hat, ist die Wahrheit eines Hochschulprofessors. Ich ziehe die an­dere Wahrheit vor,

16


die Wahrheit des Traumes. Von zwei Wahrheiten ist die falschere immer die richtigere.» Eines anderen Abends war Wilde zu Gast bei Jean Lorrain und fragte, ob er sich einmal das Brustbild einer enthaupteten Frau ansehen dürfe, von dem er schon so viel gehört habe. Als er dann die auf den Hals gemalten, den Schnitt des Schwertes markierenden Blutflecken begutachtete, rief er: «Das ist der Kopf der Salome – der Salome, die sich aus Verzweiflung enthauptet hat! Das ist die Rache Johannes’ des Täufers.» Wilde hatte damals die Bühnenfassung noch gar nicht in Angriff genommen. Er verfasste zu­nächst ein paar Seiten in Prosa, brach dann wieder ab und be­ schloss, ein Gedicht zu schreiben. Erst nach und nach ging ihm auf, dass der Stoff die dramatische Form verlangte. Eines Abends erzählte er die SalomeGeschichte einem Zirkel junger französischer Schrift­steller; an­schliessend kehr­ te er zu seinem Logis am Boulevard des Capucines zurück. Auf dem Tisch lag ein noch unbenutztes Notizbuch, und da fiel ihm ein, dass er das, was er eben erzählt hatte, ebensogut aufschreiben könne. Kummer machte ihm die Sanft­ mut der biblischen Salome, die Herodias widerspruchslos gehorcht und ihr den Kopf, sobald sie ihn empfangen hat, ohne weiteres ausliefert. Wegen der Unzulänglichkeit dieses Berichtes, so Wilde, «blieb den Jahrhunderten nichts weiter übrig, als Träume und Schimären zu Salomes Füssen zu häufen, um so die Prinzessin in die Hauptblume eines pervertierten Garten Edens zu verwan­ deln.» Was immer er sonst über sein Stück geäussert hat, an einem Punkt hielt er unwandelbar fest: Nach dem Tanz fordert Salome das Haupt des Johannes, und zwar nicht, um ihrer Mutter zu willfahren, sondern weil ihre Liebe uner­ widert geblieben ist. Der Tetrarch gibt ihrer Bitte nach längerem Gewissens­ kampf statt, worauf sie den Kopf auf einem silber­nen Schild präsentiert be­ kommt. Sie nimmt ihn, hält ihn in den Händen und küsst den Mund, als beisse sie in eine schmackhafte Frucht. Während der Niederschrift der Erstfas­ sung spielte Wilde noch mit dem Gedanken, das Stück «Die Enthauptung der Salome» zu nennen. Jochanaan und Salome zu köpfen, hätte gut zu einem in «Dorian Gray» geäusserten Sinnspruch gepasst: «Jeder Exzess zieht seine Be­ strafung nach sich». Aber zuletzt hat Wilde die Enthauptung der Salome wieder verworfen; ein solches Ende erschien ihm denn doch zu platt und eintönig.

Das komplette Programmbuch können Sie auf www.opernhaus.ch/shop oder am Vorstellungsabend im Foyer des Opernhauses erwerben

17


Offenbarung 6, 12 Und ich sah, dass es das sechste Siegel auftat, und siehe, da ward ein grosses Erdbeben, und die Sonne ward schwarz wie ein härener Sack, und der Mond ward wie Blut; und die Sterne des Himmels fielen auf die Erde, gleichwie ein Feigenbaum seine Feigen abwirft, wenn er von grossem Wind bewegt wird.

18


«ES KOMMT EIN TAG, DA WIRD DIE SONNE FINSTER WERDEN WIE EIN SCHWARZES TUCH.»


DAS MÄDCHEN SALOME Oscar Wilde

Zu jener Zeit strömte viel Volk an die wüsten Ufer des Jordans, da Jochanaan der Täufer dort redete und also gegen Herodes Antipas auftrat: Herodias ist deine Blutsverwandte und ist das Weib deines Bruders Philipp. Somit ist es gegen das Gesetz, dass du mit ihr das Lager teilst. Da nun der Einsiedler grosse Macht über das Volk hatte, stand ein Betrüger auf und gab sich für Jochanaan aus, während dieser sich ins Gebirge zurückgezo­ gen hatte; jener zwar predigte nach der Art des Täufers, doch mit ganz ande­ rem Vorhaben. Er glaubte fest, der gestohlene Name würde ihn schützen, und er rechnete, der Tetrarch werde sein Schweigen mit schwerem Gold erkaufen. Aber auf Befehl des erzürnten Herodes wurde er von dessen Schergen gefan­ gengenommen, die ihn für den wahren Jochanaan hielten, in Ketten gelegt und ins Verlies geworfen. Nun war im Schloss eine Frau aus dem gleichen Orte wie der Täufer, und die­ se Frau war die Amme der kleinen Prinzessin Salome, der Tochter der Herodi­ as und des Philipp. Die Amme war oft zu den Predigten des Jochanaan gegan­ gen und glaubte an sein Wort. Und in ihrer Bewunderung für den Täufer konnte sie nicht widerstehen, ihrer jungen Herrin von ihm zu sprechen und ihr alles zu erzählen: dass ihr Vater Philipp der König von Israel und im Ge­fäng­nis des Herodes ein falscher Jochanaan sei. Als nun der Geburtstag des Tetrarchen mit einem grossen Fest begangen wurde, tanzte die kleine Prinzessin Salome vor den Gästen; sie war noch ein argloses, unschuldiges Mädchen, keusch und froh­gemut, und in ihren weissen Musselinschleiern drehte sie sich endlos im Tanz wie in einem Rausch. Allein durch den Zauber ihrer Unschuld gewann sie derart das Herz des Herodes, dass er einen Schwur tat, ihr zu geben, was auch immer sie sich wünsche. Da redeten ihre Mutter Herodias, mehr noch aber ihre Amme auf sie ein, der es um die Bestrafung des falschen Jochanaan ging, und sagten ihr, was sie sich wünschen solle. So sprach Salome zum Tetrarchen:

20


Gib mir also auf einer Schale das Haupt dessen, der sich Jochanaan nennt! Herodes befahl – und die kleine blonde Prinzessin empfing, das Gesichtchen wie aus Elfen­bein abgewandt, das blutige Haupt des Betrügers, während ihre Mutter lachend ausrief, voll Hochmut und Genugtuung: Nun endlich ist der Mund stumm, der mich so beschimpft hat! Aber in der gleichen Nacht fand Herodias keinen Schlaf, und sie vernahm von der Terrasse des Palastes, wie aus den schattenschweren Gräben eine Stimme aufstieg und ihre Klage gegen sie erhob: die Stimme, die sie für immer ausge­ löscht wähnte. Und der Fluch, den die Stimme gegen sie schleuderte, war härter denn zuvor. Verstört und entsetzt flüchtete sich Herodias zu dem Tetrarchen, der seinen Festrausch ausschlief, und rief: Hörst du denn nicht diese Stimme, die sich erhebt wider uns! Höre doch! Es ist die Stimme Jochanaans. Er ist auferstanden von den Toten. Weh über dich, weh über mich! Und die kleine Prinzessin Salome vernahm, was ihre Mutter zu dem sprach, der den Platz ihres Vaters an sich gebracht hatte – und voller Genugtuung atme­te sie lange und tief.

21


Spielzeit 2OO9/1O


23


Silvia Schori, Rudolf Schasching Spielzeit 2OO9/1O


25


DAS WEIB MIT DEN KLEINODIEN Oscar Wilde

Vor langer Zeit lebte in der Wüste, ganz nahe bei Alexandria, ein ebenso junger wie schöner Asket, der gelobt hatte, niemals die Augen zum Gesicht einer Frau zu erheben. Eines Tages hörte die schönste und reichste Kurtisane Alexandriens, wie man sich von einem jungen und schönen Asketen erzählte, der gelobt habe, seine Augen niemals zum Gesicht einer Frau zu erheben. Da sie der Macht ihres Antlitzes sicher war, beschloss sie, ihn zu versuchen. Myrrhina, so nannte sie sich, legte all ihre Kleinodien an und liess sich in einer Sänfte vor die Höhle des Einsiedlers tragen. Die Frau trat in all ihrem Schmuck zur Höhle des Einsiedlers und rief ihn, der gerade im Gebet versunken war. Und sie sprach zu ihm; sie schilderte, mit welchen Lüsten sie ihn vergnügen, mit welchen Reichtümern sie ihn verwöh­ nen, mit welchen Reizen immer aufs neue verlocken wolle – alles vergebens. Der schöne, junge Asket war auf der Hut; mit niedergeschlagenen Augen ent­ hüllte er ihr das Geheimnis der göttlichen Liebe. Lange sprach er zu ihr von dem, der geboten hat: Gib all deine Güter den Armen und folge mir nach! Dann wandte er sich zurück, um wieder zu beten. Aber in dem Augenblick, da er in seine Höhle treten wollte, traf sein Blick unversehens Myrrhinas Antlitz. Und während sie schon von nichts anderem mehr träumte als von der göttli­ chen Liebe, träumte er, im Dunkel seiner Höhle, nur noch von der Liebe zu diesem Weib – sie aber war in die Knie gesunken und betete. Getrieben von Begierde näherte er sich jetzt ihr, um sie zu besitzen. Aber sie wies sein An­sinnen weit von sich; denn sie war Christin geworden, von ganzem Herzen und von ganzer Seele. Da floh der junge und schöne Asket nach Ale­ xandria, um dort die Freuden kennenzu­lernen, welche ihn Myrrhina hatte ahnen lassen.

26


Die Frau aber, über und über bedeckt mit Kleinodien, tat alles von sich ab, verteilte die Kost­barkeiten an die armen Nomaden und blieb in der Höhle, um dort für den zu beten, der ihr das Geheimnis der Liebe Gottes offenbart hatte.

27


«ER WIRD AUF SEINEM THRONE SITZEN, ER WIRD GEKLEIDET SEIN IN SCHARLACH UND PURPUR. UND DER ENGEL DES HERRN WIRD IHN DARNIEDERSCHLAGEN. ER WIRD VON DEN WÜRMERN GEFRESSEN WERDEN.»


Jesaja 14, 11 Die Hölle drunten erzittert vor dir, da du ihr entgegenkamst. Sie erweckt dir die Toten, alle Gewaltigen der Welt, und heisst alle Könige der Heiden von ihren Stühlen aufstehen, dass dieselben alle umeinander reden und sagen zu dir: «Du bist auch geschlagen gleich wie wir, und es geht dir wie uns.» Deine Pracht ist herunter in die Hölle gefahren samt dem Klange deiner Har­ fen. Maden werden dein Bett sein und Würmer deine Decke.

29


DAS «UNRUHIGE RAFFINEMENT EINER GANZ MODERNEN ÜBER­REIZTHEIT»? Strauss’ «Salome» zwischen dekadenter Perversion und dionysischem Exzess Arne Stollberg

Es sei «ein Zeichen bedrohlichster Dekadenz, dass solche Werke perversen Sin­ nen­kitzels, die als psychologisches Dokument ihren Wert haben mögen, der­ artigen Beifall finden»: Paul Pfitzner (nicht verwandt mit dem Komponisten Hans Pfitzner) machte in seiner für das «Musikalische Wochenblatt» verfassten Rezension der umjubelten Uraufführung von Strauss’ «Salome» keinen Hehl daraus, wie zuwider ihm die neue Oper war. Und er stand mit dieser Ansicht keineswegs allein. Andere Kritiker – hier Friedrich Brandes – monierten die «an der Grenze des krankhaften Wahnwitzes stehende Überkultur» einer Tonspra­ che, die im Zeichen um sich greifender «Hysterie» nichts weniger unternehme als den Versuch, «schrankenlose Wildheit und Entartung in Musik zu setzen». Der Komponist Felix Draeseke schüttete in einem Aufsatz mit dem Titel «Die Konfusion in der Musik», der zu einer weitreichenden publizistischen Debatte über die Zukunft der Tonkunst Anlass geben sollte, Gift und Galle über «Salo­ me» aus, sprach vom «qualmigen Nebeldunst wüster Unmusik» und geisselte Strauss’ «Hyperblasiertheit» als typisches Symptom einer generellen Sucht nach dem «Grotesken, Bizarren oder schlankweg Hässlichen». Und sogar noch 1964 nannte der Musikforscher William Mann den 1905 uraufgeführten Einakter kurz und knapp «die un­flätigste aller existierenden Opern». Wie weit man die Reihe der Polemiken auch fortsetzt – ein Grundmotiv wird

30


dabei immer wieder angeschlagen: Strauss’ «Salome», so heisst es in vielfältigen Variationen, könne als In­begriff der Décadence im Bereich des Musiktheaters gelten und damit als vollendetes Sinn­bild ihrer Epoche, der ‹kranken›, über­ reizten und überfeinerten, anämisch-ästhetizistischen Welt um 1900, aufgela­ den von einer schwülen Gewitterstimmung, die bereits den Ersten Welt­krieg am Horizont erahnen lasse. Tatsächlich scheint Strauss den Nerv seiner Zeit­ ge­nos­sen mit der ihm eigenen Gewandtheit im Aufspüren sicherer Effekte ge­ troffen zu haben: Die Spätantike, in der die Handlung am Hofe des Tetrarchen Herodes Antipas lokalisiert ist, wurde um 1900 als Spiegel einer an ihr Ende gelangten bürgerlichen Kultur wahrgenommen, gleichermassen gekennzeich­ net von schwelgerischer Üppigkeit und einem bis ins Letzte ge­steigerten Sinn für das Erlesene und Kostbare wie von dem damit einhergehenden Verlust jeg­ li­cher Vitalität – man berauschte sich, wie Herodes, am Gefunkel herrlicher Juwelen, an der Kultivierung des Artifiziellen, und hörte doch schon «die Flü­ gel des Todesengels im Palaste rauschen»… Die nach unten stürzende Ganz­ ton­leiter, mit der Herodes in der Oper musikalisch charakterisiert ist, bildet hierfür das adäquate Symbol: Anders als die Skalen in Dur oder Moll entbehrt sie eines Grundtons, der ihr Halt und Festig­keit geben könnte, so wie der Te­ trarch, getrieben von den eigenen Gelüsten, nur noch in­mitten seiner Reichtü­ mer umhertaumelt, schwach, willenlos, ohne Ziel – ein Décadent wie aus dem Bilderbuch. Nichts macht dies deutlicher als seine manierierte Beschrei­bung der Preziosen, die er Salome zum Ersatz für das geforderte Haupt des Jochanaan anbietet: «Topase, gelb wie die Augen der Tiger, Topase, hellrot, wie die Augen der Waldtaube, und grüne Topase, wie Katzenaugen.» Herodes verwandelt sich hier – ganz modern – in ein Abbild von Jean Floressas Des Esseintes, dem Pro­ tagonisten aus Joris-Karl Huysmans’ 1884 veröffentlichtem Roman «A rebours» («Gegen den Strich»), literarische Personifikation der Décadence schlechthin, der seine ästhe­ti­zistischen Launen dadurch auf die Spitze treibt, dass er sorg­ sam ausgewählte Edel­steine in den von Gold überzogenen Panzer einer Schild­ kröte einarbeiten lässt, was diese natürlich nicht überlebt: «Da war das grünlich graue Katzen­auge mit seinen konzentrisch verlaufenden Adern [...]; da war der Cymophan mit seinem azurblauen Moiré [...]; und da war der Saphir, der [...] die bläulichen Flammen des Phosphor entfachte.»

Das komplette Programmbuch können Sie auf www.opernhaus.ch/shop oder am Vorstellungsabend im Foyer des Opernhauses erwerben

31


Bei Huysmans wie bei Oscar Wildes Gestaltung der Herodes-Figur geschieht die Darstellung der Décadence freilich auf eine Weise, die selbst den Gesetzen der Décadence gehorcht. Beide Schriftsteller baden geniesserisch in der farben­ sprühenden Metaphorik ihrer Prosa, die so kostbar und erlesen anmutet wie die Dinge, die sie beschreibt. In Strauss’ Partitur ist das nicht anders: Durch den Einsatz von Harfe, Celesta und Glockenspiel bringt der Kom­po­nist die Juwe­ len auf eine Art zum Funkeln, die mit Wildes Dichtung um den Preis für das grösste Raffinement wetteifert. Und so wirkt denn Richard Spechts Charakteri­ sie­r ung der Partitur als «Symphonie in Opalgrün, Purpurblau und goldgetiger­ tem Scharlachrot» beinahe wie eine Replik der Bühnenfigur Herodes oder wie ein Urteil, das auch Des Esseintes in «A rebours» hätte formulieren können. Das Musikdrama über die Décadence scheint selbst ein Kind dieser Décadence zu sein, was Strauss indirekt durch den ungebrochenen Ästhetizis­mus der Aus­ sage bestätigt, ihm sei in «Salome» vor allem an einer «exotischen Harmo­nik» gelegen gewesen, schillernd in «fremdartigen Kadenzen, [...] wie ChangeantSeide».

Gustave Moreaus Salome-Bilder und das «Raffinement» Die Nähe von Oscar Wildes «Salome» zum ‹Kultbuch› der Décadence, zu Huysmans’ «A re­bours», ist keineswegs zufällig. Neben Flauberts Erzählung «Hérodiade» (1877) waren es vor allem Gustave Moreaus Ölbild «La Danse de Salomé avant Hérode» sowie dessen Aquarell «L’Apparition», etwa zwischen 1874 und 1876 entstanden, die den irischen Dichter zu seinem Drama über die Prinzessin von Judäa inspirierten. Und just diese beiden Gemälde besitzt im Roman «A rebours» kein anderer als Des Esseintes, was Huysmans Gelegen­ heit zu einem Bravourstück deskriptiver Prosa gibt – zu einem Bravourstück, das die Ikonographie der Salome-Figur als «Gottheit der unzerstörbaren Wol­ lust» und «Göttin der unsterblichen Hysterie» für die Zeit um 1900 emblema­ tisch festlegte. Um den Stil Gustave Moreaus zu be­zeichnen, griff Huysmans da­bei zu einer Formel, die in der damaligen Diktion auch die Parti­tur der «Sa­ lome» hätte charakterisieren können: zur Formel vom «unruhigen Raffine­ment einer ganz modernen Überreiztheit». Dass der schon zitierte Richard Specht

32


1921 schrieb, die Klangfarben würden bei Strauss «böse funkeln wie die Ge­ schmei­de auf Moreaus ‹Herodias›», zeigt die Affinität überdeutlich. Aber auch neuere musikwissenschaftliche Analy­sen, die be­sonders das instrumentale «Raf­ finement» hervorheben (Willi Schuh), be­stätigen wider Willen die Zugehörig­ keit der «Salome» zur Décadence, jedenfalls im Sinne Friedrich Nietzsches: «Raffinement als Ausdruck des verarmten Lebens; immer mehr Nerven an Stel­ le des Fleisches».

Salome – «das ausgeprochen perverse Weib» Auf den ersten Blick scheint sich die ‹dekadente› Stossrichtung des Werkes in der Titelfigur zuzuspitzen: Heinrich Chevalley schrieb nach der Uraufführung sarkastisch, Prinzessin Salo­me bereichere «die Kategorie der pathologischen Frauengestalten in der Oper um das ausgesprochen perverse Weib». Dass man in Salomes nekrophilen Gelüsten sexuelle ‹Ent­artung› witterte, liegt angesichts des Dramenschlusses auf der Hand. Hinzu kommt, dass sich die Tochter der Herodias in der Konfrontation mit Jochanaan gleichsam als Ästhetizistin reins­ ten Wassers präsentiert, denn statt den Inhalt der ‹Moralpredigten› zu verfol­ gen, richtet sie ihre Wahrnehmung allein auf das Sinnliche: auf die Schönheit von Jochanaans Körper und den Klang seiner Stimme. Die Semantik dessen, was er sagt, die Botschaft seines Glaubens verflüchtigt sich für Salome in «ge­ heimnisvoller Musik», unverständlich, aber an­ ziehend. Jochanaan und die Prin­zessin von Judäa stehen – nach Oscar Wildes Deutung – einander so fremd und unvereinbar gegenüber wie Ethik und Ästhetik: eine genuin ‹dekadente› Sicht­weise, Musiktheater gewordenes ‹l’art pour l’art›. Schaut man indessen genauer hin, so werden die Zusammenhänge komplizier­ ter. Als Salome die Terrasse betritt, ist sie auf der Flucht vor dem lüsternen He­rodes und seiner dekadenten Hofgesellschaft. Es verlangt sie nach frischer Luft und nach dem Anblick des Mondes, der ihr wie eine «silberne Blume» erscheint, «kühl und keusch. Ja, wie die Schönheit einer Jung­frau, die rein ge­ blieben ist.» Kann man diese Aussage ernst nehmen? Bei Wilde sind Zweifel angebracht – von Anfang an wird Salome im Sprechdrama als ein Mädchen ge­­zeigt, das bewusst über seine Reize verfügt und sehr wohl durchschaut, was

Das komplette Programmbuch können Sie auf www.opernhaus.ch/shop oder am Vorstellungsabend im Foyer des Opernhauses erwerben

33


Herodes an ihr findet: «Es ist seltsam, dass der Mann meiner Mutter mich so ansieht. Ich weiss nicht, was es heissen soll. In Wahrheit – ich weiss es nur zu gut.» Die letzten beiden Sätze dieser Replik hat Strauss weggelassen und da­ durch der Prinzessin, im Vergleich zu Oscar Wilde, ein höheres Mass an ‹echter›, nicht nur vorgespielter Naivität zugestanden. Über chromatisch aufsteigen­dem Tremolo der Violinen mündet die Musik bei der Phrase «die rein geblieben [ist]» in einen ungetrübten, ‹reinen› A-Dur-Dreiklang; auf das abschliessende Wort «ist» senkt sich die Gesangsstimme zum Ton gis’ hinab, der – als Terz der Dominante – eine Fortsetzung in der Grundtonart A-Dur und damit ein Fest­ halten der ‹unschuldigen›, ‹keuschen› Klangwelt er­möglicht hätte. Doch genau hier fällt auf einem unvermittelten B-Dur-Septakkord, der nach Es-Dur über­ leitet, die Stimme Jochanaans ein: «Siehe, der Herr ist gekommen, des Men­ schen Sohn ist nahe.» Der von Salome gesungene Ton gis – potentiell die Terz eines E-Dur-Akkordes – wird gewaltsam zur Septime der neuen, auf Jochanaan bezogenen Harmo­nie umgedeutet (gis = as). Hatte Salomes Musik zuvor eine fast überirdische Ruhe erfüllt, so beginnt es nun in den Tiefen des Orchesters zu zucken und zu rumoren (Fagotte, Violoncelli, Kontrabässe): «Wer war das, der hier gerufen hat?» Salomes Interesse an Jochanaan ist ge­weckt, das Drama nimmt seinen Lauf – bis zu der bitteren Konsequenz, dass die Prinzessin von ihrem Stiefvater Herodes zur Belohnung für den Tanz verlangt, was sie zuvor nicht be­kommen konnte: «den Kopf des Jochanaan». Ganz naiv, wie lächelnd, wird diese einfache Bemerkung gesungen – auf den Tönen jenes E-Dur-Drei­ klangs, der am Anfang durch Jochanaans Ruf aus der Zisterne unterdrückt worden war. Die ‹Reinheit› Salomes schlägt tatsächlich, wenn man so will, in ‹Perversion› um. Was sich hier zeigt, ist der Mechanismus einer tragischen Dialektik, symboli­ siert durch die ambivalente Metapher des ebenso ‹keusch› wie unheilvoll am Firmament stehenden Mondes: Ausgerechnet die Flucht in die kühle Nacht, fort aus der krankhaften, schwülen, sinnlich-überreizten – das heisst: dekaden­ ten – Atmosphäre des Palastes, treibt Salome in das Ver­hängnis, selbst zu ei­ nem «Ungeheuer» der Dekadenz zu werden. Die Verwandlung von Keuschheit in Sinnlichkeit entzündet sich an der Stimme Jochanaans, der gerade das Ge­ gen­teil davon will, nämlich durch Askese jenes Begehren ausmerzen, das er bei

34


Salome überhaupt erst wachruft – ein Vorgang, der kaum anders als ironisch zu nennen ist. «Ich wollte», so Strauss, «den braven Jochanaan mehr oder minder als Hanswursten componieren: für mich hat so ein Prediger in der Wüste [...] etwas unbeschreiblich Komisches.» Inso­fern konnte der Komponist bei der Einrichtung des Sprechdramas zum Opernlibretto zwei entscheidende Sätze, die Salome in ihrem Schlussmonolog an das abgeschlagene Haupt des Pro­phe­ ten richtet, getrost streichen – als blosse Tautologie der musikalischen Aussage: «Ich war [...] eine Jungfrau, und du nahmst mir meine Keuschheit. Ich war rein und züchtig, und du hast Feuer in meine Adern gegossen.»

Salome – die Jüngerin des Dionysos

Das komplette Programmbuch Es gibt aber noch eine ganz andere Perspektive auf das Geschehen, die sich anhand einzelner, gleichwohl delikat zusammenhängender musikalischer Be­ können Sie auf obachtungen entwickeln lässt. Schon in frühester Sekundärliteratur wurde mit Erstaunen registriert, dass sich die eindring­liche, gleichsam als Mantra wieder­ www.opernhaus.ch/shop holte Gesangsphrase der Salome «Ich will deinen Mund küssen, Jochanaan» mit ihrer signifikanten Kombination von Tonwiederholung («Ich will deinen») oder Vorstellungsabend im Foyer und am Terzsprung («Mund») nach der Zurückweisung durch den Propheten nicht nur in das Motiv «Ich fordre den Kopf des Jochanaan» verwandelt (Ton­ wiederholung bei «Ich fordre den» und Terzsprung bei «Kopf»). Sie nimmt des Opernhauses erwerben überdies – viel rätselhafter – auf jene Wendung Bezug, die zu Jochanaans Wor­ ten «Wenn er kommt» exponiert worden war, wobei «er» natürlich niemand anderer ist als Jesus Christus, der Messias (Tonwiederholung bei «Wenn er», Terzsprung bei «kommt»). Ebenso merkwürdig musste es erscheinen, dass ausgerechnet dort, wo Jochanaan Salome von Jesus Christus berichtet und ihr nahelegt, sich zu dessen Füssen zu werfen und um Vergebung der Sünden zu flehen («Er ist in einem Na­chen auf dem See von Galiläa» usw.), dass also aus­ gerechnet dort das Motiv des Kuss­ver­langens – «Ich will deinen Mund küssen, Jochanaan» – im Orchester erklingt, von Holz­bläsern und Violinen zu einer Begleitung geformt, die mit dem Gesang vollkommen harmoniert, als gäbe es keinen inhaltlichen Widerspruch.

35


Das sinnliche Begehren Salomes («Ich will deinen Mund küssen, Jochanaan»), aber auch ihre wilden Vernichtungsphantasien («Ich fordre den Kopf des Joch­ anaan») und der ‹kommende› Messias, musikalisch in einen engen Zusammen­ hang gebracht – wie ist das zu erklären? Richard Specht wusste sich nur durch die Überlegung zu helfen, dass Salomes «wollüstiger Rausch [...] unter dem glanzvollen Blick des Heilands zum Liebesopfer» werde. Doch diese Interpre­ tation mutet beinahe grotesk an für das Werk eines Komponisten, der dem Christen­tum – als begeisterter Nietzsche-Leser – mit Verachtung begegnete und 1911 ernsthaft darüber nachdachte, seiner «Alpensinfonie» den Titel «Der Antichrist» geben… Viel plausibler ist die These von Wolfgang Krebs (in seinem Buch «Der Wille zum Rausch. Aspekte der musikalischen Dramaturgie von Richard Strauss’ ‹Salome›», München 1991), dass der ‹kommende› Erlöser, ob­wohl im Text eindeutig Jesus Christus, durch die Musik als ein ganz anderer Gott identifiziert wird, als der Gott des Rausches und der Ekstase, der schran­ kenlosen Hingabe an den ewigen Prozess von Werden und Vergehen, von Zeugen und Vernichten – mit einem Wort: als Dionysos, aufgefasst im Sinne der Philosophie Friedrich Nietzsches, die das von der heidnischen Gottheit repräsentierte Phänomen des Dionysischen zum Daseins­prinzip schlecht­hin erhoben hatte. «Das Übergewicht der Unlustgefühle über die Lustgefühle ist die Ursache ei­ ner fiktiven Moral und Religion: ein solches Übergewicht gibt aber die Formel ab für décadence», so Friedrich Nietzsche in seiner Schrift «Der Antichrist» von 1888/89. Die «lebensfeindliche Tendenz» des Christentums, seine «mo­ ralinsaure» Verdammung von Sinnlichkeit und Vitali­tät zugunsten eines kraft­ los-asketischen Glaubens, der alle Hoffnung auf das Jenseits projiziere und darüber das Diesseits vergesse – hierin lag für Nietzsche die eigentliche «Krank­ heit» der (dekadenten) Moderne, zu überwinden allein durch die «höchste Be­jahung» der irdischen Existenz, «ein Jasagen ohne Vorbehalt, zum Leiden selbst, zur Schuld selbst, zu allem Fragwürdigen und Fremden des Daseins selbst», durch das «letzte, freudigste, überschwänglich-übermü­tig­ste Ja zum Leben». Mit Nietzsche auf eine Formel gebracht: «Dionysos gegen den Ge­ kreu­zig­ten», Lust gegen Sündenbewusstsein, Rausch gegen Askese, Genuss gegen Moral – und dies alles auch um den Preis der eigenen Ver­nichtung, die

36


letztlich nur eine ekstatische Auflösung des Individuums in die Totalität des ewig sich erneuernden Lebens bedeutet. Der von Nietzsche als «grosser Augenblick» apostrophierte Moment, in dem das Jetzt und die Ewigkeit zusammenfallen, die höchste, unüberbietbare Stei­ gerung des Daseins – diesen «grossen Augenblick», die Epiphanie des Diony­ sos, erlebt Salome am Ende der Oper, als sie das abgeschlagene Haupt dessen küsst, der ihr offenbar nicht als Prophet von Jesus Christus, sondern als Verkün­ der eines ganz anderen Gottes erschienen war. Die triumphierende Orchester­ ­passage nach Salomes letzten Worten («Ich habe ihn geküsst, deinen Mund»), gipfelnd in einem unvergleichlichen, höchst dissonanten und doch schmerzlich wohlklingenden, euphorisch-grausamen Akkord aus acht verschiedenen Tönen, sie bringt – nach Nietzsches dionysischer Philosophie – eine Apotheose des Lebens, nicht ein Fanal der Perversion. Mag Strauss’ Oper auch ein ‹raffinier­ tes› Werk der Décadence sein, so ist sie in diesem Sinne doch eines, das seiner Hauptgestalt am Ende mit originär musikalischen Mitteln die Flucht aus der Décadence ermöglicht.

Das komplette Programmbuch können Sie auf www.opernhaus.ch/shop oder am Vorstellungsabend im Foyer des Opernhauses erwerben

37


«ZURÜCK, TOCHTER BABYLONS! KOMM DEM ERWÄHLTEN DES HERRN NICHT NAHE! DEINE MUTTER HAT DIE ERDE ERFÜLLT MIT DEM WEIN IHRER SÜNDEN...»


Offenbarung 14, 8 Sie ist gefallen, sie ist gefallen, Babylon, die grosse Stadt; denn sie hat mit dem Wein der Hurerei getränkt alle Heiden. Offenbarung 17, 1-6 Und es kam einer von den sieben Engeln, die die sieben Schalen hatten, re­ dete mit mir und sprach zu mir: Komm, ich will dir zeigen das Urteil der grossen Hure, die da an vielen Wassern sitzt; mit welcher gehurt haben die Könige auf Erden; und die da wohnen auf Erden, sind trunken geworden von dem Wein ihrer Hurerei. Und er brachte mich im Geist in die Wüste. Und ich sah ein Weib sitzen auf einem scharlachfarbenen Tier, das war voll Namen der Lästerung und hatte sieben Häupter und zehn Hörner. Und das Weib war bekleidet mit Purpur und Scharlach und übergoldet mit Gold und edlen Steinen und Perlen und hatte einen goldenen Becher in der Hand, voll Greuel und Unsauberkeit ihrer Hurerei, und an ihrer Stirn geschrie­ ben einen Namen, ein Geheimnis: Die grosse Babylon, die Mutter der Hurerei und aller Greuel auf Erden. Und ich sah das Weib trunken von dem Blut der Heiligen und von dem Blute der Zeugen Jesu. Und ich verwunderte mich sehr, da ich sie sah.

39


ATTA TROLL Und das dritte Frauenbild, Das dein Herz so tief bewegte, War es eine Teufelinne Wie die andern zwo Gestalten? Ob’s ein Teufel oder Engel, Weiss ich nicht. Genau bei Weibern Weiss man niemals, wo der Engel Aufhört und der Teufel anfängt. Auf dem Glutenkranken Antlitz Lag des Morgenlandes Zauber, Auch die Kleider mahnten kostbar An Sheherazades Märchen. Sanfte Lippen, wie Grenaten, Ein gebognes Liljennäschen, Und die Glieder schlank und kühlig Wie die Palme der Oase. Lehnte hoch auf weissem Zelter, Dessen Goldzaun von zwei Mohren Ward geleitet, die zu Fuss An der Fürstin Seite trabten. Wirklich eine Fürstin war sie, War Judäas Königin, Des Herodes schönes Weib, Die des Täufers Haupt begehrt hat. Dieser Blutschuld halber ward sie Auch vermaledeit, als Nachtspuk Muss sie bis zum jüngsten Tage Reiten mit der Wilden Jagd.


In den Händen trägt sie immer Jene Schüssel mit dem Haupte Des Johannes, und sie küsst es; Ja, sie küsst das Haupt mit Inbrunst. Denn sie liebte einst Johannem – In der Bibel steht es nicht, Doch im Volke lebt die Sage Von Herodias’ blut’ger Liebe – Anders wär’ ja unerklärlich Das Gelüste jener Dame – Wird ein Weib das Haupt begehren Eines Mannes, den sie nicht liebt? War vielleicht ein bisschen böse Auf den Liebsten, liess ihn köpfen; Aber als sie auf der Schüssel Das geliebte Haupt erblickte, Weinte sie und ward verrückt. Und sie starb im Liebeswahnsinn. (Liebeswahnsinn! Pleonasmus! Liebe ist ja schon ein Wahnsinn!) Schleudert sie das Haupt zuweilen Durch die Lüfte, kindisch lachend, Und sie fängt es sehr behände Wieder auf, wie einen Spielball. Heinrich Heine


Rudolf Schasching, Juden Spielzeit 2OO9/1O


43


A REBOURS Joris-Karl Huysmans

Zur gleichen Zeit, da sein Wunsch, sich einer hassenswerten Epoche unwürdi­ ger Rüpel zu entziehen, sich immer mehr zuspitzte, war der Drang, keine Bil­ der mehr zu sehen, die das menschliche Gesicht zwischen seinen vier Wänden oder auf der Geldjagd durch die Strassen von Paris darstellten, immer despoti­ scher für ihn geworden. Er hatte keinen Anteil mehr an der gegenwärtigen Existenz, er hatte beschlos­ sen, in seiner Zelle keinerlei Larven des Widerwillens oder des Bedauerns zu­ zulassen; er sehnte sich nach einer subtilen, erlesenen Malerei, die in antiken Träumen, in antiker Verderbtheit sich badet, fern von unseren Sitten, fern un­ serer Zeit. Zum Ergötzen seines Geistes und zur Augenweide hatte er sich nach suggesti­ ven Werken ge­sehnt: sie sollten ihn in eine unbekannte Welt schleudern, ihm die Spuren neuer Ahnun­ gen enthüllen, sein Nervensystem durch gelehrte Hysterien, komplizierte Alpträume und fürchterliche Visionen erschüttern. Unter allen gab es einen Künstler, dessen Talent ihn in andauernde Begeiste­ rung versetzte: Gustave Moreau. Er hatte seine beiden Meisterwerke erworben, und nächtelang träumte er von dem einen, dem Bildnis der Salome. Gleich dem Hochaltar einer Kathedrale stand unter zahllosen Wöl­bungen, die wie romanische Pfeiler aus kurzen Säu­ len aufstiegen, mit polychromem Stein überzogen, in Mosaik gefasst und mit Lapis und Onyx ausgelegt waren, ein Thron in einem Palast, der einer Basilika in zugleich mohammedanischem und byzantinischem Stil glich. In der Mitte des Tabernakels, das den Altar überragte, zu dem halbkreisförmige Stufen führten, sass der Tetrarch Herodes, die Tiara auf dem Haupte, mit nebenein­ andergestellten Beinen und auf die Knie gelegten Händen. Sein Gesicht war gelb, pergamenten, von Runzeln durchfurcht, vom Alter zer­ nagt; sein langer Bart wehte wie eine weisse Wolke über den Sternen aus Edel­ steinen, die sein goldverbrämtes, enganliegendes Gewand zierten.

44


Um diese unbewegliche Statue, die gleich einem indischen Gott in hieratischer Haltung er­starrt war, brannten Wohlgerüche und verbreiteten Wolken von Dampf, durch die, wie phosphoreszierende Tieraugen, das Feuer der Edelstei­ ne blitzte, die in die Seitenlehnen des Thrones eingelassen waren; dann stieg der Dampf empor, entrollte sich unter den Arkaden, wo der blaue Rauch sich mit dem Goldstaub der Sonnenstrahlen mischte, die aus der Höhe des Domes herabfielen. Im perversen Duft der Wohlgerüche, in der überhitzten Atmo­ sphäre dieser Kirche nähert sich Salome, langsam, auf Fussspitzen, zu den Ak­ korden einer Gitarre, in deren Saiten eine hingekauerte Frau greift: wie befeh­ lend streckt Salome den linken Arm aus, der rechte ist gebeugt und hält in der Höhe ihres Antlitzes eine grosse Lotosblume. Mit konzentriertem, feierlichem, fast erhabenem Antlitz beginnt sie den un­ züchtigen Tanz, der die abgestumpften Sinne des alten Herodes aufwecken soll: ihre Brüste zittern, und durch die Reibung des Halsschmuckes, der hin und her schwingt, werden die Spitzen steif; auf ihrer matten Haut funkeln die Dia­ manten; ihre Armbänder, ihre Gürtel und Ringe sprü­hen Funken; auf ihrem Prunkgewand, das mit Perlen übersät, mit Silber und Gold durchwirkt ist, ge­ rät der kostbare Panzer, dessen Maschen Edelsteine sind, in Brand, Feuer­ schlan­gen kreuzen sich, flimmern über dem matten Fleisch und der teerosen­ farbenen Haut wie blendende Insekten, deren Flügeldecken mit Karminrot und gelber Morgenröte gesprenkelt, mit schillerndem Stahlblau geblümt, mit Pfauengrün getigert sind. Ganz verinnerlicht, mit starren Augen, gleich einer Somnambulen, sieht sie weder den zittern­den Tetrarchen noch die fürchterli­ che Herodias, die sie überwacht, auch nicht den Herm­aphro­diten oder Eunu­ chen, der mit dem Säbel in der Faust zu Füssen des Thrones steht, eine schreck­ liche Gestalt, bis zu den Wangen verschleiert, und deren Kastratenbrust wie ein Kürbis unter seiner orangefarbenen Tunika hängt. Die Gestalt dieser Salome, die für Künstler und Dichter so verführerisch ist, verfolgte Des Esseintes seit Jahren. Wie oft hatte er in Pierre Variquets alter, von den Theologen der Uni­versität zu Löwen übersetzter Bibel das Evangeli­ um des heiligen Matthäus gelesen, der in naiven und kurzen Sätzen die Ent­ hauptung Johannes des Täufers erzählt; wie oft hatte er über diesen Zeilen geträumt:

45


«Da aber Herodes seinen Jahrestag beging, da tanzte die Tochter der Herodias vor ihnen, und das gefiel Herodes wohl.» «Darum verhiess er ihr mit einem Eide, er wolle ihr geben, was sie fordern werde.» «Und wie sie zuvor von ihrer Mutter zugerichtet worden war, sprach sie: «Gib mir her auf einer Schüssel das Haupt Johannes des Täufers.» «Und der König ward traurig; doch um des Eides willen und derer, die mit ihm zu Tisch sassen, befahl er’s ihr zu geben.» «Und schickte hin und enthauptete Johannes im Gefängnis.» «Und sein Haupt ward hergetragen in einer Schüssel und dem Mägdlein gege­ ben; und sie brachte es ihrer Mutter.» Aber weder Matthäus noch Markus oder Lukas oder die anderen Evangelisten sprechen von den berauschenden Reizen oder der hinreissenden Verderbtheit der Tänzerin. Sie steht verschwommen, geheimnisvoll und schmachtend im fernen Nebel der Jahrhunderte, unfasslich für die Genauen und Phantasielosen, zu­ gänglich nur den Erschütterten, Verfeinerten, durch die Neurose gleichsam visionär gewordenen Geistern; unzugänglich den Malern des Fleisches, wie Rubens, der eine flämische Schlächtersfrau aus ihr gemacht hat, bleibt sie den Schrift­stellern unverständlich, die niemals die beunruhigende Hingerissenheit der Tänzerin und die raffinierte Grösse der Mörderin darzustellen vermochten. Im Werke Gustave Moreaus, das ausserhalb aller Gegebenheiten der Bibel kon­ zipiert war, sah Des Esseintes endlich die Verwirklichung jener übermenschli­ chen und seltsamen Salome, von der er geträumt hatte. Sie war nicht nur die Possenreisserin, die durch eine verderbte Verrenkung ihrer Lenden einem Greis einen brünstigen Schrei der Begierde entreisst, die durch Bewegungen ihrer Brüste und ihres Leibes, durch das Zittern ihrer Schenkel die Energie des Königs bricht und seinen Willen schmilzt – sie wurde gleichsam die symboli­ sche Gottheit der unzerstörbaren Wollust, die Göttin der unsterblichen Hyste­ rie, die verruchte Schönheit, auserwählt unter allen anderen durch den Krampf, der ihr Fleisch starr und ihre Muskeln hart machte, das scheussliche, gleichgül­ tige, unverantwortliche und gefühllose Tier, das gleich der antiken Helena alles vergiftet, was ihr nahe kommt, was sie sieht, was sie be­rührt. In dieser Auffas­ sung gehörte sie zu den heidnischen Theogonien des Fernen Ostens; sie hing nicht mehr mit den Traditionen der Bibel zusammen, konnte nicht mehr mit

46


dem Abbilde Babylons, der königlichen Prostituierten der Apokalypse, vergli­ chen werden, die, gleich ihr, mit Schmuck und Purpur überladen und ge­ schminkt war wie sie, denn jene war nicht durch eine Schicksalskraft, durch höchste Gewalt den reizvollen Verworfenheiten des Lasters in die Arme getrie­ ben worden. Der Maler schien übrigens ausdrücklich ausserhalb der Jahrhunderte bleiben zu wollen: er gab keine Herkunft, kein bestimmtes Land oder Zeitalter an, sondern stellte Salome in diesen ungewöhnlichen Palast, dessen Stil grandios und konfus war, kleidete sie in prunkvolle und schimärische Gewänder, setzte ihr irgendein Diadem in Form eines phönizischen Turms auf das Haupt, gleich dem der Salambo, und gab ihr schliesslich das Zepter der Isis, die heili­ge Blu­ me Ägyptens und Indiens, den grossen Lotos, in die Hand. Des Esseintes such­ te nach dem Sinn dieses Emblems. Hatte es jene phallische Bedeutung der ursprünglichen indischen Kulte, verkündete es dem alten Herodes das Opfer einer Jungfräulichkeit, einen Blut­ aus­ tausch, die ersehnte Unreinheit einer Wunde, gefordert und gewährt unter der Bedingung eines Mordes, oder stell­ te es die Allegorie der Fruchtbarkeit dar, den indischen Mythos des Lebens, ein Dasein, das eine Frau zwischen ihren Fingern hält, von den zitternden Händen eines Mannes an sich gerissen und zerstampft, den Wahnsinn überfällt und eine fleischliche Lust verwirrt? Vielleicht hatte auch der Maler, als er seine rätselhafte Göttin mit dem heiligen Lotos rüstete, an die Tänzerin gedacht, an die sterbliche Frau, an das besudel­ te Gefäss, die Ursache aller Sünden und aller Verbrechen; vielleicht auch hatte er sich der Riten des alten Ägyptens entsonnen, der Leichenzeremonie, der Einbalsamierung: Scheidekünstler und Priester strecken den Leichnam der To­ ten auf einer Bank aus Jaspis aus, ziehen ihr mit gebogenen Nadeln durch die Nase das Gehirn, durch einen Einschnitt in die linke Hüfte die Eingeweide heraus; bevor sie ihr Nägel und Zähne vergolden und sie mit Erdharz und Es­ senzen einreiben, füh­ren sie in die Genitalien die reinigenden keuschen Blätter der göttlichen Blume ein. Wie dem auch sei, eine unwiderstehliche Faszination ging von dem Bild aus. Aber das «Die Erscheinung» benannte Aquarell war vielleicht noch beunruhi­ gender.

47


Auf diesem Bilde erhob sich der Palast des Herodes gleich einer Alhambra auf leichten Säulen, die von maurischen Kacheln schimmerten, und mit silbernem Beton, mit goldenem Zement aneinandergefügt waren; Arabesken sprühten aus Rauten in Lapislazuli, zogen sich den Kuppeln entlang, auf deren eingeleg­ tem Perlmutter regenbogenfarbige Feuer aufblitzten. Der Mord war begangen; der Henker stand unbeweglich und stützte seine Hände auf den Griff des langen, blutigen Schwertes. Das Haupt des Heiligen hatte sich von der Platte, die auf den Fliesen stand, erhoben und starrte bleich, mit blutlosem, offenem Munde geradeaus; vom karminroten Hals tropften blutige Tränen. Ein Mosaik umgab sein Antlitz, von dem eine Aureole ausging, deren schimmernde Strahlen die Säulenhalle erreichten, den fürchter­lichen Aufstieg des Kopfes beleuchteten, die glasigen Augäpfel erhellten, die gleich­ sam krampfhaft auf der Tänzerin hafteten. Mit einer Gebärde des Schreckens stösst Salome die grauenhafte Vision zu­ rück, die sie unbeweglich, auf den Fussspitzen stehend, festnagelt; ihre Augen weiten sich, ihre Hand um­klam­mert konvulsivisch ihren Hals. Sie ist fast nackt: in der Glut des Tanzes haben die Schleier sich gelöst, sind die Brokate gefallen; sie ist nur in Geschmeide und blitzende Mineralien gekleidet; wie ein Mieder umspannt eine Kette ihre Mitte, und gleich einer köstlichen Agraffe blitzt ein wundervoller Edelstein zwischen ihren Brüsten; ein um die Hüften gelegter Gürtel verbirgt die Schenkel, gegen die ein Riesengehänge aus Rubinen und Smaragden schlägt; und schliesslich, auf dem nackt gebliebenen Körper, zwi­ schen Mieder und Gürtel, der Bauch, dessen Nabel einem in milchigem und nagelrosa Onyx geschnittenen Siegel gleicht. Unter den glühenden Strahlen, die vom Haupte des Täufers ausgehen, entzün­ den sich die Facetten der Schmuckstücke, die Steine werden lebendig, umreis­ sen den Frauenkörper mit glühenden Strichen; Hals, Beine und Arme treffen feurige Spitzen, die zinnoberrot sind wie Kohlen, violett wie Gasflammen, blau wie brennender Alkohol und weiss wie Sternenlicht. Der entsetzenerregende Kopf flammt und blutet immer noch, dunklen Purpur auf Bart und Haare tropfend. Nur Salome sieht ihn – ihr finsterer Blick gilt nicht der Herodias, die ihrem endlich befriedigten Hass nachsinnt, nicht dem Tetrarchen, der, leicht vornübergeneigt, mit aufgestützten Händen, keuchend, wie von Sinnen ist vor

48


der Nacktheit dieser Frau, die von Raubtiergeruch umweht, in Balsam gehüllt und von Weihrauch und Myrrhe umduftet ist. Wie der greise König war auch Des Esseintes zermalmt, vernichtet, von Schwindel ergriffen vor dieser Tänzerin, die weniger majestätisch und stolz, aber verwirrender als die des Öl­ge­mäldes war. In der gefühllosen Statue ohne Mitleid, im unschuldig-gefährlichen Idol hatte sich die verkörperte Erotik, der Schrecken des Menschen ans Licht gekämpft; die grosse Lotos­blume war ver­ schwunden, die Göttin dahin, ein entsetzenerregender Alp erstickte die Histrio­ ­nin, die der wirbelnde Tanz in Ekstase gebracht, die Kurtisane, die das Grauen hypno­ti­siert und versteinert hatte. Jetzt war sie wirklich Hetäre; sie gehorchte ihrem flammenden, grausamen, weiblichen Temperament, sie war zum Leben erweckt, raffinierter und wilder, ab­scheulicher und köstlicher; stärker belebte sie die lethargischen Sinne des Mannes, verzauberte, bändigte seinen Willen: eine verführerische Liebesblume, die auf gotteslästerlichem Boden gewachsen und in ruchlosen Treibhäusern gezogen ist. Niemals, zu keiner Zeit, meinte Des Esseintes, hätte ein Aquarell diesen Far­ benglanz er­reicht, niemals hätten die armseligen chemischen Farben auf dem Papier ähnlichen Glanz von Edel­steinen aufleuchten lassen, gleichen Schimmer von sonnenbestrahlten farbigen Fenstern oder so märchenhaften Prunk, so blendenden Reichtum von Gewändern und nackten Körpern. In seiner Be­ trachtung versunken, suchte er nach den Ursprüngen dieses grossen Künstlers, dieses mystischen Heiden, dieses Erleuchteten, der sich so hatte von der Welt absondern können, dass er mitten in Paris die grausamen Visionen, die feen­ haften Apotheosen vergangener Zeiten hatte wieder aufleuchten lassen. Des Esseintes konnte seiner Herkunft kaum nachgehen; vereinzelte schwache Anklänge an Mantegna und Jacopo de Barbari; vereinzelte unklare Zusam­ menhänge mit Leonardo, Farben­delirien a la Delacroix; aber letzten Endes war der Einfluss dieser Meister kaum wahrnehmbar: tatsächlich kam Gustave Mo­ reau von niemandem her. Ohne wahre Ahnen, ohne Nachkommen war er ein­ zig in der zeitgenössischen Kunst. Er ging auf ethnographische Quellen zu­ rück, auf mythologische Ursprünge, deren blutige Rätsel er entwirrte und mit­ei­nander verglich; er verschmolz, verband zu einer einzigen die Legenden, die aus dem Fernen Osten kamen und durch den Glauben anderer Völker ge­

49


wandelt worden waren; so rechtfertigte er seine architektonischen Fusionen, seine Verschmelzung von Luxus und überraschen­den Stoffen, seine hierati­ schen und düsteren Allegorien, angestachelt durch die unruhigen Deutlichkei­ ten einer ganz modernen Nervosität, und so blieb er auf ewig schmerzlich besessen von den Symbolen der Verruchtheit und der übermenschlichen Liebe, der göttlichen Schändung ohne Hingabe und Hoffnung. In diesen verzweifelten und gelehrten Werken lag ein seltsamer Zauber, eine Beschwörung, die das Innerste aufpeitscht wie manche Gedichte von Baude­ laire, und man stand verwirrt, nachdenklich, fassungslos vor dieser Kunst, die die Grenzen der Malerei überschritt, der Kunst des Schreibens ihre subtilsten Wirkungen und der Kunst des Steinschneiders und Stechers ihre erlesenen Feinheiten entlehnte. Diese beiden Bilder der Salome, die Des Esseintes gren­ zenlos bewunderte, lebten unter seinen Blicken an den Wänden seines Arbeits­ zimmers auf für sie bestimmten Plätzen zwischen den Bücherregalen.

50


SALOMES ENDE Oscar Wilde

Sooft die Leute von der Prinzessin Salome reden, denken sie nicht daran, dass sie später eine Heilige geworden ist... Lesen Sie es nur nach bei Nikephoros, dem würdigen Patriarchen von Byzanz. Als Herodes sah, wie die Tochter seiner Frau das Haupt des Gerichteten auf den Mund küsste, überwältigten ihn Grimm und Wut; so befahl er seinen Leibwächtern, das wunderbare Geschöpf unter ihren schweren schwarzen Schilden zu zermalmen. Doch auf das Flehen der Herodias stand er ab davon und begnügte sich, das verdorbne Ding aus dem Palast zu jagen. Die Verstos­ sene ging davon, immer einfach geradeaus vor sich hin, bis sie in die Wüste kam; dort hauste sie viele Jahre lang, verachtet und verflucht, als Einsiedlerin; ihre Blösse bedeckte sie mit dem Vlies eines Tieres, und sie nährte sich nur von Beeren, Wuzeln und Heu­schrecken, ganz wie der Prophet selbst. Da nun Jesus durch die Wüste zog, erkante sie Ihn als den, dessen Kommen die tote Stimme verkündet hatte, und sie glaubte an Ihn. Doch sie fühlte sich un­ wert, Seinem Schatten zu folgen. So machte sie sich wiederum auf, immer einfach geradeaus vor sich hin, um die frohe Botschaft in die Ferne zu tragen. Ihr Weg führte sie über Flüsse und über Meere, und nach den Feuerwüsten durchschritt sie nun Wüsten von Schnee. Als sie eines Tages einen zugefrorenen See überquerte, da brach das Eis unter ihren Füssen; sie sank ins Wasser, und die scharfe Eisscholle durchschnitt ihr den Hals und enthauptete sie so; gerade, dass sie noch «Jesus» und «Jochana­ an» sagen konnte. Und das Eis schloss sich wieder. Später kamen Menschen zum Ufer, und sie sahen auf dem glatten Silberschild des Eises, leuchtend wie eine Blüte mit rubinroten Staubfäden, das wunder­ schöne Haupt einer Frau, und darüber einen goldenen Heiligenschein, glän­ zend wie eine Krone.

51


HÉRODIAS Gustave Flaubert

Aus der Tiefe des Saales aber drang staunendes und bewunderndes Murmeln. Soeben war ein junges Mädchen eingetreten. Unter einem bläulichen Schleier, der ihre Brust und ihr Haupt verhüllte, nahm man die Bogen ihrer Augen, die Chalzedone in ihren Ohren, die Weisse ihrer Haut wahr. Ein rechteckiges, taubenblau schillerndes Seidentuch bedeckte ihre Schultern und wurde an den Hüften von einem kunstvoll geschmiedeten gol­ denen Gürtel gehalten. Ihre schwarzen Hosen waren mit Mandragoren über­ sät, und keck liess sie ihre kolibriflaumbesetzten Pantöffelchen klappern. Auf der Estrade lüftete sie den Schleier. Das war Herodias, wie einst in ihrer Jugend! Dann begann sie zu tanzen. Im Rhythmus der Flöte und zweier Klap­ pern setzte sie einen Fuss vor den anderen. Ihre gebogenen Arme riefen nach jemandem, der immer wieder entfloh. Sie ver­­folgte ihn, leichter als ein Schmet­ terling, wie eine neugierige Psyche, wie eine umherirrende Seele, und schien bereit zu entschweben. Die dunklen Töne der Adonisflöte lösten die Klappern ab. Ermattung war der Hoffnung ge­folgt. Ihre Gesten drückten Seufzer aus und ihre ganze Gestalt ein solches Schmachten, dass man nicht wusste, ob sie einen Gott beweinte oder bei seiner Liebkosung verging. Die Lider halb geschlossen, drehte sie sich in der Taille, wiegte ihren Bauch einer Welle gleich, liess ihre Brüste zittern, doch ihr Antlitz blieb unbewegt, und ihre Füsse hielten nicht inne. Vitellius verglich sie mit Mnester, dem Pantomimen. Aulus übergab sich noch immer. Der Tetrarch träumte und dachte nicht mehr an Herodias. Er glaubte sie bei den Sadduzäern zu sehen. Die Vision entschwand. Es war keine Vision. Fern von Machärus hatte sie ihre Tochter Salome unterweisen lassen, die der Tetrarch lieben würde; und der Gedanke war gut. Jetzt war sie dessen sicher. Dann drückte sie die überschäumende Liebe aus, die gestillt sein will. Sie tanz­ te wie die indischen Priesterinnen, wie die Nubierinnen der Katarakte, wie die

52


Bacchantinnen Lydiens. Sie warf sich nach allen Seiten, wie eine Blume, die der Sturm peitscht. Die Brillanten in ihren Ohren hüpften, der Stoff auf ihrem Rücken schillerte; von ihren Armen, Füssen und Kleidern sprühten unsichtba­ re Funken, die die Männer entflammten. Eine Harfe erklang, die Menge ant­ wortete mit Jubelrufen. Ohne die Knie zu beugen, spreizte sie die Beine und neigte sich so tief herab, dass ihr Kinn den Fussboden berührte; und die an Enthaltsamkeit gewöhnten Nomaden, die in Ausschweifungen erfahrenen rö­ mischen Soldaten, die habgierigen Steuer­pächter, die alten, in Wortgefechten verhärteten Priester, sie alle blähten die Nasen­flügel und zuckten vor Begierde. Dann umkreiste sie den Tisch des Antipas, rasend wie das Zauberrad der He­ xen; und mit einer Stimme, die in wollüstigem Schluchzen verging, sagte An­ tipas zu ihr: «Komm! Komm!» Sie drehte sich noch immer; die Handpauken dröhnten zum Zerspringen, die Menge heulte. Aber der Tetrarch schrie lauter: «Komm! Komm! Du sollst Kapernaum haben! Die Ebene von Tiberias! Meine Festen! Die Hälfte meines Reiches!» Sie warf sich auf die Hände, die Fersen in der Luft, lief so über die Estrade wie ein grosser Skarabäus und stand unversehens still. Ihr Nacken und Rückgrat bildeten einen rechten Winkel. Die enganliegenden farbigen Hüllen, die ihre Beine bekleideten, fielen ihr über die Schultern wie Regenbögen und umrahmten ihr Gesicht, eine Elle hoch über dem Boden. Ihre Lippen waren geschminkt, die Brauen tiefschwarz, ihre Augen fast furcht­ erregend, und kleine Tröpfchen auf ihrer Stirn schienen ein Hauch auf weissem Marmor. Sie sprach nicht. Sie sahen einander an. Auf der Galerie hörte man ein Fingerschnalzen. Sie stieg hinauf, kam zurück; und leicht lispelnd sprach sie mit kindlicher Miene: «Ich will, dass du mir gibst auf einer Schüssel das Haupt...» Sie hatte den Namen vergessen, fuhr dann aber lächelnd fort: «Das Haupt des Jochanaan!» Der Tetrarch sank vernichtet in sich zusammen. Er war durch sein Wort gebunden, und das Volk wartete. Aber vielleicht wen­ dete der Tod, den man ihm vorausgesagt, bezöge er sich auf einen anderen, das

53


Verhängnis von ihm selbst ab? War Jochanaan wirklich Elias, so könnte er sich ihm entziehen; war er es nicht, war der Mord nicht von Bedeutung. Mannaï stand neben ihm und begriff seine Absicht. Vitellius rief ihn, um ihm das Lo­ sungswort für die Posten anzuvertrauen, die die Grube bewachten. Er war erleichtert. In einer Minute würde alles vorbei sein! Indessen war Mannaï recht säumig in seinem Dienst. Voller Bestürzung kam er zurück. Seit vierzig Jahren übte er das Amt des Henkers aus. Er war es, der Aristobul ertränkt, Alexander erwürgt, Mattathias lebendig verbrannt, Sosim, Pappus, Joseph und Antipater enthauptet hatte; und er wagte nicht, Jochanaan zu töten! Seine Zähne klapperten, er zitterte am ganzen Leibe. Er hatte vor der Grube den Grossen Engel der Samariter erblickt, ganz mit Augen bedeckt und ein riesiges rotes, wie eine Flamme züngelndes Schwert schwingend. Zwei als Zeugen herbeigebrachte Soldaten konnten es bestätigen. Sie hatten nichts ge­ sehen ausser einem jüdischen Hauptmann, der sich auf sie gestürzt hatte und nicht mehr am Leben war. Herodias’ Wut ergoss sich in einem Sturzbach von vulgären und beleidigenden Be­schimp­fun­gen. Sie zerbrach sich die Nägel am Gitterwerk der Galerie, und die beiden in Stein ge­hauenen Löwen schienen die Zähne in ihre Schulter zu schlagen und zu brüllen wie sie. Antipas tat es ihr nach; die Priester, die Solda­ ten, die Pharisäer, sie alle schrien nach Rache, und die anderen schrien empört, weil man ihr Vergnügen hinauszögerte. Mannaï verhüllte sein Gesicht und ging hinaus. Den Gästen erschien die Zeit noch länger als beim erstenmal. Sie langweilten sich. Plötzlich wurden Schritte in den Gängen laut. Das Missbehagen wurde uner­ träglich. Das Haupt wurde hereingetragen – Mannaï hielt es an den Haaren, mit ausge­ strecktem Arm, stolz auf den Beifall. Er tat es auf eine Platte und bot es Salome dar. Behend stieg sie zur Galerie hinauf; einige Minuten vergingen, dann wurde das Haupt durch jene alte Frau zurückgebracht, die der Tetrarch am Morgen auf dem Dach eines Hauses und danach im Gemach der Herodias gesehen hatte. Er wich zurück, um es nicht zu sehen. Vitellius warf einen gleichgültigen Blick darauf.

54


Mannaï stieg von der Estrade herunter und zeigte es den römischen Hauptleu­ ten, dann all denen, die an dieser Seite speisten. Sie betrachteten es aufmerksam. Die scharfe Klinge der Waffe hatte, von oben nach unten gleitend, den Kiefer angeritzt. Ein Krampf verzerrte die Mundwinkel. Im Bart hingen Tropfen ge­ ronnenen Blutes. Die halbgeschlossenen Lider waren bleich wie Muscheln; und die Kandelaber ringsum erstrahlten in hellem Licht. Er kam an den Tisch der Priester. Ein Pharisäer wandt es neugierig um, und Mannaï setzte es, nachdem er es wieder aufgerichtet hatte, vor Aulus nieder, der davon erwachte. Durch den Spalt zwischen ihren Wimpern schienen die toten und die erloschenen Augen einander etwas zu sagen. Dann überreichte Mannaï es dem Antipas. Tränen rannen über die Wangen des Tetrarchen. Die Fackeln erloschen. Die Gäste brachen auf; und niemand blieb im Saal als Antipas, die Hände an die Schläfen gepresst und unverwandt das abgeschlage­ ne Haupt anblickend, wäh­rend Phanuel in der Mitte des grossen Schiffes stand und mit ausgestreckten Armen Gebete murmelte. Als die Sonne aufging, trafen zwei Männer, die einst von Jochanaan ausge­ schickt worden waren, mit der lang erhofften Botschaft ein. Sie vertrauten sie Phanuel an, der darüber glücklich war. Dann zeigte er ihnen den grausigen Gegenstand auf der Platte zwischen den Resten des Fest­mahls. Einer der Männer sagte zu ihm: «Tröste dich! Er ist hin­ ab­gestiegen zu den Toten, um den Gesalbten des Herrn zu verkündigen.» Der Essäer begriff jetzt jene Worte: «Er muss wachsen, ich aber muss abneh­ men.» Und alle drei nahmen das Haupt des Jochanaan und machten sich auf nach Galiläa. Da es sehr schwer war, trugen sie es abwechselnd.

55


Jesaja 34 Des HERRN Schwert ist voll Blut und dick von Fett, vom Blut der Lämmer und Böcke, von der Nieren Fett aus den Widdern; denn der HERR hält ein Schlach­ ten zu Bozra und ein grosses Würgen im Lande Edom. Da werden die Einhör­ ner samt ihnen herunter müssen und die Farren samt den gemästeten Och­ sen. Denn ihr Land wird trunken werden von Blut und ihre Erde dick werden von Fett. Denn das ist der Tag der Rache des HERRN und das Jahr der Ver­ geltung, zu rächen Zion. Da werden Edoms Bäche zu Pech werden und seine Erde zu Schwefel; ja sein Land wird zu brennendem Pech werden, das weder Jahr noch Tag verlöschen wird, sondern ewiglich wird Rauch von ihm aufge­ hen; und es wird für und für wüst sein, dass niemand dadurchgehen wird in Ewigkeit; sondern Rohrdommeln und Igel werden’s innehaben, Nachteulen und Raben werden daselbst wohnen. Denn er wird eine Mess­schnur darüber ziehen, dass es wüst werde, und ein Richt­blei, dass es öde sei, dass seine Herren heissen müssen Herren ohne Land und alle seine Fürsten ein Ende haben; und werden Dornen wach­sen in seinen Palästen, Nesseln und Disteln in seinen Schlössern; und es wird eine Behausung sein der Schakale und Wei­ de für die Strausse.

56


«WER IST DER, DER VON EDOM KOMMT? WER IST DER, DER VON BOSRA KOMMT, DESSEN KLEID MIT PURPUR GEFÄRBT IST, DER IN DER SCHÖNHEIT SEINER GEWÄNDER LEUCHTET, DER MÄCHTIG IN SEINER GRÖSSE WANDELT? WARUM IST DEIN KLEID MIT SCHARLACH GEFLECKT?»


Gun-Brit Barkmin Spielzeit 2OO9/1O


SALOME RICHARD STRAUSS (1864-1949) Musikdrama in einem Aufzug nach Oscar Wildes gleichnamiger Dichtung Uraufführung: 9. Dezember 1905, Dresden

Personen

Herodes Herodias

Tenor

Mezzosopran

Salome

Sopran

Jochanaan

Bariton

Narraboth

Tenor

Ein Page der Herodias Fünf Juden

Alt

4 Tenöre/1 Bass

Zwei Nazarener Zwei Soldaten

Tenor/Bass 2 Bässe

Ein Cappadocier

Bass


1. SZENE

NARRABOTH

Wie schön ist die Prinzessin Salome heute nacht! PAGE

Sieh die Mondscheibe, wie seltsam sie aussieht. Wie eine Frau, die aufsteigt aus dem Grab. NARRABOTH

Sie ist sehr seltsam. Wie eine kleine Prinzessin, deren Füsse weisse Tauben sind. Man könnte meinen, sie tanzt. PAGE

Wie eine Frau, die tot ist. Sie gleitet langsam dahin. Lärm im Bankettsaal ERSTER SOLDAT

Was für ein Aufruhr! Was sind das für wilde Tiere, die da heulen? ZWEITER SOLDAT

Die Juden trocken

Sie sind immer so. Sie streiten über ihre Religion.

ERSTER SOLDAT

Auf wen blickt er? ZWEITER SOLDAT

Ich weiss nicht. NARRABOTH

Wie blass die Prinzessin ist. Niemals habe ich sie so blass gesehn. Sie ist wie der Schatten einer weissen Rose in einem silbernen Spiegel. PAGE sehr unruhig

Du musst sie nicht ansehn. Du siehst sie zuviel an. Schreckliches kann geschehn. DIE STIMME DES JOCHANAAN aus der Cisterne

Nach mir wird Einer kommen, der ist stärker als ich. Ich bin nicht wert, ihm zu lösen die Riemen an seinen Schuh’n. Wenn er kommt, werden die verödeten Stätte frohlocken. Wenn er kommt, werden die Augen der Blinden den Tag sehn. Wenn er kommt, die Ohren der Tauben geöffnet. ZWEITER SOLDAT

Heiss’ ihn schweigen! Er sagt immer lächerliche Dinge. ERSTER SOLDAT

ERSTER SOLDAT

Ich finde es lächerlich, über solche Dinge zu streiten.

Er ist ein heil’ger Mann. Er ist sehr sanft. Jeden Tag, den ich ihm zu essen gebe, dankt er mir. EIN CAPPADOCIER

NARRABOTH warm

Wie schön ist die Prinzessin Salome heute abend.

Wer ist es? ERSTER SOLDAT

PAGE unruhig

Du siehst sie immer an. Du siehst sie zuviel an. Es ist gefährlich, Menschen auf diese Art anzusehn. Schreckliches kann geschehn.

Ein Prophet. EIN CAPPADOCIER

Wie ist sein Name? ERSTER SOLDAT

NARRABOTH

Sie ist sehr schön heute abend.

Jochanaan. EIN CAPPADOCIER

ERSTER SOLDAT

Der Tetrarch sieht finster drein.

Woher kommt er? ERSTER SOLDAT

ZWEITER SOLDAT

Ja, er sieht finster drein.

Aus der Wüste. Eine Schar von Jüngern war dort immer um ihn.


Programmheft SALOME Oper in einem Akt von Richard Strauss Premiere am 19. Juni 2010, Spielzeit 2009/10 Wiederaufnahme am 28. September, Spielzeit 2017/18

Herausgeber

Intendant

Opernhaus Zürich

Zusammenstellung, Redaktion Beate Breidenbach

Andreas Homoki

Layout, Grafische Gestaltung Carole Bolli, Giorgia Tschanz

Anzeigenverkauf Opernhaus Zürich, Marketing

Telefon 044 268 64 14, inserate@opernhaus.ch

Schriftkonzept und Logo

Druck

Textnachweise: Inhaltsangabe: Ronny Dietrich. Englische Übersetzung: Toby Alleyne-Gee. /// Sämtliche Bibelzitate aus Die Bibel in der Übersetzung Martin Luthers, Stuttgart: Deutsche Bibel­ge­ sellschaft 1990. /// Beate Breidenbach, «Das ist ja Wahn­ sinn!», Richard Strauss und Salome, Original­ beiträge für die­ ses Programmheft. /// Richard Ellmann, Oscar Wildes «Salome», aus: ders., Oscar Wilde, München 1991. /// Oscar Wilde, Das Mädchen Salome, Das Weib mit den Kleinodien, Salomes Ende in: ders., Werke in 5 Bänden, Neue Zürcher Ausgabe, Frankfurt a.M. 2004. /// Arne Stollberg, Das «un­ ruhige Raffinement einer ganz modernen Überreiztheit»?, Strauss’ «Salome» zwischen dekadenter Perversion und dio­ nysischem Exzess, Originalbeitrag für dieses Programmheft;

Studio Geissbühler Fineprint AG

Joris Karl Huysmans, A rebours, Auszug aus: ders., Gegen den Strich, Zürich 1981. /// Heinrich Heine, Atta Troll, in: ders., Sämtliche Werke in sieben Bänden, Bd. 1, Stuttgart o.J. /// Gustave Flaubert, Herodias, in: ders., Drei Geschichten, Zü­ rich 1979. Bildnachweise: Probenfotos von Suzanne Schwiertz Gustave Moreau, Salomé (1876) und L’apparition (1876), Gustave Moreau, Paris 1998. /// Richard Strauss persönlich. Eine Bild­biografie von Kurt Wilhelm, München 1984. Urheber, die nicht erreicht werden konnten, werden zwecks nachträglicher Rechtsabgeltung um Nach­richt gebeten.


Unsere Vorstellungen werden ermöglicht dank der Subvention des Kantons Zürich sowie den Beiträgen der Kantone Luzern, Uri, Schwyz, Zug und Aargau im Rahmen der interkantonalen Kulturlastenvereinbarung und den Kantonen Nidwalden und Obwalden. PARTNER

ab PRODUKTIONSSPONSOREN Evelyn und Herbert Axelrod Walter Haefner Stiftung Freunde der Oper Zürich Zürich Versicherungs-Gesellschaft AG PROJEKTSPONSOREN AMAG Automobil- und Motoren AG Baugarten Stiftung Familie Christa und Rudi Bindella René und Susanne Braginsky-Stiftung Clariant Foundation Freunde des Balletts Zürich Ernst Göhner Stiftung Max Kohler Stiftung

Kühne-Stiftung Ringier AG Georg und Bertha Schwyzer-Winiker-Stiftung Swiss Life Swiss Re Zürcher Festspielstiftung Zürcher Kantonalbank

GÖNNER Abegg Holding AG LANDIS & GYR STIFTUNG Accenture AG Juwelier Lesunja Josef und Pirkko Ackermann Lindt und Sprüngli (Schweiz) AG Alfons’ Blumenmarkt Stiftung Lyra zur Förderung hochbegabter, Allreal junger Musiker und Musikerinnen Ars Rhenia Stiftung Die Mobiliar Familie Thomas Bär Fondation Les Mûrons Berenberg Schweiz Neue Zürcher Zeitung AG Beyer Chronometrie AG Notenstein La Roche Privatbank AG Elektro Compagnoni AG Pro Helvetia, Schweizer Kulturstiftung Stiftung Melinda Esterházy de Galantha StockArt – Stiftung für Musik Fitnessparks Migros Zürich Van Cleef & Arpels, Zürich Fritz Gerber Stiftung Else von Sick Stiftung Gübelin Jewellery Ernst von Siemens Musikstiftung Egon-und-Ingrid-Hug-Stiftung Hulda und Gustav Zumsteg-Stiftung Walter B. Kielholz Stiftung Verein «500 Jahre Zürcher Reformation» KPMG AG FÖRDERER Frankfurter Bankgesellschaft (Schweiz) AG Luzius R. Sprüngli Garmin Switzerland Elisabeth Stüdli Stiftung Goekmen-Davidoff Stiftung Fondation SUISA Horego AG Confiserie Teuscher Sir Peter Jonas Madlen und Thomas von Stockar Richards Foundation Zürcher Theaterverein


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.