Il trovatore

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IL TROVATORE

GIUSEPPE VER DI


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IL TROVATORE GIUSEPPE VERDI (1813-1901)

Partner Opernhaus Zürich

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Räche mich! Diese Worte haben sich für immer in mein Herz gegraben. Azucena


HANDLUNG Erster Teil: Das Duell Ferrando mahnt seine Soldaten zur Wachsamkeit: Ein Troubadour schleiche nachts umher, und Graf Luna sei schon ganz krank vor Eifersucht; Luna liebt Leonora, und der Troubadour ist sein Rivale. Um die Soldaten bei Laune zu halten, erzählt Ferrando von Ereignissen, die sich vor 20 Jahren zugetragen haben: Der jüngere Bruder des Grafen Luna sei von einer «Zigeunerin» entführt worden – aus Rache dafür, dass Lunas Vater deren Mutter auf dem Scheiter­ haufen verbrannt hatte. Später habe man die verkohlte Leiche eines Kindes gefunden. Leonora gesteht ihrer Vertrauten Ines, dass sie Manrico liebt, den Trou­ badour. Sein Lied erklingt, und Leonora will sich dem Troubadour in die Arme werfen – doch in der Dunkelheit verwechselt sie den Grafen mit Manrico. Rasend vor Eifersucht muss Graf Luna erkennen, dass seine Liebe unerwidert bleibt – und dass Manrico der Partei angehört, die Luna im Bürgerkrieg be­ kämpft.

Zweiter Teil: Die «Zigeunerin» Die «Zigeuner» feiern und tanzen. Nur Azucena wird von dem schrecklichen Bild einer Frau verfolgt, die in den Flammen verbrennt. Als Azucena mit Man­ rico – ihrem vermeintlichen Sohn – allein bleibt, bekennt sie diesem, damals aus Rache ein Kind in die Flammen geworfen zu haben – doch war es nicht das geraubte, sondern ihr eigener Sohn. Manricos aufkommende Zweifel an seiner Herkunft weiss sie zu zerstreuen; sie fordert ihn auf, Rache zu nehmen. Manrico berichtet, wie eine innere Stimme ihn davon abgehalten habe, Luna zu töten, als er die Gelegenheit dazu gehabt hätte; er gelobt Azucena, Luna nicht noch einmal zu verschonen.

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Ein Bote bringt Nachrichten: Manrico sei zum Kommandanten der Revolutio­ näre ernannt worden; Leonora, die glaubt, Manrico sei getötet worden, will ins Kloster gehen. Trotz der Warnungen Azucenas eilt Manrico davon, um Leonora für sich zu gewinnen. Auch Luna hat erfahren, dass Leonora ins Kloster eintreten will, und plant ihre Entführung. Doch Manrico gelingt es, mit Leonora zu fliehen.

Dritter Teil: Der Sohn der «Zigeunerin» Die Soldaten warten darauf, endlich loszuschlagen. Azucena wird aufgegriffen; Ferrando erkennt in ihr die Mörderin von Lunas Bruder. Luna befiehlt, sie auf dem Scheiterhaufen zu verbrennen. Manrico und Leonora wollen sich trauen lassen. Da erscheint Manricos Vertrauter Ruiz und berichtet, Azucena sei in der Gewalt des Grafen Luna. Manrico stürzt davon, um seine Mutter zu retten.

Vierter Teil: Die Hinrichtung Auch Manrico ist inzwischen in die Hände Lunas gefallen und soll nun zusam­ men mit Azucena hingerichtet werden. Leonora fleht bei Luna um Gnade für Manrico; sie bietet sich selbst als Preis an für seine Freilassung. Der Graf glaubt sich am Ziel seiner Wünsche – doch Leonora hat heimlich Gift genommen. Azucena wird von Schreckensvisionen gequält. Manrico beruhigt sie. Da erscheint Leonora und drängt Manrico zur Flucht. Dieser ahnt, zu welchem Preis Leonora seine Freiheit erkauft hat, und beschuldigt sie des Verrats. Doch bald wird ihm ihr Opfer klar. Leonora stirbt in Manricos Armen. Der rasende Luna lässt Manrico hinrichten. Da schleudert ihm Azucena die Wahrheit ins Gesicht: Manrico war sein Bruder.

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HIER SIND MAGISCHE KRÄFTE AM WERK Die britische Regisseurin Adele Thomas über ihren Blick auf Verdis «Trovatore»

Adele, dies ist deine erste Operninszenierung hier am Opernhaus Zürich. Wie war dein Weg bisher, welche Erfahrungen haben dich geprägt? Die ersten zehn Jahre meiner Karriere habe ich im Schauspiel gearbeitet, aber das war nicht unbedingt das, wovon ich geträumt hatte. Als ich mit Anfang 20 zum ersten Mal Alban Bergs Wozzeck auf der Bühne sah, hat das alle meine Sinne ge­öffnet. Ich verstand, dass Oper das war, was ich immer machen wollte. Im Grunde habe ich aus allen meinen Schauspielinszenierungen Opern gemacht. Ich hatte immer Live-Musik dabei, manchmal DJs, oft auch einen Chor oder ein Alte-Musik-­Ensemble. Trotzdem hat es lange gedauert, bis man dir eine Oper angeboten hat. Warum? In Grossbritannien gelte ich nicht als klassische Opernregisseurin. Vor allem, weil ich eine junge Frau bin. Dazu kommt, dass sich der Weg über Regie­ assistenzen für mich nicht richtig angefühlt hat. Ich bin eine schreckliche As­sis­tentin! Und so dachte ich lange, dass ich niemals in der Oper arbeiten würde. Ich habe die Orestie von Aischylos am Globe Theatre inszeniert, als wäre es eine Oper, wenn ich schon nicht an einem Opernhaus arbeiten durfte… Daraufhin bekam ich dann die Chance, am Opernhaus in Belfast Così fan tutte zu inszenieren. Es folgte Georg Friedrich Händels Berenice am Royal Opera House; diese Inszenierung wurde für einen Laurence Olivier Award nominiert, und seitdem bekomme ich nur noch Angebote für Opern­ inszenierungen.

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Wie würdest du deine Theatersprache beschreiben? Die Komödie ist für mich sehr wichtig. Ich bin überzeugt davon, dass die Natur des Menschen im Grunde komisch ist. Auch wenn Geschichten extrem tragisch sind… … wie das im Trovatore zweifellos der Fall ist. Es gibt in jeder tragischen Geschichte immer auch komische Elemente. Meine Theater­sprache ist ausserdem sehr physisch, oft auch stilisiert. Ich arbeite eng mit der Choreografin Emma Woods zusammen. Aber es muss immer alles in den Emotionen verankert sein. Das Schönste ist für mich, wenn die Zuschauer hinterher sagen: Das ging aber schnell vorbei! Dann habe ich meinen Job gut gemacht. Ich denke immer an die Zuschauer, wenn ich inszeniere. Das hat wahrscheinlich damit zu tun, dass ich nicht mit der Oper aufge­ wachsen bin, dass ich sie nicht einfach als selbstverständlich ansehe. Ich arbeite dafür, dass ich die Menschen erreiche und dass das, was sie sehen, in ihren Herzen ankommt. Diese Inszenierung ist deine erste Begegnung mit Verdi. Was fasziniert dich an diesem Opernkomponisten? Verdi ist ein fantastischer Dramatiker. Alles, was er möchte, und wovon er auch in seinen Briefen immer wieder schreibt, ist wirkungsvolles Musik­theater. Die Art und Weise, wie er durch die Musik die Geschichte erzählt, ist absolut faszinierend. Wenn man sich mit dem Trovatore beschäftigt, erfährt man natürlich erstmal, dass die Geschichte absolut unverständlich und lächerlich ist… Denkst du das auch? Nein, das denke ich nicht! Wir haben die Geschichte im 15. Jahrhundert ange­siedelt, in einer fantastisch-grotesken Welt, wie sie uns in den Bildern von Hieronymus Bosch begegnet. Der Plot des Trovatore passt gut in diese Welt, in der die Imagination der Menschen zuweilen eine wichtigere Rolle spielt als die Realität. Die Beziehungen zwischen den Figuren, die Situationen, denen sie ausgesetzt sind, ihre Emotionen – all das ist grossartig. Indem wir

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es nicht realistisch erzählen, wird es glaubwürdiger und – hoffentlich – auch verständlicher. Hier sind ganz eindeutig magische, übernatürliche Kräfte am Werk. Es gibt viel Aberglauben in diesem Stück und sehr tief sitzende Erinnerungen. Für mich könnten diese Figuren keine heutigen Menschen sein, sie gehören eindeutig in die Zeit des 15. Jahr­hunderts. Klar, Verdis Musik ist die Musik des 19. Jahrhunderts. Aber wenn man das Drama liest, das der Oper zugrunde liegt, dann spürt man darin die Welt eines Robin Hood oder eines Henry V. Es sind vor allem die wirkungsvollen Situationen und die extremen emotio­nalen Zustände der Figuren, die für Verdi im Zentrum stehen und an der sich seine Musik entzündet. Absolut. Und meine Inszenierungsarbeit geht ganz stark von der Musik aus. Im Grunde ist Verdi sehr leicht zu inszenieren: Man weiss genau, in welchem Takt, in welcher Note jemandem das Herz bricht… Man kann sich voll­ kommen auf die Musik verlassen. In der britischen Theatertradition kommt die Interpretation immer aus dem Text – oder eben aus der Musik; es ist alles schon da, man muss nur tief genug graben. Diese archäologische Arbeit macht mir grossen Spass.

Das komplette Programmbuch können Sie auf www.opernhaus.ch/shop oder am Vorstellungsabend im Foyer Wenn du es auf einen Punkt bringen müsstest: erwerben Worum geht es für dich des Opernhauses im Trovatore? Das Thema, das den grossen Bogen über das Stück spannt, ist Azucenas «mi vendi­­ca», ihr Schrei nach Rache. Es ist, als ob ein Fluch entfesselt wurde von jemandem, der diese Worte murmelt. Im weiteren Verlauf geht es um eine geradezu ekstatische Verbindung der Figuren zur Welt und zum Universum. Ekstase und Obsession treiben den Plot voran. Auch das Geschichten-Erzählen spielt in der Handlung eine wichtige Rolle, vieles hängt davon ab, auf welche Weise eine Geschichte erzählt wird. Es ist grossartig, dass das Stück Der Troubadour heisst, denn damit ist ja ein Geschichtenerzähler gemeint. Im Grunde hat jede Figur ihren Troubadour-

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Moment – einen Moment also, in dem sie oder er eine Geschichte aus ihrer Perspektive erzählt. Zu Beginn erzählt Ferrando einer Gruppe von Männern seine Version der Geschichte aus der Vergangenheit, auf der die Oper beruht; später erzählt Azucena dieselbe Geschichte aus ihrer Perspektive – und ganz anders. Leonora wiederum erzählt, wie sie den Troubadour kennengelernt hat. Die Art und Weise, in der Geschichten weitergegeben werden, bestimmt das Handeln der Figuren. Das Geschichten-Erzählen kann auch als Manipulation eingesetzt werden. Ja, und dabei werden bewusst Dinge angesprochen, die leider nach wie vor exis­tieren, Fremdenfeindlichkeit und Rassismus zum Beispiel. So setzt man – wie Ferrando in der ersten Szene des Stückes – obsessive, gefährliche Kräfte in Gemeinschaften frei, die nicht mehr aufzuhalten sind. Diese Fremdenfeindlichkeit richtet sich gegen Azucena, die im Stück als «Zigeunerin» bezeichnet wird. Dass sie «Zigeunerin» genannt wird, weist darauf hin, dass es um eine Aussen­ seiterin, eine Randständige geht, deren Fremdheit Ängste auslöst. In der Zeit, in der das Stück spielt, gab es nachweislich in Spanien noch gar keine «Zigeuner». Ich erinnere mich an das Theaterstück Die Hexe von Edmonton aus dem frühen 17. Jahrhundert. Die Hauptfigur ist eine alte Frau, die von der Gemeinschaft als Hexe be­zeichnet wird; und da nun einmal alle sie so sehen, beschliesst sie, auch eine Hexe zu werden, und geht einen Bund mit dem Teufel ein. Sie sagt den unglaublichen Satz: «Ich bin nur eine Grube, in die die Menschen ihren Dreck hineinwerfen.» Azucena ist ein bisschen wie diese Frau. Sie hat diesen Hintergrund der «Zigeuner», der Nicht-­Sesshaften, und wird als gefährliche Hexe wahrgenommen. Sie ist sogar innerhalb der Gemeinschaft, der sie angehört, eine Aussenseiterin. Ihr gilt Verdis volle Sympathie – es geht ihm ja gerade darum, das Leiden dieser Aussenseiterin sichtbar zu machen. Azucena ist die eigentliche Hauptfigur der Oper. Eine Zeit lang wollte Verdi sogar die Oper nach ihr benennen.

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Für mich ist sie eine der faszinierendsten Figuren der gesamten Opernliteratur. Sie trägt ständig eine Maske und wechselt diese Masken fast mit jedem Satz, den sie sagt. Sie verbirgt immer etwas vor uns. Sie ist nicht fassbar und gleich­zeitig extrem verletzlich. Viel ist darüber geschrieben worden, wie wild sie sei und wie stark, ihre Musik ist extrem spannungsvoll und explosiv. Und doch ist sie eben auch verletzlich. Wir wissen nie, woran wir sind mit ihr. Und vielleicht weiss sie das selbst auch nicht so genau; man hat jedenfalls den Eindruck, dass sie schon zu Beginn des Stückes langsam den Bezug zur Realität verliert. Sie versucht verzweifelt, die Kontrolle über ihr Leben zu behalten. Und die Kontrolle über Manrico, der in dem Glauben aufgewachsen ist, ihr Sohn zu sein, der er aber in Wirklichkeit gar nicht ist. Die Beziehung der beiden ist sehr komplex; sie sind voneinander abhängig und zerstören sich gleichzeitig gegenseitig. Manrico ist zwar der Troubadour, der Geschichten erzählt und singt, aber er ist auch ein Krieger, der mit den «Zigeunern» aufgewachsen ist. Mit der Liebe zu Leonora erlebt er zum ersten Mal ein Gefühl, das sich nicht auf seine Mutter bezieht. Seine Musik verändert sich ständig. Je nachdem, mit wem er gerade auf der Bühne ist, kann sie einen vollkommen anderen Charakter haben. Manrico ist nicht der aktive, selbstbewusste Held, den man vielleicht erwarten würde, sondern er ist so etwas wie ein Spiegel für die anderen Figuren, die sich in ihm er­kennen. Er hat etwas sehr Unschuldiges.

Das komplette Programmbuch können Sie auf www.opernhaus.ch/shop oder am Vorstellungsabend im Foyer des Opernhauses erwerben Als er erfährt, dass er nicht der leibliche Sohn Azucenas ist, verliert er komplett den Boden unter den Füssen. Im Grunde ist er von Beginn an in einem Krisenzustand, in dem er nicht wirklich weiss, wer er ist und wohin er gehört. Das verstärkt sich in dem Moment, in dem ihm Azucena erzählt, wie sie damals ihr eigenes Kind ins Feuer geworfen hat. Diese tiefe Unsicherheit, die Verletzlichkeit, die übrigens auch Graf Luna – Manricos Gegenspieler – empfindet, entspricht nicht dem traditionellen Bild von Männlichkeit. Und wie würdest du Leonora charakterisieren?

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Sie erinnert mich an Frauen, die Heilige sehen können oder religiöse Er­ scheinungen haben. Und sie hat selbst die rebellische Seite einer weiblichen Heiligen. Sie verhält sich nicht, wie eine Hofdame sich verhalten sollte. Sie hat etwas Wildes und da­mit auch eine Verbindung zum Ekstatischen, das ich sehr wichtig finde. Im 20. Jahrhundert wäre sie vielleicht ein Hippie gewesen. Am Schluss ist sie bereit, ihr Leben für Manrico zu opfern. Sie macht eine Entwicklung durch, wie man sie eigentlich vom Helden des Stückes erwarten würde. Wenn sie zum ersten Mal davon singt, dass sie bereit ist, für Manrico zu sterben, scheint sie wie ein Kind, das sich vorstellt, eine Heldin zu sein. Später dann wird das sehr real: Sie bringt dieses Opfer. Ein Stück voll von Dunkelheit und Tod – wo findest du hier die komischen Elemente, von denen du vorhin sprachst? Verdi war ein grosser Bewunderer von Shakespeare. Und diese komischen Elemente kommen ganz klar von Shakespeare, der gerade in den düstersten Momenten, den tragischen Höhepunkten den Clown auftreten lässt. Genauso wie das übrigens in vielen mittelalterlichen Stücken der Fall ist. So ist doch auch das Leben! Das Komische gehört ebenso dazu wie das Tragische. Und es sind dann genau diese Kontraste, die scharfen Gegensätze, die die dramatische Wirkung ausmachen. Als ich das erste Mal mit unserem Dirigenten Gianandrea Noseda gesprochen habe, sagte er zu mir: Was auch immer du vorhast mit deiner Inszenierung, akzentuiere die Kontraste in diesem Stück! Die Musik ändert sich von einem Moment zum anderen, sie kann vom schönsten Stillstand ins grösste Chaos umschlagen. Das ist in dieser Oper wirklich extrem. Diese Premiere ist die erste Produktion, in der unser Chor endlich wieder in einer Neuinszenierung auf der Bühne steht. Wie ist die Arbeit mit dem Chor für dich? Ich liebe es, mit dem Chor zu arbeiten! Die Kraft, die entsteht, wenn so viele Menschen auf der Bühne singen und spielen, ist einfach unglaublich. An

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diesem Chor gefällt mir sehr, dass die Sängerinnen und Sänger bereit sind, wirkliche Charaktere auf die Bühne zu bringen, mit vielen wunderbaren Details. Man wird mindestens vier Augenpaare brauchen, um alles zu sehen! Zum Chor kommen auch noch fünf Tänzer dazu… Unser Tanzensemble wird nicht nur tanzen, sondern unterschiedlichste Charaktere darstellen und eine Dynamik in die Inszenierung bringen, die der Musik entspricht. Sie sind dämonische, nicht menschliche Kreaturen und repräsentieren die dunkle, zerstörerische Kraft, die aus der Hölle kommt – inspiriert von Gemälden von Hieronymus Bosch. Ich freue mich sehr über die Arbeit mit diesem fantastischen Ensemble!

Das komplette Programmbuch können Sie auf www.opernhaus.ch/shop oder am Vorstellungsabend im Foyer des Opernhauses erwerben Das Gespräch führte Beate Breidenbach

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Wenn ich für ihn nicht leben kann, so werde ich für ihn sterben. Leonora



ES GEHT UM EXTREME Dirigent Gianandrea Noseda im Gespräch

Gianandrea Noseda, wann immer man sich mit dem Trovatore be­schäf­ tigt, liest man, wie schrecklich und vollkommen unverständlich die Geschichte sei – und wie fantastisch die Musik. Aber Verdi hat diesen Stoff ja sehr bewusst gewählt; was denken Sie, was hat ihn an dieser düsteren und tatsächlich ja etwas verwirrenden Geschichte fasziniert? Dass sie so voll von Konflikten ist, aber auch voller Mysterien, voller Rätsel! Im Trovatore ist es nicht so einfach zu entscheiden, wer hier eigentlich gut ist und wer böse; in anderen Opern von Verdi ist das viel klarer. Der Conte di Luna mag uns auf den ersten Blick als der «Böse» und Manrico, sein Wider­sacher, als der «Gute» erscheinen. Aber dann erfahren wir – ganz am Schluss des Stückes –, dass die beiden Brüder sind. Diese Erkenntnis stellt alles auf den Kopf. Die Oper hat durchgängig eine unglaublich hohe Temperatur. Es geht um Feuer, Dunkelheit, Blut. Alles beginnt mit einem Scheiterhaufen, auf dem eine Frau verbrennt, und mit dem Mord an einem kleinen Jungen. Das Libretto ist – wenn man die sprachliche Ebene anschaut – durchaus raffiniert gemacht. Aber es geht bis an die Grenzen dessen, was uns akzepta­ bel und glaubwürdig erscheint – und manchmal auch darüber hinaus. Gleichzeitig gibt es eben auch Passagen, die zum Besten gehören, was Verdi je komponiert hat. Man hat den Eindruck, Verdi hatte endlos Kohle zur Verfügung, um das Feuer nicht nur weiter zu schüren, sondern immer noch heftiger lodern zu lassen. Manchmal kann man die Intensität der Musik und der Situation fast nicht aushalten. Die Tatsache, dass Azucena den Sohn des Grafen ins Feuer werfen wollte, dann aber aus Versehen ihr eigenes Kind verbrannte, ist allerdings schon nicht so ganz leicht nachzuvollziehen… Es sei denn, man bedenkt, dass sie fast von Sinnen war vor Schmerz darüber,

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dass ihre Mutter als Hexe verbrannt wurde! Der Schmerz über dieses grau­ same Unrecht begleitet sie bis zum letzten Bild, wenn sie schliesslich selbst zum Tod auf dem Scheiterhaufen verurteilt ist. Was man ebenfalls oft liest über dieses Stück: Im Trovatore habe Verdi einen Schritt zurück gemacht in seiner kompositorischen Entwicklung und sich wieder mehr der Belcanto-Oper zugewandt. Können Sie das nachvollziehen? Für mich ist es kein Schritt zurück. Es mag verwirren, dass es Momente gibt, die an Belcanto erinnern, wie die zweite Arie der Leonora oder die Arie des Grafen, die auch zu einer späten Donizetti-Oper gehören könnten.

Das komplette Programmbuch Die musikalische Charakterisierung von Azucena hat mit Belcanto allerdings gar nichts zu tun… können Sie auf Nein, schöne Melodien, die es im Trovatore natürlich auch gibt und zwar in grosser Zahl, sucht man bei Azucena vergebens. Das beginnt übrigens schon www.opernhaus.ch/shop mit dem Text, denken wir an ihre erste Arie, «Stride la vampa». Wie könnte man einen solchen Text in eine Belcanto-Melodie fassen? Überhaupt oder amin Verdis Vorstellungsabend ist Azucena Figurenarsenal etwas ganz Neues: Sie ist dieim erste Foyer Hauptfigur, die von einem Mezzosopran verkörpert wird; Ulrica im Maskenball,des Eboli in Don Carlo und Amneris in Aida werden später folgen. Opernhauses erwerben Azucena war so wichtig für Verdi, dass er sogar die Oper ursprünglich nach ihr benennen wollte. Schon in der ersten Szene, in der Erzählung Ferrandos, geht es um sie. Ihre Musik zieht sich durch die Oper, und noch ganz am Schluss spielt die Flöte ein Zitat aus ihrer ersten Arie. Ihre Besessenheit von Rache ist es, die das Stück vorantreibt. Wie ist Manrico musikalisch charakterisiert? Manrico ist eine fragmentierte Persönlichkeit. Er ist ein Künstler, er spielt Laute und singt, und zugleich ist er ein Krieger. Er kämpft auf der Seite des Revolutionärs Urgel. Ausserdem ist er «Zigeuner», aber eigentlich – wie

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wir als Zuschauer, aber auch er selbst erst ganz am Schluss erfahren – ist er der Bruder eines Grafen. Zu Beginn hört man ihn aus dem Off, zusammen mit der Harfe, wie er das Liebeslied eines Troubadours für Leonora singt. Das revolutionäre Element hören wir dann in seiner Cabaletta, aber auch in der Art und Weise, wie er mit seinem Vertrauten Ruiz spricht. Manrico ist getrieben von seinen Leidenschaften; das wiederum drückt sich zum Beispiel in seiner berühmten Arie «Di quella pira» aus. Im Gegensatz zum Grafen, der sehr viel kontrollierter agiert, lässt Manrico sich immer wieder von seinen Gefühlen mitreissen. Deshalb kann er auch am Schluss, als Leonora ihm sagt, er solle fliehen, nur an eins denken: Dass sie ihn und seine Liebe verraten hat. Anstatt sein Leben zu retten, ist er mit seiner Eifersucht beschäftigt. Er kennt nur schwarz oder weiss, entweder – oder. Als Azucena ihm erzählt, dass sie damals das falsche Kind ins Feuer geworfen hat und er gar nicht ihr Sohn ist, weigert er sich einfach, das zu glauben. Sie ist seine Mutter – basta! Die Szene, die mich musikalisch am meisten beeindruckt, ist der Beginn des vierten Teils, wenn Leonora in den Turm geht, in dem Manrico gefangen gehalten wird, um ihn zu retten. Wie schafft es Verdi, diese unglaublich spannungsvolle Atmosphäre zu erzeugen? Das ist eine Filmszene! Wir sehen eine Figur im Zoom – Leonora. Eine andere, Manrico, sehen wir aus der Ferne, wie aus einer anderen Welt; er singt hinter der Bühne. Dazwischen haben wir die Flashbacks im Kopf von Azu­cena. Dann gibt es Ruiz, der das Grauen beschreibt, das er sieht: den Scheiter­ haufen, das Beil des Henkers. Dazu kommt ein religiöses Element: der Chor, der im Hintergrund ein «Miserere» singt im Rhythmus eines Trauermarschs. All diese Elemente sind wie verschiedene Schichten, die ineinander ge­ schnitten werden, und ergeben ein sehr komplexes Bild. Was ist Ihnen bei Ihrer musikalischen Interpretation besonders wichtig? Ich versuche, all das, was in der Partitur steht, ernst zu nehmen, keinen Akzent zu vermeiden, weil er «zu viel» sein könnte, sondern im Gegenteil jeden Akzent explodieren zu lassen. Das Pianissimo so zu gestalten, dass es wirklich unheimlich wird und einem Schauer über den Rücken jagt. Im

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«Miserere», von dem wir gerade sprachen, gibt es eine Glocke, die man in vielen Aufführungen gar nicht hört. Ich denke, sie muss furchterregend sein, so ähnlich wie die Glocken in Boris Godunow – das ist die Glocke des Todes! Der einzige Weg für mich, dieses Stück zu dirigieren, ist es, spirituell und emotional vollkommen nackt zu sein, alles zu geben und keinerlei Angst zu haben vor moralischer Verurteilung. In Trovatore geht es um Extreme. Das müssen wir rüberbringen. Das Gespräch führte Beate Breidenbach

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JE KÜHNER, DESTO BESSER Briefe von Giuseppe Verdi aus der Entstehungszeit des «Trovatore»

Ich bin schrecklich wütend auf Cammarano. Er berücksichtigt überhaupt nicht die Zeit, die für mich etwas äusserst Kostbares ist. Er hat mir kein Wort über den Trovatore geschrieben: Gefällt er ihm, oder gefällt er ihm nicht? Ich verste­ he nicht, was Ihr über die Schwierigkeiten, sowohl für den gesunden Menschen­ verstand, als auch für das Theater sagen wollt!! Im übrigen, je mehr Neuartig­ keit, Freiheit der Formen mir Cammarano anbietet, um so besser werde ich sein. Mache er getrost all das, was er will; je kühner er sein wird, um so zufrie­ dener werde ich sein. Er soll lediglich die Forderungen des Publikums im Auge behalten, das Kürze will. – Ihr, der Ihr sein Freund seid, drängt ihn also, keine Zeit zu verlieren. Verdi an Cesare de Sanctis, den 29. März 1851

Ich habe Euren so ausserordentlich lieben Brief vom 27. März erhalten und habe begriffen, was Ihr zu tun beabsichtigt. Ein Wort zu Euren Einwänden. Die Szene der Einkleidung als Nonne muss erhalten bleiben (sie ist zu originell, als dass ich darauf verzichten könnte); man muss im Gegenteil allen Gewinn, alle nur möglichen Effekte aus ihr herausholen. Wenn Ihr nicht wollt, dass die Nonne freiwillig flieht, dann lasst doch den Troubadour (mit viel Ge­ folge) sie ohnmächtig entführen. Zwar gibt die Zigeunerin zu verstehen, dass Manrique nicht ihr Sohn ist, aber das sind Worte, die ihr während der Erzählung entschlüpft sind und die sie so rasch zurückzieht, dass der Troubadour, weit davon entfernt, so etwas zu denken, nicht daran glauben kann, dies sei die

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Wahrheit. Die Zigeunerin rettet sich und Manrique nicht, weil ihre Mutter ihr auf dem Scheiterhaufen zugerufen hatte: «Vendicami!» Andernorts sagt sie: «Il feroce fantasma le braccia versa me lendendo urlò: Vendicami! E si lanciò fra Ie nubi nell’aria ripetendo: Vendicami!» (Der grimme Geist, die Arme gegen mich reckend, schrie: Räche mich! Und er schwang sich zwischen den Wolken in die Luft und wiederholte: Räche mich!) Die letzten Worte des Dramas sind: «Sei vendicata!» (Du bist gerächt!) Ihr sagt mir kein Wort darüber, ob Euch das Drama gefällt. Ich habe es Euch vorgeschlagen, weil es mir schöne dramatische Momente, vor allem aber insgesamt etwas Einmaliges, Originelles als Ganzes aufzuweisen schien. Wenn Ihr nicht meiner Meinung wart, warum habt Ihr mir kein anderes Sujet unter­ breitet? Bei dieser Lage der Dinge ist es gut, wenn Dichter und Komponist dasselbe empfinden! Was die Aufteilung der Nummern betrifft, so möchte ich Euch dieses sagen: Wenn man mir Poesie anbietet, die man in Musik setzen kann, dann ist mir jede Form, jede Aufteilung recht; mehr noch, je neuartiger und ausgefallener diese sind, umso glücklicher bin ich darüber. Wenn es in den Opern keine Kavatinen, keine Duette, keine Terzette, keine Chöre, keine Finali etc. gäbe und wenn die ganze Oper nur (ich möchte fast sagen) eine einzige Nummer wäre, dann würde ich das vernünftiger und richtiger finden. Deshalb sage ich Euch: Wenn man zu Beginn dieser Oper den Chor (alle Opern fangen mit einem Chor an) und Leonoras Cavatina vermeiden und gleich mit dem Gesang des Troubadours anfangen könnte, das wäre gut, denn diese so isolier­ ten Nummern mit Szenenwechsel bei jeder Nummer haben mir mehr den An­ schein von Konzert- als von Opernnummern. Wenn Ihr könnt, dann macht es. Mir gefällt auch nicht allzu sehr, dass Manrique im Duell verwundet wird. Im übrigen macht, was Ihr für richtig haltet. Wenn man einen Cammarano hat, dann muss man es ja gut machen. Verdi an Salvatore Cammarano, 4. April 1851

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Ich habe Euren Entwurf gelesen und Ihr, ein Mann von so viel überlegenem Talent und Charakter, werdet mir nicht übelnehmen, wenn ich, ein ganz Un­ würdiger, mir die Freiheit nehme, Euch zu sagen, dass es besser ist, auf dieses Sujet zu verzichten, wenn es sich für unsere Bühnen nicht mit aller Neuheit und Wunderlichkeit des spanischen Dramas behandeln lässt. Es scheint mir, wenn ich mich nicht täusche, dass verschiedene Situationen nicht mehr die Kraft und Eigenart haben wie früher und dass vor allem Azucena ihren seltsamen, neuartigen Charakter nicht behält; es scheint mir, dass die beiden grossen Leidenschaften dieser Frau, Kindes- und Mutterliebe, nicht mehr in aller ihrer Kraft vorhanden sind. (...) Es würde mir nicht gefallen, dass Azucena ihre Erzählung an die Zigeuner richtet und dass sie im Ensemble des dritten Aktes sagt: Dein Sohn wurde lebend verbrannt usw. Und schliesslich möchte ich sie am Ende nicht irrsinnig haben!! Erschöpft von der Müdigkeit, vom Schrecken, vom Wachen, kann sie keine geordnete Rede führen. Ihre Sinne sind gelähmt, aber sie ist nicht von Sinnen. Man muss die beiden grossen Leidenschaften dieser Frau bis zuletzt fortdauern lassen: die Liebe zu Manrique und den wilden Durst, die Mutter zu rächen. Wenn Manrique tot ist, wird ihr Rachegefühl gigantisch, und sie sagt in äusserster Erregung: «Si... egli era tuo fratello... Stolto! Sei vendicata, o madre!» (Ja... er war dein Bruder... Du Tor! O Mutter, du bist gerächt!) Verdi an Salvatore Cammarano, 9. April 1851

Man sagt, diese Oper sei zu traurig, und es gebe darin zu viele Tote, aber ist nicht alles Tod im Leben? Was existiert denn? Verdi an Clarina Maffei, 29. März 1853

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Die Hölle liess, mir zum Unheil, ihre Beute wieder frei! Conte di Luna




AM RANDE DER GESELLSCHAFT Troubadoure und «Zigeuner» Karl Schumann

Die Vorgeschichte ist verwickelt. Das permanente Thema historischer Bürger­ kriege scheint auf: Streit um ein Thronerbe. Im Mai 1410 war König Martin I. von Aragon gestorben. Mehrere Bewerber machten Ansprüche auf den Thron geltend, unter ihnen Fernando, der Infant von Kastilien, und Graf Jaime von Urgel. Ein Rat aus Vertretern der hohen Geistlichkeit wie aus kirchlichen und weltlichen Rechtsgelehrten untersuchte in Aragon die Ansprüche der Kronprä­ tendenten. Sehr nachdrücklich plädierte der Erzbischof von Saragossa für den Kandidaten Fernando, was den Grafen von Urgel so heftig in Harnisch brachte, dass er im Juni 1411 den Erzbischof heimtückisch ermorden liess. Die Bluttat kostete ihn die Sympathien der Räte; im Juni 1412 wurde Fernando die Krone zugesprochen. Der Graf von Urgel protestierte, erhob sich mit einem Heer gegen den neuen König, führte einen langen und zähen Bürgerkrieg gegen den Riva­ len, unterlag in den entscheidenden Schlachten, geriet schliesslich in Gefangen­ schaft, wurde seiner sämtlichen Besitzungen und Ämter enthoben und sah sich zu lebenslanger Haft verurteilt. Fernando wurde 1424 gekrönt. Die beiden Thronprätendenten treten im Drama des Gutiérrez wie in Verdis Oper nicht auf, spiegeln sich aber in den Charakteren der beiden Wider­ sacher Manrico und Luna, wobei die Feindschaft aus machtpolitischen Gründen ange­heizt, ja schliesslich sogar überlagert wird durch die Rivalität um die Liebe Leo­noras. Graf Luna, versehen mit dem Namen eines alten spanischen Adels­ geschlechts, ist Fernandos Statthalter und militärischer Befehlshaber, sozusagen die Exekutive im legalistischen Lager der Kriegführenden; bei Gutiérrez, wo er Don Nuño heisst, gibt er sich weit mehr als Caballero als in der Oper, wo er herrisch, rück­sichtslos und brutal seine Privatfehde gegen Manrico unter dem

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Mäntelchen der strategischen Raison betreibt, Azucena einem barschen Verhör unterwirft, in Wut und Eifersucht seine Vollmacht rüde überschreitet, kurz sich mit gedecktem Rücken im Recht fühlt und mit einigem Hochmut gegen jeden wütet, der ihm ausgeliefert ist. Manrico spiegelt als treuer Gefolgsmann Züge des Grafen von Urgel: auf­ brausend, aufsässig, eine Rebellennatur. Die Troubadour-Harfe, mit der er sich einführt – Effekt eines Nachtgesangs, einer Serenade hinter der Szene – und die ihn im «Miserere» begleitet, stellt ein romantisches Attribut dar, das ihn als Künstlernatur ausweisen soll, als einen Vaganten der Poesie und den Damen wohlgefälligen Minneritter, ist aber im übrigen ein Anachronismus: Zu Anfang des 15. Jahrhunderts gab es keine Troubadours mehr. Der provençalische Minne­ sang, der über das Gebirge hinweg weiter ins nördliche Spanien gelangt war, hatte längst ein Ende gefunden. Der Titel des Werkes – des Dramas von Gutiér­ rez wie der Oper von Verdi – steht auf schwachen Füssen: Es fanden sich um 1410 keine Troubadours mehr. Setzt man sich über die Jahreszahlen hinweg, wie sie der im Stil überspitz­ ter Handlungen von Gutiérrez erfundenen Liebes-, Verwechslungs- und Eifer­ suchtsgeschichte den Rahmen geben, kommt Manricos Troubadour-Existenz einige Berechtigung zu: Wie er waren die Minnesänger nicht selten Ausgestos­ sene und Einzelgänger – «deserto sulla terra» bezeichnet sich Manrico in seinen ersten Strophen –, Abkömmlinge niederer Stände, Glücksritter, Desperados, wanderndes Volk, das sich durch Kunstfertigkeit in Gunst zu bringen verstand. Ein Troubadour, der unter «Zigeunern» aufwuchs – eine extreme Möglichkeit, die Situation am Rande der Gesellschaft, das Aussenseitertum zu verschärfen. Die Bühnenhandlung des Gutiérrez-Dramas wie der Verdi-Oper begibt sich um 1410. Die lange und verwickelte Vorgeschichte muss sich um 1390 zu­getragen haben, was besagt, dass Luna wie Manrico junge Männer sind, am Anfang ihrer zwanziger Jahre, hitzig, waghalsig und besinnungslos verliebt, wie es diesem Alter entspricht. Doch schon meldet sich eine neue Verbiegung der Geschichte, vergleichbar dem Griff, Manrico unter die längst ausgestorbenen Troubadours zu versetzen. Um 1400 kannte man in Spanien die «Zigeuner» noch nicht; erst 1425 liess König Alfonso von Aragonien den ersten Stamm über die Pyrenäen einreisen. Die «Zigeuner» wurden anfangs nicht als Deklassierte

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oder potentielle Gauner empfunden, allenfalls als pittoreske und fremdartige Gestalten. Man gestand ihnen einige Privilegien zu: Sie mussten weder Zölle noch Steuern entrichten. Verfolgt wurden die nomadisierenden Fremdlinge erst am Ende des 15. Jahrhunderts; man zieh sie der Hexerei, des Aberglaubens, des Diebstahls und mancher undurchsichtiger Machenschaften, die ein rechter Christ von sich weist. Die «Zigeuner», deren Ursprung wohl in Indien zu suchen ist, gerieten in den Ruf von Leuten, denen alles zuzutrauen ist, vornehmlich Zauberei und Kindsraub. Im 16. Jahrhundert begann man in Spanien, Hexen zu verbrennen. Mit dem Recht eines Autors, der mit den Stilmitteln der Hoch­ romantik eine düster-leidenschaftliche Romanze schreibt, übertrug Gutiérrez die später landläufig gewordenen Vorstellungen vom «Zigeuner» in das von ihm ohnedies grosszügig ausgemalte frühe 15. Jahrhundert. Azucena und ihre un­ glückliche Mutter sind negativ romantisierte «Zigeunerinnen».

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DAS RACHETRAUMA AZUCENAS Uwe Schweikert

Man hat in der starren Dramaturgie des Trovatore einen Rückfall in die längst überwunden geglaubte blockhafte Handlungsführung von Verdis ersten Opern, ja in die Affektdarstellung der Barockoper sehen wollen. Verdi selbst muss das anders empfunden haben. Was ihn an dem bunten, chaotischen Schauerstück des spanischen Dramatikers Antonio García Gutiérrez anzog, wird schon aus seinem ersten Brief an Cammarano deutlich. Wie Rigoletto, der verkrüppelte Hofnarr, wie Violetta, die Edelprostituierte der Pariser Halbwelt, ist auch die «Zigeunerin» Azucena eine Aussenseiterin und damit prädestiniert für Verdis Theater der Wahrheit, das auch und gerade den Opfern der Gesellschaft seeli­ sche Dimensionen zuerkennt. Azucena, mit der er zum ersten Mal eine Mezzo-Rolle ins Zentrum einer seiner Opern stellte, wird von ihren Emotionen beherrscht – dem Fluch «Mi vendica»/«Räche mich», mit dem ihre Mutter einst den Tod auf dem Scheiter­ haufen gestorben ist und der sie seither unablässig verfolgt und zur Rache an­ treibt. Damit entsprach sie Verdis Vorliebe für «starke, leidenschaftliche, vor allem aber ursprüngliche Charaktere», wie er sie in dem immer wieder zitierten Brief vom 16. Mai 1853 an Cesare DeSanctis gefordert hat. Jedenfalls konnte der Komponist die von DeSanctis vorgetragenen, anfänglich wohl auch von Cam­marano geteilten Vorbehalte, der Stoff des Trovatore verstosse sowohl gegen den «gesunden Menschenverstand!» wie gegen das Theater, nicht teilen – seine heftige Kritik an dem von Cammarano vorgelegten Szenarium, auf das er mit einem ausführlichen Gegenentwurf antwortete, entzündete sich vielmehr gerade an der Befürchtung, dass der «fremde und neuartige Charakter der Azucena» abgeschwächt werden könnte: «Es scheint mir, dass die beiden grossen Leidenschaften dieser Frau, Kindes- und Mutterliebe, nicht mehr in aller Kraft vorhanden sind.»

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Die meisten Änderungen, die Cammarano bei der Ausarbeitung seines Szena­ riums zum Libretto vornahm, betreffen darum – im Einklang mit Verdis Wün­ schen – die Rolle Azucenas. Während es wohl Cammaranos Absicht war, das Verhalten der «Zigeunerin» möglichst rational und realistisch zu motivieren, ging es Verdi primär um den tragischen Zwiespalt zwischen ihrer Liebe zu Manrico, den sie als ihren eigenen Sohn aufgezogen hat, und ihrem unstillbaren Bedürfnis nach Rache, das letzten Endes zum Tod Manricos führt. Darum richtet sie im endgültigen Textbuch ihre düstere, unheilschwere Canzone im dritten Bild («Stride la vampa!» / «Es lodern die Flammen!») nicht mehr, wie ursprünglich von Cammarano vorgesehen, allein an die Zigeuner, sondern singt sie in Anwesenheit Manricos. Auch die Vertauschung der beiden Kinder wird von ihr nicht mehr als unbezweifelbare Tatsache vorgebracht, sondern dergestalt in die halluzinierende Vergegenwärtigung des einstigen Geschehens («Condot­ ta ell’era in ceppi» / «In Ketten führte man sie ihrem furchtbaren Schicksal ent­gegen») integriert, als könne Azucena Wahn und Wirklichkeit nicht ausein­ anderhalten. Der psychischen Traumatisierung, die ihre Erzählung vorführt, entspricht dabei eine Dekomposition, in deren Verlauf die musikalische Form regelrecht zerbricht. Verdi bildet den psychischen Vorgang in der Musik mit geradezu analytischer Präzision ab: Azucenas Gesang geht ins Sprechen über, um schliesslich in Stammeln zu münden. Verdi gelingt es bei dieser Gratwande­ rung, einerseits die Sinnesverwirrung Azucenas bis hin zum physischen Zusam­ menbruch zu treiben, andererseits dem Zuschauer schlüssig zu vermitteln, dass Manrico – so Verdi selbst in seinem Brief vom 4. April 1851 an Cammarano – «nicht daran glauben kann, dies sei die Wahrheit».

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Vom Feuer verzehrt Beunruhigt war Verdi aber vor allem über Cammaranos ursprüngliche Absicht, Azucena im letzten Bild im Kerker völlig den Verstand verlieren zu lassen: «Die Azucena nicht irrsinnig werden lassen. Erschöpft von der Müdigkeit, vom Schmerz, vom Schrecken, vom Wachen, kann sie keine geordnete Rede mehr führen. Ihre Sinne sind gelähmt, aber sie ist nicht von Sinnen. Man muss die

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beiden grossen Leidenschaften dieser Frau bis zuletzt fortdauern lassen: die Liebe zu Manrique und den wilden Durst, die Mutter zu rächen.» In tragischer Ironie schlägt am Ende Azucenas Hass auf sie selbst zurück. Wie sie wird aber auch Luna von der eigenen Rache verschlungen. Verdi hat den letzten, enthül­ len­den und zugleich vernichtenden Wortwechsel zwischen den beiden bei der Vertonung auf ganze fünf Rezitativverse zusammengestrichen, die in genau jene Worte münden, die er Cammarano selbst vorgab. Wie für den Fluch in Rigoletto und für die tödliche Krankheit in La tra­viata findet Verdi auch für das Rachetrauma Azucenas ebenso sprechende wie wirkungs­ volle Klanggesten. Die Oper beginnt ohne Vorspiel. Ein dumpfes, unheilvolles Rollen von Pauke und Grosser Trommel – mehr Geräusch als Ton –, eine grell abfallende Unisono-Fanfare des Orchesters, ein gedämpftes Hornsignal: Mehr bedarf es nicht zur Einstimmung. Damit ist zugleich auch die unheimliche nächt­ liche Atmosphäre beschworen, die Ferrandos Bericht der düsteren Geschehnisse grundiert, die vor mehr als fünfzehn Jahren die Familie des Grafen Luna heim­ ge­sucht haben. Leibhaftig steht mit dem balladesken Bericht des Hauptmanns der Palastwache zugleich die Hexe, die «Zigeunerin», vor unseren Augen – mit all jenen musikalischen Konnotationen, die dann das Auftreten Azucenas bis zum Schlussbild bezeichnen: dem später mit dem Feuer verbunde­nen Ton h (als wolle nicht nur Ferrando zur Wache, sondern auch Verdi zu seinen Zuhörern sagen: »All erta, all erta!«, »Achtung, aufgepasst!«), der traumatischen Tonart e-moll, den scharfen und fremdartigen Vorschlägen, den wie Feuer züngelnden, stets auf den ersten Schlag gesetzten Sechzehnteln sowie dem starren Dreiertakt. Die Obsession, von der Azucena beherrscht wird, spiegelt sich in der ob­ sessiven Wiederkehr dieses musikalischen Ideogramms im Sinne einer fatalisti­ schen Metapher wider. Anders als in Wagners Walküre aber ist das züngelnde Flackern der Flammen bei Verdi nicht die musikalische Phantasmagorie einer bild­lichen Idee, sondern ganz konkret, ja geradezu materialistisch verdinglicht: Ferrando kündigt sie an, Azucena führt sie aus, die anderen nehmen sie auf, am sinnfälligsten Manrico in seiner Cabaletta («Di quella pira l’orrendo foco tutte le fibre m’arse, avvampò» / «Das schreckliche Feuer dieses Scheiterhaufens ent­ brennt auch in meinem Innern»), in der er vom Feuer förmlich verzehrt wird.

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Ist es ein Traum, ein Wahn? Bist du vom Himmel herabgestiegen, oder bin ich im Himmel mit dir? Leonora



EIN KLANGBILD DER FINSTERNIS UND DES SCHRECKENS Uwe Schweikert

Formal entspricht auch Leonoras zweite Doppelarie zu Beginn des vorletzten Bildes durchaus den Konventionen. Zugleich ist sie ganz in die Klangdrama­ turgie der düsteren Handlung integriert. Manrico und seine Getreuen wurden bei ihrem Versuch, Azucena zu befreien, von den Truppen Lunas besiegt. Leo­ nora verschafft sich Zugang zum Vorhof des turmartigen Kerkers, in dem die Gefangenen schmachten – in der Hoffnung, wenigstens mit ihrer Stimme zum Geliebten durchzudringen. Verdi, der die räumlichen Andeutungen in Gutiérrez’ Vorlage aufgreift, gestaltet die Szene zu einem Klangbild der Finsternis und des Schreckens, das die Anlage und Abfolge der Form – rezitativische Scena, Canta­ bile (langsamer Teil der Arie), tempo di mezzo (schnelle Übergangspassage) und Cabaletta (schneller Teil der Arie) – zwar bewahrt, sie aber im hier im Zentrum stehenden tempo di mezzo, dem «Miserere», zugleich musikdramatisch weitet. Wenn das synkopisch gegen den Versbau betonte, schwermütig sich aufschwin­ gende Adagio «D’amor sull’ali rosee»/«Auf den rosigen Flügeln der Liebe» zur Ruhe kommt, ertönt in der Dunkelheit der Nacht der erste, dumpfe Schlag der Totenglocke in Es. Aus dem Innern des Gefängnisses erklingen Stim­men: der – so Verdi in seinem Prosaentwurf – «Gesang der Sterbenden» (und nicht «für die Sterbenden», wie in allen Opernführern fälschlicherweise zu lesen steht). Der in archaisierender Falsobordone-Technik geschriebene Satz dieses «Miserere» erinnert kaum zufällig an den 50. Psalm, der Bestandteil der römisch­-ka­tho­li­ schen Totenliturgie ist. Der trauermarschartige Rhythmus wird anschlies­send vom vollen Orchester – also einschliesslich vier Hörnern, zwei Trompeten, drei Posaunen, einem Cimbasso, der Pauke und der Grossen Trommel – aufge­griffen und begleitet den Gesang der gepeinigten Leonora, deren von beklemmenden

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Pausen durchsetzte Melodik schliesslich im auskomponierten Schluchzen endet. Der unheimliche Eindruck dieser Passage entsteht nicht zuletzt durch einen beispiellosen instrumentatorischen Kunstgriff Verdis. «Dieser Abschnitt muss äusserst leise sein» – so die Anweisung in der Partitur –, «obwohl mit vollem Orchester». Aus dem Widerspruch von grösstmöglicher Besetzung und kleinst­ möglicher Lautstärke entsteht der Klang jenes «cupo terror», jenes «dumpfen Entsetzens», das Leonora befällt. Unmittelbar in ihr Schluchzen hinein – als bräche es aus ihrer gemarterten Seele hervor – erklingt aus dem Innern des Turms in strahlendem Dur zur Harfenbegleitung Manricos Abschied vom Le­ ben. Er erinnert an die gleichfalls von der Harfe begleitete Romanze, mit der Manrico im zweiten Bild – übrigens auch dort nur hör-, nicht sichtbar – erstmals aufgetreten war. Wie sie ist auch sein Abschied eine Huldigung an die Macht des Gesangs, und wie diese zentriert sich auch hier die Harmonik um den Ton Es, das Es der Liebe wie des Todes, das Es der Totenglocke.

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IL TROVATORE GIUSEPPE VERDI (1813-1901) Dramma lirico in vier Teilen Libretto von Salvatore Cammarano, fertiggestellt von Leone Emanuele Bardare, nach «El trovador» von Antonio García Gutiérrez Uraufführung: 19. Januar 1853, Teatro Apollo, Rom

Personen

Il Conte di Luna Leonora Azucena

Mezzosopran

Manrico

Tenor

Ferrando Ines Ruiz

Bariton

Sopran

Bass

Sopran Tenor

Un vecchio «zingaro» Un messo

Bass

Tenor

Chor

(Vertraute Leonoras und Nonnen, Gefolgsleute des Grafen, Männer in Waffen, «Zigeunerinnen» und «Zigeuner»)


PARTE PRIMA: IL DUELLO

ERSTER TEIL: DAS DUELL

Atrio nel palazzo dell’Aliaferia: porta da un lato, che mette agli appartamenti del Conte di Luna.

Vorhalle im Aliaferia-Palast; auf der einen Seite eine Tür, die zu den Gemächern des Grafen Luna führt.

N° 1 INTRODUZIONE

NR. 1 EINLEITUNG

SCENA I

I. SZENE

Ferrando e molti famigliari del Conte giacciono presso la porta; alcuni uomini d’armi passeggiano in fondo.

Ferrando und eine grosse Zahl Diener des Grafen lagern bei der Tür auf dem Fussboden; einige Bewaffnete gehen im Hintergrund auf und ab.

FERRANDO ai famigliari vicini ad assopirsi

FERRANDO zu den Dienern, die kurz davor sind einzuschlafen

All’erta! all’erta! Il Conte n’è d’uopo attender vigilando, ed egli talor, presso i veroni della sua cara, intere passa le notti.

Achtung! Achtung! Wir müssen wachen, bis der Graf zurückkommt; und dieser verbringt bisweilen ganze Nächte unter den Balkonen seiner Angebeteten.

FAMIGLIARI

DIENER

Gelosia le fiere serpi gli avventa in petto.

Die wilden Schlangen der Eifersucht nagen an seiner Brust.

FERRANDO

FERRANDO

Nel Trovator, che dai giardini move notturno il canto, d’un rivale a dritto ei teme.

Im Troubadour, der nachts im Park sein Lied erklingen lässt, fürchtet er zu Recht einen Rivalen.

FAMIGLIARI

DIENER

Dalle gravi palpebre il sonno a discacciar, la vera storia ci narra di Garzia, germano al nostro Conte.

Um den Schlaf von unsren müden Lidern zu vertreiben, erzähl uns, was damals wirklich mit Garzia war, dem Bruder unsres Grafen.

FERRANDO

FERRANDO

La dirò: venite intorno a me.

Ich werd es euch erzählen. Kommt her zu mir.

I famigliari eseguiscono.

Die Diener tun wie geheissen.

ARMIGERI accostandosi

BEWAFFNETE kommen ihm näher

Noi pure…

Wir auch.

FAMIGLIARI

DIENER

Udite, udite.

Hört, hört!

Tutti accerchiano Ferrando.

Alle scharen sich um Ferrando.


FERRANDO

FERRANDO

Di due figli vivea padre beato il buon Conte di Luna; fida nutrice del secondo nato dormia presso la cuna. Sul romper dell’aurora un bel mattino ella dischiude i rai; e chi trova d’accanto a quel bambino?

Als glücklicher Vater zweier Söhne lebte der gute Graf von Luna. Die treue Amme des Jüngeren schlief an der Wiege. Doch eines schönen Morgens bei Tagesanbruch schlägt sie die Augen auf; und wen entdeckt sie neben dem Kind?

FAMIGLIARI ED ARMIGERI

DIENER UND BEWAFFNETE

Chi? Favella … Chi mai?

Wen? Sag schon... Wen bloss?

FERRANDO

FERRANDO

Abbietta zingara, fosca, vegliarda! Cingeva i simboli di maliarda; e sul fanciullo, con viso arcigno, l’occhio affiggeva torvo, sanguigno! D’orror compresa, compresa è la nutrice … Acuto un grido, un grido all’aura scioglie; ed ecco, in meno che labbro il dice, i servi accorrono in quelle soglie; e fra minacce, urli, percosse la rea discacciano ch’entrarvi osò.

Eine schändliche Zigeunerin, ein finsteres altes Weib! Sie hatte Zauberdinge bei sich; mit finsterer Miene heftete sie auf den Knaben ihre schwarzen, blutunterlaufenen Augen! Die Amme überkommt ein tiefer Schauer. Sie stösst einen gellenden Schrei aus; und ehe man sich versah, eilten die Diener herbei; und unter Drohungen, Schreien, Schlägen verjagten sie die Frevlerin, die es gewagt hatte, einzudringen.

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DIENER UND BEWAFFNETE

Giusto quei petti sdegno commosse; l’insana vecchia lo provocò.

Zu Recht waren sie ausser sich; die verrückte Alte hatte sie ja provoziert.

FERRANDO

FERRANDO

Asserì che tirar del fanciullino l’oroscopo volea … Bugiarda! Lenta febbre del meschino la salute struggea! Coverto di pallor, languido, affranto ei tremava la sera, il dì traeva in lamentevol pianto … Ammaliato egl’ era!

Sie behauptete, dass sie dem Knaben die Zukunft lesen wollte… Diese Lügnerin! Das arme Kind wurde von einem schleichenden Fieber befallen! Bleich, ermattet und erschöpft begann es am Abend zu zittern. Den ganzen Tag über schrie es heftig… Es war verhext!

Il Coro inorridisce.

Der Chor ist entsetzt.

La fattucchiera perseguitata fu presa, e al rogo fu condannata; ma rimanea la maledetta figlia, ministra di ria vendetta! Compì quest’empia nefando eccesso! Sparve il fanciullo, e si rinvenne mal spenta brace, nel sito istesso ov’arsa un giorno la strega venne. E d’un bambino … ahimè! l’ossame bruciato a mezzo, fumante ancor!

Die Übeltäterin wurde gefasst und zum Tod auf dem Scheiterhaufen verurteilt; doch sie hinterliess diese verfluchte Tochter, Vollstreckerin ihrer bösen Rache! Die Ruchlose ging bis zum Äussersten! Der Knabe verschwand, und man fand noch brennende Glut an derselben Stelle. an der die Hexe verbrannt wurde. Und, oh weh, die halbverbrannten, noch rauchenden Gebeine eines Kindes!


Programmheft IL TROVATORE

Das komplette Programmbuch können Sie auf www.opernhaus.ch/shop oder am Vorstellungsabend im Foyer des Opernhauses erwerben Dramma lirico in vier Teilen von Giuseppe Verdi

Libretto von Salvatore Cammarano, fertiggestellt von Leone Emanuele Bardare, nach «El trovador» von Antonio García Gutiérrez Premiere am 24. Oktober 2021, Spielzeit 2021/22 Herausgeber

Intendant

Andreas Homoki

Zusammenstellung, Redaktion Beate Breidenbach

Layout, Grafische Gestaltung Carole Bolli, Giorgia Tschanz

Anzeigenverkauf Opernhaus Zürich, Marketing

Opernhaus Zürich

Schriftkonzept und Logo Druck

Textnachweise: Handlung: Beate Breidenbach. Die Gespräche mit Adele Thomas und Gianandrea Noseda sind Originalbeiträge für dieses Heft. Briefe von Giuseppe Verdi aus der Entstehungs­zeit des «Trovatore» zitiert nach: Verdi. Briefe, Berlin 1983. Karl Schumann, Am Rande der Gesellschaft, Auszug aus: ders., Bilder aus einem spanischen Bürgerkrieg, in: Giu­sep­p e Verdi, Der Troubadour, Texte, Materialien, Kommentare, hg. von Attila Csampai und Dietmar Holland, Reinbek bei Hamburg, 1986; Uwe Schweikert, Das Rachetrauma Azu­cenas und Ein Klangbild des Schreckens, Auszüge aus: ders., Das Wahre erfinden. Verdis Musiktheater, Würzburg 2013.

Telefon 044 268 66 33, inserate@opernhaus.ch Studio Geissbühler

Fineprint AG

Bildnachweise: Monika Rittershaus fotografierte das «Trovatore»-En­ semble während der Klavierhauptprobe am 14. Oktober 2021. Urheber, die nicht erreicht werden konnten, werden zwecks nach­ träglicher Rechtsabgeltung um Nach­ richt gebeten.


Unsere Vorstellungen werden ermöglicht dank der Subvention des Kantons Zürich sowie den Beiträgen der Kantone Luzern, Uri, Schwyz, Zug und Aargau im Rahmen der interkantonalen Kulturlastenvereinbarung und den Kantonen Nidwalden und Obwalden. PARTNER

PRODUKTIONSSPONSOREN AMAG Clariant Foundation

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