Das verzauberte Schwein
Das verzauberte Schwein
Illustrationen von Pia Val채r Text von Peter Lund Das Buch zum Kindermusical von Jonathan Dove
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rei Königstöchter sassen einst in einem Schloss. Und wenn du meinst, sie nähten, wie es ihre Pflicht: Das taten die drei Töchter nicht! Sie schwatzten nur sehr interessiert darüber, wie ihr Prinz mal wird.
Kluge Kinder, die dies lesen, fragen sich, was wär’ gewesen, hätt’ der König sich besonnen und den Schlüssel mitgenommen? Dann, du neunmalkluger Wicht, gäb’ es die Geschichte nicht!
Da kam der König in das Zimmer – montags tat er das fast immer –, denn dann zieht für Ruhm und Sieg so ein König in den Krieg. «Töchter!», sang er froh, «ich geh’ in den Kampf und sag Adieu!
Kaum ist Majestät gegangen, packt die Mädchen ein Verlangen: Was mag in der Truhe sein? Perlen? Torten? Edelstein? Leichen, die einst traf ein Fluch? Nix davon. Es ist... ein Buch.
Doch bevor ich von Euch scheide, macht mir bitte eine Freude. Seht die Kiste, gut verriegelt und so rätselhaft versiegelt – seid so gut und lasst die Truhe wenn ich fort bin fein in Ruhe!»
Nur ein Buch? «Doch jedes Wesen kann in mir die Zukunft lesen!», spricht das Buch mit leisem Raunen. Ob das stimmt? Die Mädchen staunen. Wenn dies Zauberbuch nicht irrt, weiss es, wie ihr Prinz mal wird!
Eifrig nickt die Töchterschar: «Ehrenwort, Paps! Ist doch klar! Rätsel interessieren uns wenig!» Ganz gerührt gibt da der König seinen Töchtern noch drei Küsse und der Jüngsten dann – den Schlüssel.
Nur die Jüngste hat Bedenken: «Das wird Papa sicher kränken!» Dot stöhnt auf: «Ach Flora, müssen Väter immer alles wissen?» «Nein», sagt Mab bestimmt, und dann fängt sie gleich zu lesen an:
Königstochter, hör mich an! Der König des Westens wird dein Mann!
Königstochter, hör mich an! Das Schwein des Nordens wird dein Mann!
«Ich wusste es!», freut Mabel sich. Dot lächelt spitz: «Wie schön für dich.» «Ach komm», sagt Mab, es gibt bestimmt noch einen Prinzen, der dich nimmt. Schau einfach nach! Na los! Nur Mut! Was Dot dann auch tatsächlich tut:
Stille senkt sich auf den Raum wie in einem bösen Traum. Kann die Zukunft wirklich sein: Floras Gatte wird – ein Schwein? Muss es wohl. Steht doch der Spruch schwarz auf weiss im Schicksalsbuch.
Königstochter, hör mich an! Der König des Ostens wird dein Mann!
Dot ruft: «Noch ist nichts zu spät! Was in Horoskopen steht, trifft doch nur zur Hälfte ein!» Mab lacht: «Meine kann’s ruhig sein! Ich nehm’ gerne einen König.» Flora tröstet das nur wenig.
Ein Lächeln rötet Dot die Wangen. Das ist noch mal gut gegangen. Schwesterlich teilt man die Freude, Königinnen alle beide! Bloss was jetzt noch interessiert: Was wohl mal aus Flora wird? Flora winkt bescheiden ab: «Welchen Mann ich später hab, werd’ ich dann doch selber sehn. Kommt jetzt, Schwestern, lasst uns gehn!» Dot ist das ganz unverständlich: «Sei nicht dumm und lies jetzt endlich!»
Beinah hätt’ man sich gestritten, doch der Streit wird abgeschnitten von entfernter Marschmusik, denn zu Ende ist der Krieg! Jetzt ganz schnell die Kiste schliessen und dann arglos Paps begrüssen.
ot und Mab tun ganz vergnügt: «Papa, sag, hast du gesiegt?» Aber Flora kämpft mit Tränen. Dot zischt: «Mach jetzt keine Szenen! Schau nur, Papa, Flora weint, weil wir wieder sind vereint!»
«Wem sein Leben man verdankt, gibt man mehr als er verlangt! Und das sollte, wie ich mein’, dann auch wirklich kostbar sein! Wobei da die grösste Ehre seine ält’ste Tochter wäre...»
Vater König ist gerührt: «Und, was ist bei Euch passiert? Nichts? Bei mir drum umso mehr! Liebe Töchter, hört mal her: Diesen Krieg gewannen wir nur mit diesem Burschen hier!»
«Wessen Tochter? Du? Warum?» Väter sind doch manchmal dumm. Doch der Bräutigam in spe, der ist schneller von Kapée und tritt gleich vor Mabel hin: «Werdet meine Königin!
Und er zeigt auf einen Recken, der ist einfach zu entdecken als der Hübscheste von allen. Mab ist er schon aufgefallen. Und daneben, seinen Knecht, findet Dot gar nicht mal schlecht.
Doch bevor Ihr sprecht, Prinzessin, müsst Ihr eines von mir wissen: Ihr seht mich inkognito. Doch in Wahrheit anderswo zähl’ ich zu des Reiches Besten. Ich bin König dort im Westen!»
«Weil nun dieser Kamerad meinen Krieg gewonnen hat, hat er einen Wunsch jetzt frei. Was es kostet – einerlei!» So spricht würdevoll der König. Mabel findet das zu wenig:
«Ich wusste es!», kreischt Mabel los. Der Hofstaat zuckt. Was hat sie bloss? Nur Flora wird ein bisschen schlecht. Das Buch des Schicksals hatte Recht! Doch Dot beruhigt sie, denn sie spricht: «Bei mir erfüllt das Buch sich nicht!»
«Mein Vater», spricht sie laut, «ich möcht’ von diesem König gern den Knecht. Ich weiss, der Mann ist nicht royal, doch wenn man liebt, ist das egal!» «Wer welchen Knecht? Wozu? Du auch?» Paps steht wieder auf dem Schlauch.
Vater König ist empört: «So ein Wunsch ist unerhört! Da hört sich doch alles auf, Schwein, wie kommst du bloss darauf? Mein Kind heiratet doch nie so ein dickes Borstenvieh!»
Da wirft der Knecht mit grossem Schwung die Lumpen fort, und schön und jung steht dort ein Prinz, der sächselt laut: «Prinzessin, werdet meine Braut! Ich hab gehofft, dass es wen gibt, der mich um meiner selber liebt!»
«Tut sie doch», sagt da das Schwein, «laut Orakel muss es sein. Bin als Gatte gut genug, frag du nur das Schicksalsbuch!» Hui, die Majestät guckt streng. Flora weiss, jetzt wird es eng.
Stumm sieht Flora das Debakel: Wieder stimmt das Buchorakel! Just will sie in Ohnmacht fallen, als von draussen Schläge hallen an des Schlosses grosses Tor. Das kommt allen komisch vor.
«Bist du bei dem Buch gewesen? Hast du gar darin gelesen?» Flora kann nur weinend nicken. Dot und Mab tun harmlos blicken. «Dann», so spricht die Majestät, «ist die Sache eh zu spät.
Es ist Nacht – schon nach halb neun. Um die Zeit klopft doch kein Schwein! Flora geht zum Fenster schauen. Und was sieht sie? Tausend Sauen! Und ein Eber, der grunzt laut: «König, gib mir meine Braut!»
Was im Buch steht, das passiert, weil das Schicksal uns regiert. Nutzlos, sich jetzt zu beschweren!» Und, was will der Fall uns lehren? Bücherlesen ist doch Mist. (Was als Fazit fraglich ist!)
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n den folgenden drei Tagen wird die Hochzeit ausgetragen. Mab und Dot, im weissen Kleid, schwelgen in Glückseligkeit. Flora freut sich etwas minder, trotz des Schweines mit Zylinder. Dann geht es ans Abschiednehmen. Alle reisen in bequemen Kutschen, die Vermögen kosten, in den Westen, in den Osten. Nur von Flora das Gefährt ist nicht ganz so arg viel wert. Viel ist nicht geredet worden auf der Reise in den Norden. Alles nass und schwarz und kalt – kracks, da macht die Karre Halt. «Wir sind da, mein Schatz, steig aus!», grunzt das Schwein, «du bist zuhaus!» Floras Fuss fühlt nur Morast. Plötzlich wird sie angefasst: «Schatz, der Schlamm ist gar zu schön! Willst du mit mir baden gehn?» Flora glaubt, sie hört nicht recht, was das Schwein da von ihr möcht’.
Doch auf einmal spürt sie was: Im Schlamm zu spielen macht ja Spass! Das weiss zwar weltweit jedes Kind, doch Mädchen, die Prinzessin sind, die haben so was nie getan. Für Flora fängt der Spass jetzt an! Sie wühlt, sie matscht, schmeisst Schlamm mit Freude, schweinisch grunzen alle beide. Nie hat Flora so gespielt und sich je so wohl gefühlt! Und so gibt sie gar am Schluss ihrem Eber – einen Kuss! Rot färbt sich die Schweineschwarte. Das hat Schwein jetzt nicht erwartet: «Warum hast du das getan?» «Warum nicht? Du bist mein Mann!» Kaum hat Flora das gesprochen, ist der Zauberbann gebrochen! Schnauze, Huf und Schwänzchen fällt, und vor Flora steht: ein Held! Schön wie aus dem Bilderbuch. Tags verwandelt ihn ein Fluch, aber nachts ist er kein Schwein! Lassen wir die zwei allein...
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o vergehen ein paar Tage. Flora lebt ganz ohne Frage herrlich in des Schweins Palast zwischen Silber und Damast. Nachts hat man es schön gemeinsam, nur die Tage sind halt einsam.
Flora, das ist wundervoll, ist als Mensch vertrauensvoll. Doch was eine Hexe spricht, tut man manchmal besser nicht. Dass dies stimmt, es tut mir leid, lernt sie schon in kurzer Zeit!
Kommt ein altes Weib des Weges und fragt Flora: «Lieb, wie geht es?» Nun, man soll so alten Frauen in den Märchen niemals trauen, doch schlägt ja das Flora-Kind guten Rat gern in den Wind.
Es ist Nacht. Der Fluch gelöst. Floras Prinz liegt da und döst. Vorsichtig greift Floras Hand nach dem Hexenzauberband, und dann bindet sie den Mann mit dem Band am Bettstock an.
«Ach, mein Mann...», hebt Flora an – «Alles Schweine! Jeder Mann!», kreischt die Alte sofort los. Flora seufzt: «Das stimmt ja. Bloss meiner ist nur Tags ein Schwein. Müsst’ er das doch nie mehr sein!»
In demselben Augenblick kehrt der böse Fluch zurück! Ringelschwanz und Schnauze wachsen, und dazu die Schweinehaxen! «Flora!», brüllt der Schweinemann, «was hast du mir angetan?
«Tröste dich», sagt da die Hexe, «für fast alles gibt’s Gewächse. Kleine Tricks und Zaubersprüche – hier, dies Band löst alle Flüche! Bind’ es um das Bein des Herrn. Nimm nur, Kind! Ich helfe gern!»
Fast wär ich ein Prinz geworden. Du hast alles jetzt verdorben!» Auch die Hexe stürzt ins Zimmer: «Jetzt bleibst du ein Schwein für immer!», und sie lacht ein böses Lachen, wie’s nur echte Hexen machen!
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as, was ich euch jetzt berichte, nennt der Fachmann Vorgeschichte. Die erklärt Euch das Verhalten dieser hexenhaften Alten. Denn kein Mensch ist böse und niederträchtig ohne Grund.
«Nein!», ruft Flora, «böses Wesen! Meine Treu’ wird ihn erlösen!» «Treue», höhnt das alte Weib, «ist ein bitt’rer Zeitvertreib! Aber willst du sie beweisen: Hier sind Schuhe, ganz aus Eisen!
Dieser Grund heisst Adelheid, eine ziemlich miese Maid. Und weil sie auf England steht, nennt sie sich nur Ädeläähd! Wundert’s wen? Bei der Mama, die just diese Hexe war!
Ungemein solide Ware. Davon geb’ ich dir drei Paare. Die zerlaufe, Stück für Stück – dann gibt’s deinen Mann zurück!» Spricht’s und hext mit Zauberwort sich und Floras Gatten fort.
Weil’s das auch bei Bösen gibt, hat sich Adelheid verliebt. In, Ihr ahnt es sicher schon, ebenjenen Königssohn, dem, weil er sie abgewiesen, jetzt die Schweineohren spriessen.
Flora ist nun ganz allein. Wo mag der Geliebte sein? Wohin soll sie sich jetzt wenden? Soll ihr Märchen so schlecht enden? Wenn du glaubst, sie schwächelt jetzt, hast du Flora unterschätzt!
Das kann Flora ja nicht wissen. Trotzdem muss die Arme büssen. Höhnisch lacht die Hexenmutter: «Dein Mann frisst jetzt Schweinefutter, bis er endlich sich ergibt und mein kleines Mädchen liebt!»
Rasch nimmt sie die Eisenschuhe, zieht sie an und schwört: «Ich tue alles, dass die Liebe siegt und die Hexe ihn nicht kriegt! Ist die Welt auch noch so gross: Ich finde dich!» Dann geht sie los.
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ausend Tage sind vergangen. Flora hat auf dunklen, langen Wegen fast die Welt durchschritten, Frühling, Sommer, Herbst durchlitten, bis es nicht mehr weitergeht und sie vor dem Nordpol steht.
«Kind, jetzt sag uns doch, warum läufst du hier am Nordpol rum?» «Man hat mir den Mann gestohlen, ich will ihn mir wieder holen.» «Den hab ich», sagt Vater Wind, «leider nicht gesehn, mein Kind!»
Hier kann wirklich niemand leben. Nicht mal Licht scheint’s hier zu geben. Alles dunkel, kalt und wild. Doch – da ist ein Klingelschild! NORDWIND steht da, schön gekringelt, Flora zögert nicht und klingelt.
«Mann, wie nutzlos bist du bloss!», kreischt Frau Nordwind wütend los. «Schnauze!», brüllt ihr Mann, «ich sehe alles auf der Welt, du Krähe!» Und schon wieder gibt es Streit. Flora hat nicht endlos Zeit.
Drinnen hört sie böses Bellen: «Hörst du nicht die Glocke schellen?!» «Geh doch selber! Ist doch wahr!» Ja, die Nordwinds sind ein Paar, die mit Streit weiss Gott nicht sparen. Doch so geht’s ja vielen Paaren.
«Wenn ich Euch zwei Alten sehe, wünschte ich, dass in der Ehe mehr Gefühl erhalten bliebe!» «Kind, was sprichst du? Das ist Liebe! Liebe kann so vieles sein. So wie dieser Edelstein!
Nur zu Gästen sind die zwei reizend und ganz einwandfrei: «Komm herein, Kind! Tritt ins Haus, und zieh dir die Schuhe aus!» Doch das ist nicht mehr von Nöten: Das erste Paar ist durchgetreten!
Nimm ihn mit!», sagt Mutter Wind, «und find deinen Mann, mein Kind! Wenn er nicht auf Erden wohnt, sah ihn ja vielleicht – der Mond!» Und dann brüllt sie laut: «Zack, zack! Bring sie hin, du alter Sack!»
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hr wollt sicher lang schon fragen: Wohin hat’s das Schwein verschlagen? Wo ist Floras Prinz geblieben? Hier, ganz kurz vor Wolke sieben, hat die Hexe ihn versteckt, dass ihn Flora nicht entdeckt! Adelheid bewacht ihn gut, dass er nichts Verbot’nes tut, wie zum Beispiel wegzurennen. Immer muss der Arme pennen. Und deswegen, nicht gelogen, geben ihm die beiden Drogen, die man keinem geben darf! Trotzdem flüstert er im Schlaf: «Flora, Engel, rette mich!» Adelheid, die ärgert sich, und die Mutter flösst dem Schwein wieder noch mehr Drogen ein. Flora aber, wie im Traum, sah die Hexen, sah den Raum, und sah den geliebten Mann! «Schnell!», treibt sie den Nordwind an, «bring zum Mond mich wie der Wind, dass ich meinen Liebsten find’!»
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ilbern scheint der Mond und kräftig und ist überaus beschäftigt mit sich selbst. Ja, so was gibt es! Unser Mond zum Beispiel liebt es, sich in Anderer Blick zu sehn, denn er findet sich so schön. Darum sieht er Flora an. Ganz beeindruckt spricht er dann: «Liebe hab ich oft gefunden, doch noch nie so stark empfunden! Ach, ich wünschte, dass ich wüsst’, wo dein Prinz geblieben ist. Doch wenn ich am Himmel stehe, ist es dunkel, und ich sehe nachts nicht gut. Geh doch und frag mal die Sonne und den Tag! Ein herzallerliebstes Pärchen, stets zu zweit, fast wie im Märchen! Der Himmel weiss, ich könnt’ das nicht. Zum Glück ist Zweisamkeit nicht Pflicht. Hier, dieser schöne Edelstein soll dir daran Erinn’rung sein: Sich selbst zu lieben, hat oft Sinn. Jetzt komm, mein Schatz, ich bring dich hin.»
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ond und Flora gehn auf Reisen. Flora stets in Schuh’n aus Eisen. Jeder Schritt schmerzt unter Tränen, aber Flora treibt ihr Sehnen. Wie mag es dem Gatten gehen? Nun, er schläft, wie hier zu sehen.
Gerade küsst der Himmelsstern seinen Tag, das tut er gern. Da ruft Tag: «Schatz, ’s ist genug. Schau doch mal, da ist Besuch! Welch‘ ein armes Ding, mein Lieber. Diese Schuhe! Voll hinüber!»
Und die böse Adelheid sucht grad nach ’nem Hochzeitskleid. Und dazu nach Eheringen! Will sie ihn denn wirklich zwingen, sie ganz ungewollt zu nehmen? Adelheid, du sollst dich schämen!
Flora blickt an sich herab. Das zweite Paar fällt gerade ab! Flora sieht’s mit grosser Wonne. Hoffnungsvoll fragt sie die Sonne: «Liebster Fixstern, bitte schön, hast du meinen Mann gesehn?»
Gerade hebt der Prinz die Lider: «Flora-Schatz, wann kommst du wieder?» Wütend zetert Adelheid: «Nix mit Flora! Tut mir leid! Mutter, mach ihn mir gewogen! Gib dem Schwein da noch mehr Drogen!»
Sonne grübelt: «Könnte sein. So ein Typ, halb Prinz, halb Schwein? Von ’ner alten Frau verhext? Klar, der wohnt Milchstrasse sechs.» «Schatz», sagt Tag, «ich muss dich loben! Bring das Kind doch gleich nach oben.»
Flora schwer, der Mond recht leicht, haben den Palast erreicht, wo Herr Sonne residiert und mit seinem Tag poussiert. Hell und licht, mit einem Pool. Tag und Sonne haben’s cool.
Sonne stöhnt: «Ich hab heut frei!» Tag bleibt hart: «Schatz, diese Treu hat verdient, dass sie gewinnt! Los mit Euch! Und dir, mein Kind, geb’ ich diesen Edelstein. Sollst wie wir so glücklich sein!»
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n der Hexenküche wird viel gekocht und wild gerührt. Jeder rennt und brüllt und schreit, doch am meisten Adelheid: «Gottverdammt!» hört man sie fluchen, «Das hier nennt ihr Hochzeitskuchen?» «Und die Kutsche? Und die Krone? Wagt euch nicht nach Hause ohne!» Und sie tritt nach ein paar braven angsterfüllten Küchensklaven. Es ist wahrlich keine Freud , Knecht zu sein bei Adelheid! Flora hört die bösen Flüche und tritt barfuss in die Küche. Warum barfuss, wollt ihr wissen? Nun, die Schuhe sind zerschlissen! Endlich auch das dritte Paar. Wird jetzt Floras Märchen wahr? Adelheid stürzt auf sie zu: «Kenn ich dich? Wer bist denn du?» Flora senkt den Blick und sagt: «Ich bin doch die Küchenmagd. Kann ich Euch behilflich sein? Läuft es gut mit Eurem Schwein?»
«Frag nicht», weint da Adelheid, «überall fehlt mir die Zeit! Krönchen putzen, Haare machen, jede Nacht den Prinz bewachen...» «Aber das kann ich doch tun! Und Ihr könnt ein bisschen ruhn...»
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loras Herz schlägt bis zum Hals. «Was auch komme, jedenfalls bin ich heut bei dir im Zimmer. Bald sind wir vereint für immer!» So hofft sie voll Zuversicht. Doch so einfach wird das nicht!
«Du?», lacht Adelheid, «wie putzig! Anderseits: Du bist so schmutzig, du wärst keinerlei Gefahr für uns junges Hochzeitspaar, selbst wenn du den Prinzen küsstest!» Flora denkt: «Wenn du nur wüsstest...»
Nachts. Die Hexe hat soeben uns’rem Prinz den Trank gegeben, der in Tiefschlaf ihn versenkt. Flora kommt herein und denkt, dass der Fluch sich lösen lässt, doch der Prinz schläft tief und fest!
Adelheid hält plötzlich ein: «Welch ein schöner Edelstein!», sagt sie nicht ganz ohne Gier. Flora flüstert leis zu ihr: «Dieser Stein zur Liebe zwingt!» «Oooh! Den brauch ich unbedingt!
Welche List! Oh wie verteufelt! Flora ist zu Recht verzweifelt: «Nordwind, hilf mir! Gib nicht nach! Blas mir meinen Gatten wach!» Nordwind tut auch, was er kann. Was nicht wach wird, ist der Mann.
Sag, wie teuer soll er sein?» «Eine Nacht bei deinem Schwein», fordert Flora. «Abgemacht! Aber nur die eine Nacht. In drei Tagen, denk daran, werden wir zwei Frau und Mann!»
Schon will sich der Himmel röten. Floras erste Nacht ist flöten. «Das kann nicht das Ende sein. Ich tausch meinen zweiten Stein Hoffentlich krieg ich dafür eine zweite Nacht mit dir.»
Adelheid gefällt der Stein, sie geht auf den Handel ein. Flora sitzt zum zweiten Mal beim verzauberten Gemahl. «Mond», ruft sie, «erstrahle hell! Weck ihn auf und tu es schnell!»
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er Abend kommt. Das Schwein liegt wach und denkt seit vielen Stunden nach: «Da war doch was? Da gab’s doch wen, nach dem ich mich voll Liebe sehn’... Woher kommt die Vergesslichkeit?» Da tritt ins Zimmer Adelheid.
Mond scheint schön und voll und rund. Bloss der Prinz schläft sich gesund. Flora denkt: «Verflixt noch mal! So viel Schlaf ist nicht normal. Was verursacht so viel Schlafen? Morgen frage ich die Sklaven!»
Mit ihrer Flasche voller Gift: «Mein Schatz, du gähnst! Wie sich das trifft. Trink diesen guten Schlummersaft, der gibt dir für die Hochzeit Kraft!» So hält sie mit verhextem Sinn dem Prinzen ihren Becher hin.
Doch das Personal, nicht dumm, stellt aus Angst sich erst mal stumm. Bis dann Flora einen findet, der das Rätsel ihr ergründet: «Was den Prinz zum Schlafen bringt? Dass er jeden Abend trinkt!
«Tu’s nicht, Geliebter! Trink das nimmer!» Flora stürzt mit Macht ins Zimmer, greift die Flasche Gift dabei und verschüttet das Gebräu. Adelheid kreischt voller Wut, was die Küchenmagd da tut!
So ein Drogenzauberkraut. Adelheid hat’s grad gebraut, um’s dem Prinzen einzuflössen.» «So also ist das gewesen!», denkt entrüstet Flora sich: «Adelheid, jetzt hab ich dich!»
Doch da ist der Prinz erwacht: «Flora, deiner Liebe Macht hat das Böse überwunden! Schatz, wie hast du mich gefunden?» Flora fliegt in seinen Arm. Da ist es gut und schön und warm.
Adelheid sieht das mit Gräuel. Dann bricht aus ihr ein Geheul, und sie schreit, das war ja klar, so wie immer nach Mama. Schau, da ist die Hexe schon, und begreift die Situation. «Geh zur Seite, Adelheid!», ruft sie, «es wird langsam Zeit, sie mit schwarzer Kunst zu quälen!» Doch was soll ich Euch erzählen: Aller Zauber war verpufft! Nur nach Liebe roch die Luft. Alle schwarze Kunst war fort, und der Prinz ergriff das Wort: «Flora, nimmst du mich zum Mann? Welchen Weg hast du getan! Und das alles meinetwegen! Ich hab hier nur rumgelegen.» Was, wenn man es ehrlich nimmt, absolut genau so stimmt. Doch wer fragt bei solchen Märchen, wer mehr leistet, so als Pärchen... Jetzt und hier und im Moment gilt nur eins: das Happy End!
«Das verzauberte Schwein» Kindermusical für alle ab 6 Opernhaus Zürich Premiere 14 November 2015 Vorstellungen 22, 29 Nov, 5, 26, 29 Dez 2015, 2, 10, 17 Jan, 13 März 2016
Das Hörbuch mit der Geschichte zum Stück und weitere Informationen finden Sie auf www.opernhaus.ch/schwein
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